OLG Karlsruhe: Minderung des Kaufpreises beim Unternehmens-kauf
OLG Karlsruhe, Urteil vom 8.8.2019 – 9 U 79/17
Volltext: BB-ONLINE BBL2019-2689-1
Amtliche Leitsätze
Verpflichtet sich der Verkäufer eines Unternehmens (hier: eines Eiscafés), für ein langfristiges Mietrecht des Käufers zu sorgen, liegt ein Sachmangel vor, wenn der Verkäufer nicht für das Zustandekommen des beabsichtigten Mietvertrags mit dem Eigentümer der Café-Räume sorgt.
Auch beim Unternehmenskauf steht dem Verkäufer bei einem Sachmangel grundsätzlich ein Nacherfüllungsrecht zu, wenn eine Nacherfüllung möglich ist. Verschafft der Verkäufer dem Käufer das vorgesehene Mietrecht nicht, muss der Käufer dem Verkäufer zunächst eine Frist zur Nacherfüllung setzen, bevor er den Kaufpreis mindern oder zurücktreten kann.
Sachverhalt
I.
Die Klägerin macht einen restlichen Zahlungsanspruch aus einem Unternehmenskaufvertrag geltend.
Die Klägerin, bei der es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung handelt, betrieb bis zum 31.10.2013 ein Eiscafé in X. („Strandcafé …………“). Das Eiscafé liegt unmittelbar am Ufer des Bodensees. Eigentümer des Gebäudes war und ist Herr G. S.. Dieser hatte die Räumlichkeiten des Cafés an die I. UG (haftungsbeschränkt) (im Folgenden abgekürzt: I.), vermietet. Diese hatte die Räumlichkeiten der Klägerin zum Betrieb des Cafés überlassen; die Hauptgesellschafter der Klägerin und der I. sind identisch. Der Mietvertrag zwischen Herrn G. S. und der I. vom 15.04.2013 lief zunächst bis zum 31.01.2016 und sah ein zweimaliges Optionsrecht für die Mieterin für jeweils fünf weitere Jahre vor. Nach einer eventuellen zweimaligen Ausübung des Optionsrechts sollte sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortsetzen, wenn es nicht spätestens sechs Monate vor Ablauf der Mietzeit gekündigt wurde.
Mit einem „Kaufvertrag“ vom 31.10.2013 veräußerte die Klägerin das Eiscafé an den Beklagten. Der Kaufgegenstand wurde im schriftlichen Vertrag wie folgt beschrieben: „Das in der Z.straße 1, X. im Gebäude ……… unter der Bezeichnung „Strandcafé ………….. betriebene italienische Eiscafé mit allen Einrichtungsgegenständen gemäß Anlage 1 zu diesem Vertrag (Vertragsgegenstand).“ Die Parteien vereinbarten einen Kaufpreis von 100.000,00 €, von dem 20.000,00 € innerhalb von fünf Werktagen ab Übergabe des Geschäftslokals gezahlt werden sollten, weitere 30.000,00 € am 31.12.2013 und der Restbetrag von 50.000,00 € am 31.08.2014.
Den Parteien war beim Vertragsabschluss bewusst, dass dem Beklagten ein (beabsichtigter) längerfristiger Betrieb des Eiscafés nur möglich sein würde, wenn er in irgendeiner Weise die Rechtsstellung eines berechtigten Mieters im Verhältnis zum Eigentümer G. S. erlangen würde. Sie waren sich jedoch nicht sicher, ob der Gebäudeeigentümer G. S. den Beklagten, den er bis dahin nicht kannte, ohne Weiteres für einen langfristigen Mietvertrag akzeptieren würde. In Kenntnis dieser Situation vereinbarten die Parteien in Ziffer 5 des Kaufvertrages Folgendes:
Fortführung des Mietvertrags
Zum Erhalt des Mietvertrags zu seinen derzeitigen Bedingungen verpflichtet sich die Verkäuferin, eine OHG mit dem Käufer zu gründen, an der sie unter Verzicht auf Gewinnbezugsrechte und ohne Teilnahme am Verlust mit 5 % berechtigt bleibt.
