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Wirtschaftsrecht
24.04.2025
Wirtschaftsrecht
BGH: Insolvenzanfechtung – Nahestehende Person und sekundäre Darlegungslast

BGH, Urteil vom 6.3.2025 – IX ZR 209/23

ECLI:DE:BGH:2025:060325UIXZR209.23.0

Volltext: BB-Online BBL2025-962-4

 

Amtliche Leitsätze

Die aus der Stellung als nahestehende Person im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 2 InsO für die Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit abzuleitenden Schlüsse unterliegen der freien Beweiswürdigung durch den Tatrichter.

AnfG § 3 Abs. 1; InsO § 138 Abs. 1 Nr. 2; ZPO § 286

Streiten Gläubiger und Anfechtungsgegner über die (Nicht-)Zahlung eines nach der Urkundenlage im Rahmen eines angefochtenen Erwerbsvorgangs vom Anfechtungsgegner geschuldeten Kaufpreises, kann der Anfechtungsgegner nach den Grundsätzen zur sekundären Darlegungslast gehalten sein, näher zur Zahlung des Kaufpreises vorzutragen; nicht gehalten ist er dazu, die Zahlung auch zu belegen.

AnfG § 3 Abs. 1; ZPO § 138

Sachverhalt

Unter dem Gesichtspunkt der Gläubigeranfechtung begehren die Klägerinnen mit ihrer am 22. Dezember 2021 anhängig gemachten Klage von den Beklagten die Duldung der Zwangsvollstreckung in deren jeweilige Miteigentumsanteile an zwei Hausgrundstücken in Baden-Baden. Hilfsweise verlangen sie Wertersatz.

Die Klägerinnen sind Inhaber fälliger Forderungen gegen S.          die Mutter der Beklagten zu 1 und Schwiegermutter des Beklagten zu 2 (nachfolgend: Schuldnerin), die durch vollstreckbare Schuldtitel tituliert sind. Die Forderungen beruhen auf Bürgschaften, welche die Schuldnerin als Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH zweier Gesellschaften zur Sicherung von Forderungen aus Leasinggeschäften bis Anfang 2009 übernahm. Die Gesellschaften stellten zunächst die Begleichung der besicherten Forderungen und sodann ihre Geschäftstätigkeit ein. Die (Haupt-)Forderung der Klägerin zu 1 gegen die Schuldnerin beträgt 1.763.654,78 €, die der Klägerin zu 2 beläuft sich auf 666.370,26 €.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 31. Oktober 2016 veräußerte die Schuldnerin ein in der R.     straße      in Baden-Baden belegenes und an Dritte vermietetes Hausgrundstück an die Beklagten zu jeweils hälftigem Miteigentum. Im Grundbuch eingetragen waren Grundschulden über insgesamt 700.000 DM und 120.000 € sowie eine Zwangssicherungshypothek in Höhe von 35.000 €, die nach dem Kaufvertrag auf Kosten der Schuldnerin zu löschen waren. Der Kaufpreis betrug 650.000 € bei lastenfreiem Erwerb. Die Beklagten wurden am 28. März 2017 als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 29. Juni 2017 veräußerte die Schuldnerin ein in der Re.     straße    in Baden-Baden belegenes, mit einem selbst genutzten Wohnhaus bebautes Grundstück an die Beklagte zu 1. Im Grundbuch eingetragen waren zwei Grundschulden über 363.550,26 € und 250.000 €, die nach dem Kaufvertrag auf Kosten der Schuldnerin zu löschen waren. Der Kaufpreis betrug 600.000 € bei lastenfreiem Erwerb. Am 20. Juli 2017 wurde eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Beklagten zu 1 eingetragen. Am 28. Juli 2017 übertrug die Beklagte zu 1 einen hälftigen Miteigentumsanteil an den Beklagten zu 2 gegen Übernahme der hälftigen (neuen) dinglichen Belastung und als ehebedingte Zuwendung. Der Eigentumsübergang auf die Beklagten (mit Zwischenerwerb der Beklagten zu 1) wurde am 9. März 2018 im Grundbuch eingetragen.

Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Berufung der Klägerinnen hat keinen Erfolg gehabt. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgen diese ihr ursprüngliches Klagebegehren weiter.

