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Wirtschaftsrecht
27.05.2011
Wirtschaftsrecht
OLG München: Keine Beschwerdebefugnis für Gesellschaft, die eigene Löschung wegen Vermögenslosigkeit anregt

OLG München, Beschluss vom 12.5.2011 - 31 Wx 205/11

Sachverhalt

I.

Die Beteiligte ist eine GmbH in Liquidation. Mit Schreiben vom 28.4.2010 beantragte deren Liquidator die Löschung der Gesellschaft im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit. Von Seiten der Industrie- und Handelskammer wurden keine Einwände gegen eine Löschung erhoben; auch das Finanzamt stimmt der Löschung zu. Mit Schreiben vom 12.7.2010 teilte der Geschäftsführer mit, dass die Gesellschaft am 4.1.2007 ihre Auflösung und ihre "stille Liquidation" nach § 141a FGG beschlossen habe. Die Vermögenslosigkeit der Gesellschaft sei sowohl durch eidesstattliche Versicherung des Liquidators der Gesellschaft glaubhaft gemacht worden als auch durch Bilanzen nachgewiesen. Einziger Vermögensgegenstand am 31.12.2007 sei die Forderung der Gesellschaft gegen ihren geschäftsführenden Gesellschafter in Höhe von 27.477,84 €. Die Vermögenslosigkeit der Gesellschaft sei eingetreten, als die Gesellschaft im Jahre 2008 ihre Forderung gegen den geschäftsführenden Gesellschafter mit den Forderungen der Gesellschafter auf Rückzahlung ihrer Einlagen samt thesauriertem Gewinn verrechnet habe. Nach erfolgter Verrechnung sei die Vermögenslosigkeit, wie vom Liquidator eidesstattlich versichert, eingetreten.

Mit Schreiben vom 25.3.2011 teilte das Registergericht der Gesellschaft mit, dass das Amtslöschungsverfahren eingestellt werde, da kein Fall der Vermögenslosigkeit vorliege. Die Vermögenslosigkeit sei durch vorzeitige Verrechnung von Forderungen bewirkt worden, obwohl die Auszahlung vor Ende des Sperrjahres gar nicht fällig und zulässig sei. Deshalb habe die Gesellschaft auch (noch) einen Anspruch auf Zahlung gegen die Gesellschafter in Höhe des Verrechneten.

Hiergegen wendet sich die Beteiligte mit Beschwerde vom 12.4.2011. Die Beschwerdeführerin sei von Amts wegen zu löschen, da sie kein Vermögen besitze. § 73 Abs. 1 GmbHG i.V.m. §31 GmbHG stehe einer Löschung nicht entgegen.

Aus den Gründen

II. Die Beschwerde war als unzulässig zu verwerfen, da die Beteiligte nicht beschwerdebefugt im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG ist. Der Frage, ob die Voraussetzungen des § 394 FamFG für eine Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit tatsächlich gegeben sind, kommt daher keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu.

1. Gemäß § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde (lediglich) demjenigen zu, der durch den vorausgegangenen Beschluss in seinen Rechten verletzt worden ist. Für die Beschwerdeberechtigung kommt es auf die Rechtsbeeinträchtigung an (sog. materielle Beschwer). Die Beeinträchtigung muss dabei ein eigenes, dem Beschwerdeführer zustehendes subjektives materielles Rechtbetreffen (Burandt/Rojahn/Rojahn Erbrecht 1. Auflage § 59 FamFG Rn. 2 und 4;Keidel/Meyer-Holz FamFG 16. Auflage § 59 Rn. 6). Ein solches wird durch die Einstellung des Amtslöschungsverfahrens und der damit einhergehenden Ablehnung des Registergerichts, die Beteiligte von Amts wegen gemäß §394 Abs. 1 FamFG aufgrund Vermögenslosigkeit zu löschen, nicht beeinträchtigt.

a) Regelungszweck des § 394 FamFG ist die auch gegen ihren Willen mögliche Entfernung vermögensloser Gesellschaften aus dem Handelsregister, die im Interesse des Rechtsverkehrs (Gläubigerschutz) wie auch zum Zwecke der Bereinigung des Registers geboten ist (Keidel/Heinemann a.a.O. § 394 Rn. 1). Der Regelungsgehalt der Vorschrift dient daher dem öffentlichen Interesse. Demgemäß obliegt dem Registergericht von Amts wegen eine Prüfungspflicht für die Einleitung des Verfahrens, wobei ihm aber ein Beurteilunsgsspielraum eröffnet ist (OLG Karlsruhe FG Prax 1999, 235; OLG Frankfurt Rpfleger 1978, 22; Krafka/Willer/Kühn Registerrecht 8. Auflage Rn. 433), sofern nicht die zwingende Löschung gemäß § 394 Abs. 1 Satz 2 FamFG nach Durchführung eines Insolvenzverfahrens geboten ist. Dem Regelungszweck der Vorschrift gemäß sieht § 394 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FamFG zur Wahrung des öffentlichen Interesses auch eine Antragsbefugnis der Finanzbehörde bzw. berufsständischer Organe vor. Dementsprechend steht diesen Antragstellern bei Ablehnung ihres Antrags auf Löschung der Gesellschaft gegen die Entscheidung des Registergerichts auch die Beschwerde nach § 58 FamFG gemäß § 394 Abs. 3 i.V.m. § 393 Abs. 3 Satz 1 FamFG offen (Keidel/Heinemann a.a.O. § 394 Rn. 15). Deren Beschwerdebefugnis findet somit ihre Grundlage in dem diesen Stellen ausdrücklich eingeräumten Antragsrecht zur Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit.

b) Die Beschwerdeführerin kann sich zur Begründung ihrer Beschwerdebefugnis nach § 59 Abs. 1 FamFG jedoch nicht auf ein Antragsrecht im Sinne des § 394 Abs. 1 Satz 2 FamFG stützen, da § 394 FamFG ein solches  zugunsten einer vermögenslosen Gesellschaft gerade nicht vorsieht. Hierfür besteht auch keine Notwendigkeit. Einer vermögenslosen Gesellschaft, die von sich aus, also freiwillig, ihre Löschung im Handelsregister betreiben will, ist nämlich gemäß § 74 Abs. 1 Satz 1 GmbHG grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet, nach Beendigung  der Liquidation und Schlussrechnungslegung durch ihre Liquidatoren den Schluss der Liquidation zur Eintragung in das Handelsregiter anzumelden. Eine Löschung der Gesellschaft kann sodann gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 GmbHG erfolgen.

c)Durch die Einstellung des Amtslöschungsverfahrens durch das Registergericht ist auch keine Beeinträchtigung materieller Rechte der Gesellschaf erfolgt (MüKoZPO/Krafka § 394 FamFG Rn. 7; unklar Keidel/Heinemann a.a.O. § 394 Rn. 16).

§394 FamFG begründet ihrem Regelungszweck gemäß (s.o.) nämlich gerade kein Recht der Gesellschaft auf ihre Löschung wegen Vermögenslosigkeit, sondern stellt lediglich eine Rechtsgrundlage für das Registergericht zur Löschung einer Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit auch gegen deren Willen dar. In solch einer Löschung liegt daher begriffsnotwendig ein Eingriff in die Existenz der Gesellschaft und damit auch eine Beeinträchtigung im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG, nicht aber in der Ablehnung einer durch die Gesellschaft selbst angeregten Amtslöschung. Will die Gesellschaft selbst ihre Löschung betreiben, hat sie von Gesetzes wegen den Weg über § 74 Abs. 1 GmbHG zu beschreiten. In dessen  Rahmen kann sie dann auch gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 GmbHG ihre Löschung im Register verlangen. Davon unberührt bleibt die Befugnis des Registergerichts, im Interesse des Rechtsverkehrs jederzeit auch ohne oder vor Schluss der Liquidation eine Amtslöschung im Verfahren nach § 394 FamFG vorzunehmen, wenn es von der Vermögenslosigkeit der Gesellschaft überzeugt ist.

2.Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

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