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Wirtschaftsrecht
11.07.2024
Wirtschaftsrecht
BGH: Insolvenzanfechtung und Inkongruente Deckung

BGH, Urteil vom 18.1.2024 – IX ZR 6/22

ECLI:DE:BGH:2024:180124UIXZR6.22.0

Volltext: BB-Online BBL2024-1666-3

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Amtliche Leitsätze

Gewährt der Schuldner dem Anfechtungsgegner im Zustand der drohenden Zahlungsunfähigkeit eine inkongruente Deckung und hat die Inkongruenz ein erhebliches Gewicht, obliegt dem Anfechtungsgegner der Gegenbeweis, dass die angefochtene Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften, wenn auch letztlich fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs war (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 3. März 2022 - IX ZR 78/20, BGHZ 233, 70 Rn. 74).

InsO § 133 Abs. 1 S. 1

Ist der Anfechtungsgegner im Zeitpunkt der Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung nur zu einer kürzeren als der von ihm nach dem Sanierungsgutachten geforderten Prolongation der gewährten Darlehen bereit, kann dies Zweifel am Vertrauen auf einen ernsthaften und erfolgversprechenden Sanierungsversuch begründen.

InsO § 133 Abs. 1 S. 2

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 18. September 2006 am 1. Dezember 2006 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der E.        OHG (im Folgenden: Schuldnerin). Die Schuldnerin produzierte und vertrieb Modelleisenbahnen und hatte bei den fünf beklagten Banken, im Fall der Beklagten zu 4 und 5 bei deren Rechtsvorgängerinnen, erhebliche Verbindlichkeiten. Nachdem die Kreditlinie der Schuldnerin bei der Beklagten zu 1 am 19. April 2005 ausgelaufen war, fand am 31. Mai 2005, dem Tag des Auslaufens der Kreditlinie auch bei der Beklagten zu 4, ein Treffen statt, bei dem die Beklagten von der Schuldnerin eine Nachbesicherung forderten. Die Schuldnerin gab zur Prüfung ihrer Sanierungsfähigkeit und -würdigkeit bei der Nebenintervenientin ein Gutachten in Auftrag. Die Beklagten zu 1 und 4 stundeten ihre Forderungen bis zum 15. August 2005. Die Laufzeiten der Kredite der Beklagten zu 2 und 3 endeten erst am 30. September 2005, das Darlehen der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 5 war langfristiger Natur.

Die Rechtsanwälte der Schuldnerin erklärten dieser mit Anwaltsschreiben vom 6. Juni 2005, dass sie eine Nachbesicherung bestehender Betriebsmittellinien in der Krise für rechtlich äußerst bedenklich hielten und ein Insolvenzverwalter die Bestellung der Sicherheiten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anfechten werde. Die auf Seiten der Banken verhandlungsführende Beklagte zu 1 übersandte der Schuldnerin in den Wochen nach dem Treffen vom 31. Mai 2005 Verträge über Nachbesicherungen. Die darunter befindliche Sicherungsübereignung des gesamten Warenlagers zeichnete die Schuldnerin am 24. Juni 2005 gegen und sandte sie an die Beklagte zu 1 zurück. Die weiteren Verträge über Globalzessionen hinsichtlich gegenwärtiger und zukünftiger Forderungen der Schuldnerin gegenüber verschiedenen Drittschuldnern und über eine Sicherungsübereignung ihres Anlagevermögens unterzeichnete die Schuldnerin am 13. Juli 2005, reichte sie aber nicht an die Beklagte zu 1 zurück, sondern übermittelte sie an ihre Rechtsanwälte mit der Auflage, sie erst dann weiterzuleiten, wenn dies strafrechtlich unbedenklich sei.

Am 12. August 2005 legte die Nebenintervenientin ihr Sanierungsgutachten vor, in dem die Schuldnerin insbesondere unter den Prämissen, dass die Umsätze steigen würden, die in den USA tätige Tochtergesellschaft Verbindlichkeiten gegenüber der Schuldnerin begleichen würde und die Banken die Kredite bis Ende 2007 prolongieren würden, als sanierungsfähig angesehen wurde. Am 30. August 2005 erklärten sich die Beklagten grundsätzlich zur Finanzierung bis zum 31. März 2006 bereit. Am selben Tag übergaben die Rechtsanwälte der Schuldnerin der Beklagten zu 1 die unterschriebenen Verträge betreffend die Nachbesicherungen und erklärten die Freigabe "Zug um Zug gegen eine Erklärung des Bankenpools", dass bis zum 31. März 2006 prolongiert werde. Durch Übersendung entsprechender Dokumente am 23. September 2005 verpfändete die Schuldnerin ferner Markenrechte an die Beklagten und trat ihnen Ansprüche aus Lizenzverträgen ab.

