OLG Frankfurt: Leichtfertiges Handeln des Vorstands einer AG
OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.1.2010 - WpÜG 10/09 (OWi)
Leitsatz
Der Vorstand einer Aktiengesellschaft handelt leichtfertig, wenn er ohne Einholung von Rechtsrat ein öffentliches Kaufangebot für Aktien, deren Preisfeststellung von der Börse lediglich ausgesetzt wurde, unter Verletzung der Veröffentlichungs- und Gestattungspflichten nach dem WpÜG bekannt gibt, weil er fälschlich davon ausgeht, bereits die Aussetzung des Börsenhandels führe zu einer Beendigung der Börsenzulassung.
§ 10 Abs 1 S 1 WpÜG, § 10 Abs 3 WpÜG, § 14 Abs 2 S 2 WpÜG, § 60 Abs 1 Nr 1a WpÜG, § 60 Abs 1 Nr 3 WpÜG
Aus den Gründen
Die Betroffene ist eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft mit dem Sitz in O1, deren Unternehmensgegenstand mit Erwerb, Gründung, Beteiligung, Veräußerung und Verwaltung von Unternehmen und Verwaltung des eigenen Gesellschaftsvermögens angegeben ist. Sie verfügt über ein Grundkapital von 480.000,-- EUR und beschäftigt keine Arbeitnehmer, da ihre Tätigkeiten allein durch den Vorstand ausgeübt werden. Die Betroffene erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2006 einen Jahresüberschuss von ca. 173.000,-- EUR, im Geschäftsjahr 2007 erzielte sie ausweislich des Geschäftsberichtes einen Bilanzgewinn von ca. 346.000,-- EUR. Im Geschäftsjahr 2008 lag der ausgewiesene Bilanzgewinn bei 12.468,76 EUR.
Am 14. März 2007 veröffentlichte die Betroffene im elektronischen Bundesanzeiger unter der Rubrik „Gesellschaftsbekanntmachungen - Aktiengesellschaften" ein freiwilliges öffentliches Kaufangebot an die Aktionäre der A zum Erwerb ihrer Aktien gegen Zahlung eines Erwerbspreises von 0,10 EUR je Aktie, wobei sie das Angebot bis zum 30. März 2007 befristete und auf eine Höchstannahme von 500.000 Stückaktien beschränkte; es sollte eine Mindeststückelung für die Annahme von 100 Aktien gelten und die Modalitäten der Annahme des Angebots wurden im Einzelnen dargestellt.
Sämtliche Stückaktien der A waren zu diesem Zeitpunkt zum Handel im geregelten Markt - Generalstandard - an der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassen. Mit Wirkung ab dem 20. Februar 2007 war durch die Frankfurter Wertpapierbörse die Preisfeststellung bezüglich der Aktien ausgesetzt worden.
Der Vorstand der Betroffenen, der nach eigenen Angaben nicht über eine kapitalmarktrechtliche oder juristische Ausbildung verfügt, war aufgrund der Aussetzung des Börsenhandels fälschlich davon ausgegangen, dass die A und ihre Aktien nicht mehr dem WpÜG unterfallen. Deshalb hatte er einen vorherigen Antrag auf Gestattung der Veröffentlichung der Angebotsunterlage bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im folgenden: BaFin) nicht gestellt. Von einer vorherigen rechtlichen Beratung hatte er ebenfalls Abstand genommen.
Mit bestandskräftiger Verfügung vom 28. März 2007 untersagte die BaFin dieses Kaufangebot und wies darauf hin, dass es sich bei der A wegen der weiterhin bestehenden Zulassung der Aktien zum Handel in einem regulierten Marktsegment um eine Zielgesellschaft gemäß § 2 Abs. 3 WpÜG handelte.
In der Folge zeigte der Vorstand der Betroffenen sich kooperativ, veröffentlichte die Untersagung am 02. April 2007 im elektronischen Bundesanzeiger und schaltete dort bereits vorher am 28. März 2007 eine entsprechende Pressemitteilung. Außerdem sorgte er für die Rückabwicklung bereits erfolgter Aktienübertragungen.