Die Klägerin übergab die Räumlichkeiten mit dem Inventar vereinbarungsgemäß am 01.11.2013. Das Eiscafé wird seitdem vom Beklagten betrieben. Die ersten beiden Kaufpreisraten in Höhe von 20.000,00 € und 30.000,00 € wurden vom Beklagten bezahlt; die dritte Rate in Höhe von 50.000,00 € ist nicht bezahlt.
Zur Gründung der in Ziffer 5 des Kaufvertrags vorgesehenen OHG - mit der eine Berechtigung des Beklagten im Verhältnis zum Vermieter G. S. geschaffen werden sollte - kam es nicht. Die Klägerin unternahm unstreitig keine Bemühungen zur Gründung einer solchen OHG. Sie schlug nach Abschluss des Kaufvertrages dem Beklagten vor, dass dieser als Hauptgesellschafter die Rechte der I. übernehmen sollte, die bis dahin Mieterin war. Hierzu war der Beklagte nicht bereit, da er damit aus rechtlichen Gründen im Verhältnis zum Vermieter nicht eine Rechtsstellung erlangen würde, wie sie nach seiner Meinung im Kaufvertrag vorgesehen war. Den Abschluss des Kaufvertrages mit dem Beklagten teilte die Klägerin dem Vermieter G. S. zunächst nicht mit. Über die Frage, wann der Vermieter Kenntnis davon erhielt, dass das Eiscafé nunmehr vom Beklagten und nicht mehr von der Klägerin betrieben wurde, besteht Streit. Ebenso besteht Streit über die Frage, in welchem Umfang die Klägerin Bemühungen entfaltete, um dem Beklagten eine gesicherte Rechtsstellung im Verhältnis zum Vermieter zu verschaffen.
Da der Beklagte Wert auf eine gesicherte Rechtsstellung im Verhältnis zum Vermieter legte, beauftragte er seinen Prozessbevollmächtigten, sich wegen des Abschlusses eines Mietvertrages unmittelbar mit dem Vermieter in Verbindung zu setzen. Dieser richtete für den Beklagten am 17.11.2015 eine E-Mail an den Geschäftsführer der Klägerin wie folgt:
„Wie Sie wissen, haben wir die Initiative ergriffen und uns mit Herrn S. hinsichtlich der Übertragung des Mietvertrags in Verbindung gesetzt. Solange eine Vereinbarung nicht erzielt werden wird, wird Herr Sc. (der Beklagte) die letzte Rate einbehalten. Beachten Sie bitte, dass diese Maßnahme auch in Ihrem Sinne ist, da wir Ihre Nichterfüllung ersetzen.“
Die folgenden Verhandlungen wurden von dem Beklagten und seinem Prozessbevollmächtigten ohne Beteiligung des Geschäftsführers der Klägerin mit dem Vermieter geführt. Am 28.01.2016 kam es zum Abschluss eines schriftlichen Mietvertrages, in welchem der Vermieter den Beklagten als Mieter zum Betrieb des Eiscafés akzeptierte. Der vereinbarte Mietzins wich geringfügig von der Miete ab, welche bis dahin die I. an den Vermieter zu zahlen hatte. Es wurde eine Mietzeit vom 01.02.2016 bis zum 31.12.2025 vereinbart, mit einem Optionsrecht für den Beklagten für zehn weitere Jahre.
Im Rechtsstreit hat die Klägerin von dem Beklagten die Zahlung des restlichen Kaufpreises in Höhe von 50.000,00 € aus dem Kaufvertrag vom 31.10.2013 nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten verlangt. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die Klage sei unbegründet. Der Beklagte sei zu einer Minderung des Kaufpreises um mindestens 50.000,00 € berechtigt. Denn die Klägerin habe ihre Verpflichtung aus dem Kaufvertrag, dem Beklagten ein Mietrecht im Verhältnis zum Vermieter zu verschaffen, nicht erfüllt. Bei dem Kaufvertrag sei das übergebene Inventar von untergeordneter Bedeutung gewesen; wirtschaftlich entscheidend sei die Gelegenheit gewesen, in X. in bester Lage am Ufer des Bodensees ein Eiscafé zu betreiben. Daher sei die Fortführung des Mietvertrages, welche die Klägerin dem Beklagten nicht verschafft habe, sondern die der Beklagte nur durch eigene Bemühungen nachträglich erreichen konnte, der wichtigste Teil der Verpflichtungen der Klägerin gewesen.
