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Wirtschaftsrecht
15.09.2017
Wirtschaftsrecht
OLG Düsseldorf: Löschung der vollzogenen Eintragung der Löschung einer Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit

OLG Düsseldorf, Beschluss vom·23.6.2017 – I-3 Wx 35/17

ECLI:DE:OLGD:2017:0623.I3WX35.17.00

Volltext des Beschlusses://BB-ONLINE BBL2017-2177-3

unter www.betriebs-berater.de

Amtliche Leitsätze

1. Die Löschung der vollzogenen Eintragung der Löschung einer Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 394 FamFG kommt nur in Betracht, wenn die Löschungseintragung auf einer Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften beruht.

2.·Mit Blick auf die schwerwiegenden Folgen der Löschung wegen Vermögenslosigkeit setzt bereits die Ankündigung der Löschungsabsicht nach § 394 Abs. 2 FamFG eine gerichtliche Überzeugungsbildung zur Vermögenslosigkeit durch Bewertung von Tatsachen voraus und darf daher erst nach Abschluss der diesbezüglichen Ermittlungen erfolgen, wenn das Gericht über entsprechende – zumindest vorläufig – gesicherte Erkenntnisse verfügt.

3. Nach Durchführung eines Insolvenzverfahrens kann in der Regel von·der Vermögenslosigkeit der Gesellschaft ausgegangen werden, nicht so allerdings, wenn – wie hier – das eröffnete Insolvenzverfahren nicht durch Schlussverteilung beendet, sondern gemäß § 213 lnsO mit Zustimmung der Gläubiger eingestellt worden ist; in diesem Falle ist zwecks Vermeidung eines wesentlichen Verfahrensfehlers die Beiziehung der lnsolvenzakten geboten, um die näherem Hintergründe und die nunmehrige Vermögenssituation der Gesellschaft ermitteln zu können.

FamFG §§ 58 Abs.1, 393 Abs.3 Satz 2, 394, 395 Abs.1, 3 Satz 2; lnsO §§ 213, 215 Abs. 2

Aus den Gründen

I.          Durch Beschluss des Amtsgerichts B vom 24. Mai 2016 (Az.: …..) wurde das – am18. Juli 2012 eröffnete – Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft „mit Zustimmung der Gläubiger“ eingestellt.

Nach Übersendung dieses Beschlusses teilte das Registergericht dem Geschäftsführer durch Schreiben vom 1. Juni 2016 mit, dass beabsichtigt sei, die Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit zu löschen und setzte eine Frist zur Geltendmachung eines Widerspruchs von 3 Wochen.

Am 22. Juli 2016 wurde die Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister eingetragen.

Unter dem 11. August 2016 haben sich die Verfahrensbevollmächtigten der Gesellschaft für diese bestellt und zunächst Widerspruch eingelegt. Nach Hinweis auf das Anhörungsschreiben vom 1. Juni 2016 und dessen Zustellung am 7. Juni 2016 hat die Gesellschaft mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2016 beantragt, die Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit zu löschen. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, das Registergericht habe es nach Zusendung des Beschlusses vom 24. Mai 2016 verfahrensfehlerhaft unterlassen, die Vermögenlosigkeit der Gesellschaft positiv festzustellen. Tatsächlich liege keine Vermögenlosigkeit der Gesellschaft vor. Hierzu macht sie unter Verweis auf das Insolvenzverfahren geltend:

Die Gesellschaft habe im Insolvenzverfahren eine Sicherheitsleistung erbracht durch Hinterlegung (A) einer unwiderruflichen, unbedingten und unbefristeten Bankbürgschaft in Höhe von 314.755,82 € zugunsten der Gesellschaft und zugunsten der einzig verbleibenden Gläubigerin, der A 1. Die Hinterlegung sei mit der Maßgabe erfolgt, dass diese „Hinterlegung freigegeben“ werde, d.h. „dem Vermögen der Gesellschaft wieder zur Verfügung“ stehe, wenn die potenzielle Gläubigerin nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten Klage zur Geltendmachung der im Insolvenzverfahren bestrittenen Forderung einreiche. Eine Klageerhebung sei innerhalb dieser Frist nicht erfolgt.

Zudem sei „für die Gesellschaft“ zur Sicherung der Kosten des Verfahrens ein Betrag in Höhe von 68.000 € auf einem gesonderten Anderkonto des Insolvenzverwalters hinterlegt worden.

Außerdem habe eine Schuldnerin der Gesellschaft, die A 2 GmbH, unter dem2. Dezember 2016 erklärt, „vor Fälligkeit die aktivierte und von (uns) anerkannte Forderung seitens der A 3 GmbH als Teilbetrag in Höhe von 40.000 € umgehend zur Zahlung anweisen“ zu wollen.

