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Wirtschaftsrecht
31.03.2016
Wirtschaftsrecht
OLG Düsseldorf: „Frosta“-Rechtsprechung des BGH ist nicht auf „kaltes“ Delisting übertragbar

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.11.2015 – I-26 W 4/15 (AktE)

Volltext: BB-ONLINE BBL2016-770-4

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Amtliche Leitsätze

1. Eine Beschwerde gegen eine Zwischenentscheidung ist in Spruchverfahren grundsätzlich unzulässig.

2. Die „Frosta“-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Az. II ZB 26/12, AG 2013, 877) kann nicht auf das „kalte“ Delisting übertragen werden.

UmwG § 29 Abs. 1 S. 1; SpruchG § 12 Abs. 1

Sachverhalt

A.

Die Antragsteller sind ehemalige Aktionäre der B. Aktiengesellschaft, die auf die Antragsgegnerin verschmolzen wurde.

Die B. AG war ein Unternehmen für Kredit- und Forderungsmanagement mit dem Schwerpunkt Software und Dienstleistungen für die Kreditwirtschaft. Ihre Aktien waren im amtlichen Handel der Wertpapierbörse in Frankfurt notiert. Die Antragsgegnerin, nicht börsennotiert, war Aktionärin der B. AG mit 62,48 %.

Unter dem 21.12.2004 schlossen die B. AG und die Antragsgegnerin eine Grundsatzvereinbarung über die Zusammenführung der beiden Gesellschaften durch Verschmelzung der B. AG auf die Antragsgegnerin. Die beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft I., die mit der Bewertung der beiden Gesellschaften zur Ableitung des Aktienumtauschverhältnisses und des Barabfindungsangebots analog § 29 UmwG beauftragt wurde, ermittelte ein Umtauschverhältnis von 17 B. AG-Aktien zu 6 Stückaktien der Antragsgegnerin und mit Blick auf die verschmelzungsbedingte Beendigung der Börsennotierung der B. AG-Aktie ein Barabfindungsangebot von 13,93 € je im Umtausch gewährter H. -AG Aktie. Die zum gemeinsamen Verschmelzungsprüfer bestellte X. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bestätigte das vorgeschlagene Umtauschverhältnis wie auch das Erwerbsangebot als angemessen. Die Hauptversammlung der B. AG stimmte am 21.06.2005 der Verschmelzung zu, die der Antragsgegnerin am 22.06.2005.

Die Antragsteller und die gemeinsame Vertreterin der außenstehenden Aktionäre (Ausgleich) haben die im Verschmelzungsvertrag vorgesehenen Leistungen für unzureichend gehalten und daher einen Antrag auf Verbesserung des Umtauschverhältnisses sowie die gerichtliche Bestimmung einer angemessenen Barabfindung gestellt.

Mit Beweisbeschlüssen vom 20.01.2009 und 19.03.2009 hat das Landgericht Düsseldorf die Wirtschaftsprüferin E. zur Sachverständigen ernannt und beauftragt, das Umtauschverhältnisses und die Höhe der Barabfindung gutachterlich zu überprüfen. In ihrem Gutachten vom 25.10.2010 hat sie ‑ bei unterschiedlicher Anpassung der Bewertungsparameter ‑ Ertragswerte für die B. AG in einer Spanne von 44.581.351 € bis 48.153.203 € und für die Antragsgegnerin in einer Spanne von 256.465 € bis 277.020 € ermittelt. Daraus hat sie je Aktie der B. AG eine Wertspanne von 5,31 € bis 5,74 € und je Aktie der Antragsgegnerin eine solche von 15,47 € bis 16,71 € errechnet.