Der Kläger hat die Nachbesicherungen angefochten. Das Landgericht hat die Klage - soweit noch von Interesse - in Bezug auf die Feststellung des Nichtbestehens von Ansprüchen oder Rechten der Beklagten zu 1 aus den fünf Globalzessionsverträgen und dem Sicherungsübereignungsvertrag vom 13. Juli 2005 und aller Beklagten aus dem Verpfändungs- und Abtretungsvertrag vom 23. September 2005 abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Schlussanträge aus der Berufungsinstanz weiter.

Aus den Gründen

5          Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.   I.

 

6          Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in NZI 2022, 165 veröffentlicht ist, hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

 

7          Der Kläger habe nicht beweisen können, dass die Schuldnerin im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlungen vom 30. August und 23. September 2005 mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt habe. In diesen Zeitpunkten habe die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gedroht, weil diese die seinerzeit noch nicht prolongierten Forderungen der Banken nicht unmittelbar vollumfänglich hätte begleichen können. Da der Befriedigungsanspruch selbst keinen Anspruch auf Sicherung gebe, sei die Nachbesicherung letztlich inkongruent. Die Bereitschaft der Beklagten, auf ihre Befriedigung für einen festgelegten Zeitraum zu verzichten, begründe keine Kongruenz, denn die Schuldnerin habe im Gegenzug für die Nachbesicherung nichts außer einem Hinausschieben der Befriedigung erlangt. Indessen reiche die Gewährung einer inkongruenten Deckung nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Annahme der Gläubigerbenachteiligung alleine nicht aus. Dass die Schuldnerin in der sicheren Erwartung der Zahlungsunfähigkeit gehandelt hätte, habe der Kläger nicht beweisen können. Die nach Vorlage des Sanierungsgutachtens mit anwaltlicher Unterstützung erfolgten Nachbesicherungen seien Bestandteil eines ernsthaften Sanierungsversuchs auf der Grundlage eines schlüssigen Sanierungskonzepts gewesen. Aus Sicht der Schuldnerin seien für die erstrebte Prolongation der Kredite nur noch die Nachbesicherungen erforderlich gewesen, die es ihr gerade ermöglichen würden, zahlungsfähig zu bleiben. Selbst bei Unterstellung eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin hätten die Beklagten wegen ihres Vertrauens auf das Sanierungsgutachten die sich aus § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO ergebende Vermutung widerlegt.

 

II.

8          Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Mit der Begründung des Berufungsgerichts können weder ein Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin noch die Kenntnis der Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz verneint werden.

 

9          1. Maßgeblich sind die bis zum 4. April 2017 geltenden Anfechtungsvorschriften (Art. 103j EGInsO). Gemäß § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO). Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners setzt voraus, dass der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge seiner Rechtshandlung erkannt und gebilligt hat.

 

10        Die Beweislast für den Benachteiligungsvorsatz und die Kenntnis des Gläubigers liegt beim anfechtenden Insolvenzverwalter. Da es sich beim Benachteiligungsvorsatz sowie bei der Kenntnis des Anfechtungsgegners hiervon um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt, können die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung in aller Regel nur mittelbar aus objektiven (Hilfs-)Tatsachen hergeleitet werden. Aufgabe des Tatrichters ist es, die ihm unterbreiteten Hilfstatsachen auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der mündlichen Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme gemäß § 286 Abs. 1 ZPO umfassend und widerspruchsfrei zu würdigen und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den für und gegen den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und die Kenntnis von diesem sprechenden Beweisanzeichen zu berücksichtigen. Die einzelnen Beweisanzeichen dürfen allerdings nicht schematisch angewandt werden (BGH, Urteil vom 17. September 2020 - IX ZR 174/19, NZI 2020, 1101 Rn. 17; vom 23. Juni 2022 - IX ZR 75/21, NZI 2022, 777 Rn. 17 f mwN).

