BGH: Lösungsrecht des Inferenten vom Übernahmevertrag
BGH, Urteil vom 3.11.2015 – II ZR 13/14
Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2015-2945-2
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Leitsätze
a) Dem Inferenten steht ohne Vereinbarung einer Befristung oder Bedingung ein Lösungsrecht von dem Übernahmevertrag nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu, wenn der angemessene Zeitraum für eine Bindung des Übernehmers überschritten wird oder es aus anderen Gründen nicht zur Kapitalerhöhung kommt. Rechtsfolge ist ein Rücktrittsrecht des Übernehmers nach § 313 Abs. 3 Satz 1 BGB.
b) Eine stille Beteiligung kann als Sacheinlage in eine GmbH eingebracht werden. Sie erlischt durch die Übertragung auf die GmbH. Nach einem Rücktritt kann der Übernehmer verlangen, dass die infolge der Übertragung erloschene stille Beteiligung neu begründet wird.
c) Die Gesellschaft trifft eine (Treue-)Pflicht, für eine zügige und ordnungsgemäße Durchführung der Kapitalerhöhung zu sorgen, jedenfalls dann, wenn sie sich im Übernahmevertrag unter Mitwirkung aller Gesellschafter und Geschäftsführer ausdrücklich zur Durchführung der Kapitalerhöhung verpflichtet.
GmbHG § 55 Abs. 1
Sachverhalt
An der beklagten GmbH waren die Gesellschafter Dr. K. , Dr. D. und Dr. B. mit einem Anteil von je 25.000 € am Stammkapital von 75.000 € beteiligt und nach einem Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft mit Kapitaleinlagen von je 125.000 € zudem stille Gesellschafter. Weitere Mitarbeiter der Beklagten, darunter der Kläger, wurden mit Vertrag vom 10. März 2008 mit Kapitaleinlagen von je 50.000 € stille Gesellschafter. Über grundlegende Fragen, die die Leitung und Struktur oder den Fortbestand der Beklagten betrafen, hatte die Versammlung der stillen Gesellschafter zu entscheiden. Den stillen Gesellschaftern sollten die gesetzlichen Informations- und Kontrollrechte des § 233 HGB auch nach Beendigung der Gesellschaft in dem zur Überprüfung des Auseinandersetzungsguthabens erforderlichen Umfang zustehen.
Am 28. November 2008 beschloss die Gesellschafterversammlung der Beklagten in einer notariell beurkundeten Vereinbarung mit den stillen Gesellschaftern eine Erhöhung des Stammkapitals auf 175.000 € durch Sacheinlagen. Zur Übernahme einer neuen Stammeinlage wurden alle stillen Gesellschafter der Beklagten in Höhe von je 12.500 € zugelassen. Als Sacheinlage sollte jeweils der Gesellschaftsanteil an der mit dem Vertrag vom 10. März 2008 gegründeten stillen Gesellschaft übertragen werden. Nummer I 5 der Vereinbarung lautet u.a.:
"In der Folge dieser Übertragung des mitunternehmerischen Anteils entfällt durch die Vereinigung der Gesellschaftsanteile in der Hand der GmbH die jeweilige stille Beteiligung ersatzlos zugunsten der GmbH, so dass im Ergebnis der Wegfall dieser Beteiligung als Sacheinlage geschuldet ist."
Abschnitt II 10. lautet:
"Die K. GmbH [Beklagte] verpflichtet sich gegenüber den Erschienenen zu 1) bis 4) und den Herren Dr. G. , Dr. H., Dr. M. und R. [stille Gesellschafter] die zu Abschnitt I. Ziffer 1. beschlossene Kapitalerhöhung durchzuführen."
