OLG Düsseldorf: Handelsregisteranmeldung einer neu errichteten Gesellschaft
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.3.2016 – I-3 Wx 54/16
Volltext: BB-ONLINE BBL2016-1282-5
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Leitsätze
1. Beseitigt die Gesellschaft das vom Registergericht zum Gegenstand einer Zwischenverfügung gemachte Eintragungshindernis, indem sie nach Einreichung der Akten beim Beschwerdegericht die als fehlend monierte Urkunde zum Nachweis der Bevollmächtigung des Gründungsgesellschafters durch die weiteren Gesellschafter nachgereicht, so eröffnet § 81 FamFG bei der nach Erledigung der Hauptsache allein noch zu treffenden Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdegericht regelmäßig die Möglichkeit, von der Erhebung der Gerichtskosten (ganz oder teilweise) abzusehen, „wenn es nach dem Verlauf oder dem Ausgang des Verfahrens unbillig erscheint, den Beteiligten mit den Gerichtskosten des Verfahrens zu belasten“, was anzunehmen ist, sofern – wie hier – die angefochtene Zwischenverfügung des Registergerichts im Beschwerdeverfahren aller Voraussicht nach keinen Bestand gehabt hätte und anderweitige Billigkeitsgesichtspunkte, die in die zu treffende Ermessensentscheidung hätten einfließen können, nicht ersichtlich sind. (Rn.6)
2. Zum Nachweis der rechtsgeschäftlichen Vertretungsbefugnis des Gründungsgesellschafters bei der Anmeldung der neu errichteten Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister ist eine vom Notar ausgestellte Bescheinigung über die ordnungsgemäße Bevollmächtigung des Gründungsgesellschafters gemäß § 21 Abs. 3 BNotO ausreichend und muss eine Vollmachtsurkunde der übrigen Gesellschafter dem Eintragungsantrag nicht beigefügt sein.(Rn.7)
3. Die außergerichtlichen Kosten der neu errichteten Gesellschaft im Beschwerdeverfahren über deren Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister können (nach Erledigung) nicht der Staatskasse auferlegt werden.(Rn.16)
§ 58 Abs 1 FamFG, § 59 Abs 2 FamFG, § 63 Abs 1 FamFG, § 63 Abs 3 S 1 FamFG, § 64 Abs 1 FamFG, § 64 Abs 2 FamFG, § 81 FamFG, § 83 Abs 2 Alt 1 FamFG, § 382 Abs 4 S 2 FamFG, § 21 Abs 3 BNotO, § 12 Abs 1 S 3 HGB
Aus den Gründen
I.
Die Beteiligte wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 21. Dezember 2015 gegründet. Zur notariellen Beurkundung des Gesellschaftsvertrages erschien nur einer der insgesamt vier Gesellschafter, der daher bei der Errichtung der Gesellschaft nicht nur im eigenen Namen, sondern zugleich auch namens und in Vollmacht seiner drei Mitgesellschafter handelte. Der beurkundende Notar überzeugte sich durch Einsicht in die rechtsgeschäftliche Vollmachtsurkunde von der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung des Gründungsgesellschafters und stellte hierüber eine Bescheinigung aus. Die Vertretungsbefugnis umfasste auch die Anmeldung der neu errichteten Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister. Den erforderlichen Antrag stellte der Gründungsgesellschafter ebenfalls noch am 21. Dezember 2015 beim Amtsgericht – Registergericht – in Düsseldorf.
Mit Zwischenverfügung vom 11. Februar 2016 hat das Registergericht die Beteiligte dahingehend beschieden, dass der Anmeldung noch nicht entsprochen werden könne, da die ordnungsgemäße Bevollmächtigung des Gründungsgesellschafters durch die weiteren Gesellschafter nicht durch Vorlage einer entsprechenden Vollmachtsurkunde nachgewiesen worden sei. Die stattdessen vorgelegte Bescheinigung des beurkundenden Notars, in der dieser bestätigte, dass er sich von der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung aufgrund Einsicht in die zugrundeliegende Vollmachtsurkunde überzeugt hatte, reiche insoweit als Nachweis nicht aus.
Hiergegen hat sich die Beteiligte mit ihrer Beschwerde vom 16. Februar 2016 gewandt, mit der sie ihr Ziel der antragsgemäßen Eintragung in das Handelsregister unverändert weiterverfolgt hat. Das Registergericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Nach Eingang der Akten beim Beschwerdegericht hat die Beteiligte das vom Registergericht gesehene Eintragungshindernis beseitigt, indem sie die Vollmachtsurkunde zum Nachweis der Vertretungsberechtigung des Gründungsgesellschafters nachgereicht hat. Auf den Hinweis des Senats, dass mit der Vorlage der Vollmachtsurkunde Erledigung eingetreten sein dürfte, hat die Beteiligte das Beschwerdeverfahren für erledigt erklärt und beantragt, die Kosten der Staatskasse aufzuerlegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Über die gemäß §§ 382 Abs. 4 Satz 2, 58 Abs. 1 FamFG statthafte und nach Maßgabe der §§ 59 Abs. 2, 63 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Beteiligten vom 16. Februar 2016 gegen die Zwischenverfügung des Registergerichts vom 11. Februar 2016 war in der Sache nicht mehr zu entscheiden, nachdem die Beteiligte das Beschwerdeverfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt hat. Zu entscheiden war daher nur noch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Das führte zu dem Ergebnis, dass von der Erhebung von Gerichtskosten abzusehen ist. Im Übrigen war der Antrag, die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Staatskasse aufzuerlegen, zurückzuweisen.