 

11        An die Feststellungen des Tatrichters ist das Revisionsgericht nach Maßgabe des § 559 Abs. 2 ZPO gebunden. Das Revisionsgericht hat allerdings die Frage, ob der Tatrichter die Grundsätze über die Beweislast richtig angewendet hat, auch ohne Rüge jedenfalls dann nachzuprüfen, wenn es um die Zuweisung der Beweislast bei der Anwendung materieller Rechtssätze geht (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1998 - VI ZR 239/97, NJW 1999, 860, 861; MünchKomm-ZPO/Krüger, 6. Aufl., § 559 Rn. 17 iVm § 557 Rn. 27). Außerdem ist zu überprüfen, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Natur- oder Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt ferner das Beweismaß (BGH, Urteil vom 6. Mai 2015 - VIII ZR 161/14, NJW 2015, 2111 Rn. 11).

 

12        2. Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht den Beweis als nicht geführt ansieht, dass die Schuldnerin mit Benachteiligungsvorsatz handelte, ist rechtsfehlerhaft. Insbesondere beruht die Befassung des Berufungsgerichts mit dem Beweisanzeichen der Inkongruenz auf einem Fehlverständnis des Senatsurteils vom 6. Mai 2021 (IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 ff). Zudem weisen seine Feststellungen zum Sanierungskonzept durchgreifende Rechtsfehler auf.

 

13        a) Für einen Benachteiligungsvorsatz spricht die Inkongruenz der Leistung bei gleichzeitig beengten finanziellen Verhältnissen (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2013 - IX ZR 248/12, WM 2013, 2233 Rn. 12 mwN; vom 20. April 2017 - IX ZR 252/16, WM 2017, 1215 Rn. 24; vom 17. September 2020 - IX ZR 174/19, NZI 2020, 1101 Rn. 18). Diese Voraussetzungen sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllt.

 

14        Das Berufungsgericht hat die Inkongruenz der Nachbesicherung festgestellt, weil den Beklagten kein Anspruch auf die ihnen gewährte Art der Nachbesicherung zustand. Dies nimmt die Revision als ihr günstig hin. Die Beklagten erheben keine Gegenrügen. Rechtsfehler sind nicht ersichtlich. Weiter rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht an, dass die Schuldnerin zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlungen drohend zahlungsunfähig war.

 

15        b) Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, dass der Kläger vor diesem Hintergrund auch zu beweisen hätte, dass die Schuldnerin die sichere Erwartung ihrer Zahlungsunfähigkeit gehabt haben müsse. Unzutreffend ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die neue Ausrichtung der Vorsatzanfechtung finde auch im Fall der inkongruenten Deckung Anwendung.

 

16        aa) Die Vorsatzanfechtung beruht nicht auf dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung, sondern schützt das Interesse der Gläubiger, dass der Schuldner ihre prinzipiell gleichen Befriedigungschancen nicht beeinträchtigt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 150; vom 16. Januar 2014 - IX ZR 31/12, WM 2014, 272 Rn. 17; vom 22. Juni 2017 - IX ZR 111/14, WM 2017, 1424 Rn. 20; vom 6. Juli 2017 - IX ZR 178/16, ZIP 2017, 1677 Rn. 17; vom 17. September 2020 - IX ZR 174/19, ZIP 2020, 2135 Rn. 16; vom 3. März 2022 - IX ZR 78/20, BGHZ 233, 70 Rn. 18). Im Falle der Anfechtung kongruenter Deckungen sind insbesondere die Systematik der Anfechtungstatbestände sowie die Systematik des § 133 Abs. 1 InsO selbst zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 31). Dies betrifft zum einen die gesetzlichen Wertungen der Deckungsanfechtung (§§ 130 bis 132 InsO; vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 33 f) und zum anderen Sinn und Zweck der gesetzlichen Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 35).

 

17        bb) Die neue Rechtsprechung des Senats zu § 133 Abs. 1 InsO betrifft die Fallgruppe der kongruenten Deckungen. Erbringt der Schuldner eine kongruente Deckung, kann allein aus einer drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht gefolgert werden, dass der Schuldner mit Benachteiligungsvorsatz handelte (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 30 ff, insbesondere Rn. 32 f; vom 23. Juni 2022 - IX ZR 75/21, NZI 2022, 777 Rn. 22; vom 3. März 2022 - IX ZR 78/20, BGHZ 233, 70 Rn. 74). Bei einer kongruenten Deckung setzt der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners im Fall der erkannten Zahlungsunfähigkeit zusätzlich voraus, dass der Schuldner im maßgeblichen Zeitpunkt wusste oder jedenfalls billigend in Kauf nahm, seine übrigen Gläubiger auch künftig nicht vollständig befriedigen zu können; dies richtet sich nach den ihm bekannten objektiven Umständen (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 31, 36).

