BGH : Indizwirkung einer inkongruenten Deckung für den Benachteiligungsvorsatz
BGH, Urteil vom 17.9.2020 – IX ZR 174/19
ECLI:DE:BGH:2020:170920UIXZR174.19.0
Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2020-2317-1
Amtliche Leitsätze
a) Die Indizwirkung einer inkongruenten Deckung für den Benachteiligungsvorsatz setzt nicht voraus, dass der Schuldner bei der Rechtshandlung bereits drohend zahlungsunfähig war.
b) Gewährt der Schuldner eine inkongruente Deckung, mit der er nahezu seine gesamte Liquidität einem beherrschenden Unternehmen überträgt, liegen finanziell beengte Verhältnisse vor, die ernsthafte Zweifel an der Liquiditätslage des Schuldners begründen, wenn der Schuldner aufgrund der Rechtshandlung nicht mehr in der Lage ist, bestehende Verpflichtungen aus einem Werkvertrag zu finanzieren.
c) Ob die Indizwirkung einer inkongruenten Deckung gemindert ist, weil die Rechtshandlung längere Zeit vor dem Insolvenzantrag liegt, hängt davon ab, inwieweit der Schuldner nach der Rechtshandlung weiter geschäftlich tätig gewesen ist und regelmäßig Einnahmen und Ausgaben zu verbuchen hatte.
InsO § 133 Abs. 1 S. 1
Sachverhalt
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Anträge vom 17. Juni und 14. Juli 2016 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der N. (fortan: Schuldnerin). Die Schuldnerin ist Rechtsnachfolgerin der F. KG, die ihrerseits durch Umwandlung aus der F. GmbH hervorgegangen ist (fortan einheitlich: F.).
Die Beklagte, eine Gesellschaft der J.-Gruppe in der Rechtsform der GmbH & Co. KG, war ursprünglich alleinige Gesellschafterin der F. Mit dieser schloss sie am 4. April 2007 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Danach war die Beklagte berechtigt, der Geschäftsführung der F. Weisungen zu erteilen. F. hatte ihren gesamten Gewinn an die Beklagte abzuführen, die Beklagte verpflichtete sich entsprechend § 302 Abs. 1 und 3 AktG, einen Jahresfehlbetrag auszugleichen.
Mit notariellem Vertrag vom 14. Juni 2007 kaufte F. von der H. S.a.r.l. (fortan: H.) mit Sitz in L. einen Miteigentumsanteil nebst Sondereigentum an dem Einkaufszentrum T. für 500.000 €. Die Räume sollten zum Betrieb eines Möbelhauses dienen. Eigentümerin war zu diesem Zeitpunkt eine weitere Gesellschaft der J.-Gruppe. In einem weiteren notariellen Vertrag vom 14. Juni 2007 kaufte H. von F. diesen Miteigentumsanteil für 6.700.000 € zurück. Dieser Kaufvertrag stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass H. das Eigentum von der Eigentümerin erwirbt und F. in Abstimmung mit H. bis zum 30. Juni 2008 bestimmte Mietverträge abschließt. Zu einer Vermietung durch F. kam es nicht.
Mit Vertrag vom 1. Juli 2008 vermietete H. eine Fläche von 5.000 m² an die C. Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG (fortan: C.) für eine monatliche Miete von 35.000 € zuzüglich Nebenkosten. Auch C. gehörte zur J.-Gruppe. H. verpflichtete sich darin, bestimmte bauliche Maßnahmen auszuführen. F. vereinbarte mit C. am 1. Juli 2008, dieser für die bei der beabsichtigten Untervermietung des Möbelhauses zu erwartende Unterdeckung einen einmaligen verlorenen Zuschuss in Höhe von 350.000 € netto zu gewähren.
Ebenfalls am 1. Juli 2008 schlossen H. und F. eine notarielle Ergänzungsvereinbarung zu den beiden Kaufverträgen vom 14. Juni 2007. Darin vereinbarten sie, dass die Bedingungen der notariellen Kaufverträge eingetreten seien, und verrechneten die Kaufpreisschuld der F. mit ihrem Kaufpreisanspruch. Vom danach verbleibenden Restkaufpreis in Höhe von 6,2 Mio. € sollte H. einen Teilbetrag von 5,7 Mio. € bis zum 15. Juli 2009 an F. bezahlen, die verbleibenden 500.000 € sollte H. auf ein Notaranderkonto zahlen.
Anlage und Bestandteil dieser notariellen Ergänzungsvereinbarung war eine Vereinbarung über die zu tätigenden Ausbau- und Renovierungsarbeiten zur Herrichtung des Möbelhauses vom 1. Juli 2008 (fortan: Ausbauvereinbarung), worin die Parteien den Ausbauaufwand auf einen Betrag von ca. 1,2 - 1,5 Mio. € schätzten. Darin verpflichtete sich F., die von H. im Mietvertrag mit C. vereinbarten baulichen Maßnahmen durchzuführen. Von den Kosten sollte F. die ersten 200.000 € tragen, H. die nächsten 500.000 € und F. alle über diese Beträge hinausgehenden weiteren Kosten. H. verpflichtete sich, ihren Anteil an den Baukosten zusätzlich zu dem Kaufpreisteil ebenfalls auf das Notaranderkonto einzuzahlen.
Am 2. Oktober 2008 zahlte H. eine Million Euro auf das Notaranderkonto sowie 5,7 Mio. € an F. F. zahlte am 9. Oktober 2008 an die Beklagte 3,6 Mio. € und 1,2 Mio. € sowie am 17. Oktober 2008 weitere 250.000 €. Die aus der Mietzuschussvereinbarung geschuldeten 416.500 € brutto zahlte F. in zwei Teilbeträgen am 30. Oktober und 1. Dezember 2008 an C. Die Ausbauarbeiten erfolgten nicht. C. minderte die Miete gegenüber H. auf null.
