OLG Celle: Hemmung der Verjährung durch Erhebung einer unzulässigen Klage
OLG Celle, Urteil vom 12.10.2011 - 3 U 99/11
Leitsatz
Wird infolge der Einleitung eines Mahnverfahrens die Verjährung des geltend gemachten Anspruchs rechtzeitig gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt, erstreckt sich die Wirkung der Hemmung auch auf die innerhalb der Frist des § 204 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB erhobene, wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässige Klage, mit der derselbe prozessuale Anspruch (ein weiteres Mal) geltend gemacht und erneut gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt wird. Wird dann innerhalb der erneut laufenden Frist des § 204 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB zwar die Klage zurückgenommen, das an das Streitgericht abgegebene Mahnverfahren aber weiterbetrieben, ist der Anspruch auch dann nicht verjährt, wenn das Mahnverfahren als solches länger als sechs Monate zum Stillstand gekommen ist.
sachverhalt
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Steuerberaterhonorar in Höhe von 20.168,84 € nebst Zinsen in Anspruch.
Die Klägerin war bis 31. Januar 2007 als steuerliche Beraterin für die Beklagte tätig, wobei das Vertragsverhältnis neben der Anfertigung der laufenden Buchführung einschließlich betriebswirtschaftlicher Auswertungen, Umsatzsteuer-Voranmeldungen und der Erstellung der Jahresabschlüsse nebst Steuererklärungen auch die laufende Beratung in steuerlichen Angelegenheiten umfasste. Mit Schreiben vom 30. Juni 2006 (Rechnungs-Nrn. 9148 und 9151 über 1.567,74 € und 4.410,90 €), 31. Juli 2006 (Rechnungs-Nr. 9426 über 3.430,70 €), 31. August 2006 (Rechnungs-Nr. 9732 über 2.714,40 €), 30. September 2006 (Rechnungs-Nr. 9987 über 4.976,40 €), 31. Oktober 2006 (Rechnungs-Nr. 10322 über 1.998,10 €) und 28. Dezember 2006 (Rechnungs-Nr. 10901 über 1.055,60 €) stellte die Klägerin Leistungen im Gesamtwert von 20.153,84 €, die sich auf die Erstellung von Steuererklärungen, steuerliche und wirtschaftliche Beratungen und die Revision der Finanzbuchführung bezogen, in Rechnung, die sie der Vereinbarung der Parteien entsprechend überwiegend mit einem Stundensatz von 65,00 € und im Übrigen nach den Sätzen der Steuerberatergebührenverordnung (StBGebV) abrechnete. Wegen der Einzelheiten wird auf das Anlagenkonvolut 1 (Bl. 17 bis 23 GA) Bezug genommen. Dass die Klägerin die Leistungen in der abgerechneten Form erbracht hat, ist zwischen den Parteien nicht streitig.
Über die geltend gemachten Honoraransprüche hat die Klägerin am 23. Dezember 2009 beim Zentralen Mahngericht - Amtsgericht Uelzen - einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids gestellt, der am 28. Dezember 2009 ergangen und der Beklagten am 30. Dezember 2009 zugestellt worden ist. Dagegen hat die Beklagte Widerspruch eingelegt, der am 12. Januar 2010 bei Gericht eingegangen ist. Die Nachricht über den Widerspruch ist der Klägerin mit Verfügung vom 13. Januar 2010 zusammen mit der Aufforderung, die restlichen Kosten einzuzahlen, zugesandt worden. Nach Zahlungsanzeige sind die Akten an das Streitgericht übersandt worden, das die Klägerin mit Verfügung vom 21. Januar 2010 - zugegangen am 25. Januar 2010 - zur Anspruchsbegründung aufgefordert hat. Mit Verfügung vom 13. August 2010 sind die Akten weggelegt worden. Die Anspruchsbegründung ist am 23. August 2010 eingegangen. In der Zwischenzeit hat die Klägerin jedoch eine weitere Klage beim Landgericht Hannover über denselben Streitgegenstand (Honorarforderungen aus Steuerberatungsleistungen im Gegenstandswert von 20.168,84 €) erhoben (Az. 3 O 122/10 = Beiaktenverfahren oder BA), die am 21. Mai 2010 beim Landgericht Hannover eingegangen und der Beklagten nach Einzahlung der Kosten am 8. Juni 2010 am 17. Juni 2010 zugestellt worden ist. Nachdem die Beklagte den Einwand der doppelten Rechtshängigkeit erhoben hat, hat die Klägerin die Klage zu Az. 3 O 122/10 mit Schriftsatz vom 19. August 2010 - bei Gericht eingegangen am 23. August 2010 - zurückgenommen.
