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Wirtschaftsrecht
24.10.2019
Wirtschaftsrecht
OLG München: Haftung eines faktischen Geschäftsführers analog § 64 S. 1 GmbHG

OLG München, Urteil vom 17.7.20197 U 2463/18

Volltext des Urteils: BB-ONLINE BBL2019-2580-1

Sachverhalt

A.

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche des Klägers gegen den Beklagten aus einer behaupteten faktischen Geschäftsführung des Beklagten.

Mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 27.09.2012, Az. 1506 IN 2551/12 und 1506 IN 2552/12 (Anl. K 4), wurde aufgrund eines Insolvenzantrags der AOK vom 22.06.2012 sowie eines Eigenantrags vom 25.06.2012 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der O.T. Company GmbH (im Folgenden als Insolvenzschuldnerin bezeichnet) eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

Einzelvertretungsberechtigter alleiniger Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin, deren Geschäftszweck der Handel mit Non-Food-Artikeln war, war bis zur Niederlegung des Geschäftsführeramts am 16.02.2012 Herr Hans Georg Rieche.

Der Beklagte war Angestellter der Insolvenzschuldnerin mit einem zwischen den Parteien streitigen Tätigkeitsbereich und -umfang.

Die Nebenintervenientin ist eine Versicherungsgesellschaft, mit der die Insolvenzschuldnerin 2009 einen D & O-Versicherungsvertrag für Organe juristischer Personen geschlossen hatte (Anl. NV 1 und 2), wobei versicherte Personen laut Ziffer I. 2.1 des Versicherungsvertrages laut Anl. NV 2 auch die „faktischen Mitglieder der Leitungsorgane (z.B. Vorstand, Geschäftsführung)“ waren.

Zumindest ab 01.11.2011 war die Insolvenzschuldnerin zahlungsunfähig und überschuldet.

Im Zeitraum vom 01.11.2011 bis 01.06.2011 wurden Zahlungen in Höhe von insgesamt 426.367,68 € entsprechend der Aufstellung der einzelnen Zahlungen laut Anl. K 3 seitens des Beklagten im Namen der Schuldnerin geleistet.

Der Kläger behauptet, der Beklagte sei zumindest im streitgegenständlichen Zeitraum faktischer Geschäftsführer gewesen; bis zum Ausscheiden des Geschäftsführers R. am 16.02.2012 neben diesem, sodann allein. Der Beklagte hafte deshalb nach § 64 GmbHG in Höhe der von ihm im Zeitraum vom 01.11.2011 bis 01.06.2012 vorgenommenen Zahlungen auf Schadensersatz. Der Beklagte sei nämlich im Außenverhältnis als Geschäftsführer aufgetreten und habe über zentrale Steuerungsgewalt in allen Bereichen der Schuldnerin verfügt.

Mit Klageschrift vom 10.09.2015 (Bl. 7/12 d.A.) beantragte der Kläger, den Beklagten zur Zahlung von 426.367,68 € an ihn als Insolvenzverwalter zu verurteilen. Aufgrund eines zeitgleich gestellten Antrags des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (Bl. 1/6 d.A.) wurde mit richterlicher Verfügung vom 02.10.2015 (Bl. 13 d.A.) eine formlose Übersendung der Klageschrift an den Beklagten mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zum Prozesskostenhilfeantrag veranlasst (Bl. 13 d.A.). Die Übersendung erfolgte an die in der Klageanschrift als Anschrift angegebene Adresse des Beklagten in München (L.str. 21).

Der Beklagte nahm mit Telefax vom 20.10.2015 (Bl. 17 d.A.) zum Prozesskostenantrag Stellung und teilte mit, dass er nicht mehr an der angegebenen Anschrift wohne, ohne allerdings seine neue Adresse mitzuteilen.

Ein am 12.11.2015 unternommener Versuch, nach antragsgemäßer Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Kläger die Klageschrift unter der dort angegebenen Anschrift in München an den Beklagten zuzustellen, scheiterte, da der Beklagte nach Feststellung des Zustellers dort nicht mehr wohnte (Bl. 24 d.A.). Mit Beschluss des Landgerichts München I vom 02.03.2016 (Bl. 36/38 d.A.) wurde daraufhin die öffentliche Zustellung der Klageschrift sowie einer gerichtlichen Verfügung vom 03.11.2015 nach § 276 ZPO angeordnet und auch ausgeführt.

Da der Beklagte keine Verteidigungsanzeige übermittelte, erließ das Landgericht München I am 31.05.2016 gegen den Beklagten ein Versäumnisurteil (Az. 41 O 16423/15), mit dem dieser entsprechend des Klageantrags zur Zahlung von 426.367,68 € an den Kläger verurteilt wurde (Bl. 41/43 d.A.). Die mit Beschluss des Landgerichts München I vom 02.06.2016 (Bl. 44/45 d.A.) angeordnete öffentliche Zustellung wurde am 07.07.2016 bewirkt (Bl. Zu 45 d.A.).

Gegen das Versäumnisurteil vom 31.05.2016 legte die Nebenintervenientin mit Schriftsatz vom 30.09.2016, eingegangen bei Gericht am selben Tag (Bl. 49/53 d.A.), Einspruch ein.

Der Kläger beantragte,

den Einspruch als unzulässig zu verwerfen.

