OLG München: Haftung des GmbH-Geschäftsführers für pflichtwidrige Gehaltsauszahlungen eines Mitgeschäftsführers
OLG München, Urteil vom 22.10.2015 – 23 U 4861/14
Volltext: BB-Online BBL2016-66-5
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Amtlicher Leitsatz
Der Geschäftsführer einer GmbH haftet nach § 43 Abs. 2 GmbHG, wenn er für ihn erkennbare pflichtwidrige Gehaltsauszahlungen eines Mitgeschäftsführers an sich selbst nicht verhindert oder unterbindet.
Sachverhalt
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Rückzahlung von angeblich ohne Rechtsgrund bezahlten Geschäftsführergehältern.
Die Klägerin wurde im Jahr 2006 gegründet. Auf deren Satzung (Anlage K 14) wird Bezug genommen.
Seit Gründung der Klägerin war die Beklagte zu 1) jedenfalls bis Ende Juli 2009 Geschäftsführerin und vom 11.08.2009 bis 22.11.2010 Prokuristin der Klägerin. Der Beklagte zu 2) war vom 19.06.2006 bis 31.03.2011 Geschäftsführer der Klägerin. Einziger Gesellschafter der Klägerin ist der „Erzeuger Organisation … e.V.“. Auf dessen Satzung (Anlage B 2, vom Beklagten zu 2) überreicht) wird ebenfalls Bezug genommen. Der Beklagte zu 2) war zugleich Vorsitzender des „Erzeugerorganisation … e.V.“ und vertrat den Verein in der Gesellschafterversammlung der Klägerin.
Nach dem am 06.05.2006 abgeschlossenen Anstellungsvertrag mit der Beklagten zu 1) (Anlage K 2) sollte diese ein festes Monatsgehalt von 1.900,00 Euro erhalten. Gemäß § 5 Abs. 2 i.V.m. § 11 des Anstellungsvertrags sollte ferner 1.000,00 Euro Weihnachtsgeld freiwillig und ohne Rechtsanspruch hierauf gezahlt werden. Nach § 5 Abs. 3 waren mit den Zahlungen sämtliche Ansprüche auf Vergütung von Überstunden, Sonntags- und Feiertagsarbeit oder sonstige Mehrarbeit abgegolten. Nach § 10 des Vertrages bedürfen Änderungen oder Ergänzungen des Vertrages zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform, sowie der ausdrücklichen Zustimmung der Gesellschafterversammlung, auch soweit es um Änderungen der Schriftformklausel geht.
Der mit dem Beklagten zu 2) abgeschlossene Anstellungsvertrag vom 31.12.2007 (Anlage K 4) sieht ein festes Monatsgehalt von 5.000,00 Euro vor, aber keinen Anspruch auf Weihnachts- oder Urlaubsgeld.
Am 01.04.2008 unterzeichneten die Beklagten einen „Zusatz zum Arbeitsvertrag“, nach dem der Beklagte zu 2) ab 01.04.2008 Urlaubs- und Weihnachtsgeld erhalten soll. Auf die Anlage B 1 (von dem Beklagten zu 2) überreicht) wird Bezug genommen.
Ebenfalls von beiden Beklagten wurde am 28.07.2009 ein „Arbeitsvertrag“ unterzeichnet (Anlage B 2, von der Beklagten zu 1) übergeben). Ausweislich der Vorbemerkung wird damit der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag der Beklagten zu 1) aufgehoben und durch eine neue Vereinbarung ersetzt. Gemäß Ziff. VII.1 soll die Beklagte zu 1) eine monatliche Vergütung von 3.575,00 Euro brutto erhalten. In Ziff. XV.4 ist geregelt, dass die Beklagte zu 1) nur Ansprüche auf die Vergütung des bereits in Vollzug gesetzten Arbeitsverhältnisses habe. Im Übrigen seien sich die Parteien einig, dass ihnen wechselseitig keine Ansprüche zustünden.
In der Zeit vom Januar 2007 bis Juli 2010 erhielt die Beklagte zu 1) inklusive Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungsbeiträgen 112.605,41 Euro mehr als nach dem Anstellungsvertrag vom 06.05.2006 (Anlage K 2) vorgesehen; davon entfielen 30.364,67 Euro auf die Zeit ab August 2009, als die Beklagte zu 1) als Prokuristin für die Klägerin tätig war. Wegen der einzelnen Zahlungen wird Bezug genommen auf die Tabelle S. 4 - 7 in der Anspruchsbegründung der Klägerin (Bl. 34 bis 36 d.A.).
Der Beklagte zu 2) erhielt über die im Anstellungsvertrag vom 31.12.2007 (Anlage K 4) vorgesehene Vergütung hinaus von Juni 2008 bis November 2010 Urlaubs- und Weihnachtsgeld in Höhe von insgesamt 22.500,00 Euro.
In einer Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 02.07.2008 wurde ausweislich des Protokolls (Anlage K 10) den beiden Geschäftsführern für das abgelaufene Geschäftsjahr Entlastung erteilt.
Am 27.07.2009 unterzeichneten der Beklagte zu 2) als Vorsitzender des Vorstands der Erzeugerorganisation … e.V. und die Beklagte zu 1) eine „Niederschrift über eine Gesellschafterversammlung“, nach der die Beklagte zu 1) mit Wirkung zum 31.07.2009 als Geschäftsführerin abbestellt und ihr Entlastung erteilt werde. Auf die Anlage B 1 (von der Beklagten zu 1) übergeben) wird Bezug genommen.
Die Klägerin behauptet, die Beklagten hätten sich in kollusivem Zusammenwirken die weiteren Zahlungen zugestanden und veranlasst, obwohl sie gewusst hätten, dass diese Zahlungen weder den Anstellungsverträgen entsprochen hätten noch durch Beschlüsse der Alleingesellschafterin der Klägerin gedeckt gewesen seien. Daher hafteten die Beklagten nicht nur für Zahlungen, die sie selbst erhielten, sondern auch für die Rückzahlung der vom Mitgeschäftsführer bzw. der Mitgeschäftsführerin vereinnahmten Beträge. Die anderen Vorstandsmitglieder des „Erzeugerorganisation … e.V.“ hätten von den Gehaltserhöhungen nichts gewusst. Entlastungsbeschlüsse für 2008 und 2009 seien nicht gefasst worden. Bei der Beschlussfassung 2007 sei für die Unterzeichner des Protokolls - mit Ausnahme des Beklagten zu 2) - die tatsächliche Höhe der Auszahlungen an die Beklagte zu 1) weder bekannt noch erkennbar gewesen.
Der als Anlage B 1 vorgelegte Zusatz zum Arbeitsvertrag vom 01.04.2008 des Beklagten zu 2) sei unwirksam. Die Beklagte zu 1) könne sich nicht auf die Regelungen in dem Arbeitsvertrag vom 28.07.2009 (Anlage B 2, von der Beklagten zu 1) übergeben) berufen. Die Entlastung der Beklagten zu 1) im Beschluss vom 27.07.2009 ist nach Ansicht der Klägerin schon mangels wirksamer Vertretung der Alleingesellschafterin der Klägerin durch den Beklagten zu 2) unwirksam.
Die Klägerin hat in erster Instanz zuletzt beantragt:
1. Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin gesamtschuldnerisch einen Betrag in Höhe von 100.990,74 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.12.2012 zu zahlen.
2. Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin gesamtschuldnerisch einen Betrag in Höhe von 1.780,20 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.12.2012 zu zahlen.
3. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin gesamtschuldnerisch einen Betrag in Höhe von 30.364,67 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.12.2012 zu zahlen.
4. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin gesamtschuldnerisch einen Betrag in Höhe von 1.099,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.12.2012 zu zahlen.
Die Beklagten behaupten, die weiteren Vorstandsmitglieder des „Erzeugerorganisation … e.V.“ hätten von den geltend gemachten Zahlungen Kenntnis gehabt und diese auch gebilligt. Beiden Geschäftsführern sei für die Jahre 2007 bis 2009 Entlastung in Kenntnis dieser Zahlungen erteilt worden.
Zudem seien die geltend gemachten Ansprüche verjährt.
Das Landgericht hat den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen, soweit es um Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) in Höhe von 42.864,67 Euro für Zahlungen ab August 2009 geht. Umfasst sind davon Zahlungen an die Beklagte zu 1) selbst in Höhe von 30.364,67 Euro und Zahlungen an den Beklagten zu 2), für die die Beklagte zu 1) ebenfalls haften soll, in Höhe von 12.500,00 Euro. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Beklagte zu 1) sei ab August 2009 als Prokuristin Arbeitnehmerin gewesen.
