OLG Köln: Hinreichende Aufklärung über werblichen Charakter einer Internetseite - „Anti-Status-Auto"
OLG Köln, Urteil vom 9.8.2013 - 6 U 3/13
Leitsätze
1. Eine Internetseite, die sich in blog-ähnlichen Beiträgen in satirisch überspitzter Form mit dem als krankhaft ironisierten Konsumverhalten der Käufer anderer Automarken auseinandersetzt, ist ohne weitere Hinweise nicht auf den ersten Blick als Werbung erkennbar.
2. Der nach Abmahnung erfolgte und deutlich erkennbare Hinweis „Anzeige" am linken oberen Bildschirmrand, der am Browserfenster fixiert ist und so beim Scrollen der Seite „mitwandert", klärt aber hinreichend über den werblichen Charakter der Seite auf.
UWG § 4 Nr. 3
,
Sachverhalt
I.
Der Kläger, ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, nimmt die Beklagte, die Automobile herstellt und vertreibt, auf Unterlassung und Abmahnkostenersatz mit der Begründung in Anspruch, sie verschleiere den werblichen Charakter ihres Internetauftritts „status-symptome.de", den sie als Teil einer großangelegten, satirisch die angebliche „Status-Angst" anderer Autobesitzer aufgreifenden Werbekampagne für ihre Fahrzeuge der Marke „Dacia" eingerichtet hat; außerdem werbe sie dort mit einem mangels Einbeziehung obligatorischer Überführungskosten fehlerhaft gebildeten Preis. Den Hinweis „Anzeige", um den die Beklagte ihren Internetauftritt nach der Abmahnung - wie aus der vorstehenden Urteilsformel ersichtlich - ergänzt hat, hält der Kläger für unzureichend.
Mit dem angefochtenen Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Dagegen richtet sich deren weiter auf vollständige Klageabweisung gerichtete Berufung, mit der sie ihre erstinstanzlichen rechtlichen Einwendungen vertieft. Der Kläger verteidigt mit zusätzlichen Erwägungen die Entscheidung des Landgerichts.
Aus den Gründen
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache insofern Erfolg, als die Verurteilung der Beklagten wegen der Gestaltung ihres nach der Abmahnung geänderten Internetauftritts nicht aufrechterhalten bleiben kann; im Übrigen ist sie unbegründet.
1. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass der ursprüngliche Internetauftritt der Beklagten unter „status-symptome.de", wie er am 02.08.2011 öffentlich zugänglich war, dessen Werbecharakter verschleiert und dem Kläger deshalb ein Unterlassungsanspruch aus §§ 3 Abs. 2, 4 Nr. 3, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2 UWG zusteht.
a) Nach § 4 Nr. 3 UWG handelt unlauter, wer den werblichen Charakter einer geschäftlichen Handlung verschleiert. Mit der Vorschrift soll das medienrechtliche Verbot der Schleichwerbung (heute § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG, §§ 7 Abs. 7, 58 Abs. 1 RStV) auf alle Formen der Werbung ausgedehnt werden (BT-Drucks. 15/1487, S. 17). Die Bestimmung bezweckt den Schutz der Verbraucher vor einer Täuschung über den kommerziellen Hintergrund geschäftlicher Maßnahmen und dient so auch der Umsetzung des Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (BGH, GRUR 2011, 163 [Rn. 21] = WRP 2011, 747 - Flappe; GRUR 2013, 644 [Rn. 16] = WRP 2013, 764 - Preisrätselgewinnauslobung V).
