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Wirtschaftsrecht
20.10.2017
Wirtschaftsrecht
OLG Düsseldorf: Keine besondere Vertrauenshaftung des Sanierungs-Geschäftsführers einer GmbH gegenüber Dritten

OLG Düsseldorf, Urteil vom 7.9.2017 – I-16 U 33/17

ECLI:DE:OLGD:2017:0907.I16U33.17.00

Volltext:BB-ONLINE BBL2017-2498-1

Sachverhalt

I.

Der Beklagte war für die A GmbH & Co. KG, nachdem diese in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, als Sanierungsexperte tätig. Am 30.03.2014 wurde über das Vermögen der Gesellschaft wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Insolvenzgericht ordnete gemäß Antrag der Gesellschaft vom 30.01.2014 zugleich die Eigenverwaltung an. Zum Sachwalter wurde Rechtsanwalt Dr. B ernannt.  Mit Wirkung zum 17.09.2014 wurde der Beklagte zum weiteren Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt. Er verfasste mit den weiteren Geschäftsführern am 14.10.2014 einen Insolvenzplan, dessen Ziel es war, neben der Befriedigung von Gläubigern und dem Erhalt von Arbeitsplätzen eine Fortführung der Insolvenzschuldnerin zu ermöglichen. Die Gläubigerversammlung stimmte am 04.11.2014 dem Insolvenzplan zu. Am 9.12.2014 bestellte die Insolvenzschuldnerin bei der Klägerin Damenoberbekleidung mit Liefertermin 29.04.2015 und der Zahlungsvereinbarung 70 Tage netto. Das Insolvenzverfahren wurde durch Beschluss des Amtsgerichts vom 28.01.2015 aufgehoben im Hinblick darauf, dass die Bestätigung des Insolvenzplans rechtskräftig geworden war. Im Beschluss des Insolvenzgerichts vom 29.01.2015 ist festgehalten, dass der Sachwalter, wie in dem gestaltenden Teil des Insolvenzplans vorgesehen, überwacht, ob die Ansprüche erfüllt werden, die den Gläubigern nach dem gestaltenden Teil des Insolvenzplans gegen die Schuldnerin zustehen. Die Rechnung der Klägerin vom 06.05.2015 über 87.120,49 €, die die Bestellung vom 09.12.2014 betrifft, wurde nicht beglichen. Die Insolvenzschuldnerin, die zwischenzeitlich in AA GmbH umfirmiert worden war, stellte am 18.06.2015 einen Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit; das Verfahren wurde eröffnet.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte als Sanierungsgeschäftsführer in der Eigenverwaltung persönlich für ihre Forderungen einzustehen habe. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte besonderes Vertrauen in Anspruch genommen habe. und der von ihm als Sanierungsgeschäftsführer erstellte Insolvenzplan sei untauglich gewesen.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die auf Zahlung von 87.120,49 € gerichtete Klage abgewiesen und ausgeführt, der Klägerin stehe gegen den Beklagten kein Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 61 InsO zu. Grundsätzlich sei die Haftung des Geschäftsführers einer GmbH auf das Innenverhältnis zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft nach § 43 GmbHG beschränkt. Eine Außenhaftung sei in der Rechtsprechung nur unter engen Voraussetzungen anerkannt. Insbesondere bestehe dann eine Außenhaftung des Geschäftsführers nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 3 BGB, wenn er besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst habe. Das in Anspruch genommene Vertrauen müsse deutlich über das normale Verhandlungsvertrauen hinausreichen, für dessen Verletzung allein die Gesellschaft als Vertragspartner einzustehen habe. Seine Erklärungen müssten im Vorfeld einer Garantiezusage liegen. Er müsse den Eindruck erwecken, er werde für die erfolgreiche Abwicklung des Geschäfts persönlich einstehen. Solche Umstände seien nicht gegeben. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beklagte Sanierungsgeschäftsführer der Firma A GmbH & Co. KG gewesen sei. Eine persönliche Haftung des Sanierungsgeschäftsführers über den Rahmen der Vertrauenshaftung gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 BGB hinaus, sei nicht gerechtfertigt. Eine verschärfte Organhaftung des Geschäftsführers im Rahmen der Eigenverwaltung erscheine nicht notwendig. Für die Annahme, den Sanierungsgeschäftsführer treffe allein aufgrund der Eigenverwaltung eine besondere Vertrauensstellung gebe es keine Grundlage. Die Haftung des Insolvenzverwalters beruhe auf seiner treuhänderischen Stellung, die ihm die Insolvenzordnung zuweise. Eine solche nehme der Sanierungsgeschäftsführer gerade nicht ein. Dies folge schon aus dem Gesetz, da die Eigenverwaltung der Aufsicht eines Sachwalters unterstellt sei (§ 270 Abs. 1 Satz 1 InsO). Dabei sei der Sachwalter in seinen Rechten und Pflichten dem Insolvenzverwalter angenähert. Für eine schuldhafte Verletzung seiner Pflichten in der Eigenverwaltung sei der Sachwalter persönlich haftbar.