 

18        cc) Davon zu unterscheiden ist die Fallgruppe der inkongruenten Deckungen. Die Gewährung einer inkongruenten Deckung beeinträchtigt die prinzipiell gleichen Befriedigungschancen, weil der Gläubiger kein Recht hat, diese Leistung zu fordern. Gerade das Recht des Gläubigers, die Leistung zu fordern, unterscheidet kongruente und inkongruente Rechtshandlungen (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2018 - IX ZR 143/17, BGHZ 220, 280 Rn. 18; vom 23. Juni 2022 - IX ZR 75/21, NZI 2022, 777 Rn. 43, je mwN). Daher ist die Gewährung einer inkongruenten Deckung in der Regel ein starkes Beweisanzeichen für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners, wenn Anlass bestand, an der Zahlungsfähigkeit des Schuldners zu zweifeln (BGH, Urteil vom 17. September 2020 - IX ZR 174/19, NZI 2020, 1101 Rn. 23; Beschluss vom 14. Januar 2021 - IX ZR 33/19, ZRI 2021, 184 Rn. 19; Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 32); drohende Zahlungsunfähigkeit ist insoweit nicht einmal erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2020, aaO). Hieran hat die Neuausrichtung der Vorsatzanfechtung, anders als das Berufungsgericht meint, nichts geändert (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2022 - IX ZR 75/21, NZI 2022, 777 Rn. 40). Demnach bildet eine inkongruente Deckung für den Nachweis eines Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners und dessen Kenntnis bei dem Anfechtungsgegner weiterhin ein selbständiges Beweisanzeichen, das die gemäß § 286 ZPO dem Tatrichter obliegende Gesamtwürdigung jedoch nicht entbehrlich macht und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden darf (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, NZI 2010, 439 Rn. 18). Der Tatrichter hat zu würdigen, welches Gewicht der Inkongruenz im einzelnen Fall zukommt; denn der Schluss auf einen Benachteiligungsvorsatz hängt unter anderem von Art und Ausmaß der Inkongruenz ab (BGH, Urteil vom 23. Juni 2022, aaO Rn. 58 mwN).

 

19        c) Richtigerweise obliegt im Streitfall den Beklagten der Gegenbeweis, dass die ihnen gewährte inkongruente Deckung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs war. Das Berufungsgericht übersieht, dass im Streitfall bereits die Inkongruenz der gewährten Sicherheiten und die drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin den Schluss auf den Benachteiligungsvorsatz tragen. Dass sich nicht feststellen lässt, dass die Schuldnerin in der sicheren Erwartung ihrer Zahlungsunfähigkeit gehandelt hat, steht einem Schluss auf den Benachteiligungsvorsatz nicht entgegen.

 

20        aa) Der Beweis des Benachteiligungsvorsatzes lässt sich regelmäßig nur als Indizienbeweis führen. Ein solcher Beweis ist geführt, wenn die feststehenden - also entweder unstreitigen oder nach dem Maßstab des § 286 ZPO bewiesenen - Indiztatsachen die volle richterliche Überzeugung von der Richtigkeit der zu beweisenden Haupttatsache begründen (vgl. Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast, 5. Aufl., Bd. 1 Kap. 18 Rn. 36). Gewährt der Schuldner seinem Gläubiger eine inkongruente Deckung, hat der Tatrichter zu prüfen, ob die damit regelmäßig verbundene starke Indizwirkung für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und für die Kenntnis des Gläubigers von diesem Vorsatz (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2020 - IX ZR 174/19, NZI 2020, 1101 Rn. 23 mwN), den Schluss auf den Benachteiligungsvorsatz trägt. Dies ist in der Regel der Fall, wenn sich der Schuldner zum Zeitpunkt der Rechtshandlung in einer finanziell beengten Lage befand (BGH, Urteil vom 17. September 2020, aaO Rn. 23 f). Mithin hat der Tatrichter zu prüfen, ob die Inkongruenz nach ihrer Art und ihrem Ausmaß und die finanzielle Lage des Schuldners zum Zeitpunkt der Rechtshandlung einen Schluss auf den Benachteiligungsvorsatz zulassen. Ist dies der Fall, hat die beweisbelastete Partei den ihr obliegenden Hauptbeweis (zunächst) geführt. Es obliegt dann dem Gegner, den Gegenbeweis zu führen. Hierzu muss der Gegner Indiztatsachen beweisen, die geeignet sind, die bereits bestehende - vorläufige - richterliche Überzeugung aufgrund der bislang feststehenden Indiztatsachen zu erschüttern (vgl. Baumgärtel/Laumen, aaO Rn. 33 f).

