KG Berlin: Keine internationale Zuständigkeit des Landgerichts Berlin für eine Vertragsstrafenklage gegen eine in den Niederlanden geschäftsansässige Schuldnerin
KG Berlin, Urteil vom 25.4.2014 – 5 U 113/11
Leitsatz
Es kann – ohne eine schriftliche Gerichtsstandsvereinbarung – an der internationalen Zuständigkeit des Landgerichts Berlin für eine wettbewerbsrechtliche Vertragsstrafenklage eines Berliner Wettbewerbsverbandes gegen eine in den Niederlanden geschäftsansässige Schuldnerin fehlen.
GVVO Art. 5 Nr. 1a, Art. 5 Nr. 3; EGBGB a.F. Art. 27 Abs. 1 Satz 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 5; BGB § 270 Abs. 1, Abs. 2, § 269 Abs. 1 Alt. 3, Abs. 2
Sachverhalt
A. Der Kläger (ein Wettbewerbsverband) hat die Beklagte auf Unterlassung und Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch genommen. Nach einvernehmlicher Erledigung des Unterlassungsantrages begehrt er in der Hauptsache nur noch die Vertragsstrafe.
Die in R…/Niederlande geschäftsansässige Beklagte warb 2009 in einer TV-Werbeaussendung für das von ihr vertriebene Produkt „F…“ mit Aussagen, wonach das Produkt die richtigen Substanzen enthalte, um Gelenke und insbesondere den Knorpelaufbau zu unterstützen, wobei auch auf „Glucosamin“ Bezug genommen wurde. Auf entsprechende Abmahnung des Klägers verpflichtete sie sich mit Schreiben vom 11. Mai 2009 ihm gegenüber, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr auf dem deutschen Markt für „F…“ mit den Aussagen zu werben:
„1.1 Und die Gelenke müssen unterstützt werden mit den richtigen Substanzen. Und das findet man in F….
1.2 U.a. ist in F… Glucosamin. Glucosamin unterstützt den Knorpelaufbau.“
Für jeden zukünftigen Fall der Zuwiderhandlung versprach die Beklagte eine Vertragsstrafe, die vom Kläger nach dem so genannten „Hamburger Brauch“ bemessen werden sollte. Der Kläger nahm diese Unterlassungserklärung am 22. Mai 2009 an.
Die Beklagte warb am 10. Juni 2010 im Internet unter ihrer Domain “n….com“ (in deutscher Sprache) erneut für das Produkt „F…“, diesmal mit der Aussage:
„Glucosamin … [Es] unterstützt unter anderem die natürliche Bildung des Bindegewebes im Gelenkknorpel….“
Der Kläger forderte die Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 22. Juni 2010 unter Fristsetzung bis zum 29. Juni 2009 erfolglos zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.100,-- € auf. In diesem Schreiben forderte er aufgrund der neuen Werbung gleichzeitig die Erhöhung des Vertragsstrafeversprechens auf nunmehr mindestens 5.100,-- € und drohte anderenfalls weitere gerichtliche Schritte an.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das Landgericht Berlin sei gemäß Art. 5 Ziff. 1 lit. a) EuGVVO für den Vertragsstrafenanspruch zuständig. Die Verpflichtung aus dem Unterlassungsvertrag sei auch im Gerichtssprengel zu erfüllen. Die Zuständigkeit folge zudem aus Art. 5 Ziff. 3 EuGVVO, weil die Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsversprechen eine unerlaubte Handlung darstelle bzw. eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt sei. Der Begriff der unerlaubten Handlung sei vertragsautonom auszulegen und erfasse auch Wettbewerbsverstöße. Wegen der streitgegenständlichen Werbung sei eine Vertragsstrafe aus der Unterlassungsvereinbarung vom 11./22. Mai 2009 verwirkt. Aufgrund der mehrfachen Zuwiderhandlung und der bundesweiten Verbreitung der Werbung sei eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.100,-- € angemessen. Darüber hinaus habe auf Grundlage des Unterlassungsvertrags wie auch auf gesetzlicher Grundlage (gemäß §§ 11 Abs. 1 Ziff. 2 LFGB, 5, 6 LGVO) bis zur einvernehmlichen Erledigungserklärung der Parteien ein Unterlassungsanspruch bestanden. Denn es gebe keine hinreichend gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis, dass Glucosamin oder die weiteren benannten Inhaltsstoffe des Mittels (TMAZ und Pappelblattpulver) die natürlichen Gelenkfunktion bzw. die natürliche Bildung des Bindegewebes im Gelenkknorpel unterstützten.
Der Kläger hat ursprünglich auch den Antrag gestellt, die Beklagte bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, für das Produkt „F… “ zu werben: „Glucosamin … unterstützt unter anderem die natürliche Bildung des Bindegewebes im Gelenkknorpel.“ Nachdem sich die Beklagte insoweit nach Zustellung der Klage strafbewehrt unterworfen hat, haben die Parteien den Rechtsstreit diesbezüglich – bei insoweit widerstreitenden Kostenanträgen - in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Der Kläger hat nunmehr noch beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.100,-- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Juni 2010 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die internationale bzw. örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Berlin gerügt. Die Vertragsstrafe müsse als rein vertraglicher Anspruch an ihrem allgemeinen Gerichtsstand in den Niederlanden geltend gemacht werden, da sie keine Niederlassung in Deutschland habe. Der Anspruch sei aber auch unbegründet, da er durch die gerügte Werbung nicht gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen habe. Für die gerichtliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs habe keine Veranlassung bestanden, da der Kläger sie diesbezüglich nicht – insbesondere auch nicht mit Schreiben vom 22. Juni 2010 - abgemahnt habe. Nachdem sie innerhalb der Klageerwiderungsfrist eine Unterlassungserklärung abgegeben habe, komme § 93 ZPO zu Anwendung.
Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Klage mangels internationaler Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat es den Parteien zu je
50 % auferlegt, da die Beklagte hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens wegen der Weigerung, ihr Vertragsstrafeversprechen zu erhöhen, Anlass zur Klageerhebung gegeben habe.
Mit seiner Berufung wiederholt und vertieft der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag.
Er beantragt, unter Abänderung der angefochtenen landgerichtlichen Entscheidung die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.100,-- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Juni 2010 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Auch sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Wegen des Vortrags der Parteien im Einzelnen wird auf die eingereichten Schriftsätze ihrer Prozessbevollmächtigten nebst Anlagen Bezug genommen.
Aus den Gründen
B .Die Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das Landgericht die Klage auf Zahlung einer Vertragsstrafe als unzulässig abgewiesen. Es fehlt (im Hinblick auf die Verbindung zum Recht verschiedener Staaten der EG – hier der Niederlande als Sitz der Beklagten und Deutschland als Sitz des Klägers) an der internationalen Zuständigkeit des Landgerichts Berlin (vergleiche hierzu schon OLG München, IPRspr 2011, 534, juris Rn. 69ff, 79; LG Mannheim, InstGE 12, 240, juris Rn. 7ff).
I. Diese Zuständigkeit des Landgerichts Berlin folgt vorliegend zum einen nicht aus dem Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß Art. 5 Nr. 1a EuGVVO.
Der Erfüllungsort der Vertragsstrafenforderung liegt hier in den Niederlanden am Sitz der Beklagten, § 270 Abs. 1, Abs. 2, § 269 Abs. 1 Alt. 3, Abs. 2 BGB.
1. Das zur Bestimmung des "Erfüllungsortes" maßgebliche sachliche Recht ist das deutsche, mithin § 269, § 270 BGB.
a) Zur Ermittlung des maßgeblichen sachlichen Rechts ist Art. 28 EGBGB a.F. heranzuziehen, nicht Art. 3 und Art. 4 Rom I-VO.
Die Regeln der Rom I-VO finden gemäß ihres Art. 28 nur auf Verträge Anwendung, die ab dem 17. Dezember 2009 geschlossen worden sind (vergleiche auch Palandt/Thorn, BGB, 73. Auflage, Art. 28 Rom I Rn. 2).
Der vorliegende Unterlassungsvertrag der Parteien datiert vom 11. Mai/22. Mai 2009.
b) Das mit dem Rechtsstreit (zuerst) befasste Gericht hat dann grundsätzlich für die Ermittlung des maßgeblichen sachlichen Rechts sein nationales Kollisionsrecht heranzuziehen (EuGH, Slg. 1976, 1473 – Tessili; vergleiche auch NJW 2002, 1407 Rn. 52 – Besix).
c) Gemäß Art. 3 EGBGB bestimmt sich mangels einer der in dieser Norm speziell genannten Vorschriften das anzuwendende Recht nach dem bis zum 17. Dezember 2009 geltenden deutschen internationalen Privatrecht, mithin hier nach Art. 27, Art. 28 EGBGB a.F. Diese verweisen vorliegend auf das deutsche materielle Recht.
aa) Der Vertrag unterliegt gemäß Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a.F. dem von den Parteien gewählten Recht. Die Rechtswahl muss ausdrücklich sein oder sich mit hinreichender Sicherheit aus den Bestimmungen des Vertrages oder aus den Umständen des Falles ergeben, Art. 27 Abs. 1 Satz 2 EGBGB a.F. Indizien für eine konkludente Rechtswahl sind zum Beispiel ein Vertragsabschluss zwischen einer im Inland ansässigen Partei in deutscher Sprache im Inland (BGH, RIW 1997, 426; Palandt/Heldrich, BGB, 61. Auflage, Art. 27 EGBGB Rn. 6).
Bei Annahme einer konkludenten Rechtswahl wäre somit vorliegend das deutsche Sachrecht anzuwenden, zumal auch der Geschäftsführer der Beklagten Deutscher ist, dem hier streitigen Unterlassungsvertrag ein Verstoß gegen deutsches Recht zu Grunde liegt und die vertragliche Unterlassung sich allein auf das Gebiet Deutschlands beschränkt.
bb) Selbst wenn noch nicht von einer konkludenten Rechtswahl auszugehen wäre, so unterläge der Unterlassungsvertrag auch nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EGBGB a.F. dem deutschen Recht.
Zwar wird gemäß Art. 28 Abs. 2 EGBGB a.F. vermutet, der Vertrag weise die engsten Verbindungen mit dem Staat auf, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung zu erbringen hat, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bei einer gewerblichen Tätigkeit niedergelassen ist. Charakteristisch ist vorliegend nicht die Vertragsstrafenverpflichtung, sondern die durch sie geschützte Verpflichtung der Beklagten zur Unterlassung. Da die Beklagte ihren Sitz in den Niederlande hat, wird somit eine Vermutung für die Anwendung niederländischen Recht aufgestellt.
Diese Vermutung gilt allerdings gemäß Art. 28 Abs. 5 EGBGB a.F. dann nicht, wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass der Vertrag engere Verbindungen mit einem anderen Staat aufweist. Dies ist vorliegend zu bejahen. Der Kläger hat seinen Sitz in Deutschland, die für die Parteien handelnden natürlichen Personen sind Deutsche, der Vertrag ist in deutscher Sprache gefasst, dem hier streitigen Unterlassungsvertrag liegt ein Verstoß in Deutschland gegen deutsches Gesetzesrecht zu Grunde, die vertragliche Unterlassung beschränkt sich allein auf das Gebiet Deutschlands, beide Parteien hatten sich bei der Vereinbarung des Unterlassungsvertrages von deutschen Rechtsanwälten vertreten lassen und mit der strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung sollte eine durch deutsche Gerichte auszusprechende Verurteilung zur Unterlassung vermieden werden.
2. Das somit maßgebliche deutsche Sachrecht ergibt als Erfüllungsort den Sitz der Beklagten in den Niederlanden.
a) Grundsätzlich ist der Erfüllungsort danach zu bestimmen, wo gerade die konkret in dem Rechtsstreit streitige vertragliche Verpflichtung zu erfüllen ist, Art. 5 Abs. 1 lit. a EuGVVO (EuGH, Slg. 1976, 1473 Rn. 13 – Tessili; NJW 2002, 1407 Rn. 31, 44 – Besix). Der für Kaufverträge und Dienstleistungsverträge insoweit auf die charakteristische Hauptleistung abstellende Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO ist vorliegend nicht einschlägig. Hier ist die vertragliche Verpflichtung zur Zahlung der Vertragsstrafe im Streit. Erfüllungsort ist insoweit gemäß § 270 Abs. 1, Abs. 2 BGB der Sitz der Beklagten in den Niederlanden.
b) Im Ergebnis nichts anderes ergibt sich bei Anwendung des § 269 Abs. 1, Abs. 2 BGB.
aa) Eine an sich vorrangige (ausdrücklich oder stillschweigend) getroffene Vereinbarung über den Leistungsort der Vertragsstrafenzahlung (angesichts des fehlenden Gerichtsstandes der Beklagten in Deutschland auch ohne die Beschränkungen des § 29 Abs. 2 ZPO, aber auch nur schriftlich möglich, § 38 Abs. 2 ZPO [Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Auflage, § 29 Rn. 26 mwN]) ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Unabhängig von § 270 BGB läge insoweit auch nur der Sitz der Beklagten in den Niederlanden nahe. Denn dorthin hatte der Kläger auch die Abmahnung gerichtet, die zu der Unterlassungserklärung der Beklagten führte.
bb) Zwar soll eine Nebenpflicht grundsätzlich aus der Natur des Schuldverhältnisses an dem für die Hauptverbindlichkeit maßgebenden Leistungsort zu erfüllen sein (BGH, WM 1976, 1230, juris Rn. 20; NJW 1985, 561, juris Rn. 15; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Auflage, § 269 Rn. 7).
aaa) Vorliegend stellt die Vertragsstrafenverpflichtung eine bloße Nebenpflicht der Unterlassungsverpflichtung als Hauptverbindlichkeit dar, weil sie Letztere nur absichern soll.
bbb) Ein einziger (einheitlicher) Erfüllungsort für die Unterlassungsverpflichtung kann hier aber nicht festgestellt werden.
Maßgebend ist in soweit wiederum § 269 Abs. 1 BGB (BGH, NJW 1974, 410, juris Rn. 31 f; NJW 1985, 561, juris Rn. 15). Vorliegend hatte die Beklagte die Unterlassungsverpflichtung jedenfalls an jedem Ort in Deutschland zu erfüllen, wenn insoweit auf den Ort der Wirkung abgestellt wird. Wird der Ort der Handlung (Herbeiführung der Wirkung) herangezogen, wäre der Erfüllungsort sogar jeder Ort weltweit, somit jeder Art in jedem Vertragsstaat.
Es mag im Sinne einer konkludenten Rechtswahl oder nach der Natur des Schuldverhältnisses eine Beschränkung auf das Gebiet Deutschlands sachlich nahe liegend sein, weil entscheidend bei einer Unterlassung – jedenfalls nach den vorliegenden Umständen – die Wirkung eines Verstoßes in Deutschland ist. Dies ändert allerdings nichts daran, dass innerhalb Deutschlands eine Vielzahl von Erfüllungsorten in Betracht kommt. Dies übersieht der Kläger, wenn er als Erfüllungsort für die vorliegende Hauptverpflichtung (die Unterlassung) "Deutschland" ansieht.
Zudem fehlt es an einer konkreten Ortsbeziehung (vergleiche hierzu BGH, NJW 1985, 561, juris Rn. 15; OLG Karlsruhe, OLGR 2000, 403, juris Rn. 5f) gerade für Berlin. Die Unterlassungsverpflichtung der Beklagten erstreckt sich auf alle Orte Deutschlands gleichermaßen. Auf den Sitz des Klägers kommt es insoweit nicht an. Er nimmt im Bereich des UWG kraft gesetzlicher Ermächtigung die Rechte der Marktbeteiligten für den gesamten Marktort Deutschland wahr, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Ob eine konkrete Ortsbeziehung aus einem Wohnsitz des Geschäftsführers der Beklagten oder dem Sitz des Fernsehsenders (über den die Beklagte die der Unterlassungsverpflichtung zu Grunde liegende rechtsverletzende Sendung ausgestrahlt hatte) begründet werden könnte, kann hier dahingestellt bleiben. Denn – soweit ersichtlich – wäre dies jedenfalls nicht Berlin.
Kommt unter diesen Umständen eine bei Vertragsabschluss nicht überschaubare Zahl von Erfüllungsorten in Deutschland in Betracht, ist nach dem Grundsatz des § 269 Abs. 1 BGB auf den Sitz des Schuldners abzustellen (BGH, NJW 1974, 410, juris Rn. 33), mithin auf den Ort in den Niederlanden. Ansonsten würde über den Umweg des Erfüllungsortes doch wieder der Ansprüchen aus unerlaubter Handlung vorbehaltene Gerichtsstand des jeweiligen Begehungsortes eingeführt werden (BGH, a.a.O). Dementsprechend hat der EuGH (NJW 2002, 1407 Rn. 48) bei einer geographisch unbegrenzt geltenden – mithin in allen Vertragsstaaten bestehenden – vertraglichen Unterlassungspflicht eine Anwendung des Art. 5 Nr. 1 EuGVVO abgelehnt und die Grundregel des Art. 2 Abs. 1 EuGVVO zum Wohnsitz des Beklagten zur Bestimmung der internationalen Zuständigkeit herangezogen (NJW 2002, 1407 Rn. 52). Auch dies führt wieder zum Sitz der Beklagten in den Niederlanden.
II. Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Berlin folgt vorliegend auch nicht aus Art. 5 Nr. 3 EuGVVO. Der streitgegenständliche Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe ist weder ein Anspruch aus einer unerlaubten Handlung noch ein Anspruch aus einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist.
1. Die Begriffe "Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag" und "eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist" im Sinne von Art. 5 Nr. 1 und Nr. 3 EuGVVO sind autonom auszulegen. Der Begriff "eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist" im Sinne von Art. 5 Nr. 3 EuGVVO bezieht sich auf alle Klagen, mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird und die nicht an einen "Vertrag" im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVVO anknüpfen (EuGH, NJW bei 1002, 3617 Rn. 35f), d.h. nicht auf einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung beruhen (EuGH, NJW 2002, 3159 Rn. 23; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, Art. 5 EuGVVO Rn. 23).
2. Vorliegend gründet sich der Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe auf dem freiwillig eingegangenen Unterlassungsvertrag der Parteien. Insoweit fehlt es an einer unerlaubten Handlung und einer dieser gleichgestellten Handlung.
Dabei ist es unerheblich, wenn die Vertragsstrafe zugleich einen pauschalierten Schadensersatz umfasst. Denn auch ein auf die Verletzung der vertraglichen Unterlassungspflicht gestützter Schadensersatzanspruch würde auf einer freiwillig eingegangenen Unterlassungsverpflichtung beruhen und er wäre somit ein Anspruch aus einem Vertrag und nicht ein solcher aus einer unerlaubten Handlung (BGH, NJW 1974, 410, juris Rn. 24; WM 1976, 1230, juris Rn. 14).
3. Dann ist es hier auch nicht entscheidend, dass dem Kläger gegen die Beklagte zugleich auch ein deliktsrechtlicher Unterlassungsanspruch aus dem UWG zusteht.
Der Kläger kann als Wettbewerbsverband auf die Verletzung einer deliktsrechtlichen Unterlassungsverpflichtung einen eigenen Schadensersatzanspruch nicht stützen (§ 9 UWG) und er macht einen solchen Schadensersatzanspruch auch nicht geltend. Selbst ein theoretisch bestehender deliktsrechtlicher Schadensersatzanspruch würde hier nicht weiter führen. Denn die internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts für den auf eine unerlaubte Handlung der Beklagten gestützten Schadensersatzanspruch begründet nicht zugleich die Zuständigkeit für den Schadensersatzanspruch auf vertraglicher oder vertragsähnlicher Grundlage (BGH, NJW 1974, 410, juris Rn. 24; WM 1976, 1230, juris Rn. 14).
III. Angesichts der vorstehend erörterten gefestigten Rechtsprechung des EuGH (und im Übrigen auch des BGH) besteht kein Anlass für eine Vorlage an den EuGH.
C. Die erstinstanzliche Kostenentscheidung (50 %/50 %) ist schon von Amts wegen zu ändern. Die Verpflichtung der Beklagten, die Kosten hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens zu tragen, ist zwischen den Parteien nicht mehr im Streit. Das erstinstanzliche beiderseitige Unterliegen rechtfertigt allerdings nur eine Kostenquote von 1/3 des Klägers zu 2/3 der Beklagten.
I. Die Gerichtskosten (drei Gebühren nach einem Wert von 35.100 €) in Höhe von 1.194 € sind nach der anteiligen Beteiligung am Streitwert zu verteilen, so dass auf den Kläger 170,57 € (1/7) und die Beklagte 1.023,43 € (6/7) entfallen.
Die mündliche Verhandlung allein über die Vertragsstrafe (deren Kosten nur der Kläger zu tragen hat) hat hinsichtlich der Gerichtskosten keine Mehrkosten verursacht. Auch unter Billigkeitsgesichtspunkten bedarf es hier keiner Unterscheidung, weil die Beklagte sich der Erledigung hinsichtlich der Unterlassung nur unter Widerspruch gegen deren Kosten angeschlossen hat (Schriftsatz vom 26. Januar 2011,156, vergleiche Nr. 1211 Ziff. 4 KV GKG).
II. Für die außergerichtlichen Kosten gilt:
Die Verfahrensgebühren (2 x 1,3 nach einem Wert von 35.100 €) in Höhe von 1.172, 60 € x 2 = 2.345,20 € sind anteilig nach der Beteiligung am Streitwert zu verteilen. Damit entfallen auf den Kläger 335,03 € und auf die Beklagte 2.010,17 €.
Die Terminsgebühren (2 x 1,2 nach einem Wert von 5.100 €) in Höhe von 405,60 € x 2 = 811,20 € hat nur der Kläger zu tragen.
III. Damit entfallen insgesamt auf den Kläger (170,57 € + 335,03 € + 811,20 €) 1.316,80 € und auf die Beklagte (1.023,43 € + 2.010,17 €) 3.033,60 €. Dies entspricht annähernd einem Verhältnis von 1/3 zu 2/3.
D. Die Nebenentscheidungen zu den Kosten des Berufungsverfahrens und zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 708 Nr. 10, § 711, § 713 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Entscheidung folgt der höchstrichterlichen Rechtsprechung und sie beruht auf den besonderen Umständen des vorliegenden Falles.
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