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Wirtschaftsrecht
20.05.2008
Wirtschaftsrecht
OLG Hamm: Hauptversammlungsbeschluss einer Aktiengesellschaft über die Begründung eines Entsenderechts

OLG Hamm, Urteil vom 31.3.2008 - 8 U 222/07 - „Thyssen Krupp AG"

Leisätze

1. Bei der Beschlussfassung der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft über die Begründung eines Entsendungsrechts zugunsten einer Aktionärin in den Aufsichtsrat unterliegt die begünstigte Aktionärin keinem Stimmverbot.

2. Die Begründung des Rechts einer Aktionärin auf Entsendung von bis zu 3 Mitgliedern in den Aufsichtsrat einer der Mitbestimmung unterliegenden Aktiengesellschaft widerspricht nicht aktienrechtlichen Grundprinzipien und stellt keinen Verstoß gegen das aktienrechtliche Gleichbehandlungsgebot dar.

Die begünstigte Aktionärin strebt bei der entsprechenden Beschlussfassung auch keinen Sondervorteil i. S. d. § 243 Abs. 2  AktG an. 

3. Die Begründung eines Entsendungsrechts von bis zu 3 Mitgliedern in den Aufsichtsrat verstößt auch bei einer der Mitbestimmung unterliegenden Aktiengesellschaft nicht gegen das Grundrecht aus  Art. 14 GG.

4. Die Begründung eines Entsendungsrechts zugunsten einer privaten Aktionärin stellt keinen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit gem. Art. 56 EG dar.

AktG §§ 53a, 101 Abs. 1, Abs. 2, 136 Abs. 1, 243 Abs. 2, GG Art. 14,, EGArt. 56, 43

Sachverhalt

A. Die Kläger fechten die Beschlussfassung der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.1.2007 zu TOP 8 an. Mit diesem Beschluss, der mit einer Mehrheit von 78,91 % der in der Hauptversammlung vertretenen Aktionärsstimmen gefasst wurde, wurde § 9 der Satzung um den neuen Abs. 2 ergänzt, wonach der B, die seinerzeit 25,1 % der Aktien der Beklagten hielt, das Recht eingeräumt wurde, bis zu drei der auf die Aktionäre entfallenden Mitglieder in den Aufsichtsrat zu entsenden. Dieses Recht sollte bei einer Beteiligung am Grundkapital der Beklagten von mindestens 10 % für ein Mitglied des Aufsichtsrats, bei einer Beteiligung von mindestens 15 % für zwei Mitglieder und bei einer Beteili­gung von mindestens 25 % am Grundkapital für drei Mitglieder bestehen.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Die Kläger und ihre Streithelfer haben die Auffassung ver­treten, der Beschluss der Hauptversammlung sei in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig und deshalb für nichtig zu erklären. Hierzu haben sie im Wesentlichen gerügt, bei der Beschlussfassung sei Verfahrensrecht verletzt worden, insbesondere das Informati­onsrecht der Aktionäre. Mit dem Entsendungsrecht seien der B (im Folgenden: B) nicht gerechtfertigte Sonderrechte gewährt worden; zudem verstoße die Regelung gegen materielle Regeln des Aktienrechts, gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG und die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 56 EG sowie die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EG.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richten sich die Berufungen der Kläger sowie des Streithelfers zu 2). Die Kläger und die Streithelfer wiederholen und vertiefen ihre erstinstanzlichen Rechtsauffassungen.

Der Kläger zu 1) beantragt,

das Urteil des Landgerichts Essen abzuändern und den Beschluss der Beklagten vom 19.1.2007 zu Punkt 8 der Tagesordnung (Beschlussfassung über die Änderung von § 9 der Satzung ‑ Zusammensetzung, Wahl, Amts­dauer des Aufsichtsrates) für nichtig zu erklären.

Der Kläger zu 2) beantragt,

das Urteil des Landgerichts Essen abzuändern und den in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 19.1.2007 gefassten Beschluss zum Tagesordnungspunkt 8 „Beschlussfassung über die Änderung von § 9 der Satzung (Zusammensetzung, Wahl, Amtsdauer des Aufsichtsrats)" für nichtig zu erklären.

Hilfsweise beantragt der Kläger zu 2), festzustellen, dass der in der ordent­lichen Hauptversammlung der Beklagten vom 19.1.2007 gefasste vor­stehend genannte Beschluss nichtig ist.

Die Klägerin zu 3) beantragt,

unter Aufhebung des am 29.6.2007 verkündeten Urteils des Landgerichts Essen den in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 19. Januar 2007 gefassten Beschluss, durch welchen die Zustimmung zur Änderung des § 9 der Satzung der Beklagten (Zusammensetzung, Wahl, Amtsdauer des Aufsichtsrates) beschlossen wurde (Tagesordnungspunkt 9) für nichtig zu erklären.

Hilfsweise beantragt die Klägerin zu 3) festzustellen, dass der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 19.1.2007, durch welchen die Zustimmung zur Änderung des § 9 der Satzung der Beklagten (Zusammensetzung, Wahl, Amtsdauer des Aufsichts­rats) beschlossen wurde (Tagesordnungspunkt 9), nichtig ist.

Der Streithelfer zu 2) beantragt,

das Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen vom 29.6.2007 abzuändern und auf die Klagen der Kläger gegen den Beschluss zu Punkt 8 der Tagesordnung der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.1.2007 und die sie unterstützende Nebenintervention des Streithelfers zu 2) diesen Beschluss insoweit für nichtig zu erklären, als in § 9 (2) der Satzung für die B ein Ent­senderecht für zwei oder drei Mitglieder in den Aufsichtsrat eingeräumt ist,

hilfsweise den Beschluss zu Punkt 8 der Tagesordnung der vorgenannten Hauptversammlung insgesamt für nichtig zu erklären.