Gegen die Entscheidung des Landgerichtes richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Vorbringen weiter verfolgt. Sie rügt, dass das Landgericht habe differenzieren müssen zwischen der Haftung eines normalen Geschäftsführers einer GmbH und derjenigen eines Sanierungsgeschäftsführers. Der Sanierungsgeschäftsführer müsse einerseits erfolgreich sanieren und sich gleichzeitig vor den Gläubigern und Unternehmern rechtfertigen; er sei damit den Gläubigern gegenüber verpflichtet. Unabhängig von der Unterscheidung der Geschäftsführerpositionen hätte eine Haftung auch dann bejaht werden müssen, wenn der Sanierungsgeschäftsführer aufgrund seines besonderen Amtes keinen weitergehenden Haftungsansprüchen ausgesetzt gewesen wäre als ein normaler Geschäftsführer. Vorliegend sei nämlich zu bedenken, dass ein Lieferauftrag im laufenden Insolvenzverfahren erteilt worden sei und durch die gesonderte Unterschriftsleistung des Beklagten unter dem Lieferauftrag ein Haftungsversprechen erfolgte, so dass entsprechend den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine besondere Haftungsgrundlage gegenüber der Klägerin als Neugläubigerin entstanden sei. Insoweit habe der Geschäftsführer ein besonderes Vertrauen eines Dritten in Anspruch genommen, indem zumindest konkludent dargelegt worden sei, dass die Forderung der Klägerin auf jeden Fall auch ausgeglichen werden würde und zwar unabhängig vom Verlauf des Insolvenzverfahrens. Ohne eine solche Zusage hätte die Klägerin nicht geliefert. Diese besondere Vertrauenssituation sei noch dadurch gestärkt worden, dass auch der Sachwalter den Auftrag unterzeichnet habe. Um ihre Forderung als Neugläubigerin abzusichern, hätte der Beklagte die sichere Methode der Sicherheitsleistung wählen müssen und es nicht bei der Erstellung eines nicht haltbaren Finanzplans belassen dürfen. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass für die Forderungen der Tabellengläubiger eine Sicherung in Form einer Raumsicherungsübereignung des Warenlagers der Schuldnerin erfolgt sei und Tabellengläubiger insoweit besser gestellt worden seien als Massegläubiger. Die Masseforderungen hätten ohne Schwierigkeiten entsprechend abgesichert werden können und müssen. Der Beklagte habe durch die Bestellung während eines Insolvenzverfahrens ihr gegenüber ein Haftungsversprechen erklärt. Wäre es nicht zu einer Sanierung gekommen, sondern wäre das Insolvenzverfahren durchgeführt worden, so hätte der Beklagte als Geschäftsführer für die Nichterfüllung von Forderungen von Neugläubigern - das seien solche, deren Forderungen erst nach Insolvenzreife begründet werden - persönlich einstehen müssen. Dieses Risiko müsse dem Beklagten bei der Auftragserteilung an die Klägerin bekannt gewesen sein, da er nicht unbedingt davon ausgehen konnte, dass der Sanierungsversuch Erfolg haben würde. In einer Insolvenz müsse eine direkte Haftung des Sanierungsgeschäftsführers gegenüber Dritten analog der §§ 60, 61 InsO möglich sein. Es bestehe eine vergleichsweise Interessenlage, da der Geschäftsführer in der Eigenverwaltung wie ein Insolvenzverwalter bei einem Regelinsolvenzverfahren zum pflichtgemäßen Verhalten gegenüber den Gläubigern angehalten werden müsse. Durch