Die Nebenintervenientin beantragte,

unter Aufhebung des Versäumnisurteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Nebenintervenientin erhob die Einrede der Verjährung und erwiderte im Übrigen, dass der Beklagte nicht faktischer Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin gewesen sei. Er habe mit der Insolvenzschuldnerin lediglich einen Vertrag für geringfügige Marketingtätigkeiten geschlossen, für die er eine Zeit lang monatlich 1.500,00 € erhalten habe.

Das Landgericht München I hob mit Endurteil vom 22.06.2018, Az. 41 O 16423/15, sein Versäumnisurteil vom 31.05.2016 auf und wies die Klage ab, da die Ansprüche des Klägers verjährt seien (Bl. 125/138 d.A.).

Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Endurteils wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen.

Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung sein erstinstanzliches Klageziel vollumfänglich weiter, da das Landgericht zu Unrecht von einer Verjährung der klägerischen Ansprüche ausgegangen sei.

Er beantragt daher:

Der Beklagte wird, unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts München [sic] - Az. 41 O 16423/15 - vom 22.06.2018, verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 426.367,68 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.09.2013 zu zahlen.

Die Nebenintervenientin beantragt,

die Zurückweisung der Berufung.

Der Senat wies den Kläger mit Beschluss vom 14.01.2019 (dort S. 5, Bl. 197 d.A.) darauf hin, „dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte, weil unabhängig von der Frage der Verjährung die Darlegungen zur Stellung des Beklagten als faktischer Geschäftsführer gänzlich unzureichend“ seien. Im Nachgang zu diesem Hinweis erfolgte ein Anruf des Klägervertreters beim Senatsvorsitzenden.

Der Senat hat am 17.07.2019 mündlich verhandelt. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.07.2019, die zwischen den Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze und den Übrigen Akteninhalt wird Bezug genommen.

Aus den Gründen

B.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet, da das Landgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat. Zwar sind die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht verjährt, jedoch bestehen Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten weder nach § 64 S. 1 GmbHG noch nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 15a InsO analog.

I.

Der Einspruch der Nebenintervenientin ist zulässig. Das Landgericht konnte das Versäumnisurteil vom 31.05.2016 auf den Einspruch der Nebenintervenientin vom 30.09.2016 (Bl. 49/53 d.A.), eingegangen beim Landgericht München I am selben Tag, hin aufheben, da die im Versäumnisurteil auf drei Wochen festgesetzte Einspruchsfrist durch die mit Beschluss des Landgerichts vom 06.06.2016 (Bl. 44/45 d.A.) angeordnete und durch Aushang gemäß § 186 Abs. 2 S. 1 ZPO im Zeitraum vom 07.06.2016 bis 08.07.2016 durchgeführte (vgl. zu Bl. 44/45 d.A.) öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils an den Beklagten nicht in Lauf gesetzt wurde. Denn die Zustellung war fehlerhaft, weil die Voraussetzungen des § 185 Nr. 1 ZPO für eine öffentliche Zustellung erkennbar nicht vorlagen. Der Aufenthalt des Beklagten war nämlich zum Zeitpunkt der Anordnung der öffentlichen Zustellung nicht „unbekannt“ iSd. § 185 Nr. 1 ZPO. Unbekannt iSd. § 185 Nr. 1 ZPO ist der Aufenthalt nur, wenn er nicht nur dem Gegner und dem Gericht, sondern allgemein unbekannt ist (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 04.07.2012 - Az. XII ZR 94/10, Rdnr. 16). Im streitgegenständlichen Fall war die seinerzeit (und auch später) zutreffende Anschrift des Beklagten in Großbritannien (St. B., 90 O. E. Way, G. C., SL9 8DB) dem Gericht allerdings durch die Deutsche Post mit Postzustellungsurkunde vom 12.11.2015 (Bl. 24 d.A.) mitgeteilt worden und deshalb bekannt, sodass schon deshalb bei sorgfältiger Prüfung des Akteninhalts die öffentliche Zustellung nicht hätte angeordnet werden dürfen und deren Fehlerhaftigkeit für das Gericht insoweit auch erkennbar war.

Auf die Frage, ob die Ermittlungen des Klägers hinsichtlich der Wohnanschrift des Beklagten in Großbritannien ausreichend waren, kommt es deshalb für die Frage, ob die im Versäumnisurteil vom 31.05.2016 festgesetzte Einspruchsfrist durch die öffentliche Zustellung in Lauf gesetzt wurde, nicht an.

II.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts waren die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche gegen den Beklagten - egal ob auf § 64 S. 1 GmbHG oder auf §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a InsO analog gestützt - zum Zeitpunkt der Zustellung der Klage vom 10.09.2015 an den Beklagten am 13.03.2018 im Wege der Rechtshilfe (vgl. Bl. 103 d.A.) noch nicht verjährt.

1. Die gemäß §§ 64 S. 4, 43 Abs. 4 GmbHG fünfjährige Verjährungsfrist eines etwaigen Anspruchs gegen den Beklagten nach § 64 S. 1 GmbHG begann jeweils mit der pflichtwidrigen Zahlung bzw. sonstigen Leistung unabhängig von subjektiven Elementen (vgl. Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Auflage, Köln 2009, Rdnr. 33 zu § 64 GmbHG, Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Auflage, München 201, Rdnr. 23 zu § 64 GmbHG) und damit hinsichtlich der ersten streitgegenständlichen Zahlung vom 02.11.2011 gemäß § 187 Abs. 1 BGB am 03.11.2011.

