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Wirtschaftsrecht
17.05.2023
Wirtschaftsrecht
OLG Frankfurt a. M.: Investition in Krypto-Währungen (Bitcoin/Ethereum) aus Gefälligkeit

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.4.2023 – 13 U 82/22

ECLI:DE:OLGHE:2023:0419.13U82.22.00

Volltext: BB-Online BBL2023-1154-8

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Amtliche Leitsätze

1. Bei einem aus Gefälligkeit einem anderen erwiesenen Freundschaftsdienst, mit dessen Kapital in Krypto-Währungen zu investieren, ist eine Haftung des Geschäftsführers ausgeschlossen, wenn er hierbei "freie Hand" hatte und dem Geschäftsherrn die Risiken des Investments bewusst waren.

2. Anforderungen an die Erkennbarkeit eines im Widerspruch zum mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn stehenden Handelns durch den Geschäftsführer.

§ 677 BGB, § 678 BGB, § 280 Abs 1 BGB, § 282 BGB

SachverhaltI.

Der Kläger macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche wegen entgangenem Gewinn im Zusammenhang mit vom Beklagten für den Kläger im Rahmen eines bestehenden Gefälligkeitsverhältnisses vorgenommenen Investitionen mit dem Kapital des Klägers in Krypto-Währungen geltend.

Die seinerzeit eng befreundeten Parteien vereinbarten im Jahr 2017, dass der Beklagte, der sowohl über Erfahrung bei der Anlage in Krypto-Währungen als auch über das hierfür erforderliche technische Know-how und verfügte, den Kläger, welcher über keine diesbezüglichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügte, bei der Investition von Ersparnissen des Klägers in Krypto-Währungen unterstützen sollte.

Zu diesem Zweck überwies der Kläger im August und September 2017 insgesamt 84.061,00 € auf ein für ihn vom Beklagten angelegtes sogenanntes W Konto bzw. auf das Girokonto des Beklagten, welcher die Beträge dann auf sein sogenanntes X Konto, von dem, im Gegensatz zu einem W Konto, eine einmal erworbene Krypto-Währung in eine andere Krypto-Währung umgewechselt werden kann, einzahlte. Über die „Exchange-Plattform“ erwarb der Beklagte für den Kläger im August und September 2017 teilweise Ethereum und teilweise Bitcoin Anteile. Nach Überweisung der beiden Krypto-Währungen auf das Konto des Beklagten bei der Plattform „www.(...).com“ wechselte der Beklagte für den Kläger auch die zunächst erworbenen Bitcoins in Ethereum um, so dass sich auf der Grundlage des insgesamt vom Kläger an den Beklagten überwiesenen Betrages in Höhe von 84.061,00 € am 3.10.2017 insgesamt 309,01954785 Ethereum auf dem X Konto des Beklagten befanden, welche aus den Mitteln des Klägers stammten.

Im November 2017 wechselte der Beklagte einen Teil des Ethereums in Bitcoin um, da er auf deren Werterhöhung spekulierte, die jedoch ausblieb, so dass - bei einem gleichzeitigen Anstieg der Ethereum im Wert - der Beklagte die in Bitcoin gewechselten Ethereum Anteile - auf Grund eines gleichzeitigen Kursanstiegs von Ethereum - nicht mehr in voller Höhe bei dem „Rückwechsel“ von Bitcoin zurück zu Ethereum erhielt.

Am 1.2.2018 übertrug der Beklagte auf Aufforderung des Klägers von seinem X Konto 102,50048 Ethereum auf das Konto des Klägers.

Den Differenzbetrag in Höhe von 116,519018 Ethereum macht der Kläger mit seiner Klage geltend und begehrt deren Übertragung an seine im Klageantrag angegebene Adresse.

Der Kläger hat behauptet, dass der Beklagte zu der im November 2017 vorgenommenen Umwechselung von Ethereum in Bitcoin nicht berechtigt gewesen sei. Er habe keine Befugnis gehabt, „irgendetwas selbständig zu machen“. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass der Beklagte ihm zum Ersatz des entgangenen Gewinns in Höhe der Differenz zwischen dem zwischenzeitlich bestehenden Ethereum Kontostand (309,01954785 und dem rückübertragenen Ethereum in Höhe von 192,50048) mithin auf 116,519018 Ethereum verpflichtet sei.

