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Wirtschaftsrecht
16.05.2013
Wirtschaftsrecht
BGH: Grundsätzliches Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses

BGH, Urteil vom 9.4.2013 - II ZR 3/12


Leitsatz


Der Gesellschafter einer Personengesellschaft hat grundsätzlich ein Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses. Dies gilt in der Regel auch über das Bestehen der Gesellschaft oder die Zugehörigkeit des Gesellschafters zu der Gesellschaft hinaus (Fortführung von BGH, Urteil vom 7. Februar 2012, II ZR 230/09, ZIP 2012, 917).


Sachverhalt


Die Parteien sind Rechtsanwälte. Sie waren in einer Partnerschaftsgesellschaft verbunden. Der Kläger ist zwischen Einreichung und Zustellung der Klage im vorliegenden Verfahren zum 30. Juni 2010 ausgeschieden. Soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung wurden auf einer Gesellschafterversammlung am 19. Mai 2010 zwei Beschlüsse mit folgendem Wortlaut gefasst:


zu Top 9,


Herr Dr. H.    [der Kläger] wird aufgefordert, die von ihm Anfang Mai 2010 von den Konten der Partnerschaft abgeräumten bzw. entnommenen Beträge über insgesamt Euro 85.000,00 unverzüglich, bis spätestens 28.5.2010, an die Partnerschaft zurückzuzahlen.


zu Top 10


Herr Dr. H.     [der Kläger] wird aufgefordert, die von ihm bereits aus den Kanzleiräumen entfernten Original-Akten, insbesondere die am Wochenende des 15./16.5.2010 aus der Kanzlei beiseite geschafften Akten in die Kanzleiräume zurückzubringen; dies gilt vor allem, soweit sie Angelegenheiten betreffen, bei denen der Partnerschaft Ansprüche (zum Beispiel auf Auslagenerstattung) zustehen können.


Der Kläger begehrt die Feststellung, dass diese Beschlüsse nichtig sind, hilfsweise, dass sie keine Rechtswirkung entfalten. Das Landgericht hat die Klage insoweit abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Klägers, mit der er sein Begehren weiter verfolgt.


Aus den Gründen


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Die Revision des Klägers hat Erfolg und führt zur Aufhebung der Entscheidung im angefochtenen Umfang und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.



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I. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:



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Dem Kläger fehle das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Es komme nicht darauf an, ob der Kläger aus der Gesellschaft ausgeschieden sei. Maßgeblich sei, ob der angefochtene Beschluss Rechtswirkungen im Verhältnis der Parteien habe. Auswirkungen auf die noch aus der früheren Gesellschafterstellung nachwirkenden Rechte seien nicht ersichtlich. Die in den Gesellschafterbeschlüssen enthaltenen Aufforderungen begründeten keine Rechtspflicht. Sie wirkten hinsichtlich einer solchen Rechtspflicht nicht konstitutiv. In einem wegen der in den Beschlüssen genannten Aufforderungen an den Kläger geführten Rechtsstreit würden diese Beschlüsse nur insoweit Wirkung entfalten, als sie ergangen und vom Kläger zur Kenntnis genommen worden seien.



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II. Dies hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.



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Die Klage ist zulässig. Insbesondere sind die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO erfüllt.



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1. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Beschlüsse der Gesellschafter einer Personengesellschaft Rechtsverhältnisse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO (BGH, Urteil vom 21. Oktober 1991 - II ZR 211/90, NJW-RR 1992, 227; Urteil vom 7. Februar 2012 - II ZR 230/09, ZIP 2012, 917 Rn. 24; ebenso etwa Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Band I, § 3 III 3, S. 179). Da die beiden streitigen Beschlüsse Wirkung für die Zukunft haben sollen, handelt es sich dabei auch nicht nur um vergangene, sondern um gegenwärtige Rechtsverhältnisse.



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2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist es für das Bestehen eines Feststellungsinteresses nicht erforderlich, dass die in den Gesellschafterbeschlüssen enthaltenen Aufforderungen eine Rechtspflicht begründen.