Mit Urteil vom 28.04.2017 hat das Landgericht - im Wesentlichen antragsgemäß - den Beklagten wie folgt verurteilt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 50.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2014 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 1.531,90 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.08.2016 zu zahlen.
Das Landgericht hat ausgeführt, die Klage sei sowohl wegen der Hauptforderung als auch wegen der vorgerichtlichen Anwaltskosten begründet. Der Beklagte sei zu einer Minderung des Kaufpreises nicht berechtigt gewesen, wobei dahinstehen könne, ob und inwieweit die kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften Anwendung finden könnten. Denn der Beklagte habe eine Minderung erst in der Klageerwiderung vom 31.08.2016 erklärt. Zu diesem Zeitpunkt sei das erworbene Unternehmen jedoch in jedem Fall mangelfrei gewesen, da der Beklagte sich durch den Mietvertrag vom 28.01.2016 ein Mietrecht im Verhältnis zum Vermieter verschaffen konnte.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Beklagten. Er sei entgegen der Auffassung des Landgerichts nach den kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften zur Minderung des Kaufpreises in Höhe von 50.000,00 € berechtigt gewesen. Für die Frage, ob ein Mangel vorhanden gewesen sei, komme es nicht auf den Zeitpunkt der Minderungserklärung an, sondern auf den (früheren) Zeitpunkt des Gefahrübergangs. Der Beklagte sei gezwungen gewesen, den Mangel durch eigene Verhandlungen mit dem Vermieter selbst zu beseitigen, da sich der Geschäftsführer der Klägerin um diese Verpflichtung aus dem Kaufvertrag nicht gekümmert habe. Eine berechtigte Selbstbeseitigung des Mangels könne nicht zu einem Verlust des Minderungsrechts führen. Zu einer Fristsetzung wegen der Verpflichtungen der Klägerin aus Ziffer 5 des Kaufvertrages sei er aus verschiedenen Gründen, die der Beklagte im Einzelnen erläutert, nicht verpflichtet gewesen.
Der Beklagte beantragt,
auf die Berufung des Beklagten und Berufungsklägers das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 28.04.2017, Az: N 4 O 114/16, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das Urteil des Landgerichts. Sie ergänzt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie weist darauf hin, es sei im beiderseitigen Interesse gewesen, die Fortführung des Mietvertrages mit dem Vermieter gemäß Ziffer 5 des Kaufvertrages zunächst nicht zu forcieren, damit der Vermieter Gelegenheit haben konnte, den Beklagten kennenzulernen und zu ihm Vertrauen zu finden. Außerdem sei dieser Punkt des Vertrages nicht eilig gewesen, da die Klägerin, bzw. die I., noch einen Mietvertrag bis zum 31.01.2016 gehabt habe. Der Beklagte habe daher zunächst nicht damit rechnen müssen, dass der Vermieter G. S. den Betrieb des Eiscafés kurzfristig unterbinden würde.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Aus den Gründen
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten hat lediglich in geringem Umfang wegen der Zinsen Erfolg. Im Übrigen hat die Berufung keinen Erfolg.
1. Der Beklagte ist zur restlichen Kaufpreiszahlung in Höhe von 50.000,00 € verpflichtet. Die Klägerin hat dem Beklagten die Räumlichkeiten und das Inventar des Geschäftsbetriebs übergeben. Die letzte Kaufpreisrate war nach dem schriftlichen Kaufvertrag am 31.08.2014 fällig. Der Beklagte hat diese Rate bisher unstreitig nicht bezahlt.