Ein etwaiger Anspruch gegen den Beklagten nach §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a InsO analog verjährte dagegen gemäß §§ 195, 199 BGB grundsätzlich in drei Jahren. Da der Kläger spätestens zu dem Zeitpunkt Kenntnis von den den Schadensersatzanspruch begründenden Tatsachen hatte, als er mit Schreiben vom 29.08.2013 (Anl. K 5) den Beklagten zur Zahlung aufforderte, begann die Verjährungsfrist des § 195 BGB gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des 31.12.2013.

2. Die Einreichung des PKH-Antrags des Klägers vom 10.09.2015 am 14.09.2015 beim Landgericht München I führte nach § 204 Abs. 1 Nr. 14 2. HS BGB zu einer Hemmung der Verjährung hinsichtlich beider Anspruchstypen.

a. Diese Hemmung begann gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 14 2. HS BGB bereits mit der Einreichung des PKH-Antrags am 14.09.2015, da die Veranlassung der Bekanntgabe an den Beklagten durch gerichtliche Verfügung vom 02.10.2015 (Bl. 13 d.A.) und damit „demnächst“ erfolgte, da keine vom Zustellungsbetreiber verursachte Zustellungsverzögerung vorlag. Dabei ist der 14.09.2015 nach § 209 BGB als derjenige Tag, in dessen Verlauf der Hemmungsgrund entstand, dem Hemmungszeitraum zuzurechnen (vgl. Ellenberger in Palandt, BGB, 78. Auflage, München 2019, Rdnr. 1 zu § 209 BGB).

b. Die Hemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 14 2. HS BGB endete gemäß § 204 Abs. 2 S. 1 BGB „sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens“. Da die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe nicht rechtskraftfähig ist, kommt es auf die „anderweitige Beendigung“ des PKH-Verfahrens an, die erst eintritt, wenn die PKH-Entscheidung nicht mehr mit Rechtsmitteln angegriffen werden kann (vgl. Ellenberger in Palandt, BGB, 78. Auflage, München 2019, Rdnr. 45 zu § 204 BGB). Da im streitgegenständlichen Fall die beantragte PKH antragsgemäß bewilligt wurde, kommt mangels Beschwer des Klägers grundsätzlich nur ein Rechtsmittel der Staatskasse nach § 127 Abs. 3 S. 1 ZPO in Betracht. Die Staatskasse hatte jedoch, nachdem ihr das Landgericht mit Verfügung vom 02.10.2015 (Bl. 13 d.A.) die Akten zur Stellungnahme zugeleitet hatte, dem Landgericht mit Schreiben vom 07.10.2015 (Bl. 15 d.A.) mitgeteilt, dass gegen die antragsgemäße Bewilligung ratenloser Prozesskostenhilfe für den Kläger keine Einwendungen bestünden und damit bereits vorab auf Rechtsmittel gegen die Prozesskostenhilfebewilligung verzichtet (zur Zulässigkeit des Vorabverzichts vgl. Heßler in Zöller, ZPO, 31. Auflage, Köln 2016, Rdnr. 15 zu § 567 ZPO i.V.m. Rdnr. 1 zu § 515 ZPO und § 313a Abs. 3 ZPO), sodass die Hemmung sechs Monate nach der antragsgemäßen Bewilligung der Prozesskostenhilfe durch das Landgericht am 23.10.2015 und damit gemäß §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB am 23.04.2016 endete. Die der Staatskasse grundsätzlich eingeräumte Beschwerdefrist nach § 127 Abs. 3 S. 3, 4 ZPO führte deshalb entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht zu einem späteren Beginn der Sechsmonatsfrist des § 204 Abs. 2 S. 1 BGB und damit zu keiner Verlängerung des Hemmungszeitraums.

Nach alledem war die Verjährung der Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten vom 14.09.2015 bis 23.04.2016 und damit 223 Tage gehemmt. Zwar war der 23.04.2016 ein Samstag, jedoch verlängert sich der Hemmungszeitraum dadurch nicht gemäß § 193 BGB bis zum Ablauf des 25.04.2016, da am Ende des Hemmungszeitraumes keine Willenserklärung abzugeben war.

3. Die mit Beschluss des Landgerichts vom 02.03.2016 (Bl. 36/38 d.A.) angeordnete und im Zeitraum vom 12.04.2016 bis 13.05.2016 durch Aushang nach § 186 Abs. 2 S. 1 ZPO durchgeführte öffentliche Zustellung der Klageschrift vom 10.09.2015 führte dagegen nicht zu einer Hemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

Denn wie bereits oben unter I. ausgeführt war der Aufenthaltsort des Beklagten zum Zeitpunkt der Anordnung der öffentlichen Zustellung der Klage mit Beschluss vom 02.03.2016 nicht unbekannt iSd. § 185 Nr. 1 ZPO, sodass die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung nicht vorlagen, wobei es auch insoweit nicht darauf ankommt, ob die Nachforschungen des Klägers hinsichtlich des Aufenthaltsortes des Beklagten ausreichend waren. Eine - wie hier - erkennbar unzulässige öffentliche Zustellung bewirkt jedoch keine Hemmung der Verjährung (BGH, Urteil vom 08.12.2016 - Az. III ZR 89/15, Rdnr. 11).

