OLG Karlsruhe: Mangelnde Werthaltigkeit von Kundenforderungen beim Unternehmenskauf als Sachmangel
OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.08.2008 - 4 U 137/06
Leitsätze
1. Beim Unternehmenskauf kann die Werthaltigkeit von Kundenforderungen ein wichtiger Faktor für die Vorstellungen der Parteien vom Wert des Unternehmens sein. Bleibt die tatsächliche Werthaltigkeit der Kundenforderungen hinter den bilanzierten Werten zurück, kommt ein Sachmangel des verkauften Unternehmens in Betracht (§ 434 BGB bzw. § 459 Abs. 1 BGB a. F.)
2. Sieht der Unternehmenskaufvertrag vor, dass der Kaufpreis nachträglich reduziert werden soll, wenn sich bestimmte Kundenforderungen als uneinbringlich herausstellen, so handelt es sich gegebenenfalls um eine Regelung über die Modalitäten einer Minderung im Sinne von § 437 Nr. 2 BGB bzw. § 462 BGB a. F..
Sachverhalt
I. Die Klägerin erwarb mit notariellem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 11.12.1996 (im Folgenden: „O. -Vertrag") von dem Beklagten Ziff. 1, von dessen - inzwischen verstorbenen - Ehefrau und von dem Beklagten Ziff. 2 sämtliche Gesellschaftsanteile der O. Getränke-Vertriebsgesellschaft m.b.H. Mit weiterem Vertrag vom selben Datum (im Folgenden: „J. -Vertrag ") erwarb die Klägerin von mehreren Verkäufern - u.a. den Beklagten Ziff. 1 und Ziff. 2 - sämtliche Kapitalanteile der Gebrüder J. Bierbrauerei GmbH und Co. KG.
Die Klägerin hat die vertraglich vereinbarten Kaufpreise bezahlt. Die Kaufpreise waren nach bestimmten, in den Verträgen genauer geregelten, Modalitäten auf der Basis von Übernahmebilanzen berechnet worden, die jeweils für den Übernahmestichtag (01.01.1997) erstellt wurden. Die Übernahmebilanzen enthielten u.a. die zum Stichtag bestehenden Forderungen der beiden Gesellschaften. Die Verträge enthielten zudem Regelungen für eine nachträgliche Kaufpreiskorrektur zugunsten der Klägerin, wenn und soweit die in den Bilanzen ausgewiesenen Forderungen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes nicht bezahlt werden würden (§ 3 Abs. 5 O. -Vertrag, bzw. § 3 Abs. 9 J. -Vertrag ). Gestützt auf diese Regelungen hat die Klägerin erstinstanzlich Rückzahlung eines Teiles der von ihr bezahlten Kaufpreise verlangt.
Die Klage hat sich zunächst gegen den Beklagten Ziff. 1, dessen - inzwischen verstorbene - Ehefrau (erstinstanzlich Beklagte Ziff. 2) und den jetzigen Beklagten Ziff. 2 (erstinstanzlich Beklagter Ziff. 3) gerichtet.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagten Ziff. 1 u. Ziff. 2 als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 236.811,31 € nebst 5 % Zinsen seit dem 22.06.1998 Zug um Zug gegen Abtretung der entsprechenden nicht beglichenen Forderungen gemäß II A 1 - 3 der Klageschrift zu zahlen,
2. die Beklagten Ziff. 1, 2 u. 3 als Gesamtschuldner zu verurteilen, 144.760,44 € nebst 5 % Zinsen seit dem 28.05.1998 Zug um Zug gegen Abtretung der entsprechenden nicht beglichenen Forderungen gemäß II. B der Klageschrift zu zahlen, und
3. festzustellen, dass die Beklagten der Klägerin jeweils die Aufwendungen zu erstatten haben, die diese bei der Geltendmachung von den in Ziff. 1 oder Ziff. 2 erwähnten Forderung gemacht hat.
Die Beklagten haben sich gegen die Klage mit verschiedenen Einwendungen verteidigt; sie haben insbesondere die Einrede der Verjährung erhoben.