Verschleiernd wirbt, wer das äußere Erscheinungsbild der geschäftlichen Handlung so gestaltet, dass der Werbecharakter nicht klar und eindeutig zu erkennen ist (BGH, a.a.O.; Senat, Urteil vom 12.04.2013 - 6 U 132/12; Köhler / Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 4 Rn. 3.11; Ullmann / Seichter, jurisPK-UWG, 3. Aufl., § 4 Nr. 3, Rn. 37). Grundlage des insofern in § 4 Nr. 3 UWG - ebenso wie in Nr. 11 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG - enthaltenen Verbots redaktioneller Werbung ist die damit regelmäßig einhergehende Irreführung des Lesers, der dem Beitrag auf Grund seines redaktionellen Charakters unkritischer gegenübertritt und ihm auch größere Bedeutung und Beachtung beimisst (BGH, GRUR 2011, 163 [Rn. 13] = WRP 2011, 747 - Flappe; vgl. zu § 1 UWG 1909 bereits BGHZ 81, 247, 250 f. = GRUR 1981, 835 - Getarnte Werbung I; GRUR 1994, 821, 822 = WRP 1994, 814 - Preisrätselgewinnauslobung I; BGHZ 130, 205 [214] = GRUR 1995, 744 = WRP 1995, 923 - Feuer, Eis & Dynamit I). Ob das dem Gebot der Trennung von Werbung und redaktioneller Berichterstattung korrespondierende Verbot verletzt ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei insbesondere Inhalt, Anlass und Aufmachung des Beitrags sowie Gestaltung und Zielsetzung der Publikation zu berücksichtigen sind (BGH, GRUR 2013, 644 [Rn. 16] = WRP 2013, 764 - Preisrätselgewinnauslobung V m.w.N.).
Bezogen auf den einzelnen Beitrag genügt es nicht, dass der durchschnittliche Adressat nach einer analysierenden Lektüre des Beitrags die werbliche Wirkung erkennt. Denn dies schließt nicht aus, dass er den Beitrag erst deshalb eingehender beachtet, weil er irrig annimmt, es handele sich um die unabhängige Äußerung einer Redaktion. So muss bei redaktionell aufgemachten Preisrätseln für den Leser bereits auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel erkennbar sein, dass es sich dabei der Sache nach um Werbung für den Hersteller des als Gewinn ausgelobten Produkts handelt. Es genügt nicht, dass der Verkehr die positive Beschreibung des Produkts erkennt; er muss vielmehr sofort und zweifelsfrei erkennen, dass diese Beschreibung der Produktwerbung dient und nicht von der Redaktion verantwortet ist (BGH, a.a.O. [Rn. 21]).
Bei der Bewertung, ob der werbliche Charakter des Beitrags für den durchschnittlich informierten, verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Verbraucher eindeutig, unmissverständlich und auf den ersten Blick als solcher hervortritt (BGH, a.a.O. [Rn. 25]), ist nicht auf den Durchschnitt der Bevölkerung, sondern auf einen durchschnittlichen Angehörigen der primär angesprochenen Verkehrskreise abzustellen (Köhler, a.a.O., Rn. 3.11; Seichter, a.a.O., Rn. 37; Harte / Henning / Frank, UWG, 3. Aufl., § 4 Nr. 3 Rn. 34). Namentlich bei Veröffentlichungen im Internet kommt es für die Frage, ob Werbung hinreichend als solche erkennbar ist, auf den optischen Gesamteindruck des Internetauftritts und das Vorverständnis der potentiellen Nutzer an (vgl. zur Bannerwerbung im Kontext eines sich an Kinder richtenden Spieleportals Senat, Urteil vom 12.04.2013 - 6 U 132/12; KG, MMR 2012, 316). Die weitgehende Verbreitung werbefinanzierter Inhalte hat Einfluss auf die Erwartungshaltung der Nutzer. Wenngleich das Verbot verschleierter Werbung in redaktionellem Gewand auch hier gilt, sind bei der Konkretisierung des Trennungsgebots medienspezifische Besonderheiten zu beachten (Frank, a.a.O., Rn. 115).