die Außenhaftung entstehe auch eine gewisse Disziplinierungsfunktion und Gläubiger werden vor leichtfertig durchgeführten Eigenverwaltungen geschützt. Aus der Sicht der Gläubiger übernehme der Sanierungsgeschäftsführer die Aufgaben des Insolvenzverwalters. Diese Regelungslücke sei auch planwidrig gewesen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 04.08.2016 den Beklagten zu verurteilen, an sie 87.120,49 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.07.2015 zu zahlen sowie sie von den Gebührenansprüchen der Rechtsanwälte C und D in Höhe von 1.863,40 € freizustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und macht geltend, dass er für die Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der Klägerin nicht einzustehen habe. Es sei die bewusste Entscheidung des Gesetzgebers gewesen, dass schuldrechtliche Beziehungen zwischen der GmbH und einem Dritten den Geschäftsführer grundsätzlich nicht berühren. § 43 Abs. 2 GmbHG enthalte daher den für die Verantwortlichkeit in der GmbH prägenden Grundsatz der Haftungskonzentration. Der Geschäftsführer sei hiernach lediglich verpflichtet, für ein rechtmäßiges Verhalten der Gesellschaft in ihren Außenbeziehungen zu sorgen. Verletzte er diese Pflicht, so hafte er grundsätzlich nicht den Vertragspartnern der Gesellschaft. Denn die schuldhafte Pflichtverletzung werde allein dem Adressaten der Pflicht, also der Gesellschaft zugerechnet. Organschaftliche Pflichtverletzungen führten danach prinzipiell nur zu einer Innenhaftung des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft, nicht jedoch zu einer Haftung im Außenverhältnis gegenüber dem Gläubiger. Eine Außenhaftung des Geschäftsführers komme vor diesem Hintergrund nur in äußerst begrenztem Umfang und nur aufgrund besonderer Anspruchsgrundlagen in Betracht. Eine Durchbrechung des Grundsatzes der Haftungskonzentration komme im streitgegenständlichen Fall auch nicht wegen der Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 BGB in Betracht. Er habe gegenüber der Klägerin zu keinem Zeitpunkt zum Ausdruck gebracht, persönlich für die Seriosität der Gesellschaft und des Geschäfts einstehen zu wollen. Die Klägerin habe nicht dargelegt, inwieweit er in seiner Eigenschaft als Sanierungsgeschäftsführer ihr gegenüber ein über das normale Verhandlungsvertrauen deutlich hinausgehendes Vertrauen für sich in Anspruch genommen habe. Eine doppelt analoge Anwendung der §§ 60, 61 InsO auf den Geschäftsührer scheide aus. Hierfür fehle es sowohl an einer planwidrigen Regelungslücke als auch einer Vergleichbarkeit des Geschäftsführers mit dem Insolvenzverwalter. Es sei der bewussten Entscheidung des Gesetzgebers geschuldet, dass der Schuldner bzw. seine Organe in der Eigenverwaltung nicht nach § 61 InsO haften. Diese bewusste gesetzgeberische Entscheidung dürfe nicht durch eine doppelte Analogie durchbrochen werden, die im Ergebnis eine unzulässige Rechtsfortbildung contra legem darstellen würde. Entgegen der pauschalen Behauptung der Klägerin sei die Erstellung des Finanzplans in jeder Hinsicht beanstandungsfrei erfolgt. Im Übrigen hätten sowohl der Sachwalter der Schuldnerin als auch der Gläubigerausschuss die Bestellungen einstimmig genehmigt.