Im übrigen wird wegen der tatsächlichen Feststellungen auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zwar seien die Ansprüche der Klägerin nicht verjährt; denn es handele sich nicht um Gewährleistungsansprüche, für die ggf. eine kurze Verjährungsfrist Anwendung finden könnte. Es handele sich vielmehr um eigenständige Ansprüche zur Korrektur des Kaufpreises, für welche nach dem bis zum 31.12.2001 geltenden Recht die 30-jährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB a.F. gegolten habe. Nach den insoweit für die Zeit bis zur Klageerhebung geltenden Übergangsregelungen sei auch in der Zeit ab dem 01.01.2002 bis zur Rechtshängigkeit Verjährung nicht eingetreten. Den Ansprüchen stehe jedoch eine vertraglich vereinbarte Ausschlussfrist entgegen, welche die Klägerin versäumt habe. Diese Frist ergebe sich zwar nicht unmittelbar aus den Verträgen; aus dem Gesamtzusammenhang der vertraglichen Regelungen - insbesondere aus der Vereinbarung von Ausschlussfristen für andere vertragliche Ansprüche - sei eine solche Ausschlussfrist für die streitgegenständlichen Ansprüche im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu entnehmen. Außerdem seien die Ansprüche der Klägerin verwirkt. Der Klageantrag Ziff. 3 (Feststellung) sei im übrigen unzulässig, da die Klägerin insoweit Leistungsklage hätte erheben können.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie hält aus Rechtsgründen die Annahme einer vertraglichen Ausschlussfrist für unzutreffend. Auch die Voraussetzungen einer Verwirkung seien nicht gegeben. Der Feststellungsantrag sei zulässig, weil der Klägerin in der Zukunft noch entsprechende Aufwendungen entstehen würden, welche sie gegenwärtig noch nicht beziffern könne.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Freiburg (1 O 243/05) vom 17.08.2006 abzuändern und die Beklagten nach den erstinstanzlichen Anträgen zu verurteilen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Beklagten halten an ihren erstinstanzlichen Einwendungen gegenüber den Forderungen der Klägerin fest und verteidigen das Urteil des Landgerichts. Sie halten das Urteil in rechtlicher Hinsicht für zutreffend.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Der Beklagte Ziff. 1 ist Erbe seiner verstorbenen Ehefrau (früher: Beklagte Ziff. 2). Das Verfahren richtet sich mithin nur noch gegen den Beklagten Ziff. 1 und den jetzigen Beklagten Ziff. 2 (früher: Beklagter Ziff. 3).
Aus den Gründen
II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Klage ist hinsichtlich der Anträge Ziff. 1 u. Ziff. 2 (Zahlungsanträge) unbegründet und hinsichtlich des Antrags Ziff. 3 (Feststellung) unzulässig.
1. Der Klägerin steht ein Zahlungsanspruch in Höhe von 236.811,31 € nebst Zinsen gegen den Beklagten Ziff.1 aus dem O. -Vertrag nicht zu. Ob ein solcher Anspruch entstanden ist, kann dahinstehen. Denn der Anspruch der Klägerin ist jedenfalls verjährt.
a) Die Klägerin stützt ihren Anspruch auf § 3 Abs. 5 des O. -Vertrages. Für den von der Klägerin für die Gesellschaftsanteile zu zahlenden Kaufpreis waren die in der Übernahmebilanz aktivierten Forderungen von Bedeutung, und zwar in der Form, dass sich die Forderungen in voller Höhe auf den zu zahlenden Kaufpreis rechnerisch auswirkten. § 3 Abs. 5 des O. -Vertrages sah eine nachträgliche Korrektur dann vor, wenn in der Übernahmebilanz enthaltene Forderungen in einem Zeitraum von 12 Monaten nach dem Übergangsstichtag (01.01.1997) nicht bezahlt wurden. Hierbei war allerdings - so ist die Klausel nach Sinn und Zweck auszulegen - nur an diejenigen Forderungen gedacht, die auch innerhalb dieses Zeitraums, also bis zum 31.12.1997, fällig wurden. Die Regelung hing damit zusammen, dass die offenen Forderungen - insbesondere die offenen Kundenforderungen - für den Wert des Unternehmens und den Kaufpreis aus der Sicht der Parteien eine wesentliche Bedeutung hatten. Gleichzeitig waren sich die Parteien der Tatsache bewusst, dass die Realisierbarkeit der Kundenforderungen gerade bei einem Getränkegroßhandel sehr zweifelhaft sein kann, so dass sich der wirtschaftliche Wert der in der Übernahmebilanz aktivierten Forderungen nachträglich als deutlich geringer herausstellen kann, wenn ein größerer Teil der Forderungen sich als nicht einbringlich herausstellt. Die Parteien haben einerseits den Kaufpreis berechnet auf der Basis einer vollen Werthaltigkeit der aktivierten Forderungen und andererseits - da sie die Werthaltigkeit bei Erstellung der Übernahmebilanz offenbar nicht sicher abschätzen konnten - die Möglichkeit einer Korrektur zugunsten der Klägerin als Käuferin vorgesehen.
