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Wirtschaftsrecht
24.11.2011
Wirtschaftsrecht
OLG Frankfurt: Garantiehaftung der Bank als Kommissionärin bei Unwirksamkeit des Ausführungsgeschäfts

OLG Frankfurt, Beschluss vom 18.10.2011 - 9 U 42/11

Leitsatz

Zeigt die Bank als Kommissionärin ihrem Kunden an, dass es gemäß seinem Auftrag zu einem anonymen Verkauf seiner Wertpapiere gekommen ist, haftet die Bank nach § 383 III HGB dem Kläger als Selbstschuldnerin, wenn sich später erweist, dass das Ausführungsgeschäft unwirksam war.

aus den gründen

Das Rechtsmittel der Beklagten war gemäß der aktuellen Fassung von § 522 II 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss des Senats zurückzuweisen, weil die Berufung aus den im Hinweisschreiben vom 31.8.2011 mitgeteilten Gründen unbegründet ist, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch aus Gründen der Rechtsfortbildung oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats nicht erforderlich ist.

Der weitere Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 23.9.2011 gibt keine Veranlassung, von der Einschätzung im Hinweisschreiben abzuweichen.

Soweit die Beklagte erneut auf angebliche Verfahrensfehler des Landgerichts abstellt, können diese allein der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen, nachdem die Klage jedenfalls aus den im Hinweisschreiben vom Senat vorgebrachten Gründen begründet ist und die Einwendungen der Beklagten hiergegen nicht durchgreifen können.

Die Beklagte haftet im Sinne des Klageantrags nach § 384 III HGB, weil sie dem Kläger im Hinblick auf das streitbefangene Aktiengeschäft ein Ausführungsgeschäft angezeigt hat. Ob es tatsächlich ein Ausführungsgeschäft gegeben hat, ob dies nachträglich unwirksam wurde oder von Anfang an unmöglich war, ist bezüglich der durch § 384 III HGB statuierten Garantiehaftung der Kommissionärin bedeutungslos. Dasselbe gilt für den von der Beklagten immer wieder angeführten Schiedsspruch, der nur das - für die Haftung bedeutungslose - Ausführungsgeschäft, nicht aber das Kommissionsgeschäft zwischen den Parteien betrifft.

Keinen Erfolg kann die Beklagte auch damit haben, dass sie das Kommissionsgeschäft selbst in Frage stellt. Dass ihr die "Geschäftsausführung" im Rahmen des Kommissionsgeschäfts wegen der Unwirksamkeit des Ausführungsgeschäfts unmöglich gewesen sein soll, ergibt sich nämlich bereits aus ihrem Vortrag nicht. Eine Unmöglichkeit läge allenfalls dann vor, wenn die Aktien des Klägers gänzlich unverkäuflich gewesen wären; dies behauptet aber auch die Beklagte nicht.

Soweit die Beklagte einwendet, sie habe die Ausführungsanzeige am 27.1.2007 "angefochten", ist bereits zweifelhaft, ob dies rechtlich zulässig ist. Einer Irrtumsanfechtung steht aber jedenfalls § 124 I BGB entgegen, nach dem eine Anfechtung nur binnen Jahresfrist erfolgen kann. Die Beklagte hätte die Anzeige der Ausführung des Aktienverkaufs vom 29.1.2007 also bis Ende Januar 2008 anfechten müssen. Dass eine Anfechtung innerhalb dieser Frist erfolgt wäre, ist nicht vorgetragen.

Im Übrigen wird auf die Ausführungen im Schreiben vom 31.8.2011 verwiesen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO.

Vorausgegangen ist folgender Hinweis am 31.8.2011

In dem Rechtsstreit ... wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Beklagten durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Nach Vornahme der gemäß § 522 I und II ZPO gebotenen Prüfungen sieht der Senat für die Berufung keine Aussicht auf Erfolg. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil.

Das Landgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Der Kläger kann von der Beklagten die Gutschrift des streitbefangenen Betrages auf seinem Konto zum 31.1.2007 Zug um Zug gegen Übertragung der genannten Aktien verlangen.

Dabei kann dahinstehen, ob sich - wie das Landgericht meint - ein solcher Anspruch aus § 280 BGB ergibt, weil sich die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin vorwerfen lassen müsste, sie hätte den Kläger nicht darüber informiert, dass das im Hinblick auf seine Aktien getätigte Ausführungsgeschäft streitig geworden war.

Eine dem Klageantrag entsprechende Haftung der Beklagten als Kommissionärin ergibt sich nämlich bereits aus § 384 III HGB.

Zwischen den Parteien war unstreitig ein Kommissionsgeschäft zustande gekommen, für das primär die §§ 383 ff. HGB gelten. § 384 III HGB bestimmt, dass der Kommissionär für die Erfüllung des Ausführungsgeschäfts einzustehen hat, wenn er dem Kommittenten den Namen des Dritten nicht nennt. Die insoweit unvollständige Ausführungsanzeige führt also ausnahmsweise zu einer Haftung des Kommissionärs als Selbstschuldner, und zwar auch dann, wenn entgegen der Anzeige überhaupt kein Ausführungsgeschäft geschlossen wurde. Diese Einstandspflicht ist also "eine Art gesetzliche Garantiehaftung" (vgl. Häuser in Münchener Kommentar zum HGB, 2. Auflage 2007, § 384 Rn 98 - mit weiteren Nachweisen; Baumbach/Hopt HGB, Rn 12). Die Einstandspflicht entfällt auch dann nicht, wenn der Kommissionär aufgrund des Kommissionsvertrages oder aufgrund eines Handelsbrauchs nicht zur Namhaftmachung des Dritten verpflichtet ist (vgl. Häuser in Münchener Kommentar zum HGB, § 384 Rn 111), wie dies beim Effektenhandel angenommen wird (vgl. Baumbach/Hopt HGB, Rn14).

Wie aus der am 15.5.2009 erstellten Übersicht (Anlage K 1 = Bl. 10 f d.A.) ersichtlich, hatte die Rechtsvorgängerin der Beklagten als Kommissionärin dem Kläger als Kommittenten im Januar 2007 den - wie bei diesen Geschäften üblich - anonymen Verkauf der streitbefangenen Wertpapiere angezeigt und den Verkaufserlös an ihn ausgekehrt. Nach dem Schiedsspruch vom 1.9.2009 (Anlage K 7 = Bl. 16 ff. d.A.) war das Ausführungsgeschäft jedoch unwirksam. Tatsächlich hatte die Rechtsvorgängerin der Beklagten damit - entgegen ihrer Anzeige gegenüber dem Kläger - kein Ausführungsgeschäft getätigt.

Nach § 383 III HGB kann der Kläger bei dieser Sachlage verlangen, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten das angezeigte Geschäft erfüllt, was hier nichts anders heißt, als dass der Kläger von der Beklagten so zu stellen ist, als wäre das Ausführungsgeschäft - wie angezeigt - wirksam zustande gekommen. Dabei ist es in diesem Zusammenhang unerheblich, aus welchen Gründen das Ausführungsgeschäft als unwirksam und damit nicht ausgeführt anzusehen ist.

Zu einer Abänderung bzw. Stornierung der im Mai 2009 insoweit auf dem Konto bzw. im Depot des Klägers getätigten Buchungen war die Beklagte danach nicht berechtigt.

Einwendungen gegen ihre Eigenhaftung stehen der Beklagten nicht zu. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Parteien die Eigenhaftung der Kommissionärin wirksam abbedungen hätte.

Soweit sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auf das Ergebnis des Schiedsverfahrens beruft und meint, dies sei "für den Kläger bindend gewesen", was jedoch bereits höchst fraglich erscheint, ergibt sich hieraus jedenfalls nicht, dass die Eigenhaftung der Rechtsvorgängerin der Beklagten nach § 383 III HGB abbedungen war.

Schließlich kann sich eine Abbedingung der Eigenhaftung der Beklagten auch nicht aus den sog. "Mistrade-Regelungen" ergeben, die nach den eigenen Ausführungen der Beklagten ohnehin nicht unmittelbar für das vorliegende Geschäft gelten.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, zum beabsichtigten Vorgehen binnen zweier Wochen ab Zugang dieses Schreibens Stellung zu nehmen.

Es wird darauf hingewiesen, dass bei Rücknahme der Berufung Gerichtsgebühren in nicht unerheblicher Höhe vermieden werden können.

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