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Wirtschaftsrecht
28.01.2016
Wirtschaftsrecht
OLG Dresden: Keine Möglichkeit der Anwendung des neuen SchVG auf „Altanleihen“ nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

 

OLG Dresden, Urteil vom 9.12.2015 – 13 U 223/15

 

Nicht amtliche Leitsatze

 

Ist über das Vermögen eines Schuldners einer Anleihe, die dem Schuldverschreibungsgesetz von 1899 unterliegt, das Insolvenzverfahren eröffnet, ist ein Beschluss der Anleihegläubiger, der auf Anwendung des Schuldverschreibungsgesetzes auf diese Anleihe gerichtet ist, nicht statthaft.

 

SchVG § 19, § 20 Abs. 1 S. 1, § 24 Abs. 2

 

Sachverhalt

 

I.

 

Der Kläger macht die Anfechtbarkeit bzw. Nichtigkeit des Beschlusses über die Bestimmung eines gemeinsamen Vertreters für Schuldverschreibungsgläubiger geltend.

 

Der Kläger erwarb von der A KGaA (künftig: Schuldnerin) eine am 08.01.2007 ausgestellte Orderschuldverschreibung (künftig: OSV) der Orderschuldverschreibungstranche F in Höhe von 7.000,00 €. Die Orderschuldverschreibungstranche setzt sich aus insgesamt fünf Anlegern zusammen. Über das Vermögen der Anleiheschuldnerin, die OSV an rund 25.000 Gläubiger ausgegeben hatte, wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Dresden […]am 01.04.2014 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Beklagte wurde zum Verwalter bestellt.

 

Mit Beschluss vom 02.04.2014 […] berief das Insolvenzgericht Versammlungen aller OSV-Gläubiger für den 13.05.2014 ein. Mit Beschluss vom 04.07.2014 , der im Internet unter www.insolvenzbekanntmachungen.de veröffentlicht wurde, bestimmte das Insolvenzgericht Termin zur Fortsetzung des Termins Ober die Beschlussfassungen der OSV-Gläubiger der hier gege[n]ständlichen OSV-Tranche auf den _ _. In dieser Versammlung wurden drei der Anleger durch Rechtsanwalt B und der Kläger durch Rechtsanwältin C vertreten. Die OSV-Gläubiger beschlossen zunächst, für die Anwendung des Schuldverschreibungsgesetzes 2009 zu optieren. Sodann wurde mit den drei Stimmen der von Rechtsanwalt B vertretenen Anleger gegen eine Gegenstimme Rechtsanwalt B zum gemeinsamen Vertreter der Gläubiger dieser Serie bestellt. Weder das Protokoll über die OSV-Gläubigerversammlung vom 22.07.2014 noch die gefassten Beschlüsse wurden notariell beurkundet.

 

Im Übrigen wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

 

Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter.

 

Der Kläger meint, sofern zur Anwendbarkeit des Schuldverschreibungsgesetzes 2009 wirksam habe optiert werden können, sei die Anfechtungsklage nach § 20 SchVG 2009 (künftig: SchVG) zulässig. Diese speziellere Regelung gehe der Anwendbarkeit der Insolvenzordnung über die Generalklausel des § 19 Abs. 1 SchVG vor. Für die einberufene Schuldverschreibungsgläubigerversammlung sei das Schuldverschreibungsgesetz 2009 anwendbar. Eine analoge Anwendung von § 78 lnsO komme nicht in Betracht.

 

Der Beklagte sei als Partei kraft Amtes passivlegitimiert. Im Übrigen sei dies keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage. Die Masse sei entgegen der Auffassung des Landgerichts von der Beschlussanfechtung betroffen, da sie infolge der Bestellung des gemeinsamen Vertreters mit einer Verbindlichkeit belastet worden sei.

 

Die von Rechtsanwalt B abgegebenen Stimmen seien unwirksam, da die ihm erteilten Vollmachten sittenwidrig seien. Auch lägen Verstöße gegen §§ 43b und 49b BRAO sowie gegen §§ 12 Abs. 2, 17 Abs. 1 und 16 Abs. 3 Satz 1 SchVG vor. Die Anleger seien vom Beklagten über ihre Rechte unzureichend und falsch informiert worden.