In Höhe von 3.750,00 Euro hat die Klägerin in erster Instanz vor der mündlichen Verhandlung die Klage zurückgenommen.
Im Urteil hat das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, in der Hauptsache die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 92.240,70 Euro und den Beklagten zu 2) zur Zahlung weiterer 42.864,67 Euro verurteilt. Der Beklagte zu 2) schulde die Rückzahlung der an ihn zu viel bezahlten 22.500,00 Euro, da es an einem Beschluss der Gesellschafterversammlung fehle. Notwendig wäre dazu vorab eine Beschlussfassung im Vorstand des „Erzeugerorganisation … e.V.“ gewesen, daran fehle es. Die Beklagte zu 1) hafte gesamtschuldnerisch mit dem Beklagten zu 2) für die Rückzahlung dieser Gelder, da sie die Anlage B 1 unterzeichnet habe, ohne sich über das Vorliegen eines wirksamen Gesellschafterbeschlusses zu vergewissern. Die ihr durch den Beklagten zu 2) erteilte Entlastung sei mangels einer vorherigen Vorstandssitzung des „Erzeugerorganisation … e.V.“ unwirksam. Die Beklagte zu 1) habe ferner 92.240,70 Euro, die ihr in ihrer Zeit als Geschäftsführerin zuviel bezahlte Vergütung, zurückzuzahlen. Es habe schon mangels eines protokollierten Gesellschafterbeschlusses an einer wirksamen Gehaltserhöhung gefehlt. Der Beklagte zu 2) hafte für sämtliche Auszahlungen an die Beklagte zu 1) nach § 43 GmbHG. Spätestens bei Aufstellung der Jahresabschlüsse habe er die Zahlungen erkennen müssen.
Die Ansprüche seien nicht verjährt; der am 28.12.2012 beantragte Mahnbescheid habe die Verjährung unterbrochen.
Dagegen wenden sich beide Beklagte mit ihren Berufungen. Es habe Entlastungen für 2008 und 2009 gegeben; zudem hätten die anderen damaligen Vorstandsmitglieder des „Erzeugerorganisation … e.V.“ Kenntnis von den erhöhten Bezügen der Beklagten gehabt. Das Landgericht habe die hierfür angebotenen Zeugen S. und L. unzulässigerweise nicht vernommen. Der Beklagte zu 2) sei auch ohne vorherige Beschlussfassung im Vorstand des „Erzeugerorganisation … e.V.“ zur Vertretung der Alleingesellschafterin befugt gewesen. Zudem habe das Landgericht mehr zugesprochen als beantragt und die Klagerücknahme der Klägerin in erster Instanz nicht berücksichtigt.
Die Beklagten beantragen jeweils,
das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Beklagte zu 2) beantragt zudem hilfsweise,
das Urteil des Landgerichts samt dem ihm zugrundeliegenden Verfahren aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Deggendorf zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufungen der Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Karl S. und Hans L. Auf die Protokolle der Beweisaufnahme und mündlichen Verhandlung vom 17.09.2015 (Bl. 287 ff d.A.) und der mündlichen Verhandlung vom 02.07.2015 (Bl. 252 ff d.A.) sowie die gewechselten Schriftsätze der Parteien wird ergänzend Bezug genommen.
Aus den Gründen
II.
Die Berufungen der Beklagten sind zulässig; die Berufung der Beklagten zu 1) ist ingesamt begründet, die des Beklagten zu 2) nur zu einem geringen Teil.
1. Die Berufung der Beklagten zu 1) hat in vollem Umfang Erfolg, da die gegen sie gerichtete Klage zwar zulässig, aber insgesamt unbegründet ist.
1.1. Die Klage ist zulässig, insbesondere sind die geltend gemachten Ansprüche hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Nach der Teilverweisung durch das Landgericht macht die Klägerin gegen die Beklagte zu 1) Ansprüche auf Rückzahlung von Geschäftsführergehalt in Höhe von 82.240,74 Euro für den Zeitraum Januar 2007 bis Juli 2009 geltend, das die Beklagte zu 1) selbst erhalten hat. Des weiteren verlangt die Klägerin von der Beklagten zu 1) Rückzahlung von 10.000,00 Euro, die der Beklagte zu 2) im Zeitraum vom Juni 2008 bis Juli 2009 als Weihnachts- und Urlaubsgeld erhalten hat. Die im einzelnen geltend gemachten Beträge für die genannten Zeiträume ergeben sich im Detail aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 01.08.2013, S. 4 / 5, Bl. 34 f d.A. sowie S. 7, Bl. 37 d.A. Zudem hat die Klägerin klargestellt, dass die Klagerücknahme in Höhe von 3.750,00 Euro in erster Instanz sich auf Zuvielzahlungen an den Beklagten zu 2) im November 2009 bezogen hat, die gegen die Beklagte zu 1) geltend gemachten Ansprüche mithin nicht betrifft.
Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) war der Verweisungsbeschluss des Landgerichts nicht rechtswidrig, weil es an einem Antrag der Klägerin fehlte. Zutreffend verweist die Beklagte zu 1) darauf, dass die Verweisung weiter ging als von der Klägerin beantragt. Indessen ist nach § 17 a Abs 2 Satz 1 GVG eine Verweisung wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs auch von Amts wegen möglich. Dass für Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) aus einem Anstellungsverhältnis als Prokuristin die Arbeitsgerichte zuständig sind, bezweifeln auch die Beklagten nicht.
1.2. Die Klägerin hat keine Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) auf Rückzahlung der an sie selbst über den Anstellungsvertrag vom 06.05.2006 hinaus von Januar 2007 bis Juli 2009 gezahlten Beträge in Höhe von 82.240,74 Euro.
1.2.1 Die Klägerin kann den Betrag nicht als Schadensersatzanspruch aus § 43 Abs. 2 GmbHG fordern. Zwar hat die Beklagte zu 1) die Zahlungen unstreitig erhalten. Ebenso ist unstreitig, dass diese Zahlungen ihr nach dem Anstellungsvertrag vom 06.05.2006 (Anlage K 2) nicht zustanden. Eine wirksame Gehaltserhöhung wurde nicht vereinbart (s.unten Ziff. 2.4.1.1.2), was aber an dieser Stelle ohnehin dahingestellt bleiben kann. Denn jedenfalls wurde der Beklagten zu 1) für die Jahre 2007 bis einschließlich Juli 2009 durch den Beschluss vom 27.07.2009 (Anlage B 1 - von der Beklagten zu 1) vorgelegt) wirksam Entlastung erteilt:
1.2.1.1 Nach dem Beschluss wird die Beklagte zu 1) als Geschäftsführerin mit Wirkung zum 31.07.2009 abbestellt und ihr Entlastung erteilt. Insoweit sind keinerlei Einschränkungen hinsichtlich des Zeitraums, auf den sich die Entlastung bezieht, aufgenommen. Mithin ist davon die Geschäftsführertätigkeit der Beklagten zu 1) vom Januar 2007 bis einschließlich 27.07.2009 umfasst (zur Zulässigkeit einer Entlastung für längere Zeitabschnitte als ein Geschäftsjahr vgl. Zöllner in Baumbach / Hueck, GmbHG, 20. Aufl, § 46 Rz. 42).
1.2.1.2 Der Beklagte zu 2) konnte den „Erzeugerorganisation … e.V.“, mithin den Alleingesellschafter der Klägerin, wirksam vertreten. Unstreitig war der Beklagte zu 2) im Juli 2009 Vorsitzender des Vorstands des „Erzeugerorganisation … e.V“ und handelte ausweislich der Niederschrift vom 27.07.2009 (Anlage B 1 - vorgelegt von der Beklagten zu 1) als solcher.
Nach § 11 6. Absatz - rechte Spalte - der Satzung (Anlage B 2 - vom Beklagten zu 2) vorgelegt) vertreten der Vorsitzende und sein Stellvertreter den Verein jeweils einzeln. § 13 der Satzung lautet: „Im Innenverhältnis gilt: Der Vorsitzende ist der höchste Vereinsfunktionär. Ihm obliegt die Vertretung des Vereins nach innen und insbesondere nach außen gegenüber Behörden und dritten Personen. Er führt den Vorsitz in der Mitgliederversammlung und im Vorstand. Bei Gefahr in Verzug ist er berechtigt, auch die Angelegenheiten, die in den Wirkungsbereich der Mitgliederversammlung oder des Vorstand fallen, unter eigener Verantwortung selbstständig Anordnungen zu treffen; diese bedürfen jedoch der nachträglichen Genehmigung durch das zuständige Vereinsorgan ...“. Nach § 12 Abs. 2 der Satzung kommen dem Vorstand alle Aufgaben zu, die nicht durch die Satzung einem anderen Vereinsorgan zugewiesen sind.