2. Der Beklagte ist nicht zur Minderung gemäß §§ 434 Abs. 1, 437 Ziffer 2, 441 BGB berechtigt.
a) Bei dem Vertrag vom 31.10.2013 handelt es sich um einen Unternehmenskaufvertrag. Auf den Kauf eines Erwerbsunternehmens finden grundsätzlich die Allgemeinen Gewährleistungsbestimmungen des Kaufrechts Anwendung (vgl. BGH, NJW 1970, 556; OLG Karlsruhe - 4. Zivilsenat - OLGR 2009, 305; Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf, 7. Auflage 2016, § 16 Rn. 25 ff.).
b) Gegenstand von Ziffer 5 des Vertrages war die Verpflichtung der Klägerin, dem Beklagten ein langfristiges Mietrecht für die Räumlichkeiten zu verschaffen, in denen der Betrieb des Eiscafés geführt werden sollte (vgl. zu einem ähnlichen Fall BGH, a. a. O.). Ohne eine langfristige Mietberechtigung im Verhältnis zum Vermieter war das erworbene Unternehmen für den Beklagten nahezu wertlos. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass das vom Beklagten übernommene Inventar einen Wert von weniger als 50.000,00 € hatte. Entscheidend war für den Beklagten die Gelegenheit, ein Eiscafé in einer besonders guten Lage in X. zu betreiben. Diese Gelegenheit war verknüpft mit der Verschaffung eines längerfristigen Mietrechts. Ohne ein solches Mietrecht im Verhältnis zum Eigentümer bestand für den Beklagten das Risiko, dass der Vermieter den Betrieb jederzeit sofort untersagen konnte. Denn die I. war nach dem Inhalt ihres damaligen Mietvertrages nicht zu einer Untervermietung an Dritte berechtigt, die nicht zur Familie des Geschäftsführers der Klägerin gehörten.
Die konkrete Regelung in Ziffer 5 des Kaufvertrages beruhte nach den übereinstimmenden Angaben der Parteien auf der Erwägung, dass der Vermieter, der den Beklagten nicht kannte, die OHG-Lösung wahrscheinlich eher akzeptieren würde, als eine Vermietung an den Beklagten selbst, da mit der OHG-Lösung die I. oder die Klägerin für den Vermieter als Mitschuldner erhalten geblieben wären. Die Verpflichtung der Klägerin ist daher dahin auszulegen, dass sie dem Beklagten auch auf andere Weise ein gleichwertiges Mietrecht hätte verschaffen können, beispielsweise durch die Bewirkung eines Mietvertrages zwischen dem Vermieter und dem Beklagten, wie er schließlich tatsächlich zustande kam. Dabei handelte es sich nach Sinn und Zweck des Vertrages nicht um eine „Bemühens-Verpflichtung“, sondern um eine Verpflichtung, welche die Klägerin nur durch einen bestimmten Erfolg erfüllen konnte, nämlich durch die Schaffung eines entsprechenden Mietrechts. Inhaltlich gingen die Parteien vom Mietrecht der Klägerin auf der Grundlage ihres eigenen damaligen Vertrages aus; das Mietrecht musste dem Beklagten daher eine Aufrechterhaltung seines Betriebes mindestens für den gleichen Zeitraum gewährleisten, also - einschließlich der Optionszeit - bis zum 31.01.2026.