Aus den Gründen

6          Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses (§ 522 Abs. 2 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

 

7          I. Das Berufungsgericht hat die Anfechtbarkeit der Übertragungen des Eigentums an den beiden Hausgrundstücken von der Schuldnerin auf die Beklagten (R.    straße   ) und die Beklagte zu 1 (Re.     straße   ) verneint. Insbesondere seien die Erwerbvorgänge nicht nach § 3 Abs. 1 AnfG anfechtbar.

 

8          Zwar greife die verkürzte Frist des § 3 Abs. 2 AnfG von vier Jahren nicht, weil nach dem Vortrag der Klägerinnen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AnfG schon im Zeitpunkt und in Bezug auf den jeweiligen Kaufvertrag vorgelegen hätten. Die Klägerinnen seien zudem im Grundsatz anfechtungsberechtigt im Sinne des § 2 AnfG. Auch eine objektive Gläubigerbenachteiligung durch die angefochtenen Grundstücksübertragungen liege vor. Selbst wenn aber der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin bezüglich der Veräußerung beider Grundstücke unterstellt werde, hätten die Klägerinnen nicht den Nachweis geführt, dass die Beklagten den Vorsatz kannten.

 

9          Die Voraussetzungen des Vermutungstatbestands des § 3 Abs. 1 Satz 2 AnfG lägen nicht vor. Es fehle am Nachweis der Kenntnis der Beklagten von einer zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin. Den Beklagten seien nur Umstände bekannt gewesen, die für angespannte Vermögensverhältnisse der Schuldnerin gesprochen hätten.

 

10        Auch unabhängig vom Vermutungstatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 2 AnfG sei nicht von einer Kenntnis der Beklagten vom unterstellten Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin auszugehen. Zwar könne das persönliche Näheverhältnis der Beklagten zur Schuldnerin gerade bei einem Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ein gewichtiges Beweisanzeichen für die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz sein. Die Beklagten hätten eine unterstellt erhebliche Diskrepanz zwischen Kaufpreis und Wert der Grundstücke jedoch nicht nachweislich gekannt. Zudem sei bei einem für die Beklagten unterstellt günstigen Preis ergänzend zu berücksichtigen, dass ein solcher Preis allein aufgrund der familiären Bindung üblich wäre und nicht zu dem zwingenden Schluss führte, die Beklagten hätten Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gehabt. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den von den Klägerinnen behaupteten Werten der Grundstücke habe es daher nicht bedurft.

 

11        Die Beklagten seien auch einer etwaigen sekundären Darlegungslast zum Hintergrund der beiden Grundstückskäufe nachgekommen. Weitergehendes Vorbringen - etwa zu den Kaufpreiszahlungen - sei von ihnen im Rahmen der sekundären Darlegungslast nicht zu verlangen gewesen.

 

12        II. Das hält rechtlicher Prüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.

 

13        1. Auf den Streitfall findet das Anfechtungsgesetz in der ab dem 5. April 2017 geltenden Fassung Anwendung. Die Anfechtbarkeit ist mit der beiden Beklagten am 27. Januar 2022 zugestellten Klage vom 21. Dezember 2021 gerichtlich geltend gemacht worden (vgl. § 20 Abs. 4 AnfG).

 

14        2. Gegenstand der anfechtungsrechtlichen Beurteilung sind die in Vollzug der notariellen Kaufverträge vom 31. Oktober 2016 und 29. Juni 2017 erfolgten Übertragungen des Eigentums an den Hausgrundstücken von der Schuldnerin auf die Beklagten (R.    straße   ) und die Beklagte zu 1 (Re.     straße   ).

 

15        Da die Einzelgläubigeranfechtung lediglich die Wiedererschließung der Zugriffslage für einen einzelnen Gläubiger und nicht das Zusammenhalten einer Masse bezweckt, kann eine Rechtshandlung nicht für sich betrachtet werden, sondern nur im Rahmen des Gesamtvorgangs, der die Weggabe des Gegenstands aus dem Schuldnervermögen und damit die Vereitelung einer Zugriffsmöglichkeit betrifft. Gegenstand der Anfechtung ist also der gesamte, diesen Rechtserfolg auslösende Vorgang (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 2021 - IX ZR 70/20, NZI 2021, 577 Rn. 23 mwN).

