KG Berlin: : Löschung eines GmbH-Geschäftsführers im Handelsregister nach Verurteilung
KG Berlin, Beschluss vom 17.7.2018 – 22 W 34/18
ECLI: DE:KG:2018:0717.22W34.18.0
Volltext: BB-ONLINE BBL2019-84-1
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Sachverhalt
I.
Die Beteiligte zu 1) wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 28. August 2013 gegründet und zusammen mit dem seit der Gesellschaftsgründung als Geschäftsführer amtierenden Beteiligten zu 2) am 07. November 2013 im Handelsregister eingetragen.
Die Staatsanwaltschaft Berlin teilte dem Registergericht am 08. Dezember 2017 mit, dass im Bundeszentralregister über den Beteiligten zu 2) verzeichnet sei, dass er mit seit dem 12. Oktober 2017 rechtskräftiger Entscheidung vom 22. September 2017 zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 30 € wegen Insolvenzverschleppung, Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 34 Fällen und Bankrotts in drei Fällen nach §§ 266a Abs. 1, 283 Abs. 1 Nr. 5, 7b, Abs. 6, 14 StGB, §§ 53, 15a Abs. 4 InsO 15 Abs. 1 und 4 InsO verurteilt worden sei.
Daraufhin kündigte das Amtsgericht Charlottenburg dem Beteiligten zu 2) mit Schreiben vom 18. Dezember 2017 seine Löschung aus dem Handelsregister wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung und vorsätzlichen Bankrotts an. Dagegen legte der Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten am 29. Januar 2018 fristgerecht beim Amtsgericht Charlottenburg Widerspruch ein. Der Beteiligte zu 2) sei nicht verurteilt worden. Vielmehr sei nur ohne mündliche Verhandlung ein Strafbefehl - und kein Urteil - über eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 5.400 € gegen ihn festgesetzt worden. Der Beteiligte zu 2) habe auch nicht vorsätzlich gehandelt.
Nachdem der Beteiligte zu 2) auch nach Hinweis auf die fehlenden Erfolgsaussichten seines Vorbringens seinen Widerspruch nicht zurückgenommen hatte, hat das Registergericht diesen mit Beschluss vom 15. Februar 2018 zurückgewiesen.
Gegen den ihm am 20, Februar 2018 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 2) mit am 20. März 2018 beim Registergericht eingegangenem Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 20. März 2018 eingelegt und diese unter anderem damit begründet, er sei nicht wegen einer Insolvenzstraftat verurteilt worden, so dass § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 2. HS GmbHG auf ihn keine Anwendung finde, zumal ein Strafbefehl ohne förmliches Verfahren ergehe. Die in § 410 Abs. 3 StPO vorgesehene Gleichstellung von Strafurteil und Strafbefehl gelte nur im Strafverfahrensrecht, nicht aber im Gesellschaftsrecht. Zudem könne allenfalls ein Strafmaß von über einem Jahr zum Wegfall der Eignung als Geschäftsführer führen.
Das Amtsgericht Charlottenburg hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern die Angelegenheit mit Beschluss vom 25. April 2018 dem Kammergericht zur Entscheidung vorgelegt.
Auf einen begründeten Hinweis des Senates vom 04. Mai 2018, dass er die Rücknahme des Rechtsmittels anrege, haben die Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2) nicht mehr reagiert.
Aus den Gründen
II.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) hat keinen Erfolg.
1. Die Beschwerde ist zwar zulässig. Sie wurde gemäß § 64 FamFG form- und gemäß § 63 Abs. 1 FamFG fristgerecht eingelegt und nach § 65 FamFG begründet. Der Beteiligte zu 2) ist als durch die Amtslöschung im Handelsregister direkt betroffener Geschäftsführer der Beteiligten zu 1) auch nach § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdebefugt.
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Gemäß § 395 Abs. 1 FamFG kann das Registergericht eine Eintragung, die wegen Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig ist, von Amts wegen löschen. Ein solcher Mangel ist nicht nur dann anzunehmen, wenn die Eintragung von Anfang an unrichtig gewesen ist (KG, Beschluss vom 19.04.2012, 25 W 34/12, NZG 2012, 750, juris Rn. 9; Bork/Jacoby/Schwab/Müther, FamFG, 2. Aufl. 2013, § 395 Rn. 6). Unrichtig ist insbesondere die Eintragung eines GmbH-Geschäftsführers, der die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 GmbHG - auch erst aufgrund einer nach seiner Bestellung zum Geschäftsführer erfolgten Verurteilung - nicht erfüllt (KG, a.a.O., Bork/Jacoby/Schwab/Müther, a.a.O.), weil dies unmittelbar zum Ende des Geschäftsführer-Amtes führt (BT-Drs. 8/1347 S. 31 f.; OLG Naumburg, Beschluss vom 10.11.1999, 7 Wx 7/99, GmbHR 2000, 378, juris Rn. 13; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 6 R 21; Michalski/Heidinger/Leible/J.Schmidt, GmbHG, 3. Aufl. 2017, § 6 Rn. 88; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 6 Rn. 17).