 

Sofern keine wirksame Option zum Schuldverschreibungsgesetz 2009 vorläge, wäre der Beschluss im Wege der Nichtigkeitsfeststellungsklage für nichtig zu erklären. Es wäre kein gemeinsamer Vertreter bestellt worden, da hierfür gemäß § 14 Abs. 2, § 11 Abs. 2 SchVG 1899 eine Mehrheit von 75 % des vertretenen Kapitals erforderlich gewesen wäre.

 

Der Kläger beantragt zuletzt:

 

I. Das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 16.01.2015, Az.: 2 HKO 2542/14, wird aufgehoben und wie folgt erkannt:

 

1. Der Beschluss der Orderschuldverschreibungsgläubiger der Orderschuldverschreibungstranche F emittiert von der A KG aA) vom … der vom Amtsgericht/Insolvenzgericht Dresden […] am 28.07.2014 unter (www.insolvenzbekanntmachungen.de) veröffentlicht wurde und mit welchem F zum gemeinsamen Vertreter bestellt wurde, wird für nichtig erklärt.

 

Hilfsweise beantragt er: Es wird festgestellt, dass der vorgenannte Beschluss nichtig ist.

 

Der Beklagte und seine Streithelfer beantragen,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und meinen, nach Einberufung der Versammlung durch das Insolvenzgericht gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG richte sich das weitere Vorgehen ausschließlich nach der lnsolvenzordnung. Dies gelte auch für gegen Beschlüsse der Gläubigerversammlung gerichtete Rechtsbehelfe.

 

Der Beklagte hält sich für nicht passivlegitimiert, da sich die Anfechtungsklage nicht masseschmälernd auswirke.

 

§ 24 Abs. 2 SchVG erlaube, durch Mehrheitsbeschluss für die Anwendung des Schuldverschreibungsgesetzes 2009 in seiner Gesamtheit zu beschließen. Auch im Fall der Insolvenz des Emittenten sei dies möglich. Daher sei die zugleich erhobene Nichtigkeitsklage nicht statthaft. Einer allgemeinen Feststellungsklage fehle es an Vortrag zu konkreten, auf den hiesigen Kläger bezogenen Auswirkungen der von der Klagepartei erhobenen inhaltlichen Anwürfe. Es mangele daher am Feststellungsinteresse.

 

Mit Schriftsätzen vom 06.07.2015 und 09.09.2015 hat … in eigener Person und als gemeinsamer Vertreter für die Orderschuldverschreibungsgesamtemission [...] - 29.12.2006 der A KGaA den Beitritt zum Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten erklärt. Dem Beitritt von R in eigener Person ist der Kläger mit Schriftsatz vom 16.07.2015 entgegengetreten. Er meint, R habe kein Interventionsinteresse. Die Interventionsschrift erfülle nicht die formalen Voraussetzungen, da insbesondere das rechtliche Interesse nicht glaubhaft gemacht sei. Auch im Übrigen entspreche der Schriftsatz vom 06.07.2015 nicht den Anforderungen.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die eingereichten Schriftsatze Bezug genommen.

 

Aus den Gründen

 

II.

 

Die Ausführungen des Klägers, mit denen er sich gegen die Zulässigkeit des Beitritts von Rechtsanwalt B in eigener Person gewandt hat, ist als Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention nach § 71 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu verstehen. Daher ist über die Zulässigkeit dieser Nebenintervention durch Zwischenurteil zu entscheiden, das mit der Entscheidung über die Berufung verbunden werden kann (BGH, Urteil vom 11.02.1982 - III ZR 184/80, Rn. 9, zitiert nach juris). Hinsichtlich der Nebenintervention von Rechtsanwalt B als gemeinsamer Vertreter liegt hingegen ein Antrag nach § 71 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht vor, so dass es einer Entscheidung über die Zulässigkeit dieses Beitritts nicht bedarf.