1.
Gemäß § 83 Abs. 2 Alt. 1 FamFG richtet sich die Kostenentscheidung in Fällen, in denen sich das Verfahren auf andere Weise als durch Vergleich erledigt hat, auch dann, wenn die Erledigung - wie hier - erst während des Beschwerdeverfahrens eingetreten ist, nicht nach § 84 FamFG, sondern ist nach Maßgabe des § 81 FamFG vorzunehmen (vgl. Keidel-Zimmermann, FamFG, 17. Auflage 2011, § 84 FamFG Rn. 28 m.w.N.). § 81 FamFG eröffnet dem Beschwerdegericht die Möglichkeit, die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder teilweise aufzuerlegen. Dabei kann das Beschwerdegericht gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG in seiner Kostenentscheidung auch anordnen, dass von der Erhebung der Gerichtskosten (ganz oder teilweise) abzusehen ist. Eine solche Anordnung kommt nach der Gesetzesbegründung regelmäßig dann in Betracht, „wenn es nach dem Verlauf oder dem Ausgang des Verfahrens unbillig erscheint, den Beteiligten mit den Gerichtskosten des Verfahrens zu belasten“ (vgl. den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit [FGG-Reformgesetz] vom 7. September 2007, BT-Drs. 16/6308, S. 215). Das ist vorliegend der Fall, da die angefochtene Zwischenverfügung des Registergerichts im Beschwerdeverfahren aller Voraussicht nach keinen Bestand gehabt hätte und anderweitige Billigkeitsgesichtspunkte, die in die zu treffende Ermessensentscheidung hätten einfließen können, nicht ersichtlich sind.
Das Amtsgericht hat dem Eintragungsantrag der Beteiligten zu Unrecht mit der Begründung nicht entsprochen, die rechtsgeschäftliche Vertretungsbefugnis des Gründungsgesellschafters sei nicht ordnungsgemäß nachgewiesen worden. Zwar hat die Beteiligte ihrem Eintragungsantrag die entsprechende Vollmachtsurkunde der übrigen Gesellschafter nicht beigefügt. Das war indessen entgegen der vom Amtsgericht vertretenen Rechtsansicht auch nicht erforderlich. Vielmehr war die vom beurkundenden Notar ausgestellte Bescheinigung über die Bevollmächtigung des Gründungsgesellschafters gemäß § 21 Abs. 3 BNotO insoweit ausreichend.
Durch die Neufassung des § 21 BNotO in Art. 3 des Gesetzes zur Übertragung von Aufgaben im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit auf Notare vom 26. Juni 2013 (vgl. BGBl. I 2013, S. 1800) hat der Gesetzgeber die zuvor geltende Rechtslage, wonach eine notarielle Bescheinigung gemäß § 21 BNotO nur dann als Nachweis einer Vertretungsberechtigung genügte, wenn diese sich aus einer Eintragung im Handelsregister oder in einem ähnlichen Register ergab, auf die Fälle des Nachweises rechtsgeschäftlicher Vertretungsberechtigungen auszudehnen beabsichtigt. Das ist der Gesetzesbegründung eindeutig zu entnehmen:
„Für Vertretungsberechtigungen, die sich aus einer Eintragung im Handelsregister oder in einem ähnlichen Register ergeben, kann dagegen eine notarielle Bescheinigung nach § 21 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der Bundesnotarordnung (BnotO) ausgestellt werden, die die gleiche Beweiskraft wie ein Zeugnis des Registergerichts hat. Diese Bescheinigung genügt bei Eintragungen im Grundbuch als Nachweis der Befugnis zur Vertretung einer offenen Handelsgesellschaft, einer Partnerschaftsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (§ 32 Absatz 1 der Grundbuchordnung - GBO).
Durch den Gesetzentwurf wird die Möglichkeit geschaffen, auch Vollmachten durch eine notarielle Bescheinigung nachzuweisen.
[...].
Der Gesetzentwurf sieht eine Zulassung notarieller Vollmachtsbescheinigungen für Eintragungen in das Grundbuch, das Handelsregister sowie über den Verweis in § 5 Absatz 2 des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes (PartGG) für Eintragungen in das Partnerschaftsregister vor“ (vgl. BT-Drs. 17/1469, S. 14).