Mit notariellem Vertrag vom 23. Oktober 2009 übertrug die Beklagte ihre Gesellschaftsanteile an F. auf S.; der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der Beklagten wurde an diesem Tag gekündigt. Nach Umwandlung der F. in eine Kommanditgesellschaft trat die Schuldnerin als Komplementärin in die F. ein. Nachdem die übrigen Gesellschafter ausgeschieden sind, ist die Schuldnerin Gesamtrechtsnachfolgerin der F. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin am 22. Februar 2017 verlangt der Kläger von der Beklagten Rückgewähr von 5/6 der Zahlung über 1,2 Mio. € vom 9. Oktober 2008, hilfsweise Rückgewähr der am 17. Oktober 2008 gezahlten 250.000 €.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
Aus den Gründen
10 Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
11 I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dem Kläger stehe kein Anfechtungsanspruch zu. Die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO seien nicht erfüllt. Es fehle ein Benachteiligungsvorsatz der F. Diese sei zum Zeitpunkt der Zahlungen nicht zahlungsunfähig gewesen. Zwar stelle auch drohende Zahlungsunfähigkeit ein starkes Beweisanzeichen für einen Benachteiligungsvorsatz dar. Die von F. übernommene Verpflichtung zu Ausbauarbeiten sei hierbei jedoch nicht zu berücksichtigen, weil es an einer Zahlungspflicht der F. im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlungen fehle. § 18 Abs. 2 InsO setze bestehende Zahlungspflichten voraus, die noch nicht fällig seien. Es könne offenbleiben, ob eine zukünftig hieraus resultierende Schadensersatzpflicht im Rahmen der Prognose zu berücksichtigen sei. Dies setze voraus, dass mindestens eine bereits entstandene Zahlungspflicht bestehe. F. habe zum Zeitpunkt der Rechtshandlung jedoch keine Zahlungspflichten gehabt, welche sie nicht habe bezahlen können.
12 Selbst wenn zum Zeitpunkt der Rechtshandlung auch die Leistungspflicht hinsichtlich der Ausbauarbeiten zu berücksichtigen sei, soweit sie in einen Schadensersatzanspruch übergehen könne, habe dies im Streitfall für die drohende Zahlungsunfähigkeit keine Bedeutung. Inhalt und Umfang der Arbeiten hätten nicht festgestanden; die Kostenschätzung sei ohne ausreichende Grundlage erfolgt. Es stehe bis heute nicht fest, welche Ansprüche H. gegen F. aus der Ausbauverpflichtung zustünden. Der Kläger zeige die Höhe eines etwaigen Schadensersatzanspruchs nicht auf.
13 Einer drohenden Zahlungsunfähigkeit im Hinblick auf die Ausbauverpflichtung stehe zudem entgegen, dass zugunsten F. auf dem Notaranderkonto ein Betrag von einer Million Euro zur Verfügung gestanden habe. Weiterhin sei der Prognosezeitraum nicht bestimmbar. Zum Zeitpunkt der Rechtshandlung im Oktober 2008 sei unklar gewesen, wann und in welcher Höhe die unbestimmte Ausbauverpflichtung in eine Zahlungsverpflichtung übergehen werde. Eine drohende Zahlungsunfähigkeit könne auch nicht mit der Notwendigkeit begründet werden, F. habe für die Ausbauverpflichtungen Rückstellungen bilden müssen. Andere Verbindlichkeiten als die Ausbauverpflichtung zeige der Kläger nicht auf.
14 Die Inkongruenz der Zahlungen genüge nicht, um auf einen Benachteiligungsvorsatz der F. schließen zu können. Allerdings habe die Beklagte keinen Anspruch auf Auszahlung der Einnahmen gehabt. Ebensowenig habe der Beklagten im Oktober 2008 ein Anspruch auf Auszahlung des Jahresüberschusses zugestanden. Diesem Indiz komme jedoch keine wesentliche Bedeutung zu, weil die Zahlung fast acht Jahre vor dem Insolvenzantrag erfolgt sei. Daher stehe der Bedeutung des Indizes der Inkongruenz entgegen, dass F. trotz des Geldabflusses nahezu acht Jahre habe weiterwirtschaften können. Weitere Beweisanzeichen, die für einen Benachteiligungsvorsatz sprechen könnten, habe der Kläger nicht vorgetragen. Die Umstände der verschiedenen Verträge, der Abwicklung und der Zugehörigkeit verschiedener beteiligter Gesellschaften zur J.-Gruppe seien kein hinreichendes Indiz für einen Benachteiligungsvorsatz.
15 II. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht verneint einen Benachteiligungsvorsatz der F. mit rechtlich fehlerhafter Begründung.
16 1. § 133 InsO in der bis zum 4. April 2017 geltenden Fassung (fortan nur: InsO oder InsO aF) bestimmt, dass eine Rechtshandlung anfechtbar ist, die der Schuldner mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Benachteiligungsvorsatz im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO liegt vor, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2009 - IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 Rn. 10 mwN; vom 17. November 2016 - IX ZR 65/15, ZIP 2016, 2423 Rn. 13 [BB 2017, 139 m. BB-Komm. Heeg]; vom 12. Oktober 2017 - IX ZR 50/15, WM 2017, 2322 Rn. 9). Dabei beruht die Vorsatzanfechtung nicht auf dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung, sondern schützt das Interesse der Gläubiger, dass der Schuldner ihre prinzipiell gleichen Befriedigungschancen nicht beeinträchtigt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 150 [BB 2005, 734]; vom 16. Januar 2014 - IX ZR 31/12, WM 2014, 272 Rn. 17 [BB 2014, 848 Ls m. BB-Komm. Sippel]; vom 22. Juni 2017 - IX ZR 111/14, ZIP 2017, 1379 Rn. 20; vom 6. Juli 2017 - IX ZR 178/16, ZIP 2017, 1677 Rn. 17).