Die Streithelferin zu 4) schließt sich den Anträgen der Kläger an.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil mit näheren Ausführungen.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den Inhalt ihrer Schrift­sätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Aus den Gründen

B. Die zulässigen Berufungen der Kläger und des Streithelfers zu 2) haben in der Sache keinen Erfolg. Die angegriffene Beschlussfassung der Hauptversammlung der Beklagten vom 19. Januar 2007, mit der in Ergänzung von § 9 der Satzung der Beklagten ein Entsendungsrecht der B in den Aufsichtsrat begründet worden ist, verstößt weder gegen die Satzung noch gegen gesetzliche Vorschriften. Das Landgericht hat die Anfechtungsklagen deshalb zu Recht zurückgewiesen. Die hiergegen gerichteten Einwendungen im Berufungsverfahren bleiben ohne Erfolg.

I. Der Senat geht davon aus, dass sich die Anfechtungsklagen ausschließlich gegen die Beschlussfassung der Hauptversammlung vom 19.1.2007 zu TOP 8 rich­ten und es sich in den Berufungsanträgen der Klägerin zu 3) und des Streithelfers zu 2) (TOP 9) um Schreibfehler handelt. Weiterhin versteht der Senat die Klageanträge dahin, dass diese nur die Einfügung eines neuen Abs. 2 in § 9 der Satzung betreffen.

II. Die Rüge der Klägerin zu 3), das Landgericht habe verfahrensfehlerhaft ihr recht­liches Gehör verletzt, indem ihr Antrag auf Akteneinsicht nicht beschieden und eine vom Landgericht Düsseldorf, bei dem die Klage zunächst anhängig war, gewährte Fristverlängerung vor Verkündung des Urteils nicht berücksichtigt worden sei, bleibt im Ergebnis erfolglos. Selbst wenn das Landgericht die Rechte der Klägerin zu 3) nicht in hinreichendem Maße gewahrt haben sollte, kann sich die Klägerin zu 3) darauf nicht berufen, da sie in Kenntnis aller Umstände vor dem Landgericht rügelos verhandelt hat, § 295 Abs. 1 ZPO. Zudem hatte sie im Berufungsverfahren Gelegen­heit, ihr Akteneinsichtsrecht erneut geltend zu machen sowie ergänzend vorzu­tragen. Ein evtl. Verfahrensverstoß hat sich deshalb nicht weiter ausgewirkt.

III. Die fristgerecht erhobenen Anfechtungsklagen sind unbegründet, da Anfechtungs­gründe gemäß § 243 Abs. 1 AktG nicht vorliegen.

1. Die Beklagte zieht nach wie vor die Anfechtungsbefugnis der Kläger zu 1) und 2) in Zweifel. Hinsichtlich des Klägers zu 1) neigt der Senat zu der Auffassung, dieser habe hinreichend nachgewiesen, dass für ihn Rechtsanwalt E als Legitimati­ons­aktionär aufgetreten und Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat. Hinsichtlich des Klägers zu 2) spricht viel dafür, dass dieser sich durch Herrn G hat ver­treten lassen, der auch Widerspruch erhoben hat, und die notarielle Niederschrift insoweit den Namen unzutreffend wiedergibt. Um dies sicher feststellen zu können, wäre möglicherweise eine Beweisaufnahme erforderlich. Davon sieht der Senat ebenso wie von einer näheren Begründung der Anfechtungsbefugnis des Klägers zu 1) ab, da die Fragen letztlich offen bleiben können. Die Anfechtungsklagen der Klä­ger zu 1) und 2) sind aus anderen Gründen, nämlich wegen Fehlens eines Anfech­tungsgrundes, unbegründet.

2. Die angegriffene Beschlussfassung der Hauptversammlung der Beklagten verstößt nicht gegen aktienrechtliche Vorschriften, die das Verfahren sowie den Inhalt von Entscheidungen der Hauptversammlung regeln.

a) Der Kläger zu 1) rügt, dass die Bekanntmachung der Tagesordnung zu TOP 8 in sich widersprüchlich und irreführend und deshalb nicht ordnungsgemäß gewesen sei. Im Rahmen der Berichterstattung zu diesem Beschlusspunkt in der Einladung zur Hauptversammlung habe die Verwaltung ausgeführt, die Satzungsänderung habe der B ein Entsendungsrecht von einem, zwei oder drei Mitglieder in den Aufsichtsrat bei Überschreiten der jeweiligen Schwellen von 10, 15 oder 25 % Betei­ligung gewähren sollen. Tatsächlich sei jedoch vorgesehen gewesen und auch spä­ter beschlossen worden, dass bereits bei Erreichen der jeweiligen Schwelle die ent­sprechende Anzahl an Mitgliedern in den Aufsichtsrat entsendet werden durfte.

Nach § 124 Abs. 4 AktG dürfen über Gegenstände der Tagesordnung, die nicht ord­nungsgemäß bekannt gemacht worden sind, keine Beschlüsse gefasst werden. Ein Verstoß hiergegen führt zur Anfechtbarkeit (Hüffer, AktG, 7. Aufl. § 124 Rdn. 18). Der Senat teilt indes nicht die Auffassung des Klägers zu 1), dass eine unzureichende Bekanntmachung der Tagesordnung vorliegt. Zwar hat die Beklagte in einem Vor­spann zu der beabsichtigten Beschlussfassung den Inhalt und die Beweggründe kurz dargestellt. Diese Zusammenfassung ist aber schon nicht eindeutig unzutreffend in dem Sinne, wie der Kläger meint. So heißt es dort etwa, dass die Stiftung zur Ent­sendung von zwei Mitgliedern berechtigt sein soll „bei einem Anteilsbesitz von 15 - 25 % des Grundkapitals". Dieser Formulierung lässt sich bereits dem Wortlaut nach entnehmen, dass bei Erreichen eines Anteils von 15 % zwei Mitglieder entsendet werden dürfen, nicht erst bei Überschreiten dieses Wertes. Gleiches gilt für die wei­tere Formulierung, dass bei einem Anteilsbesitz „von 10 - 15 %" die B zur Entsendung eines Mitgliedes in den Aufsichtsrat berechtigt sein sollte. Daraus folgt, dass bereits das Erreichen der Schwelle von 10 % das Entsendungsrecht begründet. In diesem Sinne ist auch der folgende Satz zu verstehen, dass eine Kapitalbeteiligung der Stiftung von weniger als 10 % das Entsendungsrecht ganz entfallen lasse. Bedenken können sich danach allenfalls hinsichtlich der Schwelle von 25 % ergeben.

