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Wirtschaftsrecht
17.07.2009
Wirtschaftsrecht
LG München I: GmbH als herrschendes Unternehmen bei 51 % der Anteile an KG

LG München I, Urteil vom 23.4.2009 - 5 HK O 542/09

Leitsatz

1. Verfügt eine GmbH über 51 % der Anteile an einer Kommanditgesellschaft, so ist die GmbH jedenfalls dann herrschendes Unternehmen, wenn Gesellschafterbeschlüsse regelmäßig mit einfacher Mehrheit gefasst werden, die GmbH einzige Komplementärin ist und die alleinige Geschäftsführungsbefugnis hat.

2. Wenn ein Unternehmen abhängig ist, so werden bei der Ermittlung der Grenze von 95 % im Sinne des § 327a AktG sämtliche von diesem Unternehmen gehaltenen Anteile dem herrschenden Unternehmen zugerechnet; dies gilt auch dann, wenn es sich um keine 100 %-ige Beteiligung handelt. 3. Die Gewährleistungserklärung eines Kreditinstituts, wonach Forderungen ihr gegenüber nur geltend gemacht werden können, wenn ein Zahlungsanspruch bezüglich der Barabfindung besteht und nicht verjährt ist, verstößt nicht gegen § 327 Abs. 3 AktG

.

4. Bewertungsbezogene Rügen hinsichtlich des Inhalts des Übertragungsberichts nach

§ 327c Abs. 2 Satz 1 AktG

 begründen nicht die Anfechtbarkeit des Squeeze out-Beschlusses; insoweit sind die Aktionäre auf das Spruchverfahren zu verweisen.

5. Der Anfechtungsausschluss nach

§ 327f Satz 1 AktG

 greift auch bei der Rüge ein, bei der Ermittlung des Börsenwerts sei ein unzutreffender Referenzzeitraum zugrunde gelegt worden.

6. Die Umfirmierung löst keine Mitteilungspflichten nach

§ 21 WpHG

 aus.

7. Mängel über Ausführungen zu den Voraussetzungen einer wirksamen Stimmrechtsvollmacht ziehen nicht die Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses nach sich.

Tenor

I. Die Klagen werden abgewiesen.

II. Die Kläger sowie die dem Rechtsstreit auf Seiten der Kläger beigetretene Nebenintervenientin tragen die Kosten des Rechtsstreits zu gleichen Teilen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger sowie die dem Rechtsstreit auf Seiten der Kläger beigetretene Nebenintervenientin können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 105 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Der Streitwert wird auf € 125.000,-- festgesetzt.

Sachverhalt

1

Die Parteien streiten mittels Anfechtungsklage um die Wirksamkeit eines Beschlusses der Hauptversammlung der Beklagten zu einem Squeeze out.

I.

2

1. Die D. GmbH (im Folgenden: D. GmbH) hielt am 21.8.2008 16.859.020 Aktien der Beklagten, was einem Anteil von 93,66 % am Grundkapital dieser Gesellschaft - einem im Bundesgebiet tätigen Immobilienunternehmen - entsprach. Am 21.8.2008 richtete die D. GmbH ein von ihrem Geschäftsführer, Herrn A. D., unterzeichnetes Schreiben an den Vorstand der Beklagten, in dem unter anderem Folgendes ausgeführt war:

3


„Das Grundkapital der D. I. AG beträgt derzeit € 46.080.000,00 und ist in 18.000.000 nennwertlose, auf den Inhaber lautende Stückaktien eingeteilt. Hieran hält die D. GmbH, M., unmittelbar und mittelbar 17.198.775 Stückaktien, was einem Aktienbesitz von insgesamt rd. 95,55 % entspricht.

        

Weitere 339.755 Aktien der D. I. AG (entsprechend rund 1,89 %) hält die B. S. GmbH & Co. . KG unmittelbar. Am Kapital dieser Gesellschaft ist die D. GmbH mit 51 % beteiligt. Die D. GmbH kann daher beherrschenden Einfluss auf die B. S. GmbH & Co. ... KG ausüben und letztere ist dementsprechend ein abhängiges Unternehme i. S. d.

§ 17 AktG

. Gemäß §§ 327a Absatz 2, 16 Absatz 4 Akt sind die von der B. S. GmbH & Co. ... KG an der D. I. AG gehaltenen Aktien daher bei der Berechnung der Beteiligungshöhe im Sinne des

§ 327a Absatz 1 AktG

 mit zu berücksichtigen.

        

Die D. GmbH ist damit insgesamt Hauptaktionärin der D. I. AG im Sinne des

§ 327 a Absatz 1 Satz 1 AktG

.

        

In dieser Eigenschaft beabsichtigt sie, eine Übertragung der von den Minderheitsaktionären der D. I. AG gehaltenen Aktien auf sich gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung herbeizuführen.

        

Wir richten daher nach

§ 327 a Absatz 1 Satz 1 AktG

 unser förmliches Verlangen an Ihre Gesellschaft, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, damit die nächste Hauptversammlung der D. I. AG einen Übertragungsbeschluss nach

§ 327 a Absatz 1 Satz 1 AktG

 fassen kann.

...       

        

Mit freundlichen Grüßen

D.   

... GmbH

A. D."

4

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten dieses Verlangens wird in vollem Umfang auf Anlage 1 zu Anlage B 1 Bezug genommen.

5

Am 21.10.2008 erstattete die D. GmbH einen Bericht über die Voraussetzungen der Übertragung der Aktien von Minderheitsaktionären der Beklagten auf die D. GmbH sowie die Angemessenheit der auf € 28,04 festgesetzten Barabfindung (Anlage B 1). Dieser Wert von € 28,04 beruhte auf einer gutachtlichen Stellungnahme der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft R. & Partner, zu der in dem Bericht auf Seite 49 Folgendes ausgeführt ist:

6


„ 1) Vorbemerkung

        

Die D. GmbH hat R. & Partner als neutralen Gutachter mit der Durchführung einer Unternehmensbewertung der D. zur Festlegung der im Ausschlussverfahren nach

§ 327 a Abs. 1 AktG

 in Verbindung mit

§ 327 b AktG

 zu gewährenden Barabfindung beauftragt. R. & Partner hat den Unternehmenswert der D. anhand anerkannter Bewertungsgrundsätze mit EUR 14,09 je auf den Inhaber lautende Stückaktie der D. ermittelt. Der volumengewichtete durchschnittliche Börsenkurs der D.-Aktie für die letzten drei Monate vor Bekanntgabe des geplanten Ausschlussverfahrens am 21. August 2008 liegt bei EUR 28,04 je auf den Inhaber lautende Stückaktie und somit über dem von R. & Partner ermittelten Wert je Stückaktie der D. in Höhe von EUR 14,09; er stellt daher die Wertuntergrenze der Barabfindung dar. Die D. GmbH hat sich die von R. & Partner getroffenen Feststellungen vollumfänglich zu eigen gemacht und auf der Grundlage der gutachtlichen Stellungnahme von R. & Partner gem.

§ 327 b Abs. 1 AktG

 die Barabfindung auf EUR 28,04 je Stückaktie der D. festgelegt (vgl. oben Ziff. V. 3) („ Festlegung und Prüfung der Barabfindung ")).

        

Die Ausführungen von R. & Partner in der gutachtlichen Stellungnahme vom 20. Oktober 2008 zum Wert der D. werden nachfolgend inhaltlich vollständig wiedergegeben. ..."

7

Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Berichts wird in vollem Umfang auf Anlage B 1 Bezug genommen.

8

Die B.bank AG gab unter dem 21.10.2008 eine Garantieerklärung (Anlage K 3 aus dem hinzuverbundenen Verfahren 5HK O 771/09) mit unter anderem folgenden Inhalt ab:

9


„... Wir, die B.bank Aktiengesellschaft, als im Geltungsbereich des Aktiengesetzes zum Geschäftsbetrieb befugtes Kreditinstitut übernehmen hiermit unbedingt und unwiderruflich die Gewährleistung für die Erfüllung der Verpflichtung des Hauptaktionärs, den Minderheitsaktionären der D. I. AG nach Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister unverzüglich die festgelegte Barabfindung in Höhe von EUR 28,04 für jede auf den Hauptaktionär übergegangene Aktie zuzüglich etwaiger Zinsen gemäß

§ 327 b Abs. 2 AktG

 in Höhe von 2% jährlich über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß

§ 247 BGB

 ab der Bekanntmachung der Eintragung des Übertragungsbeschlusses im Handelsregister zu zahlen.