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Klageforderung sei nicht verjährt.
Sie hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 20.168,84 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 1.567,70 € seit dem 31. Juli 2006, 4.419,90 € seit dem 31. Juli 2006, 3.430,70 € seit dem 1. September 2006, 2.714,40 € seit dem 1. Oktober 2006, 4.976,40 € seit dem 31. Oktober 2006, 1.998,10 € seit dem 1. Dezember 2006 sowie 1.055,60 € seit dem 29. Januar 2007 nebst 15,00 € vorgerichtlicher Mahnkosten zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, die von der Beklagten erbrachten Leistungen seien - insbesondere hinsichtlich der Erstellung der Jahresabschlüsse 2004 und 2005 (insoweit ist zwischen den Parteien mit umgekehrten Rubrum ein weiteres Verfahren anhängig, das beim Landgericht Hannover unter dem Aktenzeichen 3 O 356/07 und bei dem erkennenden Senat unter dem Aktenzeichen 3 U 107/11 geführt wird) - mangelhaft gewesen, weshalb der Klägerin mit Blick darauf, dass das Rechtsverhältnis der Parteien - wie die Beklagte gemeint hat - als Werkvertrag einzuordnen sei, kein Honorar zustehe.
Das Landgericht hat der Klage bis auf die Mahnkosten stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, zwischen den Parteien sei ein Dienstvertrag geschlossen worden, bei dem Ansprüche wegen unzureichender Erfüllung des Auftrags nur nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 280 ff. BGB geltend gemacht werden könnten. Die Voraussetzungen eines solchen Gegenanspruchs habe die Beklagte indes nicht hinreichend dargetan. Der Hinweis auf das Verfahren 3 O 356/07 ersetze keinen schlüssigen Vortrag. Im Übrigen bezögen sich die abgerechneten Leistungen mit Ausnahme der Rechnung 9148 auf Tätigkeiten, die die Klägerin ab Juni 2006 ausgeübt habe, die mithin mit den im Verfahren 3 O 356/07, das sich vor allem auf die unzureichende Erstellung der Jahresabschlüsse 2004/2005 und die Buchführung des Jahres 2005 beziehe, in Rede stehenden Pflichtverletzungen nichts zu tun hätten. Der Vergütungsanspruch der Klägerin sei auch nicht verjährt. Die streitgegenständlichen Forderungen unterlägen der Regelverjährung nach § 195 BGB, wobei die Verjährungsfrist am 31. Dezember 2009 vollendet gewesen wäre (§ 199 BGB), jedoch rechtzeitig durch das am 23. Dezember 2009 eingeleitete Mahnverfahren gehemmt worden sei (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB i. V. m. § 167 ZPO). Die letzte Verfahrenshandlung in diesem Verfahren sei zunächst am 25. Januar 2010 erfolgt, weshalb der Verjährungseintritt bis 2. August 2010 gehemmt gewesen sei. Allerdings sei die Verjährung der Ansprüche durch Einreichung der Klage am 21. Mai 2010 in dem Verfahren 3 O 122/10 erneut nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden, denn auch die wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässige Klage hemme die Verjährung. Letzte Prozesshandlung in dem Verfahren 3 O 122/10 sei der Kostenbeschluss vom 27. September 2010 gewesen, wohingegen die Anspruchsbegründung im hiesigen Verfahren am 23. August 2010 eingegangen sei. Hierdurch sei eine erneute Hemmung der Verjährung eingetreten.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klagabweisungsantrag weiterverfolgt und ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft. Sie ist der Ansicht, die Erhebung der Klage am 21. Mai 2010 im Verfahren 3 O 122/10 habe die Verjährung der Ansprüche im vorliegenden Verfahren nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB hemmen können. Im Übrigen nimmt sie Bezug auf ein beim Landgericht Hannover geführtes Parallelverfahren (18 O 12/10, bei dem es um Honoraransprüche der Klägerin gegen die E. B. GmbH geht), in dem der beim Landgericht zuständige Einzelrichter der 18. Zivilkammer die Honorarklage der Klägerin inzwischen wegen Verjährung abgewiesen hat (vgl. Abschrift, Bl. 147 ff. GA).
Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
aus den gründen
II. Die Berufung ist unbegründet.
1. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von Steuerberaterhonorar gem. §§ 611, 675 BGB i. V. m. den Vorschriften der StBGebV über 20.168,84 € gegen die Beklagte dem Grunde und der Höhe nach ohne Weiteres zu.
Die Klägerin hat die monatlichen steuerlichen Beratungsleistungen, die notwendigen Steuererklärungen und die Finanzbuchführung im Rahmen des ihr übertragenen umfassenden Mandats erbracht und abgerechnet. Das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis ist als Dienstvertrag (§ 611 BGB) zu qualifizieren. Hinsichtlich der von der Klägerin vorgenommenen allgemeinen Beratung in steuerlichen Angelegenheiten besteht ohnehin kein Zweifel, dass es sich insoweit um einen Dienst- und keinen auf einen bestimmten Erfolg gerichteten Werkvertrag handelt. Aber auch bei einem Auftrag zur Erstellung einer Bilanz wird vertreten, dass der Steuerberater regelmäßig keine Gewährleistung für ein Arbeitsergebnis übernehmen kann und will (Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 4. Aufl., Rn. 127), desgleichen bei einem Buchführungsauftrag (vgl. Gräfe/Lenzen/ Schmeer, a. a. O., Rn. 129 f. m.w.N., der davon ausgeht, dass ein Werkvertrag nur ausnahmsweise dann in Betracht kommt, wenn mit bestimmten Buchungen ein konkretes Arbeitsergebnis erreicht werden soll). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dürfte indes ein Vertrag, der allein die Ausführung von Buchhaltungsarbeiten sowie die Erstellung von Jahresabschlüssen zum Gegenstand hat, eher als Werkvertrag oder zumindest typengemischten Vertrag, bei dem die erfolgsbezogenen Elemente im Vordergrund stehen, anzusehen sein, wenngleich er - in dem entschiedenen Fall ging es nicht um eine Steuerberaterleistung, sondern um diejenige eines gewerblichen Unternehmens - letztlich offen gelassen hat, ob dies auch für ein Steuerberatermandat gilt (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2002 - III ZR 12/01, NJW 2002, 1571 ff.). Dies braucht vorliegend aber nicht geklärt zu werden. Der für die Steuerberaterhaftung zuständige IX. Zivilsenat hat vielmehr ausdrücklich klar gestellt, dass ein Vertrag, bei dem - wie hier - dem Steuerberater allgemein die Wahrnehmung aller Interessen des Auftraggebers übertragen wird, regelmäßig als Dienstvertrag anzusehen ist (BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 - IX ZR 63/05, BB 2006, 1527 f.), denn der Vertrag ist in seiner Gesamtheit nach der vom Auftraggeber gewählten Zielrichtung zu beurteilen. Es wird daher nicht jede zu erbringende Einzelleistung als Erfolg im Sinne des Werkvertragsrechts (§ 631 Abs. 2 BGB) geschuldet, selbst wenn sie für sich gesehen auf ein bestimmtes Ergebnis gerichtet ist (BGH, a. a. O., m. w. N.). Ein Werkvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter ist hiernach ausnahmsweise bei Einzelaufträgen anzunehmen, die auf eine einmalige, in sich geschlossene Leistung gerichtet sind, etwa bei Anfertigung bestimmter Bilanzen oder eines Gutachtens, denn in solchen Fällen kann der Steuerberater im Allgemeinen das Risiko hinreichend abschätzen. Ist der Steuerberater jedoch umfassend beauftragt, und ist die Gesamtheit der ihm übertragenen Aufgaben nicht auf die Erzielung eines bestimmten Erfolgs gerichtet, kommt die Anwendung von Werkvertragsrecht nicht in Betracht. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die übertragenen Leistungen „im Sinne eines Bausteinprinzips" aufeinander aufbauen und alle Schritte von der Erfassung der Daten durch die Buchhaltung, deren Umsetzung und Einbeziehung in die auch noch auf weiteren Informationen beruhenden Jahresabschlüsse und Bilanzen bis hin zu deren Umsetzung in die Steuererklärungen umfassen (BGH, a. a. O.). Bei einer solchen Konstellation kann der Jahresabschluss nicht etwa als Einzelleistung betrachtet werden, auf die unabhängig von der Einordnung des Steuerberatervertrags insgesamt Werkvertragsrecht angewandt werden könnte (BGH, a. a. O.). Dies trifft auf die hier gegebene vertragliche Konstellation gleichermaßen zu.