Dieser Sachverhalt wurde festgestellt aufgrund des Inhaltes des in der Akte befindlichen öffentlichen Kaufangebots vom 14. März 2007, der Untersagungsverfügung der BaFin vom 28. März 2007 sowie der zur Akte gelangten Schreiben der Betroffenen vom 11. Januar, 18. Februar 2008 sowie 25. Februar 2009, 21. April 2009 und 28. September 2009. Auf diese Schriftstücke wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Die Betroffene hat die vorgeschilderten tatsächlichen Abläufe sowie den Inhalt der vorgenannten Schriftstücke nicht in Abrede gestellt, jedoch im Wesentlichen geltend gemacht, ihr Vorstand habe wegen des Fehlens eigener kapitalmarktrechtlicher oder juristischer Kenntnisse und der Versäumung der Einholung von Rechtsrat die Anwendbarkeit des WpÜG nicht erkannt und deshalb nach ihrer eigenen Einschätzung zwar fahrlässig, jedoch nicht leichtfertig gehandelt.
Außerdem hat sie sich gegen die Höhe des Bußgeldes gewandt.
Nach dem festgestellten Sachverhalt hat der Vorstand der Betroffenen als vertretungsberechtigtes Organ sich zunächst einer leichtfertig begangenen Ordnungswidrigkeit nach § 60 Abs. 1 Nr. 1 a WpÜG schuldig gemacht, indem er gegen die sich aus § 10 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 WpÜG ergebende Verpflichtung verstoßen hat, als Bieterin die Entscheidung zur Abgabe eines Angebotes zum Erwerb von Wertpapieren, die von einer Zielgesellschaft ausgegeben wurden und zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, ordnungsgemäß zu veröffentlichen.
Bei der A handelte es sich zu diesem Zeitpunkt um eine Zielgesellschaft im Sinne des § 2 Abs. 3 WpÜG, die dem Anwendungsbereich des § 1 WpÜG unterfiel, da ihre Aktien zum Handel an einem organisierten Markt im Sinne des § 2 Abs. 7 WpÜG zugelassen waren. Wie auch von der Betroffenen selbst nicht mehr in Zweifel gezogen wird, führte die kurz zuvor erfolgte Aussetzung der Kursfestsetzung für die Aktien nicht zu einer Beendigung der Börsenzulassung dieser Aktien, die gemäß § 38 Abs. 3 und 4 BörsG nur durch den hiervon rechtlich eindeutig zu unterscheidenden Widerruf der Zulassung zum amtlichen Markt erfolgen kann, welche im vorliegenden Fall zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt unstreitig nicht erfolgt war.
Zwar ist gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 WpÜG die Entscheidung eines Bieters zur Abgabe eines Angebots unverzüglich zu veröffentlichen, was in der Praxis die Ankündigung der Abgabe eines Angebots bedeutet. Demgegenüber wurde durch die Betroffene hier unmittelbar ein Angebot und damit zugleich inhaltlich auch eine Entscheidung zur Abgabe eines derartigen Angebots zwar durch Bekanntgabe im Internet gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WpÜG veröffentlicht, nicht jedoch - wie § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpÜG zusätzlich erfordert, über ein elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssystem, das bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten, nach § 53 Abs. 1 des Gesetzes über das Kreditwesen tätigen Unternehmen, anderen Unternehmen die ihren Sitz im Inland haben und an einer inländischen Börse zur Teilnahme am Handel zugelassen sind. Denn hierzu zählen nur Informationsverbreitungssysteme im Sinne der Dienstleiter wie B, C oder D, welche Nachrichten grundsätzlich in einer in Minuten bemessenen Reaktionszeit veröffentlichen. Der von der Betroffenen für die Veröffentlichung des Angebots ebenfalls herangezogene elektronische Bundesanzeiger gehört nicht zu diesen Informationsverbreitungssystemen, da er nur über eine in Tagen bemessene Reaktionszeit verfügt.