In Abschnitt III heißt es:
"1. Die Erschienenen zu 1) bis 4) sowie die Herren Dr. G. , Dr. H. , Dr. M. und R. treten hiermit rückwirkend zum 1. April 2008 ihre Stellung als atypisch stille Beteiligte und damit ihre Miteigentümeranteile an der (Beklagten) für die künftige Gewährung der neuen Geschäftsanteile gemäß Abschnitt I schon jetzt mit sofortiger Wirkung an die (Beklagte) ab. …
5. Hiermit sind die stillen Gesellschaftsverträge der Erschienenen zu 1) bis 4), der Herren Dr. G. , Dr. H. , Dr. M. und R. mit der (Beklagten) beendet.
6. Dieser Vertrag (Urkundenteil III) ist - unabhängig vom Wirksamwerden der übrigen Urkundenteile - mit der Unterzeichnung dieser Urkunde wirksam."
Der Kläger und die anderen ehemaligen stillen Gesellschafter wurden in der Folge zu Gesellschafterversammlungen der Beklagten eingeladen und nahmen an den Abstimmungen teil. Im Verlauf des Jahres 2009 kam es zu Meinungsverschiedenheiten. Am 21. Dezember 2009 kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis als "Direktor" fristlos. Am 7. April 2010 trat R. von der Kapitalerhöhung zurück. In der Folge betrieben die Geschäftsführer der Beklagten die Eintragung der Kapitalerhöhung nicht mehr weiter. Ab dem 1. Juni 2010 wurde der Geschäftsbetrieb der Beklagten in die R. GmbH integriert. Die Beklagte stellte ihre operative Tätigkeit ein. Mit Beschluss vom 3. März 2011 wies das Registergericht die Anmeldung der Kapitalerhöhung vom 11. Dezember 2008 zurück, da eine Darstellung der aktuellen Sachlage zur Wirksamkeit des Übernahmevertrags innerhalb der mit Zwischenverfügung vom 20. April 2010 bestimmten Frist und des vergangenen Zeitraums nicht eingegangen sei.
Der Kläger hat mit der Begründung, die Beklagte habe die Eintragung der Kapitalerhöhung und seiner Gesellschafterstellung treuwidrig vereitelt, mit der Klage zahlreiche Auskunftsanträge gestellt, vor allem zu der Übernahme des Geschäfts durch die R. GmbH, von dem seiner Auffassung nach nicht die Beklagte, sondern die Altgesellschafter der Beklagten durch Umleitung des Erlöses auf sich selbst unmittelbar profitiert hätten.
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger Einsicht in die Rechnungen und ihnen zugrunde liegenden Unterlagen zu den Rechts- und Beratungskosten sowie zu den Abschluss- und Prüfungskosten der Beklagten für das Geschäftsjahr 2008 zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers, der in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht am 12. November 2013 den Rücktritt von der Übernahmevereinbarung erklärte, hatte keinen Erfolg. Gegen das Berufungsurteil richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Klägers.
Aus den Gründen
8 Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache.
9 I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch aus § 51a GmbHG, § 716 BGB, weil er nicht Gesellschafter der Beklagten geworden sei. Die Eintragung im Handelsregister sei gesetzliche Wirksamkeitsvoraussetzung der Kapitalerhöhung, deren Eintritt nicht über § 162 BGB fingiert werden könne. Ein Erfüllungsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten auf Durchführung der Kapitalerhöhung und auf den Erwerb der Mitgliedschaft bestehe nicht, weil die hierfür erforderliche Satzungsänderung erst mit der Eintragung gemäß § 54 Abs. 3 GmbHG wirksam werde. Aus diesem Grund stehe dem Kläger auch kein Erfüllungssurrogat in Form eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung zu, da dieser auf einen vom Gesetz nicht intendierten Erfüllungszwang hinauslaufen würde.