b) Der von der Klägerin geltend gemachte Rückzahlungsanspruch (nachträgliche Kaufpreiskorrektur) gemäß § 3 Abs. 5 des O. -Vertrages ist - entgegen der Auffassung des Landgerichts - verjährt. Ansprüche aus dieser vertraglichen Regelung wurden 12 Monate nach dem Übergangsstichtag, also zum 01.01.1998, fällig. Zum 30.06.1998 ist Verjährung eingetreten. Denn die Verjährungsfrist betrug - maximal - 6 Monate (ab dem vertraglich hinausgeschobenen Fälligkeitszeitpunkt) gemäß § 477 Abs. 1 BGB a.F. Es finden die Verjährungsvorschriften des Kaufrechts Anwendung für Gewährleistungsansprüche bei einem Sachmangel. Bis zum 30.06.1998 ist die Verjährung weder unterbrochen noch gehemmt worden, so dass die Verjährung bei Klageerhebung abgelaufen war.
c) Entscheidend für die Anwendung der Verjährungsvorschriften ist die rechtliche Einordnung von Ansprüchen der Klägerin aus § 3 Abs. 5 des O. -Vertrages. Es handelt sich im Ergebnis um eine Regelung der Sachmängel-Haftung der Beklagten, woraus sich die Anwendung von § 477 Abs. 1 BGB a.F. ergibt.
aa) Beim Verkauf sämtlicher Gesellschaftsanteile einer GmbH finden hinsichtlich der Gewährleistung die Regeln über den Unternehmenskauf Anwendung (vgl. BGH, NJW 1969, 184). Fehler des verkauften Unternehmens führen grundsätzlich - nach den Regeln des bis zum 31.12.2001 geltenden Schuldrechts - zur Sachmängelhaftung des Verkäufers in entsprechender Anwendung von §§ 459 ff. BGB a.F. (BGH a.a.O.). Daraus ergibt sich unmittelbar die Anwendung der kurzen gesetzlichen Verjährungsfrist gemäß § 477 Abs. 1 BGB a.F. (vgl. BGHZ 85, 367).
Wenn ein Unternehmen veräußert wird, kommt es vielfach vor, dass bestimmte Vermögensgegenstände des Unternehmens mit Mängeln behaftet sein können. Es kann sich hierbei beispielsweise um Mängel von Maschinen handeln, die zum Betriebsvermögen gehören (vgl. beispielsweise BGHZ 85, 367, 368) oder auch um die rechtlichen Verhältnisse einzelner Aktiva, beispielsweise bei fehlendem Eigentum an bestimmten Gegenständen oder Nichtbestehen von aktivierten Forderungen (vgl. BGH, WM 1974, 312, 313; Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 33. Aufl. 2008, Einleitung vor § 1 HGB Rdn. 46; Honsell in Staudinger, BGB, 1995, § 459 BGB Rn. 86). Für die Frage, ob das verkaufte Unternehmen im Sinne des Gewährleistungsrechts einen Mangel aufweist, kommt es entscheidend darauf an, ob und wie sich die Mängel einzelner Vermögensgegenstände auf den Wert und die Brauchbarkeit des gesamten Unternehmens auswirken (vgl. BGH, NJW 1969, 184; BGH, NJW 1970, 556). Wirken sich die nachteiligen Eigenschaften bestimmter Vermögensgegenstände auf den Wert des Unternehmens aus, ist in jedem Fall von einem Sachmangel des Unternehmens auszugehen, und zwar auch dann, wenn - bezogen auf den einzelnen Vermögensgegenstand - ein Rechtsmangel vorläge (wie z.B. bei einer Verpfändung bestimmter Gegenstände oder beim Nichtvorhandensein bestimmter in der Bilanz aktivierter Forderungen; vgl. BGH, NJW 1969, 184; BGH, NJW 1970, 556; Baumbach/Hopt, a.a.O., Einleitung vor § 1 HGB Rdn. 46).