Danach ergibt sich aus der Satzung, dass der Beklagte zu 2) im Außenverhältnis zur Alleinvertretung des „Erzeugerorganisation … e.V.“ befugt war, somit in der Gesellschafterversammlung der Klägerin Beschlüsse für den Alleingesellschafter der Klägerin fassen konnte. Dabei kommt es nicht darauf an, ob bei der Abberufung und Entlastung der Beklagten zu 1) Gefahr im Verzug bestand. Die Regelungen des § 13 betreffen nach dem klaren Wortlaut nur das Innenverhältnis.
Zwar ist der Klägerin einzuräumen, dass im Innenverhältnis eine Beschlussfassung des gesamten Vereinsvorstands nach § 12 Abs. 2 der Satzung erforderlich gewesen wäre. Indessen lässt dies die Vertretungsbefugnis des Beklagten zu 2) im Außenverhältnis unberührt.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Beklagte zu 1) nicht nach § 242 BGB daran gehindert, sich auf die Vertretungsmacht des Beklagten zu 2) zu berufen. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der Vertretene gegen einen erkennbaren Missbrauch der Vertretungsmacht im Verhältnis zum Vertragspartner dann geschützt, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht hat, so dass beim Vertragspartner begründete Zweifel bestehen mussten, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen vorliege. Notwendig ist dabei eine massive Verdachtsmomente voraussetzende objektive Evidenz des Missbrauchs (BGH, NJW 1999, S. 2883; BGH, NJW 2014, S. 2790, 2792 Tz. 18 je m.w.N.). Daran fehlt es vorliegend. Dabei kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass der Beklagten zu 1) die entsprechenden Satzungsregelungen im Juli 2009 bekannt waren. Jedoch liegt auch bei einem alleinigen Handeln des Beklagten zu 2) ein Missbrauch der Vertretungsmacht nur dann vor, wenn es an einem Beschluss oder zumindest einem Einverständnis der anderen Vorstandsmitglieder des „Erzeugerorganisation … e.V.“ fehlte. Massive Verdachtsmomente für die Beklagte zu 1), dass der Beklagte zu 2) am 27.07.2009 handelte, ohne sich vorher mit seinen Vorstandskollegen ins Benehmen zu setzen, sind aber von der Klägerin nicht vorgetragen und auch sonst nicht erkennbar. Nur die Tatsache, dass der Beklagte zu 2) allein handelte, lässt entgegen der Ansicht der Klägerin nicht auf einen Missbrauch schließen.
Auf die in § 11 letzter Absatz der Satzung normierte Pflicht, über Vorstandssitzungen ein Protokoll zu führen, kommt es nicht an. Denn selbst wenn die Beklagte zu 1) gewusste hätte, dass es an einem protokollierten Vorstandsbeschluss des „Erzeugerorgansation … e.V.“ fehlte, hätte dies nicht zwingend darauf schließen lassen, dass tatsächlich kein Vorstandsbeschluss gefasst worden war.
Soweit die Klägerin pauschal behauptet, die Beklagten hätten den Entlastungsbeschluss in kollusivem Zusammenwirken erstellt, fehlt es schon an näherem Sachvortrag dazu.
1.2.1.3 Durch die Entlastung ist die Gesellschaft mit solchen Schadensersatzansprüchen ausgeschlossen, die für das entlastende Organ auf Grund der Rechenschaftslegung samt aller zugänglich gemachter Unterlagen bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennbar waren (Zöllner in Baumbach / Hueck, a.a.O., § 46 Rz. 41; BGH, Urteil vom 21.04.1986, II ZR 165/85, Juris Tz. 13; BGH, Urteil vom 19.01.1976, WM 1976, S. 736, 737). Vorliegend wurde die Entlastung durch den Beklagten zu 2) in Vertretung des Alleingesellschafters erteilt. Der Beklagte zu 2) war zugleich selbst Geschäftsführer der Klägerin und hatte in dieser Eigenschaft den Jahresabschluss aufzustellen. Mithin waren für ihn die tatsächlichen Zahlungsflüsse bei der Klägerin und mithin auch die Gehaltszahlungen an die Beklagte zu 1) ohne Weiteres ersichtlich. Welche Ansprüche der Beklagten zu 1) nach dem Anstellungsvertrag vom 06.05.2006 (Anlage K 2) zustanden, wusste der Beklagte zu 2), da er diesen Vertrag mitunterzeichnet hatte. Dass es keine wirksame Gehaltserhöhung für die Beklagte zu 1) gegeben hatte (dazu noch unten Ziff. 2.4.1.1.2), war für den Beklagten zu 2) ebenfalls ohne Weiteres ersichtlich. Nach § 10 des Anstellungsvertrags (Anlage K 2) bedürfen Änderungen oder Ergänzungen des Vertrags zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform und der ausdrücklichen Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Dies soll auch für die Änderung der Bestimmungen gelten. Dass es - für den Zeitraum bis Juli 2009 - eine derartige schriftliche Vereinbarung gegeben hätte, die diesen Anforderungen genügte, behauptet keine Partei.
1.2.1.4 Da die Beklagte zu 1) jedenfalls durch den Beschluss vom 27.07.2009 des Beklagten zu 2) entlastet wurde, kommt es nicht darauf an, ob die anderen Vorstandsmitglieder der Erzeugerorganisation … e.V. Kenntnis der Überzahlungen hatten. Der Einvernahme der von der Beklagten zu 1) hierfür angebotenen Zeugen S., L. und Dr. Su. bedurfte es mithin nicht.
1.2.2 Der Klägerin kann von der Beklagten zu 1) Schadensersatzanspruch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB, § 266 StGB fordern. Unabhängig davon, ob dieser Anspruch dem Grunde nach bestehen könnte, wurde der Beklagten zu 1) auch insoweit durch Beschluss vom 27.07.2009 Entlastung erteilt. Die Ausführungen Ziff. 1.2.1.3 gelten entsprechend.
1.2.3 Jedenfalls aufgrund der Entlastung der Beklagten zu 1) mit Beschluss vom 27.07.2009 kommen keine Bereicherungsansprüche der Klägerin aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht. Die Verzichtswirkung der Entlastung erstreckt sich auf Ansprüche gegen einen Geschäftsführer aus ungerechtfertigter Bereicherung, sofern die die Bereicherung begründende Vermögensverschiebung auf Maßnahmen der Geschäftsführung zurückzuführen ist (BGH, Urteil vom 21.04.1986, II ZR 165/85, Juris Tz. 9 f).
1.3. Der Klägerin steht kein Anspruch gegen die Beklagte zu 1) in Höhe von 10.000,00 Euro zu wegen der Zahlungen an den Beklagten zu 2). Ob ein Schadensersatzanspruch aus § 43 Abs. 2 GmbHG oder aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB bzw. ein Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 BGB in Betracht kämen, kann dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls scheitern auch diese Ansprüche an der Verzichtswirkung des Entlastungsbeschlusses vom 27.07.2009 (Anlage B 1 - von der Beklagten zu 1) vorgelegt). Auf die Ausführungen oben Ziff. 1.2.1. kann verwiesen werden. Auch insoweit begründet das alleinige Handeln des Beklagten zu 2) keine massiven Verdachtsmomente für die Beklagte zu 1), dass der Beklagten zu 2) ohne vorheriges Einverständnis mit den Vorstandskollegen des „Erzeugerorganisation … e.V.“ handelte.
1.4. Mangels Anspruchs in der Hauptsache stehen der Klägerin keine Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu.
2. Die Berufung des Beklagten zu 2) hat in der Hauptsache nur insoweit Erfolg, als das Landgericht ihn zur Zahlung von mehr als 131.355,41 Euro verurteilt hat. Nach der Klagerücknahme vor der mündlichen Verhandlung in erster Instanz in Höhe von 3.750,00 Euro hatte die Klägerin ihren Antrag gegen den Beklagten zu 2) - zutreffend - auf insgesamt 131.355,41 Euro reduziert. Die weitergehende Verurteilung verstößt gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO und war daher aufzuheben.
In Höhe von 131.105,41 Euro ist die Klage gegen den Beklagten zu 2) zulässig und begründet:
2.1 Die Klage ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt nach § 253 Abs. 2 ZPO. Die Klägerin fordert Rückzahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld, das der Beklagte zu 2) von Juni 2008 bis November 2010 erhalten hat in Höhe von 18.750,00 Euro. Die geltend gemachten Beträge ergeben sich im Einzelnen aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 01.08.2013, S. 7, Bl. 37 d.A., wobei die Klägerin klargestellt hat, dass aufgrund der Klagerücknahme in erster Instanz die Zahlung im November 2009 nicht mehr in Höhe von 5.000,00 Euro, sondern nur noch in Höhe von 1.250,00 Euro geltend gemacht wird.