        

Diese Gewährleistungserklärung räumt im Wege eines echten Vertrags zugunsten Dritter (

§ 328 BGB

) jedem Minderheitsaktionär einen direkten Zahlungsanspruch uns gegenüber ein. Forderungen können uns gegenüber im Rahmen dieser Gewährleistungserklärung nur dann geltend gemacht werden, wenn ein Zahlungsanspruch bezüglich der vorgenannten Barabfindung besteht und nicht verjährt ist. Im Verhältnis zu jedem Minderheitsaktionär sind jedoch Einwendungen und Einreden aus unserem Verhältnis zum Hauptaktionär ausgeschlossen. ..."

10

Hinsichtlich der näheren Einzelheiten dieser Erklärung wird in vollem Umfang auf Anlage K 3 aus dem hinzuverbundenen Verfahren 5HK O 771/09 Bezug genommen.

11

Ebenfalls am 21.10.2008 konkretisierte die D. GmbH ihr Verlangen und führte in diesem Schreiben an den Vorstand der Beklagten (Anlage 1 zu Anlage B 1) unter anderem Folgendes aus:

12


„... Die D. GmbH teilt Ihnen nunmehr mit, dass sie gemäß

§ 327 b Abs. 1 Satz 1 AktG

 die Höhe der an die Minderheitsaktionäre der D. I. Aktiengesellschaft zu zahlenden Barabfindung auf EUR 28,04 je auf den Inhaber lautender Stückaktie der D. I. AG mit einem anteiligen Betrag des Grundkapitals in Höhe von EUR 2,56 festgelegt hat.

        

...       

        

Hiermit wiederholen und konkretisieren wir unser Übertragungsverlangen vom 21. August 2008 und richten das Verlangen an Sie, auf die Tagesordnung der für den 15. Dezember 2008 geplanten außerordentlichen Hauptversammlung der D. I. Aktiengesellschaft den Tagesordnungspunkt

        

'Beschlussfassung über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der D. I. Aktiengesellschaft auf die D. GmbH mit Sitz in M. gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung gemäß den

§§ 327 a ff. Aktiengesetz

'

        

aufzunehmen. Wir bitten Vorstand und Aufsichtsrat der D. I. Aktiengesellschaft, der Hauptversammlung zu diesem Tagesordnungspunkt nachfolgenden Beschlussvorschlag zu unterbreiten:

        

'Die auf den Inhaber lautenden Stückaktien der übrigen Aktionäre der D. I. Aktiengesellschaft (Minderheitsaktionäre) werden gemäß dem Verfahren zum Ausschluss der Minderheitsaktionäre (

§§ 327 a ff. Aktiengesetz

) gegen Gewährung einer von der D. GmbH mit Sitz in M. (Hauptaktionär) zu zahlenden Barabfindung in Höhe von EUR 28,04 je auf den Inhaber lautender Stückaktie mit einem anteiligen Betrag des Grundkapitals in Höhe von EUR 2,56 auf den Hauptaktionär übertragen.'

        

...       

        

Mit freundlichen Grüßen

D.   

... GmbH

A. D.

Geschäftsführer"

13

Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Verlangens wird in vollem Umfang auf Anlage 1 zu Anlage B 1 Bezug genommen.

14

2. Der elektronische Bundesanzeiger vom 5.11.2008 veröffentlichte die Bekanntmachung der Einladung der Beklagten zu ihrer außerordentlichen Hauptversammlung vom 15.12.2008, in der unter anderem folgende Ausführungen enthalten waren:

15


„ Stimmrechtsvertretung

        

Die Aktionäre können ihr Stimmrecht in der Hauptversammlung auch durch Bevollmächtigte, z.B. die depotführende Bank, eine Aktionärsvereinigung oder eine andere Person ihrer Wahl, ausüben lassen. Nach der Satzung der Gesellschaft gilt für die Erteilung der Vollmacht die gesetzlich vorgeschriebene Form. Dementsprechend ist für die Vollmacht, soweit sie nicht an ein Kreditinstitut, eine Aktionärsvereinigung oder eine andere der in

§ 135 AktG

 gleichgestellten Personen erteilt wird, die Schriftform erforderlich und ausreichend. Auch hier hat der vertretene Aktionär für einen rechtzeitigen Nachweis seines Anteilsbesitzes Sorge zu tragen. Ein Formular zur Erteilung der Vollmacht ist auf der Rückseite der Eintrittskarte aufgedruckt.

        

Darüber hinaus bieten wir unseren Aktionären als besonderen Service an, einen von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreter mit der Ausübung ihrer Stimmrechte zu bevollmächtigen, der das Stimmrecht gemäß der ihm zum einzigen Tagesordnungspunkt erteilten Weisung ausübt. Ohne Weisung darf der von der Gesellschaft benannte Stimmrechtsvertreter das Stimmrecht nicht ausüben. Für die Vollmachts- und Weisungserteilung ist das Vollmachts- und Weisungsformular zu verwenden, welches die Aktionäre nach Anmeldung zur Hauptversammlung zusammen mit der Eintrittskarte erhalten. Dieses ist unterzeichnet und entsprechend ausgefüllt der Gesellschaft an die nachfolgend genannte Adresse zu übermitteln; die Aktionäre werden zur organisatorischen Erleichterung gebeten, für einen Zugang bei der Gesellschaft bis zum 11. Dezember 2008 Sorge zu tragen. Nach der Satzung der Gesellschaft können Vollmachten, die der Aktionär der Gesellschaft oder einem von ihr benannten Stimmrechtsvertreter zuleitet, neben einer Erteilung in Schriftform auch durch Telefax oder durch eine andere, in der Einladung zur Hauptversammlung näher bestimmte elektronische Form erteilt werden. Dementsprechend können die mittels des Vollmachts- und Weisungsformulars an den Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft zu erteilenden Vollmachten unter der genannten Adresse nicht nur in Schriftform, sondern auch per Telefax oder per E-Mail übermittelt werden; im Fall der Übermittlung per E-Mail ist das ausgefüllte und unterzeichnete Vollmachts- und Weisungsformular als eingescannte Anlage der E-Mail-Nachricht beizufügen.

        

D. I. Aktiengesellschaft

Hauptversammlungsbüro

...

... M...

Telefax: ...

E-Mail: ...@D....de

        

Auch im Fall der Bevollmächtigung eines von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreters ist eine fristgerechte Anmeldung und ein fristgerechter Zugang des Nachweises über den Anteilsbesitz nach den vorstehenden Bestimmungen erforderlich. ..."

16

3. Am 15.12.2008 fand die Hauptversammlung der Beklagten statt, an der die Kläger teilnahmen und Widerspruch zur Niederschrift des Notars gegen den Beschluss erklärten, der während der Hauptversammlung entsprechend dem Vorschlag der Verwaltung der Beklagten gefasst wurde. Die Aktionärin ... S. sowie Frau B. als Vertreterin der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. fragten nach dem Verkauf von 150.000 Aktien durch die Tochter von Herrn D., Frau Sc., im November 2008, wobei es vor allem um etwaige Nebenabreden zugunsten der Hauptaktionärin bzw. zugunsten von Frau Sc. ging. Das notarielle Protokoll (Anlage B 9) enthielt unter anderem folgende Feststellung:

17


„Auf Frage des Vorsitzenden, ob alle Fragen beantwortet worden seien, erwiderten die Fragesteller F. und H., dass zu ihren Fragen Stellung genommen worden sei. Eine ausreichende Beantwortung sei hingegen nicht immer erfolgt, da teilweise die Auskunft unter Hinweis auf die Interessen der Gesellschaft nicht vollständig erteilt worden sei. Die weiteren Fragesteller äußerten sich nicht, es wurden auch keine weiteren Fragen als nicht beantwortet zu Protokoll gegeben.