 

Die Nebenintervention von Rechtsanwalt B ist zulässig. Sein Interventionsinteresse folgt daraus, dass der streitgegenständliche Beschluss über seine Bestellung als gemeinsamer Vertreter ihn unmittelbar betrifft. Seine eigenen Rechte und Pflichten, die sich aus der Bestellung als gemeinsamer Vertreter ergeben, hängen maßgeblich von der Wirksamkeit des angegriffenen Beschlusses ab (vgl. BGH, Beschluss vom 28.04.2015 -II ZB 19/14, Rn. 19, zitiert nach juris). Ein rechtliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits kann ihm daher nicht abgesprochen werden. Einer weiteren Glaubhaftmachung bedurfte es insoweit wegen der Offensichtlichkeit des Interesses nicht. Auch im Übrigen entspricht der Beitritt den formalen Anforderungen des § 70 ZPO. Ein Rechtsmissbrauch des Interventionsrechts kann nicht allein darin gesehen werden, dass der Beitritt erst relativ spät im Verfahren erfolgt ist.

 

III.

 

Die Berufung des Klägers hat mit dem Hilfsantrag Erfolg.

 

1. Die Anfechtungsklage nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SchVG ist nicht statthaft, da die Vorschriften des Schuldverschreibungsgesetzes 2009 auf die vom Kläger erworbenen Schuldverschreibungen nicht anwendbar sind.

 

Die Schuldverschreibung, die der Kläger von der Schuldnerin erwarb, wurde vor dem 05.08.2009 ausgegeben, so dass nach § 24 Abs. 1 SchVG weiterhin das Schuldverschreibungsgesetz 1899 anzuwenden ist.

 

Allerdings eröffnet § 24 Abs. 2 SchVG die Möglichkeit durch Mehrheitsbeschluss der Gläubiger mit Zustimmung des Schuldners für die Anwendung des Schuldverschreibungsgesetzes 2009 zu optieren. Tatsächlich fassten die Gläubiger am 22.07.2014 einen solchen Opt-in-Beschluss. Insoweit genügt ein Beschluss mit dem Inhalt, dass das neue Recht insgesamt gelten soll (Verannemann, SchVG, § 24 Rn. 7; Dippel/Preuße in: Preuße, SchVG, § 24 Rn. 8; Hartwig-Jacob/Friedl in: Frankfurter Kommentar zum SchVG. § 24 Rn. 14; Bliesener/Schneider in: L/B/S, Bankrechtskommentar, Kap. 12. § 24 SchVG Rn. 9). Der Beklagte hat für die Schuldnerin die Zustimmung erteilt, zudem auch Herr Biehl als Vertretungsorgan der Schuldnerin. Dessen Zustimmung als persönlich haftender Gesellschafter war allerdings nicht erforderlich, da er als solcher nicht Schuldner der Schuldverschreibung ist.

 

Die Möglichkeit des Opt-in war den Anleihegläubigern indes nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr eröffnet. ln Rechtsprechung und Literatur wird dies, soweit ersichtlich, nicht diskutiert. Einhellig wird allerdings davon ausgegangen, dass auf den Beschluss nach § 24 Abs. 2 SchVG die §§ 5 bis 21 SchVG anzuwenden sind (Paul in: Berliner Kommentar zur lnsO, § 24 SchVG Rn. 4; Hartwig-Jacob/Friedl in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 24 Rn. 15; Dippel/Preuße in: Preuße, SchVG, § 24 Rn. 9; Verannemann, SchVG, § 24 Rn. 9). Damit unterliegt der Beschluss nach§ 19 Abs. 1 SchVG nach Eröffnung des lnsolvenzverfahrens den Bestimmungen der lnsolvenzordnung.