bb) Von diesen Grundsätzen ausgehend stellt sich § 3 Abs. 5 des O. -Vertrages als Regelung über Sachmängel des verkauften Unternehmens dar. Für den Wert des Unternehmens war die Realisierbarkeit der in der Übernahmebilanz aktivierten Kundenforderungen von erheblicher Bedeutung. Aus der vertraglichen Regelung ergibt sich, dass die Parteien für den Kaufpreis eine volle Werthaltigkeit der aktivierten Forderungen vorausgesetzt haben. Dementsprechend führt jede tatsächliche Abweichung von diesen Vorstellungen - keine Realisierung bestimmter Forderungen möglich - zu einem geringeren Wert des Unternehmens und damit zu einem Fehler im Sinne von § 459 Satz 1 BGB a.F. Aufgrund der Regelung in § 3 Abs. 5 des O. -Vertrages kommt es hierbei nicht darauf an, ob die Kunden den Forderungen mit Erfolg bestimmte rechtlichen Einwendungen entgegensetzen konnten, oder ob Forderungen innerhalb des angegebenen Zeitraums von einem Jahr wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Schuldner nicht bezahlt wurden. Aus der vertraglichen Regelung - nachträgliche Kaufpreiskorrektur bei jeder nichteinbringlichen Forderung - ergibt sich, dass die Parteien jeden Forderungsausfall als erheblich ansahen und somit als Fehler des Unternehmens im Sinne von § 459 Abs. 1 BGB behandeln wollten.
cc) Aus den weiteren vertraglichen Regelungen ergibt sich nichts, was zu einer anderen Einordnung der Ansprüche aus § 3 Abs. 5 des O. -Vertrages (Gewährleistung für Sachmängel des Unternehmens) führen könnte. Es ist ohne Bedeutung, dass die Parteien im Vertrag nicht auf die gesetzlichen Folgen des Gewährleistungsrechts (insbesondere § 462 BGB a.F.) hingewiesen haben. Die Parteien haben - wie bei Unternehmenskaufverträgen vielfach üblich - in § 3 Abs. 5 des O. -Vertrages die Rechtsfolgen eines bestimmten Sachmangels abweichend von den gesetzlichen Rechtsfolgen geregelt. (Beschränkung der Käuferrechte auf Minderung; Regelung der Art und Weise der Berechnung der Minderung.) Eine vertragliche Modifizierung des gesetzlichen Gewährleistungsrechts ändert nichts an der rechtlichen Einordnung (Gewährleistungsansprüche) und der Anwendbarkeit von § 477 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. (vgl. Palandt/Putzo, BGB, 61. Aufl. 2002, § 477 BGB Rdn. 4).
Für die rechtliche Einordnung spielt auch die sprachliche Bezeichnung im O. -Vertrag keine Rolle. Es ist daher ohne Bedeutung, dass die Parteien in § 5 des O. -Vertrages unter der Überschrift „Gewährleistung" nur andere Gewährleistungsansprüche der Klägerin geregelt haben und den Begriff „Gewährleistung" für die Ansprüche aus § 3 Abs. 5 des O. -Vertrages nicht verwendet haben. Es kommt für die Anwendbarkeit von § 459 BGB a.F. und insbesondere § 477 Abs. 1 BGB a.F. nicht auf die sprachliche Bezeichnung im Vertrag sondern auf die sachliche Qualität der Ansprüche an (siehe oben).