        

Der Herr Vorsitzende stellte fest, dass mit dem letzten Beitrag zur Diskussion alle Wortmeldungen zur Tagesordnung erledigt waren."

18

Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Protokolls wird in vollem Umfang auf Anlage B 9 Bezug genommen.

II.

19

Zur Begründung ihrer Klagen machten die Kläger im Wesentlichen geltend, der Squeeze out-Beschluss der Hauptversammlung verstoße gegen das Gesetz, weil bereits die Voraussetzung der erforderlichen Mehrheit von 95 % nicht erfüllt sei. Eine 51 %-Beteiligung der D. GmbH an der B. S. KG genüge nicht, um ein „Gehören" im Sinne des

§ 327 a AktG

 annehmen zu können; eine Zurechnung über

§ 16 AktG

 könne nur bei einer 100 %-igen Tochtergesellschaft erfolgen. Fehl gehe auch die Argumentation, die Höhe der Barabfindung könne nicht im Rahmen der Anfechtungsklage geprüft werden, weil zumindest der Marktpreis in Form des gewichteten Börsenkurses zu leisten sei; bei bewusster Rechtsverletzung müsse ausweislich der Begründung zum UMAG das Anfechtungsrecht als zusätzliches Schutzinstrument bestehen bleiben. Die Kläger zu 2) bis 6) sind der Auffassung, die in der Einladung enthaltene Befristung auf den 11.12.2008 sei unzulässig und führe zur Nichtigkeit, jedenfalls aber zur Anfechtbarkeit des Beschlusses. Das Verlangen der Hauptaktionärin sei unwirksam wegen der in der Klageschrift der Kläger zu 2) bis 6) bestrittenen Einwilligung des Aufsichtsrates der Beklagten in Bezug auf die Tätigkeiten von Herrn D. im Vorstand der Beklagten sowie als Geschäftsführer der Hauptaktionärin; darüber hinaus könne eine Interessenkollision nicht ausgeschlossen werden. Die Anfechtbarkeit resultiere zudem aus dem mit

§ 327 b Abs. 3 AktG

 unvereinbaren Inhalt der Gewährleistungserklärung, weil sie angesichts der Klausel über die Verjährung eine vom Garantiegeber nicht geltend zu machende Einrede enthalte.

20

Der Vorstand hätte weiterhin während der Hauptversammlung aufgrund der Fragen von Frau B. und Frau S. den Kaufvertrag zur Überprüfung vorlegen müssen, weil nur so Sondervorteile aufgrund der persönlichen Beziehung zu Frau Sc. auszuschließen seien. Ebenso habe es seitens eines Aktionärs die Frage nach dem Zeitpunkt der Verjährung der Ansprüche aus der Gewährleistungserklärung gegeben, ohne eine Antwort erhalten zu haben.

21

Die Kläger beantragen daher:

22

Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 15.12.2008 mit folgendem Inhalt

23

„Beschlussfassung über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der D. I. Aktiengesellschaft auf die D. GmbH mit Sitz in M. gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung gemäß den §§ 327 a ff. Aktiengesetz"

24

wird für nichtig erklärt.

25

Die Kläger zu 1) bis 6) beantragen darüber hinaus hilfsweise:

26

Es wird festgestellt, dass der in der Hauptversammlung der Beklagten vom 15.12.2008 gefasste Beschluss mit dem im Hauptantrag wiedergegebenen Wortlaut nichtig ist.

27

Äußerst hilfsweise beantragen die Kläger zu 1) bis 6) Folgendes:

28

Es wird festgestellt, dass der in der Hauptversammlung der Beklagten vom 15.12.2008 gefasste Beschluss mit dem im Hauptantrag wiedergegebenen Wortlaut unwirksam ist.

III.

29

Die Beklagte beantragt demgegenüber:

30

Klageabweisung.

31

Zur Begründung beruft sie sich im Wesentlichen darauf, es fehle an einer Gesetzesverletzung. Die D. GmbH erreiche einen Aktienanteil von mehr als 95 %, weil ihr aufgrund von

§§ 327 a

Abs. 2,

16 Abs. 4 AktG

 der Anteilsbesitz der B. S. GmbH & Co. ... KG (im Folgenden: B. S. KG) zugerechnet werden müsse, nachdem es sich bei dieser Gesellschaft um eine von der D. GmbH abhängige Gesellschaft handele. Dies ergebe sich aus der Beteiligung der D. GmbH an der B. S. KG mit einer Pflichteinlage von € 3.570.000,-- bei einer Beteiligung der einzigen Kommanditistin, der A. B. GmbH mit € 3.430.000,--. Die D. GmbH stelle auch die Mehrheit in der Gesellschafterversammlung der B. S. KG angesichts der im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Mehrheitsklausel. Als einzige persönlich haftende Gesellschafterin bestimme die D. GmbH auch unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung maßgeblich die Geschicke der B. S. KG. An der Wirksamkeit des Übertragungsverlangens könne kein Zweifel bestehen, weil Herr D. als alleiniger Geschäftsführer der Beklagten zur Unterzeichnung befugt gewesen sei, nachdem der Aufsichtsrat der Beklagten dieser Tätigkeit als Geschäftsführer bereits im Jahr 1987 zugestimmt habe und daher keine Verletzung eines Wettbewerbsverbotes angenommen werden könne. Abgesehen davon führe ein Verstoß gegen ein solches Verbot nicht zur Unwirksamkeit der Geschäftsführerbestellung von Herrn D.. Der Vortrag zu einer Interessenkollision und damit einem unzulässigen Sondervorteil sei unsubstantiiert.

32

Die Bankgewährleistung der B.bank AG entspreche den gesetzlichen Anforderungen, weil der Eintritt der Verjährung des Abfindungsanspruches das natürliche Ende der Laufzeit der Bankgewährleistung sei.

33

Der Hinweis in der Einladung zur Hauptversammlung mit dem Datum „11.12.2008" beziehe sich ausschließlich auf die von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreter und enthalte eine organisatorische Bitte; bei diesem freiwilligen Service stehe es der Gesellschaft frei, einen bestimmten zeitlichen Vorlauf festzulegen. Abgesehen davon lasse sich aus Fehlern bei der Angabe zur Stimmrechtsausübung durch Vertreter weder die Nichtigkeit noch die Anfechtbarkeit des Beschlusses ableiten. Sowohl die D. GmbH als auch die B. S. KG hätten sich ordnungsgemäß zur Hauptversammlung angemeldet, wie der Anmeldung zu entnehmen sei.

34

Die Anfechtbarkeit resultiere auch nicht aus dem Inhalt des Übertragungsberichts der D. GmbH, weil dieser eine hinreichende Plausibilitätskontrolle bezüglich der wesentlichen Eckdaten ermögliche. Dies gelte namentlich auch für die Begründung, warum nur eine überschlägige Ermittlung des Liquidationswertes erforderlich gewesen sei. Die Rüge, einzelne Bewertungsparameter seien falsch dargestellt, sei dem Anfechtungsverfahren bewusst entzogen. Die Hauptaktionärin dürfe auch den Text des Gutachtens von R. & Partner in den Bericht aufnehmen.

35

Die D. GmbH sei auf der Hauptversammlung stimmberechtigt gewesen, weil sie bereits unter ihrer früheren Firma „B. S.- und W. GmbH" am 2.1.2003 ihren Stimmrechtsanteil in Höhe von 94,56 % an die Gesellschaft sowie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und rein vorsorglich am 17.10.2008 nochmals die Umfirmierung gemeldet habe.

36

Eine Verletzung des Auskunftsrechts könne wegen Verwirkung dieser Rüge nicht angenommen werden, weil die von den Klägern zu 2) bis 6) als unbeantwortet gerügten Fragen trotz Nachfrage des Versammlungsleiters nicht als unbeantwortet in das Protokoll aufgenommen worden seien. Abgesehen davon sei die Frage von Frau B. und Frau S. beantwortet worden, während die Frage zum Zeitpunkt der Verjährung der Bankgewährleistung nie gestellt worden sei und zudem keine Auskunftspflicht bestehe, weil diese Frage auf reinen Rechtsrat abziele. Die Rüge eines zu niedrigen Börsenkurses als Folge eines vermeintlich unzutreffenden Referenzzeitraums betreffe die Höhe der Barabfindung und müsse im Spruchverfahren geprüft werden.

