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Wirtschaftsrecht
29.04.2021
Wirtschaftsrecht
BGH: Konkurrenzschutz für Schilderpräger II

BGH, Urteil vom 8.12.2020 – KZR 124/18

ECLI:DE:BGH:2020:081220UKZR124.18.0

Volltext: BB-Online BBL2021-1025-1

Amtliche Leitsätze

a) Ein privater Vermieter, der aufgrund seiner marktbeherrschenden Stellung vor einer Vermietung den aktuellen Bedarf im Wege der Ausschreibung ermitteln muss, ist nicht verpflichtet, ein förmliches, die Vorschriften des Vergaberechts beachtendes Ausschreibungsverfahren durchzuführen und dessen Grundsätze einzuhalten.

b) Bei Verträgen, die aufgrund der Länge ihrer Laufzeit gegen das Behinderungs- oder Diskriminierungsverbot des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB verstoßen, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sie im Wege einer geltungserhaltenden Reduktion auf das zeitlich zulässige Maß zurückzuführen.

c) Die berechtigte Verkehrserwartung der Besucher einer Kfz-Zulassungsstelle, dass sich in dem Gebäude oder in unmittelbarer räumlicher Nähe Ladenlokale von Schilderprägern befinden, bei denen sie im Anschluss an die behördlich erteilte Zulassung zügig die erforderlichen Kfz-Kennzeichen er-werben können, kann zur Folge haben, dass einem in dem Gebäude tätigen Schilderpräger kein vertragsimmanenter Konkurrenzschutz zukommen kann.

GWB § 19 Abs. 2 Nr. 1

Sachverhalt

Die Klägerin ist Eigentümerin einer im Jahr 2013 errichteten Immobilie in Zweibrücken, in der sich die örtliche Kraftfahrzeugzulassungsstelle befindet. Die Beklagte ist ein als Schilderpräger tätiges Unternehmen, das unter anderem Kfz-Kennzeichen herstellt.

Ende 2013 führte die Klägerin eine formlose Ausschreibung bezüglich zweier in der Immobilie befindlicher Ladenlokale für den Betrieb von Schilderprägerwerkstätten durch. Die ausgeschriebenen Flächen mit einer Größe von jeweils gut 20 m2 lagen vis-à-vis der Zulassungsstelle. Die Beklagte gab für beide Ladenlokale ein Angebot ab. Mangels weiterer Bewerber wurden die Flächen nach Durchführung der Ausschreibung neu zugeschnitten, wobei eine der Flächen auf 30 m2 vergrößert und Gegenstand des im Februar 2014 zwischen den Parteien geschlossenen schriftlichen Mietvertrags wurde. In dem - dem Mietvertrag beigefügten - Gebäudeplan war ein zweites Schilderpräger-Ladenlokal nicht mehr vorgesehen; vielmehr war darin der Rest der ursprünglich ausgeschriebenen zweiten Fläche dem neben dem von der Beklagten angemieteten Raum gelegenen Café zugeschlagen worden.

In dem schriftlichen Mietvertrag, der in der Präambel Bezug darauf nahm, dass die Beklagte auf die vom Vermieter durchgeführte Ausschreibung das wirtschaftlichste Angebot abgegeben und damit den Wettbewerb gewonnen habe, vereinbarten die Parteien eine monatliche Netto-Kaltmiete von 4.650 Euro zuzüglich Nebenkostenvorauszahlungen von 60 Euro. Hinsichtlich der Laufzeit enthielt der Vertrag in § 3 folgende Regelung:

"1. Die Laufzeit dieses Mietvertrags beginnt frühestens mit Eröffnung der Zulassungsstelle im Objekt. Die Fertigstellung erfolgt spätestens zum 30.06. 2014. Als Mietbeginn wird der 01.07.2014 anvisiert. Bei vorzeitiger Fertigstellung hat der Mieter das Recht, nicht jedoch die Pflicht den Mietbeginn entsprechend vorzuverlegen. Die Laufzeit dieses Mietvertrages beträgt für beide Seiten 5 Jahre fest.

