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Wirtschaftsrecht
22.08.2019
Wirtschaftsrecht
KG Berlin: Hauptsacheklage zu einer auf Zuordnung eines Widerspruchs zu einer Gesellschafterliste gerichteten einstweiligen Verfügung

KG Berlin, Beschluss vom 13.8.2019 – 2 W 22/19, rkr.

Volltext: BB-ONLINE BBL2019-1985-3

Amtliche Leitsätze

1. Eine nach § 926 Abs. 1 ZPO zu erhebende Klage muss den Anspruch betreffen, den der Arrest bzw. die einstweilige Verfügung sichern soll, um zu gewährleisten, dass die Klage auch tatsächlich zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Eilentscheidung führt (Anschluss an BGH, Urteil vom 26. September 2000 – VI ZR 279/99, juris Rn. 12).

2. Zwar steht einem zu Unrecht nicht in die Gesellschafterliste eingetragenen Gesellschafter einer GmbH auch gegen die Gesellschaft ein Anspruch auf Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste zu, den er im Wege einer Leistungsklage geltend machen kann. Daneben besteht jedoch auch ein Berichtigungsanspruch gegen den zu Unrecht eingetragenen Scheingesellschafter. Allein dieser Anspruch und nicht der gegen die Gesellschaft gerichtete Anspruch auf Einreichung einer korrigierten Liste stellt die Hauptsache zu einer auf Zuordnung eines Widerspruchs gerichteten einstweiligen Verfügung dar (Anschluss an OLG Brandenburg, Beschlüsse vom 10. September und 6. November 2012 – 7 U 125/12, juris).

§ 16 Abs. 2 S. 4 GmbHG, § 926 ZPO

Sachverhalt

I.              Die Parteien streiten über die Kosten eines übereinstimmend für erledigt erklärten Aufhebungsverfahrens. Die Antragsgegnerin war ursprünglich alleinige Gesellschafterin der G (im Folgenden “G” oder “Gesellschaft”). Mit einem notariellen Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom 18. Juli 2016 trat sie ihren Geschäftsanteil an der Gesellschaft an die Antragstellerin ab, worauf diese anstelle der Antragsgegnerin in die Gesellschafterliste aufgenommen wurde. In der Folgezeit stritten die Parteien über die Wirksamkeit der Abtretung. Die Antragsgegnerin erwirkte am 18. Januar 2018 bei dem Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung gegen die Antragstellerin, mit der der Gesellschafterliste ein Widerspruch zugeordnet wurde.

Mit einem Beschluss vom 9. März 2018 hat das Landgericht der Antragsgegnerin auf Antrag der Antragstellerin eine Frist von zwei Wochen zur Erhebung einer Klage bei dem Gericht der Hauptsache gesetzt. Dieser Beschluss ist der Antragsgegnerin am 12. März 2018 zugestellt worden. Die Antragstellerin hat hierauf am 23. März 2018 eine Klage beim Landgericht Berlin gegen die G mit dem Antrag eingereicht, die Gesellschaft zu verurteilen, eine korrigierte Gesellschafterliste einzureichen, nach der sie, die Antragsgegnerin, nach wie vor alleinige Gesellschafterin ist. Mit einem Schriftsatz vom 6. Juni 2018 hat die Antragstellerin die Aufhebung der einstweiligen Verfügung nach § 926 Abs. 2 ZPO beantragt und hilfsweise für den Fall, dass der Aufhebungsantrag zurückgewiesen wird oder sich erledigt, Widerspruch erhoben. Aufgrund der Säumnis der Antragsgegnerin in einem auf den 14. Juni 2018 anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung hat das Landgericht mit einem Versäumnisurteil vom gleichen Tag die einstweilige Verfügung aufgehoben und den Antrag auf ihren Erlass zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat gegen das ihr am 5. Juli 2019 zugestellte Versäumnisurteil mit einem am 19. Juli 2019 eingegangen Schriftsatz Einspruch eingelegt, nachdem sie zwischenzeitlich eine weitere, nunmehr gegen die Antragstellerin selbst gerichtete Klage auf Duldung bzw. Zustimmung zur Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste erhoben hatte. In der Folgezeit haben die Parteien dann aufgrund einer außergerichtlichen Vereinbarung sowohl das Aufhebungs- als auch das Widerspruchsverfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens hat das Landgericht mit einem Beschluss vom 28. März 2019 gegeneinander aufgehoben; diejenigen des Aufhebungsverfahrens hat es mit einem weiteren Beschluss vom gleichen Tag der Antragsgegnerin auferlegt. Gegen den zuletzt genannten Beschluss, der ihr am 25. April 2019 zugestellt worden ist, wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer am 9. Mai 2019 eingegangen sofortigen Beschwerde, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.

Aus den Gründen

II.         Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin ist zulässig (1.), hat aber in der Sache keinen Erfolg (2.).

1.         Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 91a Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässig und insbesondere fristgerecht erhoben. Dass die Antragsgegnerin in ihrem Beschwerdeschriftsatz den angefochtenen Beschluss versehentlich mit einem unrichtigen Datum (24. April 2019) bezeichnet hat, steht der Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht entgegen. Denn den weiteren Angaben in dem betreffenden Schriftsatz vom 9. Mai 2019 ist ohne jeden Zweifel zu entnehmen, dass sich das Rechtmittel gegen den Beschluss vom 28. März 2019 richten sollte, mit dem das Landgericht die Kosten der Aufhebungsverfahrens der Antragsgegnerin auferlegt hatte.