Des Weiteren hat der vertretungsberechtigte Vorstand der Betroffenen durch die Veröffentlichung des Angebots im Internet und im elektronischen Bundesanzeiger tateinheitlich leichtfertig eine Ordnungswidrigkeit nach § 60 Abs. 1 Nr. 3 WPÜG begangen, indem er entgegen § 14 Abs. 2 Satz 2 WpÜG eine Angebotsunterlage bekannt gegeben hat, bevor diese das Prüfungsverfahren bei der BaFin beanstandungsfrei durchlaufen hatte oder die Frist des § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG abgelaufen war. Das von der Betroffenen am 14. März 2007 im Internet und im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichte Kaufangebot an die Aktionäre der A enthielt mit der Angabe des Erwerbspreises, der Angebotsfrist sowie der eingangs geschilderten Modalitäten der Annahme alle wesentlichen Elemente eines Angebots. Hierbei ist es unschädlich, dass das Angebot nicht sämtliche inhaltlichen Voraussetzungen für eine Angebotsunterlage gemäß § 11 WpÜG i.V.m. der WpÜG-Angebotsverordnung erfüllte, denn durch den Bußgeldtatbestand des § 60 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG soll gewährleistet werden, dass die Veröffentlichung eines Angebots tatsächlich erst nach Prüfung der Angebotsunterlage durch die BaFin erfolgt (vgl. Begründung des RegE zum WpÜG, BT-Drucks 14/7034 S. 68; Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 60 Rn. 15; Haarmann/Schüppen/Rönnau, WpÜG, 3. Aufl., § 60 Rn. 39; Geibel/ Süßmann, WpÜG, 2. Aufl., § 14 Rn. 28 und § 60 Rn. 22).
Der Vorstand der Betroffenen handelte bezüglich beider Bußgeldtatbestände auch leichtfertig. Leichtfertigkeit bedeutet einen erhöhten Grad von Fahrlässigkeit, etwa vergleichbar der groben Fahrlässigkeit im Zivilrecht. Sie ist gegeben, wenn eine ungewöhnlich grobe Pflichtwidrigkeit vorliegt, etwa, weil ganz naheliegende Überlegungen verabsäumt werden oder unbeachtet gelassen werden, was jedem einleuchten muss (vgl. BGHSt 14, 240 und 10, 16; Göhler/Gürtler, OWiG, 15. Aufl., § 10 Rn. 20; Fischer, StGB, 55. Aufl., § 15 Rn. 20; Geibel/Süßmann, a.a.0., § 60 Rn. 12; Haarmann/Schüppen/Rönnau, a.a.0., vor § 60 Rn. 72). Ein derartiger grober Pflichtenverstoß ist im vorliegenden Falle im Bezug auf die Verkennung des Anwendungsbereiches des WpÜG und somit der Notwendigkeit der Einhaltung des dort vorgeschriebenen Verfahrens bezüglich der Genehmigungspflicht und der einzelnen Veröffentlichungen gegeben. Wie sich aus der Einlassung der Betroffenen ergibt, besteht der Schwerpunkt ihrer geschäftlichen Tätigkeit aus dem Handel in Wertpapieren, zumeist Aktien und Anleihen, auf eigene Rechnung. Dabei hatte die Betroffene in der Vergangenheit bereits eine Reihe von öffentlichen Kaufangeboten abgegeben, die sich jedoch nicht auf börsennotierte Wertpapiere bezogen. Die Abgabe von unter das WpÜG fallender Kaufangebote war dem gegenüber nach Einlassung der Betroffenen nach ihrem Geschäftskonzept von vornherein nicht beabsichtigt, weil ihr hierfür die nötigen Mittel nicht zur Verfügung stünden. Nachdem der für die Betroffene handelnde Alleinvorstand nach eigenen Angaben weder über eine juristische oder kapitalmarktbezogene Ausbildung verfügte und auch keine hinreichenden Kenntnisse der einschlägigen Vorschriften des WpÜG hatte, stellt es eine besonders grobe Verletzung der gebotenen Sorgfaltspflichten dar, wenn er sich über die rechtlichen Auswirkungen der Aussetzung des Börsenhandels der Aktie der A vor Veröffentlichung des Kaufangebotes nicht informierte. Auch und gerade ohne eine eigene juristische Ausbildung hatte der Alleinvorstand der Betroffenen im Hinblick auf seine bisherigen geschäftlichen Tätigkeiten im Rahmen des Ankaufs von Aktien durchaus Veranlassung, derartige Überlegungen und Überprüfungen - gegebenenfalls unter Einschaltung und Einholung juristischer Beratung - anzustellen. Denn auch für einen juristischen Laien muss es sich aufdrängen, dass die zuvor gegebene Börsenzulassung nicht allein durch die Aussetzung des Börsenhandels automatisch entfällt. Dies legt bereits der Begriff der Aussetzung nahe, der auch aus der Sicht eines juristischen Laien nicht mit der Beendigung der Börsenzulassung gleichgesetzt werden kann. Da sich das Kaufangebot auf bis zu 500.000 Aktien bei einem angebotenen Preis von 0,10 EUR je Aktie bezog, lag mit der Gesamttransaktionssumme von bis zu 50.000,-- EUR auch ein Geschäftsumfang vor, welcher - bezogen auf die geschäftliche Tätigkeit der Betroffenen - nicht unbedeutend war und die Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt nahe legte. Wenn angesichts dieser Gesamtumstände der Alleinvorstand gleichwohl meinte, ohne nähere Aufklärung und Einholung von juristischem Rat ohne weiteres davon ausgehen zu können, mit der Veröffentlichung des Kaufangebots zum Erwerb der Aktien der A den Anwendungsbereich des WpÜG nicht zu berühren und deshalb die dortigen Vorschriften völlig unbeachtet lassen zu können, verletzte er damit die im geschäftlichen Verkehr gebotene Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße und versäumte jedenfalls gebotene und naheliegende Überlegungen. Die Durchführung dieser Transaktion ohne Einholung fach-kundigen Rates oder sonstiger Erkundigungen bezüglich der Auswirkungen der kurz zuvor erfolgten Aussetzung des Börsenhandels lässt die gebotene Sorgfalt in besonderem Ausmaße außer acht und ist deshalb zur Überzeugung des Senats als leichtfertig einzustufen.