Nach Eingang des schriftlichen Gutachtens und Stellungnahmen der Beteiligten hat die Kammer mit Beschluss vom 13.05.2011 angeordnet, dass die Sachverständige ihr Gutachten vom 25.10.2010 schriftlich ergänzen solle. Vorab sollte sie die voraussichtlich entstehenden Kosten der ergänzenden Begutachtung mitteilen. Die Kammer regte Vergleichsverhandlungen an, die durch die gemeinsame Vertreterin der außenstehenden Aktionäre geführt werden sollten. Mit Schreiben vom 13.08.2012 teilte diese das Scheitern der Vergleichsverhandlungen mit. Die Antragstellerin zu 18 sei als einzige Beteiligte nicht mit dem Vergleichsvorschlag einverstanden gewesen. Darauf erteilte die Kammer den Hinweis, dass sie nicht mehr beabsichtige, das Ergänzungsgutachten gemäß Beschluss vom 13.05.2011 einzuholen, sondern den Unternehmenswert schätzen wolle.

Mit Beschluss vom 15.11.2012 hat das Landgericht Düsseldorf dann die Anträge einiger Antragsteller als unzulässig zurückgewiesen. In der Sache hat es die angemessene Barabfindung auf 15,98 € je im Rahmen der Verschmelzung für B. AG-Aktien im Umtausch gewährte Aktie der Antragsgegnerin festgesetzt und den Antrag auf Ausgleich durch bare Zuzahlung zurückgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin zu 18 und der Antragsgegnerin hat der Senat den Beschluss am 31.10.2013 aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung an das Landgericht zurückverwiesen (Bl. 1137 GA).

Nachdem der Bundesgerichtshof inzwischen seine frühere „Macrotron“-Rechtsprechung mit Beschluss vom 8.10.2013 (Az. II ZB 26/12) aufgegeben hatte, hat die Antragsgegnerin geltend gemacht, dass das Spruchverfahren nunmehr nicht mehr statthaft sei. Zwar habe der Bundesgerichtshof zum sogenannten „Downgrading“ geurteilt, das Gericht habe jedoch umfassend zum Delisting Stellung genommen, ohne weiter zu differenzieren, vielmehr allgemein „vom Verlust der Börsennotierung“ und „Rückzug von der Börse“ gesprochen. Damit werde auch bei dem hier vorliegenden „kalten“ Delisting das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht verletzt. Bis zur gesetzlichen Neuregelung des § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG im Jahr 2007 könnten die Vorschriften des Spruchverfahrens nicht analog angewendet werden, sei ein Spruchverfahren daher nunmehr nicht mehr statthaft. Bis zur Änderung des § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG seien Aktionäre vor einer Beeinträchtigung durch das „kalte“ Delisting nicht geschützt gewesen. Es fehle an einer Regelungslücke. Eine Rückwirkung der Änderung des § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG im Jahr 2007 komme nicht in Betracht und wäre rechtsstaatswidrig. Die Vorschrift habe bis dahin nur sogenannte Mischverschmelzungen erfasst. Auch aus dem Umstand, dass im Verschmelzungsvertrag eine Abfindung angeboten worden sei, könne nichts hergeleitet werden. Die Geschäftsgrundlage für das Abfindungsangebot sei entfallen. Die Barabfindung sei lediglich vor dem Hintergrund der damals noch geltenden „Macrotron“-Rechtsprechung angeboten worden. Auch sei eine vertragliche Vereinbarung über die Durchführung des Spruchverfahrens, den Zugang zu staatlichen Gerichten, nicht möglich.

Mit Schriftsatz vom 13.01.2014 (Bl. 1181 GA) hat die Antragsgegnerin beantragt,

die Anträge auf Bestimmung einer angemessenen Barabfindung als unzulässig zu verwerfen,

hilfsweise die Anträge auf Bestimmung einer angemessenen Barabfindung und die Anträge auf Verbesserung des Umtauschverhältnisses durch bare Zuzahlung zurückzuweisen.

Hiergegen haben sich die Antragsteller und die beiden Vertreter der außenstehenden Aktionäre gewandt. Die „Frosta“-Entscheidung des Bundesgerichtshofes betreffe nur das sogenannte „reguläre“ Delisting, sei nicht auf das hier vorliegende sogenannte „kalte“ Delisting übertragbar. Die Rechtsprechung sei auch nicht rückwirkend anwendbar. Hier gehe es nicht um den bloßen Rückzug von der Börse, sondern um eine Verschmelzung durch Aufnahme, bei der das Aktieneigentum der Aktionäre der B. AG in seiner Substanz betroffen sei. Der 2007 geänderte § 29 UmwG sei auch auf das hier vorliegende, noch nicht abgeschlossene Verfahren anwendbar. Der Gesetzgeber habe 2007 regeln wollen, was seinerzeit allgemeine Praxis gewesen sei. Die Antragsgegnerin müsse sich im Übrigen an ihrem verbindlich abgegebenen Abfindungsangebot festhalten lassen. Auch das Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 11.07.2012, 1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08, AG 2012, 557 [BB 2012, 2010 m. BB-Komm. Königshausen]) habe die im Rahmen der Rechtsfortbildung entwickelte Abfindungspflicht nicht beanstandet.

Mit Zwischenbeschluss vom 12.05.2015 hat das Landgericht Düsseldorf festgestellt, dass die Anträge auf Durchführung eines Spruchverfahrens weiterhin zulässig seien. Die „Frosta“-Entscheidung des Bundesgerichtshofs sei nicht anwendbar, weil hier das sogenannte „kalte“ Delisting zu beurteilen sei, bei dem eine börsennotierte Gesellschaft auf eine nicht börsennotierte Gesellschaft verschmolzen werde. Es entfalle nicht nur die Börsennotierung, sondern der Aktionär verliere mit der Verschmelzung seine Eigentümerstellung an dem von der Verschmelzung betroffenen Unternehmen. Es könne daher dahinstehen, inwieweit ein vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs eingeleitetes Spruchverfahren noch zulässig sei.

Mit Schreiben vom 29.05.2015 hat die Antragsgegnerin gegen diesen Zwischenbeschluss Beschwerde eingelegt. Zur Begründung verweist sie erneut auf die „Frosta“-Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Diese Entscheidung sei auch auf ein „kaltes“ Delisting und damit den hier vorliegenden Fall übertragbar. Ein Spruchverfahren komme daher nicht mehr in Betracht. Die Aktionäre der B. AG würden „voll“ entschädigt, weil sie dem Umtauschverhältnis entsprechend wertäquivalent Aktien an der Antragsgegnerin erhielten und gleichwertige Mitgliedschafts- und Vermögensrechte an der neuen Gesellschaft erwerben würden. Vor der Ergänzung des § 29 UmwG habe de lege lata keine Abfindungspflicht bestanden. Im Übrigen hätte man ein Barabfindungsangebot dadurch umgehen können, indem man im Zuge der Verschmelzung der B. AG auf die Antragsgegnerin zunächst deren Börsennotierung hergestellt hätte und dann der Vorstand in einem zweiten Schritt die Gesellschaft ‑ ohne Befragung der Hauptversammlung und ohne Abfindungsangebot ‑ von der Börse hätte nehmen können. Die Entscheidung erfasse auch laufende, noch nicht abgeschlossene Spruchverfahren.

Sie beantragt,

den Zwischenbeschluss aufzuheben,

die Anträge auf Bestimmung einer angemessenen Barabfindung als unzulässig zu verwerfen.

Die Antragstellerin zu 1, 7, 8, 10, 11, 16 und 17 beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die „Frosta“-Entscheidung sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar und stehe einem Spruchverfahren hier nicht entgegen. Eine Abfindungspflicht sei schon vor 2007 anerkannt gewesen und aus Vertrauensschutzgesichtspunkten geboten. Da die Antragsgegnerin sich bei der Verschmelzung zur Zahlung einer Abfindung verpflichtet habe, komme es im Übrigen auch nicht auf die Frage der Anwendbarkeit der „Frosta“-Entscheidung an.

Aus den Gründen

B.

Die Beschwerde ist bereits unzulässig.

I.

Die Beschwerde ist unzulässig, weil sie eine Zwischenentscheidung betrifft.

Überwiegend wird zutreffend in Spruchverfahren eine Beschwerde gegen eine Zwischenentscheidung grundsätzlich für unzulässig gehalten (Beschwerde nein: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.09.2014, I-26 W 20/12 (AktE), AG 2015, 270; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.01.2011, I-26 W 11/10 (AktE); OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.11.2008, 20 W 455/08, NZG 2009, 428; OLG München, Beschluss vom 10.11.2008, 31 Wx 87/08, NZG 2009, 40; Koch in Hüffer, AktG, 11. Auflage 2014, § 12 SpruchG, Rn. 1; Beschwerde ja: Kubis in Münchener Kommentar, 4. Auflage 2015, § 12 SpruchG, Rn. 1, 4; nunmehr: OLG Stuttgart, Beschluss vom 18.02.2015, 20 W 8/14, AG 2015, 326; OLG Thüringen, Beschluss vom 20.03.2015; 2 W 353/14, AG 2015, 450; Beschwerde im Falle der Aussetzung ja: OLG München, Beschluss vom 14.03.2007, 31 Wx 7/07, NZG 2007, 433). Das SpruchG sieht lediglich für die instanzabschließende Entscheidung die Beschwerde nach § 12 SpruchG vor. Eine Beschwerde gegen eine Zwischenentscheidung kommt daher nicht in Betracht.

Teilweise wird eine Ausnahme in Fällen befürwortet, in denen unmittelbar und in „einschneidender Weise“ in Rechte des Beschwerdeführers eingegriffen wird (vgl. OLG München, Beschluss vom 10.11.2008, 31 Wx 87/08, NZG 2009, 40 m. w. Nachw.). Auch nach dieser Auffassung fehlt es jedenfalls im vorliegenden Fall an einer besonderen Betroffenheit der Antragsgegnerin; es wird nicht in „einschneidender Weise“ in ihre Rechte eingegriffen. Das Verfahren ist hier bis zu einer landgerichtlichen Endentscheidung fortzusetzen, gegen die sich die Antragsgegnerin dann wenden könnte. Soweit möglicherweise durch die Fortsetzung der Beweisaufnahme zusätzliche Kosten entstehen, etwa für die Einholung einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme, begründet dies keine Betroffenheit „in einschneidender Weise“, sondern ist Teil des hinzunehmenden Prozessrisikos.

II.

Im Übrigen ist die Beschwerde aber auch unbegründet.

Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass die vom Bundesgerichtshof in der „Frosta“-Entscheidung aufgestellten Grundsätze nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar sind.

1.

Die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf geht zutreffend davon aus, dass die Fälle des „echten“ und „kalten“ Delistings nicht miteinander vergleichbar sind.

Bei dem „echten“ Delisting erfolgt ein Widerruf der Zulassung von der Börse, ohne dass die Aktiengesellschaft in ihrer Struktur verändert oder im Übrigen beeinträchtigt wird. Hingegen verliert ein Aktionär im Rahmen einer Verschmelzung seine gesamten Mitgliedschafts- und Vermögensrechte, die Gesellschaft und damit die Aktienbeteiligung gehen in einem neuen Unternehmen auf. Durch die neuen Aktien, die der Aktionär im Rahmen des festgelegten Umtauschverhältnisses erhält, wird er zwar an einer „neuen“ Aktiengesellschaft beteiligt, jedoch sinkt seine prozentuale Beteiligung und damit sein Einfluss im neuen Unternehmen. Es handelt sich hierbei um einen gravierenden Eingriff in die Rechte eines Aktionärs, der nicht mit einem „echten“ Delisting oder einem bloßen „Downgrading“ in ein anderes Börsensegment vergleichbar ist. Vielmehr wird die Aktionärsstellung als solche durch das „kalte“ Delisting beeinträchtigt.

