OLG Hamburg: Kündigung eines bei einer KG angestellten Geschäftsführers der Komplementär-GmbH
OLG Hamburg, Urteil vom 22.03.2013 - 11 U 27/12
Leitsatz
1. Für den Beschluss über die Kündigung eines bei der Kommanditgesellschaft angestellten Geschäftsführers der Komplementär-GmbH ist in der Einheits-KG die Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH zuständig, deren Rechte dabei durch die (Mit-)Geschäftsführer dieser Gesellschaft wahrgenommen werden.
2. Dass die Kündigung im Namen der Kommanditgesellschaft erfolgt, ist unschädlich, wenn der Empfänger weiß, dass derjenige, der über die Kündigung entschieden und diese erklärt hat, einziger Kommanditist der Kommanditgesellschaft und zugleich (Mit-)Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist.
3. Ein Geschäftsführer kann sich auch vor den ordentlichen Gerichten nur dann auf die Unwirksamkeitsgründe des § 4 Satz 1 KSchG berufen, wenn er die Klage innerhalb von drei Wochen ab Zugang der schriftlichen Kündigung erhoben hat.
4. Die Kündigung eines Geschäftsführers ist auch dann nicht sittenwidrig, wenn sie allein deshalb erfolgt, weil der Geschäftsführer wiederholt auf einer klaren Regelung für die Berechnung der ihm vertraglich zustehenden Tantieme bestanden hat.
§ 4 S 1 KSchG, GmbHG
Sachverhalt
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte den Geschäftsführerdienstvertrag mit dem Kläger wirksam gekündigt hat.
Der Kläger war mit Gesellschafterbeschluss der Beklagten vom 16.03.2007 mit Wirkung zum 01.10.2007 zum Geschäftsführer der Komplementär-GmbH bestellt worden, deren einzige Gesellschafterin die Beklagte ist. Kommanditisten der Beklagten und (weitere) Geschäftsführer der Komplementär-GmbH sind B.H. und T.H. Ebenfalls am 16.03.2007 schlossen die Parteien den streitgegenständlichen Dienstvertrag (Anlage K 1).
Dieser Dienstvertrag konnte von beiden Parteien u.a. mit einer Frist von zwölf Monaten zum Monatsende schriftlich gekündigt werden (§ 3 Abs. 3). Weiter heißt es in § 3 Abs. 6:
"Jede Kündigung/Abberufung bedarf der Schriftform. Die Schriftform ist erfüllt indem das Versammlungsprotokoll mit der Beschlussfassung über die Abberufung und/oder Kündigung übergeben wird. (...)"
Mit Schreiben vom 28.10.2010 erklärten B.H. und T.H. im Namen der Beklagten die ordentliche Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 31.10.2011 (Anlage K 2). Sie übergaben dieses Kündigungsschreiben dem Kläger am 29.10.2010 ohne ein Protokoll einer Gesellschafterversammlung.
Nach diversen Beanstandungen des Klägers erfolgte mit Schreiben der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 12.01.2011 eine vorsorgliche Kündigung zum 31.01.2012 unter Beifügung eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung der Beklagten und einer Kündigungsvollmacht (Anlage K 3). Schließlich hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 13.01.2012 vorsorglich die Kündigung zum 31.01.2013 erklären lassen und dabei als Anlage B 4 einen Gesellschafterbeschluss ihrer Komplementärin eingereicht, indem zum einen die vorangegangenen Kündigungen genehmigt und zum anderen vorsorglich erneut die Kündigung beschlossen wird.
Der Kläger hatte die Klage am 04.02.2011 vor dem Arbeitsgericht Hamburg erhoben, das den Rechtsstreit an das Landgericht Hamburg verwiesen hat.
Er hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die ihm gegenüber erklärten Kündigungen seien unwirksam mit der Folge, dass das Anstellungsverhältnis fortbestehe. Er hat dabei vor allem die Formnichtigkeit der Kündigung vom 28.10.2010 geltend gemacht, da die Kündigung nach § 3 Abs. 6 des Anstellungsvertrages zwingend die Übergabe eines Protokolls der Gesellschafterversammlung erfordert habe. Zudem sei die Kündigung nicht durch seine Mitgeschäftsführer als Organe der Komplementär-GmbH erklärt worden, sondern durch die Kommanditisten der Beklagten.
Die Kündigung sei darüber hinaus nach dem Kündigungsschutzgesetz unwirksam. Das Gesetz finde aufgrund der Drittanstellung bei der Beklagten Anwendung. Die Kündigung sei sozialwidrig und verstoße gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Zudem sei der Betriebsrat entgegen § 102 BetrVG nicht angehört worden. Die Dreimonatsfrist des § 4 Satz 1 KSchG finde auf Kündigungsschutzklagen vor den ordentlichen Gerichten keine Anwendung.
Selbst wenn die Arbeitnehmerschutzrechte keine Anwendung fänden, sei die Kündigung unwirksam, weil sittenwidrig, denn sie sei nur deshalb erfolgt, weil er auf einer klaren Regelung für die Berechnung der ihm nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 des Geschäftsführervertrages zustehenden Tantieme bestanden habe.
Für den weiteren Sach- und Streitstand wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Kündigungsschutzgesetz finde nach § 14 Abs. 1 KSchG auf den Kläger keine Anwendung. Die Anstellung bei der Beklagten statt bei der Komplementärin stelle eine formale Modalität dar, die ihn nicht zum Arbeitnehmer mache. Die Kündigung sei auch formwirksam erklärt worden, denn § 3 Abs. 6 des Anstellungsvertrags sehe die Überreichung des Versammlungsprotokolls nicht als Erschwernis, sondern als Erleichterung der Schriftform. Die Kündigung sei schließlich durch die Geschäftsführer der Komplementärin als zuständiges Organ beschlossen und erklärt worden. Bei Vertretern mit Doppelfunktion genüge es, dass aus den Umständen deutlich wird, für wen der Betreffende handeln wollte.
Gegen dieses Urteil, das ihm am 06.02.2012 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 05.03.2012 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 06.05.2012 mit einem am 04.05.2012 eingegangenen Schriftsatz begründet. Dabei verfolgt er die erstinstanzlichen Anträge unter Vertiefung seiner Argumentation weiter.
Er hält an seiner Auffassung fest, dass die Kündigung vom 28.10.2010 formnichtig sei. Der Vertrag lege die Schriftform der Kündigung und die Übergabe des Protokolls als kumulative Voraussetzungen fest; dies folge jedenfalls aus der Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB. Insoweit sei es fehlerhaft, dass das Landgericht zwar von zwei möglichen Inhalten gesprochen, die Klausel aber trotzdem für eindeutig gehalten habe.
Die Kündigungserklärung sei zudem mangels Vertretungsmacht der Unterzeichner unwirksam, denn nicht die zuständige Gesellschafterversammlung der Komplementärin der Beklagten, sondern die Gesellschafterversammlung der Beklagten selbst habe gehandelt.
Darüber hinaus seien die ausgesprochenen Kündigungen sozialwidrig. Das Kündigungsschutzgesetz finde auf den drittangestellten Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH Anwendung. Die Ausschlussfrist des § 4 KSchG gelte allein im Arbeitsgerichtsprozess und setze zudem eine formwirksame Kündigung voraus.