c) Der Kaufvertrag enthält keine Regelung zu der Frage, bis zu welchem Zeitpunkt die Klägerin ein Mietrecht für den Beklagten bewirken sollte. Nach dem Wortlaut könnte man daran denken, dass die Verpflichtung gemäß Ziffer 5 des Kaufvertrages mit Unterzeichnung des Vertrages am 31.10.2013 fällig wurde. Nach Sinn und Zweck und nach den Umständen des Vertragsabschlusses ist die Regelung nach Auffassung des Senats jedoch dahingehend auszulegen, dass der Klägerin eine gewisse Zeit bleiben musste, um das vereinbarte Mietrecht für den Beklagten herbeizuführen. Zwar war die Erlangung des Mietrechts für den Beklagten - wie dieser im Prozess zu Recht hervorhebt - dringlich, da er ohne ein eigenes Mietrecht jederzeit mit einer Beendigung seiner Tätigkeit aufgrund einer Intervention des Vermieters rechnen musste. Andererseits war beiden Parteien jedoch unstreitig bewusst, dass der Vermieter „schwierig“ sei, und dass man möglicherweise eine gewisse Zeit für Verhandlungen und Überzeugungsarbeit gegenüber dem Vermieter benötigen würde. Im Hinblick auf die Regelung zum Kaufpreis, wonach die dritte Rate zum 31.08.2014 fällig werden sollte, erscheint es angemessen, diese Frist auch auf die Herbeiführung des Mietrechts anzuwenden. Das bedeutet: Die Klägerin war nach dem Kaufvertrag verpflichtet, dafür zu sorgen, dass bis zum 31.08.2014 das langfristige Mietrecht des Beklagten durch eine verbindliche Vereinbarung mit dem Vermieter gesichert wurde.
d) Die bis zum 31.08.2014 fehlende mietvertragliche Vereinbarung war grundsätzlich für eine Minderung des Kaufpreises geeignet.
aa) Das verkaufte Unternehmen war zu diesem Zeitpunkt mit einem Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB behaftet. Denn die Klägerin hat dem Beklagten nicht das zugesagte Mietrecht verschafft.
bb) Der Beklagte war - entgegen der Auffassung des Landgerichts - auch am 31.08.2016 grundsätzlich noch berechtigt, eine Minderung des Kaufpreises zu erklären. Dass zu diesem Zeitpunkt der Mangel (fehlendes Mietrecht) beseitigt war, schadet nicht. Für die Frage, ob ein Mangel zur Minderung berechtigt, ist nicht der Zeitpunkt der Minderungserklärung maßgeblich, sondern der Zeitpunkt des Gefahrübergangs (vgl. BGH, NJW 2001, 66; Beisel/Klumpp, a. a. O., § 16 Rn. 37). Dies ergibt sich zum einen aus der Formulierung des Gesetzes in § 441 Abs. 3 BGB, und zum anderen aus der Erwägung, dass eine berechtigte Eigenbeseitigung eines Mangels durch den Käufer nicht zum Verlust eines Minderungsrechts führen kann. Aufgrund der Besonderheiten der Regelungen im Kaufvertrag (siehe oben) ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass der 31.08.2014 der maßgebliche Zeitpunkt für das Vorhandensein eines Mangels war, um eine Minderung - gegebenenfalls auch durch eine Erklärung zu einem späteren Zeitpunkt - zu rechtfertigen. Die vom Landgericht für seine abweichende Auffassung herangezogenen Kommentarstelle (Palandt/Weidenkaff, BGB, 78. Auflage 2019, § 437 Rn. 22 unter Verweis auf BGH, NJW 2009, 508 und BGH 2011, 1664) betrifft eine andere Konstellation, nämlich die nachträgliche Beseitigung eines Mangels durch den Verkäufer im Einverständnis mit dem Käufer.
cc) Bei einer verhältnismäßigen Herabsetzung des Kaufpreises (§ 441 Abs. 3 BGB) würden auch keine Bedenken gegen eine Minderung um 50.000,00 € bestehen. Denn der Wert des verkauften Unternehmens hing nach dem insoweit unstreitigen Vorbringen zum größeren Teil von der Verschaffung des Mietrechts ab, und zum geringeren Teil von dem veräußerten Inventar.
e) Eine Minderung des Kaufpreises scheitert jedoch an §§ 323 Abs. 1, 440 BGB. Der Beklagte hat es versäumt, vor einer Minderungserklärung der Klägerin mit einer angemessenen Fristsetzung Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben.