Durch die Veröffentlichung des Kaufangebots vom 14. März 2007 als eine natürliche Handlung wurde leichtfertig sowohl die Gesetzesverletzung der unvollständigen Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots und der Veröffentlichung einer Angebotsunterlage vor der behördlichen Gestattung durch die BaFin verwirklicht, so dass Tateinheit im Sinne des § 19 Abs. 1 OWiG gegeben ist mit der Rechtsfolge, dass nur eine Geldbuße nach der Vorschrift zu bestimmen ist, welches die höchste Geldbuße androht (§ 19 Abs. 2 Satz 1 OWiG). Dies ist im vorliegenden Falle die Ordnungswidrigkeit nach § 60 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG, für welche nach § 60 Abs. 3 WpÜG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 OWiG für den hier gegebenen Fall des leichtfertigen Handelns eine Geldbuße von bis zu 500.000,-- EUR vorgesehen ist.
Da der Alleinvorstand der Betroffenen als vertretungsberechtigtes Organ im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 1 OWiG tateinheitlich und leichtfertig die Ordnungswidrigkeiten nach §§ 60 Abs. 1 Nr. 1 a und Nr. 3 WpÜG begangen und damit Pflichten, die die Betroffene als Aktiengesellschaft treffen, verletzt hat, gegen ihn jedoch wegen dieser Zuwiderhandlungen gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 durch die BaFin kein Bußgeldverfahren durchgeführt wird, konnte gemäß §§ 30 Abs. 1 und 4 OWiG gegen die Betroffene als juristische Person selbständig eine Geldbuße festgesetzt werden.
Nachdem die Betroffene gegen den Bußgeldbescheid der BaFin Einspruch eingelegt hat, hat der Senat als zuständiges Gericht gemäß § 72 Abs. 3 OWiG in eigener Verantwortung über die Höhe der festzusetzenden Geldbuße zu befinden und ist entgegen der Auffassung der Betroffenen nicht auf die rechtliche Überprüfung der Erwägungen der BaFin zur Festsetzung der Bußgeldhöhe beschränkt. Die auf die Veröffentlichung der bisher von der BaFin verhängten Geldbußen bezogenen Erwägungen und Einwendungen der Betroffenen gehen ohnehin bereits im Ansatz mangels einer erkennbaren Vergleichbarkeit fehl.
Da der Senat allerdings mit Zustimmung der Betroffenen und der Generalstaatsanwaltschaft von der in § 72 OWiG eröffneten Möglichkeit zur Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss Gebrauch macht, gilt gemäß § 72 Abs. 3 Satz 2 OWiG das Verbot der reformatio in peius, so dass die Höhe der von der BaFin auf 25.000,-- EUR festgesetzten Geldbuße nicht überschritten werden darf.