2. Der Mieter ist berechtigt, die Laufzeit dieses Vertrages durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Vermieter zu den Bedingungen dieses Mietvertrags zu verlängern ("Option"). Die Option ist automatisch ausgeübt, wenn der Mieter nicht 3 Monate vor Ablauf der Frist schriftlich per Einschreiben kündigt."

In § 24 des Mietvertrags wurde eine salvatorische Klausel mit folgendem Inhalt vereinbart:

"Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrags unwirksam oder nichtig sein oder werden, so bleiben die übrigen Bestimmungen gleichwohl in Kraft. Die Vertragsparteien sind verpflichtet, unwirksame oder nichtige Bestimmungen durch eine andere Regelung zu ersetzen, die dem mit der unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmung verfolgten wirtschaftlichen Zweck am nächsten kommt."

Zum 1. Oktober 2015 vermietete die Klägerin das als Café bezeichnete Ladenlokal an einen anderen Schilderpräger. Die Beklagte zahlte von Juli 2015 bis August 2016 keine Miete und von September bis November 2016 nur einen reduzierten Betrag. Im Dezember 2016 räumte die Beklagte das Ladenlokal und gab es an die Klägerin heraus. In den Jahren 2015 und 2016 sandte die Beklagte mehrere Schreiben an die Klägerin, die sie als Kündigung des Mietvertrags ansieht. Sie hält den Mietvertrag zudem wegen Verstoßes gegen das Kartellrecht insgesamt für nichtig.

Das Landgericht hat der auf Zahlung der offenen Miete für den Zeitraum Juli 2015 bis November 2016 gerichteten Klage überwiegend stattgegeben. Das Berufungsgericht hat auf die Anschlussberufung der Klägerin das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Beklagte zur vollständigen Mietzahlung verurteilt. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten, mit welcher diese die vollständige Klagabweisung erstrebt.

Aus den Gründen

7          I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

8          Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Miete sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil der mit der Beklagten geschlossene Mietvertrag insgesamt nach § 134 BGB nichtig wäre. Die gebotene Ausschreibung der Räumlichkeit habe die Klägerin vorgenommen. Die im Mietvertrag vereinbarte Option zur Verlängerung der Festlaufzeit von fünf Jahren habe nicht die Gesamtnichtigkeit des Vertrags zur Folge, sondern führe nur zur Unwirksamkeit der diese Option regelnden Klausel, da allein in ihr die gegen das Wettbewerbsrecht verstoßende Benachteiligung der Mitbewerber der Beklagten angelegt sei. Auch seien weder die Regelungen des Mietvertrags derart miteinander verknüpft, dass von vornherein von einer mehr als fünfjährigen Vertragslaufzeit auszugehen sei, noch stehe § 139 BGB der angenommenen Teilnichtigkeit des Mietvertrags entgegen. Die Beklagte habe die aufgrund der im Vertrag enthaltenen salvatorischen Klausel ihr obliegende Darlegung nicht erbracht, dass sie und die Klägerin den Mietvertrag ohne die Verlängerungsklausel nicht geschlossen hätten.

9          Die Beklagte habe den Mietvertrag auch nicht wirksam außerordentlich gekündigt. Ihre Schreiben vom 28. Mai und 22. Juli 2015 sowie ihr schriftsätzliches Vorbringen vom 21. Juli 2015 in einem parallel geführten Rechtsstreit könnten bereits nicht als Kündigungserklärungen gewertet werden. Die Kündigungserklärung vom 5. September 2016 entfalte keine Wirkung, weil es an einem wichtigen Grund zur Kündigung fehle. Ein solcher folge insbesondere nicht aus der Vermietung eines weiteren Ladenlokals in der Immobilie an einen anderen Schilderpräger. Denn die Parteien hätten weder ausdrücklich noch konkludent Konkurrenzschutz zugunsten der Beklagten vereinbart; dieser sei im Streitfall unter Abwägung der konkreten Umstände sowie der wechselseitigen Interessen der Parteien auch nicht vertragsimmanent geschuldet gewesen. Aus den genannten Gründen habe der Beklagten schließlich auch kein Recht zur Mietminderung zugestanden.