17 2. Die Beweislast für den Benachteiligungsvorsatz liegt beim anfechtenden Insolvenzverwalter. Allerdings kann dieses subjektive Tatbestandsmerkmal - weil es sich um eine innere, dem Beweis nur schwer zugängliche Tatsache handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden (vgl. BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, NZI 2009, 768 Rn. 8; vom 7. November 2013 - IX ZR 248/12, WM 2013, 2233 Rn. 7 [BB 2014, 20 Ls m. BB-Komm. Rühle]; vom 10. Juli 2014 - IX ZR 50/12, WM 2014, 1586 Rn. 11 mwN; vom 16. April 2015 - IX ZR 68/14, NZI 2015, 654 Rn. 20 zu § 3 AnfG). Der Tatrichter hat die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu prüfen, welche als Erfahrungswerte für und gegen den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners sprechen. Dabei hat er die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Beweisanzeichen zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8 mwN; vom 18. Juli 2019 - IX ZR 258/18, ZIP 2019, 1624 Rn. 20). Die einzelnen Beweisanzeichen dürfen dabei nicht schematisch angewandt werden (BGH, Urteil vom 7. Mai 2020 - IX ZR 18/19, WM 2020, 1074 Rn. 10 [BB 2020, 1345 Ls]).
18 Für einen Benachteiligungsvorsatz spricht die Inkongruenz der Leistung bei gleichzeitig beengten finanziellen Verhältnissen (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2013 - IX ZR 248/12, WM 2013, 2233 Rn. 12 mwN [BB 2014, 20 Ls m. BB-Komm. Rühle]; vom 20. April 2017 - IX ZR 252/16, WM 2017, 1215 Rn. 24 [BB 2017, 1809]). Eine indizielle Bedeutung können weiter der Eintritt einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung und das besondere Ausmaß der Beeinträchtigung haben (vgl. BGH, Urteil vom 16. April 2015 - IX ZR 68/14, NZI 2015, 654 Rn. 20 mwN zu § 3 AnfG). Dies gilt insbesondere, wenn der Schuldner seine letzten werthaltigen Vermögensgegenstände auf einen Dritten überträgt (BGH, Urteil vom 16. April 2015 aaO). Hier kann ein weiteres Indiz für einen Benachteiligungsvorsatz daraus folgen, dass zwischen dem Schuldner und dem Dritten, auf den der Schuldner seine letzten werthaltigen Vermögensgegenstände überträgt, ein besonderes Näheverhältnis besteht (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - IX ZR 50/12, WM 2014, 1586 Rn. 11; vom 16. April 2015 aaO, jeweils zu § 3 AnfG; vom 22. Dezember 2016 - IX ZR 94/14, NZI 2017, 358 Rn. 18 mwN [BB 2017, 659]).
19 3. Das Berufungsgericht lässt bei seiner Würdigung maßgebliche Umstände außer Betracht. Zudem weist seine Auslegung der Ausbauvereinbarung durchgreifende Rechtsfehler auf.
20 a) Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht an, dass die Zahlungen am 9. und 17. Oktober 2008 inkongruent waren. Ebenso rechtsfehlerfrei ordnet das Berufungsgericht die Inkongruenz als erheblich ein. Die Frage, ob eine inkongruente Deckung vorliegt, richtet sich grundsätzlich nach den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2018 - IX ZR 143/17, BGHZ 220, 280 Rn. 18 [BB 2019, 1230 m. BB-Komm. Brocker/Göllner]). Die Beklagte hatte im Oktober 2008 keinen Anspruch auf die Zahlungen. Der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 4. April 2007 verpflichtete F. dazu, einen - vorbehaltlich einer Bildung oder Auflösung von Rücklagen - ohne Gewinnabführung entstehenden Jahresüberschuss an die Beklagte abzuführen. Auf dieser Grundlage entstand ein Zahlungsanspruch hinsichtlich des Jahresüberschusses für das Jahr 2008 jedoch frühestens mit dem Bilanzstichtag oder mit Feststellung des Jahresabschlusses (vgl. Hüffer/Koch, AktG, 14. Aufl., § 291 Rn. 26a; MünchKomm-AktG/Altmeppen, 5. Aufl., § 291 Rn. 148 je mwN zum Streitstand).
21 Damit handelte es sich bei den Zahlungen im Oktober 2008 - entgegen der Revisionserwiderung - nicht um Zahlungen auf einen bereits bestehenden, aber noch nicht fälligen Anspruch, sondern um Zahlungen auf einen von F. und der Beklagten künftig erwarteten Anspruch. Im Oktober 2008 war weder der Bilanzstichtag verstrichen noch lag ein festgestellter Jahresabschluss vor. Dies stellt eine Befriedigung dar, welche die Beklagte überhaupt nicht zu beanspruchen hatte und nicht etwa nur eine vorfällige Zahlung. Dass mit dem Bilanzstichtag oder mit Feststellung des Jahresabschlusses für das Jahr 2008 ein solcher Anspruch der Beklagten hätte entstehen können oder tatsächlich entstanden ist, führt nicht zur Kongruenz der Zahlungen. Daher kommt es für die Einordnung der Inkongruenz auf den am 27. Februar 2009 erstellten Jahresabschluss der F. nicht an. Erst bei der Gewichtung der Inkongruenz als Beweisanzeichen für einen Benachteiligungsvorsatz kann von Bedeutung sein, ob mit dem Entstehen einer Abführungspflicht einige Monate später zu rechnen war.
22 b) Im Zeitpunkt der inkongruenten Zahlungen bestand auch Anlass, an der Liquidität der Schuldnerin zu zweifeln. Dabei ist unerheblich, welche rechtlichen Anforderungen an die drohende Zahlungsunfähigkeit zu stellen sind.
23 aa) Bei inkongruenten Deckungen kommt es für die Frage, ob der Schuldner mit Benachteiligungsvorsatz handelte, nicht darauf an, ob zum Zeitpunkt der Rechtshandlung bereits Zahlungspflichten des Schuldners bestanden. Soweit die Einordnung einer inkongruenten Deckung als in der Regel starkes Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und für die Kenntnis des Gläubigers von diesem Vorsatz voraussetzt, dass die Wirkungen der Rechtshandlung zu einem Zeitpunkt eintraten, als zumindest aus der Sicht des Empfängers der Leistung Anlass bestand, an der Liquidität des Schuldners zu zweifeln (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2003 - IX ZR 199/02, BGHZ 157, 242, 250 f; vom 7. November 2013 - IX ZR 248/12, WM 2013, 2233 Rn. 12 mwN [BB 2014, 20 Ls m. BB-Komm. Rühle]), bedeutet dies nicht, dass eine Indizwirkung nur in Betracht kommt, wenn der Schuldner zumindest drohend zahlungsunfähig war (vgl. bereits BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - IX ZR 329/97, ZIP 1999, 406, 407 unter III.1.a). Ausschlaggebend ist vielmehr, ob zum Zeitpunkt der Rechtshandlung mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass der Schuldner seine bestehenden und zukünftig entstehenden Verbindlichkeiten nicht wird erfüllen können. Verdächtig wird die Inkongruenz, wenn erste, ernsthafte Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Schuldners auftreten (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 1999, aaO; vom 7. November 2013, aaO). Es genügt die ernsthafte Besorgnis bevorstehender Zahlungskürzungen oder -stockungen des Schuldners, weil sich damit die Gefährdung der anderen, nicht in gleicher Weise begünstigten Gläubiger aufdrängt (BGH, Urteil vom 7. November 2013, aaO mwN). Fehlt es an einer finanziell beengten Lage, stellt die Inkongruenz der Deckung allein kein ausreichendes Beweisanzeichen für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners dar (BGH, Urteil vom 7. November 2013, aaO Rn. 13 mwN).
24 Finanziell beengte Verhältnisse liegen vor, wenn die finanziellen Reserven des Schuldners nicht ausreichen, um einen Einfluss der inkongruenten Leistung auf die Gleichheit der Befriedigungschancen anderer Gläubiger auszuschließen. Dabei ist für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners entscheidend, welche Vorstellungen sich der Schuldner von der zukünftigen finanziellen Entwicklung macht. Besteht aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände zum Zeitpunkt der Rechtshandlung die ernsthafte Besorgnis, dass der Schuldner aus Mangel an finanziellen Mitteln nicht in der Lage ist, seine bestehenden Verpflichtungen zu erfüllen, und hat der Schuldner dies erkannt, kann dies zusammen mit der Inkongruenz der Leistung den Schluss auf einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners rechtfertigen. Dabei hat der Tatrichter die einzelnen Umstände und insbesondere die Zweifel an der finanziellen Leistungsfähigkeit als auch die Inkongruenz darauf zu überprüfen, welches Gewicht diesen Indizien nach den Umständen des Einzelfalls beizumessen ist. Eine schematische Würdigung verbietet sich (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2020 - IX ZR 18/19, WM 2020, 1074 Rn. 10 [BB 2020, 1345 Ls]).
25 bb) Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vortrag des Klägers befand sich F. aufgrund der Rechtshandlung in einer finanziell beengten Lage. Indem das Berufungsgericht allein darauf abstellt, ob die aus der Ausbauvereinbarung möglicherweise folgenden Schadensersatzansprüche der H. aus Rechtsgründen bei der Prüfung der drohenden Zahlungsunfähigkeit zu berücksichtigen sind, verstellt es sich den Blick darauf, ob F. sich deshalb in finanziell beengten Verhältnissen befand, weil sie nahezu ihre gesamten liquiden Mittel auf die Beklagte übertrug und deshalb nicht mehr über die zur Erfüllung der bestehenden Ausbauverpflichtungen erforderlichen finanziellen Mittel verfügte.
26 (1) Das Berufungsgericht stellt fest, dass die Zahlungen nahezu die gesamte Liquidität von F. aufzehrten. F. überwies mit den Zahlungen vom 9. und 17. Oktober 2008 die bei ihr vorhandenen liquiden Mittel fast vollständig an die Beklagte, ohne dass hierfür eine Gegenleistung in das Vermögen der F. floss. Von den verbleibenden finanziellen Mitteln musste F. noch den Garantieanspruch der C. befriedigen. Ende des Jahres 2008 verfügte F. deshalb nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nur noch über finanzielle Mittel in Höhe von 58.564,53 €.
27 (2) Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Ausbauverpflichtung der F. sei inhaltlich nie hinreichend bestimmt worden und deshalb für den Benachteiligungsvorsatz unerheblich, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Auslegung des Berufungsgerichts, Inhalt und Umfang der Arbeiten hätten nicht einmal im Ansatz festgestanden, ist rechtsfehlerhaft.