Der Kläger hat beantragt,den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger Ethereum in Höhe von 116.5191785 Einheiten an die Adresse ... des Klägers zu übertragen.

Der Beklagte hat beantragt,die Klage abzuweisen.

Er hat den Klageantrag als nicht hinreichend bestimmt gerügt und behautet, dass ein Wertverlust auch eingetreten wäre, wenn er den Wechsel von Ethereum in Bitcoin nicht vorgenommen hätte. Im Übrigen habe der Kläger jedenfalls einen erheblichen Gewinn mithilfe des Beklagten erwirtschaftet, so dass ihm auch kein Schaden entstanden sei. Der Beklagte sei zu der Umwechslung von Ethereum in Bitcoin auch befugt gewesen, da er mit dem Kläger auch über die Möglichkeit einer beabsichtigten Aufspaltung der Krypto-Währungen gesprochen habe und der Kläger ihm in allem „freie Hand“ gelassen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 125 - 127 d. A.) und die zwischen den Parteien im ersten Rechtszug gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Urkunden und sonstigen Unterlagen Bezug genommen.

Mit am 9.3.2022 verkündetem Urteil (Bl. 125 ff. d. A.), dem Beklagten zugestellt am 11.3.2022 (Bl. 138 d. A.), hat das Landgericht der Klage weit überwiegend stattgegeben. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klage hinsichtlich des auf Übertragung gerichteten Anspruchs der Ethereum Anteile hinreichend bestimmt und mithin zulässig sei.

Dem Kläger stehe gegen den Beklagten ein Anspruch auf Übertragung der begehrten Ethereum Einheiten gemäß §§ 687 Abs. 2, 678 Abs. 2 BGB zu. Was mit dem Investment des Klägers zu geschehen hatte, sei grundsätzlich Angelegenheit des Klägers gewesen. Etwas Anderes hätten die Parteien auch nicht vereinbart und der Beklagte habe selbst mehrfach vorgetragen, dass nie vereinbart worden sei, dass mit dem Geld „etwa bestimmtes passieren solle“. Der vorgenommene Umtausch habe dem mutmaßlichen Willen des Klägers widersprochen, da ein eigenmächtiges Vorgehen des Beklagten zwischen den Parteien nicht abgesprochen gewesen sei. Es „dürfte“ daher davon ausgegangen werden, dass es nicht dem Willen des Klägers entsprochen habe, dass der Beklagte eigenmächtig Investitionen mit dessen Vermögen tätige. Zusätzlich habe es sich bei den Krypto- ‚Währungen um hoch risikoreiche Investments gehandelt, was ebenfalls dafürspreche, dass ein Handeln ohne Zustimmung des Klägers nicht gewollt gewesen „sein könne“. Dem Kläger sei durch die Umwechslung von Ethereum in Bitcoin auch ein kausaler Schaden in Höhe der verlorenen gegangenen Ethereum Anteile entstanden. Der zu ersetzende Schaden umfasse nämlich auch den entgangenen Gewinn nach § 252 BGB.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird dort auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Den Tatbestandberichtigungsantrag des Beklagten vom 18.3.2022, dem der Kläger mit Schriftsatz von 28.3.2022 „zugestimmt“ hat, dahingehend, dass es im streitigen Tatbestand heißen müsse, dass der Kläger Einblick und Zugriff auf die Konten gehabt habe, die Parteien vor der Aufspaltung über die beabsichtigte Aufspaltung gesprochen hätten und der Kläger dem Beklagten freie Hand gelassen habe, hat das Landgericht mit Beschluss vom 30.3.2022 zurückgewiesen. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf den Tatbestandsberichtigungsantrag vom 18.3.2022 (Bl. 140, 141 d. A.), die Zustimmung hierzu durch den Kläger mit Schriftsatz vom 28.3.2022 (Bl. 144 d. A.) und den Beschluss des Landgerichts vom 30.3.2022 (Bl. 146, 147 d. A.) Bezug genommen.