10        II. Die Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung stand.

11        1. Der Mietvertrag ist nicht wegen Verstoßes gegen das kartellrechtliche Missbrauchsverbot des § 19 Abs. 1 GWB nach § 134 BGB insgesamt nichtig.

12        a) Das Berufungsgericht hat es als naheliegend angesehen, im Ergebnis aber offengelassen, ob die Klägerin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine marktbeherrschende Stellung auf dem für Schilderpräger relevanten Vermietermarkt am Standort der Beklagten eingenommen hat und somit Adressatin des Missbrauchsverbots des § 19 Abs. 1 GWB war. Für das Revisionsverfahren ist dies daher zugunsten der Beklagten zu unterstellen.

13        b) Ein Verstoß gegen § 19 Abs. 1 GWB ist entgegen der Rüge der Revision weder in dem Umstand zu sehen, dass die Klägerin das an die Beklagte vermietete Ladenlokal formlos ausgeschrieben hat, noch darin, dass sie es im Anschluss an die Ausschreibung neu zugeschnitten und abweichend von der Ausschreibung (zunächst) nur eine Mieteinheit an einen Schilderpräger vermietet hat.

14        aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein Verstoß gegen das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung in Form einer unbilligen Behinderung und Diskriminierung nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB (früher § 20 Abs. 1 GWB) vor, wenn bei der Vermietung von für Schilderpräger geeigneten, nur in begrenzter Zahl bereitstehenden Räumen in unmittelbarer Nähe zu einer Kfz-Zulassungsstelle die Auswahl unter den in Frage kommenden Interessenten nicht unter angemessenen und fairen Bedingungen vorgenommen wird. Der Vermieter solcher Flächen hat eine - aus dem Standortvorteil des Schilderprägers resultierende - überragende Marktstellung, da im selben Gebäude wie die Zulassungsstelle befindliche und erst recht innerhalb des Gebäudes an diese angrenzende Ladenlokale aus Sicht von Schilderprägern, die den bei Besuchern der Kfz-Zulassungsstelle anfallenden Bedarf an amtlichen Kfz-Schildern decken möchten, allen außerhalb des Gebäudes liegenden und für die potenziellen Kunden schwieriger zu erreichenden Ladenlokalen vorzuziehen sind. Diese Marktbeherrschung des - öffentlichen wie privaten - Vermieters hat zum einen zur Folge, dass er den aktuellen Bedarf im Wege der Ausschreibung ermitteln muss, zum anderen, dass er entsprechende Gewerbeflächen nicht für einen längeren Zeitraum als fünf Jahre fest vermieten darf, um nicht den Marktzutritt für aktuelle und potenzielle Wettbewerber des Mieters zu blockieren (vgl. BGH, Urteil vom 8. April 2003 - KZR 39/99, GRUR 2003, 809, 810 [juris Rn. 11 ff.] mwN - Konkurrenzschutz für Schilderpräger).

15        bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht zu Recht die Form der - nach den Feststellungen des Berufungsgerichts öffentlichen - Ausschreibung der zur Vermietung vorgesehenen zwei Ladenlokale für Schilderpräger durch die Klägerin nicht beanstandet.

16        Entgegen der Auffassung der Revision folgt aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht, dass auch ein privater Vermieter ein förmliches, die Vorschriften des Vergaberechts beachtendes Ausschreibungsverfahren durchführen und dessen Grundsätze einhalten muss (vgl. dazu Ahrens, Festschrift Bornkamm, 2014, S. 87, 89). Das Vergaberecht verpflichtet öffentliche Auftraggeber, nicht aber private Unternehmen. Die kartellrechtlich geforderte Ausschreibung dient zudem nicht der wirtschaftlichen Beschaffung in einem wettbewerblichen Verfahren, sondern der fairen Auswahl unter den in Betracht kommenden Vertragspartnern. Sie soll einen transparenten Wettbewerb schaffen, in dem alle Teilnehmer gleichbehandelt werden. Dies setzt aber in einer Konstellation wie der vorliegenden lediglich voraus, dass die potenziellen Mietinteressenten Kenntnis von der Anmietungsmöglichkeit und den vom Vermieter gewünschten Konditionen erlangen können und ihnen die Chance gewährt wird, diskriminierungsfrei als Mieter ausgewählt zu werden (vgl. BGH, Urteile vom 7. November 2006 - KZR 2/06, WuW/E DE-R 1951, 1952 Rn. 13 - Bevorzugung einer Behindertenwerkstatt, und vom 13. November 2007 - KZR 22/06, WuW/E DE-R 2163 Rn. 11). Mit einer öffentlichen Bekanntmachung des Mietangebots, in dem die Zuschlagskriterien aufgeführt sind, ist diesem Erfordernis Genüge getan.