aa) Auch beim Verkauf eines Unternehmens gibt es einen Nacherfüllungsanspruch des Käufers und ein Nacherfüllungsrecht des Verkäufers. Dies ergibt sich aus den allgemeinen Gewährleistungsvorschriften und muss jedenfalls dann gelten, wenn eine Nacherfüllung möglich ist (vgl. Beisel/Klumpp, a. a. O., § 16 Rn. 25 ff.). Vorliegend kam eine Nacherfüllung in Betracht; denn die Klägerin hätte auch nach dem 31.08.2014 noch die erforderlichen Willenserklärungen des Vermieters G. S. für ein Mietrecht des Beklagten herbeiführen können.
bb) Der Beklagte hat die Klägerin nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien zu keinem Zeitpunkt unter Fristsetzung aufgefordert, ihm das erforderliche Mietrecht nachträglich zu verschaffen. Insbesondere hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten der Klägerin in der E-Mail vom 17.11.2005 (Anlage B 4 a)) weder zur Nacherfüllung aufgefordert, noch eine Frist gesetzt. Vielmehr ergibt sich aus dieser Nachricht, dass der Beklagte, vertreten durch seinen Rechtsanwalt, bereits dabei war, sich selbst in Verhandlungen um einen Mietvertrag mit dem Vermieter zu bemühen. Der Geschäftsführer der Klägerin konnte diese E-Mail nur so verstehen, dass seine Bemühungen um ein Mietrecht des Beklagten (zu denen er an sich verpflichtet war) vom Beklagten am 17.11.2015 nicht mehr gewünscht waren. Die Rüge, dass die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt ihre Pflichten nicht erfüllt habe, kann eine Aufforderung zur Nacherfüllung nebst Fristsetzung nicht ersetzen. Im Übrigen ist die Formulierung in dieser Nachricht, „solange eine Vereinbarung nicht erzielt werden wird, wird Herr Sc. (der Beklagte) die letzte Rate einbehalten“ dahingehend zu verstehen, dass der Beklagte im Verhältnis zur Klägerin lediglich von einem zeitweiligen Zurückbehaltungsrecht für die letzte Kaufpreisrate Gebrauch machen wollte. Die Klägerin konnte der Nachricht mithin nicht entnehmen, dass ihr - wegen des Kaufpreises - nach der Vorstellung des Beklagten Nachteile entstehen sollten, wenn dem Beklagten aufgrund seiner eigenen Initiative der Abschluss eines Mietvertrages mit dem Vermieter gelingen sollte. Die unterbliebene Fristsetzung nebst Aufforderung zur Nacherfüllung ist entscheidend dafür, dass dem Beklagten kein Minderungsrecht zusteht.
f) Der Beklagte könnte allerdings trotzdem dann mindern, wenn die Fristsetzung aufgrund bestimmter rechtlicher Gesichtspunkte ausnahmsweise entbehrlich gewesen wäre. Dies war jedoch nicht der Fall. Es liegt keiner der in Betracht kommenden Fälle vor, in denen der Käufer auf eine Fristsetzung verzichten kann.
aa) Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, er habe als Verbraucher gehandelt. (Vgl. zur Problematik der Fristsetzung beim Verbrauchsgüterkauf aus europarechtlichen Gründen Ernst in Münchener Kommentar, 8. Auflage 2019, § 323 BGB Rn. 51). Denn der Kauf eines Unternehmens ist auch dann kein Verbrauchsgüterkauf, wenn mit diesem Geschäft die unternehmerische Tätigkeit erst begonnen wird (vgl. Palandt/Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch, 78. Auflage 2019, § 13 BGB Rn. 3).
bb) Der Geschäftsführer der Klägerin hat zu keinem Zeitpunkt erklärt, er sei nicht bereit, für die Gewährleistung eines Mietrechts für den Beklagten zu sorgen. Es hat nach dem Vorbringen des Beklagten auch keine Erklärung des Geschäftsführers der Klägerin gegeben, die auf diese Weise gedeutet werden könnte. Ein Hinhalten oder Verzögern ist keine Erfüllungsverweigerung im Sinne von § 323 Abs. 2 Ziffer 1 BGB. Vielmehr macht gerade ein Hinhalten oder Verzögern die Notwendigkeit einer Fristsetzung deutlich, um dem Geschäftsführer der Klägerin - anders als in der E-Mail vom 17.11.2015 - die Konsequenzen deutlich zu machen, wenn er seiner Verpflichtung nicht nachkommen sollte (möglicher Verlust eines wesentlichen Teils des Kaufpreises).