2. Selbst wenn man aber von einem Werkvertrag gemäß §§ 631, 632 BGB ausginge, wäre die Rechtslage im Ergebnis nicht anders zu beurteilen. Denn die Beklagte hat weder die vollständige oder teilweise Mangelhaftigkeit der Leistung mit der Folge des (teilweisen) Verlustes des Honoraranspruchs (§ 638 BGB) noch einen Schadensersatzanspruch gem. § 280 Abs. 1 BGB, mit dem sie sie gegenüber der Honorarforderung aufrechnen könnte (§ 387 ff. BGB), schlüssig dargelegt.
Zu Recht hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass die pauschale Bezugnahme auf die im Verfahren 3 O 356/07 (Landgericht Hannover) geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht ausreicht, um eine substantiierte Darstellung im vorliegenden Verfahren zu ersetzen. Ferner hat das Landgericht zutreffend angenommen, dass sich überdies der überwiegende Teil der abgerechneten Leistungen auf die Zeit ab Juni bis Dezember 2006 bezieht, mithin einen ganz anderen Zeitraum erfasst als die Schadensersatzansprüche, die im Verfahren 3 O 356/07 im Raum stehen und die sich auf Fehler im Zusammenhang mit der Erstellung der Jahresabschlüsse 2004/2005 und der betriebswirtschaftlichen Auswertung per Dezember 2005 beziehen. Soweit die Rechnung der Klägerin (Nr. 9148, Bl. 17 GA) Leistungen aus dem Jahr 2005 zum Gegenstand hat, ist - anders als das Landgericht erwogen hat - ebenfalls kein Bezug zu den im Parallelverfahren geltend gemachten Schadensersatzansprüchen zu erkennen. Mit der genannten Rechnung vom 30. Juni 2006 hat die Klägerin die Körperschaftssteuererklärung, die Erklärung zur Gewerbesteuer, die Umsatzsteuerjahreserklärung sowie die Erklärung zur gesonderten Feststellung gem. §§ 27, 28, 37, 38 KStG abgerechnet, die zwar auf der Grundlage des Jahresabschlusses 2005 bzw. der betriebswirtschaftlichen Auswertungen erstellt worden sein dürften, aber gleichwohl gesonderte Leistungen darstellen. Inwieweit sich Fehler des Jahresabschlusses oder der BWA (12/2005) ausgewirkt haben können, hat die Beklagte nicht dargetan und ist auch ohne Weiteres nicht ersichtlich. Auch mit der Berufungsbegründung hat die Beklagte dies nicht näher konkretisiert, sondern sich lediglich - pauschal - auf das Verfahren 3 O 356/07 und das in diesem Zusammenhang von dem Sachverständigen S. erstellte Gutachten bezogen, wonach die Klägerin insbesondere den Fehler begangen hat, notwendige Rückstellungen für die Altersteilzeit eines Mitarbeiters in den Jahresabschlüssen 2004 und 2005 und der BWA 12/2005 nicht zu berücksichtigen. An der fehlenden Darlegung konkreter Auswirkungen eines in den Jahresabschlüssen oder der BWA enthaltenen Fehlers auf die in Rede stehenden Steuererklärungen und einen der Beklagten insoweit entstandenen Schaden ändert auch der Hinweis auf den Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 EStG nichts. Die Aufrechnung mit einem solchen Schadensersatzanspruch hat die Beklagte in diesem Zusammenhang ohnehin nicht erklärt, was in Anbetracht der von ihr im Verfahren 3 O 346/07 separat verfolgten Schadensersatzansprüche auch überflüssig wäre.
3. Die Honoraransprüche der Klägerin sind schließlich nicht gem. §§ 195, 199 BGB verjährt.
Die dreijährige Regelverjährung begann am 31. Dezember 2006 zu laufen und endete mit Ablauf des 31. Dezember 2009. Durch den am 23. Dezember 2009 bei Gericht eingegangenen Mahnantrag ist die Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB i. V. m. 167 ZPO jedoch rechtzeitig gehemmt worden. Zwar ist das Verfahren nach der letzten Verfahrenshandlung - der Aufforderung, den Anspruch nach Eingang des Widerspruchs nunmehr zu begründen, die der Klägerin am 25. Januar 2010 zugestellt worden ist - gem. § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB in Stillstand geraten und bis zum Eingang der Anspruchsbegründung am 23. August 2010, mithin länger als sechs Monate nicht betrieben worden. Dies hat vorliegend gleichwohl nicht zum Eintritt der Verjährung am 2. August 2010 (vgl. § 209 BGB) geführt.
Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Klägerin während der Zeit der Hemmung der Verjährung, eine weitere - auf denselben Streitgegenstand gerichtete - Klage vor dem Landgericht Hannover zum Az. 3 O 122/10 erhoben hat. Zwar liegt darin kein Weiterbetreiben des vorliegenden Verfahrens i. S. v. § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB, denn auch wenn der Begriff des „Weiterbetreibens" weit zu verstehen ist (BGHZ 73, 8, 11), muss es um eine Prozesshandlung gehen, die unmittelbar auf den Prozess einwirkt und dazu bestimmt und geeignet ist, ihn wieder in Gang zu setzen (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2000 - XII ZR 85/98, NJW 2001, 218 ff., zitiert nach juris Rn. 16). Ebenso wenig ist anzunehmen, dass im Hinblick auf das parallel eingeleitete Verfahren zu Aktenzeichen 3 O 122/10 die Sechs-Monats-Frist des § 204 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB ausnahmsweise nicht gilt (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 12; BGH, Urteil vom 12. Oktober 1999 - VI ZR 19/99, NJW 2000, 132 f., juris Rn. 11), was etwa dann in Betracht kommt, wenn nach außen erkennbare triftige Gründe für den Prozessstillstand maßgeblich sind (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 1999 - XII ZR 113/97, NJW 1999, 1101 ff., zitiert nach juris Rn. 16 m. w. N.), was regelmäßig aber nur dann der Fall sein wird, wenn die Ursache für den Verfahrensstillstand nicht im Verantwortungsbereich der Parteien, sondern des Gerichts liegt und deshalb eine Anwendung von § 204 Abs. 2 BGB (früher § 211 Abs. 2 BGB a. F.) nicht gerechtfertigt erscheint (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 17). Dafür gibt es vorliegend keinen Anhalt. Dennoch hatte der wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässige Parallelprozess zum Az. 3 O 122/10 Auswirkung auf das vorliegende Verfahren. Die Klage ist erhoben worden, noch während die Hemmung der Verjährung des Anspruchs im vorliegenden Verfahren andauerte. Die Hemmung der Verjährung betrifft den materiell-rechtlichen Anspruch und nicht ein bestimmtes Verfahren, weshalb es nicht darauf ankommen kann, dass ohne das hier anhängig gemachte Mahnverfahren im Zeitpunkt der Einreichung jener Klage am 21. Mai 2010 längst Verjährung eingetreten gewesen wäre, und die Klage - isoliert betrachtet - keine Hemmungswirkung mehr hätte entfalten können. Auch wenn der Mahnantrag im vorliegenden Verfahren zugunsten des parallel betriebenen wegen doppelter Rechtshängigkeit gem. § 261 ZPO unzulässigen Klageverfahrens zurückgenommen worden und dadurch die Klage im Parallelprozess zulässig geworden wäre, wäre die durch das rechtzeitig eingeleitete Mahnverfahren entfaltete Hemmungswirkung nicht entfallen. Anders als gem. § 213 Satz 1 i. V. m. § 212a Satz 3 