Die Kündigung verstoße zudem gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Der Arbeitnehmerbegriff sei aufgrund des europarechtlichen Ursprungs der Vorschrift im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes im Fall Danosa weit auszulegen. Insoweit sei auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23.04.2012 (II ZR 163/10) zu § 6 Abs. 3 AGG auf den vorliegenden Fall übertragbar. Jedenfalls aber sei die Kündigung aufgrund ihres maßregelnden Charakters sittenwidrig. Zudem fehle die erforderliche Zustimmung des Betriebsrates.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des am 27. Januar 2012 verkündeten Urteils des Landgerichts Hamburg, Az. 412 HKO 101/11,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers weder durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Oktober 2010 zum 31. Oktober 2011 noch durch die Kündigung der Beklagten vom 12. Januar 2011 zum 31. Januar 2012 noch durch die Kündigung der Beklagten vom 13. Januar 2012 zum 31. Januar 2013 aufgelöst worden ist;
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers über den 31. Oktober 2011 sowie den 31. Januar 2012 und den 31. Januar 2013 hinaus fortbesteht und auch nicht durch andere Beendigungsgründe aufgelöst wird;
3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Bedingungen entsprechend dem Anstellungsvertrag vom 16. März 2007 (Anlage K 1) weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie macht sich die Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil zu Eigen und führt ergänzend aus:
Die Kündigung sei wirksam. Beschlussfassung und Umsetzung der Entscheidung seien in der Kündigungserklärung vom 28.10.2010 in einem Akt zusammengefallen. Die Geschäftsführer B.H. und T.H. seien als natürliche Personen zu jedweder Entscheidung in den Organen der Beklagten und der Komplementär-GmbH befugt gewesen. Eine Genehmigung sei spätestens mit dem Beschluss der GmbH vom 26.12.2011 (Anlage B 4) erfolgt.
Das Kündigungsschutzgesetz finde keine Anwendung. Die Bereichsausnahme des § 14 Abs. 1 KSchG finde auch auf den bei der Kommanditgesellschaft angestellten Komplementär-Geschäftsführer Anwendung. Darüber hinaus sei das Anstellungsverhältnis nicht als Arbeitsverhältnis, sondern als freies Dienstverhältnis zu qualifizieren. Schließlich sei die Klage nach § 4 KSchG verfristet.
Das Maßregelungsverbot könne auf den Geschäftsführer keine Anwendung finden, da dessen Kündigung keines Grundes bedürfe. Auch eine Sittenwidrigkeit der Kündigung scheide damit aus.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Aus den Gründen
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die hiergegen erhobenen Einwendungen des Klägers im Berufungsverfahren bieten keinen Grund, von dieser Entscheidung abzuweichen.
Die Feststellungsanträge sind unbegründet. Das Anstellungsverhältnis des Klägers bei der Beklagten wurde durch die ordentliche Kündigung vom 28.10.2010 zum 31.10.2011 beendet. Gegen die Wirksamkeit der Kündigung bestehen keine formellen Bedenken. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf Kündigungsschutz im engeren und weiteren Sinne berufen. Auf die Wirksamkeit der weiteren Kündigungen kommt es deshalb nicht an.
1. Die Kündigung vom 28.10.2010 ist formell wirksam. B.H. und T.H. haben die Kündigung als (weitere) Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten wirksam beschlossen (a) und schriftlich gegenüber dem Kläger erklärt (b).
a) Das Kündigungsschreiben vom 28.10.2010 manifestiert hinreichend den Willen der zuständigen Mitgeschäftsführer des Klägers, dessen Anstellungsvertrag mit der Beklagten zu beenden.
aa) Beschlüsse über die Kündigung oder die Abberufung der Geschäftsführer obliegen grundsätzlich den Gesellschaftern der Gesellschaft, für die der Geschäftsführer bestellt ist (§ 46 Nr. 5 GmbHG), vorliegend wäre das die Komplementärin der Beklagten. Bei der Beklagten handelt es sich jedoch um eine sog. Einheits-KG, in der die Kommanditgesellschaft alle Anteile an ihrer Komplementär-GmbH selbst hält. In dieser Konstellation werden die Rechte der Gesellschafterversammlung durch die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH wahrgenommen (BGH, Beschluss vom 08.01.2007, II ZR 267/05, juris Rn. 7; Urteil vom 16.07.2007, II ZR 109/06, juris Rn. 9). Das gilt auch für den Beschluss zur Kündigung eines bei der Kommanditgesellschaft angestellten Geschäftsführers der Komplementär-GmbH (BGH, Beschluss vom 08.01.2007, II ZR 267/05, juris Rn. 7).