10 Auch ein Anspruch auf Auskunft oder Einsicht aus §§ 242, 346 BGB bzw. §§ 242, 812 Abs. 1, § 818 BGB bestehe nicht. Der Kläger benötige keine Auskünfte oder die Einsicht in Unterlagen, um eine Ungewissheit hinsichtlich eines ihm zustehenden Rechts zu beseitigen. Wenn die Rücktrittserklärung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 12. November 2013 wirksam wäre, hätte er - ebenso wie bei einer Rückabwicklung der gescheiterten Kapitalerhöhung nach Bereicherungsrecht - einen Anspruch darauf, dass die Beklagte die von dem Kläger empfangene Leistung zurückgewähre. Rechtlich gesehen habe der Kläger seinen Auseinandersetzungsanspruch aus § 235 HGB als Sacheinlage in die Beklagte eingebracht. Durch den notariellen Vertrag sei die stille Gesellschaft aufgelöst worden, so dass nur ein Auseinandersetzungsanspruch auf Zahlung eines Geldbetrags gemäß § 235 Abs. 1 HGB bestanden habe. Diesen Zahlungsanspruch habe der Kläger in die Beklagte als Sacheinlage eingebracht, so dass die Beklagte von der entsprechenden schuldrechtlichen Verbindlichkeit befreit worden sei. Das von der Beklagten erlangte „Etwas“ im Sinne von § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB sei die Befreiung von der Verbindlichkeit aus § 235 Abs. 1 HGB. Ein möglicher Bereicherungsanspruch richte sich ebenfalls auf die Neubegründung der durch ihre Einbringung in die GmbH durch Konfusion erloschenen Verbindlichkeit. Nur diese Befreiung von der Geldforderung, nicht einen Gesellschaftsanteil habe der Kläger als Sacheinlage eingebracht. Zur Bemessung des Auseinandersetzungsanspruchs seien die vom Kläger über die erstinstanzliche Verurteilung hinaus geforderten verlangten Auskünfte/Einsichtnahmen nicht erforderlich.
11 Ein Schadensersatzanspruch aus § 281 Abs. 1, § 280 BGB ggf. i.V.m. § 311 BGB oder aus § 826 BGB, zu dessen Durchsetzung der Kläger die begehrten Auskünfte benötige, bestehe nicht. Dabei könne dahinstehen, ob die Beklagte eine dem Kläger gegenüber bestehende Pflicht verletzt habe, die Eintragung der am 25. November 2008 beschlossenen Kapitalerhöhung zu fördern oder zu bewirken. Da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kein Erfüllungsanspruch des Übernehmers eines Kapitalanteils gegenüber der Gesellschaft auf Durchführung der Kapitalerhöhung bestehe, scheide ein Anspruch auf das positive Interesse aus, so gestellt zu werden, als wäre die Eintragung erfolgt. Ein Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens scheitere jedenfalls an der Kausalität. Mit dem Vertrag vom 25. November 2008 sei die stille Gesellschaft aufgelöst und der Auseinandersetzungsanspruch des Klägers eingebracht worden. Ein späteres pflichtwidriges Verhalten könne hierfür nicht kausal gewesen sein. Daher scheide ein Anspruch des Klägers aus, so gestellt zu werden, als bestünde die stille Gesellschaft noch.
12 II. Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
13 1. Zutreffend hat das Berufungsgericht dem Kläger keinen Anspruch auf die begehrten Auskünfte als GmbH-Gesellschafter oder wegen eines treuwidrig vereitelten Anspruchs auf die Mitgliedschaft gewährt. Der Kläger ist durch den Übernahmevertrag nicht schon Gesellschafter geworden und hat keine gesellschaftergleiche Stellung etwa durch ein Anwartschaftsrecht erworben. Ein Übernahmevertrag verpflichtet in erster Linie den durch Gesellschafterbeschluss gemäß § 55 Abs. 2 GmbHG zugelassenen Übernehmer zur Erbringung der vorgesehenen Einlage. Es handelt sich nicht um einen Austauschvertrag, sondern um einen Vertrag mit körperschaftlichem Charakter, weil das von dem Übernehmer erstrebte Mitgliedschaftsrecht nicht von der Gesellschaft "geliefert" wird, sondern auf der Grundlage des (satzungsändernden) Kapitalerhöhungsbeschlusses und des Übernahmevertrages kraft Gesetzes mit der Eintragung im Handelsregister entsteht (vgl. § 54 Abs. 3, § 57 GmbHG). Bis dahin steht nicht nur der Erwerb der Mitgliedschaft, sondern auch der Übernahmevertrag unter dem Vorbehalt des Wirksamwerdens der Kapitalerhöhung durch die Eintragung (BGH, Urteil vom 11. Januar 1999 - II ZR 170/98, BGHZ 140, 258, 260 [BB 1999, 755]). Der Übernehmer hat vor der Eintragung keine mitgliedschaftlichen Rechte und auch keinen Anspruch darauf, bei einer Verzögerung oder Vereitelung der Kapitalerhöhung so gestellt zu werden, als sei er Gesellschafter.