Bei der Bemessung der Geldbuße ist der Senat von dem sich aus §§ 17 Abs. 2, 30 Abs. 2 Satz 2 OWiG i. V. m. § 60 Abs. 3 WpÜG ergebenden Bußgeldrahmen von bis zu 500.000,-- EUR ausgegangen. Durch diese gegenüber der allgemeinen Vorschrift des § 17 Abs. 1 OWiG ganz deutlich heraufgesetzte Obergrenze des Bußgeldrahmens in § 60 Abs. 3 WpÜG wollte der Gesetzgeber die erheblichen wirtschaftlichen Interessen hervorheben, welche regelmäßig mit öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und Unternehmensübernahmen verbunden sind (vgl. BT-Drucks. 14/7034, S. 68; Senatsbeschluss vom 30. November 2005 = NZG 2006, 792 = AG 2006, 798 = BB 2006, 2266).
Gemäß § 17 Abs. 3 OWiG, der sinngemäß auch bei der Verhängung einer Geldbuße gegen eine juristische Person heranzuziehen ist (vgl. Senge/Karlsruher Kommentar, OWiG, 3. Aufl., § 30 Rn. 115 f m.w.N.), wurde für die Zumessung der Geldbuße zunächst die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der die Betroffene treffende Vorwurf zu Grunde gelegt.
Dabei hat der Senat zugunsten der Betroffenen berücksichtigt, dass das verfahrensgegenständliche Angebot bezogen auf Verfahren nach dem WpÜG von unterdurchschnittlichem Volumen war und sie wegen der gegen sie ergangenen Untersagungsverfügung bereits eine Verwaltungsgebühr tragen musste. Außerdem sprach für die Betroffene, dass sich ihr Alleinvorstand sogleich einsichtig und kooperativ zeigte, nachdem er durch die BaFin darauf hingewiesen worden war, dass das veröffentlichte Kaufangebot den Vorschriften des WpÜG unterfiel und sie sich zeitnah und vollständig um die Beseitigung der Rechtsfolgen ihres rechtswidrig abgegebenen Angebots bemüht hat. Der Senat hat des Weiteren beachtet, dass wegen der gebotenen Rückabwicklung ein wirtschaftlicher Vorteil für die Betroffene nicht eingetreten ist.
Zugleich musste jedoch auch berücksichtigt werden, dass bezüglich der Bekanntgabe des Angebots nicht nur einzelne formelle Anforderungen oder Fristen verletzt wurden, sondern der Alleinvorstand in leichtfertiger Weise insgesamt verkannt hat, dass das von ihm für die Betroffene abgegebene öffentliche Kaufangebot dem Anwendungsbereich des WpÜG unterfiel. Aus kapitalmarktrechtlicher Sicht handelt es sich bei der Veröffentlichung eines Angebots ohne jegliche vorherige Einreichung bei der BaFin zum Zwecke der Genehmigung um einen erheblichen und bedeutsamen Pflichtenverstoß. Auch unter Berücksichtigung der auf die Leichtfertigkeit heraufgesetzten Schwelle trifft den für die Betroffene handelnden Vorstand ein deutlicher Vorwurf, da er angesichts seiner bisherigen geschäftlichen Tätigkeit insbesondere bei dem Erwerb von Aktien im Wege öffentlicher Angebote auf die hier wegen der vorhandenen Börsenzulassung nahe liegende Überschreitung der Grenze zum Anwendungsbereich des WpÜG hätte bedacht sein müssen.
Daneben hat der Senat die wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen als - bezogen den Kreis der Bieter im Rahmen des WpÜG - relativ kleiner Aktien-gesellschaft gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 OWiG zum maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung in Betracht gezogen. Dabei war zunächst der von der Betroffenen besonders hervorgehobene Umstand zu berücksichtigen, dass ihr im letzten Geschäftsbericht für das Geschäftsjahr 2008 ausgewiesene Bilanzgewinn deutlich zurückgegangen war. Nicht völlig außer Betracht bleiben konnte aber auch, dass die Betroffene ausweislich ihres veröffentlichen Geschäftsberichtes im Jahre 2008 erfolgreich eine Kapitalerhöhung vorgenommen, das Gesellschaftsvermögen um etwa 20 % gesteigert und einer Tochtergesellschaft ein Darlehen in Höhe von 390.000,-- EUR zur Verfügung gestellt hat und ihr Vorstand für 2009 wieder von einem deutlich positiven Ergebnis ausgeht.
Nach diesen Gesamtumständen erachtet der Senat in dem hier vorliegenden Einzelfall die Verhängung einer Geldbuße von 25.000,-- EUR als geboten und angemessen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 OWiG i. V. m. 465 StPO.