Eine Heilung der mangelhaften öffentlichen Zustellung nach § 189 ZPO ist auch nicht durch die Übermittlung der Klageschrift an den Beklagten im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens erfolgt, da dem Beklagten - wie sich aus seinem Fax vom 20.10.2015 (Bl. 17 d.A.) ergibt - zwar die Klageschrift zuging, es aber insoweit am Zustellungswillen des Gerichts fehlte, da das Gericht ausweislich seiner Verfügung vom 02.10.2015 (Bl. 13 d.A.) dem Beklagten die Klageschrift nur formlos zur Gewährung rechtlichen Gehörs im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens übermitteln wollte. Da damit durch die am 02.10.2015 verfügte Übermittlung keine Zustellung erfolgen sollte, kann eine solche auch nicht nach § 189 ZPO unterstellt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 26.11.2002 - Az. VI ZB 41/02, Rdnr. 11).

4. Die irrtümlich unterbliebene Berücksichtigung der von der Deutschen Post mit Postzustellungsurkunden vom 12.11.2015 (Bl. 24 d.A.) dem Landgericht mitgeteilten Wohnanschrift des Beklagten in Großbritannien bei der Anordnung der öffentlichen Zustellung durch den Beschluss vom 02.03.2016 führte auch zu keiner Hemmung der Verjährung nach § 206 BGB.

a. Zwar kann grundsätzlich eine Hemmung der Verjährung wegen höherer Gewalt in Betracht kommen, wenn die Unwirksamkeit einer Zustellung auf einer unrichtigen Sachbehandlung durch das Gericht beruht. Die Hemmung nach § 206 BGB greift jedoch nur ein, wenn die verjährungshemmende Wirkung einer Zustellung infolge eines für den Gläubiger, das heißt vorliegend den Kläger, unabwendbaren gerichtlichen Fehlers nicht eintritt. Dazu müsste feststehen, dass die fehlerhafte Anordnung der öffentlichen Zustellung im Beschluss vom 02.03.2016 vom Kläger nicht zu beeinflussen war und ihm keine mitwirkende Verantwortung für die Unwirksamkeit der öffentlichen Zustellung anzulasten ist (vgl. BGH, Urteil vom 08.12.2016 - Az. III ZR 89/15, Rdnr. 15). Dies wiederum setzt voraus, dass der Kläger alles ihm Zumutbare getan hat, um eine zustellungsfähige Adresse des Beklagten herauszufinden. Dies folgt daraus, dass es im Rahmen des § 185 Nr. 1 ZPO stets Sache der Partei ist, die durch die Zustellung begünstigt wird, alle geeigneten und ihr zumutbaren Nachforschungen anzustellen, um so eine wirksame Zustellung bewirken zu können und ihre gegebenenfalls ergebnislosen Bemühungen im Einzelnen darzulegen (BGH, aaO, Rdnr. 16).

b. Diesen Anforderungen hat der Kläger in mehrerlei Hinsicht nicht genügt.

aa. Der Kläger hat schon nicht dargelegt, ob er nach der gerichtlichen Aufforderung vom 14.01.2016 (Bl. 31 d.A.), weitere Aufenthaltsermittlungen durchzuführen und diese darzulegen, bei der Post nachgefragt hat, ob dort eine neue Anschrift des Beklagten bekannt war und/oder ob der Beklagte dort einen Nachsendeauftrag eingerichtet hat. Dabei handelt es sich nämlich um eine nach der Rechtsprechung des BGH in jedem Fall erforderliche Nachforschungshandlung (vgl. BGH, Urteil vom 04.07.2012 - Az. XII ZR 94/10, Rdnr. 17). Diese Nachfrage hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Erfolg geführt, da der Post - wie sich aus der korrekten Anschriftenmitteilung auf der PZU vom 12.11.2015 (Bl. 24 d.A.) ergibt - wenige Wochen vorher die neue Adresse des Beklagten in Großbritannien bekannt war und dies - wie der PZU vom 11.10.2016 (Bl. 55 d.A.) zu entnehmen ist - auch im Oktober 2016 noch der Fall war. Der Kläger trägt jedoch nur wiederholt vor, er habe eine Melderegisterauskunft erholt. Auch in dem Bericht der vom Kläger beauftragten Detektei vom 26.02.2016 (Bl. 35 d.A.) wird auf eine Anfrage bei der Post nicht abgestellt. Allein die fehlende Darlegung der Nutzung dieses offensichtlichen Ermittlungsansatzes, die bereits in erster Instanz hätte erfolgen müssen, führt zum Ausschluss der Hemmung nach § 206 BGB.

bb. Dem Kläger war aus der von ihm erholten Melderegisterauskunft vom 19.11.2015 (Bl. 27 d.A.) bekannt, dass der Beklagte nach Großbritannien verzogen war. Ihm war aus dem Fax des Beklagten vom 20.10.2015 (Bl. 17 d.A.), das dem Kläger vom Gericht zur Kenntnis gebracht wurde, auch bekannt, dass der Beklagte eine Faxnummer beginnend mit der Vorwahl 0044 und damit für jedermann ersichtlich einen Anschluss in Großbritannien als vorübergehende Erreichbarkeit angegeben hatte. Gleichzeitig hatte der Beklagte mitgeteilt, dass er bei Verwandten lebe. Es hätte nunmehr - wie das Landgericht insoweit zutreffend ausführt - für den Kläger nahegelegen, einen Kontaktaufnahmeversuch über die angegebene Fax-/Telefonnummer vorzunehmen und/oder eine Rückwärtssuche vorzunehmen. Der damit verbundene minimale Aufwand wäre dem Kläger ohne weiteres zumutbar gewesen. Der vom Kläger in der Berufung behauptete Rechtssatz, Ermittlungen im Ausland seien nicht erforderlich, besteht nicht. Entscheidend ist vielmehr nur, was dem Kläger im Einzelfall zumutbar ist. Die Wahrnehmung der über die vom Beklagten angegebenen Fax/Telefonnummer gebotenen Ermittlungsansätze hat der Kläger nicht dargelegt. Die Behauptung des Klägers im Schriftsatz der Klägervertreterin vom 11.01.2017 (dort. S. 4, Bl. 68 d.A.), seine Prozessbevollmächtigte habe “umfangreiche Recherchen im Internet, auch über Google, angestellt“, ist unbehelflich, da die einzelnen Anfragen hätten dargelegt werden müssen.