17        Dass die Klägerin im Streitfall die Anmietungsmöglichkeit in einer Weise öffentlich bekannt gemacht hätte, die es anderen Interessenten als der Beklagten faktisch unmöglich gemacht hätte, sie zur Kenntnis zu nehmen, oder die Zuschlagskriterien nicht benannt hätte, ist nicht festgestellt. Die Revision zeigt auch nicht auf, dass die Beklagte hierzu Vortrag gehalten hat.

18        cc) Kartellrechtlich nicht zu beanstanden ist im Streitfall auch der Umstand, dass die Klägerin mit der Beklagten einen Mietvertrag über eine gegenüber der Ausschreibung veränderte Mietfläche geschlossen hat, ohne diese erneut auszuschreiben, und dass sie entgegen der aus der Ausschreibung ersichtlichen Planung im Jahr 2014 keine weitere Räumlichkeit an einen Schilderpräger vermietet hat.

19        Nach den - von der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts wie auch des Landgerichts erfolgte der Neuzuschnitt der an die Beklagte vermieteten Fläche nach Durchführung der Ausschreibung "mangels weiterer Bewerber". Es ist somit revisionsrechtlich davon auszugehen, dass die Vermietung eines weiteren Ladenlokals an einen anderen Schilderpräger als die Beklagte im Anschluss an die Ausschreibung mangels entsprechender Nachfrage nicht möglich war und eine Diskriminierung von Konkurrenten der Beklagten ausgeschlossen ist.

20        Jedenfalls in einer solchen Situation ist es kartellrechtlich unbedenklich, wenn Größe und genauer Zuschnitt der tatsächlich vermieteten Ladenfläche von der in der Ausschreibung beschriebenen Fläche - wie hier - in überschaubarem Umfang abweichen und diese Abweichungen nicht zu einer qualitativen Veränderung der Mieteinheit führen. Denn in einem solchen Fall ist nicht zu erwarten, dass das Resultat der Ausschreibung ein anderes gewesen wäre, insbesondere andere Interessenten aufgetreten wären, die gegebenenfalls einen höheren Preis geboten hätten als die Beklagte, wenn von vornherein exakt das spätere Mietobjekt ausgeschrieben worden wäre.

21        c) Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die im Mietvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten vereinbarte Verlängerungsoption zugunsten der Beklagten nicht zur Nichtigkeit des gesamten Mietvertrags führt, sondern nur die Nichtigkeit der Verlängerungsklausel in § 3 Absatz 2 des Mietvertrags zur Folge hat.

22        aa) Es hat zutreffend angenommen, dass die Laufzeitregelung in § 3 des zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrags gegen das Missbrauchsverbot des § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB verstößt. Nach Absatz 2 dieser Vertragsklausel ist die Beklagte berechtigt, die im letzten Satz des ersten Absatzes geregelte fünfjährige Vertragslaufzeit zu den Bedingungen dieses Mietvertrags zu verlängern, und diese Option gilt als ausgeübt, wenn die Beklagte nicht drei Monate vor Ablauf der Frist schriftlich per Einschreiben kündigt. Da diese Kündigung allein im Belieben der Beklagten steht, und die Laufzeit des Vertrags danach ohne weiteres mehr als fünf Jahre betragen kann, steht der Mietvertrag einem Vertrag mit einer Laufzeit von mehr als fünf Jahren gleich.