So bedarf es einerseits bei einer Unternehmens-Homepage, die der durchschnittlich aufgeklärte verständige Nutzer ohne Weiteres als kommerzielle Kommunikation erkennt, keiner gesonderten Kennzeichnung des Inhalts oder einzelner Abschnitte mit „Anzeige" (Götting / Nordemann / Hasselblatt, UWG, 2. Aufl., § 4 Rn. 3.104). Andererseits kommt es im technisch innovativen Internetbereich aber auch zu modernen, den Werbeadressaten noch weniger geläufigen Formen der Schleichwerbung - sei es mittels fingierter Äußerungen in Bewertungsportalen und Blogs (vgl. LG Hamburg, GRUR-RR 2012, 400 - Beste Rechtsschutzversicherung; Köhler, a.a.O., Rn. 3.18, 341; Hasselblatt, a.a.O., Rn. 3.110; Frank, a.a.O., Rn. 124 ff.; Seichter, a.a.O., Rn. 88; Lichtnecker, GRUR 2013, 135 [139]; Ahrens / Richter, WRP 2011, 814), sei es mit Hilfe der Methode „viralen Marketings", das auf die (einem Virus vergleichbare, gleichsam epidemische) Ausbreitung einer Werbebotschaft im Gewand oft unkonventioneller und hintergründiger Nachrichten über soziale Netzwerke und andere elektronische Kommunikationskanäle setzt (vgl. Hasselblatt, a.a.O., Rn. 3.109; Frank, a.a.O., Rn. 128; Lichtnecker, a.a.O.).
b) Im Streitfall vermittelt die Gesamtaufmachung des angegriffenen Internetauftritts einem unbefangenen Betrachter auf den ersten Blick den Eindruck einer redaktionell gestalteten Publikation. Das Landgericht hat das von ihm näher beschriebene visuelle Erscheinungsbild zutreffend dahin zusammengefasst, dass die Webseite an einen Blog mit verschiedenen Artikeln denken lasse. Der Senat schließt sich diesen überzeugenden Ausführungen an und nimmt darauf zustimmend Bezug.
Ohne Erfolg rügt die Berufung, dass das Landgericht hiernach von einer Verschleierung des - zwischen den Parteien nicht umstrittenen - werblichen Charakters einer geschäftlichen Handlung der Beklagten, nämlich ihres Internetauftritts „status-symptome.de" ausgegangen ist. Keiner der von ihr angeführten Gesichtspunkte rechtfertigt eine andere Bewertung.
aa) Wie vom Landgericht angenommen, besteht die naheliegende Gefahr, dass in erheblichem Umfang Internetnutzer, die auf die scheinbar redaktionell gestaltete Webseite gelangen, deren werblichen Charakter zunächst übersehen, weil sie darauf nicht anderweitig vorbereitet worden sind.
Die Internetadresse besteht aus einem der deutschen Sprache fremden, zu Werbezwecken erfundenen zusammengesetzten Begriff, der für sich genommen weder einen Hinweis auf den Werbecharakter der Webseite noch auf ein redaktionelles Angebot enthält.
Es liegt allerdings fern, dass Nutzer, denen die Werbekampagne der Beklagten bis dahin unbekannt war, das Wort „status-symptome" von sich aus in die Adresszeile des Webbrowsers oder in eine Internetsuchmaschine eingeben. Häufiger mögen Verbraucher die Internetseite unter der angegebenen Adresse bewusst aufsuchen, die zuvor einen Fernseh-Werbefilm der Beklagten gesehen oder eine gedruckte Anzeige der Beklagten gelesen haben, in denen zum Besuch der Webseite aufgefordert wurde. Diese Internetnutzer werden den werblichen Charakter der Seite nicht verkennen. Selbst wenn die Gegenstände der Werbung (die von der Beklagten angebotenen Fahrzeuge der Marke „Dacia") in den vorbereitenden TV-Spots und Printanzeigen noch nicht benannt wurden, werden verständige Verbraucher schon der Platzierung des Hinweises entnehmen, dass sie unter der Internetadresse kein journalistisches oder künstlerisches Angebot, sondern ein weiteres Element der durch ungewohnte Anspielungen und überraschende Wendungen Neugier erzeugenden Werbekampagne vorfinden.
Anders liegt es jedoch bei Internetnutzern, die von Dritten auf die Seite aufmerksam gemacht wurden, ohne zugleich über deren werblichen Charakter aufgeklärt worden zu sein. Mit einem erheblichen Anteil solcher unbefangener Verbraucher an der Gesamtzahl der Besucher der Webseite ist zu rechnen. Unkommentierte Empfehlungen dieser Art können unter den Bedingungen des Internet nämlich sehr einfach durch einen elektronischen Verweis vorgenommen werden. Außer einer Versendung des Links per E-Mail - wie vom Landgericht erwogen - kommt dabei auch eine Verbreitung über soziale Netzwerke in Betracht. Wie in der Berufungsverhandlung erörtert, deutet der auf der ersten Bildschirmansicht des Internetauftritts oben rechts erkennbare „facebook"-Button „Gefällt mir" darauf hin, dass die Beklagte eine solche Form der Weiterempfehlung ihrer Webseite unterstützt. Zudem dürfte bereits die Programmierung des eigenen Internetauftritts „status-symptome.de" für ein Werbekonzept sprechen, das - jedenfalls auch - auf die Möglichkeiten „viralen Marketings" setzt.
Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, dass ihre Webseite nicht weiterempfohlen werden könne, ohne dass deren Werbecharakter deutlich werde, stützt ihr Vorbringen im nachgereichten Schriftsatz vom 19.07.2013, das insofern keinen Anlass zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gibt (§156 ZPO), diese Ansicht nicht. Ihre Darstellung bestätigt vielmehr die in der Berufungsverhandlung erörterte Annahme des Senats, dass Besucher der Webseite durch schlichtes Anklicken des „facebook"-Buttons einen Link erzeugen und diesen Dritten zugänglich machen können, wobei die Beklagte keinen Einfluss darauf hat, wie der Besucher mit dem „geteilten Link" umgeht. Dass der automatisch generierte Link die Möglichkeit eines Kommentars vorsieht, schließt seine unkommentierte Verbreitung ersichtlich nicht aus. Dass er nicht nur die isolierte Adresse der Internetseite, sondern auch einen „Teaser" mit den ersten Zeilen des Textes und ein Vorschaubild enthalten mag, trägt zur Aufklärung nicht entscheidend bei. Denn unbefangene Internetnutzer, die auf den unkommentierten Link zu der wie eine redaktionelle Veröffentlichung aufgemachten Internetseite „status-symptome.de" treffen, können dem um die Anfangszeilen des Textes („Ausgabe Dienstag, 02. August 2011 / Das Magazin rund um das Thema Status-Symbole. Regelmäßig aktuelle Artikel, Blogs, Filmbeiträge") und um eine Miniaturansicht der Seite ergänzten Link ebenso wenig wie der geöffneten Seite auf den ersten Blick ansehen, dass es sich hierbei um den werblichen Auftritt eines Automobilherstellers handelt.
Dass der erst am Ende der Startseite - nach mehrfachem „Scrollen" - in der typographisch zurücktretenden Zeile „Impressum Kontakt Dacia.de" sichtbar werdende Hinweis auf das werbende Unternehmen erst recht nicht geeignet ist, den Internetnutzer unmissverständlich und auf den ersten Blick über den werblichen Charakter der Seite zu unterrichten, bedarf keiner näheren Begründung.
bb) Die Berufung dringt auch nicht mit ihrem Einwand durch, dass der Internetauftritt - wie jeder Leser nach kurzer Lektüre erkennen werde - keinen ernstzunehmenden redaktionellen Beitrag enthalte, sondern sich durchweg in satirisch überspitzter Form mit dem als krankhaft ironisierten Konsumverhalten anderer Autokäufer auseinandersetze, die ihr Fahrzeug als Statussymbol betrachteten. Abgesehen davon, dass die Internetnutzer, die sich durch die Aufmachung der Webseite zur Lektüre animieren lassen, bereits der Anlockwirkung erlegen sind, die das Verbot verschleierter Werbung gerade unterbinden will, trifft es nicht zu, dass die satirische Ausrichtung einer Verschleierung des Werbecharakters entgegensteht. Aus der vom Bundesgerichtshof in vergleichender Werbung als wettbewerbsrechtlich zulässig angesehenen ironischen Distanzierung von Konkurrenzangeboten (BGH, GRUR 2010, 161 = WRP 2010, 252 - Gib mal Zeitung) folgt nichts anderes.