Gegen das ihm am 11.3.2022 (Bl. 139 d. A.) zugestellte Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner am 24.3.2022 beim Oberlandesgericht eingegangenen Berufung (Bl.150 d. A.). Mit seiner nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 11.6.2022 (Bl. 163 d. A.) am 9.6.2022 (Bl. 166 d. A.) eingegangenen Berufungsbegründung zieht der Kläger zunächst die Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen im Zusammenhang mit der vom Landgericht als unstreitig angesehenen Tatsache, der Beklagte habe ohne vorherige Absprache mit dem Kläger einen Teil des Ethereum in Bitcoin umgewechselt, in Zweifel.

Die Fehlerhaftigkeit der diesbezüglichen landgerichtlichen Feststellung ergebe sich schon daraus, dass der Kläger selbst dem Tatbestandsberichtigungsantrag ausdrücklich zugestimmt habe, mithin auch der Kläger den Beklagtenvortrag als unstreitig bestätigt habe.

Darüber hinaus beanstandet der Kläger auch die Verletzung materiellen Rechts. Entgegen der Annahme des Landgerichts könne nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass die Aufspaltung der Krypto- Währung nicht dem (mutmaßlichen) Willen des Klägers entsprochen habe. Die bestehende Unsicherheit beim Landgericht komme schon dadurch zum Ausdruck, dass das Landgericht auf Seite 6 des Urteils insoweit den Konjunktiv („… dürfte hier davon ausgegangen werden, dass es nicht dem Willen des Klägers entsprach …“) gewählt habe.

Es habe keine Geschäftsführung gegen den Willen des Klägers vorgelegen. Darüber hinaus fehle es auch in subjektiver Hinsicht an der anspruchsbegründenden Voraussetzung der subjektiven Kenntnis des Beklagten davon, dass er nicht zum Umtausch berechtigt gewesen sei.

Schließlich verstoße die angefochtene Entscheidung auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB, da der Kläger auf Grund der hohen erzielten Gewinne auch nicht schutzbedürftig sei.

Der Beklagte beantragt,unter Abänderung des am 9.3.2022 verkündeten Urteils des Landgerichts Darmstadt, Az. 9 O 209/19, die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt im Wesentlichen unter Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens die klagestattgebende Entscheidung.

Er vertritt die Ansicht, dass die im zweiten Rechtszug erhobenen Einwendungen des Beklagten nicht durchgreifen würden. Denn es bleibe dabei, dass der Beklagte eigenmächtig eine Aufspaltung des Ethereum und Bitcoin vorgenommen habe und dass selbst, wenn er - der Kläger - dem Beklagten „freie Hand“ gelassen hätte, dies den Beklagten nicht von dessen Sorgfaltspflicht befreit habe, weshalb sich der Beklagte auch nicht auf § 242 BGB berufen könne.

Der Senat hat beide Parteien in der mündlichen Verhandlung am 22.3.2023 gemäß § 141 ZPO informatorisch angehört.

Der Kläger hat ergänzend zu seiner informatorischen Anhörung vor dem Landgericht in der mündlichen Verhandlung vom 17.2.2022 (vgl. Protokoll Bl. 108 - 112 d. A.), auf die Bezug genommen wird, angegeben, dass der Beklagte nur in Ethereum habe investieren sollen. Der Beklagte habe ihm eine „Wallet“ gemacht und er habe sich verpflichtet, das erforderliche Kapital zu überweisen. Der Beklagte habe ihm gegenüber geäußert, er habe Bitcoins gekauft und ihm einige Tage später mitgeteilt, dass er im Weiteren in Ethereum invertieren werde. Der Wechselkurs habe damals etwas „gesponnen“. Der Beklagte habe dann Ethereum gekauft und durch die Umwechslung seien zunächst nur etwa 1.000,00 € verlorengegangen. Jedenfalls sei nie vereinbart worden, dass der Beklagte selbständig agieren solle. Er habe nur Käufe, aber keine Verkäufe vornehmen sollen. Ausdrücklich habe er allerdings nie gesagt, dass der Kläger nur kaufen solle.