Des Weiteren fordert die Klägerin vom Beklagten zu 2) Schadensersatz in Höhe von 82.240,74 Euro für Zahlungen an die Beklagte zu 1) im Zeitraum vom Januar 2007 bis Juli 2009 sowie Schadensersatz in Höhe von weiteren 30.364,67 Euro für Zahlungen an die Beklagte zu 1) im Zeitraum vom August 2009 bis Juli 2010.
2.2 Der als materielle Anspruchsvoraussetzung erforderliche Beschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG liegt vor.
Ausweislich der Anlage K 7 haben die Vorstände des „Erzeuger Organisation … e.V.“ am 07.01.2014 mehrheitlich den Beschluss gefasst, die an die Beklagten zu 1) und zu 2) bewirkten Überzahlungen geltend zu machen und die dafür nötigen Schritte einzuleiten. Soweit die Beklagten erstmals in zweiter Instanz behaupten (Schriftsatz vom 09.09.2015, S. 1 f, Bl. 281 f d.A.), anders als im Beschluss angeführt, sei tatsächlich anstelle von Herrn Sa. J. jun. und Herrn St. J. jun. Herr Hans L. Vorstand, ist dieser von der Klägerin bestrittene Vortrag (nachgelassener Schriftsatz vom 02.10.2015, S. 4, Bl. 301 d.A.) nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Den Beschluss Anlage K 7 hat die Klägerin schon in erster Instanz vorgelegt. Gründe, weshalb die Beklagten nicht schon in erster Instanz vorgetragen haben, die Unterzeichnenden seien nicht die tatsächlichen Vorstandsmitglieder, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.
Im Übrigen kommt es darauf auch nicht an. Zutreffend verweist die Beklagte zu 1) darauf, dass maßgeblich ein Beschluss der Gesellschafterversammlung der Klägerin ist. Bei einer Einmann-Gesellschaft - wie vorliegend - ist ein derartige Beschluss aber nicht nötig. Es genügt, wenn der Wille des Einmann-Gesellschafters hinreichend klar zutage tritt (Zöllner in Baumbach / Hueck, GmbHG, a.a.O., § 46 Rz. 63; BGH, Urteil vom 09.12.1996, II ZR 240/95, Juris Tz.6). Vorliegend ist unstreitig nunmehr Herr Herbert M. Vorsitzender des Vereinsvorstands und kann mithin den „Erzeuger Organisation … e.V.“ nach außen allein vertreten (vgl. dazu schon oben Ziff. 1.2.1.2). Entscheidend ist mithin allein, ob er für den „Erzeugerorganisation … e.V.“ hinreichend klar den Willen geäußert hat, die streitgegenständlichen Ansprüche gegen die Beklagten geltend zu machen. Dies war am 07.01.2014 der Fall, da unstreitig Herr Herbert M. für den Beschluss gestimmt hat.
2.3 Die Klägerin hat einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu 2) in Höhe von 18.750,00 Euro aufgrund der Zahlungen von Weihnachts- und Urlaubsgeld im Zeitraum von Juni 2008 bis November 2010 aus § 43 Abs. 2 GmbHG.
2.3.1. Für einen Schadensersatz aus § 43 Abs. 2 GmbHG hat die Gesellschaft darzulegen und zu beweisen, dass durch ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten des Geschäftsführers der GmbH ein Schaden entstanden ist. Der Geschäftsführer seinerseits hat darzulegen und zu beweisen, dass das schadensauslösende Verhalten nicht pflichtwidrig war oder ihn zumindest kein Schuldvorwurf trifft (BGH, NJW-RR 2008, S. 905 Tz. 5 m.w.N.; BGH NJW 2009, S. 2598 Tz. 5; Kleindick in Lutter / Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl, § 43 Rz. 52). Besteht Streit, ob eine Zahlung des Geschäftsführers an sich selbst pflichtgemäß war, muss die Gesellschaft nur darlegen, dass der Geschäftsführer auf einen möglicherweise nicht bestehenden Anspruch geleistet hat. Es ist danach Sache des Geschäftsführers, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass er einen Zahlungsanspruch hatte (BGH NJW 2009, S. 2598 Tz. 5).
2.3.1.1 Vorliegend ist unstreitig, dass der Beklagte zu 2) Weihnachts- und Urlaubsgeld sich selbst ausgezahlt oder zumindest die Zahlung veranlasst oder nach Erhalt nicht zurückgezahlt hat. Dieses Verhalten ist möglicherweise pflichtwidrig, da sich unstreitig ein entsprechender Anspruch nicht aus dem Anstellungsvertrag vom 31.12.2007 (Anlage K 4) ergibt.
2.3.1.2 Der Beklagte zu 2) hat nicht bewiesen, dass ihm aufgrund einer späteren Änderung seines Anstellungsvertrags ein entsprechender Anspruch zusteht:
2.3.1.2.1 Ein Anspruch lässt sich nicht aus dem vom Beklagten zu 2) als Anlage B 1 vorgelegten „Zusatz zum Arbeitsvertrag“ vom 01.04.2008 herleiten. Zwar wird in diesem zugunsten des Beklagten zu 2) Urlaubs- und Weihnachtsgeld vereinbart. Indessen wurde die Klägerin nicht wirksam vertreten, da dieser von der Beklagten zu 1) als „Geschäftsführerin“ und vom Beklagten zu 2) als „Arbeitnehmer“ unterzeichnet ist. Für Abschluss und Abänderung eines Anstellungsvertrages mit einem Geschäftsführer ist entsprechend § 46 Nr. 5 GmbHG als Annexkompetenz die Gesellschafterversammlung zuständig (BGH NJW-RR 1997, S. 669; BGH NZG 2000, S. 983, 984 je m.w.N). Abweichende Regelungen wurden in der Satzung der Klägerin (Anlage K 14) nicht getroffen.
Mithin konnte die Beklagte zu 1) die Klägerin nicht wirksam vertreten. Der Beklagte zu 2) handelte ebenfalls gerade nicht als Vertreter des „Erzeuger Organisation … e.V.“, sondern ausschließlich im eigenen Namen als „Arbeitnehmer“.
2.3.1.2.2 Der Beklagte zu 2) hat auch nicht bewiesen, dass ihm die Vereinbarung durch die übrigen, damaligen Vorstände Karl S. und Hans L.-Sch. des „Erzeuger Organisation … e.V.“ in einem - konkludenten - Beschluss genehmigt worden wäre:
Der vom Beklagten zu 2) hierzu als Beweis angebotene Zeuge Karl S. hat dies nicht bestätigt. Der Zeuge hat angegeben, ihm sei nichts darüber bekannt, dass man sich mit dem Beklagten zu 2) konkludent über die Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld geeinigt hätte (Protokoll S. 3, Bl. 289 d.A.). Er habe gewusst, dass der Beklagte zu 2) als Geschäftsführer 60.000,00 Euro verdiene. Über das weitere Gehalt habe er nichts gewusst. Es könne sein, dass der Beklagte zu 2) ihn irgendwann einmal informiert habe (Protokoll S. 6, Bl. 292 d.A.).
2.3.2. Eine Entlastung des Beklagten zu 2) für die Geschäftsjahre 2008 bis 2010 mit Verzichtswirkung für die streitgegenständlichen Ansprüche ist nicht erfolgt.
2.3.2.1 Bezüglich des Geschäftsjahrs 2010 behauptet der Beklagte zu 2) selbst nicht, dass er entlastet worden wäre.
2.3.2.2 Bezüglich der Geschäftsjahre 2008 und 2009 sind jedenfalls die streitgegenständlichen Ansprüche nicht durch etwaige Entlastungen ausgeschlossen. Zwischen den Parteien ist umstritten, ob es Entlastungsbeschlüsse gab und ob die anderen damaligen Mitglieder des Vorstands des „Erzeuger Organisation … e.V.“, Herr Karl S. und Herr Hans L.-Sch. wussten oder zumindest erkennen konnten, dass der Beklagte zu 2) seit 2008 Weihnachts- und Urlaubsgeld erhielt.
Wie bereits ausgeführt, ist bei einer etwaigen Entlastung die Gesellschaft - nur - mit solchen Schadensersatzansprüchen ausgeschlossen, die für das entlastende Organ auf Grund der Rechenschaftslegung samt aller zugänglich gemachter Unterlagen bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennbar waren (Zöllner in Baumbach / Hueck, a.a.O., § 46 Rz. 41; BGH, Urteil vom 21.04.1986, II ZR 165/85, Juris Tz. 13; BGH, Urteil vom 19.01.1976, WM 1976, S. 736, 737).
