EuGH: Herbaria Kräuterparadies – EU-Logo für ökologische/biologische Produktion für aus Drittland eingeführtem Lebensmittel nur dann, wenn es allen Vorgaben des Unionsrechts entspricht
EuGH, Urteil vom 4.10.2024 – C-240/23; Herbaria Kräuterparadies GmbH gegen Freistaat Bayern
ECLI:EU:C:2024:852
Volltext: BB-Online BBL2024-2433-1
Tenor
Art. 30 Abs. 2 und Art. 33 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2018/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates sind wie folgt auszulegen:
Das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion und grundsätzlich auch Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion dürfen für ein verarbeitetes Lebensmittel, das unter den Bedingungen von Art. 45 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii und von Art. 48 Abs. 1 der Verordnung 2018/848 zum Zweck des Inverkehrbringens als ökologisches/biologisches Erzeugnis in der Europäischen Union aus einem Drittland eingeführt wird, nicht verwendet werden, wenn das Lebensmittel, weil es Mineralstoffe und Vitamine nicht pflanzlichen Ursprungs enthält, nicht den Anforderungen von Art. 16 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang II Teil IV Nr. 2.2.2 Buchst.f der Verordnung 2018/848 entspricht.
Das Logo dieses Drittlands für ökologische/biologische Produktion darf jedoch in der Union für ein solches Lebensmittel verwendet werden, auch wenn es Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion im Sinne von Art. 30 Abs. 1 und Anhang IV der Verordnung 2018/848 enthält.
Aus den Gründen
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 16 Abs. 1, Art. 30 Abs. 1 und 2, Art. 33 Abs. 1, Art. 45 Abs. 1, Art. 48 Abs. 1 und Anhang II Teil IV Nr. 2.2.2 Buchst. f der Verordnung (EU) 2018/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates (ABl. 2018, L 150, S. 1) sowie von Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).
2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Herbaria Kräuterparadies GmbH (im Folgenden: Herbaria) und dem Freistaat Bayern (Deutschland) über die gegenüber Herbaria ergangene Untersagung der Verwendung des Logos der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion sowie von Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion beim Inverkehrbringen einer Mischung aus Fruchtsäften und Kräuterauszügen, die neben ökologischen/biologischen Erzeugnissen Vitamine und Eisengluconat aus nicht ökologischer/biologischer Landwirtschaft enthält, in der Union.
Rechtlicher Rahmen
Verordnung (EG) Nr. 834/2007
3 Art. 23 („Verwendung von Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion“) Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates vom 28. Juni 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 (ABl. 2007, L 189, S. 1) sah vor:
„Im Sinne dieser Verordnung gilt ein Erzeugnis als mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion gekennzeichnet, wenn in der Etikettierung, der Werbung oder den Geschäftspapieren das Erzeugnis, seine Zutaten oder die Futtermittelausgangserzeugnisse mit Bezeichnungen versehen werden, die dem Käufer den Eindruck vermitteln, dass das Erzeugnis, seine Bestandteile oder die Futtermittelausgangserzeugnisse nach den Vorschriften dieser Verordnung gewonnen wurden. Insbesondere dürfen die im Anhang aufgeführten Bezeichnungen, daraus abgeleitete Bezeichnungen und Verkleinerungsformen wie ‚Bio-‘ und ‚Öko-‘, allein oder kombiniert, in der gesamten Gemeinschaft und in allen ihren Amtssprachen bei der Kennzeichnung von Erzeugnissen und der Werbung für sie verwendet werden, wenn diese Erzeugnisse die mit dieser Verordnung oder im Einklang mit ihr erlassenen Vorschriften erfüllen.
Bei der Kennzeichnung von lebenden oder unverarbeiteten landwirtschaftlichen Erzeugnissen und der Werbung für diese dürfen Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion nur dann verwendet werden, wenn darüber hinaus alle Bestandteile dieses Erzeugnisses im Einklang mit dieser Verordnung erzeugt worden sind.“
4 In Art. 33 („Einfuhr von Erzeugnissen mit gleichwertigen Garantien“) Abs. 2 der Verordnung Nr. 834/2007 hieß es:
„Die [Europäische] Kommission kann nach dem in Artikel 37 Absatz 2 genannten Verfahren diejenigen Drittländer anerkennen, deren Produktionssystem Grundsätzen und Produktionsvorschriften genügt, die denen der Titel II, III und IV gleichwertig sind, und deren Kontrollmaßnahmen von gleichwertiger Wirksamkeit sind wie diejenigen des Titels V; sie kann diese Länder in ein entsprechendes Verzeichnis aufnehmen. Bei der Gleichwertigkeitsprüfung sind die Leitlinien CAC/GL 32 [von der Codex-Alimentarius-Kommission im Rahmen der Umsetzung des Gemeinsamen Programms der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aufgestellte Leitlinien für die Erzeugung, Verarbeitung, Etikettierung und Vermarktung von Lebensmitteln aus ökologischem Landbau] zu berücksichtigen. …“
Verordnung (EG) Nr. 889/2008
5 Art. 27 („Verwendung bestimmter Erzeugnisse und Stoffe bei der Verarbeitung von Lebensmitteln“) Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 der Kommission vom 5. September 2008 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen hinsichtlich der ökologischen/biologischen Produktion, Kennzeichnung und Kontrolle (ABl. 2008, L 250, S. 1) bestimmte:
„Zum Zwecke von Artikel 19 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung [Nr. 834/2007] dürfen bei der Verarbeitung von ökologischen/biologischen Lebensmitteln, ausgenommen Wein, nur die folgenden Stoffe verwendet werden: …
f) Mineralstoffe (einschließlich Spurenelemente), Vitamine, Aminosäuren und Mikronährstoffe, jedoch nur, soweit ihre Verwendung in den Lebensmitteln, denen sie zugefügt werden, gesetzlich vorgeschrieben ist.“
Verordnung (EG) Nr. 1235/2008
6 Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 der Kommission vom 8. Dezember 2008 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates hinsichtlich der Regelung der Einfuhren von ökologischen/biologischen Erzeugnissen aus Drittländern (ABl. 2008, L 334, S. 25) sah vor:
„Die Kommission erstellt ein Verzeichnis der anerkannten Drittländer gemäß Artikel 33 Absatz 2 der Verordnung [Nr. 834/2007]. Das Verzeichnis der anerkannten Länder ist in Anhang III der vorliegenden Verordnung aufgeführt. …“
Durchführungsverordnung (EU) Nr. 126/2012
7 Mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 126/2012 der Kommission vom 14. Februar 2012 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 hinsichtlich der Bescheinigungen und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 hinsichtlich der Sonderregelung für die Einfuhr von ökologischen/biologischen Erzeugnissen aus den Vereinigten Staaten von Amerika (ABl. 2012, L 41, S. 5) wurden die Vereinigten Staaten in das Verzeichnis der anerkannten Drittländer in Anhang III der Verordnung Nr. 1235/2008 aufgenommen.