Denn der redaktionelle Charakter der Veröffentlichung wird nicht schon dadurch relativiert und ihr werblicher Charakter tritt nicht bereits dadurch zu Tage, dass darin die Kunden von Mitbewerbern der Beklagten als unter Statusangst leidend verspottet und scherzhaften Diagnosen unterzogen werden. Einem redaktionell verantworteten Satiremagazin nähert sich der Verbraucher mit anderen Erwartungen als einer witzigen Unternehmenswerbung; er wird ihm in der Regel größere Beachtung und in gewissem Sinn größeres Vertrauen entgegenbringen als der kommerziellen Kommunikation des Konkurrenten, weshalb das Verbot verschleierter Werbung und das Gebot der Trennung redaktioneller und werblicher Inhalte auch hier gilt.
cc) Ebenfalls ohne Erfolg verweist die Berufung auf die Meinungs- und Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 und 3 GG.
(1) Der Schutzbereich dieser Grundrechte ist allerdings betroffen.
(a) Dem Internetauftritt der Beklagten ist ein wertender, allgemein meinungsbildender Gehalt nicht abzusprechen; die kommerzielle Zwecksetzung steht dem nicht entgegen, denn der Schutz der Meinungsfreiheit umfasst auch Äußerungen aus dem Bereich der Wirtschaftswerbung (vgl. BVerfGE 102, 347 = GRUR 2001, 170 [172] = WRP 2001, 129 - Benetton; BVerfG, GRUR 2008, 81 - Pharmakartell, m.w.N.).
(b) Die ironisch-kreative, mit ihrer speziellen Verbindung von Text- und Bildelementen das ästhetische Empfinden der Internetnutzer ansprechende Gestaltung kennzeichnet die Werbung der Beklagten auch als Werk der Kunst im verfassungsrechtlichen Sinne. Nicht jede Satire ist allerdings Kunst (BVerfGE 86, 1 = GRUR 1992, 471 [473] - „geb. Mörder"); sie kann es aber jedenfalls in der Zusammenschau dreier Wesensmerkmale der Kunst sein, wenn in freier schöpferischer Gestaltung Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse durch eine bestimmte Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden, wenn bei formaler, typologischer Betrachtung die Gattungsanforderungen eines Werks der schönen Literatur oder bildenden Kunst erfüllt sind, und wenn der Darstellung eine Vieldeutigkeit der Aussage eigen ist, die weitere Bedeutungen impliziert (vgl. BVerfGE 67, 213 = NJW 1985, 261 [262] - Anachronistischer Zug; OLG München, Beschl. v. 06.02.2013 - 18 W 206/13). Der Internetauftritt der Beklagten genügt diesen Kriterien, ohne dass damit ein inhaltliches Urteil über den „künstlerischen Wert" der Webseite oder der gesamten Werbekampagne gefällt werden kann und soll.
(2) Die Abwägung mit dem (in Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 S. 2, 14 Abs. 1 S. 1 GG) gleichfalls grundrechtlich verankerten Schutzgut des - ohne Irreführung der Verbraucher geführten - fairen wirtschaftlichen Leistungswettbewerbs ergibt jedoch, dass die Beklagte die angegriffene Werbung mit einem hinreichend auffälligen Hinweis auf den werblichen Charakter der Webseite hätte versehen können und müssen.
Zwar bedarf es einer angemessenen Gewichtung der Freiheitsrechte des Art. 5 GG in der Wirtschaftswerbung (vgl. nur BVerfGE 102, 347 = GRUR 2001, 170 [173] = WRP 2001, 129 - Benetton) und ist der Gehalt dieser Grundrechte zumal auf dem Gebiet der getarnten Werbung, das in hohem Maß von wertenden Einschätzungen und Prognosen abhängt, in die Rechtsanwendung einzubeziehen; eine Anwendung der im Wettbewerbsrecht entwickelten Grundsätze über die Trennung von redaktionellem Teil und Anzeigenteil bietet aber durchaus geeignete Anhaltspunkte der Bewertung und damit der Feststellung einer Gefährdung des Schutzguts auch im konkreten Fall (vgl. BVerfG, WRP 2003, 69 = NJW 2003, 277 [278] - Anwalts-Ranglisten). Ein umfassendes Unterlassungsgebot ist nicht erforderlich, wenn klarstellende Zusätze ausreichen, um Irreführungen und eine hierdurch hervorgerufene Beeinträchtigung des Leistungswettbewerbs auszuschließen (BVerfG, WRP 2003, 69 = NJW 2003, 277 [279] - Anwalts-Ranglisten). Ein solcher Zusatz kann dann aber auch erwartet werden.
Der dem Kläger vom Landgericht gegenüber der ursprünglichen Gestaltung des Internetauftritts zuerkannte Unterlassungsanspruch hindert die Beklagte nicht schlechthin daran, in dieser Weise - satirisch, witzig, ironisch-kreativ - zu werben, sondern verpflichtet sie lediglich, durch maßvolle, aber hinreichend aufklärende Zusätze den Werbecharakter ihrer Internetseite gegenüber unvorbereitet darauf treffenden Internetnutzern hinreichend deutlich zu machen.
dd) Die mangels eines solchen Hinweises festzustellende Verschleierung des Werbecharakters beeinträchtigt spürbar die Fähigkeit der Verbraucher zur informierten Entscheidung (§ 3 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 UWG, Art. 7 der Richtlinie 2005/29/EG; vgl. BGH, GRUR 2011, 163 [Rn. 23] = WRP 2011, 747 - Flappe), insofern diese durch die redaktionelle Einkleidung zu einer anderen, aufmerksameren und vertrauensvolleren Wahrnehmung der Werbung angeregt werden.
c) Dahingestellt bleiben kann, ob bei dieser Sachlage auch Nr. 11, 23 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG und § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG, § 58 Abs. 1 RStV verletzt sind (vgl. BGH, GRUR 2011, 163 [Rn. 12] = WRP 2011, 747 - Flappe; BGH, GRUR 2012, 1056 [Rn. 9] = WRP 2012, 1219 - GOOD NEWS), wobei es sich nur um alternative rechtliche Aspekte desselben Streitgegenstands handeln würde (vgl. BGH, GRUR 2013, 401 [Rn. 19 ff.] = WRP 2013, 472 - Biomineralwasser).
2. Als begründet erweist sich die Berufung, soweit das angefochtene Urteil auch in der veränderten Fassung des Internetauftritts eine unlautere Verschleierung des werblichen Charakters der Webseite gesehen hat.
Die wesentliche Änderung besteht darin, dass in der Bildschirmansicht des aktuell nicht mehr abrufbaren Internetauftritts - wie ihn der Senat anhand der bis zur Berufungsverhandlung vorgelegten Bildschirmkopien unschwer nachvollziehen kann - links oben unterhalb der Kopfzeile das schwarz unterlegte Wort „Anzeige" erscheint, das auch beim „Scrollen" grundsätzlich an dieser Stelle verbleibt.
Ausgehend von den vorstehend zu Nr. 1 im Einzelnen erörterten Grundsätzen - unter besonderer Berücksichtigung des möglichen Vorverständnisses der angesprochenen Verbraucherkreise, der Meinungs- und Kunstfreiheit und des Spürbarkeitserfordernisses - hält der Senat diese Aufklärung über den Werbecharakter der Webseite für ausreichend.
a) Das Wort „Anzeige" ist als Unterscheidungskennzeichen zwischen redaktionellen und werblichen Beiträgen allgemein bekannt und als solches auch im vorliegenden Zusammenhang geeignet, auf den Werbecharakter hinzuweisen.
Dem steht nicht entgegen, dass dem Verbraucher die Bezeichnung einer gesamten Internetseite als „Anzeige" noch fremd sein mag und er sich deshalb möglicherweise fragen wird, ob der Hinweis nur einem einzelnen Beitrag gilt. Denn die Platzierung des Hinweises an - in Leserichtung - erster Stelle der Webseite führt im Streitfall jedenfalls dazu, dass auch solche Verbraucher, die infolge der unkommentierten Empfehlung eines Dritten auf die Seite gelangt sind, dieser im Hinblick auf dort vorfindliche kommerzielle Werbung nunmehr insgesamt kritischer begegnen und noch vor der Rezeption der ersten verschleierten Werbebotschaft erkennen werden, dass sie es bei der gesamten Webseite mit einer Form der Unternehmenskommunikation zu tun haben, die sie für die Produkte dieses Unternehmens interessieren will. Dabei wird der Umstand, dass der Hinweis „Anzeige" beim „Scrollen" der Internetseite keinem bestimmten Beitrag zugeordnet bleibt, sondern am oberen Bildrand „mitwandert", ihnen entweder den werblichen Charakter der gesamten Seite sofort klarmachen oder jedenfalls die bereits durch den Hinweis selbst geschaffene kritische Distanz zum Gesamtinhalt der Seite verstärken und es schon dadurch verhindern, dass die betroffenen Verbraucher sich in ihren geschäftlichen Entscheidungen von den auf der Webseite verschleiert dargebotenen Werbeinhalte spürbar beeinflussen lassen.