Der Beklagte hat angegeben, dass der Kläger ihm mitgeteilt habe, dass er - der Kläger - Teile des Erlöses aus einem Hausverkauf in Bitcoin investieren wolle. Er - der Kläger - habe versucht gehabt, sich in einer „CFD“ (Call for Difference) anzumelden, dies habe jedoch nicht funktioniert. Daraufhin habe ihm der Beklagte angeboten, ihm bei der Investition zu helfen. Sodann sei ein W Konto, auf dem man jedoch nur Krypto-Währungen kaufen und nicht habe verkaufen können, angelegt worden. Deshalb sei man zum X Konto des Beklagten gewechselt, da man von dort sowohl kaufen als auch verkaufen („traden“) konnte. Der Beklagte hat weiter angeführt, dass es zu keinem Zeitpunkt irgendwelche konkreten Anweisungen des Klägers für die Investitionen gegeben habe. Es sei im Laufe der Zeit relativ oft über gute Kaufmomente und dergleichen, aber nie im Detail darüber gesprochen worden. Vielmehr habe er - der Beklagte - völlig freie Hand gehabt, da der Kläger keine Ahnung von dem Geschäft gehabt habe. Alles habe in seiner Hand gelegen. Auch bei dem seinerzeit wöchentlich stattfindenden Grillen sei über die Umwechslung von Coins im Sinne einer Aufgabelung/Aufspaltung über Bitcoin cash gesprochen worden. Die vorgenommene Aufspaltung zwischen Ethereum und Bitcoin sei erfolgversprechend gewesen, dann sei jedoch auf Grund des erheblichen Kursanstiegs von Ethereum und des Kursverlustes von Bitcoin eine Umwechslung in den vorherigen Wert nicht mehr möglich gewesen und es sei zu dem hier streitgegenständlichen Verlust gekommen.

Aus den Gründen II.

Die Berufung des Beklagten ist gemäß §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Das Rechtsmittel hat in der Sache umfassend Erfolg und führt unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur vollständigen Klageabweisung.

Das erstinstanzliche Urteil hält der berufungsrechtlichen Überprüfung weder in verfahrensrechtlicher noch in materiell-rechtlicher Hinsicht Stand.

Die Klage erweist sich jedoch aus den jedenfalls insoweit vom Landgericht zutreffend angeführten Gesichtspunkten als zulässig. Insbesondere ist der geltend gemachte Anspruch auf Übertragung der Ethereum in Höhe von 116,5191785 Einheiten an die angegebene Adresse des Klägers hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar im Sinne des § 253 Abs. 2 ZPO. Da es sich bei Kryptotoken wie Ethereum und Bitcoin um virtuelle, d. h. unkörperliche Gegenstände und damit nicht um eine Sache im Sinne des § 90 BGB handelt, welche nur bei körperlichen Gegenständen anzunehmen ist, kann weder eine Übertragung nach sachenrechtlichen Vorschriften gemäß §§ 929 ff. BGB noch ein Herausgabeanspruch nach §§ 985, 986 BGB erfolgversprechend geltend gemacht werden.

Bei Ethereum handelt es sich um eine digitale Plattform, die die Block-Chaine-Technologie von Bitcoin einsetzt und dessen Verwendung erweitert, um eine Vielzahl von anderen Anwendungen aufzunehmen. Der wesentliche Unterschied zwischen Bitcoin und Ethereum liegt darin, dass der Erfinder des Bitcoins diese ausschließlich als reine digitale Währung konzipiert hat. Ethereum hingegen dient als komplexes Netzwerk für komplexes smart contracts und dezentrale Anwendungen. Nach der EU-Richtlinie 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30.5.2018 handelt es sich bei einer virtuellen Währung gemäß Art. 3 Nr. 18 der fünften Geldwäscherichtlinie um eine digitale Darstellung eines Werts, die von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird, die nicht zwangsläufig an eine gesetzlich festgelegte Währung angebunden ist und die nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber von natürlichen oder juristischen Personen als Tauschmittel akzeptiert wird und die auf elektronischem Weg übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann.