 

Dies hat zur Folge, dass die Anleihegläubiger nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr für die Anwendung des neuen Rechts votieren können. ln der Gesetzesbegründung ist zu § 19 SchVG ausgeführt, dass die Vorschriften der Insolvenzordnung in ihrem Anwendungsbereich den Vorschriften des Schuldverschreibungsgesetzes 2009 im Grundsatz vorgehen und die Anleihegläubiger nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SchVG nur (Hervorhebung durch den Senat) befugt sind, durch Mehrheitsbeschluss einen gemeinsamen Vertreter für alle Gläubiger zu bestellen (BT-Drs 16/12814 S. 25). Die Anleihegläubiger sind damit im Insolvenzverfahren abgesehen von der Bestellung eines gemeinsamen Vertreters bei ihren Beschlussfassungen auch inhaltlich auf die Möglichkeiten beschränkt, die die Insolvenzordnung bietet. So geht die wohl deutlich überwiegende Literatur davon aus, dass weitere im Schuldverschreibungsgesetz vorgesehene Mehrheitsentscheidungen, insbesondere über eine Änderung der Anleihebedingungen, nicht mehr zulässig sind (Verannemann/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 14; Scherber in: Preuße, SchVG, § 19 Rn. 28; Friedl in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 36; Bliesener/Schneider in: L/B/S, Bankrechtskommentar, Kap. 12, § 19 SchVG Rn. 18; Thole, ZIP 2014, 293, 296 Horn, BKR 2014, 449, 451; a. A. Paul in: Berliner Kommentar zur lnsO, § 19 SchVG Rn. 20). Gesteht das Schuldverschreibungsgesetz 2009 den Anleihegläubigern nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aber ausschließlich die Befugnis zu, einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen, steht ihnen die Optierung für die Anwendung des neuen Rechts nicht zur Verfügung. Durchgreifende Interessen der Altanleihegläublger, die gegen ein solches Verständnis sprechen könnten, sind - trotz der gegenüber dem bisherigen Recht neu geschaffenen Regelung zur Beschlussanfechtung in § 20 SchVG - nicht ersichtlich.

 

2. Als Rechtsbehelf gegen den Beschluss der Gläubigerversammlung steht dem Kläger die allgemeine Feststellungsklage zur Verfügung. Eine solche hat er hilfsweise erhoben. Zwar lässt sich der Klageschrift keine Begründung für den Hilfsantrag entnehmen. ln der Replik findet sich aber der Hinweis auf eine Nichtigkeitsklage für den Fall, dass das Schuldverschreibungsgesetz 2009 nicht anwendbar sei (GA 68, 75). Die hierin liegende Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO hat Erfolg.

 

a) Die allgemeine Feststellungsklage wird nicht durch einen spezielleren Rechtsbehelf verdrängt.

 

aa) Das Schuldverschreibungsgesetz 1899 sieht keinen eigenen Rechtsbehelf gegen Gläubigerbeschlüsse vor.

 

bb) Eine entsprechende Anwendung von § 78 InsO kommt nicht in Betracht.

 

Im Geltungsbereich des Schuldverschreibungsgesetzes 2009 wird in Teilen der Literatur eine Beschlusskontrolle nach § 78 lnsO befürwortet (L/B/S, Bankrechtskommentar, Kap. 12, § 19 SchVG Rn. 19; Preuße, SchVG, § 19 Rn. 31). Die dort angeführten Gründe treffen auf das alte Recht indes nicht zu. Anders als im neuen Recht sieht das Schuldverschreibungsgesetz 1899 keinen Vorrang des Insolvenzrechts vor. § 18 SchVG 1899 trifft für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur einzelne besondere Regelungen in Ansehung der Schuldverschreibungsgläubigerversammlung. Im Übrigen gelten für diese aber weiterhin die Vorschriften des Schuldverschreibungsgesetzes 1899 (vgl. Penzlin/Klerx, ZinsO 2004, 311, 312). Auch die Vollziehungssperre des § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG 2009 hat im Schuldverschreibungsgesetz 1899 keine Entsprechung, so dass die Anwendung von§ 78 lnsO zur Vermeidung einer solchen Sperre nicht erforderlich ist.

 

b) Offenbleiben kann, ob das Landgericht sachlich zuständig war, obwohl der Streitwert 5.000,00 € nicht übersteigt. Der Überprüfung der Zuständigkeit im Berufungsverfahren steht zwar § 513 Abs. 2 ZPO nicht entgegen, da das Landgericht seine Zuständigkeit nicht bejaht hat. Indem es eine allgemeine Anfechtungsklage mangels Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig angesehen hat, hat es nicht etwa konkludent zum Ausdruck gebracht, sich für zuständig zu halten. Der Beklagte hat indes die Unzuständigkeit ausdrücklich nicht geltend gemacht, so dass die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nach § 39 Satz 1 ZPO begründet ist.