23        bb) Dem Berufungsgericht ist ferner darin zu folgen, dass das Kartellrecht nicht die Gesamtnichtigkeit des zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrags verlangt.

24        (1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage, ob der Verstoß einer Vereinbarung gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB zu deren Nichtigkeit führt oder ob sich aus dem Gesetz etwas anderes ergibt, auch im Kartellrecht in erster Linie nach Sinn und Zweck der Verbotsnorm zu beantworten (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - KZR 66/12, BGHZ 199, 289 Rn. 102 ff. - Stromnetz Berkenthin; Urteil vom 13. Oktober 2009 - KZR 34/06, K&R 2010, 349 Rn. 12 - Teilnehmerdaten I, jew. mwN). Entscheidend ist, ob sich das Verbot nicht nur gegen den Abschluss des Rechtsgeschäfts wendet, sondern auch gegen seine privatrechtliche Wirksamkeit und damit gegen seinen wirtschaftlichen Erfolg (BGH, Urteil vom 25. Juli 2002 - III ZR 113/02, BGHZ 152, 10, 11 f.). Danach ist ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, dessen Vornahme lediglich einem Beteiligten verboten ist, in der Regel gültig; (Gesamt-)Nichtigkeit nach § 134 BGB tritt nur ein, wenn einem solchen einseitigen Verbot ein Zweck zugrunde liegt, der die Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäfts erfordert, weil er nicht anders als durch dessen Annullierung zu erreichen ist und die getroffene Regelung nicht hingenommen werden kann (vgl. BGHZ 199, 289 Rn. 107 - Stromnetz Berkenthin; BGH, K&R 2010, 349 Rn. 12 f. - Teilnehmerdaten I, jew. mwN). Andernfalls kann die Vereinbarung gegebenenfalls teilnichtig sein (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2002 - KZR 10/01, WuW/E DE-R 1031, 1032, juris Rn. 14; Urteil vom 22. Juli 1999 - KZR 48/97, WuW/E DE-R 349, 352, juris Rn. 27 - Beschränkte Ausschreibung).

25        Auch nach der ganz herrschenden Meinung in der Literatur erfasst die aus einem Verstoß gegen kartellrechtliche Verbotsnormen folgende Nichtigkeit eines Vertrages nicht ohne weiteres die gesamte Vereinbarung, sondern grundsätzlich nur diejenigen Vertragsabreden, die Bestandteil der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung sind (vgl. Krauß in Langen/Bunte, Kartellrecht, Band 1, 13. Aufl., § 1 GWB Rn. 339 ff.; Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 3. Aufl., § 23 Rn. 13 ff. mwN). Dies gilt auch für Verstöße gegen das Missbrauchsverbot des § 19 GWB (vgl. Fuchs in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 6. Aufl., § 19 GWB Rn. 385 ff.; Mestmäcker/Schweitzer, aaO Rn. 29; Nothdurft in Langen/Bunte, Kartellrecht, Band 1, 13. Aufl., § 19 GWB Rn. 488). Für Verstöße gegen das Kartellverbot nach Art. 101 Abs. 1 AEUV geht auch der Gerichtshof der Europäischen Union in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Nichtigkeitsfolge des Art. 101 Abs. 2 AEUV grundsätzlich nur die verbotswidrigen Teile einer Vereinbarung erfasst (vgl. EuGH, Urteil vom 30. Juni 1966 - 56/65, Slg. 1966, 282, 304 - Maschinenbau Ulm; Urteil vom 30. April 1998 - C-230/96, Slg. 1998, I 2055 Rn. 51 - Cabour).

26        Voraussetzung einer Teilnichtigkeit ist zum einen, dass die danach verbleibenden Teile der Regelung für sich genommen noch eine sinnvolle Regelung ergeben (BGH, WuW/E DE-R 349, 352, juris Rn. 27 - Beschränkte Ausschreibung); zum anderen muss anzunehmen sein, dass die Parteien das Rechtsgeschäft auch ohne den nichtigen Teil geschlossen hätten (vgl. BGH, WuW/E DE-R 1031, 1032, juris Rn. 14). Ferner scheidet eine Teilnichtigkeit aus und ist die gesamte Vereinbarung nichtig, wenn nach dem Zweck des Kartellverbots die Gesamtnichtigkeit der Vereinbarung erforderlich ist (vgl. Mestmäcker/Schweitzer, aaO § 23 Rn. 14 mwN).

