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Wirtschaftsrecht
19.04.2013
Wirtschaftsrecht
OLG Karlsruhe: Haftung des Gründungskommanditisten einer Publikums-KG bei Prospektfehlern

OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.2.2013 - 9 U 33/12

Leitsätze

1. Wenn der Prospekt eines geschlossenen Immobilienfonds den unzutreffenden Eindruck erweckt, es handele sich um eine sichere Kapitalanlage, die in besonderer Weise zur Altersversorgung geeignet sei, kommt ein Schadensersatzanspruch des Anlegers gegen den für den Prospekt verantwortlichen Fondsinitiator in Betracht.

2. Der Prospekt eines geschlossenen Immobilienfonds muss über personelle und kapitalmäßige Verflechtungen zwischen dem Fondsinitiator und den Verkäufern, von denen der Fonds die Immobilien erworben hat, aufklären. Eine unzureichende Darstellung, in der die Risiken von Interessenkollisionen zudem verschleiert werden, kann einen Schadensersatzanspruch des Anlegers gegen den Fondsinitiator aus culpa in contrahendo auslösen.

3. Bei zum Schadensersatz verpflichtenden Prospektfehlern kann der Anleger die Beteiligung fristlos kündigen. Das gilt auch bei einer Treuhandkonstruktion, und zwar jedenfalls dann, wenn der Gesellschaftsvertrag dem Anleger eine Stellung einräumt, die rechtlich einer unmittelbaren Beteiligung angenähert ist.

Sachverhalt

I. Auf die Berufung der Klägerin und auf die Berufung der Beklagten Ziff. 2 wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 17.01.2012 - 4 O 15/10 M - im Kostenpunkt aufgehoben, und im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst mit der Maßgabe, dass im Umfang der Verurteilung das Teil-Versäumnisurteil des Landgerichts Konstanz vom 15.02.2011 aufrechterhalten wird:

1. Die Beklagte Ziff. 1 wird verurteilt, für die Beteiligung der Klägerin aus dem Vertrag Nr. 197021608 ohne Berücksichtigung von Kosten und Gebühren für die vorzeitige Vertragsbeendigung eine Auseinandersetzungsbilanz zum Stichtag 04.02.2010 zu erstellen und an die Klägerin zu übermitteln.

2. Es wird festgestellt, dass das Beteiligungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten Ziff. 1 unter der Nr. 197021608 nicht mehr besteht, und dass der Beklagten Ziff. 1 aus und im Zusammenhang mit dieser Beteiligung keine Ansprüche gegen die Klägerin zustehen, mit Ausnahme eines eventuellen Anspruchs aus der noch zu erstellenden Auseinandersetzungsbilanz.

3. Die Beklagte Ziff. 2 wird verurteilt, an die Klägerin 5.477,62 € zu bezahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 04.02.2010, Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte Ziff. 1 und gegen die Treuhandkommanditistin aus und im Zusammenhang mit der Beteiligung Nr. 197021608.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte Ziff. 2 verpflichtet ist, die Klägerin von allen bestehenden und künftigen Forderungen der Beklagten Ziff. 1 aus und im Zusammenhang mit der Beteiligung Nr. 197021608 über nominal 18.000,00 DM freizustellen, Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte Ziff. 1 und gegen die Treuhandkommanditistin aus und im Zusammenhang mit der Beteiligung Nr. 197021608.

5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte Ziff. 2 sich mit der Annahme der Abtretung der Ansprüche gegen die Beklagte Ziff. 1 und gegen die Treuhandkommanditistin (vgl. Ziff. 3 und Ziff. 4 oben) im Annahmeverzug befindet.

6. Der Beklagten Ziff. 2 wird als Erbin des am 06.01.2000 in Markdorf verstorbenen W. S. die Beschränkung ihrer Haftung auf den Nachlass vorbehalten.

7. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und wird das Teil-Versäumnisurteil vom 15.02.2011 aufgehoben.

II. Wegen des unbezifferten Zahlungsantrags der Klägerin gegen die Beklagte Ziff. 1 wird das Verfahren an das Landgericht Konstanz zurückverwiesen.

III. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

IV. Die weitergehende Berufung der Beklagten Ziff. 2 wird zurückgewiesen.

V. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen beide Beklagte je zur Hälfte.

VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte Ziff. 1 kann eine Vollstreckung der Klägerin abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,00 €, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beklagte Ziff. 2 kann eine Vollstreckung der Klägerin abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

VII. Die Revision wird für beide Beklagte zugelassen.

Aus den Gründen

I.          Die Klägerin zeichnete am 06.10.1998 über eine Treuhandkommanditistin eine Beteiligung in Höhe von 18.000,00 DM an der S.W. ..................... mbH & Co. KG, der Beklagten Ziff. 1. Initiator und Gründungskommanditist des Immobilienfonds war der inzwischen verstorbene W. S. (im Folgenden abgekürzt: W. S.). Die Beklagte Ziff. 2 ist aufgrund eines Erbvertrages Alleinerbin des verstorbenen W. S.. Wegen verschiedener Prospektmängel macht die Klägerin Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte Ziff. 2 geltend, und verlangt nach einer fristlosen Kündigung der Beteiligung von der Beklagten Ziff. 1 im Wege einer Stufenklage Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens.

In der Beitrittsvereinbarung (Anlage K 2 c) war geregelt, dass die Zeichnungssumme von 18.000,00 DM von der Klägerin in 180 Monatsraten ab dem 01.11.1998 zu je 100,00 DM geleistet werden sollte, zuzüglich monatlich 5,00 DM Agio. In der vorgedruckten Vereinbarung wurde die Klägerin im ersten Abschnitt als „Antragsteller" bezeichnet, die Beklagte Ziff. 1 im zweiten Abschnitt als „Vertragspartner". In einem weiteren Abschnitt auf der zweiten Seite der Vereinbarung bestätigte die Klägerin, dass sie „den Treuhandvertrag gemäß Emissionsprospekt mit der C. Fonds-Verwaltungs-Treuhandgesellschaft mbH" abschloss. Im Formular waren Unterschriften vorgesehen für die Klägerin (drei Unterschriften in den Abschnitten Vertragsantrag, Widerruf und Empfangsbestätigung), sowie sowohl für die Beklagte Ziff. 1 als auch für die Treuhänderin im Abschnitt „Annahmeerklärung". Mit der unterzeichneten Empfangsbestätigung erklärte die Klägerin, „eine Durchschrift dieser Beitrittserklärung mit Widerrufsbelehrung und dem Emissionsprospekt Nr. 2 erhalten zu haben". Außerdem findet sich in dem Formular eine vorgedruckte, vom Vermittler unterzeichnete Bestätigung, dass er „den Antragsteller über den Inhalt des Vertrages, die Angabevorbehalte und die Risikobelehrung entsprechend dem Emissionsprospekt unterrichtet" habe. Er habe zudem „ein Exemplar des Emissionsprospekts sowie ein Exemplar der Vertragsbedingungen heute dem Antragsteller ausgehändigt".

Der zum Zeitpunkt des Beitritts maßgebliche Emissionsprospekt liegt als Anlage K 1 vor. In dem Prospekt sind insbesondere der Gesellschaftsvertrag und der Treuhandvertrag vollständig abgedruckt.

Die in der Beitrittsvereinbarung genannten Zahlungen wurden von der Klägerin über einen längeren Zeitraum, wenn auch mit gewissen Unterbrechungen, erbracht. Im Berufungsverfahren ist jedenfalls im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten Ziff. 2 unstreitig, dass die Klägerin insgesamt 5.477,62 € an die Beklagte Ziff. 1 geleistet hat, wobei bestimmte, in einem Vollstreckungsbescheid vom 26.11.2009 (Anlage K 2 d) titulierte Beträge nicht berücksichtigt sind.

Die Klägerin hat im Verfahren vor dem Landgericht verschiedene Mängel des Emissionsprospekts gerügt. Der Prospekt sei ihr von dem Vermittler vor Unterzeichnung der Beitrittserklärung übergeben worden. Der Vermittler habe die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse des Immobilienfonds unzutreffend beschrieben, insbesondere nicht auf bestimmte Risiken hingewiesen. Er habe sich in seinen Ausführungen immer wieder auf den Prospekt bezogen, aber auch über den Prospekt hinaus bestimmte unzutreffende Angaben gemacht. Ohne den Prospekt und die unzutreffenden Angaben des Vermittlers wäre die Klägerin dem Fonds nicht beigetreten. Durch den Beitritt sei ihr ein Schaden entstanden. Die Beklagte Ziff. 2 sei als Erbin des Gründungskommanditisten W. S. zum Schadensersatz verpflichtet. Außerdem sei die Klägerin zur fristlosen Kündigung der Beteiligung gegenüber der Beklagten Ziff. 1 berechtigt, welche sie mit der Klageschrift vom 22.12.2009 erklärt hat.