 

21        Insoweit unterscheidet sich der Fall einer inkongruenten Deckung von dem der Gewährung einer kongruenten Deckung. Hier kann der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nicht allein daraus abgeleitet werden, dass der Schuldner im Zeitpunkt der Rechtshandlung nicht in der Lage ist, sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Vielmehr kommt es bei einer kongruenten Deckung darauf an, ob der Schuldner zudem erkannt oder billigend in Kauf genommen hat, seine übrigen Gläubiger auch zukünftig nicht vollständig befriedigen zu können (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 36). Unternimmt der Schuldner einen Sanierungsversuch, hat mithin der Insolvenzverwalter für die Vorsatzanfechtung einer kongruenten Deckung darzulegen und zu beweisen, dass dieser Sanierungsversuch untauglich war und der Schuldner dies erkannt oder billigend in Kauf genommen hat. Gleiches gilt, soweit der ursprünglich erfolgversprechende Sanierungsversuch gescheitert oder seine Fortführung nachträglich aussichtslos geworden ist (BGH, Urteil vom 3. März 2022 - IX ZR 78/20, BGHZ 233, 70 Rn. 74 ff).

 

22        bb) Im Streitfall ist auf der Grundlage der vom Berufungsgericht festgestellten Indizien und der unstreitigen Tatsachen der Schluss auf einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gerechtfertigt. Demnach war die Schuldnerin drohend zahlungsunfähig und kam der Inkongruenz der Nachbesicherung ein erhebliches Gewicht zu. Die Beklagten hatten keinen Anspruch auf die nachträgliche Bestellung zusätzlicher Sicherheiten, deren Umfang und Wert zudem erheblich waren. Die Beklagten haben im Gegenzug die bereits bestehenden Kredite lediglich verlängert. Sie haben damit - wie das Berufungsgericht feststellt - wenig aufgegeben, um viel zu erhalten.

 

23        cc) Damit obliegt den Beklagten der Gegenbeweis. Der Schluss auf den Benachteiligungsvorsatz kann - wie der Senat zu inkongruenten Deckungen wiederholt ausgesprochen hat - ausgeschlossen sein, wenn die Umstände des Einzelfalls ergeben, dass die angefochtene Rechtshandlung von einem anderen, anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willen geleitet war und das Bewusstsein der Benachteiligung anderer Gläubiger infolgedessen in den Hintergrund getreten ist (BGH, Urteil vom 1. April 2004 - IX ZR 305/00, ZIP 2004, 957, 959 mwN). Das Beweisanzeichen einer inkongruenten Deckung ist insbesondere entkräftet, wenn die angefochtene Rechtshandlung in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Sanierungskonzept stand, das mindestens in den Anfängen schon in der Tat umgesetzt war und die ernsthafte Aussicht auf Erfolg begründete (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 183/06, ZIP 2009, 91 Rn. 52 mwN; vom 5. März 2009 - IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 Rn. 17; vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09, NZI 2012, 142 Rn. 11).

 

24        d) Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Beklagten den ihnen obliegenden Gegenbeweis nicht geführt. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zur Tauglichkeit des Sanierungskonzepts sind von Rechts- und Verfahrensirrtum beeinflusst. Rechtsfehlerhaft meint das Berufungsgericht, es lasse sich nicht feststellen, dass die Schuldnerin Anlass gehabt hätte, der sich aus dem Sanierungsgutachten ergebenden positiven Prognose für eine Sanierungsfähigkeit zu misstrauen.

 

25        aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, nach Vorlage des Sanierungsgutachtens seien aus Sicht der Schuldnerin für die erstrebte Prolongation der Kredite nur noch die Nachbesicherungen erforderlich gewesen, so dass es ihr diese gerade ermöglichen würden, zahlungsfähig zu bleiben. Die positive Prognose des Sanierungsgutachtens sei auch nachvollziehbar und vertretbar, weil die Nachbesicherungen Bestandteil eines ernsthaften Sanierungsversuchs auf der Grundlage eines schlüssigen Sanierungskonzepts gewesen seien. Erhebliche Anhaltspunkte für fehlende Erfolgsaussichten des Sanierungsplans ergäben sich aus dem Sanierungsgutachten nicht.