Vorliegend wäre für eine Entlastung des Beklagten zu 2) der Alleingesellschafter der Klägerin, der „Erzeuger Organisation … e.V.“, zuständig. Da der Beklagte zu 2) diese nach § 47 Abs. 4 Satz 1 GmbHG nicht vertreten konnte (vgl. Zöllner in Baumbach / Hueck, GmbHG, a.a.O., § 47 Rz. 95, zum Stimmrechtsausschluss eines Vertreters), ist entscheidend darauf abzustellen, ob die anderen Mitvorstände S. und L.-Sch. eine Entlastung erteilten und dabei mögliche Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu 2) zumindest erkennen konnten.
Zugunsten des Beklagten zu 2) kann unterstellt werden, dass Entlastungsbeschlüsse für 2008 und 2009 gefasst wurden. Jedoch haben die beiden vom Beklagten zu 2) benannten Zeugen angeführt, sie hätten nur von dem Geschäftsführergehalt von 60.000,00 Euro gewusst, nicht aber davon, dass der Beklagte zu 2) auch Urlaubs- und Weihnachtsgeld bezog. So hat der Zeuge S. ausgeführt (Protokoll S. 5, Bl. 291 d.A.), ihm sei nichts bekannt gewesen, dass der Beklagte zu 2) mehr Gehalt bezogen hätte als in seinem Vertrag steht. Über das weitere Gehalt wisse er nichts. Es könne sein, dass der Beklagte zu 2) ihn irgendwann einmal informiert hätte (Protokoll S. 6, Bl. 292 d.A.). Der Zeuge L.-Sch. hat ausgeführt (Protokoll S. 8, Bl. 294 d.A.), er habe gewusst, dass der Beklagte zu 2) ein Gehalt von 60.000,00 Euro bekommen habe. Von weiteren Zahlungen an den Beklagten zu 2) habe er nichts gewusst. Von Urlaubs- und Weihnachtsgeld sei nie die Rede gewesen.
Dass für die Zeugen die Auszahlung des Urlaubs- und Weihnachtsgelds bei der Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennbar gewesen wäre, hat die Beweisaufnahme ebenfalls nicht ergeben. Aus den in zweiter Instanz vom Beklagten zu 2) vorgelegten Jahresabschlüssen 2007 bis 2009 ist zwar eine erhebliche Steigerung des Personalaufwands von 2007 gegenüber 2006 (882 %), von 2008 gegenüber 2007 (64 %) und von 2009 gegenüber 2008 (16 %) erkennbar. Indessen ist in allen Jahresabschlüssen (jeweils S. 2) zur Erläuterung aufgeführt, die Erhöhung des Personalaufwands ergebe sich aufgrund der seit 2007 in Eigenregie durchgeführten Sortierstation N. Die an die Geschäftsführer jeweils ausgezahlten Gehälter werden unter Verweis auf § 286 Abs. 4 HGB nicht ausgewiesen (jeweils S. 5 der vorgelegten Jahresabschlüsse). Mithin war für die Zeugen allein aus den Jahresabschlüssen die Gehaltssteigerung der Geschäftsführer nicht erkennbar. Aufgrund des Verweises auf die Sortierstation N. bestanden hierfür keine Anhaltspunkte und mithin auch keine Veranlassung, die Erhöhung des Personalaufwands zu hinterfragen.
Die Behauptung der Beklagten, die Position „Personalaufwand“ sei von den Wirtschaftsprüfern in Generalversammlungen des Vereins im Einzelnen erläutert worden, haben die Zeugen nicht bestätigt. Der Zeuge S. hat insoweit ausgeführt (Protokoll S. 3 f, Bl. 289 f d.A.), es hätten Generalversammlungen stattgefunden, in denen die Bilanz vom Steuerberater oder vom Beklagten zu 2) vorgetragen worden sei, zudem auch Abschlussgespräche mit dem Wirtschaftsprüfer. Bei diesen habe der Wirtschaftsprüfer die wirtschaftliche Situation des Vereins erläutert und hinsichtlich des Lohnaufwands eine Gesamtsumme genannt, aber keine einzelnen Beträge für die Geschäftsführer. Er könne sich auch an Treffen mit dem Steuerberater L. erinnern, aber nicht daran, ob es Nachfragen bezüglich des Anstiegs der Lohnkosten gegeben habe.
Der Zeuge L.-Sch. hat ausgeführt (Protokoll S. 8 f, Bl. 294 f d.A.), bei den Generalversammlungen seien Zahlen der Gesellschaft an die Wand projeziert worden, es habe sich um die Bilanz gehandelt. Darin enthalten seien auch die Löhne. Es sei aber entweder nur eine Gesamtzahl genannt worden oder aufgeteilt in Festangestellte und Saisonarbeiter. Eine Ausweisung einzelner Löhne habe es nicht gegeben. Es sei nicht darüber gesprochen worden, dass einer konkret mehr Lohn bekommen hat, sondern allenfalls darüber, das es mehr Personal in den Hallen gegeben hat und deswegen die Lohnkosten gestiegen seien. Es sei nicht namentlich über die Löhne gesprochen worden.
Einer Einvernahme des erstmals in zweiter Instanz benannten Zeugen Hans L. bedurfte es nicht. Zum einen ist dieser nur als Zeuge dafür benannt, dass dem Beklagten zu 2) für die Geschäftsjahre 2008 und 2009 Entlastung erteilt wurde. Dies kann, wie ausgeführt, als wahr unterstellt werden. Zum anderen ist das Beweisangebot nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Gründe, weshalb der Beklagte zu 2) den Zeugen nicht schon in erster Instanz hätte anbieten können, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
2.3.3. Der Anspruch der Klägerin ist nicht durch Verzicht bzw. eine Abgeltungsklausel erloschen. In der vom Beklagten zu 2) als Anlage B 3 vorgelegten Ausscheidungsvereinbarung ist unter Ziff. 7 lediglich geregelt, dass mit Erfüllung der Vereinbarung sämtliche Ansprüche des Geschäftsführers abgegolten seien. Eine Abgeltung für Ansprüche der Klägerin ist nicht vorgesehen.
2.3.4. Die Ansprüche sind nicht verjährt:
2.3.4.1 Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 43 Abs. 5 GmbHG, § 200 BGB fünf Jahre ab Entstehung des Anspruchs; auf die Kenntnis hiervon kommt es nicht an (Zöllner / Noack in Baumbach / Hueck, a.a.O., § 43 Rz. 57). Der Schadensersatzanspruch ist jeweils mit der Auszahlung des Urlaubs- und Weihnachtsgelds, mithin Ende Juni 2008, Ende November 2008, Ende April 2009, Ende November 2009, Ende September 2010 und Ende November 2010 (vgl. Schriftsatz vom 01.08.2013 S. 7, Bl. 37 d.A.). entstanden. Dass die Gehälter am Monatsende ausgezahlt wurden, ergibt sich aus dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag (Anlage K 4), Ziff. VII (1).
Die Anspruchsbegründung wurde am 28.08.2013 bzw. 21.08.2013 den Beklagten zugestellt (nach Bl. 40 d.A.), so dass jedenfalls damit die Verjährung nach § 204 Abs.1 Ziff. 1 BGB für die Schadensersatzansprüche ab Ende August 2008 gehemmt wurde.
Jedoch ist auch der bereits Ende Juni 2008 entstandene Schadensersatzanspruch nicht verjährt: Die Klägerin hatte am 28.12.2012 einen Mahnbescheid gegen den Beklagten zu 2) beantragt (Bl. 11 d.A.), der dem Beklagten zu 2) am 26.03.2013 zugestellt wurde (Bl. 13 d.A.). Damit wurde die Verjährung bereits nach § 204 Abs. 1 Ziff. 3 BGB gehemmt. Der Anspruch ist im Mahnbescheid auch hinreichend individualisiert. Insoweit genügt es, wenn der Schuldner selbst erkennen kann, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht wird. Auf die Erkennbarkeit für Dritte kommt es nicht an (BGH NJW 2011, S. 613 Tz. 11).