Darauf kann die Rüge einer unzutreffenden Bekanntmachung jedoch nicht gestützt werden. Die Beklagte ist nämlich der aus § 124 Abs. 2 S. 2 AktG folgenden Pflicht nachgekommen, den Wortlaut der in der Hauptversammlung zur Entscheidung gestellten Satzungsänderung wiederzugeben, und zwar unmittelbar im Anschluss an den genannten Vorspann. Der Wortlaut des neuen § 9 Abs. 2 der Satzung lässt ein­deutig erkennen, dass ein Entsendungsrecht von drei Mitgliedern in den Aufsichtsrat bereits bei Erreichen einer Beteiligung am Grundkapital von 25 % bestehen sollte. Für jeden Aktionär war klar, dass der Wortlaut der beabsichtigten Änderung maß­geblich war. Soweit die Darstellung im Einleitungstext eine sprachliche Unge­nauig­keit enthielt, war diese unerheblich und führte angesichts des anschließend im Wortlaut wiedergegebenen Änderungsvorschlages nicht dazu, dass der Tagesord­nungspunkt nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist.

Soweit darüber hinaus die Rüge erhoben wird, die Einleitung zum Tagesordnungs­punkt 8 in der Einladung zur Hauptversammlung spreche von „guter Corporate Governance", während die Einführung von Entsendungsrechten überwiegend gerade nicht als gute Corporate Governance angesehen werde, kann darauf ein Verstoß gegen § 124 AktG ebenfalls nicht gestützt werden. Bei der genannten Formulierung handelt es sich um eine Wertung, wie unschwer erkennbar ist. Selbst wenn diese Bewertung unzutreffend sein sollte, steht dies der Bekanntmachung der beabsich­tigten konkre­ten Maßnahme nicht entgegen. Die konkret zur Entscheidung gestellte Satzungs­änderung ist objektiv weder falsch noch unzureichend mitgeteilt worden.

b) Ein Anfechtungsrecht folgt auch nicht aus unzureichenden Informationen in der Hauptversammlung, § 131 AktG. Die Kläger zu 1) und 2) rügen insoweit, dass sei­tens des Vorstandes nicht ausreichend darüber informiert worden sei, dass die Beschlussfassung zu TOP 8 der B ein Sonderrecht gewährt habe, das nach § 35 BGB nur mit Zustimmung der Berechtigten wieder aufgehoben werden könne und deshalb „Ewigkeitscharakter" habe.

Diese Rüge trifft in tatsächlicher Hinsicht nicht zu. Der Kläger zu 1) hat selbst in der Klageschrift eingeräumt, seitens des Vorstandes sei auf entsprechende Frage erklärt worden, dass das Recht nur mit Zustimmung des Entsendungsberechtigten rückgän­gig gemacht werden könne. Diese Auskunft war zutreffend und gibt den Inhalt des § 35 BGB richtig wieder. Wenn der Vorstand zutreffende Auskünfte erteilt hat, kommt es für die Frage, ob eine Verletzung der Informationspflicht nach § 131 AktG vorliegt, nicht darauf an, ob das Thema aus eigener Initiative des Vorstandes angesprochen wurde oder lediglich als Antwort auf Fragen aus dem Aktionärskreis.

Ungefragt war der Vorstand nicht verpflichtet darüber zu belehren, welche recht­lichen Konsequenzen die Beschlussfassung für mögliche künftige Entwicklungen haben könnten. Das betrifft auch die mögliche Rückgängigmachung der beschlosse­nen Regelung. Insoweit obliegt es jedem Aktionär selbst, sich über die rechtlichen Konsequenzen zu informieren und ggf. Fragen zu stellen. Auf eine solche Frage hat der Vorstand der Beklagten zutreffende rechtliche Auskünfte erteilt. Ob dabei auch der Begriff „Ewigkeit" gefallen ist, was zwischen den Parteien streitig ist, ist unerheb­lich. Hierbei handelt es sich lediglich um eine plakative Umschreibung einer mög­lichen Konsequenz, die sich jedem Aktionär auf der Grundlage der mitgeteilten Fak­ten selbst erschließen konnte.

Soweit der Kläger zu 1) weiterhin rügt, auch während der Hauptversammlung sei in Bezug auf die Schwellenwerte, die das Recht zur Entsendung von Aufsichtsratsmit­gliedern begründeten, wiederholt davon die Rede gewesen, dass diese überschritten werden müssten, kann angesichts des klaren Wortlauts der allen Aktionären mitge­teilten Satzungsänderung keine unzutreffende Information angenommen werden. Bei evtl. unklaren oder missverständlichen Äußerungen konnte Gewissheit durch Lektüre des schriftlichen Entscheidungsgegenstandes gewonnen werden. Ggf. hätte durch konkrete Nachfrage Klarheit geschaffen werden können.

c) Der Kläger zu 2) und die Klägerin zu 3) vertreten die Auffassung, die durch die Sat­zungsänderung begünstigte B habe bei der Abstimmung einem Stimm­verbot unterlegen mit der Folge, dass ihre Stimmen nicht mitgezählt werden durften; deshalb habe es an der erforderlichen satzungsändernden Mehrheit von 75 % ge­fehlt. Dieser Einwand trifft nicht zu, da die B keinem Stimmrechtsaus­schluss unterlag.