Es bleibt mithin lediglich der vom Kläger zutreffend in der beantragten Form geltend gemachte Anspruch auf „Übertragung“ des Ethereum möglich (vgl. hierzu auch OLG Düsseldorf, Beschluss v. 19.1.2021, Az. I-7 W 44/20).

Die Klage erweist sich jedoch in der Sache als unbegründet.

Dem Kläger steht der gegen den Beklagten geltend gemachte Schadensersatzanspruch auf Erstattung des ihm entgangenen Gewinns durch die vom Beklagten vorgenommene Umwechslung von Teilen des Ethereum in Bitcoin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Zunächst ist die vom Landgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Anspruchsgrundlage gemäß § 687 Abs. 2 BGB offensichtlich nicht einschlägig. Voraussetzung für eine Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB wäre, dass der Geschäftsführer, also der Beklagte, ausschließlich mit Eigengeschäftsführerwillen gehandelt hätte. Er müsste das Geschäft eigennützig, also durch sein HaKradeln nach außen erkennbar mit der Absicht geführt haben, es als eigenes zu behandeln (BGH, NJW-RR 89, 1254, 1255). Diese Voraussetzungen liegen schon nach dem unstreitigen Parteivorbringen im Rahmen des zwischen den Parteien bestehenden Gefälligkeitsverhältnisses und eines Handelns des Beklagten für den Kläger als Geschäftsherrn nicht vor. Denn der Beklagte ist nicht - nicht einmal nach dem Vortrag des Klägers - eigennützig mit der erkennbaren Absicht, die Umwandlung als eigenes Geschäft zu behandeln, tätig geworden.

Es handelt sich somit schon nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien um ein objektiv fremdes Geschäft, also um ein solches, dass die Rechtsordnung nach Inhalt, Natur und/oder äußerem Erscheinungsbild des Geschäfts einem anderen Rechts- und Interessenkreis als dem des Handelnden zuordnet, d. h. dessen Vorname nach den rechtlichen Regeln einem anderen als dem Geschäftsführer obliegt oder gar vorbehalten ist (vgl. Grünewald, BGB, 82. Auflage, § 677, Rz. 4).

Da es sich bei den sogenannten Krypto-Währungen weder um absolute Rechte noch um relative oder sonstige Rechte im Sinne des § 823 BGB handelt, mithin deliktische Ansprüche nach § 823 ff. BGB offensichtlich ausscheiden, kommt im vorliegenden Streitfall als einzig in Betracht zu ziehende Anspruchsgrundlage allenfalls ein möglicher Schadensersatzanspruch des Klägers nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 677, 678, 280 Abs. 1, 282 BGB in Betracht.

Zweifelsfrei hat der Beklagte ein objektiv fremdes Geschäft geführt (vgl. oben), zumal er aus seinem unentgeltlichen „Freundschaftsdienst“ für den Kläger keine eigenen wirtschaftlichen oder sonstigen Vorteile erlangen sollte bzw. erlangt hat. Bei der vom Beklagten geäußerten Ansicht, der Kläger habe durch das Investment auch eigene Vorteile erstrebt, handelt es sich um eine bloße Vermutung „ins Blaue hinein“, welche durch entsprechen Tatsachenvortrag nicht belegt ist.

Zugleich liegt auch der, bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen grundsätzlich zu vermutende Fremdgeschäftsführerwille beim Beklagten zweifelsfrei vor.

Die zentral entscheidungserhebliche Frage stellt sich vorliegend dahingehend, ob die Umwandlung von einer Krypto-Währung (Ethereum) in eine andere (Bitcoin) im Widerspruch zu dem wirklichen oder hilfsweise mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, also des Klägers, stand.

