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Wirtschaftsrecht
01.06.2012
Wirtschaftsrecht
OLG München: Kein Negativattest der BaFin bei Anlage- und Vermögensberatung ohne erlaubnispflichtige Tätigkeiten nach KWG

OLG München, Beschluss vom 21.5.2012 - 31 Wx 164/12

Aus den Gründen

I.

Die Beteiligte, eine Kommanditgesellschaft in Gründung, ließ am 29.03.2012 ihre "Erstanmeldung"zum Handelsregister einreichen, ausweislich Ziffer I.3 ist Gegenstand des Unternehmens"die Anlage- und Vermögensberatung sowie die Finanzanlage -, Darlehens-, Immobilien- undVersicherungsvermittlung, wobei erlaubnispflichtige Tätigkeiten nach dem Kreditwesengesetznicht ausgeübt werden". Das Amtsgericht beanstandete mit Zwischenverfügung vom18.04.2012, dass weder eine schriftliche Erlaubnis des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen,noch eine Negativbescheinigung vorgelegt worden sei, nach der der Unternehmensgegenstandnicht nach dem KWG genehmigungspflichtig sei. Allein die Erklärung der Beteiligten,dass keine Geschäfte betrieben würden, die nach dem KWG erlaubnispflichtig seien, sei nichthinreichend.

Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingelegte Beschwerde der Beteiligten. Sie macht geltend,dass durch die Bezeichnung des Unternehmensgegenstandes hinlänglich klargestellt sei, dassdie betriebene Finanzanlagevermittlung keine solche nach dem KWG sei. Wenn das Registergerichthinsichtlich der ausgeübten Tätigkeit die Vorlage einer Erlaubnis verlange, so gehe diesesBegehren dahin, eine Erlaubnis nach § 34c Abs.1 Nr.2 GewO vorzulegen. Eine solchePflicht bestehe aber seit Aufhebung von § 8 Abs.1 Nr.6 GmbHG durch das MoMiG nicht mehr.Das Amtsgericht hat in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 07.05.2012 an seiner Rechtsauffassungfestgehalten und die Angelegenheit zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Rechtsgrundlage für das Begehren des Amtsgerichts, eine Erlaubnis bzw. ein sog. "Negativattest"der BaFin vorzulegen, ist § 43 Abs.1 KWG. Nach dieser Vorschrift darf die Eintragung einesnach dem KWG erlaubnispflichtigen Unternehmensgegenstandes in das Handelsregisternur dann erfolgen, wenn dem Registergericht die nach § 32 KWG vorgeschriebene Erlaubnisnachgewiesen wird. Nach § 32 Abs.1 KWG besteht die Erlaubnispflicht für das gewerbsmäßigeErbringen von Finanzdienstleistungen im Inland. Nach § 1 Abs.1a Nr.1a KWG kann Anlageberatungeine genehmigungspflichtige Finanzdienstleistung sein. Insoweit gilt allerdings nach § 2Abs.6 Nr.8 KWG unter den dort geschilderten weiteren Voraussetzungen für die Vermittlung vonInvestmentfondsanteilen und ausländischen Investmentanteilen sowie Aktien von Investmentaktiengesellschaften KWG eine Bereichsausnahme, die wiederum eine Genehmigungspflicht nach§ 34c Abs. 1 Nr. 3 GewO auslöst. Außerdem gibt es im Bereich des sog. "grauen Kapitalmarkts"landläufig auch als "Finanzanlagen" bezeichnete Beteiligungen, die hinsichtlich der Beratungoder Vermittlung nicht dem KWG unterfallen, weil es sich bei diesen Beteiligungen nicht um Finanzinstrumenteim Sinne von § 1 Abs.11 Nr.1 KWG handelt. Etwa hinsichtlich Anteilen an geschlossenenFonds, die in der Rechtsform einer Personengesellschaft betrieben werden, wirdtrotz der Änderung von § 1 Abs.11 KWG durch Art. 3 Nr.2.e des Gesetzes zur Umsetzung derRichtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission(Finanzmarktrichtlinie - Umsetzungsgesetz) vom 16.07.2007 (BGBl. I, 1368) mit guten Gründenvertreten, dass es sich mangels Vergleichbarkeit mit Aktien um keine Finanzinstrumente im Sinneder genannten Vorschrift handelt (vgl. dazu Schäfer/Boos/Fischer/Schulte-Mattler, 4.Aufl.2012, Rdn. 218a zu § 1 KWG).

Daraus ergibt sich, dass sich das Betreiben einer nach dem KWG erlaubnispflichtigen Beratungstätigkeitnicht allein aus dem Umstand ergibt, dass Gegenstand des betroffenen Unternehmensdie "Anlage- und Vermögensberatung" sowie die "Finanzanlagevermittlung" ist. Insoweitbesteht auch die Möglichkeit einer nicht durch die BaFin genehmigungspflichtigen Tätigkeit,mag sie auch der Erlaubnispflicht nach § 34c Abs.1 Nr.2 u. 3 GewO unterfallen. Im Übrigen gilthinsichtlich der Vermittlung von Darlehen die Genehmigungspflicht aus § 34c Abs.1 Nr.1a GewO.Allerdings ist die Vorschrift des § 8 Abs. 1 Nr. 6 GmbHG aufgehoben worden, nach der jedenfallsdie Eintragung einer GmbH von der Vorlage jeglicher staatlicher Genehmigung abhängiggemacht werden konnte. Diese Vorschrift hat der Gesetzgeber mit dem MoMiG ersatzlosgestrichen, u. a. um Verzögerungen für den Fall zu vermeiden, dass das Registergericht hinsichtlicheiner fehlenden Genehmigungspflicht einen Negativbescheid verlange. Dieser Verzichtentspreche auch dem Aspekt der Gleichbehandlung mit Einzelkaufleuten bzw. Personengesellschaften(BT-Drucks. 16/6114, S. 34).

Deshalb ist es zwar zutreffend, wenn das Amtsgericht darauf verweist, dass die Registersperredes § 43 KWG alle Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform betreffe. Das ändert abernichts daran, dass dem Gesetzgeber erklärtermaßen daran gelegen ist, Verzögerungen im Eintragungsverfahrendurch das Beschaffen von Negativattesten zu vermeiden. Daher kann jedenfallsfür Bereiche, in denen die Genehmigungspflicht nach dem KWG nicht durchgehend gilt,eine Erlaubnis bzw. ein Negativattest nicht verlangt werden kann. Dann besteht neben der Annahmeeiner Erlaubnispflicht nach dem KWG auch die Möglichkeit, dass lediglich eine Erlaubnispflichtnach der Gewerbeordnung besteht. Wird in einem solchen Fall bei der Bezeichnungdes Unternehmensgegenstandes ausdrücklich formuliert, dass dieser keine nach dem KWGerlaubnispflichtigen Tätigkeiten umfasst, erfüllt dies den Zweck der eindeutigen Definition derauszuübenden Tätigkeit. Denn die Angabe des Unternehmensgegenstandes hat die Funktion,diesen konkret und individuell einzugrenzen. Es muss also der Schwerpunkt der Gesellschaftstätigkeitfür die beteiligten Kreise hinreichend erkennbar sein (vgl. dazu etwa Krafka/Willer/Kühn,8. Aufl. 2010, Rn. 929). Dies ist durch die Angabe "Anlageberatung bzw. -vermittlung" ... "wobeierlaubnispflichtige Tätigkeiten nach dem Kreditwesengesetz nicht ausgeübt werden" gewährleistet,weil dadurch im Rechtsverkehr der Tätigkeitsbereich der Gesellschaft erkennbar wird (vgl.dazu BayObLGZ1993, 319 <321>). Denn die Erlaubnispflicht für dem KWG unterfallende Beratungs-und Vermittlergeschäfte ist allgemein bekannt. Daher stellt der hier verwendete Zusatzhinreichend klar, dass Unternehmensgegenstand nur solche Geschäfte sind, die der Genehmigungspflichtnach dem KWG nicht unterliegen. Anhaltspunkte dafür, dass die Beteiligte Bankgeschäftebetreibt bzw. Finanzdienstleistungen im Sinne des KWG erbringen will, liegen nicht vor,so dass die Eintragung der Beteiligten in das Handelsregister nicht von der Vorlage eines Negativattestesabhängig gemacht werden kann.

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