 

16        Die streitgegenständlichen Übertragungsvorgänge begannen mit Abschluss der Kaufverträge und endeten mit der Eintragung der beiden Beklagten (R.    straße   ) und der Beklagten zu 1 (Re.     straße   ) als Eigentümer im Grundbuch. Eine Anfechtbarkeit der Übertragung des Eigentums an dem Hausgrundstück Re.     straße    kann unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 AnfG auch gegenüber dem Beklagten zu 2 als (teilweisem) Rechtsnachfolger der Beklagten zu 1 geltend gemacht werden.

 

17        3. Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht an, dass die Übertragung des Grundstückseigentums nach § 3 Abs. 1 AnfG anfechtbar ist und sich die Beklagten nicht auf § 3 Abs. 2 AnfG berufen können, sofern die Schuldnerin bereits das Grundgeschäft mit Benachteiligungsvorsatz abgeschlossen hat und die Beklagten hiervon Kenntnis hatten. Unter diesen Voraussetzungen können Rechtshandlungen, die dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewähren oder ermöglichen, auch außerhalb der Vierjahresfrist des § 3 Abs. 2 AnfG angefochten werden (BGH, Urteil vom 25. März 2021 - IX ZR 70/20, NZI 2021, 577 Rn. 46 ff, 51). Die Revision nimmt dies als ihr günstig hin.

 

18        4. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Schuldnerin bereits bei Abschluss der Grundstückskaufverträge mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt hat. Für das Revisionsverfahren ist daher davon auszugehen, dass dies so war.

 

19        5. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht eine Kenntnis der Beklagten vom (unterstellten) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin verneint hat, hält rechtlicher Prüfung nicht stand.

 

20        a) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet zunächst die Begründung, mit der das Berufungsgericht den Vermutungstatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 2 AnfG als nicht erfüllt angesehen hat.

 

21        aa) Gemäß § 3 Abs. 1 AnfG ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner innerhalb der maßgeblichen Frist mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Die Kenntnis des anderen Teils wird vermutet, wenn dieser wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte (§ 3 Abs. 1 Satz 2 AnfG).

 

22        Der für die subjektiven Voraussetzungen der Anfechtung nach § 3 Abs. 1 AnfG darlegungs- und beweisbelastete Gläubiger hat demnach zwei Möglichkeiten, die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners nachzuweisen. Er kann den Vollbeweis führen oder sich mit der Darlegung und dem Nachweis des Vermutungstatbestands des § 3 Abs. 1 Satz 2 AnfG begnügen. Greift lediglich die gesetzliche Vermutung, steht dem Anfechtungsgegner der Beweis des Gegenteils offen (§ 292 ZPO). Die Rechtslage entspricht damit der im Rahmen einer Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO (vgl. zu § 133 Abs. 1 InsO BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 9).

 

23        bb) Der Vermutungstatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 2 AnfG setzt voraus, dass der Anfechtungsgegner um die zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und die benachteiligende Wirkung der Rechtshandlung wusste.

 

24        (1) Zahlungsunfähig ist, wer nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 InsO). Die Zahlungsunfähigkeit kann durch Aufstellung eines Liquiditätsstatus nachgewiesen werden. Die Aufstellung eines solchen ist entbehrlich, wenn eine Zahlungseinstellung nach § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet (BGH, Urteil vom 9. Januar 2025 - IX ZR 41/23, zVb Rn. 15 mwN; st.Rspr.).

 

25        (2) Gemäß § 18 Abs. 2 InsO droht der Schuldner zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Erforderlich ist danach eine in die Zukunft gerichtete Prognose, in welche die gesamte Finanzlage des Schuldners bis zur Fälligkeit aller im Prognosezeitraum fällig werdenden Verbindlichkeiten einzubeziehen ist. Der vorhandenen Liquidität und den Einnahmen, die bis zum Ende des Prognosezeitraums zu erwarten sind, müssen die Verbindlichkeiten gegenübergestellt werden, die bereits fällig sind oder bis zum Ende des Prognosezeitraums voraussichtlich fällig werden. Anders als im Fall der Zahlungsunfähigkeit (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) wird die Annahme der drohenden Zahlungsunfähigkeit nicht durch eine gesetzliche Vermutung erleichtert (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2022 - IX ZR 148/19, ZInsO 2022, 762 Rn. 30 mwN).

 

26        (3) Dem Anfechtungsgegner, der die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners nicht näher kennt, fehlt regelmäßig das Wissen für die zur Beurteilung der drohenden Zahlungsunfähigkeit erforderlichen Prognose. Ihm fehlen in der Regel auch die zur Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit anhand eines Liquiditätsstatus erforderlichen Kenntnisse. Auch wenn der Anfechtungsgegner - wie hier - eine nahestehende Person im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist, obliegt es der nach § 286 ZPO freien Beweiswürdigung durch den Tatrichter, ob dieser Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit hat und welches Gewicht dabei der Stellung als nahestehender Person im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 2 InsO zukommt.

 

27        (4) Fehlt es an Kenntnissen im vorstehenden Sinne, vermag nur die vom Anfechtungsgegner erkannte Zahlungseinstellung des Schuldners (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) den Vermutungstatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 2 AnfG auszufüllen.

 

28        Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 184 f; vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 15). Es muss sich mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner außerstande ist, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen zu genügen (BGH, Urteil vom 21. Juni 2007 - IX ZR 231/04, WM 2007, 1616 Rn. 28). Entscheidend ist die am Beweismaß des § 286 ZPO zu messende, in umfassender und widerspruchsfreier Würdigung des Prozessstoffs zu gewinnende Überzeugung, der Schuldner könne aus Mangel an liquiden Zahlungsmitteln nicht zahlen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 41).

 

29        cc) Diesen Grundsätzen genügt das angefochtene Urteil nicht.

 

30        (1) Allerdings fehlte es nach den getroffenen Feststellungen an Kenntnissen der Beklagten über die wirtschaftliche Lage der Schuldnerin, welche diese in die Lage versetzt hätten, eine drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerinoder eine bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit anhand eines Liquiditätsstatus zu beurteilen. Übergangenes Vorbringen oder unberücksichtigt gebliebene Beweisantritte rügt die Revision insoweit nicht.

 

31        (2) Jedoch lässt sich nach den bisherigen Feststellungen nicht ausschließen, dass die Schuldnerin ihrer Zahlungen eingestellt und die Beklagten die Zahlungseinstellung erkannt haben. Soweit das Berufungsgericht die Bedeutung der Zwangssicherungshypothek über 35.000 € auf dem Grundstück R.    straße    allein unter dem Gesichtspunkt einer Kenntnis von beengten finanziellen Verhältnissen prüft, ist dies rechtsfehlerhaft. Eine von den Beklagten erkannte Zahlungseinstellung der Schuldnerin lässt sich mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht verneinen.

 

32        Die Beklagten kannten den notariellen Kaufvertrag vom 31. Oktober 2016 über das Grundstück R.    straße   , dem als (valutierende) Belastung (unter anderem) eine Zwangssicherungshypothek über 35.000 € zu entnehmen war. Bei zutreffender rechtlicher Bewertung dieses Umstands ergab sich für die Beklagten zweifelsfrei (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 2022 - IX ZR 250/20, ZInsO 2022, 757 Rn. 20; vom 23. Januar 2025 - IX ZR 229/22, DB 2025, 381 Rn. 25), dass es einen entsprechenden (vorläufig) vollstreckbaren Schuldtitel geben musste und der Titelgläubiger aus dem Titel vollstreckt hatte. Damit war die titulierte Forderung bei der Prüfung der Zahlungseinstellung der Schuldnerin zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2025, aaO Rn. 28 ff).

 

33        Eine andere Frage ist, ob aus der Nichtbegleichung der titulierten Forderung auf die Zahlungseinstellung zu schließen war. Dies hat das Berufungsgericht nicht geprüft. Die zur Bedeutung der Zwangssicherungshypothek angestellten Erwägungen des Berufungsgerichts erfassen diesen Punkt nicht. Da es auf die Schlüsse ankommt, die aus der Nichtbegleichung der Forderung zu ziehen sind, ist es allenfalls von untergeordneter Bedeutung, dass die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek gegenüber der Zwangsversteigerung oder -verwaltung das mildere Mittel ist. Dass der Titelgläubiger noch größeren Vollstreckungsdruck hätte entfalten können, heißt nicht, dass die Annahme einer Zahlungseinstellung ausscheidet. Auch der Umstand, dass der Titelgläubiger mit der Befriedigung seiner Forderung aus dem zu zahlenden Kaufpreis rechnen durfte, steht der Annahme einer einmal eingetretenen Zahlungseinstellung nicht entgegen. Eine einmal eingetretene Zahlungseinstellung wirkte im Grundsatz (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 43 ff) fort und konnte nur dadurch beseitigt werden, dass die Schuldnerin ihre Zahlungen im Allgemeinen wiederaufnahm (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2022 - IX ZR 148/19, ZInsO 2022, 762 Rn. 17 mwN).

 

34        b) Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann auch der Vollbeweis einer Kenntnis der Beklagten vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nicht verneint werden. Das Berufungsgericht hat wesentliche Indizien für eine Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes mit rechtsfehlerhafter Begründung als nicht gegeben angesehen.

 

35        aa) Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Anfechtungsgegner auch dann über den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners im Bilde sein kann, wenn er dessen (drohende) Zahlungsunfähigkeit nicht kennt. Insbesondere Art und Weise der angefochtenen Rechtshandlung können für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz sprechen. Zu Vermögensverschiebungen, die zur Benachteiligung der Gläubigergesamtheit vorgenommen werden, kann es bereits im Vorfeld einer wirtschaftlichen Krise kommen. Deshalb hat der Tatrichter neben den wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners auch die Umstände in seine Würdigung einzubeziehen, unter denen die angefochtene Rechtshandlung vorgenommen worden ist. Zu diesen Umständen zählen etwa die Gewährung einer inkongruenten Deckung, die Bewirkung einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung und die Übertragung von Vermögensgegenständen an nahestehende Dritte (BGH, Urteil vom 22. Februar 2024 - IX ZR 226/20, ZInsO 2024, 1011 Rn. 21 mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. Oktober 2020 - IX ZR 208/18, ZIP 2020, 2348 Rn. 27; vom 25. März 2021 - IX ZR 70/20, NZI 2021, 577 Rn. 51).

 

36        bb) Die Klägerinnen haben sich darauf berufen, die streitbefangenen Grundstücke seien planvoll auf die Beklagten übertragen worden, um sie dem Zugriff der Gläubiger der Schuldnerin zu entziehen. Dies hätten die Beklagten (jedenfalls) aufgrund der äußeren Umstände erkannt. Äußere Umstände seien neben der Stellung der Beklagten als nahestehende Personen insbesondere die Nichtzahlung der vereinbarten Kaufpreise und eine - auch unter Berücksichtigung der vereinbarten Kaufpreise - erhebliche Wertdifferenz zwischen Leistung und Gegenleistung. Dieses Vorbringen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft nicht hinreichend in seine Würdigung eingestellt.

 

37        (1) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts und unter Berücksichtigung der bisher getroffenen Feststellungen waren die Beklagten im Rahmen einer sekundären Darlegungslast dazu gehalten, näher zur Zahlung der in den notariellen Verträgen vereinbarten Kaufpreise vorzutragen. Nicht gehalten waren sie dazu, die Zahlungen auch zu belegen.

 

38        (a) Grundsätzlich ist keine Partei verpflichtet, dem Prozessgegner die für den Prozesserfolg erforderlichen Informationen zu verschaffen. Die Auferlegung einer sekundären Darlegungslast zu Vorgängen, die außerhalb des Wahrnehmungsbereichs der anderen Partei liegen, kommt erst in Betracht, wenn die darlegungs- und beweisbelastete Partei greifbare Anhaltspunkte für die Richtigkeit der von ihr aufgestellten Behauptung liefert (BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 - I ZR 140/15, BGHZ 234, 56 Rn. 82; vom 21. November 2024 - I ZR 107/23, ZIP 2024, 3032 Rn. 35).

 

39        Eine sekundäre Darlegungslast trifft den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei, wenn diese keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, nähere Angaben zu machen. Dem Bestreitenden obliegt es im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, Nachforschungen zu unternehmen, wenn ihm dies zumutbar ist. Die sekundäre Darlegungslast führt jedoch weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des in Anspruch Genommenen, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Genügt der Anspruchsgegner seiner sekundären Darlegungslast nicht, gilt die Behauptung des Anspruchstellers nach § 138 ZPO als zugestanden (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2021 - VI ZR 505/19, WM 2021, 751 Rn. 27; vom 10. Februar 2022 - IX ZR 148/19, ZInsO 2022, 762 Rn. 19).

 

40        Die sekundäre Darlegungslast betrifft allein die Darlegungs-, nicht die Beweisebene. Sie begründet daher keine prozessuale Verpflichtung, Urkunden vorzulegen. Eine Pflicht zur Vorlage von Urkunden der nicht beweisbelasteten Partei folgt nur aus den speziellen Vorschriften der §§ 422, 423 ZPO oder aus einer Anordnung des Gerichts nach § 142 Abs. 1 ZPO. Aus den Grundsätzen der sekundären Behauptungslast kann sie nicht abgeleitet werden (BGH, Beschluss vom 23. Februar 2022 - VII ZR 252/20, DAR 2022, 336 Rn. 13; Urteil vom 11. August 2022 - VII ZR 499/21, juris Rn. 19).

 

41        (b) Nach diesen Grundsätzen waren die Beklagten dazu gehalten, näher zu der behaupteten Zahlung der Kaufpreise vorzutragen. Nicht gehalten waren sie dazu, die Zahlungen auch zu belegen.

 

42        Die Klägerinnen haben - indem sie eine Bezahlung des Kaufpreises bestritten haben - behauptet, dass die Beklagten die in den Kaufverträgen vereinbarten Kaufpreise tatsächlich nicht gezahlt hätten. Sie haben damit der Sache nach eine unentgeltliche Leistung behauptet, die insbesondere unter dem Gesichtspunkt eines zum Schein vorgeschobenen Verkehrsgeschäfts für die subjektiven Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 3 Abs. 1 AnfG sprechen würde (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 2020 - IX ZR 208/18, ZIP 2020, 2348 Rn. 25, 27).

 

43        Für die (Insolvenz-)Anfechtung nach § 134 InsO wird eine sekundäre Darlegungslast des Anfechtungsgegners im Blick auf die Erbringung einer Gegenleistung für möglich gehalten (vgl. HK-InsO/Thole, 11. Aufl., § 134 Rn. 21; MünchKomm-InsO/Kayser/Freudenberg, 4. Aufl., § 134 Rn. 49; Schmidt/Ganter/Weinland, InsO, 20. Aufl., § 134 Rn. 88; Uhlenbruck/Borries/Hirte, InsO, 15. Aufl., § 134 Rn. 163; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. Oktober 2020 - IX ZR 208/18, ZIP 2020, 2348 Rn. 11). Die Informationsmöglichkeiten des Gläubigers, der nach dem Anfechtungsgesetz vorgeht, sind ungleich schlechter als die des Insolvenzverwalters. Der Verwalter verfügt regelmäßig über Geschäftsunterlagen des Schuldners und kann von diesem Auskunft und Mitwirkung verlangen (§ 97 InsO). Der anfechtende Gläubiger kann im Rahmen von Vollstreckungsversuchen gegen den Schuldner an Informationen gelangen. Andere Informationsmöglichkeiten hat er regelmäßig nicht. Unter Berücksichtigung dessen, kommt eine sekundäre Darlegungslast des Anfechtungsgegners im Blick auf die (Un-)Entgeltlichkeit des angefochtenen Erwerbsvorgangs auch im Rahmen der Gläubigeranfechtung in Betracht. Im Streitfall sind die Voraussetzungen für eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten zu der von ihnen behaupteten Bezahlung der Kaufpreise erfüllt.

 

44        Greifbare Anhaltspunkte für eine auch als Indiz für den Benachteiligungsvorsatz erhebliche verschleierte Schenkung (hierzu BGH, Urteil vom 22. Oktober 2020 - IX ZR 208/18, ZIP 2020, 2348 Rn. 24, 27) liegen vor, wenn die äußeren Umstände eine (teilweise) Unentgeltlichkeit nach der Lebenserfahrung als möglich erscheinen lassen. Das kommt bei der Übertragung von Vermögensgegenständen an nahestehende Personen in der wirtschaftlichen Krise des (späteren) Schuldners in Betracht. Im Streitfall sind solche Anhaltspunkte gegeben. Die Schuldnerin befand sich im Vermögensverfall und veräußerte Grundeigentum nicht auf dem freien Markt, sondern an ihre Tochter und deren Ehemann. Das spricht dafür, dass nicht eine möglichst wirtschaftliche Verwertung des Grundeigentums das Handeln der Schuldnerin bestimmte, sondern der Verbleib der Hausgrundstücke in der Familie. Dieses Ziel ließ sich auch durch eine unentgeltliche Übertragung des Eigentums erreichen. Gleichzeitig war jegliches Vermögen in der Hand der Schuldnerin der Gefahr eines Gläubigerzugriffs ausgesetzt. In einer solchen Lage bestehen nach der Lebenserfahrung greifbare Anhaltspunkte für eine Unentgeltlichkeit. Dem steht, wenn es sich wie hier um Geschäfte unter Verwandten handelt, nicht entgegen, dass nach der Urkundenlage ein Entgelt geschuldet ist. Gerade bei Verträgen zwischen nahestehenden Personen besteht die Gefahr, dass sie bloße Scheingeschäfte darstellen, um Gegenstände vor dem Zugriff der Gläubiger zu schützen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 2020, aaO Rn. 15). Vorliegend kommt hinzu, dass die Schuldnerin 2021 in einem anderen Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe erklärt hat, über kein nennenswertes Vermögen mehr zu verfügen. Das zieht eine entgeltliche Veräußerung der Hausgrundstücke wenige Jahre zuvor zusätzlich in Zweifel.

 

45        Die Klägerinnen haben keine näheren Kenntnisse über die maßgeblichen Zahlungsvorgänge und auch keine zumutbare Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung. Die Nichtzahlung des Kaufpreises ist eine negative Tatsache. Der Kaufpreis konnte nach den vertraglichen Vereinbarungen in beiden Fällen nur durch Erfüllung der zur Lastenfreistellung vorhandenen Zahlungsauflagen bezahlt werden. Insoweit verpflichteten sich die Beklagten in beiden notariellen Kaufverträgen, nach Mitteilung durch den Notar zu Zahlungen an die entsprechenden Gläubiger, und nur zur Zahlung des danach verbleibenden Restkaufpreises an die Schuldnerin. Hingegen kennen die Beklagten alle wesentlichen Tatsachen und ist es ihnen nach den bisher getroffenen Feststellungen unschwer möglich und zumutbar, nähere Angaben zu machen. Angegeben muss soweit dies zumutbar ist, wer, welchen Betrag, wann und an wen gezahlt haben soll.

 

46        (2) Rechtsfehlerhaft zieht das Berufungsgericht zudem den von den Klägerinnen behaupteten Wert der Grundstücke in Zweifel. Das Berufungsgericht hat über die von den Klägerinnen behauptete Wertdifferenz keinen Beweis erhoben. Da eine Differenz zwischen den vereinbarten Kaufpreisen und dem tatsächlichen Wert der Grundstücke ein Indiz für einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und demgemäß auch für die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Benachteiligungsvorsatz darstellt, war das Berufungsgericht prozessual gehalten, für seine weitere Würdigung den behaupteten Wert als wahr zu unterstellen. Eine Wahrunterstellung bedeutet zugleich, dass die behauptete Tatsache nicht in Zweifel gezogen werden darf.

 

47        (a) Die Klägerinnen haben für das Grundstück R.    straße    einen Wert von 1.030.000 € behauptet und für das Grundstück Re.    straße    einen Wert von 1.656.250 €. Sie haben diese Werte unter Sachverständigenbeweis gestellt. Die daraus folgenden Differenzen zu den vereinbarten Kaufpreisen betragen 380.000 € für das Grundstück R.    straße    und 1.056.250 € für das Grundstück Re.     straße   . Die Beklagten haben die behaupteten Werte bestritten. Die Differenzen waren prozessual erheblich, weil ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung indizielle Bedeutung für die Feststellung der subjektiven Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AnfG hat, wenn es sich - wie hier - um einen Vertrag zwischen nahestehenden Personen handelt (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 2021 - IX ZR 70/20, NZI 2021, 577 Rn. 54). Dabei kommt der Größenordnung der Wertdifferenz ein erhebliches Gewicht zu. Beim Grundstück R.    straße soll der Preis nur wenig mehr als 63% des Wertes betragen haben, beim Grundstück Re.     straße soll der Preis nur etwas über 36% des Wertes betragen haben.

 

48        (b) Das Berufungsgericht hätte daher entweder das angebotene Sachverständigengutachten einholen oder die behauptete Wertdifferenz so in seine Würdigung einstellen müssen, wie sie behauptet war (vgl. BGH, Beschluss vom 24. September 2014 - IX ZR 266/14, juris Rn. 8; vom 10. April 2018 - VIII ZR 223/17, NJW-RR 2018, 647 Rn. 10). Das ist nicht erfolgt.