Diese Voraussetzungen sind hier in der Person der Beteiligten zu 2) erfüllt.
Hier folgt die Unrichtigkeit der Eintragung des Beteiligten zu 2) als Geschäftsführer aus § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3a und b GmbHG. Seine Ungeeignetheit als Geschäftsführer ergibt sich aus einer Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung, Vorenthalten von Arbeitsentgelt in 34 Fällen und Bankrott in drei Fällen nach §§ 266a Abs. 1, 283 Abs. 1 Nr. 5, 7b, Abs. 6, 14 StGB, §§ 53, 15a Abs. 4 InsO 15 Abs. 1 und 4 InsO. Zwar stellt § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 GmbHG ausdrücklich darauf ab, dass jemand “verurteilt” worden ist. Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass nur “Urteile” den Ausschluss vom Geschäftsführeramt zur Folge hätten, nicht aber auch Strafbefehle i.S.d. § 407 StPO. Denn § 410 Abs. 3 StPO stellt den Strafbefehl ausdrücklich dem Urteil gleich.
Im Übrigen stellt § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 GmbHG gar nicht auf ein “Urteil” ab, sondern auf eine “Verurteilung”. Damit ist der Inhalt der Entscheidung gemeint, während die Bezeichnung als “Urteil” nur die Form der Entscheidung meint (Weiß, GmbHR 2013, 1076, 1077 m.w.N.). Außerdem hat der Beteiligte zu 2) dadurch die von seinen Verfahrensbevollmächtigten für so bedeutsam gehaltene Hauptverhandlung nur dadurch vermieden, dass er nicht Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt hat (vgl. §§ 410 f. StPO). Nach seiner Logik, dass § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 GmbH nur Urteile meint, könnte sich ein Straftäter selbst dadurch privilegieren, dass er gegen einen Strafbefehl keinen Einspruch einlegt, dann keine Hauptverhandlung stattfindet und er somit nicht als Geschäftsführer im Handelsregister gelöscht werden könnte. Das war aber nicht die Absicht des Gesetzgebers. Maßgebend für den Ausschluss des Betroffenen zu 2) als Geschäftsführer ist nicht die Verurteilung selbst, sondern das mit dieser - auch in Form eines Strafbefehls - festgestellte strafbare Verhalten (Weiß, a.a.O., S. 1076).
Dieses strafbare Verhalten kann - entgegen der Ansicht des Beteiligten zu 2) - nicht nur dann zum Wegfall der Bestellung zum Geschäftsführer führen, wenn das Strafmaß eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr beträgt. Diese Voraussetzung für eine Amtslöschung ist ausdrücklich nur in § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3e GmbHG für eine nach den §§ 263 bis 264a oder den §§ 265b bis 266a StGB erfolgte Verurteilung vorgesehen, nicht aber bei den vorliegend einschlägigen Regelungen des § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3a und b GmbHG (Weiß, a.a.O., S. 1078). Für die übrigen Tatbestände des § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 a bis d GmbHG ist eine solche Beschränkung des Strafmaßes auf mindestens ein Jahr vom Gesetzgeber demgegenüber nicht vorgesehen.
Soweit der Beteiligte zu 2) sich darauf beruft, weder vorsätzlich die Insolvenz der Beteiligten zu 1) noch vorsätzlich drei Bankrotte verursacht zu haben, kann er damit im hiesigen Registerverfahren nicht gehört werden. Dies wäre im Strafverfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten vorzutragen gewesen, das aber durch den seit dem 12. Oktober 2017 rechtskräftigen Strafbefehl abgeschlossen ist.
Nach alledem ist die Bestellung des Beteiligten zu 2) zum Geschäftsführer der Beteiligten zu 1) mit der Rechtskraft des Strafbefehls des Amtsgerichts Tiergarten vom 22. September 2017 am 12. Oktober 2017 automatisch von selbst erloschen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02. 06. 1993, 11 W 37/93, MDR 1994, 46, juris Rn. 2; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 6 Rn. 17 m.w.N.), so dass ab diesem Zeitpunkt seine Eintragung als Geschäftsführer im Handelsregister mangels Vorliegens einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig war und seine Amtslöschung gemäß § 395 Abs. 1 Satz 1 FamFG zu Recht erfolgt.
III.
Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht, da diese aus dem Gesetz folgt.