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Wirtschaftsrecht
05.08.2013
Wirtschaftsrecht
KG Berlin: Handelsregistereintragung - Anforderungen an die Kennzeichnung einer neuen Firma

KG Berlin, Beschluss vom 23.12.2012 - 12 W 51/13


Leitsatz


Die Firma einer GmbH genügt dann nicht den Erfordernissen des § 18 HGB hinsichtlich der Kennzeichnung und den Anforderungen des § 30 HGB bezüglich der Unterscheidbarkeit von Firmen am gleichen Ort, wenn sie nur aus Ziffern und dem Rechtsformzusatz besteht.


Aus den Gründen


A.         Die durch Gesellschaftsvertrag vom 23. Februar 2012 gegründete Beteiligte wurde am selben Tag beim Amtsgericht Charlottenburg zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet. Das Stammkapital wurde mit 25.000 € festgesetzt. Der Alleingesellschafter und Geschäftsführer  R übernahm den einzigen Anteil.


Mit formloser Verfügung vom 27. März 2012 wies das Registergericht die Beteiligte darauf hin, dass einer nur aus zwei Ziffern bestehenden Firma keine hinreichende Unterscheidungskraft zukomme. In einer vom Amtsgericht Charlottenburg eingeholten Stellungnahme vom 16. Mai 2012 (Bl. 33 d. A.) vertrat die IHK Berlin ebenfalls die Ansicht, die von der Beteiligten beabsichtigte Firma sei nicht ausreichend kennzeichnungsfähig. Eine exklusive Verwendung von Zahlen als Firmenbestandteil sei im gesamtwirtschaftlichen Interesse nicht vertretbar. Die Markeneintragung ändere nichts, da es sich um eine Wort-Bild-Marke handele, die die erforderliche Unterscheidungskraft nur durch die besondere Darstellung erlange.


In einer auf Wunsch der Beteiligten vom Amtsgericht Charlottenburg am 09. August 2012 erlassenen Zwischenverfügung bekräftigte dieses unter Bezug auf die IHK-Stellungnahme seine Auffassung, nach der es der Firma an einer deutlichen (abstrakten) Unterscheidbarkeit fehle.


Gegen die ihr am 10. August 2012 zugestellte Zwischenverfügung hat die Beteiligte mit beim Registergericht am 19. September 2012 per Fax eingegangenem Schreiben Beschwerde eingelegt. Das Kammergericht hat diese Beschwerde durch Beschluss vom 11. Dezember 2012 als unzulässig verworfen. Der Senat hatte in einem vorherigen Schreiben vom 30. Oktober 2012 die Beteiligte u.a. auch darauf hingewiesen, dass die gewählte Firma nicht den Anforderungen an eine Kennzeichnungsgeeignetheit und Unterscheidbarkeit gemäß §§ 18, 30 Abs. 1 HGB entspreche.


Auf eine Anfrage des Amtsgerichts Charlottenburg vom 17. Januar 2013 unter Bezugnahme auf die Auffassung des Kammergerichts, ob nunmehr die Zurückweisung der Firmenanmeldung erfolgen solle, reagierte die Beteiligte nicht. Das Registergericht wies daraufhin mit Beschluss vom 16. Februar 2013 die Anmeldung vom 23. Februar 2012 auf Eintragung der Gesellschaft zurück.


Gegen den ihr am 18. Februar 2013 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte durch ihren Geschäftsführer am 18. März 2013 zur Niederschrift der Rechtsantragstelle des Amtsgerichts Charlottenburg Beschwerde eingelegt. Zur Begründung nahm sie auf ihre Schreiben aus dem vorherigen Verfahren zur Zwischenverfügung - 12 W 104/12 - Bezug. Die Unterscheidbarkeit der Firma sei gewahrt. Das Publikum sei nicht so primitiv, nicht eine Zahl von einer anderen unterscheiden zu können. Es sei zwar entwürdigend, Kinder mit Zahlen zu benennen. Dies gelte aber nicht für Unternehmen. Im Übrigen werde aus der Kombination von Zahl und Gesellschaftszusatz klar, um was es sich handele. Ergänzend trägt die Beteiligte vor, der zur Wahl eines anderen Gesellschaftsnamens gesetzte Zeitraum von zwei Wochen sei - besonders im Hinblick auf die einer juristischen Person zustehenden Grundrechte - unangemessen kurz. Auf die Beschwerdebegründung (Bl. 58 f. d. A.) wird Bezug genommen.


Das Amtsgericht Charlottenburg hat der Beschwerde mit Beschluss vom 19. April 2013 nicht abgeholfen.