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Der Gesellschafter einer Personengesellschaft hat grundsätzlich ein Interesse im Sinn von § 256 Abs. 1 ZPO an der Feststellung der Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses (BGH, Urteil vom 21. Oktober 1991 - II ZR 211/90, NJW-RR 1992, 227; Urteil vom 25. November 2002 - II ZR 69/01, ZIP 2003, 116, 118; Urteil vom 7. Februar 2012 - II ZR 230/09, ZIP 2012, 917 Rn. 24). Das ergibt sich schon aus seiner Zugehörigkeit zu der Gesellschaft. Er muss es nicht hinnehmen, dass über die Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses Rechtsunsicherheit besteht (BGH, Urteil vom 21. Oktober 1991 - II ZR 211/90, NJW-RR 1992, 227; Urteil vom 7. Februar 2012 - II ZR 230/09, ZIP 2012, 917 Rn. 24). Dies gilt grundsätzlich auch über das Bestehen der Gesellschaft oder die Zugehörigkeit des Gesellschafters zu der Gesellschaft hinaus (vgl. BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 - II ZR 230/09, ZIP 2012, 917 Rn. 1, 24). Daher hat auch der nach der Beschlussfassung ausgeschiedene Gesellschafter im Regelfall ein fortwirkendes Feststellungsinteresse.



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Es kann dahinstehen, ob Sachverhalte denkbar sind, bei denen mit dem Ausscheiden ein Feststellungsinteresse entfällt. Denn die in den Beschlüssen enthaltenen Aufforderungen zur Rückzahlung von Geld und zur Rückgabe von Akten sollten ersichtlich nicht mit dem Ausscheiden des Klägers aus der Gesellschaft hinfällig werden.



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3. Im Übrigen handelt es sich bei den zu Top 9 und Top 10 beschlossenen Aufforderungen nicht nur um eine unverbindliche Meinungsäußerung der Gesellschafter ohne Rechtsfolgewillen, sondern um die verbindliche Feststellung von bestimmten Handlungspflichten des Klägers. Dafür spricht schon der Umstand, dass die Beschlüsse förmlich gefasst worden sind und das Abstimmungsergebnis vom Versammlungsleiter förmlich festgestellt und protokolliert worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2002 - II ZR 69/01, ZIP 2003, 116, 118; Urteil vom 7. Februar 2012 - II ZR 230/09, ZIP 2012, 917 Rn. 25). Mit diesen Beschlussfassungen sollte die unter den Gesellschaftern streitige Verpflichtung zur Rückzahlung von Beträgen und zur Rückgabe von Akten verbindlich festgelegt werden. Dieser Regelungscharakter innerhalb der Gesellschaft genügt jedenfalls, um ein Interesse des Klägers an der Feststellung der Unwirksamkeit der Beschlüsse zu rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2002 - II ZR 69/01, ZIP 2003, 116, 118; Urteil vom 7. Februar 2012 - II ZR 230/09, ZIP 2012, 917 Rn. 25).



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III. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann nicht selbst abschließend entscheiden, da noch tatrichterliche Feststellungen getroffen werden müssen.



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Allerdings ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagten die richtigen Klagegegner und damit passivlegitimiert sind. Die Nichtigkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung einer Personengesellschaft wird grundsätzlich durch Feststellungsklage gegen die Mitgesellschafter geltend gemacht (BGH, Urteil vom 7. Juni 1999 - II ZR 278/98, ZIP 1999, 1391, 1393; Urteil vom 27. April 2009 - II ZR 167/07, ZIP 2009, 1158 Rn. 23 ff.; Urteil vom 1. März 2011 - II ZR 83/09, ZIP 2011, 806 Rn. 19). Das gilt auch für die Klage eines mittlerweile ausgeschiedenen Gesellschafters (s. BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 - II ZR 230/09, ZIP 2012, 917 Rn. 1).



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In dem durch die erforderliche Zurückverweisung wiedereröffneten Berufungsrechtszug wird sich das Oberlandesgericht nunmehr mit den geltend gemachten formellen und materiellen Beschlussmängeln zu befassen haben.

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