27        (2) In Anwendung dieser Grundsätze ist das Berufungsgericht zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag nicht unverändert fortbestehen kann, sondern dass der Verstoß gegen das Missbrauchsverbot jedenfalls die Unwirksamkeit der Verlängerungsklausel in § 3 Absatz 2 des Mietvertrags zur Folge hat, da diese es der Beklagten als Mieterin ermöglicht, den Vertrag einseitig auf zehn oder mehr Jahre zu verlängern. Zu Recht hat das Berufungsgericht aber des weiteren angenommen, dass der Zweck des Kartellrechts es bei einem Verstoß gegen das Diskriminierungs- und Behinderungsverbot des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB durch Vereinbarung einer zu langen Vertragslaufzeit nicht erfordert, die gesamte Vereinbarung als nichtig einzuordnen, sondern dass es ausreicht, den missbräuchlichen Teil des Vertrags in Form einer Laufzeitreduzierung zu verwerfen.

28        Der Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass bei Wettbewerbsbeschränkungen, deren Unzulässigkeit aus der vereinbarten Dauer folgt, grundsätzlich die Möglichkeit besteht, sie im Wege einer geltungserhaltenden Reduktion auf das zeitlich zulässige Maß zurückzuführen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 2018 - KZR 4/16, WuW 2018, 476 Rn. 61 - Busverkehr im Altmarkkreis; BGH, Urteil vom 10. Dezember 2008 - KZR 54/08, WuW/E DE-R 2554 Rn. 25 mwN - Subunternehmervertrag II). Dies gilt auch für Verträge, die gegen das Behinderungs- oder Diskriminierungsverbot des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB verstoßen. Das Missbrauchsverbot soll in dieser Konstellation nicht den Vertragsschluss als solchen, sondern lediglich die Bevorzugung einzelner Marktteilnehmer durch die Einräumung langfristiger vertraglicher Rechte verhindern. Die missbilligte Beeinträchtigung der Betätigungsmöglichkeiten anderer Unternehmen im Wettbewerb wird aber dadurch beseitigt, dass die verbotswidrige Klausel - sofern dies vertraglich möglich ist (§ 139 BGB) - auf ein erlaubtes und von den Wettbewerbern hinzunehmendes - hier: zeitliches - Maß zurückgeführt wird.

29        cc) Das Berufungsgericht hat schließlich in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass im Streitfall die gesetzliche Zweifelsregelung des § 139 BGB nicht zur Anwendung gelangt und die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB daher allein die Verlängerungsklausel in § 3 Absatz 2 des Mietvertrags, nicht aber den gesamten Vertrag, insbesondere nicht dessen Wirksamkeit während der ersten fünf Jahre, trifft. Es ist in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs davon ausgegangen, dass aufgrund der im Mietvertrag vereinbarten salvatorischen Klausel die Beklagte darlegen und beweisen musste, dass die Parteien den Mietvertrag ohne die Verlängerungsklausel in § 3 Absatz 2 nicht geschlossen hätten (vgl. BGH, WuW/E DE-R 1031, 1032, juris Rn. 14), und dass sie ihrer Darlegungslast nicht genügt hat. Dazu hat es - von der Revision unbeanstandet - ausgeführt, die Beklagte habe nicht behauptet, dass sie selber den Mietvertrag für einen Zeitraum von nur fünf Jahren nicht abgeschlossen hätte. Der Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe eine Mietdauer von mindestens zehn Jahren verlangt, hat es angesichts des Umstands, dass dies im Vertrag keinen Niederschlag gefunden hat, da nach dessen § 3 Absatz 2 allein die Beklagte die Verlängerung der Vertragslaufzeit über fünf Jahre hinaus herbeiführen konnte, zu Recht keine Bedeutung beigemessen.