IV.

37

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigen vom 17.4.2009 (Bl. 51/52 d.A.) ist die Nebenintervenientin dem Rechtsstreit auf Seiten der Kläger zu 2 bis 6) beigetreten und hat sich im Termin deren Anträgen angeschlossen.

V.

38

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.4.2009 (Bl. 59/64 d.A.).

Aus den Gründen

I.

39

Die in den Hauptanträgen erhobenen Anfechtungsklagen sind zulässig, jedoch nicht begründet, weil der streitgegenständliche Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten das Gesetz oder die Satzung im Sinne des

§ 243 Abs. 1 AktG

 nicht verletzt.

40

1. Die D. GmbH erfüllt die Voraussetzungen eines Hauptaktionärs im Sinne des

§ 327 a Abs. 1 Satz 1 AktG

.

41

a. Nach dieser Vorschrift kann die Hauptversammlung auf Verlangen eines Aktionärs, der Aktien der Gesellschaft in Höhe von 95 vom Hundert des Grundkapitals gehören (Hauptaktionär), die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre (Minderheitsaktionäre) auf den Hauptaktionär gegen Gewährleistung einer angemessenen Barabfindung beschließen. Da für die Feststellung, ob dem Hauptaktionär 95 % der Aktien gehören, aufgrund von

§ 327 a Abs. 2 AktG

 die Regelungen in

§ 16 Abs. 2 und Abs. 4 AktG

 gelten, ist die D. GmbH Hauptaktionär, weil ihr die Aktien der B. S. KG über

§ 16 Abs. 4 AktG

 zugerechnet werden. Als Anteile, die einem Unternehmen gehören, gelten danach auch die Anteile, die einem von ihm abhängigen Unternehmen gehören. Die B. S. KG ist ein von der D. GmbH abhängiges Unternehmen im Sinne des

§ 17 Abs. 1 AktG

, weil sie von der D. GmbH beherrscht wird. Hierfür sind folgende Überlegungen maßgeblich. Die D. GmbH verfügt über 51 % der Gesellschaftsanteile, was sich namentlich aus dem vorgelegten Gesellschafterbeschluss über die Kapitalerhöhung vom 12./18.8.2008 ergibt. Da ausweislich der Regelung in § 7 Abs. 5 des Gesellschaftervertrages der B. S. KG Gesellschafterbeschlüsse regelmäßig mit einfacher Mehrheit gefasst werden, wenn nicht das Gesetz zwingend oder dieser Gesellschaftervertrag eine weitergehende Mehrheit erfordern, muss von einer beherrschenden Stellung der D. GmbH gesprochen werden. Hinzu kommt, dass sie die einzige Komplementärin der KG ist und damit die Kommanditgesellschaft nach außen vertreten kann und nach innen die alleinige Geschäftsführungsbefugnis hat. Diese Umstände begründen auch bei einer Personengesellschaft die Abhängigkeit (vgl.

BFH ZIP 2003, 1936

, 1937 =

NZG 2003, 1125

, 1126; Bayer in: Münchener Kommentar zum AktG, 3. Aufl., Rdn. 116 zu § 17; Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 5. Aufl., Rdn. 14 zu § 17 AktG; Koppensteiner in: Kölner Kommentar zum AktG, 3. Aufl., Rdn. 81 zu § 17).

42

b. Diese Beherrschung hat zur Folge, dass die Aktien der B. S. KG zu 100 % der D. GmbH zugerechnet werden, wie dem insoweit eindeutigen Wortlaut von

§§ 327 a

Abs. 2,

16 Abs. 4 AktG

 zu entnehmen ist, wo „die Anteile" formuliert wird; wenn ein Unternehmen abhängig ist, werden sämtliche von diesem Unternehmen - hier also der B. S. KG - gehaltenen Aktien zugerechnet (vgl.

OLG Hamburg NZG 2003, 978

, 979 f. =

AG 2003, 698

, 699; LG Stuttgart DB 2005, 325;

OLG Stuttgart, Beschluss vom 18.2.2005, Az. 20 U 19/04

; Fleischer in: Großkommentar zum AktG, 4. Aufl., Rdn. 45 zu § 327 a; Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, a.a.O., Rdn. 17 zu § 327 a Fn. 67; Hasselbach in: Kölner Kommentar zum WpÜG, 1. Aufl., Rdn. 37 zu § 327 a; Heidel/Lochner in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., Rdn. 9 zu § 327 a). Da der Unternehmensbegriff in

§ 16 Abs. 4 AktG

 rechtsformneutral ist, schließt er auch die KG und die GmbH mit ein (vgl. nur

OLG Hamburg NZG 2003, 978

, 980 =

AG 2003, 698

, 699; Fleischer in: Großkommentar zum AktG, a.a.O., Rdn. 42 zu § 327 a).

43

2. Das von der Hauptaktionärin gestellte Übertragungsverlangen im Sinne des

§ 327 a Abs. 1 AktG

 ist wirksam, wobei dies sowohl für das Verlangen vom 21.8.2008 als auch für dessen Konkretisierung vom 21.10.2008 geht. Der Wirksamkeit des Verlangens kann namentlich nicht entgegengehalten werden, die Bestellung von Herrn A. D. zum Geschäftsführer der D. GmbH sei wegen eines Verstoßes gegen das in

§ 88 Abs. 1 AktG

 normierte Wettbewerbsverbot nichtig. Zum einen haben die Kläger nach dem entsprechenden Vortrag der Beklagten über die Zustimmung des Aufsichtsrates bereits im Jahre 1987 diesen nicht mehr bestritten, weshalb er gem.

§ 138 Abs. 3 ZPO

 als zugestanden gilt. Zum anderen führt aber selbst ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot nicht zur Nichtigkeit der Bestellung zum Geschäftsführer, wie der Wertung aus

§ 88 Abs. 2 AktG

 zu entnehmen ist, wo die Rechtsfolgen eines derartigen Verstoßes geregelt sind. Danach kann die Aktiengesellschaft bei einem Verstoß ihres Vorstandsmitgliedes gegen ein Wettbewerbsverbot Schadensersatz verlangen oder alternativ das Eintrittsrecht wahrnehmen, mithin die Befugnis, den aus verbotener Tätigkeit ihrer Vorstandsmitglieder erzielten Geschäftsgewinn an sich zu ziehen. Die Nichtigkeit einer organschaftlichen Bestellung kann dem nicht entnommen werden.

44

3. Ein Sondervorteil der D. GmbH im Sinne des

§ 243 Abs. 2 AktG

 oder ein Interessenkonflikt vermag die Anfechtbarkeit ebenfalls nicht zu begründen. Zwar kann nach

§ 243 Abs. 2 AktG

 die Anfechtung auch darauf gestützt werden, dass ein Aktionär mit der Ausübung des Stimmrechts für sich Sondervorteile zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Aktionäre zu erlangen sucht und der Beschluss geeignet ist, diesem Zweck zu dienen. Vorliegend schließt aber die Sonderregelung in

§ 327 f Satz 1 AktG

 die Anfechtbarkeit wegen eines Sondervorteils im Sinne des

§ 243 Abs. 2 AktG

 ausdrücklich aus. Dies ist konsequent, weil der Squeeze out in

§ 327 a Abs. 1 AktG

 vom Gesetzgeber ausdrücklich zugelassen ist und durch die Barabfindung den Aktionären ein adäquater Ausgleich gewährt wird, dessen Angemessenheit sie zudem aufgrund von

§ 1 Nr. 3 SpruchG

 im Wege des Spruchverfahrens gerichtlich überprüfen lassen können. Inwieweit in der Person von Herrn D. eine Interessenkollision vorliegen könnte, ist nicht substantiiert vorgetragen, worauf die Beklagte in der Klageerwiderung hingewiesen hat. Die Verwendung eines Schlagworts genügt nicht, um einen substantiierten Tatsachenvortrag annehmen zu können.