cc) Eine Fristsetzung wäre gemäß § 323 Abs. 2 Ziffer 3 BGB entbehrlich gewesen, wenn der Klägerin eine Nacherfüllung nach dem 31.08.2014 nicht mehr möglich gewesen wäre. Dies war jedoch nicht der Fall. Aus der Perspektive des Beklagten bestand durchaus die Möglichkeit zu einer Nacherfüllung (anders als in dem Fall, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in NJW 1970, 556 zugrunde lag), weil der Vermieter bis zur Aufnahme von Vertragsverhandlungen durch den Beklagten zu keinem Zeitpunkt erklärt hatte, er lehne den Abschluss eines Mietvertrages mit dem Beklagten ab. Der Erfolg des Beklagten in den Verhandlungen mit dem Vermieter zeigt, dass wahrscheinlich auch die Klägerin diesen Erfolg durch eigene Bemühungen hätte herbeiführen können. Auch die Klägerin hatte grundsätzlich die Möglichkeit, den Vermieter zur Abgabe geeigneter Willenserklärungen zu veranlassen, mit denen ein Mietrecht des Beklagten sichergestellt wurde.
dd) Schließlich lässt sich die unterbliebene Fristsetzung (im Hinblick auf § 323 Abs. 2 Ziffer 3 BGB) auch nicht durch eine besondere Dringlichkeit rechtfertigen. Zwar hat sich der Beklagte zu Recht gewisse Sorgen um den Bestand seines Unternehmens gemacht, solange das Mietrecht nicht gesichert war. Da die Klägerin für die entsprechenden Willenserklärungen des Vermieters jedenfalls bis zum 31.08.2014 hätte sorgen müssen (siehe oben), hätte der Beklagte jedoch bereits am 01.09.2014 der Klägerin eine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzen können. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beklagte erst im Herbst 2015 eigene Verhandlungen mit dem Vermieter aufgenommen hat, wäre eine Nachfristsetzung im September 2014 ohne weiteres zumutbar und möglich gewesen.
3. Mögliche Schadensersatzansprüche des Beklagten gegenüber der Klägerin können dahinstehen; denn der Beklagte hat keine aufrechenbaren Schadensersatzansprüche geltend gemacht.
4. Der Klägerin stehen Zinsen aus der Hauptforderung in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.01.2016 zu gemäß §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 1, 288 Abs. 1, Abs. 2 BGB. Da der Beklagte nicht als Verbraucher gehandelt hat (siehe oben), kommt ein Zinssatz von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zur Anwendung. Die dritte Kaufpreisrate war nach der vertraglichen Vereinbarung zwar am 31.08.2014 fällig; bis zur Beseitigung des Mangels durch den Abschluss des Mietvertrages mit dem Vermieter am 28.01.2016 stand der Leistungspflicht des Beklagten jedoch die Einrede des nicht erfüllten Vertrags (§ 320 Abs. 1 BGB) zu. Die Einrede ist von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 320 BGB Rn. 12).
5. Der Beklagte schuldet auch die von der Klägerin geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten gemäß §§ 286 Abs. 1, 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB. Der Beklagte befand sich nach der Eigenbeseitigung des Mangels am 28.01.2016 mit der letzten Kaufpreisrate in Verzug (siehe oben). Die vorgerichtlichen Anwaltskosten sind durch das außergerichtliche Schreiben vom 10.06.2016 (Anlage K 2), also nach Eintritt des Verzuges, entstanden. Die geltend gemachten Gebühren sind - entsprechend der Abrechnung im Schreiben vom 10.06.2016 - nicht zu beanstanden. Der Beklagte schuldet Zinsen aus dieser Nebenforderung seit Rechtshängigkeit in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.
7. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Die für die Entscheidung des Senats maßgeblichen Rechtsfragen sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt.