BGH: Kapitalanlagebetrug bei unrichtiger Darstellung eines wertbildenden Umstands im Prospekt
BGH, Urteil vom 3.2.2022 – III ZR 84/21
Volltext: BB-Online BBL2022-642-4
Amtlicher Leitsatz
Die unrichtige Darstellung eines wertbildenden Umstands in einem Prospekt wird vom Tatbestand des Kapitalanlagebetrugs nur erfasst, wenn sie geeignet ist, einen verständigen, durchschnittlich vorsichtigen Kapitalanleger bei seiner Anlageentscheidung zu beeinflussen (Fortführung von BGH, Urteil vom 12. Mai 2005 - 5 StR 283/04).
Sachverhalt
Der Kläger nimmt, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, den Beklagten zu 3 auf Schadensersatz im Zusammenhang mit einer Beteiligung an der V. GmbH & Co. KG (nachfolgend: V. KG) in Anspruch, die Kapitalanlagemöglichkeiten anbot. Der Beklagte zu 3 war bis zum 31. Juli 2001 Geschäftsführer ihrer Komplementärin, der Beklagten zu 2. Treuhandkommanditistin war die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 4 war.
Der Kläger schloss am 6. Dezember 2001 durch Unterzeichnung eines als "Beitrittserklärung und Treuhandvertrag" bezeichneten Vertragsformulars mit der Beklagten zu 1 einen Treuhandvertrag. Danach sollte diese mittelbar die Beteiligung des Klägers an der V. KG bewirken, indem sie im eigenen Namen, aber für Rechnung des Klägers eine Kommanditbeteiligung an der Gesellschaft erwarb und als Treuhänderin verwaltete. Bei der Zeichnung durch den Kläger lag der Emissionsprospekt der V. KG vom 5. Januar 2001 vor.
Der Prospekt enthielt unter C II Angaben zu einem Businessplan der V. KG. Danach plante das Unternehmen mit Mittelzuflüssen aus der Emission in 2001 bis 2023 - "stornobereinigt" - in Höhe von 1.195,94 Mio. €. Davon sollte ein Teilbetrag in Höhe von 995,55 Mio. € für Investitionen verwendet werden. Der Differenzbetrag in Höhe von 200,39 Mio. € war für Vertriebsprovisionen in Höhe von 169 Mio. €, Lizenzaufwendungen in Höhe von 22,97 Mio. € und einmalige Verwaltungsaufwendungen in Höhe von 8,42 Mio. € vorgesehen. Der Prospektabschnitt enthielt zudem eine sechsseitige Darstellung von Plan-Bilanzen, Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Plan-Liquiditätsrechnungen, jeweils zum 31. Dezember 2001 bis zum 31. Dezember 2023 und unter Zugrundelegung verschiedener Erwartungen (fortan: Modellrechnung).
Unter E II 2 des Prospekts wurde der Vertriebs-Rahmen-Vertrag der V. KG mit dem Vertriebsunternehmen C. GmbH (nachfolgend C. GmbH) dargestellt. Zur Stornohaftung wurde unter anderem ausgeführt:
"Stellt ein durch die C. GmbH vermittelter Treugeber bei einer Kombination mit mindestens 10 % Sofortzahlungsquote die Zahlung zwischen der ersten und fünfzehnten Monatsrate ein, ist durch die C. GmbH die vorschüssig ausgezahlte Vermittlungsprovision für den Vertrag mit Ratenzahlung anteilig bis auf einen Betrag von 1/x, wobei für x die jeweils individualvertraglich vereinbarte Ratenzahlungsdauer (max. 240 Monate) einzusetzen ist, für jede geleistete Monatsrate zurückzuzahlen.
Stellt ein durch die C. GmbH vermittelter Treugeber bei einem Vertrag mit einer Rateneinlage die Zahlung zwischen der ersten und dreißigsten Rate ein, ist durch die C. GmbH die vorschüssig ausgezahlte Vermittlungsprovision anteilig bis auf einen Betrag von 1/x, wobei für x die jeweils individualvertraglich vereinbarte Ratenzahlungsdauer (max. 240 Monate) einzusetzen ist, für jede geleistete Monatsrate zurückzuzahlen."
Die vorstehend zitierte Stornohaftungsregelung änderten die V. KG und die C. GmbH durch Nachtragsvereinbarung vom 15. Januar 2001 mit Wirkung vom 1. April 2001 unter anderem wie folgt ab:
"Stellt ein durch die Auftragnehmerin vermittelter Treugeber bei einer Kombination von monatlichen Rateneinlagen mit mindestens 10 % Sofortzahlungsquote die Zahlung zwischen der 1. und der 15. Monatsrate ein, ist durch die Auftragnehmerin die vorschüssig ausgezahlte Vermittlungsprovision für den Ratenzahlungsanteil anteilig bis auf einen Betrag von 1/15 für jede geleistete Monatsrate zurückzuzahlen.
Stellt ein durch die Auftragnehmerin vermittelter Treugeber bei einem Vertrag mit monatlichen Rateneinlagen die Zahlung zwischen der 1. und der 30. Monatsrate ein, ist durch die Auftragnehmerin die vorschüssig ausgezahlte Vermittlungsprovision anteilig bis auf einen Betrag von 1/30 für jede geleistete Monatsrate zurückzuzahlen."
Der Kläger hat unter Berufung auf mehrere Prospektmängel von allen vier Beklagten die Rückabwicklung der Beteiligung und Ersatz entgangenen Gewinns begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat - nach Aufhebung eines Beschlusses gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch das Bundesverfassungsgericht - die Berufung des Klägers zurückgewiesen, soweit die Klage gegen die Beklagten zu 3 und 4 abgewiesen worden ist. Auf die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 22. Dezember 2015 - VI ZR 113/14, juris) dieses Urteil aufgehoben, soweit über die Klage gegen den Beklagten zu 3 entschieden und die Revision zugelassen worden ist. Nach erneuter Verhandlung hat das Berufungsgericht den Beklagten zu 3 zur Zahlung von 3.138,86 € verurteilt und festgestellt, dass er als Gesamtschuldner neben den Beklagten zu 1 und 2 verpflichtet ist, den Kläger aus seiner Kommanditistenhaftung, welche sich aus der Beteiligung an der V. KG ergibt, freizustellen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte zu 3 die Wiederherstellung des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils, soweit es ihn betrifft.
Aus den Gründen
7 Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
8 Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - ausgeführt, dem Kläger stehe gegen den Beklagten zu 3 ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB zu. Der Beklagte zu 3 habe gegen § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB verstoßen, indem er als prospektverantwortlicher Geschäftsführer der Fondsgesellschaft und der Beklagten zu 2 den hinsichtlich der Vertriebsvereinbarung unrichtig gewordenen Fondsprospekt weiter zum Vertrieb der Anlage habe verwenden lassen. Diese Schutzgesetzverletzung sei für die Anlageentscheidung des Klägers kausal gewesen.
9 Der dem Kläger bei Zeichnung vorliegende Prospekt der Fondsgesellschaft sei objektiv falsch gewesen, da die darin dargestellte Stornohaftung den Nachtrag zum Vertriebsrahmenvertrag nicht berücksichtige. Er sei darüber hinaus auch insoweit falsch, als die alte Stornohaftung des Vertriebs in die Berechnung des abgedruckten Businessplans Eingang gefunden habe. Bei diesen Prospektfehlern handele es sich um unrichtige Angaben im Sinne von § 264a Abs. 1 StGB.
10 Die Prospektfehler seien erheblich im Sinne dieser Vorschrift. Konkrete Angaben, welche die Werthaltigkeit des Fonds beträfen, müssten richtig sein. Die Einnahmesituation des Fonds sei für die Beurteilung seiner Werthaltigkeit entscheidend. Besondere Bedeutung komme hierbei der im Prospekt enthaltenen Modellrechnung zu. Sei diese falsch, müssten auch darauf basierende eigene Berechnungen der Anleger notwendigerweise falsch werden. Dies spreche dafür, den vorliegenden Fehler in der Modellrechnung als erheblich anzusehen, vor allem deshalb, weil die zugrundeliegenden falschen Faktoren, nämlich die Höhe der Provisionsrückzahlungen, im Prospekt ausdrücklich angegeben seien.
11 Die unrichtigen Informationen seien vom Beklagten zu 3 verbreitet worden. Der zwischen den Parteien unstreitige Sachverhalt könne nur so verstanden werden, dass der Beklagte zu 3 damit einverstanden gewesen sei, dass der fehlerhafte Prospekt weiter verwendet werde. Zudem sei der Senat davon überzeugt, dass der Beklagte zu 3 vorsätzlich gegen § 264a Abs. 1 StGB verstoßen habe.
12 Die Verwendung des fehlerhaften Prospekts sei kausal für die Anlageentscheidung des Klägers gewesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspreche es der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden sei. Dem stehe nicht entgegen, dass es sich bei § 264a StGB um einen Straftatbestand handele. Zwar gelte die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens nicht für die Feststellung der Voraussetzungen eines Straftatbestands. § 264a StGB sei jedoch eine Strafnorm, die in ihrem Tatbestand keine Kausalität voraussetze. Soweit der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 28. Juni 2016 (VI ZR 536/15, NJW 2017, 250) im Zusammenhang mit dem Hinweis, dass die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens nicht für die Feststellung der Voraussetzungen eines Straftatbestands gelte, ausdrücklich § 264a StGB erwähnt habe, vermöge sich der Senat dem nicht anzuschließen.
13 Die zu Gunsten des Klägers eingreifende Vermutung habe der Beklagte zu 3 nicht zu widerlegen vermocht. Eine fehlende Kausalität könne insbesondere nicht aus dem Umfang der Veränderung der Stornoregelung geschlossen werden. Es handele sich um einen erheblichen Prospektfehler. Würde man allein aufgrund der Höhe der Veränderung die Kausalität verneinen, würde man letztlich die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens für bestimmte Bereiche für unanwendbar erklären.
II.
14 Die Revision ist uneingeschränkt zugelassen. Das Berufungsgericht hat die Revision zwar nur hinsichtlich der Frage der Anwendbarkeit der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens im Rahmen eines Anspruchs nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a Abs. 1 StGB zulassen wollen. Diese Beschränkung der Revisionszulassung ist jedoch nicht wirksam.
15 Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte. Eine Beschränkung auf bestimmte Rechtsfragen, Anspruchselemente oder einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen ist nicht zulässig (vgl. nur Senat, Urteil vom 13. August 2020 - III ZR 148/19, WM 2020, 1862 Rn. 13; Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5; jew. mwN). Daran gemessen ist die vom Berufungsgericht beabsichtigte Beschränkung der Revisionszulassung unwirksam, weil sie sich nur auf die Frage der Kausalität des Prospektfehlers für den durch eine Kapitalanlage erlittenen Schaden, mithin auf einen unselbständigen Teil eines Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a Abs. 1 StGB bezieht.
III.
16 Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten, soweit sie für den erneuten Revisionsrechtszug von Bedeutung sind, der rechtlichen Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
17 1. Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten zu 3 aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 2015 - VI ZR 113/14, juris Rn. 24 f).
18 2. Rechtsfehlerhaft sind jedoch die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die Verwirklichung des in § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB normierten Straftatbestands durch den Beklagten zu 3 angenommen hat.
19 a) Gemäß § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB macht sich strafbar, wer im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren, Bezugsrechten oder von Anteilen, die eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen, in Prospekten oder in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand hinsichtlich der für die Entscheidung über den Erwerb oder die Erhöhung erheblichen Umstände gegenüber einem größeren Kreis von Personen unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt. Gemäß § 264a Abs. 2 StGB gilt Absatz 1 entsprechend, wenn sich die Tat auf Anteile an einem Vermögen bezieht, das ein Unternehmen im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung verwaltet, wie es in der vorliegenden Konstellation der Fall ist.
20 b) Der dem Kläger bei Zeichnung vorliegende Prospekt der V. KG vom 5. Januar 2001 enthält insofern unrichtige Angaben, als die darin wiedergegebene Regelung über die Stornohaftung im Verhältnis zum Vertriebsunternehmen C. GmbH mit Nachtragsvereinbarung vom 15. Januar 2001 zum Nachteil der V. KG geändert worden ist. Die Nachtragsvereinbarung hat dazu geführt, dass der der V. KG gegen die C. GmbH im Falle von Vertragsstornierungen zustehende Provisionsrückzahlungsanspruch abweichend vom Prospektinhalt reduziert worden ist. Damit ist zugleich die Modellrechnung mit einem Fehler behaftet, weil die darin berücksichtigten Einnahmen durch Provisionsrückzahlungen auf der Grundlage der vorherigen Stornohaftungsregelung ermittelt worden sind. Dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit.
21 c) Die bisherigen Feststellungen tragen aber nicht die Annahme, dass diese Fehler im Prospekt der V. KG erheblich sind.
22 aa) Das Tatbestandsmerkmal des "erheblichen Umstands" im Sinne von § 264a StGB erfüllen nur solche Gesichtspunkte, die nach der Art des Geschäfts für einen durchschnittlichen Anleger von Bedeutung sein können. Die Offenbarungspflicht ist auf die wertbildenden Umstände zu beschränken, die nach den Erwartungen des Kapitalmarkts für die Anleger bei ihrer Investitionsentscheidung von Bedeutung sind. Dabei ist eine verobjektivierte Betrachtungsweise geboten. Maßgeblich ist der verständige, durchschnittlich vorsichtige Kapitalanleger, in dessen Rolle sich der Herausgeber des Prospekts zu versetzen hat (BGH, Urteil vom 12. Mai 2005 - 5 StR 283/04, ZIP 2005, 1066, 1067 f mwN). Davon geht im Ansatz auch das Berufungsgericht aus.
23 Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, das als erheblichen Prospektfehler schon allein den Umstand angesehen hat, dass die beim Vertrieb im Falle von Stornierungen verbleibenden Provisionen höher sind als prospektiert und damit die Einnahmen des Fonds in der Modellrechnung falsch dargestellt werden, liegt ein erheblicher Prospektfehler im Sinne von § 264a StGB nicht bereits vor, wenn "in Punkten, die die Werthaltigkeit des Fonds" betreffen, konkrete Angaben gemacht werden, die nicht richtig sind. Ein solcher Maßstab erweitert den objektiven Tatbestand des Kapitalanlagebetrugs zu sehr. Er würde dazu führen, dass selbst geringfügigste Ungenauigkeiten einen erheblichen Prospektfehler darstellen könnten. Lassen sich aus einer Angabe - wenn auch nur mittelbar - Rückschlüsse auf die Werthaltigkeit der Anlage ziehen, handelt es sich zwar um die Darstellung eines wertbildenden Umstands. Ist die Angabe unrichtig, erfüllt sie den Tatbestand des Kapitalanlagebetrugs jedoch nur, wenn sie nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze für die Anlageentscheidung von Bedeutung ist (vgl. Senat, Urteil vom 11. April 2013 - III ZR 80/12, juris Rn. 34 ff; BGH, Urteil vom 22. Dezember 2015 - VI ZR 113/14, juris Rn. 30 aE), mithin geeignet ist, einen Kapitalanleger der vorbezeichneten Natur bei seiner Anlageentscheidung zu beeinflussen.
24 Dies entspricht dem Sinn und Zweck von § 264a StGB. Der in den Bereich der Gefährdung vorverlegte Strafschutz soll - neben dem Vertrauen der Allgemeinheit in das Funktionieren des Kapitalmarktes - gezielt das individuelle Vermögen potentieller Kapitalanleger vor möglichen Schädigungen bewahren (vgl. auch BGH, Urteil vom 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90, BGHZ 116, 7, 12 ff; Entwurf der Bundesregierung eines Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, BT-Drs. 10/318, S. 22). Eines solchen Schutzes bedarf es, soweit unrichtige Angaben dazu geeignet sind, andere zur Anlage ihres Geldes zu veranlassen (vgl. BT-Drs. aaO).
25 Aus der vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Ausweisungspflicht von Innenprovisionen ergibt sich nichts anderes. Danach müssen die Angaben in einem Prospekt zur Gesamthöhe der Innenprovision zutreffend sein; eine Irreführungsgefahr darf nicht bestehen (vgl. Senat, Urteil vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118; BGH, Urteile vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 23 und vom 23. April 2013 - XI ZR 405/11, juris Rn. 23). Mit nur geringfügigen Unrichtigkeiten bei der Angabe der Innenprovision war der Bundesgerichtshof bislang nicht befasst.
26 bb) Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts rechtfertigen nicht die Annahme, die Abweichung der prospektierten Angaben zur Stornohaftung von der Nachtragsvereinbarung sei nach diesen Kriterien ein "erheblicher Umstand" im Sinne des § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB.
27 Das Berufungsgericht hat bei der Bemessung des durch die Nachtragsvereinbarung vom 15. Januar 2001 verursachten durchschnittlichen Provisionsmehraufwands die Berechnungen des Beklagten von "nur 1,4 Mio. €" als richtig unterstellt. Nach dem oben Ausgeführten kann nicht angenommen werden, dass dieser Mehraufwand ein erheblicher Umstand im Sinne des § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB ist. Das Berufungsgericht geht zwar zutreffend davon aus, dass die Modellrechnung in dem Prospekt der V. KG einem potentiellen Anleger Rückschlüsse auf die Werthaltigkeit der Anlage ermöglicht. Es hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, aus denen hervorgeht, dass die Nachtragsvereinbarung mit der C. GmbH - angesichts der vagen und auf einen sehr langen Zeitraum bezogenen Modellrechnung - zu einer verhältnismäßig mehr als nur sehr geringfügigen Reduzierung der seinerzeit zu erwartenden Provisionsrückzahlungsansprüche der V. KG geführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 2015 aaO) und eine Modellrechnung auf der Grundlage der geänderten Stornohaftungsregelung ein wesentlich anderes Bild von der Werthaltigkeit der Anlage gezeichnet hätte. Der vom Berufungsgericht unterstellte Betrag fällt schon angesichts eines planmäßigen Mittelzuflusses der V. KG aus der Emission in Höhe von 1.195,94 Mio. € nicht besonders in Gewicht (0,117 %). Erst recht kommt ihm mit Blick auf die Plan-Bilanzen, Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Plan-Liquiditätsrechnungen der V. KG eine untergeordnete Bedeutung zu. So beträgt etwa der Planwert für "Umsatzerlöse/Wertsteigerungen" im Planungszeitraum, bei der nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die voraussichtlich zu erwartenden Provisionsrückzahlungen Berücksichtigung gefunden haben, zwischen 1.999,66 Mio. € und 3.949,76 Mio. € (ergibt einen Anteil von 0,070 % bzw. 0,035 %). Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass die Änderung der Stornohaftungsregelung durch die Nachtragsvereinbarung - mit den vom Berufungsgericht unterstellten Auswirkungen - nach den Erwartungen des Kapitalmarkts für die Anleger bei ihrer Investitionsentscheidung bedeutsam gewesen ist. Gleiches gilt für die Fehlerhaftigkeit der Modellrechnung.
28 d) Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann indessen auch nicht ausgeschlossen werden, dass ein erheblicher Prospektfehler vorliegt. Zwar trifft die Behauptung des Klägers, mit der Nachtragsvereinbarung zur Stornohaftung sei das aufgrund der prospektierten Kostenstruktur ohnehin höchst zweifelhafte Chancen-Risiko-Verhältnis so ausgestaltet worden, dass ein Verlust von vorneherein wahrscheinlich gewesen sei, hiernach nicht zu. Dies schließt jedoch nicht aus, dass die Nachtragsvereinbarung zu einer erheblich höheren als der bislang auf der Grundlage des Beklagtenvortrags unterstellten Reduzierung der zu erwartenden Provisionsrückzahlungen geführt hat.
29 3. Die Klage ist auch nicht mangels Kausalität eines etwaigen Verstoßes gegen § 264a StGB für den geltend gemachten Schaden bereits abweisungsreif. Die insoweit erhobene Rüge der Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass zu Gunsten des Klägers die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens streitet, sofern in der Person des Beklagten zu 3 die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspricht es der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (Senat, Urteile vom 21. Februar 2013 - III ZR 94/12, juris Rn. 14; vom 21. Februar 2013 - III ZR 139/12, WM 2013, 689 Rn. 15 und vom 16. Mai 2019 - III ZR 176/18, WM 2019, 1203 Rn. 24; BGH, Urteile vom 23. April 2012 - II ZR 211/09, WM 2012, 1184 Rn. 30; vom 11. Februar 2014 - II ZR 273/12, WM 2014, 661 Rn. 10 und vom 25. September 2018 - II ZR 200/17, juris Rn. 14; jew. mwN). Dies gilt für die quasi-vertragliche Prospekthaftung und für Schadensersatzansprüche wegen falscher Prospektangaben auf deliktischer Grundlage gleichermaßen (Senat, Urteile vom 21. Februar 2013, jew. aaO mwN).
30 Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. Juni 2016 (VI ZR 536/15, NJW 2017, 250), die das Berufungsgericht zur Revisionszulassung veranlasst hat, steht dem nicht entgegen. Der Einwand der Revision, der VI. Zivilsenat habe darin die Grundsätze aufklärungsrichtigen Verhaltens ausdrücklich auf eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a StGB für unanwendbar erklärt, trifft nicht zu. In den Entscheidungsgründen heißt es lediglich, dass die von der Rechtsprechung entwickelte Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens nicht für die Feststellung der Voraussetzungen eines Straftatbestands gelte (vgl. BGH aaO Rn. 29), wobei der VI. Zivilsenat ohnedies nur auf zwei Entscheidungen verweist, in denen als Anspruchsgrundlagen (auch) § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB in Betracht kamen (BGH, Urteile vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, WM 2014, 1470 Rn. 46 und vom 12. Mai 2015 - VI ZR 102/14, WM 2015, 1562 Rn. 50). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (vgl. nur BGH aaO und Urteil vom 22. Dezember 2015 aaO Rn. 51). Die Verursachung eines Schadens ist - wovon auch das Berufungsgericht zutreffend ausgeht - indes keine tatbestandliche Voraussetzung des Kapitalanlagebetrugs nach § 264a StGB.
IV.
31 Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO).