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Wirtschaftsrecht
30.05.2018
Wirtschaftsrecht
OLG München: Gerichtliche Ermächtigung einer Aktionärsminderheit zur Einberufung einer Hauptversammlung in der Insolvenz

OLG München, Beschluss vom 14.5.2018 – 31 Wx 122/18

Volltext: BB-ONLINE BBL2018-1282-2

unter www.betriebs-berater.de

Amtliche Leitsätze:

1. Die gerichtliche Ermächtigung einer Aktionärsminderheit zur Einberufung einer Hauptversammlung nach § 122 Abs. 3 AktG ist weder durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch durch die Regelung zur Eigenverwaltung in § 276a InsO noch durch die Einleitung eines Insolvenzplanverfahrens ausgeschlossen.

2. Die Zuständigkeit der Hauptversammlung bleibt für Angelegenheiten des masseneutralen insolvenzfreien Bereichs grundsätzlich auch in der Insolvenz bestehen. Grundsätzlich taugliche Gegenstände einer Einberufungsermächtigung sind daher die Abberufung und die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern, der Vertrauensentzug gegenüber dem Vorstand, Satzungsänderungen über Abstimmungsmehrheiten, eine Kapitalerhöhung (außerhalb des Insolvenzplans) sowie gewisse Sonderprüfungen.

3. Soweit die Hauptversammlung für Angelegenheiten in der Insolvenz zuständig bleibt, stehen einer Ermächtigung nach § 122 Abs. 3 AktG etwaige Kosten einer Hauptversammlung, etwaige Kosten einer künftigen Umsetzung einer beantragten Beschlussfassung oder ein etwaiges Zustimmungserfordernis für eine künftige Umsetzung eines gefassten Beschlusses nicht entgegen. Der Anspruch auf Ermächtigung zur Einberufung nach § 122 Abs. 3 AktG ist grundsätzlich unabhängig von der Frage, wer diese Kosten zu tragen hat und welcher Zustimmungen es ggfs. für die Umsetzung eines Beschlusses bedarf.

AktG § 122, InsO § 276a, § 225a

Sachverhalt

I.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Ermächtigung der Antragsteller nach § 122 AktG, eine Hauptversammlung zu bestimmten Tagesordnungspunkten einzuberufen.

Die Antragsteller verfügen als Gesellschafter der Antragsgegnerin, einer Aktiengesellschaft, gemeinsam über mindestens 5% des Grundkapitals. Über das Vermögen der Antragsgegnerin ist seit 1.12.2017 das Insolvenzverfahren mit Anordnung von Eigenverwaltung eröffnet.

Eine ordentliche Hauptversammlung hat für das Geschäftsjahr 2016 nicht mehr stattgefunden. Die vom Vorstand für den 31.8.2017, den 10.10.2017 und den 6.12.20.17 einberufenen Hauptversammlungen hat er jeweils wieder abgesetzt.

Nachdem der Vorstand auf ein Verlangen der Antragsteller vom 20.09.2017 (Anlage KS& P 9), eine Hauptversammlung mit den dort aufgelisteten Tagesordnungspunkten einzuberufen, nicht reagiert hatte, haben die Antragsteller mit Antrag vom 4,10.2017 beantragt, gem. § 122 Abs. 3 S. 1 AktG ermächtigt zu werden, eine Hauptversammlung der Gesellschaft mit den folgenden Tagesordnungspunkten einzuberufen:

– TOP 1 : Beschlussfassung über die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern gemäß § 103 Abs. 1 AktG

– TOP 2: Beschlussfassung über die Nachwahl eines Aufsichtsratsmitgliedes

– TOP 3: Beschlussfassung über die Verkleinerung des Aufsichtsrats und Änderung von § 7 Abs. 1 der Satzung

– TOP 4: Beschlussfassung über die Änderung der Satzung hinsichtlich Mehrheitserfordernissen bezüglich Beschlüssen der Hauptversammlung (§§ 7 Abs., 4, 17 Abs. 4 der Satzung)

– TOP 5: Beschlussfassung über die Bestellung eines Sonderprüfers zu den Vorgängen des Investorenprozesses im Rahmen der finanziellen Restrukturierung der Gesellschaft

– TOP 6: Beschlussfassung über die Bestellung eines Sonderprüfers zu den Vorgängen hinsichtlich der Vergütung des Vorstands

– TOP 7: Beschlussfassung über die Bestellung eines Sonderprüfers zu den Vorgängen hinsichtlich der Rolle des damaligen Aufsichtsrats im Zusammenhang mit den Themen der Vergleichsvereinbarung mit ehemaligen Mitgliedern des Vorstands

– TOP 8: Beschlussfassung über die Bestellung eines Sonderprüfers zu den Vorgängen hinsichtlich der Einhaltung der organschaftlichen Pflichten des Vorstands hinsichtlich der Veröffentlichung der Einigung der Konsortialbanken mit dem Finanzinvestor

– TOP 9: Beschlussfassung über den Vertrauensentzug gegenüber dem Vorstandsvorsitzenden Dr. K. M.

– TOP 10: Beschlussfassung über die Erhöhung des Grundkapitals gegen Bareinlagen mit Bezugsrecht der Aktionäre sowie damit verbundene Satzungsänderung

Für die Einzelheiten der beantragten Beschlüsse und zusätzlichen Informationen wird auf die Anlage KS& P 1 Bezug genommen.

Nachdem der Vorstand eine Hauptversammlung mit diesen Tagesordnungspunkten für den 6.12.2017 einberufen hatte, änderten die Antragsteller zunächst mit Schriftsatz vom 5.11.2017 ihren Antrag dahin ab, ermächtigt zu werden, sich der durch den Vorstand erfolgten Einberufung der Hauptversammlung am 6.12.2017 anzuschließen und dies im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Sie beabsichtigten damit, eine Abberufung durch den Vorstand zu verhindern. Den Antrag vom 4.10.2017 hielten sie hilfsweise aufrecht. Das Registergericht setzte das Verfahren mit Beschluss vom 7.11.2017 aus und wies den Antrag auf Anschluss an die Vorstandseinberufung zurück, ihre hiergegen eingelegte Beschwerde erklärten die Antragsteller für erledigt erklärt bzw. beschränkten sie auf die Kostenentscheidung, nachdem am 28.11.2017 der Vorstand die Hauptversammlung vom 6.12.2017 abgesetzt hatte. Zugleich hielten die Antragsteller mit Schriftsatz vom 28.11.2017 ihren Antrag vom 4.10.2017 auf Ermächtigung, eine Hauptversammlung mit den vorgenannten Tagesordnungspunkten einzuberufen, aufrecht.

Mit zwischenzeitlich rechtskräftigem Beschluss vom 1.12.2017 eröffnete das Insolvenzgericht München unter Az., 1511 IN 2637/17 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft und ordnete Eigenverwaltung an. Beim Insolvenzgericht ist der Entwurf eines Insolvenzplans eingereicht worden, für dessen Abstimmung noch nicht terminiert ist. Nachdem die vormaligen Hauptgläubigerbanken ihre Forderungen an die Speyside Equity Industrial Europe Luxembourg S.a.r.l. (im Folgenden: Spey Equity) verkauft haben, sieht der Insolvenzplan die Wandlung der Finanzverbindlichkeiten in Eigenkapital (debt-to-equity-swap) mit einem Kapitalschnitt auf Null vor, so dass der Hauptgläubiger Speyside Equity alleiniger Aktionär werden würde.

Mit Schriftsatz vom 1.3.2018 beantragen die Antragsteller hilfsweise, sie zu ermächtigen, eine Hauptversammlung mit der im Schreiben an die Antragsgegnerin, vorgelegt als Anlage KS& P 9, genannten Tagesordnung einzuberufen, hilfsweise mit einer vom Gericht auf die zulässig erachteten Punkte reduzierten Tagesordnung. Auf die Anlage KS& P 9 wird Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat den Sachwalter angehört, der die Ermächtigung zur Einberufung ablehnt und etwa erforderliche Zustimmungen versagt bzw. dies ankündigt. Auf die Stellungnahme vom 1.3,2018 (Bl. 131) wird Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 19.3.2018 hat das Amtsgericht - Registergericht - die Antragsteller ermächtigt, eine Hauptversammlung mit folgenden Tagesordnungspunkten einzuberufen:

– TOP 1: Beschlussfassung über die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern gemäß § 103 Abs. 1 AktG

– TOP 2: Beschlussfassung über die Nachwahl eines Aufsichtsratsmitgliedes

– TOP 3: Beschlussfassung über die Verkleinerung des Aufsichtsrats Änderung von § 7 Abs. 1 der Satzung

– TOP 4: Beschlussfassung über die Änderung der Satzung hinsichtlich Mehrheitserfordernisse bezüglich Beschlüssen der Hauptversammlung (§§ 7 Abs. 4, 17 Abs. 4 der Satzung),

Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss .(veröffentlicht unter BeckRS 2018, 3975; ZIP 2018, 741; ZinsO 2018, 890) wenden sich jeweils mit ihren Beschwer-den vom 10.04.2018 bzw. vom 28.3.2018 die Antragsgegnerin, weiche den Zurückweisungsantrag weiterverfolgt, und die Antragsteller, weiche ihr Einberufungsverlangen auch bezüglich der abgelehnten Tagesordnungspunkte weiterverfolgen. Das Amtsgericht hat den Beschwerden gemäß Beschluss vom 11.4.2018 nicht abgeholfen.

Die Antragsteller haben auf der Grundlage der Ermächtigung durch das Amtsgericht eine Hauptversammlung für den 18. Mai 2018 einberufen mit den vom Amtsgericht zugelassenen Tagesordnungspunkten.

Den Antrag der Antragsgegnerin, die Vollziehung des Beschlusses vom 19.3.2018 gem. § 64 Abs. 3 FamFG auszusetzen bzw. es den Antragstellern im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, vor Entscheidung über die Beschwerde eine Hauptversammlung abzuhalten, hat der Senat mit Beschluss vom 23.4.2018 zurückgewiesen, Mit Beschluss vom 27.04.2018 hat das Amtsgericht München für die Hauptversammlung vom 18.5.2018 auf Antrag der Antragsteller einen Versammlungsleiter bestimmt.

Die Beschwerden beider Seiten sind zulässig. In der Sache hat nur die Beschwerde der Antragsteller Erfolg, so dass die Ermächtigung zur Einberufung einer Hauptversammlung um die vom Amtsgericht zurückgewiesenen Tagesordnungspunkte zu erweitern war.

Aus den Gründen

II.

1. Die Beschwerden beider Seiten sind zulässig, insbesondere statthaft gem. § 122 Abs. 3 S, 4 AktG und innerhalb der Monatsfrist des § 63 Abs. 1 FamFG (i.V.m. § 402 Abs. 1, § 375 Nr. 3 FamFG) beim Amtsgericht (vgl. § 64 Abs. 1 FamFG) eingelegt worden. Beschwerdeberechtigung nach § 59 Abs. 1 FamFG und Überschreitung der Beschwer von 600 € gem. § 61 Abs. 1 FamFG sind gegeben.

2. Das Amtsgericht hat die Antragsteller zu Recht gem. § 122 AktG zur Einberufung einer Hauptversammlung mit den zugesprochenen Tagesordnungspunkten ermächtigt. Auf die Beschwerde der Antragsteller ist die Ermächtigung auch auf die übrigen beantragten Tagesordnungspunkte - Vertrauensentzug Vorstand, Kapitalerhöhung und Sonderprüfungen - zu erstrecken.

a) Die formellen Voraussetzungen für das Einberufungsverlangen einer Aktionärsminderheit nach § 122 AktG sind erfüllt.

Soweit durch die allgemeine Bezugnahme in der Beschwerdebegründung der Antragsgegnerin vom 10.04.2018 auf den Schriftsatz vom 20.2,2018 formelle Rügen aus der ersten Instanz als weiterhin erhoben gelten sollten, kann auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts Bezug genommen werden. Insbesondere hat das Amtsgericht zu Recht eine ordnungsgemäße Vertretung aller Antragsteller im Prozess nach §§ 10, 11 FamFG angenommen.

Der Senat geht vom Fortbestehen der nachgewiesenen Antragsberechtigung gem. § 122 Abs. 3 S. 5 AktG aus. Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass die Antragstellerin zu 2, wie antragsgegnerseits im Schriftsatz vom 4.5.2018 vorgebracht, ihre Stimmrechte wegen Verstoßes gegen die Pflicht zur Mitteilung eines „acting in 00006(1“ gem. § 44 WpHG i.V.m. §§ 33, 34 WpHG nicht ausüben dürfe. Die Antragsgegnerseite hat mit Telefax vom 10.5.2018 erwidert, weiches zur Gewährleistung rechtlichen Gehörs bezogen auf den neuen Vortrag der Antragsgegnerseite noch zu berücksichtigen war, den Sachverhalt aus ihrer Sicht dargestellt und Korrespondenz über die Frage der Mitteilungspflicht mit der BAFin vorgelegt. Auf der Grundlage des beidseitigen Vorbringens samt Anlagen kann sich der Senat nicht davon überzeugen, dass die Stimmrechte der Antragstellerin zu 2 derzeit nach § 44 Abs. 1 WpHG nicht ausgeübt werden dürften.

Zu Recht hat das Amtsgericht auch angenommen, dass die formellen Anforderungen an den In-halt der Anträge nach § 122 Abs. 1 AktG - Angabe von Zweck und Gründen - erfüllt sind. Die Gegenstände des gerichtlich gestellten Ermächtigungsantrags (Anlage KS& P 1) stimmen inhaltlich ausreichend mit dem Verlangen überein, das dem Vorstand unterbreitet worden war (Anlage KS& P 9).

b) Die Ermächtigung zur Einberufung einer Hauptversammlung nach § 122 AktG ist weder durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch durch die Regelung zur Eigenverwaltung in § 275a InsO generell ausgeschlossen (vgl. Senat, Beschluss vom 4.2.2015, Az. 31 Wx 21/15 - nicht veröffentlicht; OLG Düsseldorf ZIP 2013, 1022, 1023 f, Rn. 37 f. nach juris; Keidel/Heinemann, FamFG, 19. Aufl., <2017> § 375 Rn. 54; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., <2016> § 122 Rn. 10 a.E.; Ziemons in: Schmidt, K./Lutter, AktG, 3. Aufl. 2015, § 122 AktG, Rn. 18; Windel in: Jaeger, InsO, 2007, § 80 Rn. 79; aA wohl AG Montabaur, BeckRS 2012,14971). Zwar hat der Insolvenzschuldner die gesamte Abwicklung des Insolvenzverfahrens ausschließlich an den Interessen der Gläubiger auszurichten und eigene Interessen zurückzustellen. Die Zuständigkeiten der Gesellschaftsorgane werden im Bereich des § 80 Abs. 1 InsO, der die Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse betrifft, verdrängt. Dies gilt für die Fremdverwaltung und grundsätzlich gleichlaufend für die Eigenverwaltung. In insolvenz(zweck-)freien Bereichen bleiben gesellschaftsrechtliche Kompetenzen aber grundsätzlich bestehen. Deshalb ist die Einberufung einer Hauptversammlung durch ermächtigte Aktionäre mit dem Insolvenzverfahren und mit § 276a InsO nicht unvereinbar, wenn die Hauptversammlung über masseunabhängige oder - neutrale Maßnahmen beschließen soll. Dies zeigt auch das in § 276a S. 2 InsO geregelte Zustimmungserfordernis, welches nur Sinn ergibt, wenn die Abhaltung einer Gesellschafterversammlung auch in der Insolvenz möglich ist, um die Mitglieder der Geschäftsleitung abzuberufen und neu zu bestellen bzw. deren Abberufung durch den Aufsichtsrat vorzubereiten, (vgl. Senat, Beschluss vom 4.2.2015, Az 31 Wx 21/15 S. 6 (nicht veröffentlicht); MüKo/Klöhn, InsO, 3. Aufl. <2014> § 276a Rn. 6; Uhlenbruck/Zipperer, InsO, 14. Aull. <2015> § 276a Rn. 10; Graf-Schlicker, InsO, 4. Aufl. <2014> § 276a Rn. 3; Pape in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 75. Lfg 03.2013 § 276a Rn. 3; Landfermann in Kayer/Thole, InsO, 8. Aufl. <2016> Rn, 9 u 13). Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin behält der Vorstand in der Insolvenz als Vertretungsorgan ungeschmälert das Recht, Versammlungen zur Beschlussfassung einzuberufen (MüKoAktG/J. Koch 4. Aufl. <2016> § 264 Rn. 69; Bachmann in Spindler/Stilz, AktG 3. Aufl. <2015> § 264 Rn. 19; Drescher in Henssler/Strohn, § 264 AktG Rn. 10; Ott/Brauckmann, ZIP 2004, 2117,2120; Windel in: Jaeger, InsO, 2007, § 80 Rn. 79). Auch die Befugnis des Einberufungsverlangens durch die Minderheit nach § 122 AktG gilt fort (vgl. Hüffer/Koch, AktG. 12. Aufl. <2016> § 122 Rn. 10 a.E.; Klöhn, EWiR 2013, 559, 560; Windel in; Jaeger, InsO, 2007, § 80 Rn. 79).

Dem steht kein Kostenargument entgegen. Zum Einen verschafft § 122 Abs. 4 AktG, wonach die Gesellschaft die Kosten der Hauptversammlung und im Fall eines stattgebenden Gerichtsverfahrens auch die Gerichtskosten zu tragen hat, wie das Amtsgericht zutreffend ausführt, den antragstellenden Gesellschaftern lediglich einen Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft, für den sie das Durchsetzungsrisiko tragen (OLG Düsseldorf, ZIP 2013 1 022 Rn 39 nach juris; MüKo/Kubis, AktG 4.Aufl. <2018> § 122 Rn. 73 mzN; Hüffer/Koch, AktG. 12. Aufl. <2016> § 122 Rn. 13). Zum Anderen wechseln Angelegenheiten des masseneutralen bzw. insolvenzfreien Bereichs, die in der Zuständigkeit des Gesellschaftsorgans verbleiben, nicht wegen der hierbei ausgelösten Kosten in die Originärkompetenz des Insolvenzverwalters (Ott/Brauckmann, ZIP 2004, 2117, 2119). Ob der Insolvenzverwalter die für die Durchführung einer Hauptversammlung erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen muss und gleichlaufend der Sachwalter in der Eigenverwaltung solchen Ausgaben zustimmen muss (so wohl Bachmann in Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. <2015> § 264 Rn. 17; C.-F. Müller, a.a.O. S. 117 f.) oder es einer internen Abstimmung mit dem Insolvenzverwalter (bzw. Sachwalter) über die Kosten bedarf (MüKoAktG/J. Koch 4. Aufl., <2016> § 264 Rn, 69) oder ggfs. die Antragsteller die Kosten selbst übernehmen müssen, muss nicht - entschieden werden, weil der Anspruch auf Ermächtigung davon nicht abhängt.

Soweit die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 4.5.2018 die Gegenauffassung vertritt und insbesondere vorbringt, dass nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Vorstand eine Hauptversammlung nur mit Zustimmung des Sachwalters einberufen dürfe und hier bereits tatsächlich Kosten in Höhe von ca. 6.000 € angefallen seien, überzeugt dies aus den vorstehenden Gründen nicht Die gerichtlich ermächtigte Minderheit nach § 122 Abs. 3 AktG nimmt die Einberufung im eigenen Namen vor (MüKoAktG/Kubis AktG, 4. Aufl., <2018> § 122 Rn. 71; Rieckers in Spindter/Stilz, AktG 3. Aufl., <2017> § 122 Rn. 67). Ihr obliegt die organisatorische Vorbereitung' der Hauptversammlung (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 - II ZR 375/15 - Rn. 69, juris; Butzke in Großkomm. AktG, 5. Aufl. <2015>, § 122 Rn. 107; MüKoAktG/Kubis, 4. Aufl., <2018> § 122 Rn. 71). Die Gesellschaft ist zur Mitwirkung nur verpflichtet, soweit konkrete Pflichten vom Gesetz zu-gewiesen sind, etwa gern §§ 124a, 125, 126, 127 AktG (Butzke in Großkomm. AktG, 5. Aufl. <2015>, § 122 Rn. 107; MüKoAktG/Kubis, 4. Aufl., <2018> § 122 Rn. 71). Die Frage, wer die hierfür anfallenden Kosten zu tragen hat, die sich ähnlich wie bei der Einberufung durch den Vorstand stellt (siehe oben), bedarf hier keiner Entscheidung, weil hiervon der Anspruch auf Ermächtigung nicht abhängt.

c) Ebenso wenig sperren die Einleitung eines Insolvenzplanverfahrens nach §§ 217 ff. InsO und insbesondere § 225a InsO - entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin und des Sachwalters - per se die Hauptversammlungsbefugnisse und das Einberufungsverlangen nach § 122 AktG (a.A. wohl Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 2. Aufl., >2015> Rn. 232 ff., 241 u. 268-271).

Mit der Vorlage des Insolvenzplans nach § 218 InsO beim Insolvenzgericht ist das Insolvenzplanverfahren eingeleitet, für das § 217 - § 269 InsO auch eigene Regelungen über Verfahren, Teilnahme und Mitwirkungsbefugnisse der Beteiligten einschließlich der (Alt-)Gesellschafter vorsieht. Nach § 225a Abs. 1 bis Abs. 3 InsO kann der Insolvenzplan gesellschaftsrechtliche Maßnahmen treffen, die die Organkompetenzen einschränken. Der insolvenzplan entfaltet gem. § 254 Abs. 1 InsO seine Wirkung erst mit der Rechtskraft seiner Bestätigung. Nach § 225a Abs. 1 InsO bleiben die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Personen vom Insolvenzplan unberührt, es sei denn dass der Plan etwas anderes bestimmt. Hieraus folgt, dass jenseits des Insolvenzplans die Gesellschafterrechte durch § 225a InsO nicht beschränkt werden. Mit der Einführung der Norm durch das ESUG beabsichtigte der Gesetzgeber die Erleichterung und Beschleunigung von Sanierungen nach einem Insolvenzplan. indem mit Bestätigung des Insolvenzplans ohne weiteren Beschluss der Gesellschafterversammlung auch gesellschaftsrechtliche Maßnahmen als wirksam getroffen gelten (vgl. BT-Drs. 17/5712, S. 18), Ein weitergehender Eingriff in das grundsätzliche Kompetenzgefüge zwischen Gesellschaftern und Insolvenzverwalter jenseits des Insolvenzplans lässt sich den gesetzlichen Regelungen, insbesondere der Kernvorschrift des § 225a InsO, jedoch nicht entnehmen. Es besteht daher kein Anlass, im insolvenzplanverfahren vor rechtskräftiger Planbestätigung vom grundsätzlichen Fortbestehen der insolvenzzweck- und -masseneutralen Grundkompetenzen der Gesellschafter abzurücken. Soweit Beschlüsse den Insolvenzzweck und die bestmögliche Gläubigerbefriedigung nicht gefährden, sind sie folglich trotz laufenden Insolvenzplanverfahrens nicht ausgeschlossen. Den Gesellschaftern verbleibt insbesondere die Befugnis, außerhalb des Insolvenzplans mit einer Kapitalerhöhung den Insolvenzgrund nachhaltig zu beseitigen (Spahlinger in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 75, Lfg 03.2018, § 225a Rn. 103; Eidenmüller, NJW 2014.17,18).

d) Die beantragten Beschlussgegenstände sind jeweils zulässig; das Verlangen ist weder im Einzelnen noch in der Gesamtschau rechtsmissbräuchlich.

Die beantragten Beschlussgegenstände müssen aktienrechtlich der Beschlusskompetenz der Hauptversammlung unterliegen und dürfen nicht gegen ein Gesetz oder die guten Sitten verstoßen oder rechtsmissbräuchlich geltend gemacht werden (vgl. Senat, AG 2010, 84 Rn. 10; Ziemons in K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., <2015> § 122 Rn, 21; MüKo/Klöhn, InsO, 3. Aufl., <2014> § 276a Rn. 15). in der Eigenverwaltung müssen sie vereinbar sein mit § 276a InsO, der die Organkompetenzen auch verbandsrechtlich einschränkt. Der Senat sieht diese Voraussetzungen für die einzelnen Gegenstände als erfüllt an (hierzu aa)) und erachtet den Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit auch in der Gesamtschau nicht als durchgreifend (hierzu bb)).

aa) Die Beschlussgegenstände sind im Einzelnen zulässig.

(1) Abberufung und Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft hindert weder in der Eigen- noch in der Fremdverwaltung die Bestellung und Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern (Senat, Beschluss vom 4.2.2015, 31 Wx 21/15, S. 6 (nicht veröffentlicht); OLG Düsseldorf ZIP 2013, 1022, 1023 f (Rn. 37 f. nach juris); MüKo/Habersack, AktG, 4. Aufl., <2014> § 101 Rn. 3 a E.; Uhlenbruck/Zipperer, InsO, 14. Aufl., <2015> § 276a Rn. 6; Landfermann in Kayer/Thole, InsO, 8. Aufl., <2016> Rn. 9; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 2. Aufl., <2017> Rn. 177 ff.) Adressat der durch § 276a InsO ausgeschlossenen Einflussnahme ist das Geschäftsführungsorgan, bei einer Aktiengesellschaft also der Vorstand, nicht aber das Kontrollorgan. § 276a InsO hindert folglich nicht die Einflussnahme auf die Nicht-Geschäftsführungsorgane einschließlich ihrer Bestellung und Abberufung (Senat a.a.O., vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.}. Auch Ist der Gegenstand nicht durch das laufende Insolvenzplanverfahren gesperrt, weil es sich um eine Grundlagenzuständigkeit handelt und, sollte es hierauf ankommen, eine Beeinträchtigung des Planinhalts nicht ersichtlich ist.

(2) Vertrauensentzug gegenüber dem Vorstand

§ 276a InsO hindert nicht die Bestellung oder Abberufung von Leitungsorgangen oder deren Vorbereitung durch die Gesellschafterversammlung (vgl. Senat, Beschluss vom 4.2.2015, Az 31 Wx 21/15 S. 6 (nicht veröffentlicht); MüKoAktG/J. Koch 4. Aufl., «2016> § 264 Rn. 77; MüKo/Klöhn, InsO, 3. Aufl., <2014> § 276a Rn. 6; Uhlenbruck/Zipperer, InsO, 14. Aufl., <2015> § 276a Rn. 10; Graf-Schlicker, InsO, 4. Aufl., <2014> § 276a Rn. 3; Pape in Kübier/Prütting/Bork, InsO, 75. Lfg 03.2018 § 276a Rn. 3; Landfermann in Kayer/Thole, InsO, 8. Aufl., <2016> Rn. 9 u 13; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 2. Aufl., <2017> Rn. 184 ff.). Dies fordern weder Wortlaut noch Sinn und Zweck der Vorschrift. Vielmehr würde es sonst keinen Sinn ergeben, die Wirksamkeit nach § 276a S. 2 InsO von der Zustimmung des Sachwalters abhängig zu machen. Der zur Vorbereitung der Abberufung des Vorstands, für die der Aufsichtsrat zuständig ist. dienende Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung, (§ 84 Abs. 3 S. 2 AktG) ist auch in der Insolvenz noch zulässig (vgl. Senat, Beschluss vom 4.2.2015, Az 31 Wx 21/15 (nicht veröffentlicht); MüKoAktG/J. Koch 4. Aufl., <2016> § 264 Rn. 77), weil auch dieser Beschlussgegenstand der gesellschaftsinternen und in Organkompetenz verbleibenden Entscheidungsbefugnis über Bestellung und Abberufung des Leitungsorgans als Vorbereitungshandlung zuzurechnen ist. Auf die Frage, ob die Gesellschafter dem Vorstand in der Insolvenz, in der er vorrangig den Gläubiger-Interessen dienen muss, überhaupt noch vertrauen müssten, kommt es dabei nicht an. Eine Einflussnahme auf die Leitung i.S.d. § 276a S. 1 InsO ist im Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung nicht zu sehen.

Die nach § 276 a S. 2 InsO für die Wirksamkeit der Vorstandsabberufung erforderliche Zustimmung des Sachwalters muss nicht schon vor Vertrauensentzug durch die Gesellschafter vorliegen (vgl. Senat, a.a.O. S. 6). Dies zu fordern, würde unzulässig in die Autonomie der Gesellschafterversammlung eingreifen. Unschädlich ist ebenso, dass der Sachwalter bereits angekündigt hat, einer Abberufung nicht zuzustimmen. Denn die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn sie zu Nachteilen für die Gläubiger führen würde (§ 276a S. 3 InsO). Das kann regelmäßig nicht bereits im Vorhinein endgültig beurteilt werden. Zudem vermag der Senat nicht zu beurteilen, ob es bei der Zustimmungsverweigerung verbleibt.

Auch ist der Gegenstand nicht durch das laufende Insolvenzplanverfahren gesperrt, weil es sich um eine Grundlagenzuständigkeit handelt und, sollte es hierauf ankommen, eine Beeinträchtigung des Planinhalts nicht ersichtlich ist, zumal der Sachwalter einer etwaigen Abberufung des Vorstands durch den Aufsichtsrat ggfs. durch Verweigerung der Zustimmung nach § 276a S. 2 InsO begegnen kann.