45

4. Soweit die Anfechtungsklagen auf eine Verletzung von

§ 327 b Abs. 3 AktG

 gestützt werden, könne sie keinen Erfolg haben. Vor Einberufung der Hauptversammlung hat der Hauptaktionär nach dieser Vorschrift dem Vorstand die Erklärung eines im Geltungsbereich des Aktiengesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts zu übermitteln, durch die das Kreditinstitut die Gewährleistung für die Erfüllung der Verpflichtung des Hauptaktionärs übernimmt, den Minderheitsaktionären nach Eintragung des Übertragungsbeschlusses unverzüglich die festgelegte Barabfindung für die übergegangenen Aktien zu zahlen.

46

Dies wurde beachtet, wobei in der Klausel der Gewährleistungserklärung der B.bank AG vom 21.10.2008, Forderungen könnten ihr gegenüber nur geltend gemacht werden, wenn ein Zahlungsanspruch bezüglich der Barabfindung bestehe und nicht verjährt sei, mit dem Gesetz in Einklang steht. Der Eintritt der Verjährung des Abfindungsanspruches stellt das „natürliche" Ende der Laufzeit der Gewährleistung dar (so ausdrücklich Singhof in: Spindler/Stilz, AktG, Rdn. 14 zu § 327 b), weshalb diese Klausel nicht zu beanstanden ist. Diese Auffassung steht vor allem aber in Einklang mit dem Normzweck des

§ 327 b Abs. 3 AktG

, der darin gesehen wird, den Minderheitsaktionären die Durchsetzung ihrer Ansprüche gegen den Hauptaktionär zu erleichtern, wodurch es zudem zu einer Risikominderung und Sicherung des Abfindungsanspruchs kommt, nachdem die Minderheitsaktionäre kraft Gesetzes zur Vorleistung gezwungen werden (vgl. BT-Drucks. 14/7034 S. 72; Fleischer in: Großkommentar zum AktG, a.a.O., Rdn. 43 zu § 327 b; Singhof in: Spindler/Stilz, AktG, Rdn. 10 zu § 327 b; Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, a.a.O., Rdn. 11 zu § 327 b). Wenn infolge der Verjährung des Barabfindungsanspruchs eines Minderheitsaktionärs feststeht, dass dieser wegen des Bestehens der Einrede der Verjährung seinen Anspruch nicht mehr wird durchsetzen können, so ist kein Grund ersichtlich, warum er dann bessergestellt werden soll und noch einen Anspruch gegen das Gewährleistungsinstitut haben soll, obwohl der Hauptanspruch gegen den Hauptaktionär einredebehaftet ist.

47

5. Der Inhalt der Bekanntmachung der Einberufung vermag die Anfechtbarkeit des Hauptversammlungsbeschlusses zu begründen, weil die gesetzlichen Regelungen über die Stimmrechtsvollmachten durch den Text der Einladung im Zusammenhang mit der Nennung des Datums „11.12.2008" keinesfalls verletzt wurden. Dieser Zeitpunkt bezieht sich nach dem eindeutigen textlichen Zusammenhang in der Einladung ausschließlich auf von der Gesellschaft benannte Stimmrechtsvertreter und erfasst nicht die allgemeine Bevollmächtigung Dritter. Dieses Datum ist nämlich in einer Passage angeführt, die einleitend auf den besonderen Service hinweist, dass von der Gesellschaft benannte Stimmrechtsvertreter bevollmächtigt werden können mit einer entsprechenden Weisung. Aus der Formulierung gerade einer Bitte zur organisatorischen Erleichterung ergibt sich zudem mit hinreichender Deutlichkeit, dass dem Datum 11.12.2008 keine Ausschlusswirkung beigemessen werden soll. Eine Irreführung der Aktionäre ist mit dieser deutlich als Bitte erkennbaren und begründeten Formulierung nicht verbunden.

48

6. Soweit die Anfechtungsklagen mit dem Inhalt des Übertragungsberichts begründet werden, erweisen sie sich als unbegründet. Aufgrund von

§ 327 c Abs. 2 Satz 1 AktG

 hat der Hauptaktionär der Hauptversammlung einen schriftlichen Bericht zu erstatten, in dem die Voraussetzungen für die Übertragung dargelegt und die Angemessenheit der Barabfindung erläutert und begründet werden. Der Bericht der D. GmbH wird diesen Anforderungen gerecht.

49

a. Die Kammer geht im Grundsatz zwar mit der herrschenden Meinung (vgl. nur Wirthwein in: Spindler/Stilz, AktG, Rdn. 135 und 237 zu § 243; Schwab in: Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., Rdn. 33 zu § 243; Fleischer

NJW 2005, 3525

, 3529; Spindler

NZG 2005, 825

, 829; Göz/Holborn

WM 2006, 157

, 160; Heinrich/Theusinger

BB 2006, 449

, 451)davon aus, dass im Einzelfall Berichtsmängel sehr wohl zur Anfechtbarkeit führen können und

§ 243 Abs. 4 Satz 2 AktG

 auf im Vorfeld der Hauptversammlung zu erstattende Berichte keine Anwendung finden kann, weil dies dem Wortlaut des

§ 243 Abs. 4 Satz 2 AktG

 und auch dem Willen des Gesetzgebers entspricht, der im Wortlaut „in der Hauptversammlung" hinreichend zum Ausdruck kommt. In der Begründung des Regierungsentwurfs, die sich der Deutsche Bundestag erkennbar zu eigen gemacht hat, ist ausdrücklich ausgeführt, dass sich

§ 243 Abs. 4 Satz 2 AktG

 nicht auf alle gesetzlich vorgeschriebenen Berichtspflichten erstreckt, die vor und außerhalb der Hauptversammlung zu erfüllen sind (vgl. BT-Drucks. 15/5092, S. 26). Aber auch unter Beachtung dieser Grundsätze vermag die Kammer nicht zu erkennen, dass die Anfechtungsklagen vorliegend begründet sein könnten.

50

(1) Ausgangspunkt für die Frage, welche Berichtsmängel die Anfechtungsklage eröffnen können, muss der Normzweck von

§ 327 c Abs. 2 AktG

 sein, weshalb auch im Zusammenspiel mit der gesetzgeberischen Wertung im Übrigen zu dem Problemkreis wertbezogener Rügen von einer teleologischen Reduktion auszugehen ist, weil der Wortlaut hier weiter ist als der Normzweck. Jeder Minderheitsaktionär soll durch die in

§ 327 c Abs. 2 AktG

 enthaltenen Berichts- und Prüfungspflichten in die Lage versetzt werden, die Berechnung des Schwellenwerts als wesentliche Voraussetzung des Squeeze out und vor allem auch die der Festlegung der Barabfindung zugrunde liegenden Überlegungen nachzuvollziehen (vgl. BT-Drucks. 14/7034, S. 73;

BGH NZG 2006, 905

, 906 f.). Diesen Anforderungen wird der von der D. GmbH erstellte Bericht gerecht, weil er die Voraussetzungen für die Übertragung darlegt und die Angemessenheit der Barabfindung hinreichend erläutert und begründet.

51

(2) Dabei werden die wesentlichen Eckdaten der Unternehmensbewertung dargestellt, wobei dies sowohl für den Liquidationswert als auch für den Börsenkurs gilt.