Wegen des weitergehenden Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien zu den Akten gereichten Urkunden Bezug genommen.

Aus den Gründen

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf eine Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO und die der Entscheidung gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung, § 513 ZPO.

1.

Der Klägerin steht kein Erfüllungsanspruch aus dem mit der Insolvenzschuldnerin geschlossenen Vertrag gegen den Beklagten zu.

Zur Erfüllung vertraglicher Pflichten ist die Gesellschaft verpflichtet, nicht der Geschäftsführer, der als deren Vertreter einen Vertrag abgeschlossen hat, § 311 Abs. 1 BGB. Etwas anderes kann sich dann ergeben, wenn der Geschäftsführer eigene Erklärungen bezüglich seiner Einstandspflicht abgegeben hat. Als solche kommen neben einem Schuldbeitritt das Garantieversprechen, ein Schuldversprechen, ein Schuldanerkenntnis oder eine Bürgschaft in Betracht. Dass der Beklagte eine eigene vertragliche Verpflichtungserklärung hinsichtlich des Auftrages vom 09.12.2014 abgegeben hätte, ergibt sich auch nach dem Vorbringen der Klägerin nicht.

2.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 87.120,49 € gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 BGB.

a)

Grundsätzlich ist – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – die Haftung des Geschäftsführers einer GmbH auf das Innenverhältnis zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft nach § 43 Abs. 2 GmbHG beschränkt. § 43 Abs. 2 GmbHG ist als reine Innenhaftung ausgestaltet, die nur ausnahmsweise von Haftungsnormen ergänzt wird, welche eine Außenhaftung auslösen (Skauratszun/Spahlinger, DB 2015, 2559, 2561).

b)

Die Vorschrift des § 311 Abs. 3 BGB regelt die sogenannte Eigenhaftung Dritter. Danach kann ein Schuldverhältnis mit den Leistunspflichten des § 241 Abs. 2 BGB auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte im besonderen Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlung oder den Vertragsabschluss erheblich beeinflusst. (Emmerich/Münchner Kommentar, BGB, 7. Aufl. 2016, § 311 Rn. 172). Die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 311 Abs. 3 in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB richten sich nach den Grundsätzen, die die Rechtsprechung für die sogenannte Sachwalterhaftung aufgestellt hat. Danach sind Sachwalter und Vertreter in der Regel nur aus Delikt in Anspruch zu nehmen (vgl. BGH 4. Juli 1983, II ZR 220/82, BGHZ 88, 67). Ausnahmsweise kann ein Sachwalter auch persönlich wegen Verschuldens bei Vertragsschluss in Anspruch genommen werden, wenn er die Verhandlungen oder den Vertragsschluss in unmittelbarem eigenen wirtschaftlichen Interesse herbeigeführt oder dadurch, dass er ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat, erheblich beeinflusst hat (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 1990 - XI ZR 206/88 -; 24. Mai 2005 - IX ZR 114/01 -).

aa)

Ein eigenes unmittelbares wirtschaftliches Interesse der Beklagten als Geschäftsführer an dem Zustandekommen des Geschäfts mit der Klägerin ergibt sich nicht. Der Beklagte war nicht der wirtschaftliche Herr des Geschäfts, der eigentlich wirtschaftliche Interessenträger. Das Interesse des Geschäftsführers am Erfolg des Unternehmens begründet allein keine Eigenhaftung, insoweit handelt es sich um mittelbares Interesse, das für eine Haftungsbegründung nicht ausreicht (BGH, Urteil vom 27. März 1995, II ZR 136/94, NJW 1995, 1544; BAG, Urteil vom 20.03.2014, 8 AZR 45/13, NJW 2014, 2669 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

bb)

Eine Haftung des Beklagten wegen der Inanspruchnahme besonderen Vertrauens ergibt sich ebenfalls nicht. Dass der Beklagte als Geschäftsführer im Rahmen der Eigenverwaltung tätig war und dass er als Sanierungsexperte bereits vor seiner Bestellung zum Geschäftsführer tätig war, rechtfertigt nicht die Annahme eines besonderen Vertrauens zur Erfüllung der vertraglichen Pflichten aus dem Kaufvertrag. Dass der Geschäftsführer eines Unternehmens sachkundig ist, kann der Geschäftspartner ohnehin erwarten. Grundsätzlich ist das dem Geschäftsführer entgegen gebrachte Vertrauen der Gesellschaft zuzurechnen. Der Geschäftspartner vertraut, dass die Gesellschaft ihre Verpflichtung erfüllt. Dies ändert sich nicht dadurch, dass die Gesellschaft sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet. Die Anordnung der Eigenverwaltung und der Umstand, dass der Beklagte den Insolvenzplan mit erstellt hat, haben an diesem Grundsatz ebenfalls nichts geändert. Die Klägerin als Geschäftspartnerin der Gesellschaft hat darauf vertraut, dass die Gesellschaft ihre vertraglichen Verpflichtungen weiterhin erfüllen wird und ihre Ansprüche von dieser befriedigt werden. Von einem persönlichen Vertrauen des Geschäftsführers lässt sich nur sprechen, wenn der Vertreter beim Verhandlungspartner ein zusätzliches, von ihm selbst ausgehendes Vertrauen auf die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Erklärungen hervorgerufen hat (BGH Urteil vom 20.09.1993, II ZR 292/91, NJW 1993, 2931 m. w. Nachw.). Selbst derjenige, der als Vertreter eines anderen auf seine besondere Sachkunde hinweist, wirbt noch nicht ohne weiteres für sich selbst. Grundsätzlich ist auch dann das dem sachkundigen Vertreter entgegen gebrachte Vertrauen dem Geschäftsherrn zuzuordnen (BGH, Urt. v. 19.02.1990 – II ZR 41/89 -, NJW – RR 1990, 614, 615). Es ist seitens der Klägerin schon nicht dargetan, dass der Beklagte ihr gegenüber als Sanierungsgeschäftsführer und vertrauenswürdiger Ersteller des Insolvenzplans aufgetreten wäre. Sie trägt keine Anhaltspunkte dafür vor, dass gerade die Person des Beklagten sie zu dem Vertragsschluss veranlasst hätte und sie wegen der Kompetenz des Beklagten auf eine erfolgreiche Sanierung und die Erfüllung der Verbindlichkeit der Gesellschaft ausgegangen wäre. Sie schildert kein Verhalten des Beklagten, das über das eines regelmäßig tätig werdenden Geschäftsführers hinausginge.