Die Werthaltigkeit der aktivierten Forderungen des Unternehmens wäre nur dann möglicherweise rechtlich anders zu beurteilen, wenn der wirtschaftliche Wert der Forderungen auf irgend eine Art und Weise von Anfang an Berechnungsfaktor für die Ermittlung des vereinbarten Kaufpreises gewesen wäre. So liegt der Fall vorliegend jedoch nicht. Die Parteien gingen bei der Berechnung des Kaufpreises von einem vollen wirtschaftlichen Wert der aktivierten Forderungen aus. Nach dieser Berechnung richtete sich die Zahlungspflicht der Klägerin als Käuferin. In einem derartigen Fall ist eine nachträgliche (im Vertrag bereits als Möglichkeit vorgesehene) Korrektur des Kaufpreises wegen mangelnder Werthaltigkeit der Forderungen der Sache nach eine Minderung im Sinne von § 462 BGB a.F. (Hieran ändert sich im - parallelen - J. -Vertrag auch nichts durch den Begriff des „vorläufigen Kaufpreises" in § 4 Abs. 1 dieses Vertrages; denn die „Vorläufigkeit" des Kaufpreises bezog sich nur auf andere mögliche Korrekturen und nicht auf eine nachträgliche Korrektur wegen mangelnder Werthaltigkeit der aktivierten Forderungen.)
d) Die Verjährungsfrage wäre dann anders zu beurteilen, wenn die Parteien die Verjährung von Ansprüchen aus § 3 Abs. 5 des O. -Vertrages vertraglich abweichend von § 477 BGB a.F. geregelt hätten. Ob dies der Fall ist, kann dahinstehen. Zu § 3 Abs. 5 gibt es im unmittelbaren Zusammenhang des O. -Vertrages keine vertragliche Verjährungsregelung. Es gibt lediglich eine Regelung in § 5 Abs. 5 Satz 4 des O. -Vertrages, die sich nach ihrem Wortlaut nur auf andere Gewährleistungsansprüche bezieht. Ob diese Vereinbarung auf die Ansprüche aus § 3 Abs. 5 des O. -Vertrages entsprechend anzuwenden ist, kann dahinstehen. Denn eine entsprechende Anwendung dieser vertraglichen Regelung (§ 5 Abs. 5 Satz 4 O. -Vertrag) würde nichts am Eintritt der Verjährung ändern, da diese vertragliche Frist (drei Monate) noch kürzer ist als die Frist in § 477 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. (sechs Monate).
e) Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie vor einer Geltendmachung der Gewährleistung aus § 3 Abs. 5 des O. -Vertrages zunächst einmal eine eventuelle Korrektur der Übernahmebilanz gemäß § 3 Abs. 3 des O. -Vertrages hätte abwarten müssen. Zwar erscheint es nicht ausgeschlossen, dass die Werthaltigkeit bestimmter Forderungen auch im Rahmen einer eventuellen Korrektur der Übernahmebilanz (§ 3 Abs. 3 des O. -Vertrages) eine Rolle hätte spielen können, insbesondere dann, wenn die Wertberichtigungen auf Forderungen von der Klägerin als zu niedrig beanstandet worden wären. Ein eventueller Vorrang der Kaufpreiskorrekturen nach § 3 Abs. 3 des O. -Vertrages brauchte die Klägerin allerdings nicht daran zu hindern, gleichzeitig entsprechende Gewährleistungsansprüche nach § 3 Abs. 5 des O. -Vertrages geltend zu machen. Die Klägerin hätte zum einen von vornherein Ansprüche nach § 3 Abs. 5 des O. -Vertrages ggf. hilfsweise neben einer Korrektur der Übernahmebilanz nach § 3 Abs. 3 des O. -Vertrages verlangen können. Zum anderen hätte es der Klägerin - wenn sie die Überprüfung der Übernahmebilanz abwarten wollte - frei gestanden, hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche geeignete verjährungsunterbrechende oder verjährungshemmende Maßnahmen zu ergreifen, um sich die Geltendmachung dieser Ansprüche in jedem Fall vorzubehalten. Die Anwendung der normalen Verjährungsregeln auf die Ansprüche der Klägerin führt mithin nicht dazu, dass die Klägerin keine Chance gehabt hätte, solche Ansprüche auch durchzusetzen.
f) Verjährung wäre allerdings dann nicht eingetreten, wenn der Anspruch der Klägerin als Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung (§ 325 Abs. 1 BGB a.F.) zu qualifizieren wäre, da für einen solchen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung bei einem Kaufvertrag nach altem Schuldrecht die 30-jährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB a.F. galt. § 325 BGB a.F. fand nach dem bis zum 31.12.2001 geltenden Schuldrecht insbesondere Anwendung bei Rechtsmängeln. Hierauf kann sich die Klägerin jedoch nicht berufen, da vorliegend ausschließlich die Regeln über eine Sachmängelhaftung zur Anwendung kommen.