30        2. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht ferner zu dem Schluss gekommen, dass der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag nicht durch eine Kündigung der Beklagten beendet worden ist.

31        a) Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass es die Schreiben der Beklagten vom 28. Mai 2015 und vom 22. Juli 2015 sowie den Schriftsatz der Beklagten vom 21. Juli 2015 in einem anderen mit der Klägerin geführten Rechtsstreit bereits nicht als Kündigungserklärungen gewertet hat. Entgegen der Rüge der Revision hat das Berufungsgericht gerade nicht darauf abgestellt, dass der Begriff der Kündigung in diesen Schreiben nicht enthalten ist, sondern seine Würdigung vielmehr damit begründet, dass sich aus den Schreiben ein eindeutiger Wille der Beklagten, das Mietverhältnis einseitig zu beenden, nicht ergibt. Auslegungsfehler sind insoweit nicht zu erkennen.

32        b) Auch die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten habe im Zeitpunkt der Kündigungserklärung vom 5. September 2016 kein außerordentliches Kündigungsrecht unter dem Aspekt der Verletzung des Konkurrenzschutzes durch die Klägerin zugestanden, ist frei von Rechtsfehlern.

33        aa) Zutreffend hat das Berufungsgericht festgestellt, dass sich die Beklagte nicht auf einen Verstoß der Klägerin gegen ein ausdrücklich vereinbartes Konkurrenzschutzgebot berufen konnte, da der schriftliche Mietvertrag keine Regelung zu einem Konkurrenzschutz der Beklagten enthält.

34        bb) Die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, die Parteien hätten auch konkludent keinen Konkurrenzschutz zugunsten der Beklagten vereinbart, die von der Revision nicht ausdrücklich angegriffen wird, ist nicht zu beanstanden. Die sich bietenden Anhaltspunkte für ein entsprechendes übereinstimmendes Verständnis der Parteien bei Abschluss des Mietvertrags, nämlich die diesem vorausgegangene Änderung des Zuschnitts der Mieteinheiten in der Immobilie und die partielle Zusammenlegung der ursprünglich vorgesehenen zwei Ladenlokale für Schilderpräger und den dem schriftlichen Mietvertrag beigefügten Lageplan, in welchem nur ein Schilderprägerlokal verzeichnet war, hat das Berufungsgericht ebenso in den Blick genommen, wie den von der Revision betonten Umstand, dass die Beklagte bei den nach dem Ausschreibungsverfahren durchgeführten Vertragsverhandlungen mit der Klägerin eine höhere Quadrat-metermiete akzeptiert hat, als sie im Bewerbungsverfahren für beide Flächen im Durchschnitt angeboten hatte. Es hat diese Aspekte rechtsfehlerfrei, insbesondere unter Hinweis auf das Fehlen weiterer Bewerber, nicht als durchgreifende Indizien für eine stillschweigende Einigung der Parteien über die Einräumung eines Exklusivstatus der Beklagten in der Immobilie gewertet.

35        cc) Revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin habe im Streitfall auch nicht die vertragsimmanente Pflicht oblegen, während der Dauer des Mietvertrags mit der Beklagten in der Immobilie kein weiteres Ladenlokal an einen Schilderpräger zu vermieten.

36        (1) Allerdings weist die Revision zutreffend darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Pflicht des Vermieters zur ungestörten Gebrauchsüberlassung der Mietsache bei einem Gewerberaummietverhältnis grundsätzlich auch einen vertragsimmanenten Konkurrenzschutz umfasst, demzufolge der Vermieter prinzipiell gehalten ist, keine in der näheren Nachbarschaft des Mieters gelegenen Räume an Konkurrenten zu vermieten oder selbst in Konkurrenz zum Mieter zu treten (BGH, Urteil vom 26. Februar 2020 - XII ZR 51/19, BGHZ 224, 370 Rn. 37 mwN). Der Vermieter ist nach dieser Rechtsprechung jedoch nicht verpflichtet, dem Mieter jeden fühlbaren oder unliebsamen Wettbewerb fernzuhalten. Vielmehr ist nach den Umständen des einzelnen Falles abzuwägen, inwieweit nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Belange der Parteien die Fernhaltung von Konkurrenz geboten ist (BGHZ 224, 370 Rn. 37 mwN), wobei sich der Umfang des vertragsimmanenten Konkurrenzschutzes nach der jeweils berechtigten Verkehrserwartung richtet (BGHZ 224, 370 Rn. 38).