3.

Der Beklagte haftet der Klägerin auch nicht gemäß der Regelungen der §§ 60, 61 InsO analog.

Der Insolvenzverwalter ist gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 InsO allen Beteiligten zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen. Haftungsbegründend ist nur die Verletzung solcher Pflichten, die dem Insolvenzverwalter in dieser Eigenschaft durch die Vorschriften der Insolvenzordnung übertragen sind. Damit soll der Gefahr einer Ausuferung der Haftung des Insolvenzverwalters vorgebeugt werden (BT-Drs. 12/2443, 129, BGH Urteil vom 14.04.2016, IX ZR 161/15, DStR 2016, 1764). Nach § 61 InsO ist der Insolvenzverwalter zum Schadensersatz verpflichtet, wenn eine Masseverbindlichkeit, die durch seine Rechtshandlung entstanden ist, nicht erfüllt werden kann. Gemäß § 274 InsO ordnet das Gesetz hinsichtlich des § 60 InsO eine analoge Anwendung an, d.h. auch der Sachwalter in der Eigenverwaltung kann sich wegen Verstoßes gegen die insolvenzrechtlichen Pflichten haftbar machen. Diesbezüglich hat sich der Gesetzgeber hingegen dafür entschieden, eine analoge Anwendung des § 61 InsO, d.h. der Haftung für die Nichterfüllung von Masseverbindlichkeiten, nicht anzunehmen.

a)

Für eine Analogie der Haftung des Insolvenzverwalters bzw. des Sachwalters auf eine Haftung des Sanierungsgeschäftsführers  fehlt es schon an einer unbeabsichtigten Gesetzeslücke. Insoweit ist vorab klarzustellen, dass eine Haftung des Beklagten nur durch eine doppelte Analogie in Betracht käme. Die Regelungen der §§ 60, 61 InsO sollen nach dem Verständnis der Klägerin auf den Schuldner, das ist die A GmbH & Co. KG, analog angewandt werden und gemäß einer weiteren Analogie soll der für die Gesellschaft handelnde Geschäftsführer haftungsmäßig erfasst werden. Der Gesetzgeber hat die grundsätzliche Problematik der Haftung in der Eigenverwaltung sehr wohl gesehen und eine im Vergleich zur Haftung des Insolvenzverwalters auf § 60 InsO analog begrenzte Haftung des Sachwalters statuiert. Die Nichtanwendung des § 61 InsO auf den Sachwalter erfolgte dabei bewusst, weil der Schuldner verwaltungs- und verfügungsbefugt bleibt und damit bei der Begründung von Masseverbindlichkeiten grundsätzlich frei ist, so dass den Sachwalter keine Mitverantwortung trifft (Münchner Kommentar/Tetzlaff/Kern, InsO, 3. Auflage 2014  § 274 Rn. 72). Angesichts dieser gesetzgeberischen Entscheidung für eine ausdrücklich auf den Insolvenzverwalter und den Sachwalter begrenzte Haftung, ergibt sich nicht, dass planwidrig eine Haftung des (Sanierungs-)Geschäftsführers einer die Eigenverwaltung durchführenden GmbH übersehen wurde und eine Ausnahme von der grundsätzlichen Haftungsentscheidung des § 43 GmbHG getroffen worden wäre (vgl. auch Bachmann, Organhaftung in der Eigenverwaltung, ZIP 2015, 101, 105, 108). Im Bewusstsein der Gefahr gläubigerschädlichen Verhaltens des Schuldners, setzt der Gesetzgeber auf das Gelingen der Eigenverwaltung (BT Drs 17/5712 S. 38). Er ordnete wiederholt, weder zu den §§ 270 noch zu den §§ 270 f InsO, haftungsrechtlichen Konsequenzen an, das heißt er will solche nicht gezogen wissen und nimmt die damit verbundenen Risiken in Kauf (Uhlenbruck/Zipperer InsO § 270 Rn. 17-18; Skauradszun, Die Haftung des Geschäftsführers in der Eigenverwaltung, DB 2015, 2559, 2562).

