: GmbH-Beschluss über die Gewinnverwendung
OLG München, Urteil vom 28.11.2007 - 7 U 2282/07, n. rkr.
Vorinstanz: LG München I - 8 HKO 15953/06
Leitsätze:
1. Wird in einer Gesellschafterversammlung einer GmbH Beschluss über die Verrechnung/Aufrechnung des auf den Gesellschafter entfallenden Gewinns mit dessen negativem Verrechnungskonto gefasst, so handelt es sich um eine Beschlussfassung über die Gewinnverwendung iS.d. § 29 GmbHG.
2. Strebt ein Gesellschafter einen positiven Gewinnverwendungsbeschluss in Form der Gewinnausschüttung durch gerichtliche Entscheidung an, muss er gegen den gefassten Verrechnungsbeschluss zunächst fristgerecht mit der Anfechtungsklage, die mit der Klage auf positive Beschlussfeststellung verbunden werden kann, vorgehen.
§§ 29 GmbHG
Sachverhalt:
Der Kläger, Dr. T. und Drs. D. sind Gesellschafter der Beklagten. Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass der Jahresüberschuss der Beklagten für das Jahr 2004 ausgeschüttet wird.
In der Gesellschafterversammlung vom 15.03.2004 (Anlage K 2) war die Satzung der Gesellschaft geändert worden und in Ziffer 17.4 festgelegt: "Gewinne werden ausgeschüttet."
Am 19.06.2006 fand eine ordentliche Gesellschafterversammlung der Beklagten statt, in der ausweislich des Protokolls (TOP 1) der Jahresabschluss der Beklagten mit Lagebericht 2004 einstimmig festgestellt wurde (vgl. Anlage K 1), unter TOP 2 "Beratung und evtl. Beschlussfassung über das Ergebnis 2004" wurden der Jahresüberschuss bezogen auf die einzelnen Sektionen der Gesellschafter erörtert und der auf den Kläger entfallende Jahresüberschuss mit 292.128,33 Euro beziffert. Der Jahresüberschuss betrug insgesamt 981.197,68 Euro, dieser wurde durch einstimmigen Beschluss festgestellt. Im Anschluss daran erfolgte unter TOP 4 die Beratung über die Ausschüttung des Jahresüberschusses 2004 an den Gesellschafter Dr. H., den hiesigen Kläger. Der Beschlussantrag: "Die Gesellschafter der A.-Klinik beschließen, dass der Jahresüberschuss 2004, Sektion Dr. H., an den Gesellschafter Dr. H. ausgeschüttet wird" wurde gegen die Stimme des Klägers abgelehnt. Ebenfalls abgelehnt wurden die Anträge zur Gewinnausschüttung an die Mitgesellschafter Dr. T. und Drs. D.
Nach Klageerhebung vom 31.08.2006 fand am 09.10.2006 eine weitere Gesellschafterversammlung der Beklagten statt, an der der Kläger und Dr. T. persönlich teilnahmen, für Drs. D. RA Dr. S.. Ausweislich des Protokolls der Sitzung wurde unter TOP 1 "Beratung und evtl. Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung des in der Gesellschafterversammlung vom 19.06.2006 festgestellten Jahresabschlusses der A.-Klinik GmbH zum 31.12.2004" gegen die Stimme des Klägers der Beschluss gefasst, dass das Ergebnis des festgestellten Jahresabschlusses verrechnet wird. Unter TOP 2 wurde ebenfalls gegen die Stimme des Klägers beschlossen, dass eine Aufrechnung der Gewinnausschüttungsansprüche der Gesellschafter Dr. T. und Dr. H. für das Jahr 2004 mit den negativen Verrechnungskonten der Gesellschafter Dr. T. und Dr. H. vorgenommen wird. Der Beschluss wurde in der Folgezeit umgesetzt, dem Kläger wurde der überschießende Betrag des Jahresüberschusses 2004 ausgezahlt.
Der Kläger ist der Ansicht, aufgrund der eindeutigen Regelung in der Satzung, Ziffer 17.4, sei der Jahresüberschuss auszuschütten. Entgegen der satzungsmäßigen Bestimmung sei in der Gesellschafterversammlung vom 19.06.2006 über die Gewinnverwendung in der Weise beschlossen worden, dass der Antrag auf Ausschüttung des Jahresgewinns abgelehnt wurde. Dieser Beschluss stehe im eklatanten Widerspruch zur Satzung der Gesellschaft. Auch die nach Klageerhebung durchgeführte Gesellschafterversammlung und die dort gefassten Beschlüsse über die Verrechnung bzw. Aufrechnung widersprechen der Regelung in der Satzung. Im Wege der von ihm erhobenen Gestaltungsklage könne und müsse der Gewinnverwendungsbeschluss durch ein gerichtliches Urteil ersetzt werden.
Der Kläger stellte den Antrag, dass festgestellt werde, dass der Jahresüberschuss 2004 der Beklagten ausgeschüttet werde.
Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, für die Klage fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Durch Gesellschafterbeschluss vom 19.06.2006 sei der Antrag auf Barausschüttung abgelehnt worden, gegen diesen Beschluss habe sich der Kläger nicht gewehrt, so dass er bestandskräftig sei. Spätestens mit Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung vom 09.10.2006 sei ein Gewinnverwendungsbeschluss gefasst worden. Dieser sei, da ebenfalls nicht angefochten, bestandskräftig. Die Verrechnung/Aufrechnung mit Gegenansprüchen der Gesellschaft beruhe auf einer zwischen den Gesellschaftern am 03.08.2004 getroffenen Vereinbarung, deshalb sei der Beschluss auch nicht rechtswidrig.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 17.01.2007 der Klage stattgegeben und festgestellt, dass der Jahresüberschuss 2004 der Beklagten ausgeschüttet wird.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die das erstinstanzliche Urteil für fehlerhaft hält, insbesondere wegen des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses des Klägers. Sie ist der Auffassung, es sei über den Streitgegenstand nur zum Teil entschieden worden. Im übrigen wiederholt sie ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Auch er wiederholt seinen erstinstanzlichen Vortrag.
Auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen in erster Instanz und vor dem Senat am 28.11.2007 wird Bezug genommen.
Aus den Gründen:
II. Die zulässige Berufung der Beklagten erweist sich auch in der Sache als erfolgreich, das Urteil des Landgerichts ist aufzuheben und die Klage abzuweisen, da der vom Kläger begehrte positive Gewinnverwendungsbeschluss in Form der Feststellung, dass die Gewinne der Beklagte für das Jahr 2004 auszuschütten sei, nicht durch gerichtliches Urteil auszusprechen ist.
Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt kein Feststellungsantrag im eigentlichen Sinn, für den das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers fehlt, vor. Ausweislich der Klagebegründung handelt es sich um eine Gestaltungsklage, die darauf abzielt, einen im Sinne des Klageantrags positiven Gewinnverwendungsbeschluss, durch gerichtliche Entscheidung zu ersetzen. Das Landgericht hat auch nicht nur über einen Teil des Klageantrags entschieden. Wie sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Erstgericht ergibt, richtete sich der Klageantrag auf die Ausschüttung des Jahresgewinns, hierüber entschied das Landgericht.
Die Klage ist jedoch nicht begründet, da für ein Gestaltungsurteil, wie es der Kläger begehrt, aufgrund der bereits vorliegenden, nicht angefochtenen und damit bestandskräftigen Gewinnverwendungsbeschlüsse in den Gesellschafterversammlungen der Beklagten vom 19.06.2006 und 09.10.2006 kein Raum mehr besteht.
Zutreffend gesehen hat der Kläger, dass im sachlichen Zusammenhang des § 29 GmbHG zwei Beschlüsse zu unterscheiden sind, nämlich über die Feststellung des Jahresabschlusses einerseits und über die Verwendung des Ergebnisses andererseits. Hierbei handelt es sich um zwei verschiedene, in ihrem Wesen zu trennende Akte (vgl. Roth/Altmeppen, GmbHG, Kommentar, 5. Auflage, § 29 Rdnr. 15). Unstreitig wurde am 19.06.2006 die Feststellung des Jahresabschlusses 2004 einstimmig beschlossen, vgl. TOP 1, 2 (Anlage K1). In der Gesellschafterversammlung vom 19.06.2006 wurden aber auch Gewinnverwendungsbeschlüsse gefasst, nämlich dergestalt, dass die auf die einzelnen Gesellschafter entfallenden Gewinnanteile nicht ausgeschüttet werden, vgl. TOP 4, 5, 6 (Anlage K1). Hinzu kommt, dass in der Gesellschafterversammlung vom 09.10.2006 über die Gewinnverwendung unter Abänderung der o.g. Beschlüsse erneut beschlossen wurde. Die Beschlüsse über die Verrechnung/Aufrechnung des jeweils entfallenden Gewinns mit den negativen Verrechnungskonten der Gesellschafter Dr. T. und Dr. H. gegenüber der Gesellschaft implizieren die Entscheidung über die Gewinnausschüttung.
Unstreitig hat der Kläger die Beschlüsse der Gesellschaft, die er nach eigenem Vortrag für satzungswidrig hält, nicht angefochten. Sie sind daher bestandskräftig. Ein Vorgehen des Klägers gegen die für fehlerhaft erachteten Beschlüsse wäre jedoch vor der vorliegenden, gerichtlichen Geltendmachung der positiven Beschlussfeststellung erforderlich gewesen. Ist in der Gesellschafterversammlung einer GmbH das Zustandekommen eines bestimmten Beschlusses vom Versammlungsleiter festgestellt worden, so ist der Beschluss mit dem festgestellten Inhalt vorläufig verbindlich; formelle oder materielle Mängel, die seine Anfechtbarkeit begründen, können nur durch Erhebung der Anfechtungsklage geltend gemacht werden (BGHZ 104, 66). Zwar schafft die Vernichtung des angefochtenen Beschlusses für sich allein noch nicht den vom Kläger begehrten positiven Beschlussinhalt. Jedoch kann und muss, wenn die positive Wirkung herbeigeführt werden soll, mit einer Anfechtungsklage fristgerecht eine Klage auf positive Beschlussfeststellung verbunden werden (vgl. Roth/Altmeppen, GmbHG, Kommentar, 5. Auflage, § 47 Rdnr. 156; BGHZ 88, 320; 97, 28, 104, 66; 107, 21). Damit ist vor Erhebung einer positiven Gestaltungsklage bei Vorliegen eines negativen Gesellschafterbeschlusses zunächst dessen Anfechtung notwendig. Diese hat der Kläger jedoch nicht erhoben. Auf die Frage, ob die in den Gesellschafterversammlungen gefassten Beschlüsse gegen die Regelung in der Satzung der Beklagten verstoßen, kommt es mithin nicht an.
Das landgerichtliche Urteil, das der Klage stattgegeben hat, war deshalb aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern die Entscheidung des Revisionsgerichts.