2.         Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss die Kosten des Aufhebungsverfahrens zu Recht der Antragsgegnerin auferlegt. Die durch das Landgericht getroffene Kostenentscheidung entspricht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands billigem Ermessen (§ 91a Abs. 1 S. 1 ZPO), weil der von der Antragstellerin gestellte Antrag, die einstweilige Verfügung vom 18. Januar 2018 nach § 926 Abs. 2 ZPO aufzuheben, ursprünglich zulässig und begründet war. Die von der Antragsgegnerin gegen die Gesellschaft erhobene Klage stellt keine Hauptsacheklage im Sinne von § 926 ZPO dar (a.). Die weitere Klage gegen die Antragstellerin vermag eine abweichende Kostenentscheidung ebenfalls nicht zu rechtfertigen, weil sie erst nach Ablauf der der Antragsgegnerin gemäß § 926 Abs. 1 ZPO gesetzten Frist und nach dem Eingang des Aufhebungsantrags erhoben worden ist (b.).

a.         Die Antragsgegnerin hat bis zum Eingang des Aufhebungsantrags eine Klage in der Hauptsache gegen die Antragstellerin nicht erhoben. Die von ihr verfolgte Klage gegen die Gesellschaft auf Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste ist hierfür nicht ausreichend (so in einem vergleichbaren Fall ausdrücklich auch OLG Brandenburg, Beschlüsse vom 10. September und 6. November 2012 – 7 U 125/12, juris).

Eine nach § 926 Abs. 1 ZPO zu erhebende Klage muss den Anspruch betreffen, den der Arrest bzw. die einstweilige Verfügung sichern soll, um zu gewährleisten, dass die Klage auch tatsächlich zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Eilentscheidung führt (BGH, Urteil vom 26. September 2000 – VI ZR 279/99, juris Rn. 12; MüKo/Drescher, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 926 Rn. 13 f.). Bereits im Hinblick auf die subjektiven Grenzen der Rechtskraft ist es deshalb grundsätzlich unabdingbar, dass die Klage von dem Antragsteller des Eilverfahrens gegen den dortigen Antragsgegner erhoben wird. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind allenfalls im Falle einer Rechtsnachfolge oder Prozessstandschaft anzuerkennen, sofern die Rechtskraft des künftigen Urteils auch die Parteien des Eilverfahrens bindet (Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 926 Rn. 15; MüKo/Drescher, a. a. O., § 926 Rn. 15).

Nach diesen Grundsätzen war die von der Antragsgegnerin gegen die Gesellschaft erhobene Klage nicht geeignet, um eine Aufhebung der einstweiligen Verfügung nach § 926 Abs. 2 ZPO abzuwenden, weil es hierfür an der erforderlichen Identität der Parteien fehlt und auch kein Fall der Rechtsnachfolge oder Prozessstandschaft vorliegt. Zwar steht einem zu Unrecht nicht in die Gesellschafterliste eingetragenen Gesellschafter einer GmbH auch gegen die Gesellschaft ein Anspruch auf Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste zu, den er im Wege einer Leistungsklage geltend machen kann (Senat, Beschluss vom 10. Juli 2019 – 2 W 16/19, juris Rn. 9 m. w. N.). Daneben besteht jedoch auch ein Berichtigungsanspruch gegen den zu Unrecht eingetragenen Scheingesellschafter, der vom Gesetz offenbar vorausgesetzt wird, wie sich daran zeigt, dass seine Bewilligung die Erwirkung einer einstweiligen Verfügung nach § 16 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG überflüssig machen soll (MüKo/Drescher, a. a. O., § 935 Rn. 54; Lieder, GmbHR 2016, 189 [194]). Dieser Anspruch und nicht der gegen die Gesellschaft gerichtete Anspruch auf Einreichung einer korrigierten Liste stellt damit die Hauptsache zu einer auf Zuordnung eines Widerspruchs gerichteten einstweiligen Verfügung dar (so auch OLG Brandenburg, Beschlüsse vom 10. September und 6. November 2012 – 7 U 125/12, juris).

b.         Der Umstand, dass die Antragsgegnerin während des bereits anhängigen Aufhebungsverfahrens nachträglich eine weitere Klage gegen die Antragstellerin auf Duldung bzw. Zustimmung zur Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste erhoben hat, rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Zwar ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Wahrung der Frist nach § 926 Abs. 1 ZPO der Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz im Aufhebungsverfahren, so dass die Klagerhebung grundsätzlich noch während des laufenden Aufhebungsverfahrens nachgeholt werden kann (OLG Frankfurt, Beschluss vom 29. Januar 1987 – 6 U 33/86, juris; Zöller/Vollkommer, ZPO, 32. Auf. 2018, § 926 Rn. 33). Wird das Verfahren hierauf jedoch übereinstimmend für erledigt erklärt, entspricht es nach § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO billigem Ermessen die Kosten des Verfahrens dem Gläubiger und Antragsgegner aufzuerlegen, weil sich das Aufhebungsverfahren durch sein Verhalten nachträglich erledigt hat (OLG Frankfurt, Beschluss vom 17. Dezember 2004 – 21 W 42/04, Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 926 Rn. 26).

3.         Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung eines Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren nach § 63 GKG ist nicht angezeigt, weil sich die anfallenden Gerichtsgebühren nicht nach dem Streitwert richten, sondern hierfür gemäß Nr. 1810 GKG-KV ein Festbetrag von 90 Euro vorgesehen ist.

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