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Wirtschaftsrecht
18.10.2012
Wirtschaftsrecht
KG Berlin: Führung des Unrichtigkeitsnachweises (§ 22 GBO) im Fall der Gesamtrechtsnachfolge

KG Berlin, Beschluss vom 21.08.2012 - 1 W 175/12, 1 W 176/12


Leitsatz


Der Unrichtigkeitsnachweis (§ 22 GBO) kann im Fall der Gesamtrechtsnachfolge durch Übertragung sämtlicher Geschäftsanteile einer KG auf einen einzigen Erwerber durch Vorlage der notariell beglaubigten Anmeldung der Auflösung der Gesellschaft und des Erlöschens der Firma durch alle Gesellschafter, aus denen sich die zugrundeliegende Rechtsänderung ergibt, geführt werden.


Aus den Gründen


I. Mit notariell beglaubigtem Grundbuchberichtigungsantrag beantragte die Beteiligte das Eigentum an den im Grundbuch von Mitte Blätter 2... und 4... eingetragenen Grundstücken auf sich umzuschreiben. Durch Übertragungs- und Abtretungsvertrag vom 14.01.2011 haben alle Gesellschafter der früheren Eigentümerin, der D... AG & Co Grundstücksgesellschaft ... ... , zeitgleich ihre Beteiligungen in die personengleiche D... AG & Co Grundstücksgesellschaft ... ... KG eingebracht, in deren Hand sich die Beteiligungen vereinigt haben. Die D... AG & Co Grundstücksgesellschaft ... wurde damit aufgelöst und das Erlöschen der Firma am 23.03.2011 im Handelsregister des Amtsgerichts Wiesbaden - HRA 8... - eingetragen.


Mit Beschluss vom 09.05.2012 hat das Amtsgericht Mitte den Berichtigungsantrag zurückgewiesen, da aus den eingereichten Berichtigungsunterlagen nicht ersichtlich sei, dass es sich um einen kraft Gesetzes außerhalb des Grundbuches eingetretenen Rechtsübergang (nach dem Umwandlungsgesetz) handelt oder ein Wechsel der Rechtsform stattgefunden hat. Es sei daher eine Auflassung erforderlich.


Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 18.05.2012, mit der geltend gemacht wird, mit der Abtretung sämtlicher Gesellschaftanteile an einen einzigen Erwerber werde dieser alleiniger Rechtsträger; die (übertragende) Gesellschaft sei damit erloschen.


II. Die zulässige Beschwerde, §§ 71 ff. GBO, ist in der Sache begründet.


Für die Umschreibung einer im Grundbuch eingetragenen Eigentümerstellung bedarf es grundsätzlich einer Bewilligung des Betroffenen (§ 19 GBO), mithin des eingetragenen Eigentümers, oder eines Unrichtigkeitsnachweises (§ 22 GBO) durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden (§ 29 GBO). Vorliegend hat die Antragstellerin als neue Eigentümerin ihren Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs ausdrücklich auf § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO gestützt. Hierfür bedarf es der Bewilligung nach § 19 GBO nicht, wenn die Unrichtigkeit, also die Nichtübereinstimmung des Grundbuchs in Ansehung eines Rechts an einem Grundstück mit der wirklichen Rechtslage (§ 894 BGB), in der Form des § 29 GBO nachgewiesen wird. An diesen Nachweis sind strenge Anforderungen zu stellen, weil er eine Grundbucheintragung ohne Bewilligung des Betroffenen ermöglicht und sichergestellt sein muss, dass am Verfahren nicht Beteiligte nicht geschädigt werden (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Auflage, Rn. 369).


Die Beteiligte hat hier eine Grundbuchunrichtigkeit nachgewiesen. Die Gesellschafter einer OHG/KG können alle ihre Geschäftsanteile auf einen einzigen Erwerber mit der Wirkung übertragen, dass der Erwerber als Gesamtrechtsnachfolger Inhaber der bisher zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Rechte wird; gehörten zum Gesellschaftsvermögen Grundstücke - wie im vorliegenden Fall -, so liegt eine Grundbuchunrichtigkeit vor (vgl. Meikel/Böttcher, GBO, 10. Aufl., Rdn. 46 zu § 22 m.w.N.; allgemein Ropohl/Freck, Die Anwachsung als rechtliches und steuerliches Gestaltungsinstrument, GmbHR 2009, 1076 ff.).


Bei der Abtretung aller Gesellschaftsanteile an einen einzigen Erwerber wird dieser ohne Liquidation im Wege der Gesamtrechtsnachfolge Übernehmer des Gesellschaftsvermögens, wobei die übertragende Gesellschaft erlischt (BGHZ 71, 296, 300; zur Übertragung der Geschäftsanteile einer KG OLG Düsseldorf, Rpfleger 1979, 167). Die vom Grundbuchamt geforderte Auflassung im Falle der Übertragung des Vermögens von einer KG auf eine personengleiche KG ist tatsächlich unmöglich, da die übertragende KG in diesem Fall erlischt (BGH a.a.O.).


Der Nachweis kann durch Vorlage der notariell beglaubigten Anmeldungen der Auflösung der Gesellschaft und des Erlöschens der Firma durch alle Gesellschafter, aus denen sich die zugrundeliegende Rechtsänderung ergibt, geführt werden (Schaub in Bauer/von Oefele, GBO, 2.Aufl., Rdn.27; Heymann/Emmerich, HGB, 2.Aufl., Rdn. 27 zu § 142 HGB a.F. m.w.N.; in diesem Sinne auch BayObLG, Beschluss vom 26.03.1993, 2Z BR 91/92, zitiert nach juris; in der meist zitierten Veröffentlichung in Rpfleger 1993, 495 fehlt die maßgebliche Passage).


Unschädlich ist, dass sich aus dem Handelsregister selbst nicht ergibt, dass das Vermögen durch Gesamtrechtsnachfolge auf die Beteiligte übergegangen ist , denn dieser Umstand ist aus dem Antrag auf Handelsregistereintragung, der die zu Grunde liegenden Vorgänge darstellt, und dem vorgelegten Handelsregisterauszug eindeutig zu entnehmen. Die Auflösung der D... AG & Co Grundstücksgesellschaft ... und deren Erlöschen ist durch den Handelsregisterauszug bzw. eine Notarbescheinigung entsprechend § 32 Abs.2 GBO i.V.m. § 21 BNotO belegt (vgl. für den Fall des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters einer KG und den Nachweis durch Handelsregistereintragungen OLG Dresden, Beschluss vom 27.09.2010, 17 W 956/10, zitiert nach juris).


Auch wenn der Umstand der Gesamtrechtsnachfolge durch die D... AG & Co Grundstücksgesellschaft ... nicht unmittelbar an der gesteigerten Beweiskraft des Handelsregisters im Sinne von § 32 Abs.1 Satz 2 GBO teil hat, haben die zuständigen Grundbuchorgane (Grundbuchrechtspfleger und Beschwerderichter) die entsprechende rechtliche Würdigung an Hand des vorgelegten notariell beglaubigten Handelsregisterantrages, der beglaubigten Abschrift des Übertragungs- und Abtretungsvertrages und des Handelsregisterauszuges vorzunehmen (so zutreffend OLG Dresden, a.a.O., in dem dort entschiedenen Fall). Danach bestehen an dem Rechtsübergang im vorliegenden Fall keine Zweifel mehr.


Für die erfolgreiche Beschwerde fallen keine Gerichtskosten an. Da eine Kostenerstattung ausscheidet, muss für das Beschwerdeverfahren auch kein Geschäftswert festgesetzt werden.

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