Maßgeblich ist zunächst in erster Linie der wirkliche ausdrücklich oder konkludent geäußerte Wille des Geschäftsherrn (vgl. Koblenz, NJW-RR 95, 15). Der Kläger trägt jedoch insoweit nicht einmal selbst vor - auch nicht im Rahmen seiner informatorischen Anhörung - ausdrücklich oder auch nur konkludent einen der Umwandlung des Ethereum in Bitcoin entgegenstehenden Willen geäußert zu haben.

In Betracht kommt mithin somit allenfalls ein Handeln gegen den mutmaßlichen Willen des Klägers, d. h. denjenigen Willen, den der Geschäftsherr (Kläger) bei objektiver Beurteilung aller Umstände im Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführung geäußert haben würde (BGH, NJW 16, 2407).

Erhebliche begründete Zweifel des Senats an einem Handeln des Beklagten gegen den mutmaßlichen Willen des Klägers bestehen insbesondere bereits deshalb, weil eine Haftung des Beklagten in subjektiver Hinsicht voraussetzt, dass dieser den entgegenstehenden Willen des Geschäftsherrn erkannt oder infolge Fahrlässigkeit nicht erkannt hat, ihn also bei Anwendung der gehörigen Sorgfalt hätte erkennen müssen (sog. Übernahmeverschulden). Dies lässt sich bereits dem zwischen den Parteien unstreitigen Sachverhalt nicht entnehmen.

Im vorstehenden Zusammenhang leidet das angefochtene Urteil jedoch insbesondere daran, dass das Landgericht entscheidungserheblichen Parteivortrag, insbesondere denjenigen des Beklagten, teilweise verkannt und zugleich in unzulässiger Weise entscheidungserheblichen Vortrag des Beklagten unbeachtet gelassen bzw. verkürzt dargestellt hat.

Denn die im Tatbestand auf Seite 3 des angefochtenen Urteils im dritten Absatz vom Landgericht als unstreitig angesehene Feststellung dahingehend, dass der Beklagte im November 2017 „ohne vorherige Absprache mit dem Kläger“ die Umwechslung von Ethereum in Bitcoin vornahm, erweist sich bei verständiger Würdigung des Beklagtenvorbringens zumindest im Kontext als unzutreffend.

Zwar hat der Beklagte auf Seite 2 der Klageerwiderung vom 4.10.2019 vorgetragen, dass es nie einen konkreten Auftrag oder ähnliches durch den Kläger gegeben habe, sondern es klar gewesen sei, dass er risikoreich im Bereich der Krypto Währungen investieren sollte. Auch hatten die Parteien zu keiner Zeit vereinbart, dass mit dem Geld bzw. der Internetwährung irgendetwas bestimmtes erfolgen sollte (vgl. Bl. 33 d. A.). Ergänzend hat der Beklagte jedoch mit Schriftsatz vom 7.2.2022 (Bl. 99 d. A.) zusätzlich vorgetragen, dass beim gemeinsamen Grillen zwischen den Parteien im Garten des Beklagten darüber gesprochen worden sei, dass eine Aufspaltung der Konten in verschiedene Krypto Währungen vorgenommen werden könnte. Der Kläger, welcher Einblick und Zugriff auf die Konten gehabt habe, habe dabei ihm, dem Beklagten insoweit „freie Hand“ gelassen. Entgegen der unzutreffenden Annahme des Landgerichts in dem den Tatbestandsberichtigungsantrag des Beklagten zurückweisenden Beschluss vom 30.3.2022 stellt der diesbezügliche Vortrag des Beklagten durchaus ein ausreichendes Bestreiten der Behauptung des Klägers, der Beklagte habe die Aufspaltung ohne vorherige Absprache mit dem Kläger vorgenommen, dar.

Denn aus dem Vortrag des Beklagten ergibt sich insoweit für den Senat zweifelsfrei, dass nach dessen Vorbringen, über eine Vornahme der Aufspaltung der Konten zuvor gesprochen worden sei und der Beklagte hierbei freie Hand gehabt habe.

