R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Wirtschaftsrecht
09.02.2012
Wirtschaftsrecht
OLG München: Korrektur einer Gesellschafterliste mit vor dem 1.11.2008 geltenden Stichtag

OLG München, Beschluss vom 26.1.20012 - 31 Wx 483/11

Leitsatz

Dient die neu eingereichte Gesellschafterliste der Korrektur einer Gesellschafterliste mit vor dem Inkrafttreten des MoMiG am 1. November 2008 liegenden Stichtag, muss die Summe der Nennbeträge aller Geschäftsanteile nicht mit dem Stammkapital übereinstimmen.

sachverhalt

I. In den Dokumentenordner des elektronischen Handelsregisters sind bisher zwei Gesellschafterlisten der Beschwerdeführerin (Datum: 30.3.2005 und 18.12.2006) aufgenommen. Als Gesellschafter der GmbH sind jeweils die beiden Geschäftsführer mit einer Stammeinlage in Höhe von 27.500 DM bzw. 12.500 DM aufgeführt, außerdem heißt es: "Eigene Anteile.... DM 10.000. Die Summe der Stammeinlagen ist mit 50.000 DM angegeben.

Mit Schreiben vom 5.8.2011 reichten die beiden Geschäftsführer eine Gesellschafterliste ein, die die bereits angeführten Gesellschaftsanteile der Geschäftsführer mit 40.000 DM ausweist. Als Stammkapital der Gesellschaft ist ein Betrag in Höhe von 50.000 DM angegeben. Unterhalb der Liste findet sich folgender Zusatz:

"An der Gesellschaft war ehedem die (.....) mit einem Geschäftsanteil im Nennbetrag von 10.000 DM beteiligt. Dieser vormalige Geschäftsanteil der (...) im Nennbetrag von 10.000 DM wurde durch Beschluss der Gesellschafterversammlung der Gesellschaft vom 11.12.2001 ohne weitere Maßnahmen eingezogen. Aufgrund dieser erfolgten Einziehung besteht zwischen der Summe der Nennbeträge der vorhandenen Geschäftsanteile (= 40.000 DM) und dem Stammkapital der Gesellschaft (= 50.000 DM) eine Differenz".

Die Einreichung der Liste soll nach Erklärung der Beschwerdeführerin der Berichtigung der Gesellschafterliste vom 18.12.2006 dienen. Mit Beschluss vom 20.9.2011 lehnte das Registergericht die Einstellung der Gesellschafterliste in den Registerordner ab. Es liege ein Verstoß gegen § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG vor, da in der eingereichten Liste die Summe der Nennbeträge aller Geschäftsanteile nicht mit dem Stammkapital übereinstimme. Hiergegen wendet sich die Beschwerde.

aus den gründen

II. Die zulässige Beschwerde ist in der Sache begründet. Das Registergericht hat die Einstellung der Gesellschafterliste in das Handelsregister zu Unrecht abgelehnt.

1. Die Geschäftsführer waren auch vor dem Hintergrund von § 40 GmbHG befugt, die Gesellschafterliste vom 18.12.2006 unter Zugrundelegung des vor Inkrafttreten des MoMiG geltenden Rechts zu berichtigen.

a) Die Geschäftsführer einer GmbH sind über den Wortlaut des § 40 Abs. 1 GmbHG hinaus befugt, für die Berichtigung technischer Defizite zu sorgen sowie eine inhaltliche Korrektur der Gesellschafterliste herbeizuführen, sofern diese - wie hier - mit Billigung der Gesellschafter erfolgt (vgl. Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Auflage <2010>, § 40 Rn. 38 und 40). Eine solche inhaltliche Korrektur ist im vorliegenden Fall geboten, da die Vorschrift des § 16 Abs. 3 GmbHG hinsichtlich des gutgläubigen Erwerb von Gesellschaftsanteilen vom Nichtberechtigten auch auf Gesellschaften Anwendung finden kann, die vor Inkrafttreten des MoMiG gegründet wurden (vgl. § 3 Abs. 3 EGGmbHG).

b) Die nun eingereichte Gesellschafterliste muss der erst am 01.11.2008 in Kraft getretenen Vorschrift des § 5 Abs. 3 Satz 3 GmbHG nicht entsprechen. Das neu geschaffene Gebot der Übereinstimmung der Summe aller Geschäftsanteile mit dem Stammkapital gilt nicht für Sachverhalte vor Inkrafttreten des MoMiG am 01.11.2008. Vor diesem Zeitpunkt war über das Gründungsstadium hinaus keine Übereinstimmung von Stammkapital und Summe der Geschäftsanteile vom Gesetz gefordert (vgl. Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Auflage <2006> § 5 Rn. 9). Mangels einer Übergangsregelung für Altfälle sind Veränderungen im Gesellschafterbestand vor dem 01.11.2008 an dem damals geltenden Recht zu messen. Für die Anwendung des § 5 Abs. 3 Satz 2 n.F. auf Altfälle wäre eine Überleitungsvorschrift unverzichtbar gewesen (vgl. Ulmer DB 2010 S. 321/323).

2. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass durch die unterhalb der Gesellschafterliste vermerkte Erläuterung deutlich zum Ausdruck gebracht wird, dass die Liste auf dem Einziehungsbeschluss vom 11.12.2001 beruht und daher die Gesellschafter und deren Geschäftsanteile im Zeitpunkt vor Inkrafttreten des MoMiG abbildet. Daraus und aus den übrigen Erklärungen der Beschwerdeführerin ergibt sich mit hinreichender Sicherheit, dass sich die nun eingereichte Liste auf den Stichtag 18.12.2006 bezieht, weil sie der Korrektur der zuletzt in den Registerordner aufgenommenen Liste der Gesellschafter dient.

stats