Der Bundesgerichtshof (BGH, NJW 1970, 556) hat beim Verkauf eines Unternehmens in einem Ausnahmefall neben der Sachmängelhaftung auch die Rechtsmängelhaftung des Verkäufers für anwendbar erklärt. In diesem Fall ging es darum, dass mit dem Verkauf eines Unternehmens gleichzeitig bestimmte Rechte (aus einem Mietvertrag) übertragen werden sollten, die der Verkäufer dem Käufer jedoch letztlich nicht verschaffen konnte. Hiermit ist der vorliegende Fall jedoch nicht vergleichbar, wobei dahinstehen kann, ob und inwieweit die in der Übernahmebilanz aktivierten Forderungen tatsächlich bestanden. Denn - im Unterschied zu dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall - ging es vorliegend nicht darum, dass die Klägerin als Käuferin bestimmte, mit dem Unternehmen übertragene Rechte in irgend einer Art und Weise weiter nutzen wollte. Die Forderungen des übertragenen Unternehmens waren vielmehr nur insoweit von Bedeutung, als sie sich auf den Wert des Unternehmens auswirkten. Daher können eventuelle rechtliche Probleme bei den aktivierten Forderungen nur zu einer Sachmängelhaftung (mit kurzer Verjährungsfrist) und nicht zu einer Rechtsmängelhaftung (Ansprüche aus § 325 BGB a.F. mit langer Verjährung) führen.
2. Auch der Klageantrag Ziff. 2 ist nicht begründet. Der Klägerin stehen Ansprüche aus dem J. -Vertrag in Höhe von 144.760,44 € gegen die Beklagten nicht zu.
a) Die Klägerin stützt ihre Ansprüche auf § 3 Abs. 9 des J. -Vertrages. Es geht um eine nachträgliche Kaufpreiskorrektur, weil bestimmte in der Übernahmebilanz aktivierte Forderungen - nach dem Sachvortrag der Klägerin - innerhalb des in § 3 Abs. 9 des J. -Vertrages festgelegten Zeitraums von den Schuldnern nicht bezahlt wurden. Es kann - wie bei den geltend gemachten Ansprüchen aus dem O. -Vertrag - dahinstehen, ob ein entsprechender Anspruch der Klägerin entstanden ist; denn ein solcher Anspruch ist zumindest verjährt.
b) Bei einem Anspruch aus § 3 Abs. 9 des J. -Vertrages handelte es sich der Sache nach um eine Kaufpreisminderung wegen eines Sachmangels des verkauften Unternehmens, nämlich der von der Gebrüder J. Bierbrauerei GmbH & Co. KG betriebenen Brauerei (vgl. Palandt/Putzo, 61. Aufl., BGB § 433 Rdnr. 3). Ansprüche der Klägerin aus § 3 Abs. 9 des J. -Vertrages sind am 27.05.1998 (1 Jahre nach Vorlage der Übernahmebilanz) fällig geworden. Die Ansprüche waren daher nach 6 Monaten (§ 477 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F.), also am 27.11.1998, verjährt. Es kann zur weiteren Begründung auf die Ausführungen zu den Ansprüchen aus § 3 Abs. 5 des O. -Vertrages (siehe oben 1.) verwiesen werden.
3. Zutreffend hat das Landgericht den Klageantrag Ziff. 3 (Feststellung) als unzulässig abgewiesen. Die Klägerin hat kein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO, da sie die geltend gemachten Ansprüche beziffern und dementsprechend Leistungsklage erheben könnte. Ob der Klägerin auch noch nach Klageerhebung - noch nicht bezifferbare - Aufwendungen im Sinne des Klageantrags Ziff. 3 entstehen können, ist ohne Bedeutung. Denn die Klägerin hat diesen Antrag ausdrücklich auf in der Vergangenheit bereits entstandene Aufwendungen beschränkt („... Aufwendungen ..., die diese ... gemacht hat."). Diese auf die Vergangenheit beschränkten Aufwendungen sind jedoch in jedem Fall bezifferbar.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.
5. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.