B.         Die Beschwerde hat keinen Erfolg.


I. Die Beschwerde ist zulässig.


Die Beschwerde ist statthaft und nach §§ 63, 64 FamFG form- und fristgemäß eingelegt sowie gemäß § 65 FamFG ordnungsgemäß begründet worden. Zwar hat sich der Geschäftsführer der Beteiligten in der Beschwerde selbst als Antragsteller bezeichnet und die Beschwerde eingelegt, ohne kenntlich zu machen, ob er das Rechtsmittel als Geschäftsführer oder als "Antragsteller" einlegen wollte. Eine Auslegung der Erklärung gemäß §§ 133, 157 BGB legt jedoch nahe, dass der Geschäftsführer hier für die Beteiligte handeln wollte. Die Beteiligte besitzt auch die notwendige Beschwerdeberechtigung i.S.d. § 59 FamFG, weil die Vorgesellschaft bereits ein eigenständiges, von ihren Gründern und Gesellschaftern verschiedenes Rechtsgebilde mit eigenen Rechten und Pflichten darstellt (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 17. Aufl. 2011, § 59 Rn. 86).


II. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.


Die angemeldete Firma der Beteiligten genügt nicht den Erfordernissen des § 18 HGB hinsichtlich Kennzeichnung und Unterscheidungskraft und weist nicht die erforderliche deutliche Unterscheidbarkeit zu Firmen am gleichen Ort im Sinne des § 30 HGB auf. Anders als die unter Umständen zulässige Kombination von Buchstaben und Zahlen als Firma ist allein die Verwendung einer Zahl mit Rechtsformzusatz - hier 23 GmbH - keine ausreichende Kennzeichnung mit hinreichender Unterscheidungskraft.


Der Senat hat zu der Verwendung von Buchstaben und Zahlen als Firma bereits in dem Beschluss vom 15. Oktober 2012 (12 W 48/12) folgende Ausführungen gemacht:


In der handelsrechtlichen Literatur zu § 18 HGB werden Zahlen in Verbindung mit einem Wort oder einer Buchstabenfolge weitgehend als kennzeichnungsgeeignet angesehen (Röhricht/Graf von Westphalen/Ammon/Ries, HGB, 3. Aufl. 2008, § 18 Rn. 15; MK-HGB/Heidinger, 3. Aufl. 2010,  § 18 Rn. 22), wobei zum Teil davon ausgegangen wird, dass dies sowohl für Zahlen in Buchstaben- als auch in Ziffernschreibweise gilt (Röhricht/Graf von Westphalen/Ammon/Ries, a.a.O., § 18 Rn. 14; a.A. noch für die Buchstabenschreibweise: OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.11.1976, 20 W 910/76, bei Kreimer, Anmerkung zu AG Frankfurt, Beschluss vom 14.07,1980, 71 AR 713/80 in: Rpfleger 1980, 388). Der Bundesgerichtshof hat schlichte Buchstabenkombinationen als ausreichend kennzeichnungs- und unterscheidungsfähig anerkannt, auch wenn diese nicht als Wort aussprechbar sind (vgl. BGH, Beschluss vom 08.12.2008, II ZB 46/07, zitiert nach juris). Danach genügt eine Firmenbezeichnung, die sich aus einer Phantasiebezeichnung und einer Zahlenziffer zusammensetzt, den Anforderungen an Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft im Sinne des § 18 HGB, selbst dann, wenn sie sich nur durch die Ziffer von anderen Firmen mit gleicher Phantasiebezeichnung unterscheidet; eine Irreführung im Sinne des § 18 Abs. 2 HGB ist nicht ersichtlich.