Nach § 136 Abs. 1 AktG ist eine Person von einem Stimmrecht ausgeschlossen, wenn darüber Beschluss gefasst wird, ob die Person zu entlasten, von einer Ver­bindlichkeit zu befreien ist oder ob die Gesellschaft gegen sie einen Anspruch gel­tend machen soll. Diese Voraussetzungen lagen nicht vor, wie auch die Kläger nicht verkennen. Diese meinen jedoch, auf die vorliegende Fallgestaltung sei eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 136 AktG geboten.

In der Literatur ist umstritten, ob über die in § 136 Abs. 1 AktG genannten Beschlussgegenstände hinaus ein Stimmverbot auch dann angenommen werden kann, wenn vergleichbare Fälle vorliegen. Dies wird zum Teil mit der Begründung verneint, die Vorschrift stelle eine kasuistische Ausprägung von Interessenkollisionen dar, die weder dem Gedan­ken des Verbots des Richtens in eigener Sache oder der Überlegung, dass derjenige nicht auf Rechtsgeschäfte Einfluss nehmen soll, der daran selbst als Partei beteiligt ist, zugeordnet werden müssten und deshalb keine Erweiterungen erforderten oder auch nur zuließen (vgl. z.B. Hüffer, a.a.O. § 136 Rdn. 3; Semler in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 4, 3. Aufl. § 38 Rdn. 31). Von anderen wird die Norm als Ausfluss allgemein im Gesellschaftsrecht geltender Grundsätze (Verbot des Richtens in eigener Sache, Verbot von In-Sich-Geschäften) verstanden; die Geltung dieser Grundsätze müsse ggf. durch Rechts­fortbildung durchgesetzt werden (vgl. z.B. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. § 21 II 2 b, c).

Für die Beurteilung des Streitfalls bedarf es keiner Entscheidung über die genaue Ausdeutung des § 136 Abs. 1 AktG. Selbst wenn man bei dieser Vorschrift grund­sätzlich Raum für eine ausweitende Anwendung sehen wollte, kann ein Stimmverbot nicht etwa auf einen unzulässigen Verstoß gegen das Verbot von In-Sich-Geschäften gestützt werden. Insoweit ist nämlich allgemein anerkannt, dass darunter nicht Orga­nisationsakte fallen, über die alle Mitglieder notwendig gemeinsam entscheiden sol­len (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht § 21 II 2 a aa). Um einen derartigen Akt handelt es sich bei der Schaffung von Entsendungsrechten in den Aufsichtsrat. Deshalb unterlag die B keinem Stimmverbot, selbst wenn die beschlossene Sat­zungsänderung ihr Vorteile verschaffte.

d) Die angegriffene Beschlussfassung steht im Einklang mit der gesetzlichen Regelung in § 101 Abs. 2 AktG und verstößt nicht gegen die Regelung in § 101 Abs. 1 S. 1 1. Hs. AktG.

Der angefochtene Beschluss wahrt die Voraussetzungen, unter denen nach § 101 Abs. 2 AktG Entsendungsrechte in den Aufsichtsrat begründet werden dürfen. Dies wird von den Klägern nicht in Zweifel gezogen, so dass von einer näheren Darlegung abgesehen wird. Soweit die Kläger meinen, die Vorschrift des § 101 Abs. 2 AktG müsse europarechtskonform teleologisch reduziert werden, soll dies an späterer Stelle (III. 4.) erörtert werden.

Der Kläger zu 1) meint, § 101 Abs. 1 S. 1 1. Hs. AktG sei Ausdruck eines Grundprin­zips des Aktienrechts, wonach die Eigentümer der Gesellschaft zumindest mittelbar über die Mitglieder des Aufsichtsrates entscheiden dürften. Dieser Grundsatz werde durch die Begründung des Entsendungsrechts zugunsten der B ver­letzt. Im Zusammenspiel mit den Regeln des Mitbestimmungsrechts habe selbst ein Mehr­heitsaktionär mit einer Beteiligung von 75 % am Grundkapital keine Möglichkeit, durch die entsprechende Besetzung des Aufsichtsrats auf die unternehmerische Ausrichtung der Gesellschaft Einfluss zu nehmen.

Der Senat teilt nicht die Auffassung, dass § 101 Abs. 1 AktG das von dem Kläger zu 1) dargestellte Grundprinzip entnommen werden kann. Die Vorschrift sieht die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern durch die Hauptversammlung vor, soweit Mitglieder nicht entsendet oder nach den Vorschriften über das Mitbestimmungsrecht gewählt wer­den. Ein Rangverhältnis der drei Möglichkeiten der Bestellung von Aufsichtsrats­mit­gliedern sieht die Norm nicht vor. Soweit ein Entsendungsrecht nach § 101 Abs. 2 AktG besteht, geht dies der Wahl durch die Hauptversammlung vor. Dass der Haupt­versammlungsmehrheit bei paritätisch besetzten Aufsichtsräten und einem Entsen­dungsrecht in Höhe von drei Mitgliedern nur das Recht verbleibt, über die restlichen Anteilseignervertreter zu bestimmen, also über eine Minderheit im Aufsichtsrat, ent­spricht der gesetzlichen Regelung und steht nicht im Widerspruch zu ihr. Dass dies auch mit höherrangigem Recht, etwa Verfassungsrecht, im Einklang steht, wird an späterer Stelle näher ausgeführt werden.

e) Der Kläger zu 1) sieht eine unangemessene Bevorzugung der B darin, dass nach der beschlossenen Regelung die Zahl der zu entsendenden Personen nicht proportional zum Anteil der Stiftung am Grundkapital ausgerichtet ist. Bei einer Beteiligung von 15 % darf die B zwei Personen in den Aufsichtsrat ent­senden, also 20 % der Anteilseignervertreter, und bei einer Quote von 25 % drei Personen, das sind 30 % der Anteilseignervertreter. Der Kläger zu 1) meint, hierin liege ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot gemäß § 53 a AktG.

Nach § 53 a AktG sind Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behan­deln. Dieses Gleichheitsgebot gilt für die hier zu beurteilende Regelung jedoch nur beschränkt. Die Satzung kann anerkanntermaßen in vielfacher Hinsicht eine unglei­che Behandlung der Aktionäre vorsehen oder zulassen, ohne dass dem der Gleich­behandlungsgrundsatz entgegenstände. Zwar kann der Gleichbehandlungsgrundsatz durch die Satzung nicht generell abgeschafft werden. Die Satzung kann jedoch Diffe­renzierungen vorsehen und den Maßstab der Gleichbehandlung ändern (Hüffer, a.a.O. § 53 a Rdn. 5). Es erscheint deshalb konsequent, wenn in der Literatur die Auffas­sung vertreten wird, dass das Gleichbehandlungsgebot und damit das Erfor­dernis einer sachlichen Rechtfertigung für Ungleichbehandlungen lediglich das Ver­halten der Gesellschaftsorgane einschließlich der Hauptversammlungsmehrheit unterhalb der Satzungsebene betrifft (Hüffer, a.a.O. § 11 Rdn. 2). Die von § 101 Abs. 2 AktG gedeckte Schaffung eines satzungsmäßigen Entsendungsrechts und die damit zwangsläufig verbundene Ungleichbehandlung derjenigen Aktionäre, die ein solches Recht nicht wahrnehmen können, kann deshalb nicht zu einem Verstoß gegen § 53 a AktG führen.

Etwas anderes gilt auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass die Höhe des der B eingeräumten Entsendungsrechts unter bestimmten Umständen nicht dem Umfang ihrer Kapitalbeteiligung gleichkommt. § 101 Abs. 2 AktG verlangt gerade nicht, dass die Zahl der zu entsendenden Aufsichtsratsmitglieder im Verhält­nis zur Kapitalbeteiligung des Entsendungsberechtigten steht. Ein mit der Schaffung des Entsendungsrechts verfolgtes Ziel war es gerade, der Gesellschaft die Möglich­keit zu verschaffen, einem Aktionär einen Einfluss zukommen zu lassen, der seiner Kapitalbeteiligung nicht entspricht (vgl. Mertens in Kölner Kommentar, 2. Aufl. § 101 Rdn. 39). Sieht die konkrete Gesetzesregelung eine Ungleichbehandlung innerhalb bestimmter Grenzen vor, kann die Wahrnehmung dieses Rechts keinen Verstoß gegen den aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz darstellen. Unabhängig davon liegt die mit dem angefochtenen Beschluss geschaffene Gewichtung nicht außerhalb akzeptabler Relationen. Bei bestimmten Beteiligungsverhältnissen sieht das Entsendungsrecht sogar eine unterproportionale Repräsentanz der Stiftung vor, etwa bei einer Beteiligung am Grundkapital in einer Größe zwischen 21 und 24,99 %.

Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liegt schließlich auch nicht deshalb vor, weil die B als Entsendungsberechtigte neben der Entsendung von Mit­gliedern in den Aufsichtsrat ihre Stimmmacht auch bei der Wahl der weiteren Auf­sichtsräte einsetzen und damit einen noch größeren Einfluss erlangen kann, was der Kläger zu 2) rügt. Insoweit wird lediglich die vom Gesetz für zulässig gehaltene Kon­sequenz aus der Schaffung und Wahrnehmung eines Entsendungsrechts beschrie­ben. Einen Ausschluss des Entsendungsberechtigten bei der Wahl der übrigen Anteils­eignervertreter in den Aufsichtsrat sieht die gesetzliche Regelung in § 101 AktG gerade nicht vor, so dass von einer gesetzlich gebilligten Ungleichbehandlung aus­zugehen ist, bei der die Regelung des § 53 a AktG nicht einschlägig ist.

f) Der Streithelfer zu 2) meint, die B habe mit der Zustimmung zu der Sat­zungsänderung in § 9 Abs. 2 für sich einen Sondervorteil angestrebt, was zur Folge habe, dass der Beschluss nach § 243 Abs. 2 AktG anfechtbar sei, da den anderen Aktionären kein angemessener Ausgleich für ihren Schaden gewährt worden sei. Auf diesen Einwand kann die Anfechtung nicht mit Erfolg gestützt werden. Unabhängig davon, dass ein Sondervorteil i.S.d. § 243 Abs. 2 AktG eine sachwidrige Bevorzu­gung voraussetzt (Hüffer, a.a.O., § 243 Rdn. 35), die hier nicht gegeben ist, müsste der Sondervorteil zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Aktionäre ange­strebt werden. Ein solcher Schaden ist weder dargelegt noch ersichtlich. Dass allein die Schaffung eines Entsendungsrechts nicht genügt, einen schadensstiftenden Sondervorteil anzunehmen, der einen angemessenen Ausgleichsanspruch der übri­gen Aktionäre zur Folge hat, ergibt sich bereits daraus, dass die gesetzliche Rege­lung in § 101 Abs. 2 AktG eine Entschädigungspflicht gerade nicht festlegt.

g) Der Kläger zu 1) rügt, dass das beschlossene Entsendungsrecht dem Vorstand die Möglichkeit eröffnet, durch Mitwirkung in den Gremien der B Einfluss auf die Person der Aufsichtsräte zu nehmen und damit mittelbar die eigenen Kontrolleure zu bestimmen, was § 111 Abs. 1 AktG widerspreche, wonach der Aufsichtsrat die Geschäftsführung zu überwachen habe. Der Kläger sieht sich in dieser Sorge des­halb bestärkt, weil der Vorstandsvorsitzende der Beklagten nach der angefochtenen Beschlussfassung zum Mitglied des Kuratoriums der B ernannt wurde.