14 2. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht dem Kläger keinen Auskunftsanspruch allein aufgrund seines in der mündlichen Verhandlung erklärten Rücktritts zuerkannt.
15 a) Entgegen der rechtsfehlerhaften Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger allerdings nach einem Scheitern der Kapitalerhöhung, jedenfalls nach der Erklärung seines Rücktritts nicht nur einen Anspruch auf ein Entgelt für den Auseinandersetzungsanspruch aus der stillen Beteiligung, sondern einen Anspruch auf Wiedereinräumung der stillen Beteiligung. Der Kläger hat nicht nur seinen Auseinandersetzungsanspruch aus § 235 HGB als Sacheinlage in die Beklagte eingebracht, sondern die stille Beteiligung.
16 aa) Aufgrund des in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 12. November 2013 erklärten Rücktritts kommt ein Rückgewähranspruch aus § 346 BGB i.V.m. § 313 Abs. 3 Satz 1 BGB des Klägers in Frage. Dem Inferenten steht ohne Vereinbarung einer Befristung oder Bedingung (vgl. dazu BGH, Urteil vom 11. Januar 1999 - II ZR 170/98, BGHZ 140, 258, 261 [BB 1999, 755]) ein Lösungsrecht von dem Übernahmevertrag nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu, wenn der angemessene Zeitraum für eine Bindung des Übernehmers überschritten wird oder es aus anderen Gründen nicht zur Kapitalerhöhung kommt (Scholz/Priester, GmbHG, 11. Aufl., § 55 Rn. 98; Fastrich/Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 55 Rn. 37; Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 55 Rn. 38; Münch- KommGmbHG/Lieder, § 55 Rn. 133; im Ergebnis auch Ulmer/Ulmer, GmbHG, § 55 Rn. 73 f.). Die Verpflichtung des Übernehmers zur Einlageleistung entsteht mit Abschluss des Übernahmevertrages und nicht erst mit Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses (BGH, Urteil vom 11. Januar 1999 - II ZR 170/98, BGHZ 140, 258, 261 [BB 1999, 755]). Zwar wird die Kapitalerhöhung, die das neue Mitgliedschaftsrecht schafft, erst nach Eintragung wirksam (BGH, Urteil vom 11. Januar 1999 - II ZR 170/98, BGHZ 140, 258, 260 [BB 1999, 755]). Die Verpflichtung des Übernehmers zur Einlageleistung muss aber schon davor wirksam werden, weil die Einlageleistung erst die Voraussetzung für die Eintragung schafft (vgl. KG, GmbHR 1984, 124). Eine Sacheinlage muss vor Eintragung bewirkt sein (§ 57 Abs. 2 Satz 1 GmbHG). Da die Verpflichtung zur Einlageleistung schuldrechtliche Elemente enthält, bestehen insoweit gegen die Anwendung schuldrechtlicher Vorschriften keine Bedenken, soweit die körperschaftsrechtlichen Besonderheiten berücksichtigt werden. Scheitert die Kapitalerhöhung oder verstreicht die angemessene Bindungsfrist, haben sich die bei Abschluss des Übernahmevertrags für die Einlageleistung zugrunde gelegten Umstände geändert, so dass insoweit die Vorschriften über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) zur Anwendung gelangen. Rechtsfolge ist ein Rücktrittsrecht des Übernehmers, § 313 Abs. 3 Satz 1 BGB, das an die Stelle der früher von der Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 1989 - VIII ZR 105/88, BGHZ 109, 139, 144 [BB 1990, 18]) entwickelten Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht getreten ist (Staudinger/ Kaiser, Bearbeitung 2012, § 346 BGB Rn. 21).