(3) Auch sonst sind die Darlegungen der Ermittlungsbemühungen des Klägers nicht hinreichend. Denn es hätte zumindest mitgeteilt werden müssen, welche Nachbarn zum nunmehrigen Wohnort des Beklagten befragt worden waren und warum die Ermittlung des Vermieters scheiterte.

5. a. Eine Hemmung der Verjährung nach § 206 BGB wurde jedoch dadurch bewirkt, dass dem nach zwischenzeitlichem Richterwechsel nunmehr zuständigen Richter ausweislich seines diesbezüglichen Vermerks vom 30.12.2016 (Bl. 66 d.A.) spätestens an diesem Tag bewusst wurde, dass die Post bereits mit der PZU vom 11.12.2015 die Anschrift des Beklagten in Großbritannien mitgeteilt hatte. Trotzdem wurde aber zu diesem Zeitpunkt keine Zustellung der Klageschrift vom 10.09.2015 an den Beklagten unter der britischen Anschrift veranlasst. Eine solche Zustellung wurde vielmehr erst mit Verfügung vom 14.02.2018 (Ziffer 2.4, Bl. 95 d.A.) veranlasst und am 13.03.2018 im Wege der Rechtshilfe bewirkt (Bl. 103 d.A.). Eine derartige verzögerliche Sachbehandlung begründet nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. Urteil vom 15.12.1994 - Az. IX ZR 45/94, Rdnrn 7 ff.) eine Hemmung nach § 206 BGB wegen höherer Gewalt.

Den Kläger trifft insoweit auch keine Mitverantwortung an der Verzögerung. Zwar hat sich der Kläger zu der neuen Anschrift gegenüber dem Gericht nicht verhalten und insbesondere nicht mitgeteilt, dass an diese Anschrift zuzustellen sei, jedoch besteht dazu entgegen der Ansicht des Landgerichts (vgl. S. 12 LGU) auch keine Veranlassung, da die Zustellung der Klage von Amts wegen vorzunehmen ist. Aufgrund des dem Kläger mitgeteilten richterlichen Vermerks vom 30.12.2016 konnte der Kläger davon ausgehen, dass das Gericht nunmehr die Zustellung veranlassen werde.

b. Die Hemmung nach § 206 BGB tritt jedoch nur ein, solange der Gläubiger innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist durch höhere Gewalt an der Rechtsverfolgung gehindert ist. Ist der Hemmungsgrund schon früher eingetreten, beginnt die Hemmung des § 206 dennoch erst sechs Monate vor dem Fristablauf, und dauert an, so lange der Hemmungsgrund noch vorliegt (vgl. Ellenberger in Palandt, BGB, 78. Auflage, München 2019, Rdnr. 2 zu § 206 BGB).

aa. Hinsichtlich der ersten streitgegenständlichen Zahlung vom 02.11.2011 wäre ein Anspruch des Klägers nach § 64 S. 1 GmbHG grundsätzlich mit Ablauf des 02.11.2016 verjährt. Aufgrund der 223-tägigen Hemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB wäre Verjährung aber erst mit Ablauf des 12.06.2017 eingetreten, sodass die Sechsmonatsfrist des § 206 BGB mit Ablauf des 12.12.2016 begann. Da die Kenntniserlangung am 30.12.2016 und damit weniger als sechs Monate vor Verjährungseintritt am 12.06.2017 erfolgte, war die Verjährung ab 31.12.2016 nach § 206 BGB gehemmt. Entsprechendes gilt für alle streitgegenständlichen Zahlungen bis 20.11.2016.

Für danach erfolgte Zahlungen begann die Sechsmonatsfrist des § 206 BGB erst nach Eintritt des Hemmungsgrundes am 30.12.2016. Dies ist jedoch irrelevant, da zu den Zeitpunkten des jeweiligen Beginns der Sechsmonatsfrist des § 206 BGB der Hemmungsgrund, nämlich die Nichtvornahme der Klagezustellung an den Beklagten trotz Kenntniserlangung des Gerichts am 30.12.2016 vom Aufenthalt des Beklagten, immer noch vorlag, und deshalb die Verjährung hinsichtlich jeder dieser Zahlungen ab dem jeweiligen Beginn der Sechsmonatsfrist des § 206 BGB gehemmt war.

bb. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch des Klägers aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 15a InsO analog wäre ohne die Hemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB mit Ablauf des 31.12.2016 verjährt. Aufgrund dieser 223-tägigen Hemmung wäre Verjährung aber erst mit Ablauf des 10.08.2017 eingetreten. Die Sechsmonatsfrist des § 206 BGB beginnt damit nicht vor dem 10.02.2017. Da zu diesem Zeitpunkt der Hemmungsgrund des § 206 BGB immer noch vorlag, war die Verjährung ab 10.02.2017 nach § 206 BGB gehemmt.