37        Bei einer Immobilie, in der sich - wie im Streitfall - die Kfz-Zulassungsstelle befindet, ist die im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigende Verkehrserwartung der Besucher anders als beispielsweise in einem Einkaufszentrum nicht auf ein möglichst breites Waren- und Dienstleistungsangebot gerichtet. Vielmehr erwarten die Kunden hier, dass sich in dem Gebäude oder zumindest in unmittelbarer räumlicher Nähe auch Ladenlokale von Schilderprägern befinden, bei denen sie im Anschluss an die behördlich erteilte Zulassung zügig die erforderlichen Kfz-Kennzeichen erwerben können. Dabei liegt auf der Hand, dass gerade bei stärker frequentierten Zulassungsstellen der Bedarf nach mehr als einem Anbieter solcher Leistungen besteht, und dies für die Kunden ein gewisser Wettbewerb unter diesen Anbietern auch wirtschaftlich vorteilhaft ist. Diesem Anliegen kann seitens des Vermieters, dem zudem aufgrund seiner marktbeherrschenden Situation bei der Erst- und Neuvergabe von Mietflächen gegenüber potenziellen Nachfragern von Schilderprägerlokalen die bereits genannten (vgl. Rn. 14) Pflichten obliegen, nur Rechnung getragen werden, wenn er nicht aufgrund eines bestehenden Mietvertrags mit einem einzelnen Schilderpräger daran gehindert ist, ein freistehendes oder freiwerdendes Ladenlokal im unmittelbaren Einzugsbereich der Zulassungsstelle an einen weiteren Schilderpräger zu vermieten. Daher kann die besondere Verkehrserwartung in einer solchen Konstellation zur Folge haben, dass einem in dem Gebäude tätigen Schilderpräger kein vertragsimmanenter Konkurrenzschutz zukommen kann.

38        (2) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht frei von Rechtsfehlern unter Abwägung der im konkreten Fall zu berücksichtigenden Interessen der Klägerin als Vermieterin, der Beklagten als Mieterin wie auch der berechtigten Verkehrserwartung entschieden, dass kein vertragsimmanenter Konkurrenzschutz zugunsten der Beklagten besteht. Es hat berücksichtigt, dass Ladenlokale in einem Gebäude, in welchem sich die Kfz-Zulassungsstelle befindet, gerade für Schilderpräger besonders attraktiv sind, und daraus geschlossen, dass diese für die Vermieter solcher Einheiten besonders wertvolle, weil in höherem Maß zahlungsbereite Kunden darstellen. Die Berücksichtigung dieses Interesses des Vermieters, welches sich zudem mit der Verkehrserwartung deckt, ist nicht zu beanstanden. Die Konsequenzen der Zulassung eines Konkurrenzunternehmens für die Beklagte und die Besonderheiten des Geschäftsgegenstands von Schilderprägern hat das Berufungsgericht dabei durchaus in den Blick genommen, ist aber zu dem Ergebnis gekommen, dass die Interessen des Mieters eines Schilderprägerlokals gerade wegen dieser besonderen Machtverhältnisse keinen Vorrang haben und dass die Beklagte durch das Entstehen der Konkurrenzsituation nicht unbillig belastet werde. Auch hat es zutreffend erkannt, dass in der vorliegenden Konstellation die Beurteilung des "Ob" nicht vom Umfang des Konkurrenzschutzes getrennt werden kann.

39        3. Aus den genannten Gründen ist das Berufungsgericht auch rechtsfehlerfrei zu dem Schluss gekommen, der Beklagten habe während des streitigen Zeitraums kein Minderungsrecht zugestanden.

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