Verordnung 2018/848
8 In den Erwägungsgründen 6, 9, 15, 17, 73, 77 bis 79, 93, 95, 96, 108 und 123 der Verordnung 2018/848 wird ausgeführt:
„(6) Mit Blick auf die Ziele der Politik für den ökologischen/biologischen Landbau der Union sollte der für die Umsetzung dieser Politik geschaffene Rechtsrahmen darauf ausgerichtet sein, fairen Wettbewerb und das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes für ökologische/biologische Erzeugnisse zu gewährleisten, das Vertrauen der Verbraucher in als ökologisch/biologisch gekennzeichnete Erzeugnisse zu wahren und zu rechtfertigen … sowie Voraussetzungen zu schaffen, unter denen sich die Politik entsprechend den Produktions- und Marktentwicklungen fortentwickeln kann. …
(9) Angesichts der Dynamik des ökologischen/biologischen Sektors wurde in der Verordnung [Nr. 834/2007] die Notwendigkeit einer Überarbeitung der Unionsvorschriften für die ökologische/biologische Produktion unter Berücksichtigung der Erfahrungen bei der Anwendung dieser Vorschriften ermittelt. Die Ergebnisse dieser von der Kommission durchgeführten Überarbeitung zeigen, dass der Rechtsrahmen der Union für die ökologische/biologische Produktion dahingehend verbessert werden sollte, dass Vorschriften vorgesehen werden, die den hohen Erwartungen der Verbraucher gerecht werden und den Adressaten ausreichende Klarheit bieten. Die Verordnung [Nr. 834/2007] sollte daher aufgehoben und durch eine neue Verordnung ersetzt werden. …
(15) Forschungsprojekte haben gezeigt, dass das Vertrauen der Verbraucher in den Markt für ökologische/biologische Lebensmittel von entscheidender Bedeutung ist. Langfristig gefährden nicht vertrauenswürdige Vorschriften das Vertrauen der Öffentlichkeit und führen zu Marktversagen. Daher sollte die nachhaltige Entwicklung der ökologischen/biologischen Produktion in der Union auf fundierten Produktionsvorschriften basieren, die unionsweit harmonisiert sind und den Erwartungen von Unternehmern und Verbrauchern hinsichtlich der Qualität ökologischer/biologischer Erzeugnisse sowie der Einhaltung der in dieser Verordnung festgeschriebenen Grundsätze und Vorschriften gerecht werden. …
(17) Diese Verordnung sollte die Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung der ökologischen/biologischen Produktion und ihre positiven Auswirkungen auf die Umwelt bilden und für ein wirksames Funktionieren des Binnenmarktes für ökologische/biologische Erzeugnisse und einen fairen Wettbewerb sorgen, womit dazu beigetragen wird, dass Landwirte ein gerechtes Einkommen erzielen, für Vertrauen seitens der Verbraucher gesorgt wird und Verbraucherinteressen geschützt werden sowie kurze Vertriebskanäle und die Produktion vor Ort gefördert werden. Diese Ziele sollten erreicht werden, indem die allgemeinen und spezifischen Grundsätze und die allgemeinen und spezifischen Vorschriften zur ökologischen/biologischen Produktion eingehalten werden. …
(73) Die Kennzeichnung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und Lebensmittel sollte den allgemeinen Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates [vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission (ABl. 2011, L 304, S. 18)] und insbesondere den Bestimmungen zur Vermeidung von Kennzeichnungen, die den Verbraucher verwirren oder irreführen könnten, unterliegen. Mit der vorliegenden Verordnung sollten außerdem spezifische Vorschriften für die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und Umstellungserzeugnissen festgelegt werden. Ziel ist, sowohl das Interesse der Unternehmer an einer korrekten Kennzeichnung ihrer vermarkteten Erzeugnisse und an ausgewogenen Wettbewerbsbedingungen als auch das Interesse der Verbraucher zu schützen, damit diese fundierte Entscheidungen treffen können. …
(77) Um im gesamten Binnenmarkt Klarheit für den Verbraucher zu schaffen, sollte das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion für alle in der Union produzierten vorverpackten ökologischen/biologischen Lebensmittel zwingend sein. Zudem sollte dieses Logo für alle in der Union produzierten nicht vorverpackten ökologischen/biologischen Erzeugnisse und alle aus Drittländern eingeführten ökologischen/biologischen Erzeugnisse auf freiwilliger Basis benutzt werden können; dies auch zu Informations- und Bildungszwecken. Das Muster des Logos der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion sollte festgelegt werden.
(78) Um jedoch eine Irreführung des Verbrauchers bezüglich des ökologischen/biologischen Charakters des ganzen Erzeugnisses zu vermeiden, ist es angezeigt, die Verwendung dieses Logos auf Erzeugnisse zu beschränken, die ausschließlich oder fast ausschließlich ökologische/biologische Zutaten enthalten. Das Logo sollte daher nicht zur Kennzeichnung von während der Umstellungszeit produzierten Erzeugnissen oder von Verarbeitungserzeugnissen verwendet werden dürfen, bei denen weniger als 95 Gewichtsprozent der Zutaten landwirtschaftlichen Ursprungs aus ökologischer/biologischer Produktion stammen.
(79) Ferner sollten die Verbraucher zur Vermeidung etwaiger Unklarheiten darüber, ob ein Erzeugnis aus der Union stammt oder nicht, bei der Verwendung des Logos der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion über den Ort der Erzeugung der landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe, aus denen sich das Erzeugnis zusammensetzt, informiert werden. Daher sollte es auch gestattet werden, auf den Etiketten von Erzeugnissen aus ökologischer/biologischer Aquakultur anstatt auf den landwirtschaftlichen Ursprung auf die Aquakultur zu verweisen. …
(93) Die Erfahrung mit der Regelung für die Einfuhr ökologischer/biologischer Erzeugnisse in die Union gemäß der Verordnung [Nr. 834/2007] hat gezeigt, dass diese Regelung überarbeitet werden muss, um der Verbrauchererwartung, dass eingeführte ökologische/biologische Erzeugnisse Standards erfüllen, die so hoch sind wie die der Union, gerecht zu werden und für ökologische/biologische Erzeugnisse aus der Union den Zugang zu internationalen Märkten zu erleichtern. Zudem müssen die Vorschriften für die Ausfuhr ökologischer/biologischer Erzeugnisse präzisiert werden, indem insbesondere eine Ausfuhrbescheinigung für ökologische/biologische Erzeugnisse vorgesehen wird. …
(95) Die Möglichkeit des Zugangs zum Unionsmarkt für ökologische/biologische Erzeugnisse, die zwar den Unionsvorschriften für die ökologische/biologische Produktion nicht entsprechen, aber aus Drittländern stammen, deren Systeme für ökologische/biologische Produktion und Kontrolle als dem Unionssystem gleichwertig anerkannt wurden, sollte beibehalten werden. Die Anerkennung der Gleichwertigkeit von Drittländern gemäß der Verordnung [Nr. 834/2007] sollte jedoch nur im Rahmen internationaler Vereinbarungen zwischen der Union und jenen Drittländern gewährt werden, bei denen auch die Union auf der Grundlage der Gegenseitigkeit eine Gleichwertigkeitsanerkennung anstrebt.
(96) Drittländer, die für die Zwecke der Gleichwertigkeit im Rahmen der Verordnung [Nr. 834/2007] anerkannt sind, sollten für einen begrenzten Zeitraum auch im Rahmen der vorliegenden Verordnung weiterhin als solche anerkannt werden, um einen reibungslosen Übergang zur Anerkennung im Rahmen einer internationalen Vereinbarung zu gewährleisten, vorausgesetzt, diese Länder garantieren weiterhin die Gleichwertigkeit ihrer ökologischen/biologischen Produktion und ihrer Kontrollvorschriften mit den relevanten geltenden Unionsvorschriften und erfüllen sämtliche Anforderungen bezüglich der Überwachung ihrer Anerkennung durch die Kommission. Diese Überwachung sollte insbesondere auf der Grundlage der Jahresberichte erfolgen, welche diese anerkannten Drittländer der Kommission übermitteln. …
(108) Es müssen Maßnahmen festgelegt werden, um einen reibungslosen Übergang zum Rechtsrahmen für die Einfuhr ökologischer/biologischer Erzeugnisse und von Umstellungserzeugnissen in die Union, wie er mit dieser Verordnung geändert wurde, zu gewährleisten. …
(123) Da die Ziele dieser Verordnung – insbesondere, was einen fairen Wettbewerb und ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarktes für ökologische/biologische Erzeugnisse sowie die Sicherung des Vertrauens der Verbraucher in diese Erzeugnisse und das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion anbelangt – von den Mitgliedstaaten selbst nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern aufgrund der erforderlichen Harmonisierung der Vorschriften für die ökologische/biologische Produktion auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 [EUV] verankerten Subsidiaritätsprinzip Maßnahmen erlassen. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zum Erreichen dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.“
9 Die Verordnung 2018/848 besteht aus neun Kapiteln. Dabei enthält Kapitel I („Gegenstand, Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen“) die Art. 1 bis 3 der Verordnung, Kapitel III („Produktionsvorschriften“) die Art. 9 bis 29, Kapitel IV („Kennzeichnung“) die Art. 30 bis 34 und Kapitel VII („Handel mit Drittländern“) die Art. 44 bis 49.