b)

Auch wenn man davon ausgeht, dass der eigenverwaltende Schuldner eine Art der „Amtswalterstellung“ einnimmt, rechtfertigt sich eine analoge Anwendung der für den Insolvenzverwalter und den Sachwalter konzipierten Haftungsvorschriften nicht. Es wird die Auffassung vertreten, dass der Schuldner bzw. das Schuldnerunternehmen in der Eigenverwaltung nicht mehr kraft eigener Privatautonomie handeln, sondern sie die ihnen durch einen Konstitutivakt zugewiesenen Befugnisse als Amtswalter innerhalb der in den §§ 270 ff InsO geregelten Rechte und Pflichten ausüben, die sie am Ziel der gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger auszurichten haben (Uhlenbruck/Zipperer InsO § 270 Rn. 12 sowie 29-32). Eine Amtswalterfunktion hat aber auch bei diesem Ansatz die Gesellschaft, ohne dass sich allein daraus ein haftungsrechtlicher Durchgriff auf den Geschäftsführer rechtfertigen ließe. Wie gerade die gesetzgeberische Entscheidung zeigt, wonach § 61 InsO für den Sachwalter unanwendbar ist, sollen die im Rahmen der Eigenverwaltung abgeschlossenen Geschäfte keine zusätzlichen Haftungsrisiken im Rahmen der Eigenverwaltung erzeugen. Bei Abschluss der Verträge handelt der Geschäftsführer als Geschäftsführer, nicht als eigenständiger Amtswalter, so dass es bei den Haftungsgrundlagen nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften und den Regelungen des § 43 GmbHG verbleibt. Die im Schriftsatz der Klägerin vom 10.07.2017 vorgetragenen ergänzenden Gesichtspunkte rechtfertigen daher kein anderes Ergebnis.

c)

Die Auffassung, die sich für eine Haftung des Geschäftsführers in der Eigenverwaltung ausspricht (Münchner Kommentar/Tetzlaff, InsO, 3. Auflage 2014  § 270 Rn. 172-180) bejaht dies ergebnisorientiert, weil nur so ein leichtfertiges Handeln des Geschäftsführers vermieden werden könne (vgl. auch Hamburger Kommentar /Fiebig, InsO, 5. Auflage 2015, § 270 Rn. 43). Diese Prämisse erscheint nicht überzeugend angesichts möglicher Haftungsfolgen nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften einschließlich der Vorschriften der unerlaubten Handlung und der möglichen Haftung gegenüber der Gesellschaft. Denn eine schuldhaft fehlerhafte Geschäftsführung, die zu einer Verminderung der Masse führt, wird man als Schaden der Gesellschaft ansehen können, was eine Schadenersatzpflicht der verantwortlichen Organe gegenüber der Gesellschaft zur Folge hat (so auch Landfermann in: Kayser/Thole, Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 8. Aufl. 2016, § 270 Voraussetzungen, Rn. 32; Lutter/Hommelhoff/ Kleindiek, GmbH-Gesetz Kommentar, 19. Auflage 2016, § 43 Rn. 39; Brinkmann, Haftungsrisiken im Schutzschirmverfahren und in der Eigenverwaltung, DB 2012, 1369).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind im Hinblick auf die streitige Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Geschäftsführer einer GmbH als Sanierungsgeschäftsführer für Rechtsgeschäfte während der Eigenverwaltung der Insolvenzschuldnerin haftet, erfüllt.

Streitwert: 87.120,49 €

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