17 bb) Die geleistete Einlage, die der Kläger nach § 346 Abs. 1 BGB zurückfordern kann, ist die stille Beteiligung. In § 12 Abs. 1 Satz 1 des Vertrags über die Errichtung einer stillen Gesellschaft vom 10. März 2008 ist vereinbart worden, dass die stille Beteiligung, nach Abs. 4 mit Zustimmung der Inhaberin, veräußert werden kann. Daher konnte die stille Beteiligung mit ihrer Zustimmung auf die Beklagte übertragen werden und war sie tauglicher Gegenstand einer Sacheinlage. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die stille Gesellschaft durch den notariellen Vertrag vom 28. November 2008 nicht aufgelöst und aus diesem Grund nur ein infolge der Auflösung entstandener Auseinandersetzungsanspruch eingebracht worden. Vielmehr heißt es in der Vereinbarung, dass die Stellung als stiller Beteiligter und die Miteigentümeranteile an die Beklagte abgetreten, die stillen Gesellschaftsverträge mit der Beklagten beendet werden (Abschnitt III. 1. und 5.) und in der Folge dieser Übertragung des mitunternehmerischen Anteils durch die Vereinigung der Gesellschaftsanteile in der Hand der GmbH die jeweilige stille Beteiligung ersatzlos zugunsten der GmbH entfällt, so dass im Ergebnis der Wegfall dieser Beteiligung als Sacheinlage geschuldet ist (Abschnitt I. 5.). Eine Auflösung der stillen Gesellschaft ist nicht vereinbart, vielmehr die liquidationslose Beendigung durch Übertragung der stillen Beteiligung auf die Inhaberin des Unternehmens mit der vereinbarten Folge ihres Wegfalls. Entsprechend wurden auch an die Beklagte keine Auseinandersetzungsansprüche abgetreten.
18 Eine stille Beteiligung kann als Sacheinlage in eine GmbH eingebracht werden. Sie kann trotz des Umstands, dass das vom stillen Gesellschafter einzubringende Kapital nicht Gesellschaftsvermögen wird, nicht nur vermögensrechtliche Ansprüche, sondern ein Mitgliedschaftsrecht begründen (BGH, Urteil vom 24. Februar 1969 - II ZR 123/67, BGHZ 51, 350, 353; Urteil vom 29. November 2011 - II ZR 306/09, BGHZ 191, 354 Rn. 19, 26; Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 230 Rn. 21). Sie ist dann als eigenständiges Wirtschaftsgut anzusehen und kann mit allen Rechten und Pflichten auf Dritte übertragen und zum Gegenstand einer Sacheinlage gemacht werden (MünchKommHGB/K. Schmidt, 3. Aufl., § 230 Rn. 175; ebenso wohl Staub/Harbarth, HGB, 5. Aufl., § 230 Rn. 244 und § 234 Rn. 74), jedenfalls wenn wie hier eine atypische stille Gesellschaft begründet worden ist.
19 cc) Der Rückgewähranspruch des Klägers gegen die Beklagte ist nach § 346 Abs. 1 BGB primär auf die Rückgabe der geleisteten Sacheinlage gerichtet. Die stille Beteiligung ist zwar durch die Übertragung auf die Beklagte erloschen. Das Erlöschen führt aber noch nicht zur Unmöglichkeit der Rückübertragung, solange die Beklagte die stille Gesellschaft neu begründen kann (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2008 - VIII ZR 334/06, BGHZ 175, 286 Rn. 21 f. zur Neubegründung von Forderungen).