Diese Rüge greift in mehrerlei Hinsicht nicht durch. So erfolgte die Berufung des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten in das Kuratorium der B erst im Anschluss an die Hauptversammlung vom 19.1.2007, so dass dieser Vorgang sich auf die Beschlussfassung nicht auswirken konnte. Unabhängig davon ist die grundsätzlich bei der Begründung eines Entsendungsrechts denkbare Möglich­keit, dass Vorstandsmitglieder der betroffenen Aktiengesellschaft in die Auswahl der zu entsendenden Aufsichtsratsmitglieder eingebunden werden, nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit des Entsendungsrechts in Zweifel zu ziehen. Die Auswahl der Auf­sichts­ratsmitglieder, die in den Aufsichtsrat entsendet werden sollen, liegt allein in der Ver­antwortung des Entsendungsberechtigten. Der Hauptversammlungs­beschluss, der ein solches Entsendungsrecht begründet, bleibt von der Art und Weise, wie das Ent­sendungsrecht später ausgeübt wird, unberührt.

Entgegen der Auffassung des Klägers zu 1) wird die aktienrechtliche Kompetenz­verteilung und Organisationsverfassung auch nicht dadurch unterlaufen, dass ein Vorstandsmitglied bei der Auswahl von Aufsichtsratsmitgliedern mitwirkt. Dem steht schon entgegen, dass jedes Mitglied des Aufsichtsrats die Kontrollaufgaben unter Beachtung der Sorgfaltspflichten und der Verantwortlichkeit nach §§ 116, 93 AktG wahrzunehmen hat, unabhängig davon, wie und von wem er bestellt wurde. Beden­ken werden deshalb auch nicht für den Fall geäußert, dass ein Vorstandsmitglied, das Aktien der von ihm geleiteten Gesellschaft hält, sein Stimmrecht bei der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder wahrnimmt und auf diese Weise ebenfalls bei der Aus­wahl derjenigen Personen mitwirkt, die die Geschäftsführung zu überwachen haben.

3. Der Kläger zu 1) sieht in der angefochtenen Satzung einen Verstoß gegen Art. 14 GG. Wenn in Aktiengesellschaften, die der Mitbestimmung unterliegen, zusätzlich Entsendungsrechte begründet würden, habe dies zur Folge, dass etwa die Beset­zung von Vorstandsämtern und dadurch letztlich die Ausübung der im Anteils­eigen­tum verbrieften Verfügungsrechte dauerhaft gegen den Willen der Aktionärs­mehrheit durchgesetzt werden könnte. Das aber übersteige die engen Grenzen, die das Bun­desverfassungsgericht in dem Mitbestimmungsurteil (BVerfG, Urteil vom 1.3.1979, BVerfGE 50, 290) gezogen habe.

Auch dieser Gesichtspunkt begründet keinen Anfechtungsgrund. Eine Gesetzesver­letzung, auf die die Anfechtung gestützt werden könnte, käme nur dann in Betracht, wenn die gesetzliche Grundlage der Beschlussfassung vom 19.1.2007, § 101 Abs. 2 AktG, jedenfalls für die hier zu beurteilende Situation verfassungswidrig wäre, weil dadurch gegen das Grundrecht aus Art. 14 GG versto­ßen würde.

Der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG ist grundsätzlich tangiert, da das Grund­recht auch das Anteilseigentum erfasst (BVerfG, a.a.O. Juris Rdn. 130). Im Hinblick auf den Inhalt der Eigentumsgewährleistung verweist Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG jedoch auf die Gesetze, d.h. das einfache Gesetzesrecht, zu dem auch § 101 Abs. 2 AktG zählt. Zwar ist der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Inhalt und Schranken des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG nicht gänzlich frei. Er muss sich am Wohl der Allgemeinheit orientieren, das nicht nur Grund, sondern auch Grenze für die Beschränkung des Eigentümers ist; zugleich muss das zulässige Ausmaß einer Sozialbindung auch vom Eigentum selbst her bestimmt werden (BVerfGE 50, 290 Juris Rdn. 126). Diesen Anforderungen wird § 101 Abs. 2 AktG auch für den Fall gerecht, dass ein Entsendungsrecht in einer mitbestimmten Aktiengesellschaft begründet wird. Der Senat teilt nicht die aus dem Mitbestimmungsurteil des Bundes­verfassungsgerichts abgeleiteten Bedenken des Klägers.