28 Bei Individualerklärungen darf deren Auslegung durch den Tatrichter vom Revisionsgericht nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind, wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen worden ist oder die Auslegung auf mit der Revision gerügten Verfahrensfehlern beruht (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2018 - VIII ZR 176/17, NJW 2018, 2472 Rn. 30; vom 20. Februar 2019 - VIII ZR 7/18, NJW 2019, 2298 Rn. 31 mwN).
29 Diesen Prüfungsmaßstäben hält die Auslegung des Berufungsgerichts nicht stand. Sie lässt wesentlichen Auslegungsstoff außer Acht. Die Ausbauvereinbarung war rechtlich wirksam und begründete demgemäß Leistungspflichten der F. Die Auslegung, zu welchen Ausbauleistungen F. verpflichtet ist, hat in vollem Umfang die im Mietvertrag zwischen H. und C. getroffenen Regelungen einzubeziehen. Die Ausbauvereinbarung diente nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien - wie sich aus vom Berufungsgericht bei seiner Auslegung nicht berücksichtigten Umständen wie der Bezeichnung der Vereinbarung, ihren einzelnen Bestimmungen, der Bezugnahme auf den Mietvertrag und den Interessen der Vertragsparteien ergibt - dazu, die von H. im Mietvertrag mit C. übernommenen baulichen Maßnahmen vollständig von F. ausführen zu lassen. Rechtsfehlerhaft berücksichtigt das Berufungsgericht die Regelungen im Mietvertrag nur teilweise. Die vom Berufungsgericht getroffene Unterscheidung, dass die Ausbauvereinbarung zwar die im Mietvertrag enthaltene Aufstellung der baulichen Maßnahmen übernehme, nicht aber die - ebenfalls im Mietvertrag enthaltene - detailliertere Beschreibung der Maßnahmen verletzt §§ 133, 157 BGB. Weiter übersieht das Berufungsgericht die dem Mietvertrag beigefügte Kostenschätzung. Sie enthält neben einer Aufschlüsselung von geschätzten Kosten auch eine Zuordnung der Kosten zu bestimmten näher beschriebenen Einzelmaßnahmen.
30 Die Auslegung des Berufungsgerichts verletzt zudem den Grundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung. Die Vertragsparteien erstrebten mit der Ausbauvereinbarung, die verkauften Räume in einen zum Betrieb des Möbelhauses geeigneten Zustand zu versetzen. Es handelt sich dabei um eine werkvertragliche Verpflichtung, wonach F. eine Herstellungspflicht trifft. Sie steht im wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang mit dem Verkauf der Räume an H., wie insbesondere die mit der Zahlung eines Kaufpreisanteils auf das Notaranderkonto erstrebte Verwendung dieses Kaufpreisanteils für die Ausbauarbeiten und die Beurkundung der Ausbauvereinbarung als Bestandteil der notariellen Ergänzungsvereinbarung zeigen. Ein Verständnis der Vereinbarung, wonach Inhalt und Umfang der Arbeiten auch im Wege der Auslegung nicht näher festgelegt werden können, ist mit diesen Interessen der Vertragsparteien nicht vereinbar. Das Berufungsgericht übersieht, dass sich im Werkvertragsrecht der vertraglich geschuldete Erfolg nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistung oder Ausführungsart, sondern auch danach richtet, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - VII ZR 203/11, BGHZ 201, 148 Rn. 14). Damit hat das Berufungsgericht bei seiner Auslegung zu berücksichtigen, dass die Ausbau- und Renovierungsarbeiten nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien der Herrichtung der von H. vermieteten Räume zum Betrieb eines Möbelfachgeschäftes dienten. Demgemäß bestimmt sich Umfang und Inhalt der versprochenen Leistungen danach, welche Arbeiten für die in der Ausbauvereinbarung im einzelnen genannten Maßnahmen erforderlich sind, damit die vermieteten Räumlichkeiten für den Betrieb eines Möbelfachgeschäfts geeignet sind. Abzustellen ist insbesondere darauf, inwieweit das Gebäude im Vergleich zu seinem Zustand bei der Übernahme der Ausbauverpflichtungen ertüchtigt werden muss.
31 Rechtsfehlerhaft misst das Berufungsgericht schließlich den von F. und H. in der Ausbauvereinbarung auf 1,2 bis 1,5 Mio. € geschätzten Kosten bei der Auslegung kein Gewicht bei. Es handelt sich vielmehr um ein im Rahmen der beiderseits interessengerechten Auslegung zu berücksichtigendes Indiz dafür, dass die - nach der funktionalen Leistungsbeschreibung - geschuldeten Ausbau- und Renovierungsarbeiten einen erheblichen Umfang annahmen, weil die Räume von den Parteien der Ausbauvereinbarung hinsichtlich der vorgesehenen Baumaßnahmen offensichtlich als erheblich renovierungs- und ausbaubedürftig angesehen wurden. Dieses Indiz wird dadurch verstärkt, dass auch die Mietvertragsparteien von einer Kostenschätzung in dieser Höhe ausgingen und die Anlage zum Mietvertrag eine nach einzelnen Maßnahmen aufgeschlüsselte Kostenschätzung enthält.
32 (3) Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vortrag des Klägers ist die Ausbauverpflichtung geeignet, einen finanziellen Engpass der F. zu begründen. Auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen diese Leistungsverpflichtung aus Rechtsgründen im Rahmen der drohenden Zahlungsunfähigkeit zu berücksichtigen ist, kommt es dabei nicht an.
33 Richtig ist zwar, dass F. im Hinblick auf die von ihr übernommene Ausbauverpflichtung im Zeitpunkt der Rechtshandlung keine Zahlungspflicht traf. Für finanziell beengte Verhältnisse bei einer inkongruenten Deckung genügt es jedoch, wenn F. aufgrund der Rechtshandlung über keine ausreichenden finanziellen Mittel mehr verfügte, um die bereits bestehenden Ausbauverpflichtungen zu erfüllen. Dies lässt sich mit der Begründung des Berufungsgerichts nicht ausschließen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts verfügte F. am 31. Dezember 2008 nur noch über liquides Vermögen in Höhe von 58.564,53 €, dem Verbindlichkeiten in Höhe von 28.427,35 € gegenüberstanden. Damit befand sich F. aufgrund der inkongruenten Zahlungen an die Beklagte bereits dann in finanziell beengten Verhältnissen, wenn die von F. vorzufinanzierenden Kosten der Ausbauvereinbarung über 30.000 € lagen, jedenfalls aber sobald diese Kosten das liquide Vermögen von 58.564,53 € überstiegen. Ausbauleistungen mit einem solchen Aufwand konnte F. dann nicht mehr erbringen; die inkongruenten Zahlungen an die Beklagte verletzten damit die Gleichheit der Befriedigungschancen anderer Gläubiger wie H. Da das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu trifft, welche von F. zu tragende (Mindest-)Kosten die Ausbauvereinbarung auslöste, ist zugunsten des Klägers zu unterstellen, dass diese jedenfalls die vorhandene Liquidität deutlich überstiegen.
34 (4) Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht an, der auf dem Notaranderkonto hinterlegte Betrag von 1.000.000 € habe zur Verfügung gestanden, um die Ausbauverpflichtungen zu finanzieren. Wie die Revision zutreffend rügt ist diese Auslegung mit den Bestimmungen der Ausbauvereinbarung nicht vereinbar. Aus den Regelungen in Nr. 2 und Nr. 6 der Ausbauvereinbarung ergibt sich, dass F. für die Ausbauarbeiten einen ersten Betrag von 200.000 € netto selbst zu tragen und diese Kosten "durch bezahlte Subunternehmerrechnungen" gegenüber H. nachzuweisen hatte, bevor sie hinsichtlich der 200.000 € übersteigenden Ausbaukosten eine Freigabe des auf dem Notaranderkonto hinterlegten Betrages verlangen konnte. Zusätzlich setzte eine Auszahlung voraus, dass entweder für die restlichen Bauarbeiten feststand, dass diese weniger als 1.000.000 € kosteten, oder dass F. eine Abrechnung erstellte, aus der sich ergab, welche Beträge F.- unter Berücksichtigung der von ihr zu tragenden ersten 200.000 € - "bereits aufgewendet hatte, welcher Betrag für die Fertigstellung der Arbeiten noch notwendig ist und welcher Betrag ausgezahlt werden kann". Stets erforderte die Auszahlung die Zustimmung von H. Angesichts dieser Bestimmungen waren die auf dem Notaranderkonto hinterlegten Gelder für F. frühestens verfügbar, nachdem F. nachweislich 200.000 € netto ausgegeben hatte. Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts bestehen durchgreifende Zweifel, dass F. einen Betrag von 200.000 € netto selbst finanzieren konnte.
35 c) Rechtsfehlerhaft meint das Berufungsgericht, dass der Indizwirkung der Inkongruenz angesichts eines Zeitablaufs von fast acht Jahren zwischen Rechtshandlung und Insolvenzantrag im Streitfall keine wesentliche Bedeutung mehr zukomme. Das Berufungsgericht hat hierzu keine tragfähigen Umstände festgestellt.
36 Maßgeblich für den Benachteiligungsvorsatz sind die Vorstellungen des Schuldners zum Zeitpunkt der Rechtshandlung. Im Ausgangspunkt zutreffend ist allerdings im Rahmen der Gesamtwürdigung auch der Zeitablauf zu berücksichtigen. Spätere Entwicklungen - wie etwa die zeitliche Nähe der Rechtshandlung zum Insolvenzantrag - können ein grundsätzlich taugliches Indiz sein, um Rückschlüsse auf die Lage und die Kenntnisse des Schuldners zum Zeitpunkt der Rechtshandlung ziehen zu können. Verwirklicht sich die Gläubigerbenachteiligung durch einen Insolvenzantrag erst lange Zeit nach der Rechtshandlung, kann dies den aus den zum Zeitpunkt der Rechtshandlung bestehenden Indizien gezogenen Schluss auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz in Frage stellen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Fortbestand des schuldnerischen Unternehmens über einen längeren Zeitraum durchgreifende Zweifel begründet, ob die für den Zeitpunkt der Rechtshandlung angenommene Besorgnis bevorstehender Zahlungskürzungen oder -stockungen des Schuldners und die sich daraus aufdrängende Gefährdung der anderen, nicht in gleicher Weise begünstigten Gläubiger (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - IX ZR 329/97, ZIP 1999, 406, 407 unter III.1.a) tatsächlich gerechtfertigt war. In diesem Sinn hat der Bundesgerichtshof angenommen, dass die Indizwirkung einer inkongruenten Deckung umso weniger ins Gewicht fallen kann, je länger die Handlung vor der Verfahrenseröffnung liegt (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2003 - IX ZR 199/02, BGHZ 157, 242, 254 unter III.2.c für die Kenntnis des Anfechtungsgegners). Dies betrifft - wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend sieht - nicht die Inkongruenz, sondern in erster Linie die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage des schuldnerischen Unternehmens.
37 Zu Unrecht stellt das Berufungsgericht darauf ab, F. habe acht Jahre weiterwirtschaften können. Hierzu fehlen ausreichende Feststellungen. Die Fortexistenz des Schuldners ist erst dann ein Gegenindiz, wenn dieser weiter geschäftlich tätig ist und regelmäßig Einnahmen und Ausgaben zu verbuchen hat. Die Revision rügt zu Recht, dass weder vorgetragen noch festgestellt sei, dass F. nach der Zahlung an die Beklagte erneut Liquidität zugeflossen sei. Im Gegenteil übte F. - nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Vortrag des Klägers - keine weitere wirtschaftliche Tätigkeit aus, weil sich die unternehmerische Tätigkeit auf den Verkauf des Miteigentumsanteils an dem Einkaufszentrum T. beschränkte. Ebenso wenig trifft das Berufungsgericht Feststellungen zu einer weiteren wirtschaftlichen Tätigkeit der F. im Zusammenhang mit dem Ausbau des Möbelhauses. Nach der Behauptung des Klägers führte F. keine der notwendigen Ausbauarbeiten aus.
38 d) Schließlich bezieht das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft weitere Indizien nicht in seine Gesamtwürdigung ein.
39 aa) Der Kläger hat geltend gemacht, die Auszahlung des aus dem Verkauf erzielten Erlöses stelle eine planmäßige Vermögensverlagerung auf die Beklagte dar. Hierzu hat er vorgetragen, dass F. mit ihrer Gründung am 4. April 2007 allein für die Vermarktung des Möbelhauses tätig war, nach dem Verkauf des Möbelhauses über kein sonstiges Vermögen mehr verfügte, liquide Mittel ausschließlich aus dem Verkauf des Möbelhauses stammten und F. weder über sonstige Einnahmequellen verfügte noch eine weitere Geschäftstätigkeit ausübte. Die Beklagte ihrerseits habe die Auszahlungen vereinnahmt, um bei ihr entstandene Verluste auszugleichen. Trifft dies zu, kann dies auf einen Benachteiligungsvorsatz hindeuten.
40 bb) Die Beklagte war zum Zeitpunkt der Rechtshandlung als herrschendes Unternehmen nahestehende Person gemäß § 138 Abs. 2 Nr. 2 InsO (vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof/Gehrlein, 4. Aufl., § 138 Rn. 28). Auf der Grundlage des revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vortrags des Klägers handelt es sich bei der Weiterleitung des erlösten Kaufpreises um eine Übertragung der letzten werthaltigen Vermögensgegenstände auf einen Dritten, weil und soweit F. keine Möglichkeiten hatte, die Ausbauverpflichtungen zu erfüllen, eine Freigabe des auf dem Notaranderkonto befindlichen Geldes daher nicht in Betracht kam und F. von der Beklagten für die Weiterleitung des Kaufpreises keine vermögenswerte Gegenleistung erhielt. Die inkongruente Übertragung des letzten werthaltigen Vermögens auf einen nahestehenden Dritten ist ein Indiz für den Benachteiligungsvorsatz.
41 cc) Weiter erwägt das Berufungsgericht das Ausmaß der Gläubigerbenachteiligung nicht. Soweit die Auszahlungen an die Beklagte ohne ausgleichende Gegenleistung erfolgten und der Vermögensverlust auch nicht anderweitig ausgeglichen wurde, liegt eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung vor. Unmittelbar ist eine Benachteiligung, die ohne Hinzukommen späterer Umstände schon mit der Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung selbst eintritt. Maßgeblicher Zeitpunkt dafür ist derjenige der Vollendung der Rechtshandlung (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2019 - IX ZR 167/18, BGHZ 222, 283 Rn. 72 mwN [CB 2020, 76]). Rechtsfehlerhaft meint das Berufungsgericht, dass der Indizwirkung der Inkongruenz angesichts eines Zeitablaufs von fast acht Jahren zwischen Rechtshandlung und Insolvenzantrag im Streitfall keine wesentliche Bedeutung mehr zukomme. Das Berufungsgericht hat hierzu keine tragfähigen Umstände festgestellt.
42 III. Die Entscheidung erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts kann eine Kenntnis der Beklagten vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nicht verneint werden. Auf § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO aF kommt es dabei nicht an. Nach dem - revisionsrechtlich zu unterstellenden - Vortrag des Klägers verfügte die Beklagte als alleinige Gesellschafterin der F. und aufgrund ihres aus dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag folgenden umfassenden Weisungsrechts über die gleichen Kenntnisse wie F. In diesem Fall kannte sie auch den - revisionsrechtlich zu unterstellenden - Benachteiligungsvorsatz der F.
43 IV. Die Sache ist nicht zugunsten des Klägers zur Endentscheidung reif. Die Frage, ob F. zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlungen drohend zahlungsunfähig war, ist bereits mangels hinreichender Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entscheidungserheblich. Da das Berufungsgericht weder Feststellungen zu den im Zeitpunkt der Rechtshandlung bestehenden, aber erst zukünftig fälligen Zahlungspflichten der F. noch zu Inhalt, Umfang und Fälligkeit etwaiger Zahlungspflichten der F. infolge der bestehenden Ausbauvereinbarung oder sonstiger zukünftiger Zahlungspflichten trifft, fehlt es bereits an einer tatsächlichen Grundlage, um die Voraussetzungen einer drohenden Zahlungsunfähigkeit prüfen zu können. Es genügt insoweit nicht, dass das Berufungsgericht eine zukünftig entstehende Schadensersatzforderung von H. unterstellt, weil es an Feststellungen fehlt, in welcher Höhe, mit welcher Wahrscheinlichkeit und zu welchem Zeitpunkt diese Schadensersatzforderung entstehen soll. Damit kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ein zukünftig möglicherweise entstehender Sekundäranspruch auf Schadensersatz aufgrund der Nichterfüllung einer Primärleistungspflicht bei der Prüfung der drohenden Zahlungsunfähigkeit zu berücksichtigen ist und ob im Streitfall allein aufgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit auf einen Benachteiligungsvorsatz der F. geschlossen werden könnte.