52

(a) Der Liquidationswert ist die untere Grenze des Unternehmenswertes (vgl. nur

OLG Hamburg NZG 2001, 471

, 473;

OLG Stuttgart AG 2008, 783

, 789; Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 5. Aufl., Rdn. 1100) und wird bei börsennotierten Unternehmen durch einen höheren Börsenwert verdrängt. Als Mindestwert kommt er in Frage bei einer Pflicht zur Liquidation oder bei einer dauerhaft schlechten Ertragslage im Sinne einer Liquidationsreife. Damit scheidet er aber bereits dann aus, wenn das Unternehmen fortgeführt werden soll und dies wirtschaftlich vertretbar ist (so vor allem

OLG Düsseldorf AG 2004, 324

, 327; Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, a.a.O., Rdn. 1100; offen gelassen in

OLG Stuttgart AG 2008, 783

, 789). Der Abfindungsbericht des Hauptaktionärs erläutert, wie bei der Beklagten als Immobilienunternehmen der Liquidationswert zu ermitteln ist und dass bei dem ausgewiesenen Eigenkapital und stiller Reserven von € 57 Mio. der Liquidationswert unter dem Ertragswert liege und daher nicht als Unternehmenswert herangezogen werden könne. Damit aber erhalten die Aktionäre eine hinreichend plausible Informationsbasis, aus welchen Gründen nicht auf den Liquidationswert abgestellt werden könne. Wenn schon der Ertragswert deutlich höher ist als der Liquidationswert, bei der Berechnung der Barabfindung indes auf den nochmals sehr viel höheren Börsenkurs abgestellt wurde und somit der Liquidationswert nicht einschlägig sein kann, kann eine vertiefende Darstellung nicht erwartet werden, zumal fraglich und umstritten ist, inwieweit in der Fortführungssituation der Liquidationswert überhaupt maßgeblich und folglich darzustellen ist.

53

(b) Ähnliches gilt auch für die Darstellung des Börsenkurses. Die Problematik, wann der Referenzzeitraum endet, der für de Dreimonatszeitraum maßgeblich ist, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beurteilt. Der BGH geht in seiner bisherigen Rechtsprechung unter Bezugnahme auf das für die Unternehmensbewertung maßgebliche Stichtagsprinzip von einer dreimonatigen Referenzperiode aus, die am Tag der Hauptversammlung endet (vgl.

BGH NJW 2001, 2080

, 2082 f.). Demgegenüber haben Teile der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl.

OLG Stuttgart NZG 2007, 302

, 303 ff.; KG

NZG 2007, 71

 f.) in Übereinstimmung mit Teilen der Literatur (vgl. Simon/Leverkus in: Simon, SpruchG, Anh § 11 Rdn. 238; Fleischer in: Großkommentar zum AktG, a.a.O., Rdn. 18 zu § 327 b; Hüffer, AktG, a.a.O., Rdn. 24 e zu § 305) auf einen Zeitraum von drei Monaten vor der Bekanntgabe des Squeeze out mittels Ad hoc-Mitteilung abgestellt. Der Bericht nimmt zu dieser unterschiedlichen Auffassung Stellung und begründet, warum die Referenzperiode entgegen der Rechtsprechung des BGH festgelegt werden sollte. Auch in dieser Situation erhalten die Aktionäre - entsprechend dem Normzweck - eine hinreichende Informationsgrundlage. Abgesehen davon kann der Bericht des Hauptaktionärs begriffsnotwendig nicht den Börsenkurs ermitteln, wie er sich bei einer am Tag der Hauptversammlung endenden Referenzperiode darstellt, weil der Bericht bereits vor der Bekanntmachung der Tagesordnung vorliegen muss.

54

Abgesehen davon sind die Aktionäre mit bewertungsbezogenen Rügen auch im Bericht des Hauptaktionärs in das Spruchverfahren zu verweisen, das das geeignete Verfahren ist, die Bewertung im Einzelnen zu überprüfen (vgl.

BGH NZG 2006, 905

, 906 f.;

OLG Düsseldorf NZG 2005, 347

, 350;

OLG Frankfurt ZIP 2008, 138

, 141 f. - Wella;

ZIP 2008, 1968

 f. =

AG 2008, 827

- Commerzbank;

LG Düsseldorf, Beschluss vom 20.10.2005, Az. 32 O 113/05

). Wenn der Bericht eine taugliche Grundlage für die Plausibilisierung der Bewertung darstellt, so können Bewertungsfragen im Einzelnen die Anfechtung nicht begründen. Dies entspricht insbesondere auch der Wertung in

§ 327 f Satz 1 AktG

. Es wäre ein Wertungswiderspruch zu den Grundüberlegungen des Gesetzgebers, diese Fragestellungen der Richtigkeit der Bewertung dem Anfechtungsprozess zu entziehen und dem Spruchverfahren zuzuweisen, würde man im Rahmen von Anfechtungsklagen die Rüge zulassen, dass in Einzelpunkten eine andere Bewertung als im Bericht des Hauptaktionärs erfolgen müsse, solange nur der Bericht insgesamt - wie hier - dem vom Gesetzgeber mit ihm verfolgten Zweck genügt.

55

b. Die Verweisung auf die gutachterliche Stellungnahme von R. & Partner im Übertragungsbericht ist nicht zu beanstanden. Es genügt nämlich die Verweisung auf das erstellte Bewertungsgutachten von R. & Partner, da sich der Hauptaktionär dieses zu eigen gemacht und ab Seite 49 in dem Übertragungsbericht wiedergegeben hat. Damit ist das Bewertungsgutachten integrierter Bestandteil des Übertragungsberichts (vgl.

OLG Frankfurt ZIP 2008, 138

, 141 - Wella; LG München I, Beschluss vom 24.4.2008, Az. 5HK O 23244/07 S. 124).

56

7. Die Anfechtungsklagen lassen sich auch nicht auf das Argument stützen, die D. GmbH hätte an der Hauptversammlung nicht teilnehmen und auf ihr nicht abstimmen dürfen.

57

a. Dieses Argument ist nicht tragfähig, soweit es um eine unterbliebene Anmeldung zur Hauptversammlung geht. Die Beklagte hat in diesem Verfahren mit der Klageerwiderung als Anlagenkonvolut B 6 die die Vorgaben des

§ 123 AktG

 beachtende Anmeldung der D. GmbH an die maßgebliche Stelle am 3.12.2008 per Telefax unter Beifügung des Nachweises der depotführenden Institute über den Anteilsbesitz vorgelegt, weshalb sie zu Recht zur Teilnahme an der Hauptversammlung zugelassen wurde. Nichts anderes gilt für die B. S. KG, die gleichfalls am 3.12.2008 die Anmeldung an die Meldestelle DZ Bank samt Nachweis über den Aktienbesitz übermittelte.

58

b. Die Anfechtungsklagen sind auch insoweit unbegründet, als sie auf die Rechtsfolge des

§ 28 Satz 1 WpHG

 gestützt werden. Danach bestehen Rechte aus Aktien, die einem Meldepflichtigen gehören oder aus denen ihm Stimmrechte gem.

§ 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1

oder

2 WpHG

 zugerechnet werden, nicht für die Zeit, für welche die Mitteilungspflichten nach

§ 21 Abs. 1 oder 1 a WpHG

 nicht erfüllt werden. Die D. GmbH hat ausweislich der vorgelegten Anlage B 8 unter dem 2.1.2003 ihren Stimmrechtsanteil in Höhe von 94,56 % unter ihrer damaligen Firma „B. S.- und W. GmbH" mitgeteilt. Damit aber sind die Voraussetzungen des

§ 21 Abs. 1 WpHG

 erfüllt. Die danach erfolgte Umfirmierung zum 1.7.2003 in D. GmbH ist aus mehreren Gründen unbeachtlich.

59

(1) Mit der ganz überwiegend vertretenen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur muss bereits eine Verpflichtung zur erneuten Meldung bei einer späteren Umfirmierung abgelehnt werden. Dem Wortlaut des Gesetzes lässt sich eine solche Pflicht nicht entnehmen. Aber es besteht auch kein Anlass für eine erweiternde Auslegung oder eine normative Korrektur im Sinne einer analogen Anwendung, wie dies vereinzelt vorgenommen wird (vgl.

LG Köln AG 2008, 336

, 338 f.; Heppe

WM 2002, 60

, 70). Hierfür besteht nach dem Wortlaut und dem gesetzgeberischen Motiv kein Bedürfnis. Das Ziel der Mitteilungspflichten aus

§§ 21

,

22 WpHG

 besteht darin, die betroffene Gesellschaft sowie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht über die Veränderung der maßgeblichen Beteiligungsquoten in Kenntnis zu setzen und die betroffene Gesellschaft sodann in die Lage zu versetzen, ihrer Meldepflicht nach

§ 25 WpHG

 nachzukommen (vgl.