Das Bundesverfassungsgericht betont in der genannten Entscheidung, dass das Anteilseigentum gesellschaftsrechtlich vermitteltes Eigentum ist mit der Folge, dass u.a. das Gesellschaftsrecht die Rechte des Anteilseigners bestimmt und begrenzt (BVerfG, a.a.O. Rdn. 131). Dies hat zur Konsequenz, dass es von vornherein nicht zu den Strukturmerkmalen des Anteilseigentums gehört, dass es dem einzelnen Rechtsinhaber stets die autonome Durchsetzung seines Willens ermöglicht. Die Min­derheit muss sich also der Mehrheit beugen, ohne dass damit eine Verletzung des Eigentumsrechts am Anteilseigentum begründet wird. Dies ist vielmehr eine dem Anteilseigentum immanente Einschränkung. Das Bundesverfassungsgericht hat die mit dem Mitbestimmungsgesetz 1976 eingeführte Mitbestimmung als verfassungs­konform angesehen, weil die Anteilseignerseite nach der rechtlichen Regelung, der Begründung einer Zweitstimme des Aufsichtsratsvorsitzenden im Konfliktfall, das Übergewicht gegenüber der Arbeitnehmerseite hat und über das im Unternehmen investierte Kapital nicht gegen den Willen aller Anteilseigner entschieden werden kann (BVerfG, a.a.O. Rdn. 144). Im Rahmen dieser Regelung hat es für unbedenk­lich gehalten, dass etwa die Mehrheit der Anteilseignerseite sich im Aufsichtsrat unter Umständen deshalb nicht durchsetzen kann, weil die Minderheit auf Anteilseig­nerseite sich mit der Arbeitnehmerseite zusammenfindet und dadurch die Mehrheit im Aufsichtsrat erlangen kann. Das, so das Bundesverfassungsgericht, führe nicht zu einer rechtlich relevanten Struktur- oder Substanzveränderung des Anteilseigentums (BVerfG, a.a.O. Rdn. 138).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sieht der Senat keinen unzulässigen Ein­griff in das grundgesetzlich geschützte Anteilseigentum der Aktionäre durch die Ein­räumung eines Entsendungsrechts, wenn auf die Gesellschaft das Mitbestimmungs­gesetz anzuwenden ist. Das Übergewicht der Anteilseignerseite im Aufsichtsrat bleibt auch dann bestehen, wenn auf Seiten der Anteilseigner einige Mitglieder nicht gewählt, sondern entsendet werden. Die Entsendung kann nach § 101 Abs. 2 AktG nur durch einen Aktionär erfolgen. Entgegen der Darstellung des Klägers zu 1) ver­langt das Bundesverfassungsgericht in der Mitbestimmungsentscheidung gerade nicht, dass der Hauptversammlungsmehrheit ein Übergewicht im Aufsichtsrat zu­kommt. Eine Differenzierung zwischen in der Hauptversammlung gewählten und ent­sendeten Aufsichtsratmitgliedern nimmt das Gericht in der Entscheidung nicht vor. Der Senat erkennt auch nicht, dass die Eigentumsgewährleistung inhaltlich verfas­sungskonform nur in der Weise ausgestaltet werden kann, dass das Gesellschafts­recht der Hauptversammlungsmehrheit die Möglichkeit gewähren muss, entschei­denden Einfluss auf die Besetzung der Gesellschaftsorgane und damit die Leitung der Gesellschaft ausüben zu können. Wenn der Gesetzgeber der Hauptversamm­lung die Möglichkeit einräumt, mit satzungsändernder Mehrheit einem Aktionär zu gestatten, die Entsendung von bis zu drei Mitgliedern in den Aufsichtsrat vorzuneh­men, fallen die für die nicht entsendungsberechtigten Aktionäre bestehenden Beschränkungen in den Bereich, den das Grundgesetz in Art. 14 Abs. 1 S. 2 der Gestaltung durch den Gesetzgeber öffnet.

Der Senat sieht nach alledem keine Veranlassung, das Berufungsverfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungs­gerichts einzuholen.

4. Die Begründung eines Entsendungsrechts für die B stellt auch keinen Verstoß gegen europarechtliche Normen dar, insbesondere die Kapitalverkehrsfrei­heit gemäß Art. 56 EG oder die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43 EG.

a) Die beschlossene Satzungsänderung ist nicht als Beschränkung der Kapitalver­kehrsfreiheit gemäß Art. 56 EG anzusehen. Der Senat kann diese Feststellung auf der Grundlage der Rechtsprechung des EuGH treffen, ohne die Sache nach Art. 234 EG dem EuGH vorzulegen und um Auslegung des Art. 56 EG in Bezug auf die hier zur Entscheidung stehende Rechtsfrage zu bitten.

Die Kläger und ihre Streithelfer vertreten die Auffassung, durch die Begründung des Entsendungsrechts könnten Anleger aus anderen Mitgliedsstaaten der EU davon abgehalten werden, Aktien der Beklagten zu erwerben, da selbst bei einer Mehr­heitsbeteiligung kein entsprechender Einfluss auf die Gesellschaft ausgeübt werden könne. Diese Auffassung, die sich auf eine Stimme in der Literatur stützt (Möslein, AG 2007, 770), trifft für die vorliegende Fallgestaltung jedoch nicht zu. Bei § 101 Abs. 2 AktG und der darauf beruhenden Satzungsbestimmung, die ein Entsendungs­recht der B vorsieht, handelt es sich nicht um eine die Kapitalverkehrs­freiheit beschränkende Maßnahme.

Der EuGH hat zwar wiederholt festgestellt, dass eine die Kapitalverkehrsfreiheit beschrän­kende Maßnahme auch in der Begründung von Entsendungsrechten liegen kann, wenn dadurch die Möglichkeit für andere Aktionäre eingeschränkt wird, sich an der Gesellschaft zu beteiligen, um dauerhafte und direkte Wirtschaftsbeziehungen mit ihr zu schaffen oder aufrechtzuerhalten, die es ermöglichen, sich effektiv an ihrer Ver­waltung und ihrer Kontrolle zu beteiligen (EuGH Urteil vom 23.10.2007, C‑112/05; Urteil vom 6.12.2007, C‑463, 464/04). Eine erhebliche Beschränkung in diesem Sinne ist nicht nur durch einen unmittelbaren staatlichen Eingriff wie etwa eine Gesetzesvorschrift (EuGH Urteil vom 23.10.2007, C‑112/05: § 4 VW-Gesetz), son­dern auch durch eine Satzungsregelung möglich, die die betroffene Gesellschaft sich selbst gegeben hat (EuGH Urteil vom 6.12.2007, C‑463, 464/04, Rdn. 30).