 

26        bb) Wie die Revision zutreffend geltend macht, hat der Kläger in seiner Berufungsbegründung auf die erstinstanzliche Beweisaufnahme und die dortigen Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen Dr. H.     und D.            in deren schriftlichen Gutachten vom 23. Dezember 2013, 8. Oktober 2015 und 10. September 2019 sowie im Rahmen der Anhörung des Sachverständigen D.            in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 11. September 2020 verwiesen, nach welchen insbesondere die im Sanierungsgutachten der Nebenintervenientin aufgestellten Umsatzprognosen unerklärlich seien.

 

27        (1) Der Sachverständige D.            hat bei der Anhörung durch das Landgericht erklärt, dass im Sanierungsgutachten der Grund für den Umsatzrückgang der Schuldnerin nicht analysiert worden sei. Wie beim Einkauf in einem rückläufigen Markt erhebliche Kostenvorteile erzielt werden und zu welchen Kosten eine Umstellung der Entwicklung und Produktion erfolgen könnten, werde nicht konkretisiert. Die im Sanierungsgutachten geplanten Umsätze mit A.    , Gartencentern und auf Grund der 125-Jahr-Feier seien angesichts des insgesamt rückläufigen Marktvolumens für Modelleisenbahnen nicht plausibel und hätten nicht gereicht, um den Trend umzukehren und Mehrumsätze zu erklären. Der Sachverständige hat aufgrund des dokumentierten kontinuierlichen Umsatzrückgangs der Tochtergesellschaft eine Erläuterung in dem Sanierungsgutachten vermisst, wie jene im zweiten Halbjahr 2005 eine Zahlung an die Schuldnerin in Höhe von 2,4 Mio. € und die Liquidität für zukünftige Zahlungen hätte aufbringen sollen. Ferner hat der Sachverständige sinngemäß erklärt, aus Bankensicht habe es an Grundlagen für die Beurteilung der Erfolgsaussicht der vorgeschlagenen Maßnahmen gemangelt. Ein Bankmitarbeiter müsse sehen, dass die Verbindung zwischen den Maßnahmen und den Zahlen ebenso gefehlt habe wie ein zeitlicher Horizont, innerhalb dessen die Maßnahmen hätten umgesetzt werden können. Schließlich lasse sich dem Sanierungsgutachten nicht entnehmen, ob und welche Sanierungskosten berücksichtigt worden seien.

 

28        (2) Das Gutachten des Sachverständigen D.           (wie auch dasjenige des Sachverständigen Dr. H.     ) hat das Berufungsgericht in der Sache für unvollständig erachtet, weil dieser sich die Auftragseingangsplanung nicht angesehen, sondern den Trend der vergangenen Jahre fortgeschrieben habe, ohne sich mit den Annahmen der Schuldnerin in Bezug auf eine Trendumkehr auseinanderzusetzen. Aufgrund etwaiger Defizite bei der Auswertung der Auftragseingangsplanung durch die erstinstanzlich beauftragten Sachverständigen durfte das Berufungsgericht aber nicht von deren Einschätzungen abweichen.

 

29        (3) Im Fall der Unvollständigkeit eines gerichtlichen Gutachtens ist der angeordnete Sachverständigenbeweis noch nicht ordnungsgemäß erhoben und muss ein weiteres Gutachten angeordnet werden (BGH, Urteil vom 29. November 1995 - VIII ZR 278/94, NJW 1996, 730, 731; Prütting/Gehrlein/Katzenmeier, ZPO 15. Aufl. § 412 Rn. 4; Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl., § 412 Rn. 2). Dementsprechend hätte das Berufungsgericht nach § 411 Abs. 3 ZPO oder § 412 Abs. 1 ZPO verfahren müssen (vgl. dazu Huber in Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl., § 412 Rn. 1). Jedenfalls hätte das Berufungsgericht den Kläger im angefochtenen Urteil nicht mit der Annahme einer (angeblichen) Unergiebigkeit der Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen überraschen dürfen, ohne ihm vorher Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Revision hat insoweit ausgeführt, auf rechtzeitigen Hinweis hätte der Kläger eine ergänzende Begutachtung durch die vom Landgericht beauftragten Sachverständigen oder die Einholung eines neuen Gutachtens beantragt. Das Berufungsgericht hätte nach weiterer Sachaufklärung feststellen können, dass das Sanierungsgutachten als Grundlage für eine positive Sanierungsaussicht untauglich und ungeeignet sei und das Beweisanzeichen der Inkongruenz und die Vermutungswirkung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht entkräfte.