(3) Satzungsänderungen für Abstimmungsmehrheiten

Satzungsänderungen sind als Grundlagenentscheidungen keine von § 276a InsO verbotene Einflussnahme auf die Geschäftsführung, soweit sie insolvenzzweckneutral sind; sie betreffen das Gesellschaftsverhältnis und seine Gestaltung und sind kein Teil der Geschäftsführung (Uhlenbruck/Zipperer, InsO, 14, Aufl. <2015> § 276a Rn. 6; Landfermann in Kayer/Thole, InsO, 8. Aufl. <2016> Rn. 9; Höffer/Koch, AktG, 12. Aufl. <2016> § 264 Rn. 11; MüKoAktG/J. Koch 4. Aufl., <2016> § 264 Rn. 77: Drescher in Henssler/Strohn, 2011, § 264 AktG Rn. 10). So verhält es sich auch für die hier beabsichtigte Änderung der in der Satzung enthaltenen Mehrheitserfordernisse. Der Gegenstand ist nicht durch das laufende Insolvenzplanverfahren gesperrt, weil es sich um eine Grundlagenzuständigkeit handelt und eine Beeinträchtigung weder des Planinhalts, soweit es hierauf ankommen sollte, noch des Planverfahrens ersichtlich ist, zumal das Abstimmungsverfahren über den Insolvenzplan

(4) Kapitalerhöhung

Eine Kapitalerhöhung gem. §§ 182 f. AktG hat keinen nach § 276a InsO unzulässigen Einfluss auf die Geschäftsleitung; sie bleibt auch in der Insolvenz der Satzungsautonomie vorbehalten (Uhlenbruck/Zipperer, InsO, 14. Auf!, <2015> § 276a Rn. 7; MüKo/Schürnbrand, AktG, 4. Aufl. <2018> § 182 Rn. 83; MüKoAktG/J. Koch 4. Aufl., <2016> § 264 Rn. 74; Uhlenbruck/Hirte, InsO 14. Aufl. <2015> § 11 Rn. 193; Hüffer/Koch AktG, 12. Aufl. <2016> § 182 Rn. 32 f.; Veil in K.Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl. <2Q15> § 182 Rn. 44 mzN). Der als Grundlage der Kapitalerhöhung erforderliche Satzungsändernde Beschluss ist auch in der Insolvenz allein Sache der Gesellschafter und bringt nur den Willen der Korporation zum Ausdruck, ihr Grundbzw. Stammkapital zu erhöhen (H.F. Müller, ZGR 2004, 842, 847). Die Beschlussfassung hat insbesondere noch keine unmittelbare Auswirkungen auf die Masse und ist zunächst nur ein verbandsinterner Vorgang (H F. Müller a.a.O.).

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin und des Sachwalters sperrt die Einleitung des bislang nicht abgeschlossenen Insolvenzplanverfahrens diese Befugnis der Gesellschafterversammlung nicht (a.A. wohl Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 2. Aufl., <2015> Rn. 102 u. 166, 268 ff.}. Um Kapitalmaßnahmen nach dem Insolvenzplan geht es hier nicht. Sie würden auch erst mit rechtskräftiger Insolvenzplanbestätigung Wirkung entfalten (§ 254 Abs. 1 InsO). Wie bereits ausgeführt, verbleibt den Gesellschaftern vor rechtskräftiger Insolvenzplanbestätigung die Befugnis, außerhalb des Insolvenzplans durch Kapitalerhöhungen den Insolvenzgrund nachhaltig zu beseitigen (Spahlinger in Kübler/Prüttirig/Bork, InsO, 75. Lfg 03.2018, § 225a Rn. 103; Eidenmüller, NJW 2014,17,18).

(5) Sonderprüfungen

Der Senat hält die beantragten Tagesordnungspunkte über bestimmte Sonderprüfungen in der vorliegenden Fallgestaltung für zulässig. Im Schrifttum ist umstritten, ob die Hauptversammlung im Insolvenzverfahren die Beschlusskompetenz für die Anordnung von Sonderprüfungen nach § 142 AktG behält (dafür: Mock in Gottwald/Haas/Mock, InsolvenzHdb 5. Aufl., § 93 Rn. 31; Mock in Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., <2015> § 142 Rn. 64; Uhlenbruck/Hirte, § 11 InsO Rn. 189; dagegen: MÜKo/Arnold. AktG, 4. Aufl., <2018> § 142 Rn. 36 f.; Spindler in K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., <2015> § 142 Rn. 23). Der Senat schließt sich im konkreten Fall der erst genannten Ansicht an, weil eine Insolvenzzweckgefährdung durch diese Sonderprüfungen nicht ersichtlich ist. Deshalb sind die Gegenstände auch nicht durch das Planverfahren gesperrt. Die Erörterung und Abstimmung dieser Sonderprüfungsthemen stand bereits auf der Tagesordnung der für den 6.12.2017 einberufenen Hauptversammlung, die abberufen worden war. Die von den beantragten Beschlussfassungen über Sonderprüfungen erfassten Vorgänge sind, so wie in Anlage KS& P 1 aufgeführt, hinreichend bestimmt und betreffen Vorgänge in der Vergangenheit, die auch vor der Insolvenzeröffnung liegen.