Dem Charakter einer die Kapitalverkehrsfreiheit beschränkenden Maßnahme steht im Streitfall jedoch in entscheidender Weise entgegen, dass die angegriffene Sat­zungsregelung auf der Grundlage einer allgemeinen Norm des deutschen Gesell­schaftsrechts, § 101 Abs. 2 AktG, geschaffen wurde und ein Entsendungsrecht für einen privaten Aktionär begründet hat. In den zuvor zitierten Entscheidungen des EuGH waren dagegen Entsendungsrechte in den Aufsichtsrat der jeweiligen Kapital­gesellschaft entweder unmittelbar durch gesetzliche Regelungen (§ 4 VW-Gesetz) oder auf der Grundlage einer nur für den Staat oder für eine öffentliche Ein­richtung geltenden Vorschrift (Art. 2449 des italienischen Codice Civile) zugunsten öffentlicher Akteure begründet worden. Auf diese Sonderrechte für öffentliche Kör­perschaften hat der Gerichtshof in beiden Fällen maßgeblich abgestellt und darin entscheidende Gründe für eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit gesehen. Von den Aktio­nären selbst geschaffene Regelungen zugunsten privater Anteilseigner sind danach unbedenklich (vgl. auch Bayer/Schmidt, BB 2008, 454, 460).

Die Kläger vertreten gleichwohl die Auffassung, dass auch im Verhältnis zwischen Privaten ein Verstoß gegen die Grundfreiheiten bedeutsam sein könne, und zwar zumindest im Rahmen des sog. Untermaßverbotes. Innerstaatliches Recht müsse deshalb auch in einem Konflikt zwischen Privatrechtssubjekten grundfreiheitenkon­form angewandt werden oder unter Umständen unangewendet bleiben (so etwa Möslein, AG 2007, 770, 774). Im vorliegenden Fall ist das nicht geboten.

Zwar trifft es zu, dass europarechtliche Grundfreiheiten auch zwischen Privatrechts­subjekten Bedeutung erlangen können und etwa privaten Unternehmen Rechte ver­leihen können (vgl. etwa EuGH Urteil vom 11.12.2007 C‑438/05 Rdn. 55, 66, 74 zur Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43 EG). Allerdings haben die Mitgliedsstaaten einen Ermessensspielraum, wenn es darum geht, Hindernisse für den freien Verkehr abzuwenden, die sich aus dem Vorgehen privater Akteure ergeben. Selbst in Fällen, die in ihren Geltungsbereich fallen, treten die Bestimmungen über den freien Verkehr nicht an die Stelle des innerstaatlichen Rechts, das den einschlägigen normativen Rahmen für die Beurteilung von Streitigkeiten zwischen privaten Akteuren bildet; vielmehr bleibt es den Mitgliedsstaaten unbenommen, das Verhalten Privater zu regeln, solange sie dabei die Grenzen beachten, die ihnen das Gemeinschaftsrecht setzt (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Maduro vom 23.05.2007 in Sachen C‑438/05 Rdn. 51).

Die im Streitfall zu beurteilende Konstellation überschreitet nicht die Grenzen des Gemeinschaftsrechts, insbesondere die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 56 EG im Verhältnis zwischen Privaten. Insbesondere der von den Klägern zur Begründung ihrer Auffassung, die Grundfreiheiten des EG-Vertrages beanspruchten auch im vor­liegenden Fall Bedeutung, herangezogenen Entscheidung des EuGH in der Sache „Viking Line" (EuGH Urteil vom 11.12.2007, C‑438/05) lag eine Maßnahme zugrunde, die unmittelbar und gezielt Freiheitsrechte Dritter (dort die Niederlas­sungsfreiheit des betroffenen Unternehmens) tangierte. Diese Qualität ist bei dem im Streitfall zu beurteilenden Entsendungsrecht nicht annähernd zu erkennen.

Für die hier vertretene Auffassung spricht auch, dass durch die Schaffung eines Ent­sendungsrechtes zugunsten der B dieser Aktionärin kein Einfluss zuge­standen wird, der die Beteiligungsquote der Stiftung wesentlich übersteigt. Der EuGH hat die Beschränkungswirkung eines Entsendungsrechts zugunsten öffentlicher Akteure auch deshalb als Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit angesehen, weil den jeweils Berechtigten ein Einfluss zugestanden worden ist, der über ihre Investiti­onen hinausging, indem das Entsendungsrecht nicht an eine entsprechende Beteili­gung am Grundkapital der Gesellschaften geknüpft worden war (EuGH Urteil vom 23.10.2007, C‑112/05 Rdn. 63, 64, 69; Urteil vom 6.12.2007, C‑463, 464/04 Rdn. 24). Das liegt hier anders.

b) Ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43 EG wird von den Klä­gern nicht substantiiert dargelegt und ist für den Senat auch nicht ersichtlich. Die Niederlassungsfreiheit der Beklagten oder ihrer Aktionäre wird durch die angegriffene Beschlussfassung nicht tangiert.

IV. Soweit die Kläger hilfsweise die Feststellung der Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses anstreben, bleiben die Klagen ohne Erfolg. Nichtigkeitsgründe gemäß § 241 AktG sind weder dargelegt worden noch ersichtlich.

V. Das Landgericht hat die Klagen somit zutreffend abgewiesen, die dagegen gerichte­ten Berufungen waren zurückzuweisen.

Dem Kläger zu 1) war die beantragte Schriftsatzfrist nicht zu gewähren. Die Beru­fungserwiderung der Beklagten vom 18. Februar 2008 enthielt in tatsächlicher Hin­sicht keine Ausführungen, die der Senat bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat und zu denen der Kläger zu 1) hätte Stellung nehmen müssen. Soweit der Schriftsatz Ausführungen zu den maßgeblichen Rechtsfragen enthält, hätte dazu im Senatster­min oder innerhalb der Frist bis zum Verkündungstermin erwidert werden können.

Die Kostenentscheidung ergeht nach §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 2. Hs. ZPO. Die Ent­scheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 712 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Die Entscheidung beruht sowohl zum nationalen als auch zum europäischen Recht auf der Grundlage gefestigter Rechtsprechung, so dass eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts nicht erforderlich ist. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung.

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