Dem Tatbestandsberichtigungsantrag des Beklagten hätte somit stattgegeben werden müssen. Dies zumindest insoweit, als der Beklagte die vom Landgericht unterlassene Aufnahme seines Vortrags dahingehend, „dass der Kläger Einblick und Zugriff auf die Konten hatte, die Parteien vor der Aufspaltung über die beabsichtigte Aufspaltung gesprochen hatten und der Kläger dem Beklagten freie Hand gelassen hatte“, beantragt hat. Diesem Vortrag hat der Kläger im ersten Rechtszug auch nicht schriftsätzlich widersprochen, sondern lediglich im Rahmen seiner informatorischen Anhörung in der Sitzung des Landgerichts vom 17.2.2022 (vgl. dort Seite 3, Bl. 110 d. A.) angegeben, dem Beklagten nie „eine Befugnis, selbständig irgendetwas zu machen“, gegeben zu haben. Als verfahrensfehlerhaft erweist sich insoweit auch der Umstand, dass das Landgericht hierzu im ersten Rechtszug lediglich den Kläger, nicht jedoch auch den Beklagten, informatorisch angehört hat, was mangels entsprechender Beweisangebote der Parteien schon aus Gründen der Waffengleichheit und nach den Grundsätzen eines fairen Verfahrens erforderlich gewesen wäre.

Der Senat hat daher nicht die teilweise unzutreffenden Tatsachenfeststellungen

des Landgerichts, sondern die nach - ergänzender - Anhörung der Parteien getroffenen eigenen Feststellungen seiner Entscheidung zugrunde gelegt.

Nach der - in Bezug auf den Kläger ergänzenden - informatorischen Anhörung der Parteien vermochte sich der Senat nicht mit der erforderlichen Zuverlässigkeit im Sinne des § 286 ZPO die Überzeugung vom Vorliegen eines dem mutmaßlichen Willen des Klägers widersprechenden Handelns durch den Beklagten und somit von einer einen Schadensersatzanspruch des Klägers auslösenden Pflichtverletzung des Beklagten zu bilden.

Zunächst ist hierbei zu beachten, dass es zwischen den Parteien unstreitig ist, dass der Kläger zum seinerzeit maßgeblichen Zeitpunkt in 2017 selbst über keine Erfahrungen oder Kenntnisse im Zusammenhang mit der Investition in Krypto Währungen - im Gegensatz zum Beklagten - verfügte. So hat sich der Kläger schon nach seinem eigenen - teilweise widersprüchlichen Vortrag - bereits nicht konkret entschieden bzw. dem Beklagten vorgegeben, die Gelder ausschließlich in Ethereum anzulegen, sondern war ganz allgemein an einem Investment in Krypto Währungen interessiert (vgl. unstreitiger Teil - dort zweiter Absatz - des Tatbestands des angefochtenen Urteils - insoweit zutreffend -).

Vielmehr war der Kläger daran interessiert, durch die Investition in Krypto Währungen in Höhe von insgesamt ca. 84.000,00 € durch die von dem, ihm hierbei behilflichen, Beklagten vorgenommenen Anlagegeschäfte einen möglichst hohen Gewinn zu erzielen, was ihm auch unter Zugrundelegung des aktuellen Börsenwertes gelungen ist, da das Ethereum derzeit einem Gegenwert von ca. 300.000,00 € entspricht, der Kläger mithin seine Investition nahezu vervierfacht hat.

Der Beklagte hat den in Sachen Krypto Währungen unkundigen Kläger sowohl bei der technisch notwendigen Ausführung, etwa bei der Erstellung eines Kontos auf einer Exchange-Plattform sowie mit dem zur Verfügung stellen des „X Kontos des Beklagten zum Kauf bzw. der Umwechslung der Krypto Währungen unterstützt.

Unstreitig ist zwischen den Parteien darüber hinaus, dass bereits zu Beginn der Investition, der Beklagte in Kenntnis und mit Zustimmung des Klägers das zu investierende Kapital nicht nur in Ethereum, sondern auch in Bitcoin umgewechselt bzw. auch Bitcoins für die zur Verfügung gestellten Eurobeträge zunächst erworben hat.

