OLG München: Keine Heilung eines fehlerhaften Umwandlungsbeschlusses durch Eintragung im Handelsregister
OLG München, Urteil vom 14.4.2010 - 7 U 5167/09
Leitsatz:
Die Eintragung des Umwandlungsbeschlusses im Handelsregister entfaltet keine Heilungswirkung in Bezug auf fehlerhafte Rechtshandlungen im Zusammenhang mit der Beschlussfassung über die Umwandlung. Die Wirkung des Bestandsschutzes nach § 202 Abs. 3 UmwG steht einer richterlichen Klärung der Wirksamkeit des der Umwandlung zu Grunde liegenden Gesellschafterbeschlusses durch Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage nicht entgegen.
Sachverhalt
I. Die Parteien streiten über die Frage der Nichtigkeit eines Umwandlungsbeschlusses.
Der Kläger war ursprünglich Alleingesellschafter der M. GmbH. Er übertrug im Mai 2008 seine Geschäftsanteile über 76 % an F., den Streithelfer und Berufungsführer im Berufungsverfahren. Über die Rechtswirksamkeit der Übertragung schwebt zwischen den Parteien ein Rechtsstreit.
Durch mittlerweile rechtskräftige Entscheidung des Landgerichts München I vom 20.01.2009 wurde ein Beschluss der Gesellschafterversammlung der M. GmbH vom 24.09.2008, in dem die Gesellschaftsanteile des Klägers aus wichtigem Grund eingezogen worden waren, für nichtig erklärt.
Am 21.10.2008 fasste die Gesellschafterversammlung der M. GmbH den im vorliegenden Verfahren vom Kläger angegriffenen Beschluss zur Umwandlung der GmbH in die heutige Rechtsform einer GmbH und Co. KG. Die Umwandlung wurde am 07.11.2008 in das Handelsregister des Amtsgerichts München unter HRA ... eingetragen.
Zur Gesellschafterversammlung vom 21.10.2008 war der Kläger nicht geladen worden und erfuhr erst am 24.11.2008 von dieser Beschlussfassung.
Der Kläger ist der Auffassung, der gefasste Umwandlungsbeschluss sei wegen fehlerhafter Ladung bzw. Nichtladung eines Gesellschafters, hier des Klägers, nichtig.
Der Kläger beantragte daher:
Der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 21.10.2008 gefasste Umwandlungsbeschluss wird für nichtig erklärt.
Die Beklagte beantragte:
Klageabweisung
Sie ist der Ansicht, dem Begehren des Klägers fehle das Rechtsschutzbedürfnis, da der Beschluss durch die Eintragung ins Handelsregister geheilt sei und eine Rückgängigmachung der Umwandlung nicht in Betracht komme.
Das Landgericht hat die zulässige Klage als in vollem Umfang begründet angesehen und den streitgegenständlichen Umwandlungsbeschluss für nichtig erklärt. Es vertrat die Auffassung, dass das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers nicht durch die Eintragung ins Handelsregister entfallen sei, da er zumindest für den Zeitraum zwischen Beschlussfassung und Eintragung Rechtswirkungen habe entfalten können, deren Wirksamkeit mit der Feststellung der Nichtigkeit angegriffen werden könne. Da der Kläger zum Zeitpunkt der Beschlussfassung noch Gesellschafter gewesen sei und er daher zur Gesellschafterversammlung am 21.10.2008 hätte geladen werden müssen, läge ein die Nichtigkeit begründender Ladungsmangel vor.
Hiergegen richten sich die Berufungen des Streithelfers, der erst im Berufungsverfahren dem Rechtsstreit aus Seiten der Beklagten beitrat, und der Beklagten.
Beide halten die Entscheidung des Erstgerichts für fehlerhaft, da sie die Auffassung vertreten, das Landgericht habe die Vorschriften des § 202 Abs. 3 und Abs. 1 Nr. 2 und 3 UmwG übersehen bzw. verkannt. Danach würde ein Mangel der Beschlussfassung durch die Eintragung des neuen Rechtsträgers geheilt. Der ins Handelsregister eingetragene Formwechsel könne nicht mehr rückgängig gemacht werden mit der Folge, dass auch die beantragte Nichtigerklärung ins Leere gehe und der Klage bereits das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Der Kläger sei mit einem Anteil von 24 % Mitgesellschafter der Beklagten in ihrer heutigen Rechtsform.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 20.01.2010 ihren früheren Prozessbevollmächtigten den Streit verkündet und diese aufgefordert auf Seiten der Beklagten dem Rechtsstreit beizutreten. Ein Beitritt erfolgte nicht.
Die Beklagte und der Streithelfer beantragen im Berufungsverfahren:
Unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts München I vom 02.10.2009, Az: 14 HK O 2349/08, wird die Klage abgewiesen.
Der Streithelfer trat mit Schriftsatz vom 06.11.2009 dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten bei und legte Berufung gegen das landgerichtliche Urteil ein.
Der Streithelfer beantragt darüber hinaus im Wege der Zwischenfeststellungswiderklage die Feststellung, dass die Beklagte unter der Firma "M. GmbH & Co. KG" als Kommanditgesellschaft besteht und der Kläger an dieser als Mitgesellschafter beteiligt ist.
Der Kläger beantragt:
I. Die Berufungen der Beklagten und des Streithelfers werden zurückgewiesen.
II. Die Zwischenfeststellungswiderklage des Streithelfers der Beklagten wird abgewiesen.
Er ist der Auffassung, das landgerichtliche Urteil sei zutreffend. Das Erstgericht habe die Norm des § 202 UmwG zutreffend gesehen, eine Heilung des Mangels komme nach § 202 Abs. 3 UmwG nicht in Betracht. Die Zwischenfeststellungswiderklage sei wegen des verspäteten, neuen Sachvortrags zurückzuweisen. Im Übrigen sei sie unbegründet, da der Anteilsinhaber einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückgängigmachung des Formwechsels habe.
Der Senat hat mit den Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14.04.2010 die Sach- und Rechtslage umfassend erörtert. Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen in erster und zweiter Instanz verwiesen.
Aus den Gründen
II. Die zulässigen Berufungen der Beklagten und des Streithelfers erweisen sich als nicht begründet. Der Kläger ist dem Beitritt des Streithelfers nicht entgegen getreten.
Zu Recht hat das Erstgericht den streitgegenständlichen Umwandlungsbeschluss vom 21.10.2008 wegen des Ladungsmangels für nichtig erklärt. Die Beklagte und auch der Streithelfer gehen, wie auch der Kläger, davon aus, dass der Kläger zur Gesellschafterversammlung am 21.10.2008 geladen hätte werden müssen, da er - wie durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts München I festgestellt wurde - zu diesem Zeitpunkt noch Gesellschafter der M. GmbH (zumindest mit einem Gesellschafteranteil von 24 %) gewesen ist. Die unterbliebene Ladung des Klägers als Anteilsinhaber der M. GmbH stellt einen die Nichtigkeit des Beschlusses begründenden Mangel dar, §§ 47, 51 GmbHG i.V.m. §§ 241 Nr. 1 AktG analog (vgl. Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Auflage, § 51 Rdnr. 28 m.w.N.).
Entgegen der von der Beklagten und dem Streithelfer vertretenen Ansicht hat die Eintragung des Umwandlungsbeschlusses im Handelsregister nicht die Folge, dass eine Heilung des Beschlusses dergestalt eintritt, dass Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklagen gegen den zu Grunde liegenden Umwandlungsbeschluss ausgeschlossen sind, weil dessen Mängel geheilt sind. § 202 Abs. 3 UmwG regelt, dass Mängel des Formwechsels die Wirkungen der Eintragung in das Register unberührt lassen. Die Wirkung des Bestandsschutzes nach § 202 Abs. 3 UmwG bzw. der Heilung von Beurkundungsmängeln gem. § 202 Abs.1 Nr 3 UmwG besteht darin, dass die Wirksamkeit des Formwechsels endgültig feststeht (vgl. Lutter, UmwG, 4. Auflage § 202 Rdnr. 60).
Von der Frage der Anfechtbarkeit der Umwandlungsbeschlüsse zu trennen ist die Frage der Bestandsfestigkeit der eingetragenen Umwandlung. Weder eine erfolgreiche Anfechtung von Umwandlungsbeschlüssen wegen eines Rechtsverstoßes bei der Beschlussfassung - wie vorliegend - noch z.B. wegen Missbrauchs des Stimmrechts oder wegen Verstoßes gegen zwingende Vorschriften des Gesellschaftsrechts vermögen die Bestandsfestigkeit der eingetragenen Umwandlung in Frage zu stellen (vgl. Kort in AG 2010, 230). Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen können nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH NJW 2007, 224) auch nach der Eintragung der Umwandlung (fort-) geführt werden. Nach h.M. entfaltet die Eintragung keine "Heilungswirkung" in Bezug auf fehlerhafte Rechtshandlungen im Zusammenhang mit der Umwandlung. Die Registereintragung soll lediglich unabhängig von Beschluss- und Verfahrensmängeln stets bestandsfest sein (vgl. Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, 5. Auflage § 131 Rdnr. 124). Dies hat zur Folge, dass Klagen gegen die Wirksamkeit des Formwechsels (Anfechtungsklagen, Nichtigkeitsklagen oder allgemeine Feststellungsklagen) durch Anteilsinhaber grundsätzlich nicht mehr zur Beseitigung der Wirksamkeit des Formwechsels führen können (vgl. Kallmeyer, UmwG, § 202 Rdnr. 59), ändert aber an der auch nach Eintragung der Umwandlung bestehenden Möglichkeit, die richterliche Klärung der Mangelhaftigkeit des Gesellschafterbeschlusses herbeizuführen, nichts.
Als Konsequenz des umwandlungsrechtlichen Bestandsschutzes, wie ihn § 202 UmwG regelt, ergibt sich, dass abgesehen von extremen Ausnahmefällen die Amtslöschung einer eingetragenen Umwandlung nach §§ 395, 397, 398 FamFG ausscheidet und in den Fällen eines rechtswidrigen, aber bestandsgeschützten Formwechsels die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in Betracht kommt. Ob unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes bei der hier gegebenen Gesellschafterkonstellation die Rückgängigmachung der eingetragenen Umwandlung erreicht werden kann, bedarf keiner Entscheidung.
Die Klage, die darauf gerichtet ist, den streitgegenständlichen Umwandlungsbeschluss für nichtig zu erklären, war daher - wie das Erstgericht zutreffend feststellte- zulässig und begründet. Die hiergegen gerichteten Rechtsmittel der Beklagten und des Streithelfers erweisen sich als nicht erfolgreich.
Die vom Streithelfer im Berufungsverfahren erstmals erhobene Zwischenfeststellungswiderklage ist gem. § 533 Nr. 1, Nr. 2 ZPO nicht zulässig. Der Kläger hat in die Widerklageerhebung nicht eingewilligt. Der Senat hält die Widerklage nicht für sachdienlich, da der entscheidungsreife Rechtsstreit durch die Widerklage verzögert würde. Der Feststellungsantrag geht über die im Berufungsverfahren zu klärende Rechtsfrage hinaus, soweit er auf die Feststellung gerichtet ist, dass der Kläger an der M. GmbH & Co. KG als Mitgesellschafter beteiligt ist.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 100 Abs. 1, 3, 97 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.