5. Die Hemmung nach § 206 BGB endete mit der Veranlassung der Zustellung an den Kläger unter der britischen Anschrift durch das Gericht am 14.02.2018. Ab diesem Zeitpunkt war die Verjährung sodann nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 167 ZPO gehemmt.

Nach alledem sind die geltend gemachten Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten noch nicht verjährt.

III.

Der Kläger hat jedoch gegen den Beklagten weder Ansprüche aus § 64 S. 1 GmbHG noch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 15a InsO analog.

1. Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Insolvenzschuldnerin „zumindest ab 01.11.2011“ und damit bei Vornahme aller streitgegenständlichen Zahlung zahlungsunfähig und überschuldet war, jedoch konnte die insoweit darlegungspflichtige Klägerseite schon nicht substanziiert darlegen, dass der Beklagte, der bei der Insolvenzschuldnerin unstreitig zu keinem Zeitpunkt eine formale Geschäftsführerstellung einnahm, faktischer Geschäftsführer war und deshalb trotz fehlender formaler Geschäftsführerstellung nach § 64 S.1 GmbHG haftet (zur Haftung des faktischen Geschäftsführers vgl. BGH, Urteil vom 11.07.2005 - II ZR 235/03, Rdnr. 7).

a. Für die Beurteilung der Frage, ob jemand faktisch wie ein Organmitglied gehandelt und als Konsequenz seines Verhaltens sich wie ein nach dem Gesetz bestelltes Organmitglied zu verantworten hat, kommt es auf das Gesamterscheinungsbild seines Auftretens an. Danach ist es allerdings nicht erforderlich, dass der Handelnde die gesetzliche Geschäftsführung völlig verdrängt. Entscheidend ist vielmehr, dass der Betreffende die Geschicke der Gesellschaft - über die interne Einwirkung auf die satzungsmäßige Geschäftsführung hinaus - durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die Hand genommen hat (BGH, aaO, Rdnr. 8).

b. Der Kläger hat zur Begründung einer faktischen Geschäftsführung durch den Beklagten vortragen lassen, der Beklagte habe die Geschäfte der Insolvenzschuldnerin übernommen. Er sei für die Schuldnerin im Außenverhältnis als Geschäftsführer aufgetreten, habe über zentrale Steuerungsgewalt in allen Bereichen der Insolvenzschuldnerin verfügt, insbesondere über Werbung, Akquise, Preiskalkulation, Angebotsofferten, Leistungserbringung, Zahlungsaufträge, Sozial- und Steuerabgaben und im Bereich der Buchhaltung (Schriftsatz der vormaligen Klägervertreterin vom 10.09.2015, S. 3, Bl. 9 d.A.). Der Beklagte habe Zugriff auf das Geschäftskonto der Schuldnerin gehabt. Ferner habe ihm die zentrale Steuerungsgewalt über Geldbewegungen und Geschäftsmaßnahmen oblegen. Die Preiskalkulation, Angebotsofferten und darauf gerichtete Akquise seien bis 16.02.2012 gemeinschaftlich mit dem Geschäftsführer Rieche und danach allein gegenüber Kunden und Vertriebspartnern der Insolvenzschuldnerin geführt worden (Schriftsatz der vormaligen Klägervertreterin vom 10.09.2015, S. 6, Bl. 12 d.A.).

c. Dies hat die Nebenintervenientin bestritten und hat erwidert, dass der Beklagte nicht faktischer Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin gewesen sei, weil er mit der Insolvenzschuldnerin lediglich einen Vertrag für geringfügige Marketingtätigkeiten geschlossen habe, für die er eine Zeit lang monatlich 1.500,00 € erhalten habe (Schriftsatz des Nebenintervenientenvertreters vom 06.02.2017, dort S. 4 und 5, Bl. 76 und 77 d.A.).

c. Nach dem Bestreiten der Nebenintervenientin genügt der Vortrag des Klägers für eine substanziierte Darlegung einer faktischen Geschäftsführung durch den Beklagten nicht.

Schlüssig ist der klägerische Vortrag, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, die geltend gemachten Rechte als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nur dann nötig, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind oder der Vortrag infolge der Einlassung des Beklagten unklar wird und nicht mehr den Schluss auf die Entstehung des geltend gemachten Rechts zulässt (BGH, Urteil vom 13.08.1997, Az. VIII ZR 246/96, Rdnrn. 8 und 11).

Danach musste der Kläger also zunächst grundsätzlich nur behaupten, dass eine faktische Geschäftsführung des Beklagten vorgelegen habe. Nach dem Bestreiten der Nebenintervenientin mit dem Vortrag einer nur geringfügigen Marketingtätigkeit des Beklagten hätte der Kläger nunmehr seinen Vortrag zur faktischen Geschäftsführung weiter substanziieren müssen. Da der klägerische Vortrag einer faktischen Geschäftsführung nur pauschal war, musste auch das Bestreiten der Nebenintervenientin keinen höheren Substanziierungsgrad als den des klägerischen Vortrags aufweisen, um zu einem wirksamen Bestreiten zu führen. Ein pauschaler Vortrag erfordert nur ein pauschales Bestreiten. Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Nebenintervenientin, da sie angibt, warum aus ihrer Sicht keine faktische Geschäftsführung vorgelegen habe.

d. Ein weiterer Vortrag des Klägers erfolgte in der Folge jedoch nicht mehr. Da nach der oben unter a dargestellten BGH-Rechtsprechung die Annahme einer faktischen Geschäftsführung u.a. ein eigenes Handeln des Beklagten im Außenverhältnis der Gesellschaft voraussetzt, erfordert ein substanziierter Vortrag auch die Darlegung eines nach außen gerichteten Agierens des Beklagten.