44 V. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
45 1. Für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners kommt es darauf an, welche Vorstellungen der Schuldner von der zukünftigen finanziellen Belastung und den Möglichkeiten hat, die Verbindlichkeiten zu erfüllen. Das Berufungsgericht wird daher zu prüfen haben, auf welche Weise F. die sich aus der Ausbauvereinbarung ergebenden Verpflichtungen finanzieren wollte. Hierzu wird das Berufungsgericht - gegebenenfalls nach ergänzendem Vortrag der Parteien - zu klären haben, mit welchen finanziellen Belastungen in welchem Zeitraum aus der Ausbauvereinbarung F. zu rechnen hatte, welche konkreten Möglichkeiten für F. bestanden, die notwendige Finanzierung zu erreichen, und ob die Vorstellungen von den finanziellen Belastungen und den Finanzierungsmöglichkeiten eine realistische Grundlage hatten. Gegebenenfalls wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob sich eine Mindestgröße der finanziellen Belastung feststellen lässt.
46 Als zusätzliches Indiz neben der Inkongruenz der Zahlung kommt es dabei nicht darauf an, ob F. auch in rechtlicher Hinsicht drohend zahlungsunfähig gewesen ist. Das Gewicht der tatsächlichen finanziellen Probleme ändert sich nicht dadurch, ob dies als drohende Zahlungsunfähigkeit eingeordnet wird, weil bei der Bewertung der Inkongruenz entscheidend ist, welche Vorstellungen der Schuldner vom weiteren Verlauf hat und in welchem Umfang er Aussichten hat, den finanziellen Engpass zu überwinden. Bei einer inkongruenten Deckung ist daher für die Indizwirkung maßgeblich, ob der Schuldner davon ausging, seine Verbindlichkeiten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht erfüllen zu können.
47 2. Handelte F. bei den Rechtshandlungen in dem Bewusstsein, die Ausbauverpflichtungen nicht finanzieren zu können, sondern vielmehr sich zugunsten der Beklagten ihrer vollständigen Liquidität begeben zu haben, spricht dies für einen Benachteiligungsvorsatz.
48 a) Ein Schuldner, der seine letzten verfügbaren finanziellen Mittel dem beherrschenden Unternehmen für dessen Interessen zur Verfügung stellt, ohne hierfür einen Ausgleich zu erhalten, kann mit Benachteiligungsvorsatz handeln. Dabei ist für den Benachteiligungsvorsatz im Zusammenhang mit der im Streitfall gegebenen inkongruenten Deckung das tatsächliche Ausmaß der finanziell beengten Verhältnisse maßgebend. Dies gilt insbesondere dann, wenn - was das Berufungsgericht in seinem Gewicht nicht richtig würdigt - die finanziellen Mittel ohne jede Gegenleistung abfließen.
49 b) Nach dem Vortrag des Klägers handelte es sich um eine planmäßige Vermögensverlagerung, mit der die Beklagte F. gezielt nahezu sämtliche Mittel entzog, statt ihr diese - zumindest teilweise - für die Erfüllung der Ausbauvereinbarung zu belassen. Vor diesem Hintergrund wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob F. mit der Auszahlung praktisch aller finanziellen Mittel an die Beklagte billigend in Kauf genommen hat, dass sie damit ihrer Ausbauverpflichtung nicht mehr nachkommen konnte. Dies kann der Fall sein, wenn die auf dem Notaranderkonto hinterlegten Gelder hierfür faktisch nicht oder nicht in ausreichendem Maß zur Verfügung standen, F. keine Vorfinanzierung möglich war und sie auch keine Möglichkeiten hatte, von der Beklagten als ihrer alleinigen Gesellschafterin - etwa aufgrund des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags - weitere finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt zu erhalten. Dabei wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob etwaige Ansprüche der F. aus Ausgleichs- und Finanzierungsverpflichtungen der Beklagten als alleiniger Gesellschafterin werthaltig waren; dies erscheint zweifelhaft, sofern die Beklagte ihrerseits der von F. ausgezahlten finanziellen Mittel bedurfte, um ihre Insolvenz abzuwenden. Nach den Behauptungen des Klägers war die Beklagte weder willens noch in der Lage, F. die finanziellen Mittel zur Erfüllung der Ausbauvereinbarung zur Verfügung zu stellen.
50 Schließlich wird das Berufungsgericht zu erwägen haben, ob die Beendigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags zum 31. Dezember 2009 - und damit wenig mehr als ein Jahr nach den Vereinbarungen mit H. und dem Abfluss der Liquidität - für einen gezielten Entzug der Liquidität spricht, nachdem hierfür ein sachlicher Grund bislang nicht ersichtlich ist. Für eine eigene unternehmerische Tätigkeit der F. außerhalb der J.-Gruppe hat das Berufungsgericht nichts festgestellt. Vielmehr ist es möglich, dass F. ihre Liquidität auf die Beklagte verlagerte und sich somit - sobald H. die versprochenen Ausbauleistungen einforderte - bewusst in die Lage versetzte, sich diesen Verpflichtungen im geeigneten Fall durch einen Insolvenzantrag wegen einer dann eintretenden Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu entziehen.