20 b) Die geschuldete Wiedereinräumung der stillen Beteiligung führt aber nicht zu dem mit der Klage verfolgten Auskunftsanspruch.
21 aa) Ein Auskunftsanspruch aus der stillen Beteiligung entsteht erst nach ihrer Neuerrichtung.
22 bb) Ein Auskunftsanspruch besteht auch nicht deshalb, weil der Kläger zur Berechnung eines Wertersatzanspruchs nach § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 BGB Auskünfte zu der Übernahme des Geschäfts durch die R. GmbH benötigt.
23 (1) Dass die Beklagte ihren Geschäftsbetrieb auf die R. GmbH übertragen hat, führt entgegen der Revision nicht dazu, dass die Beklagte jedenfalls die stille Beteiligung nicht mehr so herausgeben kann, wie sie sie erlangt hat, und in jedem Fall ein Wertersatzanspruch nach § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bzw. Nr. 3 BGB besteht. Im Zuge der Kapitalerhöhung wurde die stille Beteiligung, nicht ein Geschäftsbetrieb auf die Beklagte übertragen. Die stille Beteiligung als Recht kann grundsätzlich neu begründet werden.
24 Ein Wertersatzanspruch kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn es dem Rückgewährschuldner unmöglich ist, den empfangenen Gegenstand in seiner ursprünglichen Form zurückzugeben. Die Rückgewähr in Natur ist gegenüber der Verpflichtung, Wertersatz zu leisten, vorrangig. § 346 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 BGB ist daher um das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Unmöglichkeit zu ergänzen (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2008 - V ZR 131/07 BGHZ 178, 182 Rn. 17 f., 27 [BB 2008, 2711 m. BB-Komm. Winkler]).
25 (2) Ob die Wiederbegründung der stillen Beteiligung unmöglich geworden ist oder ob, weil die Gegenleistung für die Übertragung des Geschäftsbetriebs auf die R. GmbH nicht die Beklagte, sondern die Gesellschafter erhalten haben, nur noch eine "verschlechterte" stille Beteiligung neu begründet werden kann, kann offenbleiben. Ein Wertersatzanspruch wegen Unmöglichkeit der Neubegründung der stillen Beteiligung oder ihrer Verschlechterung (§ 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB) kann nur nach dem Wert berechnet werden, den die stille Beteiligung im Zeitpunkt der Übertragung auf die Beklagte hatte. Die stille Beteiligung ist mit der Übertragung erloschen. Der rücktrittsberechtigte Kläger hat einen Anspruch allenfalls darauf, dass ihm auch dem Werte nach wieder das zurückgegeben wird, was er hergegeben hat. Die zur Berechnung des Werts der stillen Beteiligung im Zeitpunkt der Übertragung auf die Beklagte erforderlichen Auskunftsansprüche hat das Berufungsgericht dem Kläger zuerkannt.
26 cc) Auch zur Verfolgung eines Anspruchs auf Herausgabe von Nutzungen besteht kein Auskunftsanspruch. Allerdings ist im Fall der Rückübertragung einer stillen Beteiligung auch der auf die stille Beteiligung bis dahin entfallene Gewinn herauszugeben. Bei einem Rücktritt kann der Berechtigte nach § 346 Abs. 1 BGB gezogene Nutzungen oder Wertersatz für schuldhaft nicht gezogene Nutzungen (§ 347 Abs. 1 BGB) verlangen. Zu den Nutzungen zählt nach §§ 100, 99 Abs. 2 BGB der Gewinn (für GmbH BGH, Urteil vom 30. Januar 1995 - II ZR 45/94 [BB 1995, 690], ZIP 1995, 374, 376). Daraus ergibt sich hier aber noch kein Anspruch auf Herausgabe des anteilig auf den stillen Geschäftsanteil entfallenden Gewinnanteils aus dem Erlös aus der Veräußerung an die R. GmbH. Ein Anspruch auf gezogene oder schuldhaft nicht gezogene Nutzungen scheidet hier aus, weil infolge des Wegfalls der stillen Beteiligung infolge der Abtretung bei der Beklagten kein Fruchtziehungsrecht bestand (vgl. zu eigenen Anteilen bei der GmbH BGH, Urteil vom 30. Januar 1995 - II ZR 45/94 [BB 1995, 690], ZIP 1995, 374, 376), so dass die Beklagte keine Nutzungen auf den stillen Gesellschaftsanteil erzielte oder schuldhaft nicht erzielte.