Von den behaupteten Tätigkeiten des Beklagten beinhalten nur die Werbung, die Akquise und die Angebotsofferten notwendigerweise einen Außenkontakt des Handelnden. Alle anderen Tätigkeiten können auch allein durch gesellschaftsinternes Handeln erfolgen. Bei der Erstellung einer Preiskalkulation, der Veranlassung einer Zahlung oder der Begleichung von Sozial- und Steuerabgaben wird nämlich nicht notwendigerweise für einen Außenstehenden sichtbar, wer die Maßnahmen innerhalb der Gesellschaft letztverantwortlich veranlasst hat (bspw. kann bei unbaren Zahlungen an wen auch immer, der externe Zahlungsempfänger dies seinem Kontoauszug nicht entnehmen).

Die notwendigerweise mit einem Außenkontakt verbundenen Tätigkeiten Werbung, Akquise und Angebotsofferten sind jedoch nicht gleichzeitig notwendigerweise Geschäftsführungsaufgaben. Vielmehr werden solche Tätigkeiten regelmäßig auch von Personen erledigt, die möglicherweise sogar Prokura haben, jedoch nicht der Geschäftsführung angehören.

Dem Vortrag lässt sich auch nicht entnehmen, inwiefern der Beklagte die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich geprägt hat, nachdem zumindest bis 16.02.2012 auch noch der formal bestellte Gesellschafter R. für die Insolvenzschuldnerin tätig war. Es fehlt nämlich jeglicher Vortrag zur Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche des formalen Geschäftsführers von dem des Beklagten. Die Behauptung einer „zentralen Steuergewalt“ des Beklagten, was auch immer darunter zu verstehen sein mag, ersetzt einen konkreten Tatsachenvortrag nicht.

Die klägerische Behauptung, der Kläger habe die Geschäfte der Insolvenzschuldnerin übernommen und sei für die Schuldnerin als Geschäftsführerin aufgetreten, ist keine die Voraussetzungen des höchstrichterlichen Anforderungsprofils an einen faktischen Geschäftsführer ausfüllende Tatsachenbehauptung, sondern lediglich eine das Tatbestandsmerkmal wiederholende Rechtsbehauptung.

e. Der Klägervertreter wurde mit Beschluss des Senats vom 14.01.2019, dort S. 5 unten (Bl. 197 d.A.), darauf hingewiesen, „dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte, weil unabhängig von der Frage der Verjährung die Darlegungen zur Stellung des Beklagten als faktischer Geschäftsführer gänzlich unzureichend“ seien.

Mit Schriftsatz vom 18.03.2019 erklärte der Klägervertreter ausdrücklich zum Hinweis des Senats hinsichtlich der faktischen Geschäftsführung, dass sich das Landgericht damit nicht befasst habe und diesbezüglich keine Hinweise erlassen habe. Er bitte daher „um einen entsprechenden rechtlichen Hinweis des Senats gemäß § 139 ZPO“ (Schriftsatz des Klägervertreters vom 18.03.2019, dort S. 1 und 2, Bl. 201 und 202 d.A.). Weiterer Vortrag der Klägerseite erfolgte sodann nicht mehr.

aa. Der vom Klägervertreter erbetene nochmalige Hinweis war jedoch nicht veranlasst. Nach § 139 ZPO hat das Gericht darauf hinzuwirken, dass die Parteien sich über alle erheblichen Tatsachen vollständig erklären und sachdienliche Anträge, insbesondere auch ungenügende Angaben der geltend gemachten Tatsachen ergänzen und die Beweismittel bezeichnen. Das Gericht erfüllt seine Hinweispflicht nicht, indem es vor der mündlichen Verhandlung allgemeine und pauschale Hinweise erteilt. Vielmehr muss es die Parteien auf den fehlenden Sachvortrag hinweisen und ihnen die Möglichkeit eröffnen, ihren Vortrag sachdienlich zu ergänzen. Das gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Erforderlichkeit ergänzenden Vortrags sich nicht bereits aus einem substanziierten Bestreiten der Gegenseite ergibt, sondern von der Bewertung des Gerichts im Einzelfall abhängt, wie z.B. hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung eines bestimmten Anspruchs (BGH, Urteil vom 25.06.2002 - X ZR 83/10, Rdnr. 27).