Die Beklagten haben sich erstinstanzlich mit verschiedenen Einwendungen gegen die Klage verteidigt.

Da im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.02.2011 für die Beklagten niemand erschienen ist, hat das Landgericht an diesem Tag ein Teil-Versäumnisurteil, entsprechend den Anträgen der Klägerin, wie folgt verkündet:

1. Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, der Klägerin ihr sich aus dem Vertrag Nr. 197021608 ergebendes Auseinandersetzungsguthaben zum Stichtag 31.12.2009 ohne Berücksichtigung von Kosten und Gebühren für die vorzeitige Vertragsbeendigung zu errechnen und der Klägerin diese Berechnung vorzulegen.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagten zu 1 aus und im Zusammenhang mit dem Beteiligungsvertrag Nr. 197021608 keine Ansprüche gegen die Klägerin zustehen und dass ein Beteiligungsverhältnis zwischen der Beklagten zu 1 und der Klägerin nicht mehr besteht.

3. Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, der Klägerin 7.568,25 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.02.2010 zu bezahlen.

4. Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, die Klägerin von allen bestehenden und künftigen Forderungen der Beklagten zu 1 aus und im Zusammenhang mit dem Beteiligungsvertrag Nr. 197021608 über nominal 18.000,00 DM freizustellen.

5. Die Ansprüche Ziff. 3 und 4 sind nur Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Klägerin aus ihrer Beteiligung mit der Nr. 197021608 einschließlich der diesbezüglichen Ansprüche gegen den Treuhänder vollstreckbar.

6. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte zu 2 mit der Annahme der Übertragung der in Ziff. 5 bezeichneten Ansprüche in Verzug befindet.

Über den gleichzeitig im Rahmen einer Stufenklage gegen die Beklagte Ziff. 1 gestellten unbezifferten Zahlungsantrag, der nach Auskunftserteilung gemäß Ziff. 1 des Teil-Versäumnisurteils beziffert werden sollte, hat das Landgericht dabei nicht entschieden.

Gegen dieses Urteil haben beide Beklagte fristgemäß Einspruch eingelegt. Mit Urteil vom 17.01.2012 hat das Landgericht daraufhin wie folgt erkannt:

1. Die Beklagte Ziff. 2 wird verurteilt,

a) an die Klägerin 5.477,62 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.02.2010 zu bezahlen,

b) die Klägerin von allen bestehenden und künftigen Forderungen der Beklagten Ziff. 1 aus und im Zusammenhang mit dem Beteiligungsvertrag Nr. 197021608 über nominal 18.000,00 DM freizustellen,

jeweils Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche der Klägerin aus und im Zusammenhang mit ihrer Treuhandkommanditbeteiligung Nr. 197021608 an der Beklagten Ziff. 1.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte Ziff. 2 sich mit der Annahme der Übertragung der Ansprüche bezüglich der in Ziff. 1 b bezeichneten Beteiligung in Verzug befindet.

3. Der Beklagten Ziff. 2 wird als Erbin des am 06.01.2000 in Markdorf verstorbenen W. S. die Beschränkung ihrer Haftung auf den Nachlass vorbehalten.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klägerin könne keine Ansprüche gegen die Beklagte Ziff. 1 geltend machen. Denn die Klägerin sei an der Fondsgesellschaft nicht unmittelbar als Gesellschafterin beteiligt. Daher sei sie nicht berechtigt gewesen, ihre Beteiligung zu kündigen. Ein Vertragsverhältnis bestehe nur zwischen der Klägerin und der Treuhandkommanditistin, so dass die Klägerin nur die Möglichkeit gehabt habe, das Vertragsverhältnis mit der Treuhänderin zu kündigen. Auf die von der Klägerin geltend gemachten Kündigungserklärungen gegenüber der Treuhänderin komme es für die Entscheidung allerdings ebenfalls nicht an. Denn aus einer Kündigung des Treuhandverhältnisses ergebe sich kein Auseinandersetzungsanspruch gegenüber der Klägerin. Vielmehr hätte die Klägerin nach Kündigung des Treuhandverhältnisses nur die Möglichkeit gehabt, eine Übertragung der Kommanditbeteiligung - wie im Gesellschaftsvertrag und im Treuhandvertrag vorgesehen - von der Treuhandkommanditistin auf die Klägerin selbst zu verlangen. Erst nach einer solchen - bisher nicht erfolgten - Übertragung hätte eine Möglichkeit bestanden, unmittelbar gegen die Beklagte Ziff. 1 rechtlich vorzugehen.

Hingegen sei die Beklagte Ziff. 2 als Alleinerbin des Gründungskommanditisten W. S. zum Schadensersatz verpflichtet. W. S. sei für den Inhalt des Emissionsprospekts verantwortlich. Der Prospekt weise verschiedene, für den Beitritt der Klägerin erhebliche, Fehler auf. Daraus ergebe sich ein Anspruch der Klägerin gegen W. S. bzw. gegen die Beklagte Ziff. 2 als Erbin aus culpa in contrahendo (Prospekthaftung im weiteren Sinne). Die Angaben im Prospekt seien zum einen insoweit unzutreffend, als die Kapitalanlage als für die Altersvorsorge besonders geeignet dargestellt werde. Außerdem seien persönliche und wirtschaftliche Verflechtungen der Anlagegesellschaft nur unzureichend erläutert worden. Insbesondere im Hinblick auf die Person des verstorbenen W. S., der verschiedene verbundene Gesellschaften beherrscht habe, seien die aus der Verflechtung sich ergebenen Risiken im Emissionsprospekt nicht zutreffend wiedergegeben.

Auf Grund der fehlerhaften Angaben im Prospekt sei davon auszugehen, dass die Klägerin bei zutreffender Aufklärung über die Risiken des Fonds nicht beigetreten wäre. Als Schadensersatz könne sie die geleisteten Einlagen von der Beklagten Ziff. 2 verlangen, die das Landgericht mit 5.477,62 € beziffert hat. Durch die Ablehnung des Angebots der Klägerin, ihre Rechte aus der Beteiligung zu übertragen, befinde sich die Beklagte Ziff. 2 in Annahmeverzug. Weitere, von der Beklagten Ziff. 2 geltend gemachte Einwendungen gegenüber den Ansprüchen der Klägerin seien nicht begründet.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt, soweit die Klage gegen die Beklagte Ziff. 1 abgewiesen wurde. Außerdem hat die Beklagte Ziff. 2 Berufung eingelegt.

Die Klägerin hält an ihren erstinstanzlichen Anträgen gegen die Beklagte Ziff. 1 fest. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei sie berechtigt gewesen, ihre Beteiligung an dem Immobilienfonds durch Erklärung gegenüber der Beklagten Ziff. 1 zu kündigen. Daraus resultiere ein Anspruch auf Auszahlung des Abfindungsguthabens nebst dem vorbereitenden Auskunftsanspruch. Entscheidend sei, dass sich aus den Regelungen des Gesellschaftsvertrags und aus der Beitrittsvereinbarung eine unmittelbare vertragliche Beziehung zur Beklagten Ziff. 1 und zu den Gesellschaftern ergebe. Die Klägerin sei daher rechtlich nicht auf eine Kündigung des Treuhandverhältnisses beschränkt. Hilfsweise verweist die Klägerin darauf, dass auch die von ihr erklärten Kündigungen des Treuhandvertrages rechtlich unmittelbar zur Begründung eines Abfindungsanspruchs gegen die Beklagte Ziff. 1 führten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 17.01.2012 - 4 O 15/10 M - aufzuheben, soweit es die Beklagte Ziff. 1 betrifft, und das Teil-Versäumnisurteil vom 15.02.2011 wieder herzustellen, mit der Maßgabe, dass der maßgebliche Stichtag für das Auseinandersetzungsguthaben der 04.02.2010 ist.

Die Klägerin beantragt weiter, das Verfahren wegen des unbezifferten Zahlungsantrags gegen die Beklagte Ziff. 1 an das Landgericht Konstanz zurückzuverweisen.

Die Beklagte Ziff. 1 beantragt,

die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 17.01.2012 zurückzuweisen.