 

49        Das Berufungsgericht hat weder ein Sachverständigengutachten eingeholt noch lässt sich seinen Ausführungen entnehmen, dass es von den behaupteten Wertdifferenzen ausgegangen ist. In seinem gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO ergangenen Hinweisbeschluss hat es zunächst einen "deutlich" höheren Wert der Grundstücke unterstellt. Welcher Unterschiedsbetrag damit gemeint ist, sagt das Berufungsgericht nicht. Dies kann jedoch auf sich beruhen, weil das Berufungsgericht in seinem die Berufung zurückweisenden Beschluss die von den Klägerinnen behaupteten Werte ausdrücklich anzweifelt und damit gerade nicht als wahr unterstellt hat.

 

50        c) Dieses Vorgehen ist rechtsfehlerhaft, weil bei einer Wahrunterstellung die Behauptung der Partei nicht nur vordergründig als wahr unterstellt werden darf, sondern so übernommen werden muss, wie sie aufgestellt wurde (BGH, Urteil vom 21. Juni 2024 - V ZR 79/23, NJW 2024, 2823 Rn. 16 mwN). Der Rechtsfehler ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Kenntnis der Beklagten vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin vom Berufungsgericht anders beurteilt worden wäre, wenn es die von den Klägerinnen behaupteten Wertunterschiede als wahr unterstellt hätte. Das betrifft insbesondere das Hausgrundstück Re.     straße   . Die Annahme, dass ein Käufer einen Wertunterschied von mehr als einer Million Euro bei einem vereinbarten Kaufpreis von 600.000 € nicht erkannt haben will, lässt sich mit der Lebenserfahrung kaum vereinbaren. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts können dem nicht übliche Preisabschläge aufgrund familiärer Bindung entgegengehalten werden. Zum einen haben die Beklagten solche Preisabschläge nicht behauptet. Sie wollen von angemessenen Preisen ausgegangen sein. Zum anderen spricht es nicht gegen, sondern gerade für die subjektiven Voraussetzungen, wenn bei angespannter Vermögenslage des Schuldners Vermögensgegenstände unter Wert an nahestehende Personen übertragen werden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts handelte es sich zudem ersichtlich um die letzten werthaltigen Vermögensgegenstände der Schuldnerin ("nur noch die beiden Grundstücke").

 

51        6. Die Abweisung des Hilfsantrags hält schon deshalb rechtlicher Überprüfung nicht stand, weil die Bedingung nach dem eigenen Ausgangspunkt des Berufungsgerichts nicht eingetreten war. Wertersatz verlangen die Klägerinnen nur für den Fall, dass ein Zugriff auf die anfechtbar weggegebenen Grundstücke nicht mehr möglich sein sollte, also der Hauptantrag deshalb nicht mehr durchgesetzt werden konnte, weil die anfechtbar erlangten Grundstücke dem Anfechtungsgläubiger aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht vollständig zur Verfügung gestellt werden konnten (vgl. MünchKomm-AnfG/Weinland, 2. Aufl., § 11 Rn. 104), nicht jedoch für den Fall, dass der Hauptantrag mangels Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Vorsatzanfechtung abgewiesen wird.

 

52        III. Der angefochtene Beschluss (§ 522 Abs. 2 ZPO) ist danach aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung kann der Senat nicht treffen, weil die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

 

53        Soweit das Berufungsgericht zur Annahme einer Kenntnis der Beklagten von einer Zahlungseinstellung der Schuldnerin gelangt, kommt es für den Vermutungstatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 2 AnfG darauf an, ob die Beklagten wussten, dass die angefochtenen Erwerbsvorgänge die Gläubiger der Schuldnerin benachteiligten. Für den Fall, dass die Schuldnerin selbst nicht unternehmerisch oder gewerblich tätig war, wäre dafür erforderlich, dass die Beklagten von weiteren Gläubigern der Schuldnerin oder davon wussten, dass bei der Schuldnerin zukünftig andere Verbindlichkeiten entstehen würden, die sie nicht im selben Maße würde bedienen können (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2017 - IX ZR 50/15, WM 2017, 2322 Rn. 22).

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