Gemäß § 30 Abs. 1 HGB muss sich jede neue Firma auch von allen in derselben Gemeinde bereits bestehenden und in das Handelsregister eingetragenen Firmen deutlich unterscheiden, also gegenüber § 18 HGB weitere Anforderungen hinsichtlich der Deutlichkeit der Unterscheidbarkeit in Bezug auf am gleichen Ort eingetragene Firmen erfüllen. Dabei dient die Vorschrift des § 30 HGB dem Schutz des Publikums (BGH, Beschl. v. 14.07.1966, II ZB 4/66, BGHZ 46, 7, zitiert nach juris Rn. 21 f.; KG, Beschl. v. 08.02.1991, OLGZ 1991, 396, 402 m.w.N.; Staub/ Burghard, HGB, 5. Aufl. 2009, § 30 Rn. 29). Deshalb ist bei der Beurteilung der Unterscheidbarkeit auf die Verkehrsauffassung des gesamten Rechtsverkehrs und nicht lediglich auf die der konkret beteiligten Verkehrskreise abzustellen, und zwar auf das Verständnis eines durchschnittlich versierten Teilnehmers am Rechtsverkehr (Oetker/ Schlinghoff, HGB, 2. Aufl. 2011, § 30 Rn. 9; Heidel/Schall/Ammon, HGB, 2011, § 30 Rn. 7).  Bei der Prüfung ist auf die oberflächliche Art des großen Publikums, eine Firmenbezeichnung zu lesen, sie sich einzuprägen und sich ihrer zu bedienen, Rücksicht zu nehmen (KG, a.a.O.). Ob eine solche Unterscheidbarkeit vorliegt, ist nach dem Gesamteindruck der jeweiligen Firma unter Berücksichtigung des Wortbildes, Wortklanges und Wortsinns zu beurteilen (KG a.a.O., S. 401; Staub/Burghard, a.a.O.). Dabei genügt die Beifügung von Zahlen zu einem weiteren Namensbestandteil - z.B. einer Phantasiebezeichnung - den Erfordernissen des § 30 HGB. Auch im Marken- und Wettbewerbsrecht ist die Verwendung von Zahlen als Unterscheidungsmerkmal grundsätzlich zulässig (vgl. § 3 MarkenG) und bereits in Einzelfällen Gegenstand von Entscheidungen gewesen (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom  27.11. 2003, I ZR 79/01, der eine Verwechslungsgefahr zwischen "Telekom" und "01051 Telecom" verneint hat; BGH, Beschluss vom 18.04.2002, I ZB 22/99; OLG Köln, Urt. v. 25.11.2005, 6 U 77/05, zu einer geringen Ähnlichkeit auch ziffernmäßig nebeneinander liegender Zahlen). In der allgemeinen Verkehrsauffassung ist auch in jüngerer Zeit eine Gewöhnung an etablierte Buchstaben- und Zahlenkombinationen erkennbar, wie z.B. in Bezeichnungen wie SAT 1, 3 Sat, tm 3 oder O 2.


Unter Berücksichtigung der auch für diesen Fall gültigen vorstehenden Erwägungen ist die bloße Verwendung von Zahlen kein hinreichendes Kennzeichnungs- und Unterscheidungskriterium, weil die Zahl allein nicht hinreichend individualisierend sondern beliebig wirkt und das durchschnittliche Publikum der Zahl ohne Zusätze auch heutzutage nicht die nötige firmenrechtliche Unterscheidbarkeit beizumessen vermag. Der Rechtsformzusatz "GmbH" ist für sich genommen kein hinreichendes Kriterium für die notwendige Unterscheidbarkeit (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl. 2012, § 30 Rn. 5), weil er nach der allgemeinen Verkehrsanschauung an dem Klangbild, das sich in Auge und Ohr einprägt, nicht teilnimmt (BGH, Beschluss v. 14.07.1966, II ZB 4/66, BGHZ 46, 12, zitiert nach juris, Rn. 24). Die Markeneignung allein, wie die von der Beteiligten beispielhaft angeführte Marke "4711", kann die nötigen Anforderungen an Kennzeichnung und Unterscheidung im Firmenrecht nicht ersetzen, so dass auch die offenbar erfolgte Markeneintragung (vgl. Stellungnahme der IHK vom 16. Mai 2012) eine andere Beurteilung nicht rechtfertigt.


Schließlich ist nicht ersichtlich, dass die vom Amtsgericht Charlottenburg mit Verfügung vom 17. Januar 2013 gesetzte Zwei-Wochen-Frist zur Mitteilung, ob eine Firmenänderung erfolgen solle, die Beteiligte in ihren Grundrechten verletzen würde. Der Beteiligten war bereits seit dem ersten Hinweis des Amtsgerichts Charlottenburg vom 27. März 2012 - wiederholt mit Verfügung vom 01. Juni 2012 bei gleichzeitiger Übersendung des entsprechenden Gutachtens der IHK vom 16. Mai 2012 - klar, dass die angemeldete Firma rechtlichen Bedenken begegnet, wie dies auch durch den Hinweis des Senats im Vorverfahren vom 30. Oktober 2012 bestätigt wurde. Es bestand mithin ausreichend Zeit, eine andere Firma zu wählen oder - wenn eine Firmenänderung beabsichtigt gewesen wäre - um eine nötige Fristverlängerung zu deren Beibringung zu ersuchen. Über diese verfahrensrechtlichen Grundsätze hinaus kann die Beteiligte für eine nicht eintragungsfähige Firma keinen weiteren Schutz beanspruchen.


C.         Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 2 KostO.

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