Die Beklagte Ziff. 1 verteidigt das Urteil des Landgerichts. Der Gesellschaftsvertrag enthalte entgegen der Auffassung der Klägerin keine Bestimmungen, durch welche ihr unmittelbare Rechte gegenüber der Gesellschaft und den Gesellschaftern eingeräumt werden sollten. Die Kündigungserklärung gegenüber der Beklagten Ziff. 1 habe mithin keine rechtlichen Wirkungen. Auf die möglichen Wirkungen der Kündigungserklärungen gegenüber der Treuhandkommanditistin komme es nicht an, da die Klägerin bisher darauf verzichtet habe, für eine Übertragung der Kommanditbeteiligung von der Treuhänderin auf sich selbst zu sorgen. Zudem habe die Klägerin ein eventuelles Recht zur Kündigung gegenüber der Treuhänderin verwirkt. Eventuelle Schadensersatzansprüche seien verjährt.

Die Beklagte Ziff. 2 wendet sich mit ihrer Berufung in vollem Umfang gegen die Verurteilung durch das Landgericht. Eine Haftung des verstorbenen Gründungskommanditisten W. S. aus culpa in contrahendo komme entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht in Betracht, da der Gründungskommanditist zu keinem Zeitpunkt in vertragliche Beziehungen zur Klägerin getreten sei. Da die Klägerin ein Vertragsverhältnis nur mit der Treuhänderin begründet habe, könnten vorvertragliche Verpflichtungen bei der Anbahnung eines Vertrages auch nur von der Treuhänderin, und nicht vom Gründungskommanditisten W. S., verletzt worden sein.

Eine Haftung scheide auch deshalb aus, weil der Prospekt die Kapitalanlage vollständig und richtig beschreibe. Die Beschreibung des Angebots als „wichtigen Baustein für Ihre private Altersvorsorge" sei zutreffend. Im Prospekt sei außerdem die Verflechtung der Fondsgesellschaft mit anderen Unternehmen der SW-Unternehmensgruppe zutreffend dargestellt.

Im Übrigen könne der Prospekt für eine Haftung aus weiteren Gründen nicht relevant sein. Die Beklagte Ziff. 2 bestreitet im Berufungsverfahren, dass die Klägerin den Prospekt vor der Beitrittserklärung erhalten habe. Sie bestreitet außerdem, dass Angaben im Prospekt für den Beitritt ursächlich gewesen seien. Hilfsweise: Dem Fondsinitiator W. S. könne bei einem eventuellen Prospektfehler kein Verschulden zur Last gelegt werden. Denn er habe den Prospekt durch einen Wirtschaftsprüfer prüfen lassen, der keine Fehler gefunden habe. Der Klägerin wäre - höchst hilfsweise - ein Mitverschulden von 50 % anzurechnen, da eventuelle Fehler für sie erkennbar gewesen wären. Die Beklagte Ziff. 2 beruft sich zudem auf Verjährung. Die Zug-um-Zug-Einschränkung im Urteil des Landgerichts hält die Beklagte Ziff. 2 für unzureichend, da die Formulierung unklar und nebulös sei.

Die Beklagte Ziff. 2 beantragt,

das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 17.01.2012 - 4 O 15/10 M - abzuändern und die Klage gegen die Beklagte Ziff. 2 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten Ziff. 2 zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Landgerichts, soweit die Beklagte Ziff. 2 verurteilt wurde.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Mit Verfügung vom 19.11.2012 hat der Senatsvorsitzende verschiedene Hinweise erteilt. Die Parteien hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

II. Die Berufung der Beklagten Ziff. 2 ist nur in geringem Umfang begründet. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte Ziff. 2 zum Schadenersatz verurteilt. Das Urteil des Landgerichts hat der Senat auf die Berufung der Beklagten Ziff. 2 nur wegen der Freistellungsverpflichtung geringfügig abgeändert. Die Berufung der Klägerin ist dagegen überwiegend begründet. Die Beklagte Ziff. 1 ist entgegen der Auffassung des Landgerichts verpflichtet, nach der Kündigung der Klägerin eine Auseinandersetzungsbilanz zu erstellen.

A. Berufung der Beklagten Ziff. 2

1. Die Beklagte Ziff. 2 hat der Klägerin Schadensersatz in Höhe von 5.477,62 € zu

leisten. Die Beklagte Ziff. 2 haftet gemäß § 1967 Abs. 1 BGB für die Verbindlichkeiten des verstorbenen W. S. Sie ist unstreitig Alleinerbin des Verstorbenen. W. S. war der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet aus dem Gesichtspunkt von culpa in contrahendo (Verschulden bei Vertragsschluss). Es gelten die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Prospekthaftung im weiteren Sinne.

a) Der Gründungskommanditist W. S. hat im Hinblick auf den Beitritt der Klägerin Vertragsverhandlungen mit dieser aufgenommen. Daher haftete W. S. für das Verschulden eines Erfüllungsgehilfen, insbesondere eines Anlagevermittlers, dessen Hilfe er sich bediente, gemäß § 278 BGB.

aa) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Gründungsgesellschafter einer Publikums-KG beim Beitritt eines Anlegers auf Schadensersatz haftet, wenn im Rahmen der Vertragsverhandlungen Aufklärungspflichten verletzt werden. Die Haftung kann sich sowohl ergeben aus Fehlern des Prospekts, der vom Vermittler für die Werbung von Anlegern verwendet wird, als auch für mündliche fehlerhafte Angaben des Vermittlers gegenüber dem Anleger. Entscheidende Grundlage für die Haftung des Gründungsgesellschafters ist der Umstand, dass durch den Beitritt eines Anlegers zu der Publikums-KG ein Vertragsverhältnis mit dem Gründungsgesellschafter zustande kommt. Da die Werbung des Anlegers (durch den Vermittler) der Anbahnung eines Vertragsverhältnisses mit dem Gründungsgesellschafter dient, sind Fehler des Vermittlers nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss dem Gründungsgesellschafter zuzurechnen (vgl. BGH, NJW 1991, 1608; BGH, NZG 2012, 787; OLG Hamm, Urteil vom 02.04.2009 - 27 U 105/07 -, zitiert nach Juris). Diese Grundsätze finden nicht nur dann Anwendung, wenn ein Anleger unmittelbar einer Publikums-KG als Kommanditist beitritt. Vielmehr kommt eine Haftung des Gründungsgesellschafters auch bei einer treuhänderischen Beteiligung in Betracht, bei welcher ein Treuhänder die Gesellschaftsbeteiligung für den Anleger halten soll. Entscheidend für eine Haftung im Rahmen der Anbahnung eines Vertragsverhältnisses ist die Frage, ob bei einer treuhänderischen Beteiligung gleichzeitig unmittelbare Vertragsbeziehungen zwischen dem Gründungsgesellschafter und dem Anleger (Treugeber) zustande kommen sollen. Wenn sich aus den Regelungen des Gesellschaftsvertrags ergibt, dass der über eine Treuhandkonstruktion beteiligte Anleger eigene Rechte und Pflichten haben soll, ist von einer unmittelbaren vertraglichen Beziehung zwischen dem Gründungsgesellschafter und den Anlegern auszugehen. Daraus ergibt sich in den Fällen der treuhänderischen Beteiligung bei einer Aufklärungspflichtverletzung die Haftung des Gründungsgesellschafters (vgl. BGH, NJW 1987, 2677; BGH, NJW-RR 2007, 406, 407).

bb) Entscheidend ist, wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat, dass die Beteiligten nicht nur ein Vertragsverhältnis der Klägerin zur Treuhänderin begründen wollten, sondern dass gleichzeitig ein Vertragsverhältnis unmittelbar zwischen der Klägerin und den Gesellschaftern, insbesondere zu dem Gründungskommanditisten W. S., begründet wurde, mit einer Vielzahl von eigenen Rechten und Pflichten der Klägerin im Gesellschaftsvertrag. Dies ergibt sich sowohl aus der Beitrittsvereinbarung als auch aus dem Gesellschaftsvertrag.