Diesen Anforderung genügt der Mahnbescheid. Zwar ist darin als Hauptforderung nur aufgeführt „Überzahlung vom 31.05.2011 - 135.105,41 Euro“. Auch gibt es tatsächlich keine Überzahlung vom 31.05.2011. Allerdings war für den Beklagten zu 2) hinreichend klar erkennbar, dass sich das Datum auf ein Schreiben vom 31.05.2011 (Anlage K 6) bezog, in dem die Rechtsanwälte der Klägerin Zahlung von 135.105,41 Euro vom Beklagten zu 2) verlangen. In diesem Schreiben ist ausdrücklich erwähnt, dass die Rückzahlung von an den Beklagten zu 2) zu viel bezahlten Weihnachts- und Urlaubsgeld in Höhe von 22.500,00 Euro sowie von an die Beklagte zu 1) zu viel gezahlter Vergütung von 112.605,41 Euro gefordert wird. Des Weiteren ist angegeben, dass beide Beklagten als Gesamtschuldner haften sollen, da sie beide seinerzeit Geschäftsführer waren. Dass bei Zustellung des Mahnbescheids noch andere Schadensersatz- oder Rückzahlungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagten im Raum standen, tragen die Beklagten selbst nicht vor. Des Weiteren hat auch der Beklagte zu 2) nicht behauptet, dass das als Anlage K 6 vorgelegte Schreiben ihm bei Zustellung des Mahnbescheids unbekannt gewesen wäre.
2.3.4.2 Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es nicht darauf an, ob der Beschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG in unverjährter Zeit gefasst wurde. Für die Hemmung der Verjährung durch Klageerhebung oder Mahnbescheid kommt es nicht darauf an, ob bereits zur Zeit der Zustellung alle Anspruchsvoraussetzungen vorlagen. Der Gesellschafterbeschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG kann vielmehr auch noch im Laufe des Rechtsstreit vorgelegt werden (BGH, Urteil vom 03.05.1999, II ZR 119/98, Juris Tz. 9 m.w.N).
2.3.5. Eine Verwirkung liegt nicht vor. Der Beklagte zu 2) hat die diesbezügliche Behauptung, die anderen Vorstandsmitglieder des „Erzeugerorganisation … e.V.“ hätten von den Überzahlungen Kenntnis gehabt und diese jahrelang gebilligt hätte, schon nicht bewiesen (siehe oben Ziff. 2.3.2.2).
2.4 Die Klägerin hat ferner einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu 2) auf Zahlung von 112.605,41 Euro für Überzahlungen an die Beklagte zu 1) im Zeitraum von Januar 2007 bis November 2010.
2.4.1 Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch für die Überzahlungen ab Ende Dezember 2007 bis November 2010 in Höhe von 83.604,88 Euro aus § 43 Abs. 2 GmbH zu. Für die früheren Überzahlungen ist dieser Schadensersatzanspruch nach § 43 Abs. 4 GmbHG verjährt.
2.4.1.1 Das möglicherweise pflichtwidrige Verhalten des Beklagten zu 2), das zu einem Schaden der Klägerin geführt hat, liegt darin, dass er als Mitgeschäftsführer nicht verhindert hat, dass die Beklagte zu 1) sich selbst mehr Gehalt ausgezahlt hat, als ihr nach dem Anstellungsvertrag vom 06.05.2006 (Anlage K 2) zugestanden hätte.
Den Nachweis, dass dieses Verhalten tatsächlich keine Pflichtverletzung darstellte oder die Klägerin nicht schädigte, hat der Beklagte zu 2) nicht geführt:
2.4.1.1.1 Dass diese Auszahlungen für den Beklagten zu 2) bei pflichtgemäßem Handeln jedenfalls erkennbar waren, ergibt sich schon aus seiner Position als Geschäftsführer der Klägerin. Den Anstellungsvertrag vom 06.05.2006 (Anlage K 2) hat der Beklagte zu 2) selbst unterzeichnet. Der Ansicht des Beklagten zu 2), er hafte nicht, weil ihn keine Überwachungspflichten bezüglich der Beklagten zu 1) getroffen hätten, vermag der Senat nicht zu folgen. Die Geschäftsführer einer GmbH sind kraft ihrer Amtsstellung grundsätzlich für alle Angelegenheiten der Gesellschaft zuständig. Der sich aus dieser Allzuständigkeit ergebenden Verantwortung jedes Geschäftsführers können sich die Geschäftsführer nicht durch interne Zuständigkeitsverteilungen entledigen. Auch bei einer ressortmäßigen Aufteilung bestehen Überwachungspflichten der Geschäftsführer untereinander. Daher haften Geschäftsführer selbst dann, wenn sie gegen pflichtwidriges Handeln der Mitgeschäftsführer nicht einschreiten (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.09.2014, I-21 U 38/14, Juris Tz. 11; Zöllner / Noack in Baumbach / Hueck, GmbHG, a.a.O., § 35 Rz. 33; BGH, Urteil vom 28.04.2015, II ZR 63/14, Juris Tz. 11; BGH, Urteil vom 15.01.2013, II ZR 90 /11, Juris Tz. 22 - je zu den Vorständen einer AG).
2.4.1.1.2 Das Gehalt der Beklagten zu 1) wurde nicht wirksam erhöht.
Der Vortrag des Beklagten zu 2) dazu, ob es bezüglich des Gehalts der Beklagten zu 1) während ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin mündliche Vereinbarungen zur Gehaltserhöhung gab und ob er von den Überzahlungen wusste, war in erster Instanz widersprüchlich, worauf der Senat den Beklagten zu 2) in der mündlichen Verhandlung vom 02.07.2015 (Protokoll S. 3, Bl. 254 d.A.) hingewiesen hat, ohne dass eine Klarstellung erfolgte. Ausgehend vom letzten Vortrag des Beklagten zu 2) (Schriftsatz vom 26.06.2015, S. 2 f, Bl. 246 f d.A.) wussten damals alle Vorstandsmitglieder des „Erzeugerorganisation … e.V.“ von den erhöhten Gehaltszahlungen an die Beklagte zu 1); diese habe ihr Gehalt mit den anderen Vorstandsmitgliedern abgestimmt.
Dies ist - entgegen der Ansicht des Beklagten zu 2), im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 19.10.2015 - nach der Einvernahme der hierfür vom Beklagten zu 2) als Beweis angebotenen Zeugen S. und L.-Sch. unzutreffend. Ihnen war eine Erhöhung des Gehalts und die tatsächlichen Gehaltszahlungen an die Beklagte zu 1) nicht bekannt. Der Zeuge S. hat angegeben (Protokoll S. 5 f, Bl. 291 f d.A.), er könne sich zwar noch erinnern, dass es einen Vertrag mit der Beklagten zu 1) als Bürokauffrau gegeben habe und es klar gewesen sei, dass sie dann als Geschäftsführerin mehr verdienen sollte. Wieviel das gewesen sei, wisse er nicht mehr genau. Darüber, dass das Gehalt der Beklagten zu 1), nachdem sie schon Geschäftsführerin war, erhöht werden sollte, wisse er nichts. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass die Beklagte zu 1) tatsächlich mehr verdient habe, als sich aus dem Anstellungsvertrag Anlage K 2 ergebe.
Der Zeuge L.-Sch. hat ausgeführt (Protokoll S. 8 f, Bl. 294 f d.A.), er habe nicht gewusst, wieviel die Beklagte zu 1) als Geschäftsführerin verdient habe. Wann ihm gesagt worden sei, dass es Zuvielzahlungen an die Beklagte zu 1) gegeben habe, wisse er nicht mehr genau.
Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben sieht der Senat nicht. Beide Zeugen waren erkennbar bemüht, sich an die damaligen Vorgänge korrekt zu erinnern, haben Wissenslücken eingeräumt und keinerlei Belastungseifer gezeigt.
Darüberhinaus wäre eine mündlichen Änderungsvereinbarung unwirksam: § 10 Abs. 1 des Anstellungsvertrags der Beklagten zu 1) (Anlage K 2) beinhaltet eine doppelte Schriftformklausel für die Abänderung des Anstellungsvertrags und die Aufhebung der Schriftformabrede. Nach dem eindeutigen Inhalt der Schriftformklausel soll die Einhaltung der Schriftform Wirksamkeitsvoraussetzung sein. Da es an Anhaltspunkten im Vortrag der Parteien fehlt, dass es sich bei dem Anstellungsvertrag um Allgemeine Geschäftsbedingungen handeln könnte, wäre mithin eine nur formlose Abänderung des Vertrags nach § 125 Satz 2 BGB unwirksam (BAG, NJW 2003, S. 3725, 3727; Ellenberger in Palandt, BGB, 74. Aufl, § 125 Rz. 19; KG, Urteil vom 07.04.2014, 22 U 86/13, Juris Tz.6; ebenso BGH NJW 1976, S. 1395 - für Kaufleute).
Aus der schriftlichen Vereinbarung vom 28.07.2009 (von der Beklagten zu 1) vorgelegt als Anlage B 2), mit der die Beklagte zu 1) für die Zeit ab August 2009 eine Vergütung von 3.575,00 Euro brutto erhalten soll, ergeben sich mangels wirksamer Vertretung der Klägerin keine Vergütungsansprüche. Mit der Vereinbarung wird ausweislich der Vorbemerkung der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag aufgehoben und die alte Vereinbarung durch die neuen Regelungen ersetzt. Nach Ziff. XV.4. sollen keine wechselseitigen Ansprüche der Klägerin und der Beklagten zu 1) - aus ihrer Zeit als Geschäftsführerin - mehr bestehen. Zuständig für eine Abänderung oder Aufhebung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags der Beklagten zu 1) oder für einen Verzicht auf Ansprüchen hieraus gegen die Beklagte zu 1) war aber nicht der Beklagte zu 2) als Geschäftsführer der Klägerin, sondern der Alleingesellschafter, mithin der „Erzeugerorganisation … e.V.“ (s. dazu schon oben Ziff. 2.3.1.2.1). Dass der Beklagte zu 2) als dessen Vorstand gehandelt hätte, ist aus der als Anlage B 2 vorgelegten Vereinbarung in keiner Weise ersichtlich. Der Vertrag wurde abgeschlossen von der Klägerin, „vertreten durch den Geschäftsführer“. Für eine Genehmigung dieser Vereinbarung durch den „Erzeugerorganisation … e.V.“ fehlen jegliche Anhaltspunkte.
2.4.1.2 Eine Entlastung des Beklagten zu 2), die Verzichtswirkung für die streitgegenständlichen Ansprüche hatte, ist nicht nachgewiesen.
Wie bereits ausgeführt (s. oben 2.3.2.2), ist aus den vorgelegten Jahresabschlüssen für 2007 bis 2009 in keiner Weise ersichtlich, welches Gehalt die Geschäftsführer - mithin auch die Beklagte zu 1) - erhalten hatten und dass die Steigerung der Lohnkosten auf einer Gehaltssteigerung der Geschäftsführer beruhten.
Zudem steht nach den Angaben der Zeugen S. und L.-Sch. fest, dass ihnen die tatsächlichen Gehaltszahlungen an die Beklagte zu 1) nicht bekannt waren (siehe oben Ziff. 2.4.1.1.2)
Die Behauptung der Beklagten, die Löhne der Geschäftsführer seien den Vorständen des „Erzeugerorganisation … e.V.“ von den Wirtschaftsprüfern bei Feststellung der Jahresabschlüsse erläutert worden, haben die Zeugen ebenfalls nicht bestätigt (s. schon oben Ziff.2.3.2.2). Soweit der Beklagte zu 2) erstmals im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 19.10.2015 behauptet, die Gehaltszahlungen an die Beklagte zu 1) seien den anderen Vorstandsmitgliedern aus den Anmeldungen für die EU-Fördermittel bekannt gewesen, ist dieser Vortrag nach § 296 a) ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist nicht veranlasst.
Aus demselben Grund ist der neue Vortrag des Beklagten zu 2) im Schriftsatz vom 19.10.2015, aufgrund der Förderung des Gehalts der Beklagten zu 1) in Höhe von 75 % aus EU-Mitteln fehle es an einem Schaden der Klägerin, ebenfalls nicht mehr zu berücksichtigen.
2.4.1.3 Schadensersatzansprüche nach § 43 Abs. 4 GmbHG für die Zahlungen bis zum 28.12.2007 sind verjährt. Da die Gehaltszahlungen an die Beklagte zu 1) ausweislich der Regelungen im Anstellungsvertrag, § 5 Abs. 1 der Anlage K 2, am Monatsletzten ausbezahlt wurden, sind die Schadensersatzansprüche für Zahlungen ab dem 31.12.2007, mithin ab dem Dezembergehalt 2007 nicht verjährt.
2.4.1.3.1 Wie bereits oben (Ziff. 2.3.4.1) ausgeführt, wurde dem Beklagten zu 2) der Mahnbescheid am 26.03.2008 zugestellt und damit die Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt.
Darüberhinaus ist gemäß § 167 ZPO eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Antragsstellung des Mahnbescheids (28.12.2012) anzunehmen, auch wenn der Mahnbescheid erst am 26.03.2013, mithin knapp drei Monate später, zugestellt wurde:
Zwar ist eine Zustellung nach knapp drei Monaten nicht mehr als Zustellung „demnächst“ anzusehen. Indessen sind nur solche Verzögerungen der Zustellung zu berücksichtigen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind. Dabei ist im Hinblick auf die Regelung des § 691 Abs. 2 ZPO im Mahnverfahren eine auf Nachlässigkeit des Antragsstellers beruhende Verzögerung von bis zu einem Monat unschädlich (BGH, NJW 2008, S. 1672, 1673, Tz. 12, BGH NJW-RR 2006, S. 1436, 1437 Tz. 17). Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Antragssteller auch erst nach einer - je nach den Umständen angemessenen Zeit - beim Mahngericht nachzufragen hat, aus welchen Gründen es bislang an einer Zustellung des Mahnbescheids fehlte (BGH NJW-RR 2006, S. 1436, 1437 Tz. 18).
Nach diesen Grundsätzen fehlt es vorliegend an einer der Klägerin zuzurechnenden Verzögerung von mindestens einem Monat:
Ein Aktenausdruck wurde dem Rechtspfleger schon am 02.01.2013 vorgelegt, ein erstes Monierungsschreiben wegen unzulässiger Bezeichnung der Nebenforderung aber erst am 18.02.2013 erlassen. Dieses Schreiben erhielt die Klägerin unstreitig erst am 26.02.2013. Am 4.3.2013 beantwortete die Klägerin unstreitig diese Monierung. Am 06.03.2013 erließ der Rechtspfleger eine zweite Monierung, da die Gebühr aus vorgerichtlicher Tätigkeit überhöht scheine. Dieses Monierungschreiben erhielt die Klägerin unstreitig erst am 20.03.2013. Nach Antwort der Klägerin wurde der Mahnbescheid am 21.03.2013 erlassen und am 26.03.2013 zugestellt.
Die Verzögerung bis zum Eingang des ersten Monierungsschreibens am 26.02.2013 sind der Klägerin nicht zuzurechnen. Die Klägerin konnte zunächst davon ausgehen, einen ordnungsgemäßen Mahnbescheidsantrag nach den Anforderungen des § 690 Abs. 1, Abs. 3 ZPO gestellt zu haben. Aufgrund der Feiertage und der Ferienzeit Anfang Januar sowie der mutmaßlichen Bearbeitungs- und Zustellungsdauer war die Klägerin nicht gehalten, vor dem 26.02.2013 beim Mahngericht nachzufragen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine Nachfrage Anfang Februar hätte erfolgen müssen, hätte dies allenfalls zu einer früheren Versendung des Monierungsschreibens statt am 18.02.2013 schon Anfang Februar 2013, mithin zu einer Beschleunigung um 18 Tage, geführt. Die Dauer der Zustellung des Schreibens wäre dadurch nicht verkürzt worden. Die Verzögerung um 6 Tage zwischen Erhalt und Beantwortung des ersten Monierungsschreibens sind der Klägerin zuzurechnen. Im weiteren Ablauf beruht keine Verzögerung mehr auf einer Nachlässigkeit der Klägerin, da sie weder die Dauer der Zustellung des zweiten Monierungsschreibens noch die Dauer der Zustellung des Mahnbescheids nach dessen Erlass beeinflussen konnte. Somit beträgt die von der Klägerin zu vertretende Verzögerung allenfalls 24 Tage.
2.4.1.3.2 Entgegen der Ansicht der Klägerin führte das „Verheimlichen“ von gegen ihn bestehenden Ansprüchen durch den Beklagten zu 2) weder zu einer Hemmung noch zu einem Neubeginn der Verjährung nach seiner Abberufung. Die Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche nach § 43 Abs. 2, Abs. 4 GmbHG beginnt stets mit Entstehung des Anspruchs. Auf die Kenntnis der Gesellschaft oder der Gesellschafter von den anspruchsbegründenden Tatsachen kommt es selbst dann nicht an, wenn der Geschäftsführer diese verheimlicht (BGH, Urteil vom 29.09.2008, II ZR 234/07, Juris Tz. 16; BGH vom 21.02.2005, II ZR 112/03, Juris Tz. 11). Anderenfalls käme es entgegen dem Gesetzeswortlaut für das Entstehen des Anspruchs letztlich doch auf die Kenntnis der Gesellschaft oder der Gesellschafter an (BGH vom 21.02.2005, II ZR 112/03, Juris Tz. 11). Ebensowenig entsteht dadurch, dass der Geschäftsführer einen gegen ihn gerichteten Schadensersatzanspruch verjähren lässt, erneut ein Schadensersatzanspruch (BGH, Urteil vom 29.09.2008, II ZR 234/07, Juris Tz. 16). Auch durch das Unterlassen entsprechender Hinweise an andere Organpersonen kann nicht eine erneute Verjährungsfrist in Lauf gesetzt werden (BGH, Urteil vom 29.09.2008, II ZR 234/07, Juris Tz. 18).