b) Die Kennzeichnung als „Anzeige" ist nach den Umständen auch deutlich genug, um aus dem Verbotsbereich des zu Nr. 1 mit dem Landgericht bejahten Unterlassungsanspruchs hinauszuführen.
Dem Kläger ist zuzugeben, dass die bloße Verwendung des Wortes „Anzeige" nicht genügt, wenn der betreffende winzige und typologisch unauffällige Schriftzug von den Lesern der betreffenden Werbung wahrscheinlich übersehen werden wird (vgl. Senatsdurteil vom 18.03.2011 - 6 U 168/10; OLG Hamburg, WRP 2012, 1287 - Rekord-Jackpot, m.w.N.). So liegt es hier aber nicht. Das Wort „Anzeige" ist gut sichtbar und durch seine schwarze Unterlegung sogar in gewisser Weise hervorgehoben; ein der größten Schlagzeile entsprechendes Schriftbild ist nicht erforderlich.
c) Reicht der im veränderten Internetauftritt vorhandene Hinweis auf den werblichen Charakter der Webseite nach Lage der Dinge mithin aus, um dem auf § 4 Nr. 3 UWG gestützten Unterlassungsanspruch des Klägers die Grundlage zu entziehen, so kann für die konkurrierenden Unlauterkeitstatbestände (Nr. 11, 23 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG und § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG, § 58 Abs. 1 RStV), deren Merkmale insoweit keine relevanten Unterschiede aufweisen, nichts anderes gelten.
3. Ohne Erfolg bleibt die Berufung, soweit das Landgericht die Angabe unter der Überschrift „Das ist das Anti-Status-Auto" in der Version der Internetseite vom 02.08.2011, wo „Der Dacia Duster ab 11.990 Euro*" beworben wurde, als irreführend gemäß §§ 5, 5a UWG angesehen hat.
Der Senat lässt offen, ob unter den Umständen des Streitfalles mit den Argumenten der Berufungserwiderung angenommen werden könnte, dass die Beklagte jedenfalls unter Angabe von Preisen geworben und dabei ihrer Verpflichtung zur Endpreisangabe nach § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV nicht genügt hat, weil obligatorische Überführungskosten in den Endpreis einzubeziehen gewesen wären (vgl. Senat, Urteil vom 25.05.2012 - 6 U 236/11).
Denn zu Recht hat das Landgericht jedenfalls das Hinzutreten obligatorischer Überführungskosten zu dem im Fließtext angegebenen Preis und das daraus folgende Überschreiten des Schwellenbetrages von 12.000 € für die Verbraucherentscheidung als eine für den Verbraucher wesentliche Information angesehen, die ihm gemäß § 5a Abs. 2 und 3 Nr. 3 UWG nicht vorenthalten werden durfte. Zutreffend hat das Landgericht auch angenommen, dass die in eine Fußnote verlagerte Aufklärung den Anforderungen an die leichte Zugänglichkeit und gute Lesbarkeit eines solchen Hinweises (vgl. Senatsurteil vom 22.06.2012 - 6 U 238/11) nicht genügt. Zwar nimmt das eine Fußnote andeutende Sternchen als solches am Blickfang teil; der erst durch umständliches „Scrollen" an das Ende der Seite erreichbare, je nach Qualität der Bildschirmkopie schwer oder gar nicht lesbare Fußnotentext selbst reicht zur Aufklärung aber keinesfalls aus.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Es besteht kein Anlass, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen. Die Entscheidung beruht auf der tatrichterlichen Anwendung hinreichend geklärter Rechtsgrundsätze auf einen Einzelfall, ohne dass der Sache grundsätzliche Bedeutung zukommt oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof erfordert.