In der Beitrittsvereinbarung wird die Beklagte Ziff. 1 ausdrücklich als „Vertragspartner" genannt, was nicht erklärbar wäre, wenn ein Vertrag allein zwischen der Klägerin und der Treuhänderin hätte zustande kommen sollen. Die Bezeichnung der Beklagten Ziff. 1 als „Vertragspartner" ist im Zusammenhang mit § 4 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages (im Folgenden abgekürzt: GV) zu sehen. Die Beteiligungsgesellschaft war nach dem Gesellschaftsvertrag ermächtigt, neue Gesellschafter aufzunehmen, wobei jeweils die „beauftragte Kommanditistin" (die Treuhänderin) für die Gesellschaft handeln konnte. Da die Treuhänderin gemäß § 4 Abs. 4 GV nur Vertreterin der Beteiligungsgesellschaft bei der Aufnahme neuer Gesellschafter sein sollte, war es folgerichtig, in der Beitrittsvereinbarung die Beklagte Ziff. 1 selbst als Vertragspartnerin zu bezeichnen. Die Beklagte Ziff. 1 sorgte auf diese Weise für eine Beitrittsvereinbarung mit rechtlichen Wirkungen zwischen dem Anleger und den Gesellschaftern (vgl. hierzu Gummert/Jaletzke in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 3. Auflage 2009, § 62, Rdnr. 6 ff., 10).

Eine eigene vertragliche Beziehung zwischen der Klägerin und den Gesellschaftern ergibt sich zudem aus einer Vielzahl von Regelungen des Gesellschaftsvertrages. Verschiedene Begriffe werden im Gesellschaftsvertrag zwar nicht immer ganz einheitlich gebraucht. Aus dem Gesamtzusammenhang ist jedoch ersichtlich, dass mit „Gesellschafter" und „Kommanditist" in den Bestimmungen des Vertrages die Anleger gemeint sind und nicht etwa die Treuhandkommanditistin. Eigene Rechte und Pflichten der Klägerin ergeben sich insbesondere aus folgenden Regelungen des Gesellschaftsvertrages:

§ 5 Erbringung der Einlagen,

§ 6 Gesellschafterkonten,

§ 11 Abs. 2 Beitritt weiterer Kommanditisten,

§ 25 Verfügungen über die Kommanditistenbeteiligung,

§ 26 Kündigung der Gesellschaft,

§ 27 Abs. 1 Ausscheiden von Gesellschaftern,

§ 29 Auseinandersetzung beim Ausscheiden.

Die Bedeutung der Begriffe „Gesellschafter" und „Kommanditist" im Gesellschaftsvertrag ergibt sich, wenn man die jeweiligen Regelungen im Zusammenhang liest. In § 5 Abs. 2 GV (Erbringung der Einlagen) können mit „Gesellschafter" nur die Anleger gemeint sein, da diese die jeweiligen Einlagen zu leisten haben, und nicht etwa die Treuhandkommanditistin. Die Bedeutung der Begriffe wird im Gesellschaftsvertrag auch dadurch deutlich, dass die Treuhandkommanditistin jeweils (beispielsweise in § 5 Abs. 3 GV) als „beauftragte Kommanditistin" bezeichnet wird. Ebenso unterscheidet der Gesellschaftsvertrag in § 25 (Verfügungen über die Kommanditistenbeteiligung) zwischen „Kommanditisten" (Anlegern) und dem „beauftragten Kommanditisten" (der Treuhandkommanditistin). Als weiteres Beispiel sei § 29 GV genannt (Auseinandersetzung beim Ausscheiden): Es ist davon die Rede, dass ein „Kommanditist", der aus der Gesellschaft ausscheidet, Ansprüche auf ein Auseinandersetzungsguthaben hat. Nach Sinn und Zweck können auch hier nur die Anleger gemeint sein.

Der dargestellten Auslegung des Gesellschaftsvertrages stehen auch die Bestimmungen in § 4 GV (Gesellschafter und Kapital) sowie in § 9 GV (Aufgaben der beauftragten Kommanditisten bzw. Treuhandkommanditistin) nicht entgegen. Zwar ergibt sich aus § 4 GV und § 9 GV eine gesellschaftsrechtliche Konstruktion, bei welcher die Treugeber nur mittelbar über die Treuhandkommanditistin an der Gesellschaft beteiligt werden sollten. Diese Regelungen sind allerdings nicht abschließend. Aus den anderen vertraglichen Regelungen (vgl. die Beispiele oben) ergibt sich gleichzeitig, dass die Anleger unabhängig von der Treuhandkonstruktion eigene gesellschaftsvertragliche Rechte und Pflichten haben sollten.

Die Vielzahl dieser Regelungen zeigt, dass den Anlegern in großem Umfang Rechte und Pflichten gegenüber der Gesellschaft und gegenüber den anderen Gesellschaftern eingeräumt wurden, so dass die Klägerin mindestens eine teilweise ähnliche Stellung wie eine (unmittelbare) Gesellschafterin erhielt. Für den Beitritt der Klägerin zum Fonds war mithin eine eigene vertragliche Beziehung zum Gründungskommanditisten W. S. kennzeichnend und wesentlich. Dies rechtfertigt die Haftung wegen Pflichtverletzungen bei der Vertragsanbahnung.

cc) Die Bedenken der Beklagten Ziff. 2 gegen eine Haftung des Gründungskommanditisten sind nicht berechtigt.

aaa) Entgegen der Auffassung der Beklagten Ziff. 2 ist es nicht erforderlich, dass die Klägerin im Innenverhältnis einem Kommanditisten vollständig gleichgestellt worden wäre. Vielmehr reicht es aus, dass einige wesentliche Rechte und Pflichten des Anlegers im Innenverhältnis unter den Gesellschaftern wie bei einem Kommanditisten geregelt werden. Denn schon daraus ergibt sich, dass die Anbahnung vertraglicher Vereinbarungen zwischen dem Gründungskommanditisten wesentlicher Teil der Beitrittsverhandlungen ist (vgl. die Darstellung der jeweiligen gesellschaftsvertraglichen Regelungen in den Entscheidungen BGH, NJW 1987, 2677 und BGH, NJW-RR 2007, 406).

bbb) Ohne Erfolg bleibt auch der Hinweis der Beklagten Ziff. 2 auf § 9 Abs. 2 GV. Zwar verweist diese Regelung auf die Rechte der Treuhandkommanditistin, die im Verhältnis zur Beklagten Ziff. 1 die jeweiligen Rechte der Treugeber - jedenfalls in erheblichem Umfang - wahrnehmen sollte. Diese rechtliche Konstruktion ändert jedoch nichts daran, dass gleichzeitig im Gesellschaftsvertrag in anderen Bestimmungen den Anlegern in erheblichem Umfang eigene Rechte gegenüber der Gesellschaft eingeräumt wurden. Die Rechte der Treuhänderin gemäß § 9 Abs. 2 GV können eigene Rechte der Anleger nicht verdrängen, soweit diese ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag ihren Niederschlag gefunden haben. Beispielsweise sollte die Treuhänderin zwar gemäß § 9 Abs. 2 GV berechtigt sein, bei einer Auseinandersetzung Rechte der Treugeber wahrzunehmen. Gleichzeitig regelt § 29 GV jedoch eigene Ansprüche und Rechte der Anleger bei einer Auseinandersetzung, die sie nach dem Gesellschaftsvertrag - neben der Treuhänderin - selbst wahrnehmen konnten. Dass die im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehenen eigenen Rechte der Anleger nur von der Treuhänderin wahrgenommen werden sollten, ist den vertraglichen Regelungen nicht zu entnehmen. (Vgl. zur Vertragsauslegung des Gesellschaftsvertrags einer Publikums-KG bei Unklarheiten auch Gummert/Jaletzke a. a. O., § 65, Rdnr. 6, 8.)

b) Der Emissionsprospekt weist zwei erhebliche Fehler auf, welche die Haftung des Gründungskommanditisten W. S. begründen. Beide Fehler waren für die Anlageentscheidung der Klägerin erheblich.