BGB a. F., wonach die Unterbrechung der Verjährung durch Zustellung eines Mahnbescheids als nicht erfolgt galt, wenn der Antrag zurückgenommen wurde, enthält das neue Recht eine vergleichbare Regelung nicht mehr. Die Rücknahme des Antrags durch den Antragsteller stellt nunmehr einen normalen, die 6-Monats-Frist auslösenden Tatbestand dar (vgl. auch Grothe, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl., § 204 Rn. 87; Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 204 Rn. 33; BGH, Urteil vom 28. September 2004 - IX ZR 155/03 = BGHZ 160, 259 ff., juris Rn. 11). § 204 Abs. 2 BGB sieht für alle Verfahren eine einheitliche Regelung vor. Wenn die Klägerin nach Rücknahme des Mahnantrags innerhalb der Sechs-Monats-Frist erneut Klage erhoben hätte, wäre ihr daher die Hemmungswirkung aus dem Mahnverfahren ebenso zugute gekommen. Nichts anderes kann für die wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässige Klage gelten. Auch eine unzulässige Klage hemmt die Verjährung (BGH, Urteil vom 28. September 2004 - IX ZR 155/03 = BGHZ 160, 259 ff; Urteil vom 6. Dezember 2007 - IX ZR 143/06 = BGHZ 175, 1 ff.; BGHZ 78, 1, 5; BT-Drs. 14/6040, S. 118). Die Rücknahme der Klage zu Aktenzeichen 3 O 122/10 setzte als Verfahrenshandlung ihrerseits eine neue Sechs-Monats-Frist in Gang. Das Gesetz verlangt für eine Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung grundsätzlich nicht, dass die Antragsteller eine für sie günstige Sachentscheidung erstreiten. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sollte der mit der Hemmung verbundene bloße Aufschub des Verjährungslaufs unabhängig vom Ausgang des jeweiligen Verfahrens sein (BT-Drs. 14/6040, S. 118 zur Abschaffung des § 212 BGB a. F. sowie BT-Drs. 14/6857, S. 44). Dies hat zur Folge, dass auch die Rücknahme einer unzulässigen Klage die Wirkung von § 204 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB hat. Die Klagrücknahme im Verfahren 3 O 122/10 ist am 23. August 2010 bei Gericht eingegangen (Bl. 32 BA), weshalb der Anspruch der Klägerin bei Eingang der Anspruchsbegründung am 23. August 2010 noch nicht verjährt war.
Das Landgericht Hannover hat in dem auf die E. B. GmbH bezogenen Parallelprozess (Az. 18 O 12/10) letztlich nicht anders geurteilt, sondern ist davon ausgegangen, dass die rechtzeitig vor dem durch den Stillstand absehbaren Ende der Hemmung des Verfahrens in einem - dort ebenfalls gegebenen - Parallelprozess zum Az. 3 O 121/10 erhobene und zugestellte Klage die Verjährung wiederum zu hemmen vermochte. Das Landgericht hat im Verfahren 18 O 12/10 aber angenommen, die durch das Weiterbetreiben des Mahnverfahrens durch Einreichung der Anspruchsbegründung bestehen bleibende Hemmung habe, nachdem das Verfahren abermals in Stillstand geraten sei, nach 6 Monaten geendet, wobei der erneute Stillstand mit einem Telefonvermerk der damals zuständigen Richterin vom 1. September 2010 begründet worden ist. Hiernach hat die Richterin vermerkt, der Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe erklärt, in dieser Sache solle zunächst nichts weiter veranlasst werden, sondern das Parallelverfahren abgewartet werden. Dies hat mit dem vorliegenden Sachverhalt indes nichts zu tun.
III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Anlass zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO hat der Senat nicht. Insbesondere ist die Beurteilung der Frage, ob der von der Beklagten geltend gemachte Anspruch verjährt ist, nicht von grundsätzlicher Bedeutung, sondern entspricht der geltenden Gesetzeslage. Klärungsbedarf vermag der Senat - auch und gerade mit Blick auf die bereits ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung - nicht zu erkennen.