OLG Düsseldorf NZG 2009, 260

, 261; Schneider in: Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., Rdn. 3 zu § 21); so wird Transparenz auf den Kapitalmärkten geschaffen. Dieser Zweck macht es indes nicht erforderlich, Umfirmierungen ebenfalls zu melden. Demgemäß knüpfen die Meldepflichten aus

§§ 21

,

22

,

 25 WpHG

 ihrem in Einklang mit dem Gesetzeszweck stehenden Wortlaut nach an das Über- oder Unterschreiten bestimmter Schwellenwerte in den Beteiligungsverhältnissen und nicht an die Firmierung der beteiligten Gesellschaft und deren Änderung an. Die Änderung der Firma im Sinne des

§ 17 HGB

, also des Namens des Kaufmanns bzw. der Handelsgesellschaft, führt nicht zu einem Erreichen, Über- oder Unterschreiten eines der Schwellenwerte. Auch muss berücksichtigt werden, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass nur solche Vorgänge meldepflichtig sein sollen, die zu einer Veränderung von Stimmrechtsanteilen führen, was bei einer Umfirmierung gerade nicht der Fall ist. Demgemäß besteht kein Anlass, die Meldepflicht bei einer Umfirmierung zu bejahen (vgl.

OLG Düsseldorf NZG 2009, 260

, 261;

LG Krefeld NZG 2009, 265

, 266 =

AG 2008, 754

; Schneider in: Assmann/Schneider, WpHG, a.a.O., Rdn. 77 zu § 21; Hirte in: Kölner Kommentar zum WpHG, 2007, Rdn. 151 zu § 21; Nottmeier/Schäfer

AG 1997, 87

, 89; Segna

AG 2008, 311

, 313 f.; Klein/Theusinger

NZG 2009, 250

, 251). Dem kann namentlich nicht das Argument des LG Köln entgegengehalten werden, bei einer Gesamtrechtsnachfolge beispielsweise im Wege der Erbschaft werde eine Meldepflicht ebenfalls ausgelöst. Bei der Erbschaft erwirbt nämlich der Erbe im Wege der Universalsukzession gem.

§ 1922 BGB

 die Aktien - er überschreitet damit „in sonstiger Weise" die entsprechenden Schwellenwerte, während es bei einer Umfirmierung keinen Erwerbstatbestand gibt, der unter ein Überschreiten von Schwellenwerten zu subsumieren wäre.

60

(2) Abgesehen davon hat die D. GmbH rein vorsorglich auch die Umfirmierung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gemeldet; diesen Tatbestand haben die Kläger nicht bestritten, weshalb er gem.

§ 138 Abs. 3 ZPO

 als zugestanden gilt.

61

8. Die Rüge der Verletzung des Fragerechts der Aktionäre aus

§ 131 Abs. 1 AktG

 vermag den Klagen nicht zum Erfolg zu verhelfen. Nach der Vorschrift des

§ 131 Abs. 1 Satz 1 AktG

 ist jedem Aktionär auf Verlangen in der Hauptversammlung vom Vorstand Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben, soweit sie zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstandes der Tagesordnung erforderlich ist.

62

Hiergegen wurde nicht verstoßen, weil nämlich von einer Verwirkung der Rüge des Fragerechts ausgegangen werden muss. Die Kläger erhoben auf die Feststellung des Versammlungsleiters, alle Fragen seien beantwortet, keinen Widerspruch. Dann aber kann die Anfechtungsklage nicht auf eine Verletzung des Fragerechts gestützt werden. Schweigt nämlich ein Aktionär trotz Anwesenheit hierzu, so setzt er sich dem Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens aus und verwirkt somit sein auf die Verletzung des Fragerechts gestütztes Anfechtungsrecht (vgl. LG München I

MittBayNot 2007, 142

, 145 =

AG 2007, 255

, 257; Der Konzern 2007, 279, 286; Urteil vom 26.3.2009, Az. 5HK O 18409/08, S. 28 f. - n.v.;

LG Braunschweig BB 1991, 856

, 858;

LG Mainz WM 1987, 1129

, 1130; Kubis in: Münchener Kommentar zum AktG, 2. Aufl., Rdn. 71 zu § 131; Decher in: Großkommentar zum AktG, a.a.O., Rdn. 395 zu § 131). Widerspruch erhob sich nur seitens der Aktionäre F. und H. bezüglich der von diesen Aktionären gestellten Fragen, während die von Frau S. und Frau B. gestellten Fragen nicht als unbeantwortet zu Protokoll gegeben wurden. Dasselbe gilt für die Frage nach dem Zeitpunkt des Eintritts der Verjährung von Ansprüchen aus der Bankgewährleistung, weshalb nicht entscheidungserheblich ist, ob diese Frage während der Hauptversammlung überhaupt gestellt wurde. Gerade wenn bezüglich bestimmter Fragen von der Möglichkeit des

§ 131 Abs. 5 AktG

 Gebrauch gemacht wird, hätte es an den anderen Aktionären gelegen, die Nichtbeantwortung ihrer Fragen in dem Moment zu rügen, in dem seitens des Versammlungsleiters diese Problematik mit weiteren offenen Fragen angesprochen wurde. Dann aber muss bezüglich der in den Klageschriften als vermeintlich unbeantwortet gerügten Fragen von einer Verwirkung dieser Rüge ausgegangen werden.

63

9. Soweit in den Anfechtungsklagen mit einer fehlerhaften Ermittlung des Unternehmenswerte argumentiert wird, kann darauf angesichts der ausdrücklichen Regelung in

§ 327 f Satz 1 AktG

 eine Anfechtungsklage nicht gestützt werden. Hier kann nichts anderes gelten als bei den abfindungsbezogenen Mängeln des Übertragungsberichts, die ohne Erfolg geltend gemacht wurden. Die Problematik des Referenzkurses beim maßgeblichen Börsenkurs steht einem ordnungsgemäßen Angebot nicht entgegen. Die Frage, welcher Referenzzeitraum für den durchschnittlichen Börsenkurs zugrunde gelegt werden muss, betrifft die Angemessenheit der Barabfindung, nicht aber die Frage, inwieweit ein ordnungsgemäßes Angebot vorliegt (vgl. nur LG München I Der Konzern 2007, 279, 287). Aus dem in

Art. 14 Abs. 1 GG

 verfassungsrechtlich verankerten Schutz des Eigentums lässt sich nichts anderes ableiten. Zum einen ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl.

BVerfGE 100, 289

, 300 ff. - DAT/Altana;

BVerfG NJW 2007, 828

 =

AG 2007, 119

 f. =

NZG 2007, 228

, 229 - Siemens/SNI) aus

Art. 14 Abs. 1 GG

 zwar der Börsenwert als Untergrenze des Unternehmenswerts als Basis für die Berechnung der Abfindung vorgegeben ist, andererseits aber die Eigentumsgarantie des

Art. 14 Abs. 1 GG

 gerade nicht vorschreibt, welcher Referenzzeitraum zu wählen ist. Zum anderen ist aus der Eigentumsgarantie lediglich abzuleiten, dass eine Überprüfung der Höhe der festgesetzten Abfindung zu erfolgen hat. Dies kann jedoch in gleicher Art und Weise im Spruchverfahren erfolgen (vgl.

BVerfG AG 2007, 544

, 546 =

NZG 2007, 587

, 590), das von seiner Systematik und Rechtsfolge hierfür ohnehin deutlich besser geeignet ist als das auf eine kassatorische Wirkung zielende Anfechtungsverfahren. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der Gesetzgeber im Rahmen des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vom 22.9.2005, BGBl. I S. 2802 bei der Neufassung des

§ 243 Abs. 4 Satz 1 AktG

 die Anfechtungsklage als zusätzliches Schutzinstrument nicht habe in Frage stellen wollen. Aus den Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks. 15/5092 S. 26) ergibt sich nämlich, dass sich dies ausdrücklich auf den Extremfall der bewussten Totalverweigerung von Auskünften bezüglich bewertungsrelevanter Informationsmängel nicht jedoch auf die Höhe der Abfindungs- oder Ausgleichszahlung bezieht (vgl.