10 In Art. 2 („Geltungsbereich“) Abs. 1 der Verordnung 2018/848 heißt es:
„Diese Verordnung gilt für die folgenden in Anhang I AEUV aufgeführten Erzeugnisse der Landwirtschaft, einschließlich der Aquakultur und der Imkerei, und von ihnen stammende Erzeugnisse, sofern sie produziert, aufbereitet, gekennzeichnet, vertrieben, in Verkehr gebracht oder in die Union eingeführt bzw. aus der Union ausgeführt werden oder dazu bestimmt sind:
a) lebende oder unverarbeitete landwirtschaftliche Erzeugnisse einschließlich Saatgut und anderes Pflanzenvermehrungsmaterial,
b) verarbeitete landwirtschaftliche Erzeugnisse, die zur Verwendung als Lebensmittel bestimmt sind,
c) Futtermittel. …“
11 Art. 3 („Begriffsbestimmungen“) dieser Verordnung sieht vor:
„Für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen: …
64. ‚Gleichwertigkeit‘: Erfüllung derselben Ziele und Grundsätze durch Anwendung von Vorschriften, die die gleiche Konformitätsgarantie bieten; …“
12 Art. 16 („Produktionsvorschriften für verarbeitete Lebensmittel“) der Verordnung bestimmt:
„(1) Unternehmer, die verarbeitete Lebensmittel herstellen, müssen insbesondere die detaillierten Produktionsvorschriften einhalten, die in Anhang II Teil IV und in den in Absatz 3 dieses Artikels genannten Durchführungsrechtsakten enthalten sind. …
(3) Die Kommission kann Durchführungsrechtsakte zur Festlegung der zulässigen Verarbeitungsverfahren für Lebensmittel erlassen. …“
13 In Art. 30 („Verwendung von Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion“) der Verordnung 2018/848 heißt es:
„(1) Im Sinne dieser Verordnung gilt ein Erzeugnis als mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion gekennzeichnet, wenn in der Kennzeichnung, in der Werbung oder in den Geschäftspapieren das Erzeugnis, seine Zutaten oder die bei der Produktion verwendeten Einzelfuttermittel mit Bezeichnungen versehen werden, die dem Käufer den Eindruck vermitteln, dass das Erzeugnis, seine Zutaten oder die Einzelfuttermittel nach den Vorschriften dieser Verordnung produziert wurden. Insbesondere dürfen die in Anhang IV aufgeführten Bezeichnungen, und daraus abgeleitete Bezeichnungen und Diminutive wie ‚Bio-‘ und ‚Öko-‘, allein oder kombiniert, in der gesamten Union und in allen in dem genannten Anhang aufgeführten Sprachen zur Kennzeichnung der in Artikel 2 Absatz 1 genannten Erzeugnisse und in der Werbung für sie verwendet werden, wenn diese Erzeugnisse den Vorschriften dieser Verordnung entsprechen.
(2) In Bezug auf die in Artikel 2 Absatz 1 genannten Erzeugnisse dürfen die Begriffe gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels nirgendwo in der Union und in keiner der in Anhang IV aufgeführten Sprachen für die Kennzeichnung, in Werbematerial oder in den Geschäftspapieren von Erzeugnissen verwendet werden, die den Vorschriften dieser Verordnung nicht entsprechen. …“
14 Art. 32 („Verbindliche Angaben“) Abs. 2 dieser Verordnung sieht vor:
„Bei der Verwendung des Logos der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion muss im selben Sichtfeld wie das Logo der Ort der Erzeugung der landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe erscheinen, aus denen sich das Erzeugnis zusammensetzt, und zwar je nach Fall in einer der folgenden Formen:
a) ‚EU-Landwirtschaft‘, wenn die landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe in der Union erzeugt wurden;
b) ‚Nicht-EU-Landwirtschaft‘, wenn die landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe in Drittländern erzeugt wurden;
c) ‚EU-/Nicht-EU-Landwirtschaft‘, wenn die landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe zum Teil in der Union und zum Teil in einem Drittland erzeugt wurden. …“
15 Art. 33 („Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion“) der Verordnung bestimmt:
„(1) Das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion darf in der Kennzeichnung und Aufmachung von Erzeugnissen sowie in der Werbung hierfür verwendet werden, sofern diese Erzeugnisse den Vorschriften dieser Verordnung entsprechen. …
(2) Sofern es nicht gemäß Absatz 1 Unterabsatz 2 verwendet wird, ist das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion eine amtliche Attestierung im Sinne der Artikel 86 und 91 der Verordnung (EU) 2017/625 [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 über amtliche Kontrollen und andere amtliche Tätigkeiten zur Gewährleistung der Anwendung des Lebens- und Futtermittelrechts und der Vorschriften über Tiergesundheit und Tierschutz, Pflanzengesundheit und Pflanzenschutzmittel, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 999/2001, (EG) Nr. 396/2005, (EG) Nr. 1069/2009, (EG) Nr. 1107/2009, (EU) Nr. 1151/2012, (EU) Nr. 652/2014, (EU) 2016/429 und (EU) 2016/2031 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Verordnungen (EG) Nr. 1/2005 und (EG) Nr. 1099/2009 des Rates sowie der Richtlinien 98/58/EG, 1999/74/EG, 2007/43/EG, 2008/119/EG und 2008/120/EG des Rates und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 854/2004 und (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 89/608/EWG, 89/662/EWG, 90/425/EWG, 91/496/EEG, 96/23/EG, 96/93/EG und 97/78/EG des Rates und des Beschlusses 92/438/EWG des Rates (Verordnung über amtliche Kontrollen) (ABl. 2017, L 95, S. 1)]. …
(5) Nationale und private Logos dürfen in der Kennzeichnung und Aufmachung von Erzeugnissen sowie in der Werbung hierfür verwendet werden, sofern diese Erzeugnisse den Vorschriften dieser Verordnung entsprechen. …“
16 Art. 45 („Einfuhr ökologischer/biologischer Erzeugnisse und von Umstellungserzeugnissen“) Abs. 1 der Verordnung 2018/848 lautet:
„Ein Produkt darf zum Zweck des Inverkehrbringens in der Union als ökologisches/biologisches Erzeugnis oder als Umstellungserzeugnis aus einem Drittland eingeführt werden, sofern folgende drei Bedingungen erfüllt sind:
a) [E]s handelt sich um ein Erzeugnis gemäß Artikel 2 Absatz 1;
b) einer der folgenden Fälle liegt vor:
i) [D]as Produkt entspricht den Vorschriften der Kapitel II, III und IV dieser Verordnung, und alle Unternehmer und Unternehmergruppen gemäß Artikel 36, einschließlich der Ausführer in dem betreffenden Drittland, wurden der Kontrolle durch nach Artikel 46 anerkannte Kontrollbehörden oder Kontrollstellen unterstellt, und diese Behörden oder Stellen haben all diesen Unternehmern, Unternehmergruppen und Ausführern eine Bescheinigung ausgestellt, in der bestätigt wird, dass sie die Vorschriften der vorliegenden Verordnung einhalten;
ii) wenn das Produkt aus einem gemäß Artikel 47 anerkannten Drittland stammt, dieses Produkt entspricht den Bedingungen, die in dem relevanten Handelsabkommen festgelegt sind; oder
iii) wenn das Produkt aus einem gemäß Artikel 48 anerkannten Drittland stammt, dieses Produkt entspricht den gleichwertigen Produktions- und Kontrollvorschriften des genannten Drittlands und wird mit einer von dessen zuständigen Behörden, Kontrollbehörden oder Kontrollstellen ausgestellten Kontrollbescheinigung eingeführt, in der die Einhaltung dieser Vorschriften bestätigt wird; und
c) die Drittlandunternehmer können den Einführern und den nationalen Behörden in der Union und in diesen Drittländern jederzeit Informationen vorlegen, die die Identifizierung der Unternehmer, die ihre Lieferanten sind, und der Kontrollbehörden oder Kontrollstellen dieser Lieferanten ermöglichen, um so die Rückverfolgbarkeit des betreffenden ökologischen/biologischen Erzeugnisses oder des betreffenden Umstellungserzeugnisses sicherzustellen. Diese Informationen werden auch den Kontrollbehörden oder Kontrollstellen der Einführer zugänglich gemacht.“
17 Art. 47 („Gleichwertigkeit im Rahmen einer Handelsvereinbarung“) der Verordnung bestimmt:
„Ein anerkanntes Drittland gemäß Artikel 45 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii ist ein Drittland, für das die Union im Rahmen einer Handelsvereinbarung anerkannt hat, dass dessen Produktionssystem infolge der Anwendung von Vorschriften, die die gleiche Konformitätsgarantie bieten wie die Vorschriften der Union, die gleichen Ziele und Grundsätze erfüllt.“
18 In Art. 48 („Gleichwertigkeit im Rahmen der Verordnung [EG] Nr. 834/2007“) der Verordnung 2018/848 heißt es:
„(1) Ein anerkanntes Drittland gemäß Artikel 45 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer iii ist ein Drittland, das für die Zwecke der Gleichwertigkeit gemäß Artikel 33 Absatz 2 der Verordnung [Nr. 834/2007] anerkannt wurde, einschließlich der im Rahmen der Übergangsmaßnahme gemäß Artikel 58 dieser Verordnung anerkannten Drittländer.