2.4.2 Bezüglich der Überzahlungen an die Beklagte zu 1) von Januar 2007 bis Ende November 2007 in Höhe von 29.000,53 Euro hat die Klägerin einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB, § 266 Abs. 1 StGB gegen den Beklagten zu 2).
2.4.2.1. Bei einem deliktischen Anspruch wegen Verletzung eines Schutzgesetzes hat der Gläubiger grundsätzlich alle Umstände darzulegen und zu beweisen, aus denen sich die Verwirklichung der einzelnen Tatbestandsmerkmale des Schutzgesetzes ergibt, dazu gehört auch der Vorsatz des Schuldners (BGH; NJW 2013, S. 1304, 1305 Tz. 14). Für einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2, § 266 Abs. 1 StGB genügt dabei bedingter Vorsatz (BGH, Urteil vom 21.02.2005, II ZR 112/03, Juris Tz. 16).
Den Beklagten zu 2) traf als Geschäftsführer der Klägerin eine Vermögensbetreuungspflicht. Diese bestand auch darin, Schaden durch die Tätigkeit einer Mitgeschäftsführerin von der Klägerin abzuwenden (s. oben Ziff. 2.4.1.1.1). Diese Pflicht verletzte der Beklagte zu 2), indem er die Auszahlung der erhöhten Vergütung an die Beklagte zu 1) im Jahr 2007 jedenfalls nicht verhinderte, etwa durch Anweisung an die Buchhaltung. Ggf. hätte der Beklagte zu 2) den Alleingesellschafter der Klägerin, mithin den Vorstand des „Erzeuger Organisation … e.V.“ unterrichten und ggf. für eine Abberufung der Beklagten zu 1) als Geschäftsführerin sorgen können und müssen.
Dadurch entstand der Klägerin ein Schaden in Höhe der Differenz zwischen der ausbezahlten Vergütung und der, auf die die Beklagte zu 1) aus dem Anstellungsvertrag vom 06.05.2006 (Anlage K 2) einen Anspruch hatte.
2.4.2.2. Der Beklagte zu 2) handelte vorsätzlich: Er nahm zumindest billigend in Kauf, dass der Beklagten zu 1) ein höheres Gehalt ausgezahlt wurde als ihr zustand und dadurch die Klägerin geschädigt wurde. Der Beklagte zu 2) wusste nach seinem letzten Vortrag in zweiter Instanz (Schriftsatz vom 26.06.2015, S. 2 f, Bl. 246 f d.A.)., in welcher Höhe die Beklagte zu 1) sich tatsächlich Gehalt auszahlen ließ. Des Weiteren wusste der Beklagte zu 2), wie hoch die der Beklagten zu 1) tatsächlich zustehende Vergütung nach dem als Anlage K 2 vorgelegten Anstellungsvertrag war, da er diesen selbst mitunterzeichnet hatte. Eine schriftliche Änderung des Anstellungsvertrags zwischen dem „Erzeugerorganisation … e.V.“ als Alleingesellschafter und der Beklagten zu 1) oder zumindest einen entsprechenden schriftlichen Beschluss des Alleingesellschafters gab es unstreitig nicht. Auch dies wusste der Beklagte zu 2) als Vorsitzender des Vorstands des „Erzeugerorganisation … e.V.“ Soweit der Beklagte zu 2) behauptet, das erhöhte Gehalt der Beklagten zu 1) sei mit den anderen Vorstandsmitgliedern des „Erzeugerorganisation … e.V.“ abgesprochen gewesen (Schriftsatz vom 26.06.2015, S. 3, Bl. 247 d.A.)., haben dies die Zeugen Sa. und L.-Sch. gerade nicht bestätigt. Vielmehr waren ihnen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme Gehaltserhöhungen für die Beklagte zu 1) überhaupt nicht bekannt. Dass der Beklagte zu 2) bei den Zeugen nachgefragt und von diesen unzutreffende Antworten erhalten hätte, behauptet der Beklagte zu 2) selbst nicht.
2.4.2.3. Eine wirksame Entlastung liegt nicht vor, wie bereits oben Ziff. 2.4.1.3 ausgeführt.
2.4.2.4. Der Schadensersatzanspruch ist nicht verjährt.
Die Verjährung richtet sich nicht nach § 43 Abs. 4 GmbHG, sondern nach §§ 195, 199 BGB (Schneider in Scholz, GmbHG, 11. Aufl, § 43 Rz. 279 und Rz. 286). Grundsätzlich beginnt die Verjährung, wenn der gesetzliche Vertreter einer juristischen Person die erforderliche Kenntnis der Schadensersatzansprüche hat. Jedoch gilt dies nicht, wenn sich die Schadensersatzansprüche gerade gegen den jeweiligen gesetzlichen Vertreter richten. In einem derartigen Fall kann nicht erwartet werden, dass dieser Schadensersatzansprüche gegen sich selbst geltend macht (BGH NJW-RR 2011, S. 832, 833 Tz. 10; BGH NJW 2014, S. 1294, 1295 Tz. 20 m.w.N.). Dasselbe gilt dann, wenn sich die Ansprüche zwar gegen einen Dritten richten, jedoch mit einem gegen den Wissensvertreter gerichteten Anspruch in so engem Zusammenhang stehen, dass auch hier zu befürchten ist, der Vertreter werde nicht zu einer sachgerechten Verfolgung des Anspruchs beitragen (BGH NJW 2014, S. 1294, 1295 Tz. 21). Nach diesen Grundsätzen kommt es vorliegend weder auf das Wissen des Beklagten zu 2) noch das der Beklagten zu 1) an.
Die Klägerin hat behauptet, Kenntnis der überhöhten Gehälter habe - abgesehen von den Beklagten - erst nach Prüfung der Geschäftsführergehälter im Rahmen der Prüfung des Jahresabschlusses für 2010, mithin erst im Jahr 2011 bestanden. Soweit der - insoweit beweisbelastete - Beklagte zu 2) behauptet, die Klägerin bzw. deren Alleingesellschafterin hätten schon zu einem früheren Zeitpunkt Kenntnis gehabt, ist dieser Vortrag schon zu ungenau. Zudem haben die vom Beklagten zu 2) dafür, dass die anderen Vorstandsmitglieder des Alleingesellschafters in den Jahren 2007 bis 2009 Kenntnis der Überzahlungen hatten, angebotenen Zeugen S. und L.-Sch. diese Behauptung nicht bestätigt.
2.4.2.5. Die Verjährung begann mithin gemäß § 199 Abs. 1 BGB am 31.12.2011 und endete gemäß § 195 BGB am 31.12.2014. Zu diesem Zeitpunkt war das hiesige Klageverfahren bereits anhängig, die Verjährung daher nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt.
2.5 Bezüglich der Zinsen hat die Berufung des Beklagten zu 2) insoweit Erfolg, als das Landgericht in Ziff. 1 des Urteils gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen hat, indem es einen Zinsanspruch ab 2005 ausgeurteilt hat. Beantragt war eine Verzinsung erst ab 28.12.2012.
Der Zinsanspruch - ab 28.12.2012 - ergibt sich aus § 288 Abs. 1 ZPO.
2.6 Hinsichtlich der gegen den Beklagten zu 2) geltend gemachten Rechtsanwaltskosten verbleibt die Berufung ohne Erfolg. Der Schadensersatzanspruch umfasst jeweils auch die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das Landgericht insoweit nicht gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen. Die Gesamtsumme der gegen den Beklagten zu 2) ausgeurteilten Rechtsanwaltskosten übersteigt den Antrag der Klägerin nicht.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 100 ZPO.
Die Klagerücknahme durch die Klägerin in Höhe von 3.750,00 Euro ist im Verhältnis zu den Gesamtansprüchen gegen den Beklagten zu 2) nur geringfügig.
Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die Mehrkosten durch den letztlich verwiesenen Teil des Streitgegenstands (Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) in Höhe von 42.864,67 Euro) im vorliegenden Verfahren nicht zu berücksichtigen. Gemäß § 17 b Abs. 2 GVG gelten diese Kosten als Kosten des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
5. Die Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch höchstrichterliche Entscheidungen geklärt.