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Wirtschaftsrecht
30.12.2009
Wirtschaftsrecht
LG München I: Gesellschafterliste und Veränderungen bei GmbH-Gesellschaftern

LG München I, Beschluss vom 24.9.2009 - 17 HK T 15914/09

Sachverhalt

Mit Anmeldung vom 18.5.2009 würde zur Eintragung in das Handelsregister bezüglich der Beschwerdeführerin angemeldet, dass die Gesellschaft durch Gesellschafterbeschluss aufgelöst und ein Liquidator bestellt wurde. Dem lag, ein Gesellschafterbeschluss vom 18.5.2009, gefasst durch Herrn X, zugrunde.

Mit Zwischenverfügung vom 27.5.2009 teilte das Registergericht mit, dass die Anmeldung nicht vollzogen werden könne, eine Liste der Gesellschafter sei der Anmeldung nicht beigefügt worden, eine aktuelle Liste, aus der sich die Stellung von Herr X als Alleingesellschafter ergebe, liege nicht vor. Nachdem der Notar im Hinblick auf  diese Zwischenverfügung Verlängerung der Erledigungsfrist bis 14.8.2009 beantragt hatte, teilte das Registergericht mit, dass eine Verlängerung im Hinblick auf § 16 Abs. 1 GmbHG n.F. ausgeschlossen sei. Durch Beschluss vom 24.7.2009 wies das Registergericht die Anmeldung vom 18.5.2009 zurück. Gegen diesen Zurückweisungsbeschluss wurde mit Schriftsatz vom 30.7.2009 Beschwerde eingelegt. Diese wird im Wesentlichen damit begründet, dass § 16 Abs. 1 GmbHG n.F. nur für Sachverhalte nach dessen Inkrafttreten Geltung haben könne, diese Vorschrift könne nicht dazu führen, dass der Alleingesellschafter, der im Jahre 1994 alle Geschäftsanteile erworben und dies der Gesellschaft auch angezeigt habe, nun nicht mehr als materiellrechtlich Berechtigter angesehen werde, weil in der Vergangenheit, vor Inkrafttreten des MoMiG, verabsäumt worden sei, eine aktualisierte Liste der Gesellschafter einzureichen. Der Auffassung des Registergerichtes, dass der von Herrn X .am 18.5.2009 gefasste Beschluss zunächst schwebend unwirksam gewesen sei und endgültig unwirksam sei, weil nicht entsprechend § 16 Abs. 1 Satz 2 GmbHG n. F. unverzüglich eine Liste der Gesellschafter, aus der sich dessen Alleingesellschafterstellung ergebe, im Handelsregister aufgenommen worden sei, könne nicht gefolgt werden.

Aus den Gründen

Gemäß Art. 111 FGG-RG sind auf das Verfahren die Regeln des FGG anwendbar, da das Verfahren vor Inkrafttreten des Fam-FG eingeleitet wurde.

Die Beschwerde ist gemäß §§19, 20 FGG statthaft.

Die Beschwerde ist auch begründet:

Durch das MoMiG soll nach dem Willen des Gesetzgebers die Bedeutung der Gesellschafterliste erheblich aufgewertet werden. Aus den eingereichten und im Handelsregister aufgenommenen Listen soll sich jede Veränderung im Bestand der Gesellschafter aktuell, vollständig, unproblematisch und korrekt ergeben. Nach § 16 Abs. 1 GmbHG n.F. gilt nicht mehr der bei der Gesellschaft angemeldete, sondern derjenige als Gesellschafter, der in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist. Für den Fall, wie hier vorliegend, dass sich aus dem Inhalt der (alten) vor Inkrafttreten des MoMiG eingereichten Liste und der Anmeldung, bzw. dem der Anmeldung zugrunde liegenden Beschluss ein Widerspruch ergibt, weil der Beschlussfassende nicht in dieser alten Liste als Gesellschafter ausgewiesen ist, hat der Gesetzgeber keine Übergangsregelung geschaffen. Damit stellt sich die generelle Frage, wie sich ein vor dem 1.11.2008 erfolgter Wechsel der Gesellschafter auf später vorgenommenen Rechtshandlungen auswirkt, wenn keine aktualisierte Gesellschafterliste vorliegt. Wenn man von einem durch das MoMiG bedingten vollständigen Systemwechsel zum 1.11:2008 ausginge, könnte im vorliegenden Falle der von Herrn X am 18.5.2009 gefasste Beschluss nicht als wirksam angesehen werden, da er nicht als Alleingesellschafter in der alten Gesellschafterliste ausgewiesen ist und eine neue Liste entsprechend § 16.Abs. 1 Satz 2 GmbHG nicht unverzüglich eingereicht und im Register aufgekommen wurde. Dem kann allerdings nicht gefolgt werden. Denn der Gesetzgeber hat für § 16 Abs. 1 Grri6HG,. anders als dies für den. Fall, des gutgläubigen Erwerbsentsprechend § 16. Abs. 3 GmbHG der Fall ist (insoweit greift die Übergangsvorschrift des § 3 Abs. 3 EG-GmbHG) gerade nicht angeordnet, dass für die alten Gesellschafterlisten die Vermutung des § 16 Abs. 1 GmbHG n. F. gelten soll. Es kann auch nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber mit Inkrafttreten des MoMiG Gesellschaftern, die nach §16 GmbHG a.F. .ordnungsgemäß bei der Gesellschaft angemeldet waren, aber nicht in einer eingereichten alten Liste aufgenommen sind, die ihnen zustehenden Gesellschafterrechte entziehen wollte. Solche Eingriffe in die Rechte von Gesellschaftern wären auch, da sie eine echte Rückwirkung des Gesetzes bedeuten würden, aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zulässig. Außerdem käme hinzu, dass es in der Praxis eine Vielzahl von alten, nicht korrekten Gesellschafterliste gibt, weil der Verpflichtung nach § 40 Abs. 1 GmbHG a.F. nicht ausreichend Folge geleistet wurde. Würde man nur auf den Inhalt dieser alten Listen abstellen, die tatsächlich die aktuelle materielle Rechtslage nicht korrekt wiedergeben, würde dies zu einer nicht hinnehmbaren Rechtsunsicherheit führen, darüber hinaus würde die vom Gesetzgeber gewünschte Transparenz über die Struktur der Anteilsinhaber bei der GmbH infrage gestellt. Entscheidend für Veränderungen im Gesellschafterkreis bis zum 1.11.2008, also vor Inkrafttreten des MoMiG, muss deshalb ausschließlich die materielle Rechtslage sein (vgl. zum Ganzen Notar Dieter Mayer, ZIP 2009, Seite 1037 ff).

Aus den oben genannten Gründen konnte somit das Registergericht die Anmeldung nicht deshalb zurückweisen, weil der Beschlussfassende Herr X in der dem Registergericht vorliegenden Liste (alt) nicht als Alleingesellschafter ausgewiesen ist und weil eine (neue) Liste; in der dies der Fall ist, nicht entsprechend § 16 Abs. 1 Satz 2 GmbHG eingereicht und unverzüglich im Handelsregister aufgenommen wurde. Da nach dem Sachvortrag der Beteiligten sich der Gesellschafterwechsel vor dem 1.11.2008 vollzog, ist, wie oben ausgeführt, ausschließlich auf die materielle Rechtslage zustellen.

Aus diesem Grunde war der Zurückweisungsbeschluss des Registergerichtes München vom 24.7.2009 aufzuheben.

Sofern die vom Registergericht vorzunehmende Überprüfung der materiellen Rechtslage die vor dem 1.11.2008 erworbene Alleingesellschafterstellung des den Beschluss vom 18.5.2009 Fassenden ergeben und sonstige Vollzugshindernisse nicht bestehen sollten, wird das Registergericht daher die Anmeldung vom 18.5.2009 zu vollziehen haben.

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