 

30        cc) Weiter zutreffend rügt die Revision, das Berufungsgericht habe den Klägervortrag nicht zur Kenntnis genommen, das Sanierungskonzept enthalte keine taugliche Prognose darüber, dass sich die für einen erfolgversprechenden Sanierungsversuch erforderliche Mitwirkung der Tochtergesellschaft der Schuldnerin durch fortlaufenden Liquiditätszufluss anders als in der Vergangenheit tatsächlich erreichen lasse.

 

31        (1) Erfordert das Sanierungskonzept in rechtlicher Hinsicht die Zustimmung oder Mitwirkung Dritter, muss es eine taugliche Prognose darüber enthalten, ob sich dies im erforderlichen Maß erreichen lässt. Das Sanierungskonzept bietet keine ausreichende Erfolgsaussicht, wenn die erforderliche Mitwirkung von vornherein sehr fraglich ist oder gar nicht erreicht werden kann. Kann der Schuldner ernsthaft und auf nachvollziehbarer Grundlage davon ausgehen, dass sich die erforderliche Mitwirkung erreichen lässt, genügt dies den Anforderungen an einen erfolgversprechenden Sanierungsversuch; es bedarf keiner im Voraus abgegebenen rechtlich verbindlichen Zusagen, um einen Benachteiligungsvorsatz auszuschließen (BGH, Urteil vom 3. März 2022 - IX ZR 78/20, BGHZ 233, 70 Rn. 87).

 

32        (2) Das Sanierungsgutachten bejahte die Sanierungsfähigkeit der Schuldnerin unter anderem in der Annahme, dass die in den USA tätige Tochtergesellschaft der Insolvenzschuldnerin Verbindlichkeiten (der Schuldnerin) begleichen werde. Das Berufungsgericht hat gemeint, daraus ergebe sich keine ersichtliche Fehlerhaftigkeit der positiven Prognose. Auch wenn aus dem Sanierungsgutachten Hinweise darauf hervorgingen, dass die Tochtergesellschaft in den vergangenen Jahren am Markt nicht erfolgreich gewesen sei, in der Regel Verluste erwirtschaftet und mit sich verschlechternden Markbedingungen zu kämpfen gehabt habe und der Kläger ferner dazu vorgetragen habe, bereits im Sommer 2005 seien Schwierigkeiten wie ein "aufgeblähtes Warenlager" mit hohem Abschreibungsbedarf bekannt gewesen, sei dies nicht gleichzusetzen mit einer drohenden Zahlungsunfähigkeit, für die trotz alledem keine Anhaltspunkte ersichtlich gewesen seien.

 

33        (3) Mit der Erwägung, dass für die drohende Zahlungsunfähigkeit der Tochtergesellschaft keine Anhaltspunkte ersichtlich gewesen seien, lässt sich indes eine taugliche Prognose über deren Fähigkeit und Bereitschaft zur Erbringung von Zahlungen an die Schuldnerin nicht begründen. Mit dem von der Revision angeführten Klägervortrag, dass das Sanierungsgutachten keine schlüssige Erklärung für die Unterstellung enthalte, dass die Forderungen der Schuldnerin gegenüber ihrer Tochtergesellschaft ab 2006 gemäß den in der Anlage zum Gutachten aufgeführten Zahlungszielen ausgeglichen würden, hat sich das Berufungsgericht nicht hinreichend befasst.

 

34        (4) Fehl geht die weitere Überlegung des Berufungsgerichts, in einem am 5. Oktober 2005 erstatteten Restrukturierungsgutachten der Streithelferin sei sogar ausdrücklich bestätigt worden, dass die Tochtergesellschaft der Schuldnerin über eine ausreichende und durch Forderungen vollständig gesicherte Kreditlinie verfüge und zu den Zahlungen in der Lage sein werde. Dieses Restrukturierungsgutachten lag erst nach Vornahme der Rechtshandlungen vom 30. August 2005 vor und kann damit weder dem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin noch der Kenntnis der Beklagten davon entgegenstehen.

 

35        3. Dementsprechend sind auch die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die Kenntnis der Beklagten vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin verneint hat, von Rechts- und Verfahrensirrtum beeinflusst.