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss einem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein richtiges Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden. Das heißt: Er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden. Ob ein Prospekt unrichtige oder unvollständige Angaben enthält, ist nach dem Gesamtbild, das sich einem Anleger bietet, zu beurteilen. Ein einzelner Hinweis im Prospekt auf ein bestimmtes Risiko ist mithin nicht ausreichend, wenn das Gesamtbild des Prospekts einen entgegenstehenden Eindruck vermittelt. Dabei ist allerdings zu erwarten, dass der Anleger den Prospekt eingehend und sorgfältig liest. Besondere wirtschaftliche Vorkenntnisse oder Erfahrungen des Anlegers mit einer bestimmten Fondskonstruktion können hierbei jedoch nicht unterstellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 23.04.2012 - II ZR 75/10 -, Rdnr. 13, zitiert nach Juris; Gummert/Horbach, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 3. Auflage 2009, § 69, Rdnr. 48 ff.).

bb) Der Prospekt ist insoweit fehlerhaft, als er für einen Anleger, auch bei sorgfältiger Lektüre, den unzutreffenden Eindruck vermittelt, es handle sich um eine sichere Kapitalanlage, die in besonderer Weise zur Altersversorgung geeignet sei.

aaa) Bei Immobilien geht es in der Regel vordringlich um Sicherheit, Rentabilität und Inflationsschutz. Von einem Immobilienfonds erwartet der durchschnittliche Anleger daher vor allem Werthaltigkeit (vgl. BGH, Urteil vom 17.05.2011 - II ZR 202/09 -, Rdnr. 18, zitiert nach Juris). Bei einem Immobilienfonds ist daher eine zutreffende Aufklärung über die allgemeinen Risiken eines geschlossenen Immobilienfonds einerseits und über die besonderen Risiken des speziellen Fonds andererseits von besonderer Bedeutung. Bei geschlossenen Immobilienfonds gibt es verschiedene generelle Risiken, die ein Anleger bei seiner Entscheidung bedenken muss. Die Risiken hängen beispielsweise ab von der Eigenkapital-Fremdkapital-Quote des betreffenden Fonds und von den Wertansätzen bzw. Kaufpreisen der Fondsobjekte. Wertentwicklung und Rendite hängen zudem ab von der Entwicklung der Immobilienpreise und von den Mieteinkünften, die auf einen längeren Zeitraum nur mit erheblichen Unsicherheiten prognostiziert werden können. Daher kann ein geschlossener Immobilienfonds grundsätzlich nicht als „sichere" zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage bezeichnet werden (vgl. zur entsprechenden Frage bei einer mündlichen Anlageberatung BGH, NJW 2010, 3292, 3294). Wer einen Anteil an einem geschlossenen Immobilienfonds als „Baustein" für seine Altersvorsorge erwerben will, muss die besonderen Risiken kennen, und muss insbesondere aus den angegebenen Gründen auf den spekulativen Charakter dieser Anlageform hingewiesen werden.

bbb) Diesen Anforderungen wird der streitgegenständliche Emissionsprospekt, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, nicht gerecht. Der Prospekt stellt den Erwerb eines Fondsanteils als ein besonders sicheres Geschäft dar. Die Anlage sei sicherer als die gesetzliche Rente einerseits, und auch sicherer als die Wertentwicklung des Geldes. Es wird ein Wertzuwachs der Anlage dargestellt, der besser und sicherer vorhergesagt werden könne, als der Wertzuwachs bei anderen Anlageformen. Der Erwerb eines Fondsanteils sei daher als Instrument der Altersvorsorge besonders geeignet, und anderen Alternativen der Altersvorsorge gerade wegen der Sicherheit überlegen. Diese Darstellung ist aus den oben angegebenen Gründen (aaa) unzutreffend.

ccc) Die fehlerhafte Darstellung des Immobilienfonds ergibt sich aus den Kapiteln „Vorwort", „Wertverlust der Deutschen Mark", „Heute Vorsorgen für Morgen" und „Wertzuwachs von Immobilien" auf Seite 1 - 5 des Prospekts. Entscheidend ist der Gesamteindruck dieses Prospektteils, der keinen Zweifel an der Sicherheit der Anlage, der Eignung für die Altersvorsorge, einer überdurchschnittlichen Rendite und an einer verlässlichen Prognose des Wertzuwachses lässt. Soweit sich in diesen Kapiteln allgemeine Ausführungen zur Wertentwicklung von Immobilien einerseits und zu Risiken der gesetzlichen Rente und Geldentwertung andererseits finden, stehen diese Aussagen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Beschreibung des vorliegenden Fonds. Das bedeutet, dass der Leser auch diese allgemeinen Aussagen als Teil der Beschreibung und Charakterisierung des vorliegenden Immobilienfonds verstehen muss. Zu Recht hat das Landgericht daher insbesondere die kritischen Aussagen zur gesetzlichen Rente dahingehend gewürdigt, dass dem Anleger der Eindruck vermittelt wird, der Immobilienfonds sei sicherer als die gesetzliche Rente.

Entgegen der Auffassung der Beklagten Ziff. 2 geht es in dem Prospekt auf Seite 1 - 5 nicht um eine unerhebliche, allgemeine Einleitung des Prospekts. Vielmehr enthält dieser Prospektteil die wesentlichen Ausführungen zu den angeblichen Chancen eines geschlossenen Immobilienfonds, zur Wertentwicklung, zur Eignung für die Altersversorgung und zur Sicherheit der Anlage. In der Beschreibung auf Seite 1 - 5 des Prospekts gibt es keinen Satz, in welchem die dargestellte positive Beschreibung relativiert oder in Frage gestellt werden würde. Beispielhaft ist auf folgende Formulierungen hinzuweisen, die zum Gesamteindruck beitragen:

..............(wird ausgeführt)

ddd) Entgegen der Auffassung der Beklagten wird die Beschreibung des Fonds für einen Anleger - auch bei einer aufmerksamen Lektüre des gesamten Prospekts - nicht durch Hinweise an anderen Stellen relativiert. Maßgeblich bleibt der Eindruck, der sich aus der dargestellten Beschreibung Seite 1 - 5 des Prospekts ergibt. Im Einzelnen:

.................(wird ausgeführt)

cc) Der Prospekt enthält darüber hinaus auch insoweit einen wesentlichen Fehler, als die Anleger nicht über die Risiken aufgeklärt werden, die sich aus einer Verflechtung der Fondsgesellschaft mit bestimmten anderen Unternehmen ergeben.

aaa) Es ist anerkannt, dass eine personelle oder kapitalmäßige Verflechtung der Anlagegesellschaft mit anderen Unternehmen, die an der Durchführung des Vorhabens mitwirken, für die Entscheidung des Anlegers von erheblicher Bedeutung sein kann, so dass eine entsprechende Aufklärung im Emissionsprospekt erforderlich ist (vgl. Gummert/Horbach a. a. O., § 69, Rdnr. 47). Entscheidend ist, dass Verflechtungen zu Interessenkollisionen führen können (vgl. KG Berlin, Urteil vom 26.09.2008 - 14 U 49/08 -, Rdnr. 22, zitiert nach Juris sowie nachgehend BGH, Beschluss vom 19.10.2009 - II ZR 241/08 -; OLG München, Urteil vom 25.03.2009 - 20 U 4536/08 -, Rdnr. 7, zitiert nach Juris; OLG München, Urteil vom 17.08.2011 - 20 U 1566/11 -, Rdnr. 57, zitiert nach Juris). Wenn beispielsweise der Fondsinitiator nicht nur die Geschicke der Fondsgesellschaft lenkt, sondern gleichzeitig maßgeblich an bestimmten Unternehmen beteiligt ist, die Dienstleistungen für die Fondsgesellschaft erbringen, besteht das Risiko, dass der Fondsinitiator Verträge mit den verbundenen Unternehmen wirtschaftlich zu deren Gunsten gestaltet, mit nachteiligen Auswirkungen für den wirtschaftlichen Erfolg des Fonds. Die Kenntnis von solchen Verflechtungen ist daher regelmäßig eine wesentliche Entscheidungsgrundlage für einen beitrittswilligen Anleger. Der Emissionsprospekt muss für den Anleger die notwendige Transparenz herstellen, damit dieser das mit der konkreten Verflechtung verbundene Risiko einschätzen kann (vgl. KG Berlin a. a. O.; BGH, Urteil vom 15.07.2010 - III ZR 321/08 -, Rdnr. 25, zitiert nach Juris). Dabei geht es nicht um einen bloßen abstrakten Hinweis, sondern es gilt auch bei einer Verflechtung der Grundsatz, dass der Anleger über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig unterrichtet werden muss (vgl. BGH a. a. O.). Der Prospekt ist daraufhin zu überprüfen, inwieweit der Anleger in die Lage versetzt wird, mögliche Risiken einzuschätzen (vgl. OLG Stuttgart, NZG 2001, 1098, 1102). Die sich aus einer Verflechtung ergebenden Risiken dürfen zudem nicht im Prospekt verharmlost werden (vgl. OLG Stuttgart a. a. O.).

bbb) Diesen Anforderungen entspricht der vorliegende Emissionsprospekt nicht. Es fehlen ausreichende Hinweise auf die Verflechtung der Beklagten Ziff. 1 mit der Verkäuferin der Fondsimmobilien, der S.W. W. und G. mbH & Co. KG, und mit den Fondsgesellschaften der beiden Fonds S.W. ................. 2009 GbR und S.W. .............. 2010 GbR, deren Anteile die Beklagte Ziff. 1 erworben hat. Für die wirtschaftliche Bewertung der Anlage ist vor allem von Bedeutung, wie die Werte der von der Beklagten erworbenen, Immobilien bzw. der erworbenen Anteile an den beiden Fonds einzuschätzen sind. Eine objektive Bewertung von Immobilien ist generell schwierig, da insbesondere Zukunftsprognosen (Entwicklung von Mieten und Immobilienpreisen) eine wesentliche Rolle spielen. Für einen Anleger ist daher die Frage von wesentlicher Bedeutung, auf welche Weise die Preise festgelegt wurden, zu denen die Fondsgesellschaft die Immobilien erworben hat. Wenn der Fondsinitiator nicht nur die Geschicke der Fondsgesellschaft steuert, sondern auch wirtschaftlich an den Verkäuferunternehmen beteiligt ist, liegt eine Interessenkollision nahe. Denn der Fondsinitiator muss im Rahmen seiner Beteiligung an den Verkäuferunternehmen an hohen Verkaufspreisen interessiert sein, was allerdings dem wirtschaftlichen Erfolg des Fonds zuwider läuft.