Die Anerkennung gilt bis zum 31. Dezember 2025.
(2) Auf der Grundlage der Jahresberichte, die die Drittländer der Kommission nach Absatz 1 bis zum 31. März jedes Jahres über die Anwendung und Durchsetzung ihrer Kontrollmaßnahmen übermitteln müssen, und unter Berücksichtigung aller sonstigen eingegangenen Informationen stellt die Kommission eine angemessene Überwachung der anerkannten Drittländer sicher, indem sie deren Anerkennung regelmäßig überprüft. Hierzu kann sie von den Mitgliedstaaten Unterstützung erbitten. Die Art der Überwachung wird anhand einer Bewertung der Wahrscheinlichkeit von Verstößen unter Berücksichtigung insbesondere des Volumens der Ausfuhren aus diesem Drittland in die Union, der Ergebnisse der durchgeführten Beobachtungs- und Überwachungstätigkeiten durch die zuständige Behörde und der Ergebnisse früherer Kontrollen festgelegt. Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat [der Europäischen Union] regelmäßig Bericht über die Ergebnisse ihrer Überprüfungen.
…“
19 Anhang II der Verordnung 2018/848 enthält einen Teil IV über die Produktionsvorschriften für verarbeitete Lebensmittel. In diesem Teil IV sieht Nr. 2.2.2 vor:
„Folgende Erzeugnisse und Stoffe dürfen für die Verarbeitung von Lebensmitteln verwendet werden:
…
f) Mineralstoffe (einschließlich Spurenelemente), Vitamine, Aminosäuren und Mikronährstoffe, jedoch nur
i) soweit ihre Verwendung in Lebensmitteln für den allgemeinen Verzehr ‚unmittelbar gesetzlich vorgeschrieben ist‘ in dem Sinne, dass sie nach dem Unionsrecht oder nach nationalen Rechtsvorschriften, die mit dem Unionsrecht vereinbar sind, unmittelbar vorgeschrieben [ist], was dazu führt, dass die Lebensmittel nicht als Lebensmittel für den allgemeinen Verzehr in Verkehr gebracht werden können, wenn diese Mineralstoffe, Vitamine, Aminosäuren oder Mikronährstoffe nicht zugegeben wurden; …
…“
20 Anhang IV („Angaben nach Artikel 30“) der Verordnung 2018/848 lautet:
„BG: биологичен.
ES: ecológico, biológico, orgánico.
CS: ekologické, biologické.
DA: økologisk.
DE: ökologisch, biologisch.
ET: mahe, ökoloogiline.
EL: βιολογικό.
EN: organic.
FR: biologique.
GA: orgánach.
HR: ekološki.
IT: biologico.
LV: bioloģisks, ekoloģisks.
LT: ekologiškas.
LU: biologesch, ökologesch.
HU: ökológiai.
MT: organiku.
NL: biologisch.
PL: ekologiczne.
PT: biológico.
RO: ecologic.
SK: ekologické, biologické.
SL: ekološki.
FI: luonnonmukainen.
SV: ekologisk.“
Verordnung (EU) 2020/1693
21 Im siebten Erwägungsgrund der Verordnung (EU) 2020/1693 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. November 2020 zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/848 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen hinsichtlich ihres Geltungsbeginns und bestimmter anderer in der genannten Verordnung angegebener Daten (ABl. 2020, L 381, S. 1) wird ausgeführt:
„Die COVID-19-Pandemie und die damit verbundene Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit stellen auch für Drittländer und in Drittländern niedergelassene Betriebe eine beispiellose Herausforderung dar. Was Drittländer, die nach Artikel 33 Absatz 2 der Verordnung [Nr. 834/2007] als gleichwertig anerkannt sind, angeht, ist es daher angezeigt, das Ende der Gültigkeit der Anerkennung um ein Jahr auf den 31. Dezember 2026 zu verschieben, damit diese Drittländer genügend Zeit haben, ihren Status – entweder durch den Abschluss eines Handelsabkommens mit der Union oder durch die vollständige Einhaltung der Verordnung [2018/848] durch ihre Betriebe – zu ändern, und unnötigen Handelsstörungen für ökologische/biologische Erzeugnisse vorgebeugt wird.“
22 Art. 1 dieser Verordnung sieht vor:
„Die Verordnung [2018/848] wird wie folgt geändert: …
2. in Artikel 48 Absatz 1 Unterabsatz 2 wird das Datum ‚31. Dezember 2025‘ durch das Datum ‚31. Dezember 2026‘ ersetzt; …“
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen
23 Herbaria stellt ein Getränk namens „Blutquick“ her, das aus einer Mischung aus Fruchtsäften und Kräuterauszügen besteht, die aus biologischer Produktion stammen. Dem Getränk, das als Nahrungsergänzungsmittel vermarktet wird, sind nicht pflanzliche Vitamine und Eisengluconat zugesetzt. Auf der Verpackung befinden sich das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion, das nationale Bio-Siegel sowie ein Verweis auf die Herkunft von Zutaten aus „kontrolliert biologischem Anbau“.
24 Mit Bescheid vom 18. Januar 2012 ordnete die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (Deutschland) u. a. an, dass Herbaria den nach Art. 23 der Verordnung Nr. 834/2007 geschützten Hinweis auf den ökologischen Landbau in der Etikettierung, Kennzeichnung, Werbung und Vermarktung von Blutquick bis zum 1. Dezember 2012 zu entfernen habe, da nach den Vorschriften der Verordnung Nr. 834/2007 und Art. 27 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 889/2008 verarbeiteten Produkten, die die Bezeichnung „ökologisch/biologisch“ führten, Vitamine und Mineralstoffe nur zugesetzt werden dürften, wenn ihre Verwendung gesetzlich vorgeschrieben sei. Das sei bei Blutquick nicht der Fall.
25 Gegen diesen Bescheid erhob Herbaria Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht München (Deutschland), das dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung von Art. 27 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 889/2008 zur Vorabentscheidung vorlegte.
26 In Anbetracht der Antworten des Gerichtshofs auf diese Fragen im Urteil vom 5. November 2014, Herbaria Kräuterparadies (C-137/13, EU:C:2014:2335), wies das Bayerische Verwaltungsgericht München die Klage von Herbaria ab.
27 Die dagegen eingelegte Berufung wurde mit Urteil vom 29. Juli 2021 zurückgewiesen, wogegen Herbaria Revision beim Bundesverwaltungsgericht (Deutschland), dem vorlegenden Gericht, einlegte.
28 Dieses weist darauf hin, dass der Bescheid der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft vom 18. Januar 2012 ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung sei, so dass es nach der nationalen Rechtsprechung bei der Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits von der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Rechtslage auszugehen habe. Folglich sei die Verordnung Nr. 834/2007 auf diesen Rechtsstreit zeitlich nicht mehr anwendbar, da sie durch die Verordnung 2018/848 ersetzt worden sei.
29 Vor dem vorlegenden Gericht stellt Herbaria nicht mehr in Abrede, dass der Zusatz von Vitaminen und von Mineralstoffen zu Blutquick nicht gesetzlich vorgeschrieben ist und dass dieses Erzeugnis daher Art. 16 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang II Teil IV Nr. 2.2.2 Buchst. f Ziff. i der Verordnung 2018/848 – im Kern die Nachfolgeregelung von Art. 27 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 889/2008 – nicht entspricht. Das vorlegende Gericht sieht es daher als feststehend an, dass nach Art. 33 Abs. 1, Art. 33 Abs. 5 und Art. 30 Abs. 1 der Verordnung 2018/848 für Blutquick weder das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion noch das nationale Bio-Siegel noch Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion verwendet werden dürften.
30 Herbaria macht jedoch geltend, dass in Anwendung der Verordnung 2018/848 ein mit Blutquick vergleichbares und aus den Vereinigten Staaten von Amerika eingeführtes Lebensmittel nicht mit einem solchen Verbot belegt werde.
31 Die Vereinigten Staaten seien nämlich infolge eines 2012 durch Briefwechsel zwischen der Kommission und dem US Department of Agriculture (Landwirtschaftsministerium, Vereinigte Staaten) abgeschlossenen Abkommens in das Verzeichnis der Drittländer aufgenommen worden, deren Produktionsvorschriften denen der Verordnung Nr. 834/2007 im Einklang mit deren Art. 33 Abs. 1 gleichwertig seien. Diese Aufnahme erlaube, nunmehr gemäß Art. 45 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii der Verordnung 2018/848, dass aus den Vereinigten Staaten stammende Konkurrenzprodukte zu den von Herbaria vermarkteten Erzeugnissen in der Union als ökologische/biologische Erzeugnisse auf den Markt gebracht würden. Diese ökologischen/biologischen Erzeugnisse dürften das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion und Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion tragen, sofern sie nur die Produktionsvorschriften dieses Drittlands erfüllten, also auch dann, wenn sie nicht den Produktionsvorschriften des Unionsrechts entsprächen. Darin sieht Herbaria eine Ungleichbehandlung unter Verstoß gegen Art. 20 der Charta.
32 Der Freistaat Bayern ist der Ansicht, dass die von Herbaria vertretene Auslegung der Verordnung 2018/848 falsch sei und dass ein aus den Vereinigten Staaten stammendes Erzeugnis in Wirklichkeit nur dann das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion tragen dürfe, wenn es den in dieser Verordnung vorgesehenen Produktionsvorschriften genüge, so dass keine Ungleichbehandlung gegenüber einem in der Union hergestellten Erzeugnis gegeben sei.
33 Das vorlegende Gericht hegt zunächst Zweifel, ob ein aus den Vereinigten Staaten eingeführtes Erzeugnis das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion tragen darf, auch wenn es den Anforderungen der Verordnung 2018/848 nicht in allen Punkten entspricht.
34 Sodann sieht es sich, falls dies tatsächlich der Fall sein sollte, vor die Frage gestellt, ob darin nicht eine Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 20 der Charta läge und ob gegebenenfalls eine solche Ungleichbehandlung mit Blick auf die Anerkennung der Gleichwertigkeit der in den Vereinigten Staaten für die fraglichen Erzeugnisse geltenden Produktions- und Kontrollvorschriften oder durch das mit dieser Gleichwertigkeitsanerkennung verfolgte Ziel von Handelserleichterungen gerechtfertigt sein könnte.
35 Schließlich ist das vorlegende Gericht der Ansicht, dass sich die Frage in ähnlicher Weise hinsichtlich der Verwendung von Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion im Sinne von Art. 30 Abs. 1 der Verordnung 2018/848 stelle.
36 Unter diesen Umständen hat das Bundesverwaltungsgericht beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Ist Art. 33 Abs. 1 der Verordnung 2018/848 dahin auszulegen, dass das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion für ein verarbeitetes Lebensmittel verwendet werden darf, das unter den Bedingungen des Art. 45 Abs. 1 der Verordnung 2018/848 zum Zweck des Inverkehrbringens in der Union als ökologisches/biologisches Erzeugnis eingeführt wird, das aber, weil es neben pflanzlichen Produkten Mineralstoffe und Vitamine nichtpflanzlichen Ursprungs enthält, nicht den Anforderungen des Art. 16 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang II Teil IV Nr. 2.2.2 Buchst. f der Verordnung 2018/848 entspricht?
2. Wenn Frage 1 zu bejahen ist: Folgt aus Art. 20 der Charta, dass das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion für ein verarbeitetes Lebensmittel verwendet werden darf, wenn es aus der Union stammt und den gleichwertigen Produktions- und Kontrollvorschriften eines nach Art. 48 Abs. 1 der Verordnung 2018/848 anerkannten Drittlands entspricht, nicht aber den Anforderungen des Art. 16 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang II Teil IV Nr. 2.2.2 Buchst. f der Verordnung 2018/848?
3. Folgt aus Art. 20 der Charta, dass ein derartiges aus der Union stammendes verarbeitetes Lebensmittel gemäß Art. 30 Abs. 1 der Verordnung 2018/848 mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion gekennzeichnet werden darf, ohne das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion zu verwenden?
Zum Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens
37 Im Anschluss an die Verlesung der Schlussanträge des Generalanwalts hat Herbaria mit Schriftsatz, der am 26. Juni 2024 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, beantragt, die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens zu beschließen.
38 Herbaria stützt ihren Antrag darauf, dass die Schlussanträge des Generalanwalts mehrere unrichtige Rechts- und Tatsachenbehauptungen enthielten, die, geeignet seien, den Gerichtshof zu täuschen. Diese vom Generalanwalt als für die Beantwortung der Vorlagefragen entscheidungserheblich angesehenen Punkte seien zudem in der mündlichen Verhandlung zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens oder den in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union bezeichneten Beteiligten nicht erörtert worden.
39 So habe der Generalanwalt zum einen zu Unrecht behauptet, dass es „begleitende Angaben“ zum Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion mit einer Nennung der Herkunft des Ausgangsstoffs und des Ortes der Herstellung eines Erzeugnisses gebe, so dass der Verbraucher, sobald dieses Logo verwendet werde, stets darüber informiert sei, dass dieses Erzeugnis aus den Vereinigten Staaten stamme. Zum anderen habe der Generalanwalt die in Art. 33 Abs. 2 der Verordnung Nr. 834/2007 in Bezug genommenen Leitlinien des Codex Alimentarius falsch ausgelegt.
40 Als Erstes ist daran zu erinnern, dass der Generalanwalt nach Art. 252 Abs. 2 AEUV öffentlich in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit begründete Schlussanträge zu den Rechtssachen stellt, in denen nach der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union seine Mitwirkung erforderlich ist. Die Schlussanträge des Generalanwalts oder ihre Begründung binden den Gerichtshof nicht (Urteil vom 18. Januar 2024, CROSS Zlín, C-303/22, EU:C:2024:60, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).
41 Die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und die Verfahrensordnung des Gerichtshofs sehen für die Parteien des Ausgangsverfahrens und die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten auch nicht die Möglichkeit vor, auf die Schlussanträge des Generalanwalts zu erwidern. Dass eine Partei des Ausgangsverfahrens oder ein Beteiligter mit den Schlussanträgen des Generalanwalts nicht einverstanden ist, kann folglich unabhängig von den darin untersuchten Fragen für sich genommen kein Grund sein, der die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens rechtfertigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Januar 2024, CROSS Zlín, C-303/22, EU:C:2024:60, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).
42 Herbaria kann daher für ihren Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens nicht mit der Begründung durchdringen, dass bestimmte Passagen der Schlussanträge des Generalanwalts unzutreffend seien.
43 Als Zweites kann der Gerichtshof zwar gemäß Art. 83 seiner Verfahrensordnung jederzeit nach Anhörung des Generalanwalts die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschließen, insbesondere wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält, wenn eine Partei nach Abschluss des mündlichen Verfahrens eine neue Tatsache unterbreitet hat, die von entscheidender Bedeutung für die Entscheidung des Gerichtshofs ist, oder wenn ein zwischen den Parteien oder den in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union bezeichneten Beteiligten nicht erörtertes Vorbringen entscheidungserheblich ist.
44 Hier ist jedoch festzustellen, dass die Beteiligten, die am vorliegenden Verfahren teilgenommen haben, im schriftlichen und im mündlichen Verfahren die rechtlichen Gesichtspunkte darlegen konnten, auf die es ihrer Ansicht nach ankommt, damit der Gerichtshof die Bestimmungen des Unionsrechts, die Gegenstand der vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen sind, auslegen kann. Insoweit ist der Gerichtshof der Ansicht, dass ihm alle Informationen zur Verfügung stehen, die erforderlich sind, um über das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen zu entscheiden, und dass keiner der Punkte, die von Herbaria für ihren Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens vorgebracht worden sind, eine Wiedereröffnung nach Art. 83 der Verfahrensordnung rechtfertigt.
45 Für den Gerichtshof gibt es, nach Anhörung des Generalanwalts, unter diesen Umständen keinen Anlass, die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens zu beschließen.
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
46 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es im Rahmen des durch Art. 267 AEUV geschaffenen Verfahrens der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof dessen Aufgabe, dem nationalen Gericht eine für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits zweckdienliche Antwort zu geben. Hierzu hat er die ihm vorgelegten Fragen gegebenenfalls umzuformulieren. Der Umstand, dass ein nationales Gericht eine Vorlagefrage ihrer Form nach unter Bezugnahme auf bestimmte Vorschriften des Unionsrechts formuliert hat, hindert den Gerichtshof nicht daran, diesem Gericht alle Auslegungshinweise zu geben, die ihm bei der Entscheidung in der bei ihm anhängigen Rechtssache von Nutzen sein können, und zwar unabhängig davon, ob es bei der Formulierung seiner Fragen darauf Bezug genommen hat oder nicht. Der Gerichtshof hat insoweit aus dem gesamten vom nationalen Gericht vorgelegten Material, insbesondere der Begründung der Vorlageentscheidung, diejenigen Elemente des Unionsrechts herauszuarbeiten, die unter Berücksichtigung des Gegenstands des Rechtsstreits einer Auslegung bedürfen (Urteil vom 21. September 2023, Juan, C-164/22, EU:C:2023:684, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).
47 In der Formulierung seiner ersten Frage erwähnt das vorlegende Gericht nur Art. 33 Abs. 1 der Verordnung 2018/848, der die Verwendung des Logos der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion regelt. Aus dem Vorabentscheidungsersuchen und insbesondere aus der Begründung zur dritten Frage geht jedoch hervor, dass sich die erste Frage nach Ansicht des vorlegenden Gerichts in ähnlicher Weise in Bezug auf Art. 30 Abs. 2 dieser Verordnung stellt, der die Verwendung von Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion regelt.
48 Um dem vorlegenden Gericht eine zweckdienliche Antwort zu geben, ist somit davon auszugehen, dass es mit seiner ersten Frage im Wesentlichen wissen möchte, ob Art. 30 Abs. 2 und Art. 33 Abs. 1 der Verordnung 2018/848 dahin auszulegen sind, dass das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion und Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion für ein verarbeitetes Lebensmittel, das unter den Bedingungen von Art. 45 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii und von Art. 48 Abs. 1 der Verordnung 2018/848 zum Zweck des Inverkehrbringens als ökologisches/biologisches Erzeugnis in der Union aus einem Drittland eingeführt wird, verwendet werden dürfen, obwohl das Lebensmittel, weil es Mineralstoffe und Vitamine nicht pflanzlichen Ursprungs enthält, nicht den Anforderungen von Art. 16 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang II Teil IV Nr. 2.2.2 Buchst. f der Verordnung 2018/848 entspricht.
Zur Verwendung des Logos der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion und von Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion
49 Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass die Verordnung 2018/848 nach ihrem Art. 2 Abs. 1 für die von dieser Bestimmung erfassten Erzeugnisse gilt, u. a. sofern sie in der Union produziert oder in die Union eingeführt werden oder dazu bestimmt sind.
50 Nach dem Wortlaut von Art. 30 Abs. 2 und von Art. 33 Abs. 1 der Verordnung 2018/848 ist jedoch die Verwendung von Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion wie auch die Verwendung des Logos der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion nur für Erzeugnisse zulässig, die den Vorschriften dieser Verordnung entsprechen.
51 Dieser Wortlaut deutet somit, wie der Generalanwalt in den Nrn. 67 bis 72 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, darauf hin, dass diese Bezeichnungen und das betreffende Logo für ökologische/biologische Erzeugnisse unabhängig davon, ob diese in der Union hergestellt oder zum Zweck ihres Inverkehrbringens als ökologische/biologische Erzeugnisse in der Union aus einem Drittland eingeführt werden, nur verwendet werden dürfen, sofern die Erzeugnisse den Vorgaben der Verordnung 2018/848, insbesondere denen ihrer Kapitel II und III, entsprechen.
52 Allerdings sind bei der Auslegung von Bestimmungen des Unionsrechts nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Kontext sowie die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehören, verfolgt werden (Urteil vom 29. Juli 2024, Belgian Association of Tax Lawyers u. a., C-623/22, EU:C:2024:639, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).
53 Was als Erstes den Kontext betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass die Verordnung 2018/848 eine Unterscheidung zwischen in der Union hergestellten Erzeugnissen und solchen vornimmt, die aus einem Drittland eingeführt werden, um in der Union als ökologische/biologische Erzeugnisse in Verkehr gebracht zu werden.
54 Zum einen müssen nämlich, was konkret in der Union hergestellte verarbeitete Lebensmittel anbelangt, diese nach Art. 16 Abs. 1 der Verordnung 2018/848 die detaillierten Produktionsvorschriften einhalten, die in Anhang II Teil IV der Verordnung und in den in ihrem Art. 16 Abs. 3 genannten Durchführungsrechtsakten enthalten sind.
55 Zum anderen sieht Art. 45 der Verordnung 2018/848 die kumulativen Bedingungen vor, die ein nicht in der Union hergestelltes Erzeugnis erfüllen muss, um aus einem Drittland eingeführt und in der Union als ökologisches/biologisches Erzeugnis in Verkehr gebracht werden zu können.
56 So ist zunächst nach Art. 45 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2018/848 erforderlich, dass es sich bei dem eingeführten Erzeugnis um ein Erzeugnis gemäß Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung handelt.
57 Sodann verlangt Art. 45 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2018/848 im Wesentlichen, dass die Drittlandunternehmer in der Lage sind, den Einführern und den nationalen Behörden in der Union und in den fraglichen Drittländern alle Informationen vorzulegen, die notwendig sind, um die Rückverfolgbarkeit des betreffenden Erzeugnisses sicherzustellen.
58 Schließlich muss nach Art. 45 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2018/848 das aus einem Drittland eingeführte Erzeugnis unter einen der in dieser Bestimmung vorgesehenen Fälle zu subsumieren sein.
59 So entspricht erstens in dem in Art. 45 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i der Verordnung 2018/848 genannten Fall das Erzeugnis im Wesentlichen den Vorschriften der Kapitel II, III und IV dieser Verordnung und damit u. a. den Produktionsvorschriften des Kapitels III und den Kennzeichnungsvorschriften des Kapitels IV.
60 Zweitens entspricht in dem in Art. 45 Abs. 1 Buchst. b Ziff. ii der Verordnung 2018/848 genannten Fall das Erzeugnis, wenn es aus einem gemäß Art. 47 dieser Verordnung anerkannten Drittland stammt, den Bedingungen, die in dem relevanten Handelsabkommen festgelegt sind.
61 Drittens entspricht in dem in Art. 45 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii der Verordnung 2018/848 genannten Fall das Erzeugnis, wenn es aus einem gemäß Art. 48 Abs. 1 der Verordnung für die Zwecke der Gleichwertigkeit anerkannten Drittland stammt, den gleichwertigen Produktions- und Kontrollvorschriften dieses Drittlands und wird mit einer von dessen zuständigen Behörden, Kontrollbehörden oder Kontrollstellen ausgestellten Kontrollbescheinigung eingeführt, in der die Einhaltung dieser Vorschriften bestätigt wird.
62 Bereits aus dem Wortlaut von Art. 45 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2018/848 ergibt sich, dass die drei in den Ziff. i bis iii dieser Bestimmung gebildeten Fälle Alternativfälle sind, so dass es genügt, dass ein einziger von ihnen vorliegt, damit das aus einem Drittland eingeführte Erzeugnis, wenn es auch die beiden anderen, in Art. 45 Abs. 1 Buchst. a und c dieser Verordnung vorgesehenen Bedingungen erfüllt, in der Union als ökologisches/biologisches Erzeugnis in Verkehr gebracht werden kann.
63 Von diesen drei Alternativfällen verlangt jedoch nur derjenige von Art. 45 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i der Verordnung 2018/848, dass das eingeführte Erzeugnis den Vorschriften der Kapitel II, III und IV dieser Verordnung entspricht.
64 Folglich könnte ein Erzeugnis, das unter den in Art. 45 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii der Verordnung 2018/848 genannten Fall zu subsumieren ist, auch wenn bei ihm nicht alle Produktionsvorschriften gemäß Kapitel III dieser Verordnung eingehalten wären, in der Union als ökologisches/biologisches Erzeugnis in Verkehr gebracht werden, sofern es sich um ein Erzeugnis handelt, das aus einem Drittland stammt, welches von der Union für die Zwecke der Gleichwertigkeit gemäß dem in Art. 48 Abs. 1 der Verordnung 2018/848 in Bezug genommenen Art. 33 Abs. 2 der Verordnung Nr. 834/2007 anerkannt wurde, und das Erzeugnis u. a. den in diesem Drittland geltenden Produktionsvorschriften genügt, die von der Union als denen des besagten Kapitels III gleichwertig angesehen wurden.
65 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff „Gleichwertigkeit“ in Art. 3 Nr. 64 der Verordnung 2018/848 definiert wird als die Erfüllung derselben Ziele und Grundsätze durch Anwendung von Vorschriften, die die gleiche Konformitätsgarantie bieten.
66 Folglich setzt der Verweis in Art. 45 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii der Verordnung 2018/848 auf die Gleichwertigkeit der Produktionsvorschriften des betreffenden Drittlands notwendigerweise voraus, dass die in diesem Drittland geltenden Vorschriften dieselben Ziele verfolgen und denselben Grundsätzen folgen, wie sie sich aus den Vorschriften des Kapitels II der Verordnung 2018/848 ergeben. Was die in Kapitel III der Verordnung 2018/848 enthaltenen Produktionsvorschriften betrifft, geht aus der obigen Definition hervor, dass die Regelung des Drittlands nicht mit derjenigen der Union identisch sein, sondern die gleiche „Konformitätsgarantie“ bieten muss, wie sie nach der Unionsregelung für in der Union hergestellte Erzeugnisse gegeben sein muss.
67 Wie oben in Rn. 50 ausgeführt, gestatten aber sowohl Art. 30 Abs. 2 als auch Art. 33 Abs. 1 der Verordnung 2018/848 die Verwendung von Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion bzw. des Logos der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion nur für Erzeugnisse, die den Vorschriften dieser Verordnung entsprechen.
68 Dagegen erlaubt keine Bestimmung der Verordnung 2018/848 die Verwendung dieser Bezeichnungen oder dieses Logos für Erzeugnisse aus für die Zwecke der Gleichwertigkeit anerkannten Drittländern, die zwar gemäß Art. 45 Abs. 1 Buchst. b Ziff. ii oder iii dieser Verordnung in die Union eingeführt werden dürfen, aber nicht den Produktionsvorschriften der Verordnung entsprechen.
69 Die oben in Rn. 50 dargelegte am Wortlaut orientierte Auslegung von Art. 30 Abs. 2 und Art. 33 Abs. 1 der Verordnung 2018/848 findet somit insbesondere in der Systematik von Art. 45 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung Bestätigung. Der Unionsgesetzgeber wollte nämlich bei den als ökologische/biologische Erzeugnisse eingeführten Erzeugnissen zwischen denjenigen unterscheiden, die den Kapiteln II, III und IV der Verordnung 2018/848 entsprechen, und denjenigen, für die in ihrem Ursprungsland gleichwertige Vorschriften gelten, die entweder aufgrund einer Handelsvereinbarung oder aufgrund einer einseitigen Maßnahme der Union als solche anerkannt sind.
70 Als Zweites findet die obige Auslegung Bestätigung in den Zielen der Verordnung 2018/848 und insbesondere in den Zielen ihrer Vorschriften über die Kennzeichnung ökologischer/biologischer Erzeugnisse, zu denen Art. 30 Abs. 2 und Art. 33 Abs. 1 der Verordnung gehören.
71 Zunächst soll, wie sich aus den Erwägungsgründen 6, 9 und 123 der Verordnung 2018/848 ergibt, der für die Umsetzung der gemeinsamen Agrarpolitik geschaffene Rechtsrahmen, zu dem diese Verordnung als eines der in Art. 43 Abs. 2 AEUV genannten Instrumente gehört, fairen Wettbewerb auf dem Binnenmarkt für ökologische/biologische Erzeugnisse gewährleisten und das Vertrauen der Verbraucher in als ökologische/biologische Erzeugnisse gekennzeichnete Erzeugnisse wahren und rechtfertigen. Zu diesem Zweck wollte der Unionsgesetzgeber Vorschriften vorsehen, die den hohen Erwartungen der Verbraucher in diesem Bereich gerecht werden und den Adressaten ausreichende Klarheit bieten. In diesem Zusammenhang hat er im 15. Erwägungsgrund der Verordnung 2018/848 betont, dass das Vertrauen der Verbraucher für den Markt für ökologische/biologische Lebensmittel von entscheidender Bedeutung ist, und im 17. Erwägungsgrund der Verordnung, dass mit ihr u. a. für dieses Vertrauen gesorgt werden soll und Verbraucherinteressen geschützt werden sollen.
72 Sodann geht aus dem 73. Erwägungsgrund der Verordnung 2018/848 hervor, dass das Ziel ihrer Kennzeichnungsvorschriften, einschließlich derjenigen über die Verwendung des Logos der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion und von Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion, darin besteht, sowohl das Interesse der Unternehmer an einer korrekten Erkennung ihrer Erzeugnisse auf dem Markt für ökologische/biologische Erzeugnisse und an ausgewogenen Wettbewerbsbedingungen als auch das Interesse der Verbraucher zu schützen, damit diese eine fundierte Wahl zwischen den ihnen angebotenen Erzeugnissen treffen können.
73 Was schließlich ganz konkret das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion betrifft, wird in den Erwägungsgründen 77 bis 79 der Verordnung 2018/848 der Wille des Unionsgesetzgebers unterstrichen, die Verwendung dieses Logos so zu regeln, dass im gesamten Binnenmarkt Klarheit für den Verbraucher geschaffen wird, dass eine Irreführung des Verbrauchers bezüglich des ökologischen/biologischen Charakters des ganzen jeweiligen Erzeugnisses vermieden wird und dass etwaige Unklarheiten darüber vermieden werden, ob ein Erzeugnis aus der Union oder aus einem Drittland stammt.
74 Wie sich aus den Rn. 64 bis 67 des vorliegenden Urteils ergibt, folgt hier aus der vom Unionsgesetzgeber getroffenen Entscheidung, dass Erzeugnisse, die im Rahmen der in Art. 45 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii der Verordnung 2018/848 vorgesehenen Gleichwertigkeitsregelung aus Drittländern eingeführt werden, in der Union auch dann als ökologische/biologische Erzeugnisse in Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie nicht alle Vorgaben erfüllen, die mit dieser Verordnung, u. a. in ihren Kapiteln II und III, aufgestellt werden. Demgegenüber müssen in der Union hergestellte Erzeugnisse allen diesen Vorgaben genügen, um als ökologische/biologische Erzeugnisse in Verkehr gebracht werden zu dürfen.
75 In diesem Zusammenhang wäre es dem fairen Wettbewerb auf dem Binnenmarkt für ökologische/biologische Erzeugnisse abträglich und würden Unklarheiten mit Irreführungspotenzial für die Verbraucher geschaffen, wenn Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion und das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion auf dem Binnenmarkt für ökologische/biologische Erzeugnisse sowohl für in der Union oder in Drittländern im Einklang mit den Produktionsvorschriften der Verordnung 2018/848 hergestellte Erzeugnisse als auch für Erzeugnisse verwendet werden dürften, die in Drittländern nach Standards hergestellt wurden, die diesen Produktionsvorschriften lediglich gleichwertig sind.
76 In einer solchen Situation könnten die Verbraucher nämlich der Ansicht sein, dass ein Erzeugnis, das Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion oder das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion trägt, sämtlichen Vorgaben entspricht, die mit der Verordnung 2018/848, u. a. in ihren Kapiteln II und III, aufgestellt werden, obwohl es nur Produktionsvorschriften des Drittlands, aus dem es eingeführt wird, genügt, die den Produktionsvorschriften dieser Verordnung gleichwertig sind.
77 Insbesondere der Sinn und Zweck dieses Logos besteht aber gerade darin, die Verbraucher klar und eindeutig darüber zu informieren, dass das Erzeugnis, auf dem es angebracht ist, voll und ganz allen Vorgaben der Verordnung 2018/848 entspricht und nicht nur Vorschriften, die dieser Verordnung gleichwertig sind. Dies gilt umso mehr, als das Logo gemäß Art. 33 Abs. 2 dieser Verordnung eine amtliche Attestierung der Europäischen Union ist.
78 Der namentlich von der Kommission hervorgehobene Umstand, dass es nach Art. 32 Abs. 2 der Verordnung 2018/848 bei der Verwendung des Logos der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion auf einem Erzeugnis der zusätzlichen Angabe des Ortes der Erzeugung der landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe, aus denen sich das Erzeugnis zusammensetzt, bedarf, kann nicht ausreichen, um alle Unklarheiten zu vermeiden. Diese Angabe ermöglicht es dem Verbraucher nämlich nicht, zu erkennen, ob ein eingeführtes Erzeugnis den Produktionsvorschriften der Verordnung 2018/848 entspricht oder ob es lediglich Produktionsvorschriften genügt, die denen dieser Verordnung gleichwertig sind.
79 Folglich ist festzustellen, dass bei der Kennzeichnung eines Erzeugnisses, das in Anwendung von Art. 45 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii der Verordnung 2018/848 zum Zweck des Inverkehrbringens als ökologisches/biologisches Erzeugnis in der Union aus einem Drittland eingeführt wird, das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion und grundsätzlich auch Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion nicht verwendet werden dürfen.
Zur Verwendung des Drittlandslogos für ökologische/biologische Produktion
80 Da die Verordnung 2018/848 namentlich in ihrem Kapitel VII Vorschriften über den Handel mit Drittländern enthält, soll mit ihr jedoch auch eine Reihe von Regeln für den internationalen Handel mit ökologischen/biologischen Erzeugnissen eingeführt werden, um, wie vom Rat in der mündlichen Verhandlung zu Recht hervorgehoben, einerseits die Versorgung, die Verfügbarkeit des Angebots und die Befriedigung der steigenden Nachfrage nach diesen Erzeugnissen in der Union zu erleichtern und andererseits – auf der Grundlage bilateraler Vereinbarungen – die Ausfuhr solcher Erzeugnisse, die ihren Ursprung in der Union haben, in Drittländer zu ermöglichen.
81 Genau in diesen Rahmen fügt sich Art. 45 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii der Verordnung 2018/848 ein, mit dem der Kommission die Befugnis verliehen wird, anzuerkennen, dass Vorschriften eines Drittlands den Vorschriften der Verordnung 2018/848 gleichwertig sind.
82 Aus der dem Gerichtshof vorliegenden Akte geht hervor, dass manche Erzeugnisse, die im Rahmen der Gleichwertigkeitsregelung von Art. 45 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii der Verordnung 2018/848 als ökologische/biologische Erzeugnisse eingeführt werden, das Logo für ökologische/biologische Produktion des Drittlands tragen, aus dem sie eingeführt werden, und dass ein entsprechendes Logo Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion wie „biologique“, „ecológico“ oder „organic“ oder daraus abgeleitete Bezeichnungen und Diminutive wie „Bio-“ oder „Öko-“ enthalten kann.
83 Hierzu ist festzustellen, dass die Verwendung des Logos für ökologische/biologische Produktion des Drittlands, aus dem die Einfuhr erfolgt, bei solchen eingeführten Erzeugnissen nicht geeignet ist, dem fairen Wettbewerb auf dem Binnenmarkt für ökologische/biologische Erzeugnisse abträglich zu sein oder Unklarheiten mit Irreführungspotenzial für die Verbraucher zu schaffen. Abgesehen davon, dass die Verwendung eines Drittlandslogos für ökologische/biologische Produktion, das sich vom Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion unterscheidet, die betreffenden Erzeugnisse aus wettbewerblicher Sicht nicht auf die gleiche Stufe stellt, kann nämlich die Verwendung des Drittlandslogos für ökologische/biologische Produktion auch nicht den Eindruck erwecken, dass die fraglichen eingeführten Erzeugnisse sämtlichen Vorgaben der Verordnung 2018/848 entsprechen.
84 Daraus folgt, dass unabhängig von dem oben in Rn. 79 formulierten Ergebnis, um die praktische Wirksamkeit insbesondere von Art. 45 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii der Verordnung 2018/848 sicherzustellen und die der Kommission mit dieser Verordnung verliehenen Befugnisse zu wahren, die in Anwendung dieser Bestimmung eingeführten Erzeugnisse, die „als ökologische/biologische Erzeugnisse“ Zugang zum Unionsmarkt haben, das Logo für ökologische/biologische Produktion des Drittlands, aus dem sie stammen, verwenden dürfen müssen, auch wenn es Begriffe enthält, die mit Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion im Sinne von Art. 30 Abs. 1 und Anhang IV der Verordnung 2018/848 identisch sind.
85 Nach alledem ist auf die erste Frage wie folgt zu antworten:
– Art. 30 Abs. 2 und Art. 33 Abs. 1 der Verordnung 2018/848 sind dahin auszulegen, dass das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion und grundsätzlich auch Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion für ein verarbeitetes Lebensmittel, das unter den Bedingungen von Art. 45 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii und von Art. 48 Abs. 1 der Verordnung 2018/848 zum Zweck des Inverkehrbringens als ökologisches/biologisches Erzeugnis in der Union aus einem Drittland eingeführt wird, nicht verwendet werden dürfen, wenn das Lebensmittel, weil es Mineralstoffe und Vitamine nicht pflanzlichen Ursprungs enthält, nicht den Anforderungen von Art. 16 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang II Teil IV Nr. 2.2.2 Buchst. f der Verordnung 2018/848 entspricht.
– Das Logo dieses Drittlands für ökologische/biologische Produktion darf jedoch in der Union für ein solches Lebensmittel verwendet werden, auch wenn es Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion im Sinne von Art. 30 Abs. 1 und Anhang IV der Verordnung 2018/848 enthält.
Zur zweiten und zur dritten Frage
86 In Anbetracht der Antwort auf die erste Frage sind die zweite und die dritte Frage nicht zu beantworten.
Kosten
87 Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.