Etwa dadurch entstehende Kosten stehen der Ermächtigung nicht entgegen. Für die Durchführung der Sonderprüfungen bedarf es allerdings wegen der damit verbundenen Begründung von Masseverbindlichkeiten der Zustimmung durch den Sachwalter (vgl. Mock a.a.O.). Für den Anspruch auf Ermächtigung ist aber unschädlich, dass der Sachwalter diese Zustimmung bereits jetzt ablehnt und angekündigt hat, sie zu versagen. Wie oben bereits zu anderen Tagesordnungspunkten ausgeführt, würde es unzulässig in die Autonomie der Hauptversammlung und auch der künftigen Entscheidungsbefugnis des Sachwalters eingreifen, dies vorwegzunehmen. Es ist auch nicht völlig ausgeschlossen, dass die Antragsteller ihr angestrebtes Ziel hier erreichen können, zumal sie ggfs. die Kosten selbst übernehmen können.

bb) Das Einberufungsverlangen ist weder in den einzelnen Punkten noch insgesamt rechtsmissbräuchlich.

Angesichts des Gesetzeszwecks des Minderheitenschutzes ist bei der Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verlangens nach § 122 AktG Zurückhaltung geboten (Senat, Beschluss vom 9.11.2009 - 31 Wx 134/09 Rn. 10 (nach juris); OLG Karlsruhe, ZIP 2015,126,126; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. <2016> § 122 Rn. 6; Ziemons in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl. <2015> § 122 Rn. 21). Rechtsmissbräuchlichkeit ist etwa angenommen worden, wenn das angestrebte Ziel nicht billigenswert oder überhaupt nicht erreichbar war (Hüffer/Koch a.a.O. mwN).

Wegen des bezweckten Minderheitenschutzes kann nicht schon entgegengehalten werden, der Sachwalter werde seine erforderliche Zustimmung ohnehin verweigern oder die erforderliche Mehrheit werde ohnehin nicht erreicht werden. Solche Vorwegnahmen würden unzulässig in die Autonomie der Gesellschafterversammlung und die Minderheitenrechte eingreifen.

Bei Prüfung der Rechtsmissbräuchlichkeit ist zu berücksichtigen, dass die Durchführung einer Hauptversammlung trotz wiederholter Einberufungen für das Geschäftsjahr 2016 und trotz Einberufungsverlangen der Antragsteller durch wiederholte vorstandsseitige Abberufungen verhindert wurde. Das der Aktionärsminderheit grundsätzlich in der Insolvenz noch zustehende Recht nun auch wahrzunehmen, selbst wenn bereits ein Insolvenzplan vorgelegt wurde, ist für sich gesehen nicht missbräuchlich. Dass der Insolvenzplan durch die begehrte Hauptversammlung und die beantragten Tagesordnungspunkte in einer Weise gefährdet werde, die den Gläubigern nachteilig sein könnte, sieht der Senat nicht.

Es liegt kein mißbilligenswertes oder unzulässiges Ziel darin, dass die Antragsteller offenbar versuchen wollen, durch eigene Kapitalzufuhr den Insolvenzgrund zu beseitigen. Soweit sie den noch nicht bestätigten Insolvenzplan damit „konterkarieren“, dass sie durch Kapitalzufuhr und Gläubigerbefriedigung den Insolvenzgrund beseitigen wollen, handelt es sich um eine zulässige Maßnahme, weil die Beseitigung des Insolvenzgrunds weder insolvenzzweckwidrig noch masseschädlich ist. Wie realistisch ein solches Vorhaben wäre, vermag der Senat nicht zu beurteilen. Vor dem Hintergrund dieser den Gesellschaftern auch im Insolvenzplanverfahren verbleibenden Befugnisse ist der Senat nicht davon überzeugt, dass einziger Zweck der Hauptversammlung und aller begehrten Tagesordnungspunkte sei, das insolvenzverfahren und die Durchsetzung des Insolvenzplans in unzulässiger Weise blockieren.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 122 Abs. 4 AktG. Anlass, aus Billigkeitsgründen abzuweichen, besteht nicht.

2. Die Festsetzung des Geschäftswerts des Beschwerdeverfahrens beruht auf §§ 61 Abs. 1 S. 1, 79 Abs. 1 S. 1, 36 GNotKG. § 67 Abs. 1 Nr. 1 GNotKG ist nicht unmittelbar anwendbar, weil Gegenstand des vorliegenden unternehmensrechtlichen Verfahrens die Ermächtigung zur Einberufung einer Hauptversammlung ist, für die einer der beantragten Tagesordnungspunkte auch die Absetzung und Neuwahl von Aufsichtsratsmitgliedern sein soll. Die Einberufungsermächtigung ist erheblich weniger als der Beschluss selbst. Andererseits sind zahlreiche weitere Tagesordnungspunkte beantragt. In der Gesamtschau erachtet der Senat den vom Amtsgericht festgesetzten Wert von 60.000 € daher - auch für die Beschwerde - als angemessen. Der Wert für das Verfahren der einstweiligen Anordnung (Aussetzung der Vollziehung) war mit 10.000 € auf einen Bruchteil der Hauptsache festzusetzen.

3. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 FamFG liegen nicht vor.

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