Dass eine „unabhängige" Preisfindung ohne Interessenkollisionen für einen Fonds von entscheidender Bedeutung ist, ergibt sich auch aus einer Regelung des Gesellschaftsvertrages: In § 21 GV ist die Bestellung eines Sachverständigenrates vorgesehen, dessen einzige Aufgabe es sein sollte, bei zukünftigen Investitionen in weitere Immobilienprojekte mitzuentscheiden. In § 21 GV ist ausdrücklich geregelt, dass es sich bei den Mitgliedern des Sachverständigenrates um „von der SW-Unternehmensgruppe (die Unternehmensgruppe, zu der die Beklagte Ziff. 1 gehört) unabhängige Personen" handeln muss. Das heißt: Für zukünftige Immobilienprojekte des Fonds liegt dem Gesellschaftsvertrag die Vorstellung zu Grunde, dass erhebliche Interessenkollisionen denkbar wären, wenn die Beklagte Ziff. 1 Immobilien von verbundenen Unternehmen erwerben könnte, ohne eine verbindliche Kontrolle durch einen unabhängigen Sachverständigenrat. Für diejenigen Immobilien bzw. Anteile an den beiden Fonds 2009 und 2010, welche die Beklagte Ziff. 1 zum Zeitpunkt des Beitritts der Klägerin bereits erworben hatte, bestand das gleiche Risiko einer Interessenkollision, wobei die Klägerin für diese Geschäfte jedoch keine Vorkehrungen zum Schutz der Anleger, wie der Kontrolle durch einen unabhängigen Sachverständigenrat, getroffen hatte.

Der Vergleich mit der Regelung in § 21 GV macht deutlich, dass es für die Anleger wichtig war, vor ihrer Entscheidung die personellen und kapitalmäßigen Verflechtungen der Beklagten Ziff. 1 mit der Verkäuferin der Immobilien und mit den beiden Fondsgesellschaften S.W. .................. 2009 GbR und S.W. ................. 2010 GbR zu kennen. Auf Grund der bestehenden Verflechtungen bestanden für den streitgegenständlichen Fonds besondere Risiken, was die Werthaltigkeit der Immobilien bzw. die Angemessenheit der von der Beklagten Ziff. 1 bezahlten Preise betrifft.

Der Prospekt enthält keine zutreffenden und vollständigen Angaben über die bestehenden Verflechtungen. Die Klägerin hatte auf Grund des Prospekts keine ausreichende Grundlage, um die sich aus der Verflechtung ergebenden Risiken vor ihrem Beitritt einschätzen zu können. Im Einzelnen:

.............(wird ausgeführt)

- Es kommt hinzu die Art und Weise, wie die Unternehmensgruppe, zu der die Beklagte Ziff. 1 gehört, im Prospekt dargestellt wird. Auf Seite 10 ff. des Prospekts werden ausschließlich die Vorzüge der Zusammenarbeit verschiedener verbundener Unternehmen erläutert („Austausch des know-how", „Synergieeffekte", „stark im Verbund" etc.). Die Beklagte Ziff. 1 war zwar nicht gehindert, auf eventuelle Vorteile des Unternehmensverbunds hinzuweisen. Bei einem gleichzeitigen Fehlen von Hinweisen auf Risiken der Verflechtung ist die Darstellung im Prospekt aus der Perspektive des Anlegers jedoch eine Verharmlosung bzw. Verschleierung möglicher Risiken (vgl. OLG Stuttgart, NZG 2001, 1098, 1102). Durch den Prospekt wird der unzutreffende Gesamteindruck vermittelt, dass der bestehende Unternehmensverbund nur positive Wirkungen haben könne.

- Das Kapitel „Chancen und Risiken" (Seite 48 und 49 des Prospekts) enthält keinen Hinweis zur Verflechtung. Es gibt im Übrigen am Ende des Prospekts - nach den abgedruckten Verträgen - zwar noch einen Hinweis „Verflechtungen". Dieser ist jedoch unzureichend, da zum einen die Verflechtungen nicht konkretisiert werden (insbesondere im Hinblick auf die beiden Fonds 2009 und 2010), und zum anderen weder nach dem Wortlaut noch nach der Gestaltung des Hinweises erkennbar ist, dass es bei den „Verflechtungen" um einen Hinweis auf ein mögliches Risiko der Anleger gehen soll.

dd) .....................

c) Der Gründungskommanditist W. S. hat bei der Gestaltung des Prospekts mindestens fahrlässig gehandelt. ..................... (wird ausgeführt)

d) Die Klägerin wurde durch einen Vermittler zum Beitritt geworben. Die dargestellten Prospektfehler waren ein wesentlicher Teil des Werbegesprächs. Aus dem Prospekt ergibt sich, dass die Werbung von Anlegern durch Vermittler ausschließlich auf der Grundlage des Emissionsprospekts erfolgen sollte. Zu weiteren zusätzlichen und ergänzenden Auskünften sollten die Vermittler nicht berechtigt sein (vgl. Seite 44, 3. Spalte des Prospekts). In der Beitrittsvereinbarung hat der Vermittler in dem im Formular vorgesehenen Abschnitt durch seine Unterschrift bestätigt, dass er die Klägerin „entsprechend dem Emissionsprospekt" unterrichtet habe. Außerdem habe er ein Exemplar des Emissionsprospekts der Klägerin ausgehändigt. In einer derartigen Situation ist nach den Grundsätzen der Rechtsprechung zur Prospekthaftung im weiteren Sinne zu vermuten, dass die Beratung und Aufklärung der Klägerin durch den Vermittler auf der Basis und mit dem Inhalt des Emissionsprospekts erfolgt ist, ohne dass es darauf ankäme, ob die Klägerin den Prospekt tatsächlich erhalten hat (vgl. BGH, WM 2008, 391; BGH, Urteil vom 06.11.2008 - III ZR 290/07 -, Rdnr. 18, zitiert nach Juris).

....................(wird ausgeführt)

e) Die fehlerhafte Aufklärung der Klägerin über den Gegenstand der Anlage war ursächlich für ihre Beitrittsentscheidung (vgl. BGH, Urteil vom 03.12.2007 - II ZR 21/06 -, Rdnr. 16, zitiert nach Juris; BGH, NJW 2010, 3292, 3294). Die Vermutung der Ursächlichkeit ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht auf Grund bestimmter Umstände widerlegt oder erschüttert.

....................(wird ausgeführt)

f) Der Schaden der Klägerin besteht im Erwerb der Beteiligung. Auf den Wert der Beteiligung kommt es nicht an. Es reicht aus, dass die Klägerin bei pflichtgemäßer Aufklärung den Fondsanteil nicht erworben hätte (vgl. BGH, Urteil vom 31.05.2010 - II ZR 30/09 -, Rdnr. 19, zitiert nach Juris; BGH, Urteil vom 23.04.2012 - II ZR 75/10 -, Rdnr. 24, zitiert nach Juris). Die Anlage war für die mit dem Beitritt verfolgten Zielvorstellungen der Klägerin nicht geeignet. Denn sie bot keine sichere Altersvorsorge. Sie war zudem auch deshalb für die Klägerin nicht geeignet, da auf Grund der Verflechtungsproblematik besondere Risiken hinsichtlich der Werthaltigkeit der Immobilien bestanden, welche die Klägerin auf Grund der Beratung durch den Vermittler und auf der Basis des Emissionsprospekts nicht einschätzen oder begrenzen konnte.

g) Die Klägerin ist im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, wie sie ohne den Beitritt stünde. Die Beklagte Ziff. 2 hat daher die von der Klägerin geleisteten Einzahlungen zu ersetzen. Diese sind in Höhe von 5.477,62 € im Berufungsverfahren - im Verhältnis zur Beklagten Ziff. 2 - unstreitig. Eventuelle Steuervorteile der Klägerin werden im Berufungsverfahren von der Beklagten Ziff. 2 nicht mehr geltend gemacht.

h) ...............

i) Die Klägerin trifft bei der Verursachung des Schadens kein Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB). Die Beweislast für einen Sachverhalt, der ein Mitverschulden begründen könnte, trifft die Beklagte Ziff. 2. Mangels eines Beweises für das Gegenteil ist mithin davon auszugehen, dass der Klägerin vor Unterzeichnung der Beitrittsvereinbarung der Emissionsprospekt zur Verfügung stand. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin die Fehlerhaftigkeit des Prospekts in den entscheidenden Punkten selbst hätte erkennen können. Die Beklagte Ziff. 2 weist selbst darauf hin, dass bestimmte Fachleute (beispielsweise der Autor des Prospektprüfungsberichts) mit weit überlegenen Erfahrungen und Kenntnissen gegenüber der Klägerin Fehler des Prospekts nicht festgestellt hätten.

j) Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist nicht verjährt. ................(wird ausgeführt

k) Die Tenorierung der Zug-um-Zug-Verurteilung entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in entsprechenden Fällen (vgl. BGH, WM 2012, 1589). Der Senat hat im Tenor lediglich klargestellt, dass die Beklagte Ziff. 2 bei einer Schadensersatzleistung Abtretung von Ansprüchen der Klägerin sowohl gegen die Beklagte Ziff. 1 als auch gegen die Treuhandkommanditistin verlangen kann.

2. Die Klägerin kann von der Beklagten Ziff. 2 Zahlung gesetzlicher Zinsen aus der Hauptforderung seit dem 04.02.2010 verlangen gemäß §§ 288 Abs. 1 Satz 2, 291 BGB.

3. Die Beklagte Ziff. 2 befindet sich hinsichtlich der Annahme der Gegenleistung in Annahmeverzug. Dies ist auf den Antrag der Klägerin festzustellen. Die wörtlichen Angebote der Klägerin (Schriftsatz vom 04.02.2011, I, 379, 381 und im Schriftsatz vom 24.10.2011, Seite 18, I, 629) waren ausreichend (vgl. dazu BGH, WM 2012, 1589, 1590).

4. Soweit sich die Beklagte Ziff. 2 gegen die Verurteilung zur Freistellung der Klägerin von Forderungen der Beklagten Ziff. 1 wendet, hat die Berufung teilweise Erfolg.

..........(wird ausgeführt)

5. Die Beschränkung der Erbenhaftung der Beklagten Ziff. 2 ergibt sich aus § 780 Abs. 1 ZPO. ..............(wird ausgeführt)

B. Berufung der Klägerin

Die Berufung der Klägerin hat überwiegend Erfolg.

1. Der Klägerin steht im Rahmen der Stufenklage gegen die Beklagte Ziff. 1 der geltend gemachte Auskunftsanspruch zu.

a) Nach fristloser Kündigung ihrer Beteiligung hat die Klägerin einen Anspruch auf Erstellung und Aushändigung einer Abfindungsbilanz. Die Klägerin hat im Rahmen des Berufungsverfahrens klargestellt, dass es sich bei der zunächst im Antrag angegebenen "Berechnung" um eine Auseinandersetzungsbilanz im Sinne von § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB i. V. m. §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB handeln soll. Die Klägerin ist durch die fristlose Kündigung in der Klageschrift vom 22.12.2009 aus der Gesellschaft ausgeschieden. Die fristlose Kündigung ist der Beklagten Ziff. 1 am 04.02.2010 zugegangen, so dass dieses Datum für das Ausscheiden der Klägerin maßgeblich ist. Einen bezifferten Zahlungsanspruch kann die Klägerin nur auf der Basis einer Auseinandersetzungsbilanz geltend machen. Die Auseinandersetzungsbilanz kann nur von der Beklagten Ziff. 1 erstellt werden, da der Klägerin die nötigen Informationen fehlen. Daher besteht beim Ausscheiden eines Gesellschafters grundsätzlich ein entsprechender Auskunftsanspruch (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 71. Auflage 2012, § 738 BGB, Rdnr. 6). Diese Grundsätze gelten auch beim Ausscheiden eines Kommanditisten durch fristlose Kündigung aus einer Publikums-KG.

b) Die Klägerin war zur fristlosen Kündigung berechtigt.

aa) Es kommt für die Wirksamkeit der Kündigung nicht darauf an, welche Gründe bzw. welche Prospektmängel die Klägerin bei der Kündigung (in der Klageschrift) angegeben hatte. Ein Nachschieben von Gründen ist zulässig. Entscheidend ist allein, dass die Gründe (also insbesondere die Prospektmängel) im Zeitpunkt der Kündigung objektiv bereits vorlagen (vgl. BGH, WM 2012, 1696, 1698).

bb) Die Klägerin wurde durch eine Pflichtverletzung des Gründungskommanditisten zum Beitritt geworben (siehe oben). Der Umstand, dass der Beitritt der Klägerin auf einer Pflichtverletzung ihres Vertragspartners (des Gründungskommanditisten) beruht, rechtfertigt die fristlose Kündigung ihres Kommanditanteils. Da eine Schadensersatzhaftung der Beklagten Ziff. 1 in derartigen Fällen aus Rechtsgründen grundsätzlich nicht in Betracht kommt, tritt bei einer durch culpa in contrahendo veranlassten Beitrittserklärung das Recht zur fristlosen Kündigung an die Stelle einer aus gesellschaftsrechtlichen Gründen ausgeschlossenen Schadensersatzhaftung der Beklagten Ziff. 1. Hierbei ist es nicht erforderlich, dass die Klägerin durch eine arglistige Täuschung zum Beitritt veranlasst wurde. Vielmehr ist der Klägerin bereits bei einer auf Fahrlässigkeit beruhenden Haftung des Gründungskommanditisten ein weiteres Festhalten an der Beteiligung nicht mehr zumutbar, mit der Konsequenz des Rechts zur Kündigung (vgl. BGH, NJW 2003, 2821; OLG Frankfurt, Urteil vom 05.04.2006 - 7 U 54/05 -, Rdnr. 39, zitiert nach Juris).

cc) Die Klägerin war zur Kündigung ihrer Kommanditbeteiligung durch Erklärung gegenüber der Anlagegesellschaft, also gegenüber der Beklagten Ziff. 1, berechtigt. Daran ändert die Treuhandkonstruktion im vorliegenden Fall nichts. Die Klägerin war trotz des bestehenden Treuhandverhältnisses nicht beschränkt darauf, ihre Rechte ausschließlich gegenüber der Treuhänderin durch eine Kündigung des Treuhandvertrages wahrzunehmen.

aaa) Wenn eine Publikums-KG so organisiert ist, dass die Anleger (nur) über einen Treuhandkommanditisten an der Gesellschaft beteiligt werden sollen, entstehen Vertragsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und dem Treuhandkommanditisten bzw. zwischen den Gründungsgesellschaftern und dem Treuhandkommanditisten einerseits, und zwischen dem Treuhänder und den Anlegern (als Treugebern) andererseits. Bei einem fehlerhaften Beitritt zum Fonds wird daher teilweise in Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten, die Anleger könnten nur das Treuhandverhältnis kündigen, und Ansprüche gegenüber dem Treuhänder geltend machen, während eine unmittelbare Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber der Beteiligungsgesellschaft ausgeschlossen sei (vgl. beispielsweise OLG Frankfurt, OLGR 2004, 263). Es stellt sich allerdings die Frage, ob in derartigen Fällen nicht generell einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise der Vorzug gegeben werden muss mit der Konsequenz, dass dem Anleger auch bei einer nur mittelbaren Beteiligung über einen Treuhänder ein Kündigungsrecht unmittelbar gegenüber der Gesellschaft zustehen würde. (Vgl. zur ähnlichen Problematik beim Widerruf einer treuhänderisch vermittelten Beteiligung nach § 3 Abs. 1 HWiG, BGH, NJW 2001, 2718; vgl. zu den dogmatischen Konsequenzen dieser Entscheidung Louven, BB 2001, 1807, 1808, 1809; vgl. zu den rechtlichen Auswirkungen der „Verzahnung" von Gesellschaftsvertrag und Treuhändervertrag auch BGH, WM 2011, 2327; OLG Hamm, NZG 2000, 500; OLG Köln, NZG 2002, 28.) Es kann im vorliegenden Fall jedoch dahinstehen, ob der nur mittelbar beteiligte Anleger bei einer Publikums-KG generell ein Kündigungsrecht gegenüber der Anlagegesellschaft besitzt. Entscheidend sind die Regelungen des vorliegenden Gesellschaftsvertrages, aus denen sich die Rechte der Klägerin gegenüber der Beklagten Ziff. 1 ergeben.

bbb) Das Recht zur Kündigung der Beteiligung unmittelbar gegenüber der Beklagten Ziff. 1 ergibt sich aus den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages. Eine Treuhandkonstruktion ändert nichts daran, dass die Beteiligten berechtigt sind, unmittelbare vertragliche Beziehungen zwischen den Gründungsgesellschaftern und den Anlegern zu regeln, durch die die Anleger nicht nur wirtschaftlich, sondern auch rechtlich eine Stellung erhalten, die einer unmittelbaren Beteiligung angenähert wird. Dies ist vorliegend der Fall.