 

c) Der Kläger hat das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellung der Unwirksamkeit der Bestellung eines gemeinsamen Vertreters, da dieser als auch für ihn handelnd angesehen wird.

 

d) Der Beklagte ist passivlegitimiert.

 

Die Unwirksamkeit eines Beschlusses kann gegenüber demjenigen geltend gemacht werden, der sich auf die Wirksamkeit des Beschlusses beruft. Da der Beklagte Rechtsanwalt B ersichtlich als gemeinsamen Vertreter der Gläubiger der Schuldverschreibungstranche ansieht, ist er der richtige Beklagte.

 

Dem steht auch eine analoge Anwendung von § 249 AktG nicht entgegen. Eine solche wird, soweit ersichtlich, für das Schuldverschreibungsgesetz 1899 ohnehin nicht vertreten. Der Beklagte wäre aber auch dann richtige Partei. Analog § 249 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 246 Abs. 2 AktG wäre die Klage gegen den Schuldner zur richten. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Verwalter der richtige Beklagte, da von der Bestellung eines gemeinsamen Vertreters die Masse zweifellos betroffen ist.

 

e) Der Beschluss, durch den F zum gemeinsamen Vertreter bestellt wurde, ist unwirksam, da die OSV-Gläubigerversammlung vom 22.07.2014, in der der Beschluss gefasst wurde, nicht ordnungsgemäß einberufen war.

 

Die Gläubigerversammlung vom 13.05.2014 wurde zwar in Übereinstimmung mit § 6 Abs. 1 SchVG 1899 einberufen. Der Beschluss wurde am 07.04.2014 und 09.04.2014 im E-Bundesanzeiger bekanntgemacht. Für die maßgebliche Versammlung vom 22.07.2014 wurden die Vorschriften über die Berufung der Gläubigerversammlung hingegen nicht eingehalten. Der Beschluss des Insolvenzgerichts wurde lediglich einmal im Internet unter www.insolvenzbekanntmachungen.de veröffentlicht, nicht hingegen im Bundesanzeiger bekanntgemacht, was nach § 6 Abs. 1 SchVG 1899 sogar zweimal hätte erfolgen müssen. Da im Bereich des hier anzuwendenen Schuldverschreibungsgesetzes 1899 die Vorschriften der Insolvenzordnung auf die Gläubigerversammlung nicht anwendbar sind, genügte die Veröffentlichung unter www.insolvenzbekanntmachungen.de nicht. Die Einberufung erfolgte daher nicht ordnungsgemäß. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass das Insolvenzgericht den Termin vom  … als Fortsetzungstermin der Versammlung vom 13.05.2014 bezeichnete. Dies änderte nichts an dem Erfordernis, den Termin der Fortsetzung gesetzmäßig nach § 6 Abs. 1 SchVG 1899 bekanntzumachen. § 74 Abs. 2 Satz 2 lnsO findet weder unmittelbare noch entsprechende Anwendung. Ohnehin kommt in dem Protokoll der Versammlung vom 13.05.2014 nicht der Wille zum Ausdruck, die Versammlung nur zu vertagen. Vielmehr ist dort ausdrücklich festgehalten, dass die Versammlung nicht fortgesetzt und ein neuer Termin von Amts wegen bestimmt werden wird.

 

III.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711, § 709 Satz 2 ZPO.

 

Die Revision war zuzulassen, da die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Die Frage, ob die Gläubiger von nach dem Schuldverschreibungsgesetz 1899 ausgegebenen Schuldverschreibungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldverschreibungsschuldners noch gemäß § 24 Abs. 2 SchVG für die Anwendung des neuen Schuldverschreibungsrechts optieren können, ist in Rechtsprechung und Literatur nicht geklärt. Es ist davon auszugehen, dass sich die Problematik noch in einer Vielzahl von Fällen stellen wird.

 

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