 

36        a) Die Beklagten wussten auf der Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts von der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin spätestens im Zeitpunkt des Treffens vom 31. Mai 2005, bei dem sie eine Nachbesicherung forderten und infolgedessen ein Gutachten zur Sanierungsfähigkeit und -würdigkeit der Schuldnerin in Auftrag gegeben wurde. Damit greift die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO ein (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2018 - IX ZR 22/15, NZI 2018, 840 Rn. 13).

 

37        b) Wird die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vermutet, muss der Anfechtungsgegner den Beweis des Gegenteils führen (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2023 - IX ZR 112/22, BGHZ 238, 344 Rn. 12). Zur Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO genügt es, wenn der Anfechtungsgegner konkrete Umstände darlegt und beweist, die es naheliegend erscheinen lassen, dass ihm im Hinblick auf den Sanierungsversuch der (hier unterstellte) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners unbekannt geblieben war (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2018 - IX ZR 22/15, NZI 2018, 840 Rn. 9). Hierbei darf sich der Anfechtungsgegner grundsätzlich auf schlüssige Angaben des Schuldners oder seines beauftragten Sanierungsberaters verlassen, solange er keine (erheblichen) Anhaltspunkte dafür hat, dass er getäuscht werden soll oder dass der Sanierungsplan keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2022 - IX ZR 75/21, NZI 2022, 777 Rn. 32). Beruht die Insolvenz des Schuldners nicht lediglich auf dem Ausfall berechtigter Forderungen, sondern - wie im Regelfall und so auch hier - vor allem auf dem dauerhaft unwirtschaftlichen Betrieb des Unternehmens, kann ein Gläubiger von einem erfolgversprechenden Sanierungskonzept nur ausgehen, wenn vom Schuldner oder dessen Beratern zumindest die Grundlagen einer weitergehenden Sanierung schlüssig dargelegt wurden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - IX ZR 65/14, BGHZ 210, 249 Rn. 34).

 

38        Zweifel am Vertrauen auf einen ernsthaften und erfolgversprechenden Sanierungsversuch können bestehen, wenn der Anfechtungsgegner im Zeitpunkt der Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung nur zu geringeren als den von ihm nach dem Sanierungsgutachten geforderten Beiträgen bereit war. Das Berufungsgericht hat sich nicht hinreichend mit dem Gesichtspunkt auseinandergesetzt, dass die Beklagten im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlungen nicht zu einer dem Sanierungskonzept entsprechenden Finanzierung (vgl. dazu Huber in Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 10. Aufl., Rn. 5.222) durch Prolongation der Kredite bis Ende 2007, sondern nur bis zum 31. März 2006 bereit waren. Damit stand bei Vornahme der Rechtshandlungen lediglich ein Sanierungszeitraum von weniger als acht Monaten statt, wie im Sanierungsgutachten als Prämisse für die Sanierungsfähigkeit vorgesehen, eines Zeitraums von gut 28 Monaten zur Verfügung. Dass die Beklagten nach März 2006 zu weiterem Stillhalten bereit gewesen sein mögen, ändert nichts daran, dass es im anfechtungsrechtlich maßgeblichen Zeitpunkt an der laut Sanierungsgutachten geforderten Prolongation mangelte.

 

39        4. Entgegen der Auffassung der Revision unterliegt die Nachbesicherung im Streitfall nicht der Schenkungsanfechtung. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass die nachträgliche Bestellung einer Sicherheit für eine eigene, durch eine entgeltliche Gegenleistung begründete Verbindlichkeit - wie hier - nicht nach § 134 Abs. 1 InsO als unentgeltliche Verfügung anfechtbar ist (BGH, Urteile vom 22. Juli 2004 - IX ZR 183/03, NZI 2004, 623, 624; vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, NZI 2010, 439 Rn. 10; vom 19. Juli 2018 - IX ZR 296/17, NZI 2018, 746 Rn. 16; Beschluss vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 105/12, NZI 2013, 81 Rn. 3).            III.

 

40        Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Für das weitere Verfahren ist darauf hinzuweisen, dass das Berufungsgericht von seinem Standpunkt aus folgerichtig offengelassen hat, ob gegenüber der Beklagten zu 5 als Rechtsnachfolgerin die Voraussetzungen der Anfechtbarkeit gemäß § 145 Abs. 2 Nr. 1 und 3 InsO gegeben sind. Hierzu hat der Kläger, wie die Revision zutreffend geltend macht, unter Beweisantritt vorgetragen. Bei der Beklagten zu 4 stellt sich diese Frage nicht, weil deren Rechtsvorgängerin im Jahr 2009 auf sie verschmolzen wurde.

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