Mit der Beitrittsvereinbarung hat die Klägerin nicht nur einen Treuhandvertrag mit der Treuhandkommanditistin abgeschlossen, sondern ist gleichzeitig in eine unmittelbare vertragliche Beziehung eingetreten zu den anderen Gesellschaftern mit umfangreichen Rechten und Pflichten, durch die Einzelheiten ihrer Beteiligung geregelt wurden. Aus dieser vertraglichen Beziehung ergibt sich das Recht der Klägerin, ihre Beteiligung durch eine unmittelbare Kündigungserklärung gegenüber der Beklagten Ziff. 1 zu beenden. Zu den einzelnen Regelungen im Gesellschaftsvertrag und zur rechtlichen Stellung der Klägerin wird auf die Ausführungen des Senats oben A. 1. a) bb) verwiesen. ...................(wird ausgeführt)

ccc) Die Einwendungen der Beklagten Ziff. 1 gegen diese Auslegung des Gesellschaftsvertrages haben keinen Erfolg.

............(wird ausgeführt)

ddd) ................

eee) Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass weitere Gesichtspunkte für eine Auslegung des Gesellschaftsvertrages zu Gunsten der Klägerin als Anlegerin sprechen.

aaaa) Zum einen ist anerkannt, dass § 305 c Abs. 2 BGB (Unklarheitenregel bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen) auf den Gesellschaftsvertrag einer Publikums-KG analog anzuwenden ist (vgl. Gummert/Jaletzke a. a. O., § 65, Rdnr. 6). Dieser Grundsatz wäre ggfs. zu Gunsten der Klägerin zu berücksichtigen.

bbbb) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird zudem zunehmend der allgemeine Gedanke hervorgehoben, dass ein nur mittelbar beteiligter Anleger bei einer Publikums-KG grundsätzlich nicht besser, aber auch nicht schlechter gestellt sein soll - soweit dies rechtlich möglich ist -, als bei einer unmittelbaren Beteiligung (vgl. BGH, Urteil vom 22.03.2011 - II ZR 216/09 -, Rdnr. 29, zitiert nach Juris). Dieser Grundsatz legt es nahe, dass auch der nur mittelbar beteiligte Anleger sich bei einem fehlerhaften Beitritt durch eine unmittelbare Kündigung gegenüber der Anlagegesellschaft von seinen vertraglichen Bindungen lösen kann. Denn wenn die Klägerin nur die Möglichkeit hätte, das Treuhandverhältnis zu kündigen, wäre die Beendigung der Beteiligung wesentlich komplizierter, und, wie gerade der vorliegende Fall zeigt, mit vielerlei Hindernissen verbunden. Es sind zudem keine schutzwürdigen Interessen der Beklagten Ziff. 1 ersichtlich, auf Grund derer die Klägerin gezwungen werden müsste, in jedem Fall bei einem fehlerhaften Beitritt zur Beendigung ihrer vertraglichen Bindungen einen „Umweg" über die Treuhänderin zu wählen.

dd) Der fristlosen Kündigung der Klägerin steht nicht entgegen, dass vom Beitritt zur Beklagten Ziff. 1 bis zur Kündigungserklärung neun Jahre vergangen sind.

.....................(wird ausgeführt)

ee) Das Recht der Klägerin zur Kündigung ist auch nicht verwirkt.

......................(wird ausgeführt)

c) Auf Grund der Kündigung hat die Klägerin einen Anspruch auf Auszahlung des Abfindungsguthabens zum Stichtag. Ihr steht ein unmittelbarer Anspruch gegen die Beklagte Ziff. 1 zu. Der Anspruch der Klägerin ergibt sich aus § 29 Abs. 1 GV. ...........(wird ausgeführt)

2. Der gegen die Beklagte Ziff. 1 gerichtete Feststellungsantrag ist zulässig und teilweise begründet.

a) Auf Grund der fristlosen Kündigung besteht ab dem Zeitpunkt des Zugangs der Erklärung das Beteiligungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten Ziff. 1 nicht mehr. Die Beklagte Ziff. 1 kann daher aus der Beteiligung keine Ansprüche mehr gegen die Klägerin herleiten. Insbesondere ist die Klägerin nicht mehr verpflichtet, weitere Zahlungen auf die ausstehende Einlageforderung zu leisten.

b) Die Feststellung ist allerdings mit einer Einschränkung auszusprechen. Es ist derzeit nicht bekannt, wie hoch ein Abfindungsguthaben der Klägerin sein wird oder sein kann. Bei der Erstellung der Abfindungsbilanz sind grundsätzlich ausstehende Einlagen der Klägerin als Rechnungsposten mit zu berücksichtigen. Soweit sich aus einer Verrechnung des anzusetzenden Wertes der Beteiligung der Klägerin einerseits mit ausstehenden Einlagen andererseits ein Saldo zu Gunsten der Beklagten Ziff. 1 ergeben sollte, kann die Beklagte Ziff. 1 diesen Anspruch gegenüber der Klägerin noch geltend machen (vgl. BGH, WM 2012, 1696, 1699).

3. Soweit der Senat hinsichtlich der Beklagten Ziff. 1 im Rahmen der Stufenklage lediglich über die Auskunft entschieden hat, war das Verfahren - wegen der noch nicht bezifferten Zahlungsstufe - an das Landgericht zurückzuverweisen. Die Klägerin hat einen entsprechenden Antrag gestellt. In einem derartigen Fall ist bei einer Stufenklage § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO entsprechend anzuwenden (vgl. BGH, NJW 2006, 2626). Es erscheint zweckmäßig, dem Landgericht die erstinstanzliche Entscheidung über den Zahlungsantrag zu überlassen, sobald der Klägerin eine Bezifferung möglich ist.

C. Nebenentscheidungen

1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2, 100 Abs. 1 ZPO. Da die Klägerin mit ihrem Auskunftsantrag gegen die Beklagte Ziff. 1 im Berufungsverfahren Erfolg hat, ist über die Kosten der zweiten Instanz abschließend zu befinden. Der Umstand, dass das Verfahren wegen der Stufenklage teilweise an das Landgericht zurück verwiesen wird, ändert daran nichts (vgl. Zöller/Herget a. a. O., § 97 ZPO, Rdnr. 7; OLG Hamm, OLGR 1994, 72).

Hingegen kann der Senat nicht über die Kosten des Verfahrens vor dem Landgericht entscheiden, und zwar auch insoweit nicht, als die Beklagte Ziff. 2 betroffen ist. Das Landgericht wird im Rahmen des Schlussurteils über die gesamten Kosten der ersten Instanz zu entscheiden haben, wobei die Kosten im Verhältnis zwischen den beiden Beklagten ggf. entsprechend zu quotieren sind. Ein dringendes Interesse an einer Teil-Kosten-Entscheidung im Verhältnis zur Beklagten Ziff. 2 für das Verfahren vor dem Landgericht hat die Klägerin nicht dargetan und glaubhaft gemacht. (Vgl. zu den Voraussetzungen einer solchen Teil-Kosten-Entscheidung BGH, NJW-RR 2001, 642.)

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.

3. Die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 ZPO. Nach Auffassung des Senats sind verschiedene Rechtsfragen, die Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind, von grundsätzlicher Bedeutung. Das betrifft insbesondere die Berechtigung der Klägerin zur unmittelbaren Kündigung des Vertragsverhältnisses mit der Beklagten Ziff. 1. Auch die Bewertung der streitgegenständlichen Prospektmängel hat nach Auffassung des Senats grundsätzliche Bedeutung.

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