Dem Senat erschließt sich daher bereits denklogisch nicht, weshalb im weiteren Verlauf der Investitionen eine vom Beklagten erneut vorgenommene Umwechslung - nunmehr von Ethereum in Bitcoin zurück - dem mutmaßlichen Willen des Klägers widersprochen haben sollte, zumal nach dem insoweit ebenfalls unstreitigen Vorbringen die Umwechslung dem Beklagten erfolgversprechend erschien.

Ebenso wenig lässt sich hiermit der - nicht mit konkreten Tatsachen unterlegte - Vortrag des Klägers im Rahmen seiner informatorischen Anhörung vor dem Landgericht in Übereinstimmung bringen, wonach der Beklagte „keine Befugnisse hatte, selbständig irgendetwas zu machen“. Auch vermochte der Kläger im Rahmen seiner informatorischen Anhörung auf entsprechende Vorhalte des Senats nicht plausibel und überzeugend darzulegen, weshalb der Beklagte, der über die erforderlichen Kenntnisse und technischen Voraussetzungen verfügte, nicht befugt gewesen sein sollte, „selbständig irgendetwas zu machen“, zumal der Beitrag des Klägers im vorstehenden Zusammenhang sich unstreitig allein auf die bloße Zurverfügungstellung der zu investierenden Eurobeträge beschränkte.

Überzeugender und glaubhafter erscheinen dem Senat daher die Angaben des Beklagten, wonach der Kläger ihm - dem Beklagten - im Rahmen der vorzunehmenden Investitionen durch Käufe bzw. Umwechslungen „freie Hand“ gelassen habe und sogar über eine Aufspaltung/Aufsplittung der Krypto Währung zwischen den Parteien gesprochen worden sei. Insbesondere überzeugen den Senat die Angaben des Beklagten dahingehend, dass die Überweisung der erworbenen Coins auf sein X Konto gerade deshalb erfolgt sei, um die Möglichkeit von Umwechslungen zwischen den einzelnen Krypto Währungen vorzunehmen, was auf dem einfachen W Konto nicht möglich gewesen wäre. Denn nur auf dem X Konto könne man „traden“, d. h. bestimmte Krypto Währungen auch wieder verkaufen.

Selbst der Kläger hat im Übrigen nicht vorgetragen, dass es mit dem Ankauf von Krypto- Währungen auf seinem W Konto sein Bewendenden haben sollte. Vielmehr ging es dem Kläger darum, durch „Trading“, ausgeführt vom Beklagten, hoch risikoreich zu invertieren und Gewinne zu erzielen, so dass sein Versuch, den Teilverlust der Ethereum dem Kläger anzulasten und hierdurch - neben den bereits erzielten exorbitant hohen Gewinnen - weitere Gewinne zu realisieren, auch wegen seines widersprüchlichen Verhaltens und mangels seiner insoweit schutzwürdigen Eigeninteressen nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB scheitern muss.

Der Senat kann es jedoch letztlich aus prozessualen Gründen mangels Entscheidungserheblichkeit im Rahmen der vorzunehmenden Glaubhaftigkeits-/Glaubwürdigkeitsbeurteilung offenlassen, ob er einer Partei mehr Glauben schenkt als der anderen, zumal beide Parteien ein unmittelbar eigenes wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits haben und daher gleichermaßen glaub- bzw. unglaubwürdig erscheinen.

Denn den Kläger trifft die alleinige Darlegungs- und Beweislast für sämtliche anspruchsbegründenden Voraussetzungen, mithin auch für ein seinem mutmaßlichen Willen widersprechendes pflichtwidriges Handeln des Beklagten. Ungeachtet dessen, dass der Senat ohnehin eher der Annahme zuneigt, dass sich der Sachverhalt entsprechend der Schilderungen des Beklagten zugetragen hat, kann eine Festlegung mangels Entscheidungserheblichkeit offenbleiben, da (mindestens) ein non liquet Beweisergebnis vorliegt, welches auf Grund der bestehenden Beweislast zu Lasten des Beklagten geht und die Klageabweisung in vollem Umfang rechtfertigt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen, die die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen könnten, sind von den Parteien weder vorgetragen worden, noch waren solche Gesichtspunkte von Amts wegen ersichtlich.

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