bb) Aus dem Kündigungsschreiben vom 28.10.2010 (Anlage K 2) ergibt sich zweifelsfrei der Wille der Mitgeschäftsführer, den Geschäftsführerdienstvertrag mit dem Kläger zu beenden. Dass dieser Beschluss nicht in einer gesonderten Niederschrift aufgenommen wurde (§ 48 Abs. 3 GmbHG), ist unschädlich. Beschlussfassung und Umsetzung der getroffenen Entscheidung können in der Einmann-GmbH zusammenfallen, denn die Beschlussfassung setzt eine Gesellschafterversammlung nicht voraus. Der einzige Gesellschafter kann in Form der Vollversammlung jederzeit ad hoc Beschlüsse fassen (Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 48 Rn. 46). Dem Beweiszweck des § 48 Abs. 3 GmbHG wird durch die schriftliche Fixierung des Gesellschafterwillens genügt, auch in Form eines Kündigungsschreibens. Eine förmliche Beschlussniederschrift ist nicht erforderlich, soweit Sicherheit über den Inhalt des Beschlusses besteht und nachträgliche Manipulationen ausgeschlossen werden können (BGH, Urteil vom 27.03.1995, II ZR 140/93, juris Rn. 22).
c) Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass B.H. und T.H. die Kündigung nicht als Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten, sondern für die Beklagte selbst erklärt haben.
Erfolgen Beschlussfassung und Kündigungserklärung durch eine Person, die eine Doppelfunktion inne hat, verbietet sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine rein formale Betrachtung. Die wahrgenommene Funktion erschließt sich vielmehr aus den Umständen der Maßnahme (BGH, Urteil vom 27.03.1995, II ZR 140/93, juris Rn. 22; Beschluss vom 08.01.2007, II ZR 267/05, juris Rn. 7). Dabei ist der Erklärungsempfänger umso weniger schutzbedürftig, je besser er die inneren Verhältnisse der Gesellschaft kennt.
So hat es der BGH in der Entscheidung vom 08.01.2007 für ausreichend erachtet, dass die Kündigung des Anstellungsvertrages, den der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH mit der Kommanditgesellschaft geschlossen hatte, zwar im Namen der Kommanditgesellschaft erklärt wurde, dies allerdings durch den Geschäftsführer der Komplementärin erfolgte, der zugleich Vertreter der Alleingesellschafterin war. Dieser habe daher sowohl über die Kündigung entscheiden als auch die Kündigung erklären können.
Nach diesen Grundsätzen genügt auch im vorliegenden Fall die Kündigung den formellen Anforderungen. B.H. und T.H. konnten als Kommanditisten der Beklagten und Geschäftsführer der Komplementärin die Kündigung beschließen (hierzu bereits unter aa) und gegenüber dem Kläger erklären.
Der Kläger ist insoweit auch nicht schutzwürdig. Er kannte die Gesellschaftsverhältnisse. Er wusste, dass es sich bei der Beklagten um eine Einheits-KG handelt und seine Mitgeschäftsführer B.H. und T.H. die einzigen Kommanditisten der Beklagten sind. Damit war ihm zugleich klar, dass jede Willensbildung in den beteiligten Gesellschaften allein von diesen beiden Herren abhängt, die sowohl für die Beklagte als auch für deren Komplementärin handeln durften.
Etwas Anderes folgt auch nicht aus den später gefassten Beschlüssen und Schreiben der Beklagten bzw. ihrer Komplementärin. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, konnten spätere Maßnahmen nicht mehr auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit der Kündigung, die an deren Zugang beim Kläger am 29.10.2010 geknüpft war, zurückwirken. Zudem ging es der Beklagten ersichtlich darum, die vom Kläger behaupteten Zweifel auszuräumen.
b) Die Formwirksamkeit der Kündigung vom 28.10.2010 scheitert nicht daran, dass dem Kläger nicht zugleich ein Protokoll einer Gesellschafterversammlung übergeben wurde, aus dem sich der Beschluss über die Kündigung ergibt. Nach § 3 Abs. 3 Satz 3, Abs. 6 Satz 1 des Geschäftsführerdienstvertrages (Anlage K 1) genügt die Schriftform des Schreibens vom 28.10.2010. Die Regelung in § 3 Abs. 6 Satz 2, wonach die Schriftform erfüllt ist, indem das Versammlungsprotokoll mit der Beschlussfassung über die Abberufung und/oder Kündigung übergeben wird, kann nicht dahin ausgelegt werden, dass die Kündigung des Klägers neben der Schriftform zwingend die Übersendung eines Protokolls voraussetzt. Das Gericht folgt der Auffassung des Landgerichts, wonach diese Klausel vielmehr eine Erleichterung für die Beklagte enthalte und deshalb so zu lesen sei, dass die Schriftform "schon" erfüllt sei, indem das Protokoll übergeben wird, und nicht "erst" bzw. "nur", wie der Kläger meine.
Der Kläger kann sich deshalb nicht mit Erfolg auf die Unklarheitenregeln des § 305c Abs. 2 BGB berufen, so dass offen bleiben kann, ob es sich bei den Regelungen des Vertrages überhaupt um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt (vgl. aber BAG, Urteil vom 19.05.2010, 5 AZR 253/09, juris Rn. 19). Zwar kann § 3 Abs. 6 Satz 2 nach seinem Wortlaut auch so verstanden werden, wie es der Kläger tut, weil der Text gerade nicht die Worte "schon" oder "bereits" etc. enthält. Die damit verbundenen Zweifel lassen sich jedoch durch eine Auslegung nach dem Sinn und Zweck im Sinne des oben dargestellten Verständnisses als Erleichterung zugunsten der Beklagten beseitigen.
Die Auslegung hat unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise zu erfolgen (BGH, Urteil vom 03.05.2011, XI ZR 373/08, juris Rn. 23 m.w.N.). Dies führt zu dem Ergebnis, dass der kumulative Ansatz des Klägers zum Schutz seiner Interessen nicht erforderlich ist und gleichzeitig den Interessen der Beklagten zuwiderläuft.
Das Interesse eines Geschäftsführers beschränkt sich darauf, nachvollziehen zu können, ob seiner Kündigung ein entsprechender Gesellschafterbeschluss zugrunde liegt. Diesem Interesse ist jedenfalls in der Einheits-KG durch Übersendung eines Kündigungsschreibens, das beide Mitgeschäftsführer der Komplementärin der Beklagten, die zugleich die einzigen Kommanditisten der Beklagten sind, unterzeichnen, genüge getan. Wie unter a) dargestellt, muss die Beschlussfassung in der Einmann-GmbH nicht im Rahmen einer Gesellschafterversammlung erfolgen. Ein über das Interesse an der Feststellung des Beschlusses hinaus gehendes schutzwürdiges Interesse des Klägers, materielle Beschlussmängel zu prüfen, ist nicht gegeben. Ihm stand kein Recht zu, festgestellte Gesellschafterbeschlüsse anzufechten.
Hieraus folgt aber zugleich, dass ein Verständnis des § 3 Abs. 6 Satz 2, wie es der Kläger hat, der Beklagten die Kündigung erschweren würde, weil sie nur dann ein Protokoll übergeben könnte, wenn sie zuvor eine Gesellschafterversammlung der Komplementärin abgehalten hat. Das Gericht erkennt nicht, welchen Grund die Beklagte haben sollte, sich die Kündigung des Geschäftsführers zu erschweren, zumal, wie erläutert, dies nicht einmal nötig ist, um dessen Interessen zu wahren.
Deshalb kann § 3 Abs. 6 Satz 2 nur eine Erleichterung für die Beklagte enthalten. Werden die Abberufung des Geschäftsführers und seine Kündigung in einer Gesellschafterversammlung beschlossen, soll es keiner zusätzlichen Kündigungserklärung bedürfen. Ohne diese spezielle Regelung würde die Übersendung eines Protokolls der Schriftform nicht ohne Weiteres genügen. Zum einen könnte es bereits zweifelhaft sein, ob der Geschäftsführer einem solchen Protokoll eine ihm gegenüber erklärte Kündigung entnehmen muss, zum anderen wird es häufig an den für die Schriftform nach §§ 126 Abs. 1, 127 Abs. 1 BGB erforderlichen Unterschriften fehlen, nämlich dann, wenn nur einer der Vertreter der Gesellschafter oder ein Dritter als Versammlungsleiter fungiert.
Im Übrigen hat die Gesellschaft ein schutzwürdiges Interesse daran, selbst entscheiden zu dürfen, wann sie ein Protokoll übergibt und wann nicht. So ist es denkbar, dass das Protokoll neben dem Beschluss über Abberufung und Kündigung zugleich den Beschluss enthält, die Erfolgsaussichten einer Schadensersatzklage gegen den Geschäftsführer zu prüfen. Es würde die Abläufe wiederum erschweren, wenn die Gesellschaft diese Beschlussfassung nicht bzw. gesondert protokollieren oder gar eine weitere Gesellschafterversammlung abhalten müsste.
2. Die Kündigung ist auch materiell rechtmäßig. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt im Sinne von § 1 KSchG (a). Auch die weiteren Gründe, die er gegen die materielle Wirksamkeit der Kündigung vorbringt, greifen nicht durch (b).
a) Ob sich der Kläger als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten überhaupt auf die Vorschriften des ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes berufen dürfte oder ihm dies - wenn nicht schon wegen einer fehlenden Arbeitnehmereigenschaft - jedenfalls durch § 14 Abs. 1 Nr. 2 KSchG verwehrt wäre, kann offen bleiben (vgl. zu dieser Fragestellung BGH, Urteil vom 08.01.2007, II ZR 267/05, juris Rn. 4; OLG Frankfurt, Urteil vom 06.06.2005, 18 U 140/04, juris Rn. 22; Hessisches LAG, Urteil vom 31.08.2004, 13 Sa 340/04).
Dem Kläger ist die Berufung auf die fehlende Sozialverträglichkeit seiner Kündigung schon deshalb verwehrt, weil bei Eingang seiner Klage beim Arbeitsgericht Hamburg am 04.02.2011 die Dreiwochenfrist des § 4 Satz 1 KSchG bereits abgelaufen war. Dem Kläger war die Kündigung vom 28.10.2010 am 29.10.2010 übergeben worden. § 4 Satz 1 KSchG findet auch auf das vorliegende Verfahren Anwendung.
aa) Die Anwendbarkeit von § 4 Satz 1 KSchG folgt bereits aus dem Umstand, dass der Kläger mit seiner Klage zunächst das Arbeitsgericht angerufen hat. Daran kann sich durch eine spätere Verweisung an die ordentlichen Gerichte nichts ändern, gegen die sich der Kläger im Übrigen gewehrt hatte.
Unabhängig davon gilt § 4 KSchG aber auch generell vor den ordentlichen Gerichten, wenn sich dort ein Kläger auf die Kündigungsschutzgründe der §§ 1 ff. KSchG beruft. Will man nicht aus der Beschränkung des Wortlauts von § 4 KSchG auf die Arbeitsgerichte bereits den Schluss ziehen, dass der Gesetzgeber Kündigungsschutzklagen generell nur den Arbeitsgerichten zuweisen wollte (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.2007, II ZR 267/05, juris Rn. 4 mit zust. Anm. Gravenhorst in juris-Praxis-Report ArbR; BAG, Urteil vom 24.11.2005, 2 AZR 614/04, juris Rn. 15), ist jedenfalls kein Grund ersichtlich, warum die Dreiwochenfrist nur dort Geltung haben sollte. Diese Frist dient nicht dem Schutz der Arbeitsgerichte, sondern soll dafür sorgen, dass der Arbeitgeber alsbald nach Zugang einer schriftlichen Kündigung Klarheit über den Bestand des Arbeitsverhältnisses erhält und dadurch zeitnah erfährt, ob er über den Arbeitsplatz disponieren und diesen ggf. neu besetzen kann (BAG, Urteil vom 28.01.2010, 2 AZR 985/08, juris Rn. 31; Kiel in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 13. Auflage 2013, § 4 Rn. 1; Hesse in Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 4. Auflage 2012, § 4 Rn. 3; jeweils m.w.N.). Dieses Bedürfnis besteht unabhängig davon, vor welchem Gericht die Kündigung angegriffen wird.
bb) Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er zugleich die Formunwirksamkeit der Kündigung geltend gemacht habe (siehe 1.). Zwar trifft es zu, dass nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte die Formunwirksamkeit einer Kündigung auch nach Ablauf der Dreiwochenfrist geltend gemacht werden kann, da § 4 KSchG eine schriftliche Kündigung voraussetze (BAG, Urteil vom 28.06.2007, 6 AZR 873/06, juris Rn. 10; LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.04.2010, 12 Ta 363/10, juris Rn. 9 m.w.N.; LAG Köln, Urteil vom 19.03.2008, 7 Sa 919/07, juris Rn. 31). Hieraus folgt jedoch nur, dass der Kläger allenfalls im Hinblick auf seine unter 1. dargestellten Einwendungen gegen die Wirksamkeit der Kündigung nicht an die Frist des § 4 KSchG gebunden war. Für die Kündigungsschutzvorschriften der §§ 1 ff. KSchG bleibt es bei dieser Frist. Andernfalls hätte es der Arbeitnehmer in der Hand, diese Frist allein dadurch zu umgehen, dass er neben der Berufung auf den Kündigungsschutz auch noch die Formunwirksamkeit der Kündigung rügt. Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte. Vielmehr stellt das BAG in der Entscheidung vom 28.06.2007 ausdrücklich fest, dass "allein die mangelnde Schriftform" noch nach Ablauf der Dreiwochenfrist geltend gemacht werden könne (Rn. 10).
b) Für die weiteren Einwendungen des Klägers gegen die Wirksamkeit der Kündigung gilt das unter a) Gesagte entsprechend. Die fehlende Anhörung des Betriebsrates nach § 102 BetrVG ist ein "anderer Unwirksamkeitsgrund" im Sinne des § 4 Satz 1 KSchG (BAG, Urteil vom 09.02.2006, 6 AZR 283/05, juris Rn. 29). Dasselbe gilt für das Maßregelungsverbot des § 612a BGB (Kiel, aaO., § 4 Rn. 4; Hesse, aaO., § 4 Rn. 10a) und die Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB (BAG, Urteil vom 09.02.2006, 6 AZR 283/05, juris Rn. 29).
Es kann deshalb auch in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob der Kläger Arbeitnehmer im Sinne der genannten Vorschriften ist, ggf. unter Anwendung eines erweiterten Arbeitnehmerbegriffs nach der sog. Danosa-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 11.11.2010, C-232/09; zu diesem Komplex ausführlich OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.10.2012, 6 U 47/12, juris).
c) Die Kündigung ist auch dann wirksam und nicht nach § 138 BGB nichtig, wenn man den Kläger gegen seine eigene Darstellung nicht als Arbeitnehmer behandelt, so dass § 4 KSchG keine Anwendung fände. Selbst wenn die Kündigung des Klägers durch seine Mitgeschäftsführer allein deshalb erfolgt wäre, weil der Kläger wiederholt auf einer klaren Regelung für die Berechnung der ihm nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 des Geschäftsführervertrages zustehenden Tantieme bestanden hat, würde dies nicht zur Sittenwidrigkeit der Kündigung führen.
Nach Auffassung des BGH trägt die Kündigung eines Geschäftsführers ihre Rechtfertigung in sich (Urteil vom 03.11.2003, II ZR 158/01, juris Rn. 7). Dieser Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem Ursache der Kündigung die (berechtigte) Weigerung des Geschäftsführers war, eine von der Beklagten vorformulierte Erklärung zu unterschreiben, in der er bestätigen sollte, dass bestimmte silikonhaltige Kleber bei der Herstellung von Datenträgern für die Automobilindustrie weiterhin verwendet werden dürften, obwohl die Automobilindustrie absolute Silikonfreiheit verlangte. Der BGH hat hierzu unter Rn. 7, 8 weiter ausgeführt:
"Die ordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses des Geschäftsführers einer GmbH bedarf mit Rücksicht auf seine Vertrauensstellung als organschaftlicher Vertreter der Gesellschaft mit Unternehmerfunktion keines sie rechtfertigenden Grundes. Sie ist, sofern ihre formellen Voraussetzungen erfüllt sind, auch dann wirksam, wenn sie sich auf keinen anderen Grund als den Willen des kündigungsberechtigten Organs stützen kann. Infolgedessen verbietet es sich, die Wirksamkeit einer von der Gesellschaft ordnungsgemäß erklärten ordentlichen Kündigung mit Rücksicht auf die ihr zugrundeliegenden Motive der Gesellschafter zu verneinen. Dies gilt auch dann, wenn die der Kündigung zugrundeliegenden Erwägungen im Einzelfall bekannt oder von der Gesellschaft selbst mitgeteilt sein sollten. Die Gesellschaft verhält sich damit grundsätzlich ordnungsgemäß, wenn sie die sofortige Abberufung aus der Organstellung mit der ordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrages zu dem vertraglich oder gesetzlich vorgesehenen Beendigungszeitpunkt verbindet (vgl. § 38 Abs. 1 GmbHG: Abberufung "unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen"). Diese Kündigung trägt ihre Rechtfertigung in sich; sie ist von dem Geschäftsführer hinzunehmen, auf welchen Erwägungen sie auch beruhen mag.
Aus den vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidungen ergibt sich nichts anderes. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAGE 61, 151 ff.) hat bei seiner Überprüfung der Kündigung eines Arbeitnehmers allein deshalb auf § 138 BGB abgestellt, weil eine Prüfung nach den Kriterien des KSchG nicht möglich war. Auch die Entscheidung des Kartellsenats des Bundesgerichtshofs vom 26. Februar 1970 (KZR 17/68, NJW 1970, 855) betreffend die von einer Mineralölgesellschaft gegenüber ihren Tankstellenverwaltern ausgesprochene ordentliche Kündigung beruht auf der Annahme einer besonderen Schutzwürdigkeit dieses Personenkreises. Eine vergleichbare Schutzbedürftigkeit kann dem Geschäftsführer einer GmbH mit Rücksicht auf die ihm zukommende organschaftliche Leitungsfunktion nicht zugebilligt werden."
Dieser Auffassung schließt sich das Gericht für den vorliegenden Fall an. Der Kläger muss es hinnehmen, dass aus der Sicht der Gesellschafter-Geschäftsführer das Vertrauensverhältnis gestört war. Selbst wenn die Ursache hierfür nicht bei ihm gelegen haben sollte, war es den B.H. und T.H. nicht zuzumuten, den Kläger weiter als Geschäftsführer zu beschäftigen; die Interessen des Klägers sind über die lange Kündigungsfrist seines Anstellungsvertrages nach § 3 Abs. 3 hinreichend gewahrt (vgl. Goette, DStR 2003, 2175).
3. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird im Hinblick auf die Frage der Anwendbarkeit des § 4 KSchG auf Kündigungsschutzprozesse von GmbH-Geschäftsführern vor den ordentlichen Gerichten zugelassen, die sich in vergleichbaren Fällen vor anderen Gerichten stellen kann und höchstrichterlich noch nicht beantwortet wurde (§ 543 Abs. 2 ZPO).