Durch Beschluss vom 2. Januar 2017 hat das Amtsgericht den Antrag auf Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens gegen die Löschung der Gesellschaft zurückgewiesen. Einer Beiziehung der Akten des Insolvenzverfahrens hätte es im Löschungsverfahren nicht bedurft, da ohne weiteres zu erwarten gewesen wäre, dass der vom Registergericht angehörte organschaftliche Vertreter der Gesellschaft gegebenenfalls Einwendungen gegen die Löschung erheben würde, wenn sich solche aus dem Insolvenzverfahren ergeben hätten. Auch die Einstellung des Insolvenzverfahrens rechtfertige nicht ohne weiteres die Beziehung der Akten, da die Einstellung mit Zustimmung der Gläubiger erfolgt sei und daher nicht zwingend auf Vermögen der Gesellschaft schließen lasse. Dass die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Löschung tatsächlich über Vermögen verfügt habe, sei nicht ausreichend dargetan. Die Bereitschaft einer Schuldnerin, Zahlungen zu erbringen, reiche nicht aus.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 6. Februar 2017, mit der die Gesellschaft ihren Antrag auf Löschung der Löschung unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens weiter verfolgt.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 24. Januar 2017 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Schreiben vom 8. März 2017 hat die Gesellschaft ergänzend geltend gemacht, dass zum Zeitpunkt der Löschung auf den vom Insolvenzverwalter geführten Konten noch 40.000 € vorhanden gewesen seien und noch nicht endgültig feststehe, ob dieser Betrag verbraucht werde, da das Vergütungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.         Das zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

1.         Gegen eine Ablehnung der Einleitung eines Löschungsverfahrens ist gemäß § 58 Abs. 1 i.V.m. § 395 Abs. 3, § 393 Abs. 3 Satz 2 FamFG die Beschwerde eröffnet (vgl. Senat, 28. Februar 2017, 3 Wx 126/16 und 1. März 2016, 3 Wx 191/15 = ZIP 2016, 1068 m.w.N.).

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der beteiligten Gesellschaft ist darüber hinaus nach Maßgabe der §§ 63 Abs. 1, Abs. 3 Satz 3, 64 Abs. 1 und 2 FamFG auch im Übrigen zulässig. Zwar ist die Gesellschaft im Handelsregister bereits mit der Folge gelöscht worden, dass die Vertretungsmacht ihres bisherigen Geschäftsführers beendet ist. Für das vorliegende Amtslöschungsverfahren ist die Gesellschaft indessen als fortbestehend anzusehen und kann auch durch ihren bisherigen gesetzlichen Vertreter weiterhin vertreten werden, da insoweit die für natürliche Personen bezüglich der Prozessfähigkeit in Verfahren über die Geschäftsfähigkeit entwickelten Grundsätze entsprechend anzuwenden sind (vgl. Senat, 1. März 2016,3 Wx 191/15 m.w.N.).

2.         Die Beschwerde der betroffenen Gesellschaft ist auch begründet.

a)         Die Löschung der vollzogenen Eintragung der Löschung der Gesellschaft setzt gemäß § 395 Abs. 1 FamFG voraus, dass sie wegen des Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig gewesen ist. Das kommt im Falle der Löschung einer Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 394 FamFG nach nahezu einhelliger Auffassung, die auch vom Senat geteilt wird, nur dann in Betracht, wenn die Löschungseintragung auf einer Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften beruht (vgl. etwa Keidel/Heinemann, FamFG § 394 Rn. 33; Senat, zuletzt 28. Februar 2017, 3 Wx 126/16 und 1. März 2016, 3 Wx 191/15, jeweils m.w.N.).

Die Begrenzung der Möglichkeit zur Amtslöschung einer Löschungseintragung auf wesentliche Verfahrensmängel hat ihren Grund in der besonderen Ausgestaltung des Löschungsverfahrens nach § 394 FamFG. Gemäß § 394 Abs. 2 Satz 1 FamFG hat das Gericht seine Löschungsabsicht den gesetzlichen Vertretern der betroffenen Gesellschaft unter Setzung einer angemessenen Frist zur Erhebung eines Widerspruchs bekannt zu machen. Hinsichtlich des weiteren Verfahrens verweist § 394 Abs. 3 FamFG auf § 393 Abs. 3 bis 5 FamFG. Wird fristgemäß Widerspruch erhoben, so muss darüber zunächst sachlich entschieden werden. Demgegenüber darf die Löschung gemäß §§ 394 Abs. 3, 393 Abs. 5 FamFG in den Fällen, in denen kein Widerspruch erhoben wird oder in denen dieser bereits rechtskräftig zurückgewiesen worden ist, ohne weiteres erfolgen.

Wegen der schwerwiegenden Folgen einer Löschung wegen Vermögenslosigkeit hat das Registergericht im Löschungsverfahren nach § 394 FamFG die tatsächlichen Umstände, aus denen auf diese Vermögenslosigkeit geschlossen werden kann, genau und gewissenhaft zu prüfen. Seine Überzeugung von der Vermögenslosigkeit muss auf einer positiven Feststellung im Einzelfall beruhen. Von dieser Pflicht wird es nicht durch die Ausgestaltung des Widerspruchsverfahrens enthoben, denn maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist der Moment der Löschungsandrohung.

