BGH: Keine Eintragung des Gewinnabführungsvertrags zwischen zwei GmbH im Handelsregister der Obergesellschaft
BGH, Beschluss vom 31.1.2023 – II ZB 10/22
Volltext: BB-Online BBL2023-641-3
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Amtlicher Leitsatz
Der zwischen zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung bestehende Gewinnabführungsvertrag kann nicht im Handelsregister der Obergesellschaft eingetragen werden.
GmbHG § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3; AktG § 294 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz
Sachverhalt
I.
Die Antragstellerin, eine GmbH, ist alleinige Gesellschafterin der E. GmbH. Beide Gesellschaften schlossen im März 2020 einen Gewinnabführungsvertrag, durch den sich die E. GmbH verpflichtete, ihren gesamten Gewinn an die Antragstellerin abzuführen. Die Gesellschafter der Antragstellerin und der E. GmbH beschlossen im Mai 2020 bzw. Juni 2020 die Zustimmung zum Gewinnabführungsvertrag, der am 5. August 2020 im Handelsregister der E. GmbH eingetragen wurde.
Mit Urkunde vom 9. Juni 2020 hat die Antragstellerin den Gewinnabführungsvertrag zur Eintragung im Handelsregister angemeldet. Das Registergericht hat den Antrag abgelehnt. Die Beschwerde der Antragstellerin hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Eintragungsantrag weiter.
Aus den Gründen
II.
3 Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
4 1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Registergericht habe die Eintragungsfähigkeit des Gewinnabführungsvertrags aus zutreffenden Gründen verneint. Der (isolierte) Gewinnabführungsvertrag überschreite auf Seiten der zur Gewinnabführung verpflichteten Gesellschaft wegen des Eingriffs in das Gewinnbezugsrecht der Gesellschafter gemäß § 29 GmbHG und das Recht der Gesellschafterversammlung zur Entscheidung über die Gewinnverwendung die Grenze zur materiellen Satzungsänderung, mit der Folge, dass er für seine Wirksamkeit entsprechend §§ 53, 54 GmbHG bei ihr der Eintragung im Handelsregister bedürfe. Bei der berechtigten Gesellschaft habe der Gewinnabführungsvertrag jedoch keinen satzungsüberlagernden, ihre rechtliche Grundstruktur verändernden Charakter, so dass kein Grund für die entsprechende Anwendung von § 54 Abs. 3 GmbHG bestehe.
5 Für eine gesetzlich nicht vorgesehene Eintragung bestehe kein Gewohnheitsrecht, auch wenn es vereinzelt zu entsprechenden Eintragungen kommen möge. Ein erhebliches Bedürfnis für eine derartige Eintragung bestehe nicht. An ihr könnten zwar vielfältige Interessen Dritter bestehen, die sich auf einfache Weise über das Bestehen eines Gewinnabführungsvertrags mit den aus den §§ 302, 303 AktG ergebenden Risiken (Verlustübernahme, Gläubigerschutz durch Sicherheitsleistung) informieren könnten. Dabei handele es sich aber um unmittelbar rein wirtschaftliche Interessen, für die auch angesichts der Publizitätsfunktion des Handelsregisters kein erhebliches Bedürfnis bestehe. Die mit einem Gewinnabführungsvertrag verbundenen Risiken seien nicht anders als Risiken aus sonstigen vertraglichen Bindungen, die bis zu einer Existenzgefährdung führen könnten und deren Eintragung nach allgemeinen registerrechtlichen Grundsätzen nicht verlangt werden könne.
6 Eine Eintragung vor dem Hintergrund einer tatsächlich schon oder gerade noch nicht bestehenden wirtschaftlichen "Relevanz" lasse sich mit dem vorrangigen Grundsatz der Registerklarheit nicht in Einklang bringen und sei überdies mit einer erheblichen zusätzlichen Eintragungsfülle im Handelsregisterblatt einer GmbH verbunden. Soweit der Bundesgerichtshof in einem Beschluss vom 30. Januar 1992 ausgeführt habe, der aus den Besonderheiten und Gefahren derartiger Unternehmensverträge herrührende Informationsbedarf sei unabhängig von der Rechtsform der herrschenden Gesellschaft gegeben, lasse dies keine Rückschlüsse auf die Frage der Eintragungsfähigkeit bei der berechtigten Gesellschaft zu. Es komme nicht darauf an, auf welchem sonstigen Weg, etwa über die zu veröffentlichende Bilanz der GmbH, sich Dritte Kenntnis vom Bestehen eines Gewinnabführungsvertrags verschaffen könnten.
7 2. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Rechtsbeschwerdebefugnis der Antragstellerin ergibt sich bereits daraus, dass ihre Beschwerde gegen den Beschluss des Registergerichts zurückgewiesen wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2011 - II ZB 17/10, BGHZ 191, 84 Rn. 5; Beschluss vom 26. Juni 2018 - II ZB 12/16, ZIP 2018, 1591 Rn. 7; Beschluss vom 27. Juli 2020 - II ZB 26/19, ZIP 2020, 1658 Rn. 12; Beschluss vom 17. Mai 2022 - II ZB 11/21, ZIP 2022, 1594 Rn. 6).
8 3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts hält der rechtlichen Prüfung stand.
9 a) Ob der zwischen zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung abgeschlossene Unternehmensvertrag im Handelsregister der Obergesellschaft einzutragen ist, ist umstritten.
10 Die Eintragung wird teilweise als verpflichtend und als Voraussetzung für die Wirksamkeit des Unternehmensvertrags angesehen (LG Bonn, GmbHR 1993, 443; LG Düsseldorf, MittRhNotK 1994, 153 [für eine eG als Obergesellschaft]; Heckschen, DB 1989, 29, 31; Uwe H. Schneider, WM 1986, 181, 187; Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, 1982, S. 319 f.). Ein Teil der Rechtsprechung und des Schrifttums geht demgegenüber zwar nicht von einer Eintragung als Wirksamkeitsvoraussetzung aus, meint aber, es bestehe zumindest die Möglichkeit der Eintragung des Unternehmensvertrags bei der Obergesellschaft (LG Düsseldorf, RNotZ 2001, 171; Kort, Der Abschluß von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen im GmbH-Recht, 1986, S. 133;Enders, NZG 2015, 623, 625; Priester, ZGR-Sonderheft 6, 151, 175; Priester, GmbHR 2015, 169, 171; Ulrich, GmbHR 2014, R 246; Beurskens in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., KonzernR Rn. 110 [Fn. 350]; Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., Anh zu § 13 Rn. 63; Koch, AktG, 16. Aufl., § 294 Rn. 1; MünchKommGmbHG/Liebscher, 4. Aufl., Anh. § 13 Rn. 800 f.; Oetker/Preuß, HGB, 7. Aufl., § 8 Rn. 45; Servatius in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., Systematische Darstellung 4 Rn. 323; BeckOK GmbHG/Servatius, Stand: 1.5.2021, Konzernrecht Rn. 110; MünchHdbGesR III/Kiefner, 5. Aufl., § 70 Rn. 10) bzw. es bestehe jedenfalls keine Verpflichtung zur Löschung eines eingetragenen Unternehmensvertrags (OLG Celle, GmbHR 2014, 1047, 1048 [das auch gute Gründe für die Vornahme der Eintragung sieht]; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 10. Aufl., § 294 Rn. 5). Mitunter wird jedenfalls ein entsprechendes Informationsbedürfnis aus der Sicht künftiger Gesellschafter der Obergesellschaft hervorgehoben (Lutter/Hommelhoff, NJW 1988, 1240, 1242). Schließlich wird die Eintragungsfähigkeit eines Unternehmensvertrags bei der Obergesellschaft auch verneint (AG Duisburg, DB 1993, 2522; AG Erfurt, GmbHR 1997, 75; E. Vetter, AG 1994, 110, 114 f.; BeckOGK HGB/Beurskens, Stand: 1.10.2021, § 8 Rn. 172; Staub/Koch, 5. Aufl., § 8 Rn. 66; Müther in Schmidt-Kessel/Leutner/Müther, Handelsregisterrecht, § 8 HGB Rn. 9; Ries in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl., § 8 Rn. 27; Schaub in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl., § 8 Rn. 106; Schnorbus in Rowedder/Pentz, GmbHG, 7. Aufl., Anh. § 52 Rn. 103; Verse in Henssler/Strohn, GesR, 5. Aufl., Anhang § 13 GmbHG Rn. 77a;Weller/Lieberknecht in Bork/Schäfer, GmbHG, 5. Aufl., Anhang zu § 13, Rn. 27; Krafka, Registerrecht, 11. Aufl., Rn. 1111; Heckschen/Kreußlein in Wachter, Praxis des Handels- und Gesellschaftsrechts, § 13 Rn. 47).
11 b) Die zuletzt genannte Auffassung ist richtig. Der zwischen zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung bestehende Gewinnabführungsvertrag kann nicht im Handelsregister der Obergesellschaft eingetragen werden.
12 aa) Im Handelsregister werden grundsätzlich nur Tatsachen und Rechtsverhältnisse eingetragen, deren Eintragung gesetzlich - entweder als eintragungspflichtig oder als eintragungsfähig - vorgesehen ist. Aufgrund der dem Handelsregister zukommenden Publizitätsfunktion, der Öffentlichkeit zu ermöglichen, sich über die Rechtsverhältnisse von Kaufleuten und Gesellschaften zu unterrichten, und Umstände zu verlautbaren, die für den Rechtsverkehr von erheblicher Bedeutung sind, lässt die Rechtsprechung außerdem auch gesetzlich nicht vorgesehene Eintragungen zu, wenn ein erhebliches Bedürfnis an der entsprechenden Information besteht. Mit Rücksicht auf die strenge Formalisierung des Registerrechts ist aber mit gesetzlich nicht vorgesehenen Eintragungen Zurückhaltung geboten (BGH, Beschluss vom 30. Januar 1992 - II ZB 15/91, ZIP 1992, 395, 397; Beschluss vom 10. November 1997 - II ZB 6/97, ZIP 1998, 152; Beschluss vom 14. Februar 2012 - II ZB 15/11, ZIP 2012, 623 Rn. 16; Beschluss vom 4. April 2017 - II ZB 10/16, ZIP 2017, 1067 Rn. 14). Dem kann dadurch Rechnung getragen werden, dass derartige Eintragungen auf die Fälle der Auslegung gesetzlicher Vorschriften, der Analogiebildung sowie der richterlichen Rechtsfortbildung beschränkt werden (BGH, Beschluss vom 30. Januar 1992 - II ZB 15/91, ZIP 1992, 395, 397). Das Handelsregister darf allerdings nicht unübersichtlich werden oder zu Missverständnissen Anlass geben (BGH, Beschluss vom 10. November 1997 - II ZB 6/97, ZIP 1998, 152). Die Eintragungsfähigkeit kann auch gewohnheitsrechtlich begründet werden. Gewohnheitsrecht steht als Rechtsquelle gleichwertig neben dem Gesetzesrecht, so dass es auch Grundlage einer registerrechtlichen Eintragung sein kann (BGH, Beschluss vom 4. April 2017 - II ZB 10/16, ZIP 2017, 1067 Rn. 22 mwN).
13 bb) Der Gewinnabführungsvertrag zwischen der Antragstellerin und der E. GmbH ist auf Seiten der Antragstellerin, wie das Beschwerdegericht zutreffend angenommen hat, weder eine eintragungspflichtige noch eine eintragungsfähige Tatsache.
14 (1) Die Wirksamkeit des Gewinnabführungsvertrags ist nicht von der Eintragung im Handelsregister der Obergesellschaft abhängig. Gegenteiliges macht die Rechtsbeschwerde auch nicht geltend.
15 Der Gewinnabführungsvertrag als Unternehmensvertrag im Sinne des § 291 Abs. 1 Fall 2 AktG hat nur für den Fall der Verpflichtung einer Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien eine gesetzliche Regelung erfahren. Wird ein solcher Vertrag mit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung als Untergesellschaft abgeschlossen, sind die bei einer Änderung des Gesellschaftsvertrags geltenden Formvorschriften (§§ 53, 54 GmbHG) entsprechend anzuwenden, weil der durch einen Unternehmensvertrag bewirkte Eingriff in den Gesellschaftszweck, die Zuständigkeitskompetenz der Gesellschafter und ihr Gewinnbezugsrecht satzungsgleich die rechtliche Grundstruktur der sich der Beherrschung unterstellenden GmbH ändert und ihm auch eine einer Satzungsänderung entsprechende Bedeutung zukommt (BGH, Beschluss vom 24. Oktober 1988 - II ZB 7/88, BGHZ 105, 324, 338; Beschluss vom 30. Januar 1992 - II ZB 15/91, ZIP 1992, 395, 397; Urteil vom 16. Juli 2019 - II ZR 175/18, BGHZ 223, 13 Rn. 22; vgl. auch Urteil vom 31. Mai 2011 - II ZR 109/10, BGHZ 190, 45 Rn. 19).
16 Unter Berücksichtigung der Eigenart des Unternehmensvertrags folgt daraus, dass die materielle Wirksamkeit des Vertrags von der Einhaltung der Schriftform für den Unternehmensvertrag, der notariellen Beurkundung des Zustimmungsbeschlusses entsprechend § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG und der Eintragung von Zustimmungsbeschluss und Unternehmensvertrag in das Handelsregister entsprechend § 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 GmbHG abhängig ist (BGH, Beschluss vom 24. Oktober 1988 - II ZB 7/88, BGHZ 105, 324, 341 f.; Urteil vom 5. November 2001 - II ZR 119/00, ZIP 2002, 35, 36; Urteil vom 16. Juli 2019 - II ZR 175/18, BGHZ 223, 13 Rn. 17). Auf der Seite der Obergesellschaft bedarf es zur Wirksamkeit des Vertrags entsprechend § 293 Abs. 2 Satz 1 AktG der Zustimmung der Gesellschafterversammlung (BGH, Beschluss vom 24. Oktober 1988 - II ZB 7/88, BGHZ 105, 324, 335 f.). Die Niederschrift der Beschlussfassung und der Vertrag sind entsprechend § 293g Abs. 2 Satz 2, § 294 Abs. 1 Satz 2 AktG der Anmeldung der Untergesellschaft beizufügen (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Januar 1992 - II ZB 15/91, ZIP 1992, 395, 396 f.; Krafka, Registerrecht, 11. Aufl., Rn. 1111).
17 Einer Eintragung des Gewinnabführungsvertrags im Handelsregister der Obergesellschaft bedarf es für die Wirksamkeit des Vertrags dagegen nicht (E. Vetter, AG 1994, 110, 113; Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl., Anh. § 13 Rn. 45; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 10. Aufl., § 293 Rn. 46; Maul in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 5. Aufl., Anhang 2 Rn. 18; MünchKommGmbHG/Harbarth, 4. Aufl., § 53 Rn. 159; Leuschner in Habersack/ Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., Anhang nach § 77 Rn. 179). Ein Eintragungserfordernis kann insoweit weder aus § 54 Abs. 1 Satz 1 GmbHG abgeleitet werden, weil der Abschluss des Beherrschungsvertrags auf Seiten der Obergesellschaft nicht einer Änderung der Satzung entspricht (Beurskens in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., KonzernR Rn. 110), noch aus § 294 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AktG, weil diese Norm ihrem Wortlaut entsprechend nur auf die Untergesellschaft anzuwenden ist (MünchKommAktG/Altmeppen, 5. Aufl., § 294 Rn. 12; Koch, AktG, 16. Aufl., § 294 Rn. 1; Hölters/Deilmann, AktG, 4. Aufl., § 294 Abs. 1; KK-AktG/Koppensteiner, 3. Aufl., § 294 Rn. 5; Langenbucher in K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl., § 294 Rn. 2; Großkomm. AktG/Mülbert, 4. Aufl., § 294 Rn. 12; Wachter/Müller, AktG, 4. Aufl., § 294 Rn. 2; Paschos in Henssler/Strohn, GesR, 5. Aufl., § 294 AktG Rn. 2; Schenk in Bürgers/Körber/Lieder, AktG, 5. Aufl., § 294 Rn. 2; Grigoleit/Servatius, AktG, 2. Aufl., § 294 Rn. 3; BeckOGK AktG/Veil/Walla, Stand: 1.10.2022, § 294 Rn. 3; MünchHdbGesR IV/Krieger, 5. Aufl., § 71 Rn. 56). Es wäre auch der Rechtssicherheit abträglich, das Zustandekommen des Unternehmensvertrags von Eintragungen in verschiedene Handelsregister abhängig zu machen (KK-AktG/Koppensteiner, 3. Aufl., § 294 Rn. 5). Richtig ist zwar, dass das Gesetz auch in anderen Fällen die Eintragung in verschiedene Register vorsieht, wie beispielsweise in § 16 Abs. 1 UmwG (vgl. Uwe H. Schneider, WM 1986, 181, 187). Das Gesetz enthält in diesem Fall aber ausdrückliche Regelungen zur Reihenfolge und Wirkung der Eintragungen, um die gebotene Rechtssicherheit zu gewährleisten (vgl. §§ 19, 130 UmwG). Der Gesetzgeber hat im Übrigen mit dem Gesetz zur Bereinigung des Umwandlungsrechts vom 28. Oktober 1994 (BGBl. 1994, S. 3210) die Vorschriften über den Abschluss, die Änderung und die Beendigung von Unternehmensverträgen um die §§ 293a ff. AktG, teilweise in Anlehnung an Vorschriften des Umwandlungsgesetzes ergänzt (BT-Drucks. 12/6699, S. 178 ff.), ohne hinsichtlich des Eintragungserfordernisses in § 294 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AktG Änderungs- oder Ergänzungsbedarf zu sehen.
18 (2) Das Beschwerdegericht hat ein gewohnheitsrechtlich begründetes Eintragungserfordernis mit Recht verneint. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde ebenfalls nicht, weder mit der Rüge einer verfahrensfehlerhaften Ermittlung des Gewohnheitsrechts (§ 293 Satz 2 ZPO) noch macht sie geltend, das Beschwerdegericht habe den Begriff des Gewohnheitsrechts verkannt. Das Gewohnheitsrecht entsteht durch längere tatsächliche Übung, die eine dauernde und ständige, gleichmäßige und allgemeine ist und von den Beteiligten als verbindliche Rechtsnorm anerkannt wird (BGH, Urteil vom 16. Februar 2001-V ZR 422/99,NJW-RR 2001, 1208, 1209; Urteil vom 21. November 2008-V ZR 35/08,NJW-RR 2009, 311 Rn. 12; Urteil vom 19. März 2013- VI ZR 56/12, BGHZ 197, 1 Rn. 29; Urteil vom 18. November 2016 - V ZR 266/14,BGHZ 213, 30 Rn. 23; Beschluss vom 4. April 2017-II ZB 10/16, ZIP 2017, 1067 Rn. 24). Es fehlt im Hinblick auf die Eintragungspraxis der Registergerichte schon an einer ständigen, gleichmäßigen und allgemeinen Übung (Priester, ZGR Sonderheft 6, 151, 175; Uwe H. Schneider, WM 1986, 181, 187). Im handelsrechtlichen Schrifttum ist ebenfalls nicht von einer gewohnheitsrechtlichen Anerkennung die Rede.
19 (3) Das Beschwerdegericht hat auch die Eintragungsfähigkeit der Tatsache auf Grund eines erheblichen Bedürfnisses im Ergebnis zutreffend verneint, weil diese geeignet wäre, zu Missverständnissen Anlass zu geben.
20 Gläubiger und auch künftige Gesellschafter der Obergesellschaft haben zwar ein Interesse an der Information über den Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags, weil insbesondere die Verlustübernahmepflicht entsprechend § 302 Abs. 1 AktG und die Pflicht zur Sicherheitsleistung entsprechend § 303 Abs. 1 Satz 1 AktG für sie möglicherweise von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung sind (Priester, ZGR Sonderheft 6, 151, 175; Uwe H. Schneider, WM 1986, 181, 187; KK-AktG/Koppensteiner, 3. Aufl., § 294 Rn. 5), und bei der berechtigten Gesellschaft eine Änderung in der Organisationsstruktur insofern eintritt, als die Geschäftsrisiken der Untergesellschaft nicht ihrer unmittelbaren Leitung unterliegen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Oktober 1988 - II ZB 7/88, BGHZ 105, 324, 336). Eine Eintragung im Handelsregister der Obergesellschaft mag auch Vorteile gegenüber anderweitigen Informationsmöglichkeiten haben, die der Rechtsverkehr insbesondere durch Angaben im Jahresabschluss, Anhang, Konzernabschluss und Konzernanhang (dazu Vetter, AG 1994, 110, 112) erlangen kann (Priester, GmbHR 2015, 169, 171; Uwe H. Schneider, WM 1986, 181, 187).
21 Eine fakultative Eintragung des Gewinnabführungsvertrags (MünchKommGmbHG/Liebscher, 4. Aufl., Anh. § 13 Rn. 800) wäre aber geeignet, bei Gläubigern oder künftigen Gesellschaftern der Obergesellschaft Missverständnisse über den Bestand eines solchen Vertrags zu verursachen. Ihre Gestattung hätte zur Folge, dass die Einsichtnahme in das Handelsregister nicht zuverlässig über das Bestehen eines wirksamen Gewinnabführungsvertrags informieren würde. Das Gesetz sieht eintragungsfähige, nicht erzwingbar anmeldepflichtige Tatsachen insbesondere in Fällen vor, in denen an die Eintragung bestimmte Rechtsfolgen geknüpft werden (§ 2 Satz 1, § 3 Abs. 2, § 25 Abs. 2, § 28 Abs. 2 HGB). Entsprechend erhält auch die Eintragung des Gewinnabführungsvertrags im Handelsregister der verpflichteten Gesellschaft ihre Verbindlichkeit für den Rechtsverkehr dadurch, dass der Vertrag entsprechend § 54 Abs. 3 GmbHG mit der Eintragung wirksam wird (BGH, Beschluss vom 24. Oktober 1988 - II ZB 7/88, BGHZ 105, 324, 338; Urteil vom 5. November 2001 - II ZR 119/00, ZIP 2002, 35, 36; Urteil vom 16. Juli 2019 - II ZR 175/18, BGHZ 223, 13 Rn. 17; vgl. auch MünchKommHGB/Krafka, 5. Aufl., § 8 Rn. 43). Die Verlautbarung eines unabhängig von der Eintragung bei der Obergesellschaft wirksamen Gewinnabführungsvertrags könnte ihre Informationsfunktion gegenüber Gläubigern und künftigen Gesellschaftern nur dann effektiv erfüllen, wenn diese nicht nur durch die Eintragung auf das Bestehen des Gewinnabführungsvertrags hingewiesen würden, sondern im Fall der Nichteintragung auch ihr Vertrauen auf das Nichtbestehen eines Gewinnabführungsvertrags geschützt wäre (Krafka, Registerrecht, 11. Aufl., Rn. 1596; BeckOGK HGB/Beurskens, Stand: 1.10.2021, § 8 Rn. 172). Dies wäre bei einer für die Wirksamkeit des Vertrags nicht erforderlichen fakultativen Eintragung aber gerade nicht der Fall. Eine zuverlässige Information wäre nicht gewährleistet, weil Gläubiger oder künftige Gesellschafter bei fehlender Eintragung nicht darauf vertrauen könnten, dass keine Verpflichtungen aus einem Gewinnabführungsvertrag drohen.