OLG Düsseldorf ZIP 2009, 518

, 523;

AG 2005, 654

, 656; LG München I Der Konzern, 2007, 279, 287).

64

Die Wertungen des Gesetzgebers in den Bestimmungen über das Pfandrecht in

§§ 1221

,

1273 Abs. BGB

 als auch bei der Hinterlegung rechtfertigen ebenfalls keine andere Beurteilung. Bei den Vorschriften über den Squeeze out handelt es sich um ein in sich geschlossenes Regelungssystem, das eine Rückgriff auf Wertungen des BGB über das Pfandrecht oder auch die Hinterlegung angesichts der Spezialität der Vorschriften der

§§ 327 a ff. AktG

 nicht zulässt (vgl. LG München I

NZG 2009, 388

, 391 =

AG 2009, 213

, 214 =

ZIP 2009, 568

, 570).

65

Demzufolge können die Anfechtungsklagen keinen Erfolg haben.

II.

66

1. Die hilfsweise erhobenen Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit sind zulässig, jedoch nicht begründet, weil es keinen Grund gibt, der zur Nichtigkeit des Beschlusses führen könnte.

67

a.

§ 241 Nr. 1 AktG

 wurde nicht verletzt. Ein Beschluss ist nach dieser Vorschrift dann nichtig, wenn er in einer Hauptversammlung gefasst worden ist, die unter Verstoß gegen

§ 121 Abs. 2 und 3 oder 4 AktG

 einberufen war. Die Voraussetzungen einer Verletzung dieser Vorschriften lassen sich hier nicht bejahen.

68

(1) Aufgrund von

§ 121 Abs. 3 Satz 2 AktG

 muss die in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachende Einberufung unter anderem die Bedingungen angeben, von denen die Ausübung des Stimmrechts abhängen. Allerdings muss zunächst davon ausgegangen werden, dass Fehler bei der Bekanntmachung gemäß

§§ 121

Abs. 3 Satz 2,

123 Abs. 3 AktG

 zur Nichtigkeit und nicht lediglich zur Anfechtbarkeit des gefassten Beschlusses führen, weil der Wortlaut des Gesetzes insoweit eindeutig ist und auch die Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion wegen eines im Vergleich zum Normzweck zu weit gefassten Wortlauts nicht gegeben sind (vgl. nur LG München I

WM 2007, 975

, 976; Heidel in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., Rdn. 6 zu § 241; Hüffer, AktG, 8. Aufl., Rdn. 11 zu § 121).

69

(2) Vorliegend lässt sich ein Verstoß gegen

§ 241 Nr. 1 AktG

 nicht bejahen.

70

(a) Mängel über Ausführungen zu den Voraussetzungen einer wirksamen Stimmrechtsvollmacht ziehen nicht die Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses nach sich. Die insoweit vertretene gegenteilige Auffassung,

§ 121 Abs. 3 AktG

 erfasse alle Modalitäten, die die Art und Weise oder die Form der Stimmrechtsausübung betreffen einschließlich der Fragen der Vollmacht (vgl.

OLG Frankfurt ZIP 2008, 1722

, 1723 - Leica;

LG Frankfurt am Main ZIP 2008, 1723

, 1725 f. - Leica), teilt die Kammer nicht. Regelungen über die Stimmrechtsausübung durch einen Vertreter gehören nicht zu den von

§§ 121

,

123 AktG

 umfassten Sachverhalten, die aufgrund von

§ 241 Nr. 1 AktG

 zur Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen führen. Bei den Angaben zur Stimmrechtsausübung durch einen Vertreter handelt es sich nicht um eine Teilnahmebedingung im Sinne des

§ 121 Abs. 3 Satz 2 AktG

. Bedingungen, von denen die Ausübung des Stimmrechts abhängen, sind lediglich Bestimmungen der Satzung zur Anmeldung und zur Legitimation der Aktionäre nach

§ 123 Abs.2 und Abs. 3 AktG

. Bestimmungen über die Form der Stimmrechtsvollmacht betreffen nicht die Bedingungen für die Teilnahme und die Ausübung des Stimmrechts, sondern die Frage, unter welchen Voraussetzungen sich ein bereits zur Teilnahme und zur Ausübung des Stimmrechts berechtigter Aktionär durch einen Dritten bei der Wahrnehmung dieser Rechte auf der Hauptversammlung vertreten lassen kann. Dieses Ergebnis wird auch durch

§ 125 Abs. 1 Satz 2 AktG

 gestützt, der verlangt, dass in der Mitteilung nach

§ 125 AktG

 auf die Möglichkeit der Ausübung des Stimmrechts durch einen Bevollmächtigten hinzuweisen ist - wäre das gegenteilige Verständnis von

§ 121 Abs. 3 Satz 2 AktG

 zutreffend, wäre die Vorschrift des

§ 125 AktG

 zumindest in Teilen überflüssig. Gegen die Annahme einer Nichtigkeit spricht auch die Gesetzessystematik, nachdem die Regelungen zur Vollmacht nach

§§ 134 f. AktG

 systematisch in einem anderen Unterabschnitt des Aktiengesetzes enthalten sind als die Regelungen zur Einberufung der Hauptversammlung (vgl.

OLG München AG 2008, 746

, 747 f. =

ZIP 2008, 2117

, 2119 f. =

BB 2008, 2366

,2368 mit zust. Anm. Wilken/Felke - HVB/UniCredit; LG München I

AG 2009, 296

, 299 f.; Urteil vom 28.8.2008, Az. 5 HKO 10153/08, S. 16 - n.v.; Hüffer, AktG, a.a.O., Rdn. 10 zu § 121; Pluta in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, a.a.O., Rdn. 20 zu § 121; Wagner

ZIP 2008, 1726

, 1727 f.; Stohlmeier/Mock

BB 2008, 2143

 f.; Willburger

DStR 2008, 1889

 f.).

71

(b) Abgesehen davon liegt aus den oben unter I. 5 genannten Gründen kein Fehler vor, weil die gesetzlichen Vorgaben beachtet wurden.

72

b. Inwieweit das Verfehlen der Grenze von 95 % zur Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses gem.

§ 241 Nr. 3 AktG

 führt (so Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, a.a.O., Rdn. 8 zu § 327 e; Singhof in: Spindler/Stilz, AktG, Rdn. 16 zu § 327 a und Rdn. 4 zu § 327 f; Fleischer in: Großkommentar zum AktG, a.a.O., Rdn. 6 zu § 327 f) oder ob dies lediglich die Anfechtbarkeit nach sich zieht (so Grunewald in: Münchener Kommentar zum AktG, 2. Aufl., Rdn. 17 zu § 327 a), muss die Kammer nicht entscheiden, weil die maßgebliche Grenze von 95 % erreicht wurde, wie unter I. 1 ausführlich dargelegt wurde; hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

73

2. Soweit die Kläger zu 1) bis 6) äußerst hilfsweise Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit dieses Beschlusses erhoben hat, ist diese Klage als allgemeine Feststellungsklage im Sinne des

§ 256 Abs. 1 ZPO

 zulässig, jedoch nicht begründet. Ein Unwirksamkeitsgrund ist seitens der Klägerin zu 1) weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

III.

74

1. Die Entscheidung über die Kosten hat ihre Grundlage in

§§ 91

Abs. 1 Satz 1,

100 Abs. 1

,

1

,

 101 Abs. 2 ZPO

. Als Unterlegene haben die Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu gleichen Teilen zu tragen. Da es sich bei der Nebenintervention um eine streitgenössische handelt, muss die Regelung des

§ 101 Abs. 2 ZPO

 zum Tragen kommen, weshalb auch für die Nebenintervenientin

§ 100 Abs. 1 ZPO

 heranzuziehen ist.

75

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf

§§ 708

Nr. 11,

711

,

 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO

.

76

3. Die Entscheidung über den Streitwert hat ihre Grundlage in

§ 247 Abs. 1 AktG

.

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