Dementsprechend hat etwa das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen für den Bereich der Eintragungen in das Grundbuch bereits entschieden, dass gemäß § 34 GBO auch die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht durch eine notarielle Bescheinigung gemäß § 21 Abs. 3 BnotO nachgewiesen kann, weil die mit Unterschrift und Siegel des Notars versehene Bescheinigung einer rechtsgeschäftlich erteilten Vertretungsmacht den erforderlichen Vertretungsnachweis ebenso erbringt wie die Bescheinigung einer sich aus einem Register ergebenden Vertretungsberechtigung (vgl. OLG Bremen NJW-RR 2014, 136). Dieser Ansicht folgt zudem auch Lerch, der - anders als das Registergericht meint - keineswegs fordert, dass die rechtsgeschäftliche Erteilung einer Vertretungsberechtigung stets durch Vorlage der entsprechenden Vollmacht zu belegen ist, sondern gerade umgekehrt ebenso wie das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen ausführt, dass eine durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht beim Grundbuchamt auch durch eine vom Notar ausgestellte Bescheinigung nachgewiesen werden kann (vgl. Lerch, Beurkundungsgesetz, Dienstordnung und Richtlinienempfehlungen der BNotK, 5. Auflage 2016, § 12 BeurkG Rn. 8).
Nichts anderes gilt indessen auch für Eintragungen in das Handelsregister, da § 12 Abs. 1 Satz 3 HGB in der aufgrund des Gesetzes zur Übertragung von Aufgaben im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit auf Notare vom 26. Juni 2013 seit dem 1. September 2013 gültigen Fassung ausdrücklich bestimmt, dass anstelle der Vollmachtsurkunde auch die Bescheinigung eines Notars nach § 21 Abs. 3 BNotO zum Nachweis des Bestehens rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht eingereicht werden kann (so auch Röhricht/Graf von Westphalen/Haas - Ries, Handelsgesetzbuch, 4. Auflage 2014, § 12 HGB Rn. 10a).
Dem steht entgegen der vom Amtsgericht geäußerten Rechtsansicht § 12 BeurkG schon deshalb nicht entgegen, weil darin nicht die Voraussetzungen für eine Eintragung im Handelsregister, sondern lediglich bestimmte Pflichten des Notars geregelt werden. Zudem ist § 12 BeurkG - worauf die Beteiligte mit Recht hingewiesen hat - als Sollvorschrift ausgestaltet, so dass sich etwaige Verstöße nicht auf die Wirksamkeit einer Beurkundung auswirken können. Dann aber hat es auch keinerlei Auswirkungen auf die Voraussetzungen für eine Eintragung in das Handelsregister, wie sie in § 12 HGB geregelt worden sind, wenn ein beurkundender Notar seiner Niederschrift entgegen § 12 Satz 1 BeurkG die ihm zu Nachweis des Bestehens einer rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht vorgelegte Vollmacht nicht in Urschrift oder in beglaubigter Abschrift beifügt.
2.
Die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten waren hingegen nicht der Staatskasse aufzuerlegen, da das Gesetz eine solche Kostenfolge nicht vorsieht.
Zwar können die Kosten des Verfahrens gemäß § 81 Abs. 1 und 2 FamFG unter bestimmten Voraussetzungen ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegt werden. Die Staatskasse ist jedoch nicht Beteiligter des Verfahrens (§ 7 FamFG; vgl. Keidel-Zimmermann, a.a.O., § 81 FamFG Rn. 73).
Darüber hinaus eröffnet § 81 Abs. 4 FamFG zwar die Möglichkeit, auch einem Dritten, d.h. einem nicht am Verfahren Beteiligten, unter bestimmten Voraussetzungen Kosten aufzuerlegen. Aus der für bestimmte Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit getroffenen ausdrücklichen Regelung zur Tragung der Kosten durch die Staatskasse in § 307 oder § 337 FamFG folgt jedoch, dass in den nicht geregelten Bereichen eine Kostenerstattung durch die Staatskasse generell nicht möglich sein soll. Denn eine Kostenerstattung ist im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit- anders als im Zivilprozess - keineswegs die Regel. Das gilt insbesondere dann, wenn es sich - wie hier - um ein Verfahren handelt, an dem nicht mehr als eine Person beteiligt ist (vgl. Keidel-Zimmermann, a.a.O., § 81 FamFG Rn. 28). Dass der Gesetzgeber mit § 81 Abs. 4 FamFG unter den dortigen Voraussetzungen eine allgemeine Erstattungsvorschrift zulasten der Staatskasse einführen wollte, ist nicht ersichtlich. Eine ungewollte Regelungslücke, die durch eine analoge Anwendung von § 81 Abs. 1 oder Abs. 4 FamFG geschlossen werden müsste, liegt deshalb nicht vor. (vgl. OLG München, Beschluss vom 6. Juni 2013, Az.: 34 Wx 360/12; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 11. November 2013, Az. 3 W 35/12, jeweils zitiert nach juris).
3.
Ein Anlass für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 S. 1 FamFG besteht nicht.
Die Wertfestsetzung findet ihre Grundlage in § 86 Abs. 3 Buchst. GNotKG.