27 3. Der Kläger kann aber einen Schadensersatzanspruch wegen des durch die Veräußerung des Geschäftsbetriebs an die R. GmbH ohne Gegenleistung für die Beklagte entgangenen Gewinns und damit einen Anspruch auf die Auskünfte haben, die er zur Berechnung dieses Ersatzanspruchs benötigt.
28 a) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht einen Ersatzanspruch auf das negative Interesse verneint, weil die stille Gesellschaft mit dem Vertrag vom 25. November 2008 aufgelöst worden sei und deshalb eine spätere Pflichtverletzung „hierfür“ nicht kausal gewesen sein könne.
29 aa) Aus dem Übernahmevertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten folgt eine Pflicht der Gesellschaft, die Eintragung der Kapitalerhöhung zu fördern, deren Verletzung zu Schadensersatzansprüchen führt, § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Senat hat bisher offen gelassen, ob eine (Treue-)Pflicht der Gesellschaft besteht, für eine zügige und ordnungsgemäße Durchführung der Kapitalerhöhung zu sorgen (BGH, Urteil vom 11. Januar 1999 - II ZR 170/98, BGHZ 140, 258, 260 und 262 [BB 1999, 755]). Im Schrifttum wird eine solche Pflicht, begrenzt jedenfalls auf den Ersatz des negativen Interesses, bejaht (Zöllner/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 55 Rn. 38; MünchKomm GmbHG/Lieder, § 55 Rn. 62; Scholz/Priester, GmbHG, 10. Aufl., § 55 Rn. 100; Ulmer/Ulmer, GmbHG, § 55 Rn. 80; aA wohl Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 55 Rn. 39).
30 Jedenfalls im vorliegenden Fall besteht eine solche Verpflichtung. Zwar sind die Gesellschafter regelmäßig frei, einen im Zuge der Übernahme bereits gefassten Kapitalerhöhungsbeschluss aufzuheben, so dass kein Erfüllungsanspruch des Übernehmers gegen die Gesellschaft auf Durchführung der Kapitalerhöhung besteht (BGH, Urteil vom 11. Januar 1999 - II ZR 170/98, BGHZ 140, 258, 260). Das schließt es aber nicht aus, dass die Gesellschaft, solange die Gesellschafter einen bereits gefassten Kapitalerhöhungsbeschluss nicht aufheben, aus dem Übernahmevertrag verpflichtet ist, für die Durchführung des Erhöhungsbeschlusses zu sorgen. Erst recht trifft sie eine solche Pflicht, wenn sie sich wie hier ausdrücklich zur Durchführung der Kapitalerhöhung verpflichtet. Im Übernahmevertrag ist unter II. 10. unter Mitwirkung aller Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten ausdrücklich vereinbart, dass die Beklagte sich gegenüber den Übernehmern verpflichtet, die Kapitalerhöhung durchzuführen.
31 bb) Unterstellt man eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten, weil sie nicht für die Eintragung der im Übernahmevertrag vorausgesetzten Kapitalerhöhung gesorgt hat, so dass in der Folge die Kapitalerhöhung gescheitert ist, hat der Kläger einen Schadensersatzanspruch in Höhe desjenigen Gewinnanteils, der nach der Veräußerung des Unternehmens der Beklagten an die R. GmbH auf ihn als stillen Gesellschafter entfallen wäre, wenn die stille Gesellschaft fortbestanden hätte.