Daher setzt bereits die Ankündigung der Löschungsabsicht nach § 394 Abs. 2 FamFG eine gerichtliche Überzeugungsbildung zur Vermögenslosigkeit durch Bewertung von Tatsachen voraus und darf daher erst nach Abschluss der zur Vermögenslosigkeit durchgeführten Ermittlungen erfolgen, wenn das Gericht über entsprechend- zumindest vorläufig - gesicherte Erkenntnisse verfügt (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. Senat 17. Oktober 2016, 3 Wx 215/16 = NJW-RR2017, 27, 14. September 2012, 3 Wx 62/12 = FGPrax 2013, 33 und 13. November 1996, 3 Wx 494/96 = NJW-RR 1997, S. 870 m.w.N. und Keidel/Heinemann, FamFG, § 394 Rz. 7.).

b)         Im vorliegenden Fall ist ein wesentlicher Verfahrensfehler darin zu sehen, dass es das Registergericht fehlerhaft unterlassen hat, vor Löschungsandrohung die Vermögenslosigkeit der Gesellschaft hinreichend festzustellen. Die beteiligte Gesellschaft beanstandet insoweit zu Recht die unterlassene Beiziehung der Insolvenzakten.

Allerdings kann nach Durchführung eines Insolvenzverfahrens in der Regel von der Vermögenslosigkeit der Gesellschaft ausgegangen werden. Diesen Regelfall, in dem der Gesetzgeber die Löschung der Gesellschaft sicherstellen wollte, berücksichtigt § 394 Abs. 1 Satz 2 FamFG, wonach die Amtslöschung vorzunehmen ist, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Gesellschaft noch Vermögen besitzt (vgl. hierzu etwa Keidel/Heinemann, FamFG, § 394 Rz. 2).

Ein solcher Fall liegt hier indessen nicht vor. Vielmehr wurde das eröffnete Insolvenzverfahren nicht durch Schussverteilung beendet, sondern gemäß § 213 InsO mit Zustimmung der Gläubiger eingestellt.

Dies stellt einen Sonderfall des Insolvenzverfahrens dar, dessen Besonderheiten bei der Frage, ob ein Amtslöschungsverfahren einzuleiten ist, zu berücksichtigen sind. Dabei kommt vor allem dem Umstand Bedeutung zu, dass die wesentliche systematische Bedeutung des § 213 InsO in der Möglichkeit liegt, das förmliche Insolvenzverfahren einzustellen, wenn eine außergerichtliche Sanierung gelungen ist (Windel in: Jaeger, Insolvenzordnung, § 213 Rz. 5 m.w.N; zur Bedeutung des § 213 InsO vgl. auch: Haarmeyer, Die Einstellung des Insolvenzverfahrens nach § 213 InsO – ein verkannter „Königsweg“, ZInsO 2009, 556 ff.).

Bei einer etwaigen außergerichtlichen Sanierung, die nach Insolvenzeröffnung erfolgreich gelungen sein und zur Zustimmung der Gläubiger geführt haben könnte, wäre das Vorhandensein von Vermögen sogar eher wahrscheinlich. Jedenfalls kann in einem solchen Fall nicht mehr ohne weiteres von der Vermögenslosigkeit der Gesellschaft ausgegangen werden, nur weil zu einem früheren Zeitpunkt die Voraussetzungen zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgelegen haben. Dies gilt zumal der Schuldner mit der Einstellung gemäß § 215 Abs. 2 InsO das Recht zurück erhält, frei über die Insolvenzmasse zu verfügen.

Daher war hier nach Kenntnisnahme von der Einstellung durch Beschluss des Insolvenzgerichts vom 24. Mai 2016 jedenfalls die Beiziehung der Insolvenzakten geboten, um die näheren Hintergründe und die nunmehrige Vermögenssituation der Gesellschaft ermitteln zu können. Dies hat das Registergericht ohne erkennbaren Grund pflichtwidrig unterlassen.

c)         Der Senat hat im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht zu prüfen, ob die Gesellschaft tatsächlich über Vermögen verfügt. Denn bei Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels im Löschungsverfahren ist erst nach der Amtslöschung der Löschung im – etwaigen erneuten - Verfahren nach § 394 FamFG zu prüfen, ob die Gesellschaft tatsächlich vermögenslos ist (vgl. Keidel/Heinemann, FamFG, § 394 Rz. 34, so bereits Senat 5. August 1998, 3 Wx 304/98 = NJW-RR 1999, 1053 f.; OLG Zweibrücken 1. März 2002, 3 W 38/02 = NJW-RR 2002, 825 im Anschluss an BayObLG München, 8. Dezember 1977, 3 Z 154/76; a.A. OLG Hamm, 12. November 1992, 15 W 266/92 = NJW-RR 1993, 547).

3.         Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

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