Aufgrund des Hinweises des Senats vom 14.01.2019 war für den Klägervertreter erkennbar, dass sein bisheriger Vortrag, der sich auf die oben unter b. dargelegten Ausführungen in der Klageschrift beschränkt (auch der Schriftsatz vom 22.02.2017, dort S. 2 unten, Bl. 80 d.A.80 enthält nur eine Verweisung auf die Klageschrift), bezüglich der tatsächlichen Voraussetzungen einer faktischen Geschäftsführerstellung aus Sicht des Senats nicht hinreichend substanziiert war, dass es dem Senat darauf aber - anders als noch dem Landgericht - für seine Entscheidung ankommt. Aus der Hinweiserteilung war für den Klägervertreter auch ersichtlich, dass der Senat die faktische Geschäftsführerstellung nach dem Bestreiten durch die Nebenintervenientin nicht für unstreitig hielt. Sonst hätte der Senat den Hinweis nämlich nicht erteilen müssen. Der Klägervertreter kann aber nicht davon ausgehen, dass der Senat Sinnloses veranlasst.

Der Klägervertreter hat - entgegen seiner anderslautenden Behauptung in der mündlichen Verhandlung vom 17.07.2019 - den Inhalt des Hinweises vom 14.01.2019 nach Überzeugung des Senats auch richtig erfasst. Dies ergibt sich aus dem Schriftsatz des Klägervertreters vom 18.03.2019 (Bl. 201/203 d.A.), der ausdrücklich Bezug auf den gerichtlichen Hinweis vom 14.01.2019 nimmt und sich mit dem bisherigen Vortrag der Parteien zu den Voraussetzungen der faktischen Geschäftsführung auseinandersetzt. Dass der Klägervertreter eine weitere Substanziierung seines bisherigen Vortrags entgegen dem Hinweis des Senats vom 14.01.2019 aufgrund seiner gegenteiligen Rechtsauffassung für nicht geboten hält, weil er das Bestreiten der Nebenintervenientin für unsubstanziiert und folglich für unbeachtlich hält (Schriftsatz des Klägervertreters vom 18.03.2019, dort S. 2, Bl. 202 d.A.), und deshalb nicht weiter vorträgt, ist seine in eigener Verantwortung getroffene Entscheidung über seine weitere Prozessführung. Da sich seit der Erteilung des Hinweises des Senats im Beschluss vom 14.10.2019 am Sachverhalt nichts geändert hat, war ein nochmaliger Hinweis, der den gleichen Inhalt wie der vom 14.01.2019 hätte haben müssen, nicht veranlasst. Daran änderte auch die diesbezügliche Bitte des Klägervertreters in seinem Schriftsatz vom 18.03.2019 (dort S. 2, Bl. 202 d.A.) nichts.

bb. Der Senat glaubt dem Klägervertreter auch nicht, dass er sich in einem Irrtum über den Inhalt des nach der Erteilung des Hinweises im Beschluss vom 14.01.2019 auf einen Anruf des Klägervertreters hin geführten Telefonats mit dem Senatsvorsitzenden befand. In dem Telefonat wurde dem Klägervertreter lediglich dargelegt, dass sein bisheriger Vortrag zur faktischen Geschäftsführung entsprechend dem gerichtlichen Hinweis vom 14.01.2019 unsubstanziiert sei. Entgegen dem Vorbringen des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung vom 17.07.2019 war in dem Telefonat von einer „Abschichtung“ des Prozessstoffes dahingehend, dass zunächst über die Verjährung und erst in einem weiteren Termin über die Frage der faktischen Geschäftsführung verhandelt werden sollte, nicht die Rede. Dies ergibt sich auch aus dem zeitlich nach dem Telefonat verfassten Schriftsatz des Klägervertreters vom 18.03.2019, in dem - wie oben unter aa dargelegt - das Unterbleiben weiteren Vorbringens zu den tatsächlichen Voraussetzungen der faktischen Geschäftsführung gerade nicht mit einer angeblichen Abschichtung des Prozessstoffes, sondern mit der Rechtsauffassung des Klägervertreters, das Bestreiten der faktischen Geschäftsführung durch die Nebenintervenientin sei unsubstanziiert und die faktische Geschäftsführerstellung deshalb unstreitig, begründet wurde. Warum - wie vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vom 17.07.2019 zu Protokoll diktiert (vgl. S. 3 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 17.07.2019, Bl. 217 d.A.) -, der Senat bei gegenüber dem Zeitpunkt der Hinweiserteilung am 14.01.2019 unverändertem Sachvortrag der Parteien einen weiteren Hinweis zur faktischen Geschäftsführung hätte in Aussicht stellen sollen, ist nicht nachvollziehbar.

Nach alledem waren eine weitere Hinweiserteilung sowie die Gewährung einer Schriftsatzfrist nicht erforderlich. Der Klägervertreter hatte nach dem Hinweis vom 14.01.2019 bis zur mündlichen Verhandlung vom 17.07.2019 ein halbes Jahr Zeit, um den fehlenden Sachvortrag zu erbringen. Dies war ausreichend.

Da somit der Vortrag der Klägerseite zur faktischen Geschäftsführung unsubstanziiert ist, musste der vom Kläger zur behaupteten faktischen Geschäftsführerstellung des Beklagten angebotene Beweis nicht erhoben werden.

2. Der Kläger hat gegen den Beklagten auch keinen Schadensersatzanspruch nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 15a InsO analog. Denn auch eine Haftung nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 15a InsO analog setzt in Ermangelung einer formalen Geschäftsführerstellung des Beklagten eine faktische Geschäftsführung durch ihn voraus. Ein solche hat der Kläger jedoch - wie oben unter 1 ausgeführt - schon nicht hinreichend dargelegt.

C.

I.

Der Ausspruch zu den Kosten folgt aus §§ 97 Abs. 1, 101 ZPO.

II.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

III.

Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, da Revisionsgründe (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO) nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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