32 Der Kläger kann als Ersatz des negativen Interesses verlangen, so gestellt zu werden, wie wenn er nicht auf die Gültigkeit des Vertrages zur Übernahme der Kapitalerhöhung vertraut hätte und diesen Vertrag nicht abgeschlossen hätte. Bis zur Eintragung steht nicht nur der Erwerb der Mitgliedschaft, sondern auch der Übernahmevertrag unter dem Vorbehalt des Wirksamwerdens der Kapitalerhöhung durch die Eintragung (BGH, Urteil vom 11. Januar 1999 - II ZR 170/98, BGHZ 140, 258, 260 [BB 1999, 755]). Da infolge der - unterstellten - Pflichtverletzung der Beklagten der Übernahmevertrag insoweit nicht wirksam wurde, kann der Kläger, auch soweit er wegen der Möglichkeit der Gesellschafter, den Kapitalerhöhungsbeschluss aufzuheben, keinen Erfüllungsanspruch hat (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 1999 - II ZR 170/98, BGHZ 140, 258, 260 [BB 1999, 755]), verlangen so gestellt zu werden, wie wenn er die im Übernahmevertrag übernommene Einlageverpflichtung nicht eingegangen wäre und nicht erbracht hätte. Der Inferent leistet die Einlage im Vertrauen darauf, dass Übernahmevertrag und Kapitalerhöhung durch Eintragung wirksam werden. Dass solche "Aufwendungen" zeitlich vor der Pflichtverletzung erbracht worden sind, schließt den Haftungszusammenhang und damit die Ersatzverpflichtung nicht aus.
33 Wenn der Kläger nicht, wie im Übernahmevertrag vereinbart, die stille Beteiligung auf die Beklagte übertragen hätte, hätte sie weiter bestanden und wäre der Kläger an einem Erlös der Beklagten aus der Veräußerung ihres Geschäftsbetriebs an die R. GmbH als stiller Gesellschafter zu beteiligen gewesen. Dass insoweit die - unterstellte - Pflichtverletzung der Beklagten für den Verlust dieser Gewinnbeteiligung ursächlich war, zeigt sich schon daran, dass die Beklagte, sobald die Kapitalerhöhung gescheitert war, weil sie pflichtwidrig nicht mehr für ihre Durchführung sorgen wollte, zur Neubegründung der stillen Beteiligung verpflichtet gewesen wäre, so dass der Kläger am Erlös der Veräußerung des Geschäftsbetriebs an die R. GmbH als stiller Gesellschafter zu beteiligen gewesen wäre.
34 Dass im Senatsurteil zur gescheiterten Kapitalerhöhung (BGH, Urteil vom 11. Januar 1999 - II ZR 170/98, BGHZ 140, 258, 260 [BB 1999, 755]) der Gewinn aus dem Geschäftsanteil an der GmbH als dem positiven Interesse unterfallend angesehen wurde, steht dem nicht entgegen, weil es sich dort um eine Barkapitalerhöhung handelte, die ohne einen Geschäftsanteil keinen Gewinnanspruch begründete. Der Kläger erhält hier aber als Schadensersatz nicht den entgangenen Gewinn aus dem infolge des Scheiterns der Kapitalerhöhung nicht erworbenen Geschäftsanteil, sondern aus der stillen Gesellschaftsbeteiligung.
35 Der entgangene Gewinnanteil aus der Veräußerung des Geschäftsbetriebs an die R. GmbH wird als Schaden erfasst. Der Erlös aus dieser Veräußerung stand der Gesellschaft zu. Die Gesellschafter-Geschäftsführer durften den Veräußerungserlös nicht an stillen Gesellschaftern vorbei in die eigenen Taschen lenken.
36 III. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist. Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Beklagte schuldhaft ihre Pflicht zur Förderung der Eintragung der Kapitalerhöhung verletzt hat und ob die begehrten Auskünfte für die Berechnung des Schadensersatzanspruchs erforderlich sind.