Hingegen wird durch den bloßen Widerruf der Zulassung der Aktien von der Börse lediglich die Handelbarkeit der Wertpapiere eingeschränkt. So hat auch der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung maßgeblich darauf abgestellt, dass „der Widerruf der Zulassung zum Handel im regulierten Markt“ nicht zu einer Beeinträchtigung des Aktieneigentums führe. Er hat erläutert, dass die mitgliedschaftliche Stellung eines Aktionärs durch den Rückzug von der Börse nicht beeinträchtigt werde. Die Entscheidung änderte ‑ vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 11.07.2012 (1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08, AG 2012, 557 [BB 2012, 2010 m. BB-Komm. Königshausen]) ‑ spiegelbildlich die frühere „Macrotron“-Entscheidung (BGH, Urteil vom 25.11.2002, II ZR 133/01, AG 2003, 273 [BB 2003, 806]), bei der ebenfalls (nur) über den bloßen Widerruf der Börsenzulassung entschieden worden war.

Auch das Bundesverfassungsgericht hat lediglich auf den Rückzug von der Börse und die damit verbundene Einschränkung der Handelbarkeit der Aktien abgestellt und nur insoweit einen Eingriff in den Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts des Aktionärs gemäß Art. 14 Abs. 1 GG verneint (BVerfG, Urteil vom 11.07.2012, 1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08, AG 2012, 557 [BB 2012, 2010 m. BB-Komm. Königshausen]). Es hat andererseits keine Bedenken, dass für den Fall eines vollständigen Rückzugs von der Börse von den Fachgerichten im Wege einer Gesamtanalogie ein gerichtlich überprüfbares Angebot der Gesellschaft oder des Hauptaktionärs an die übrigen Aktionäre, Aktien zu erwerben, zulässig sei und sich ein solches Verständnis im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung halte. Das Bundesverfassungsgericht hat maßgeblich darauf abgestellt, dass dem Aktionär durch den bloßen Widerruf der Börsenzulassung keine Rechtsposition genommen werde, die Substanz des Anteilseigentums in seinem mitgliedschaftsrechtlichen und seinem vermögensrechtlichen Element unbeeinträchtigt bleibe. Dies ist im vorliegenden Fall jedoch anders, weil der Aktionär durch die Verschmelzung seine Mitgliedschafts- und Vermögensrechte an der bisherigen Gesellschaft verliert, das Unternehmen in einer neuen Gesellschaft aufgeht. So hat auch das Bundesverfassungsgericht explizit – und u.a. durch den Bezug u. a. auf § 29 UmwG ‑ klargestellt, dass der Verlust des regulierten Marktes der Börse als „Marktplatz … mit keiner der von den Fachgerichten zur Analogiebildung herangezogenen Regelungen (§§ 305, 320d, 327b Aktiengesetz, §§ 29, 207 Umwandlungsgesetz)“ vergleichbar sei.

Es ist daher sachgerecht, in den Fällen des „kalten“ Delistings eine Barabfindung vorzusehen, wie es nun § 29 Abs. 1 S. 1 2. Alt UmwG anordnet. Der Gesetzgeber hat im Jahr 2007 die seinerzeit bereits übliche Barabfindungspflicht gesetzlich normiert, ohne den damals geltenden Rechtszustand in der Sache zu ändern (vgl. Bayer/Vetter in Lutter, Umwandlungsgesetz, 5. Auflage 2014; § 29, Rn. 3; Marsch-Barner in Kallmeyer, Umwand­lungs­gesetz, 5. Auflage 2013, § 29, Rn. 4a). Wie bereits erläutert, hat das Bundesverfassungsgericht keine Bedenken gegen eine entsprechende Rechtsfortbildung. Auch die Antragsgegnerin ist bei ihrem Barabfindungsangebot ersichtlich davon ausgegangen, dass auch vor der Änderung des § 29 Abs. 1 UmwG eine Barabfindung anzubieten war.

Der Umstand, dass die Abfindungspflicht möglicherweise durch eine entsprechende Gestaltung des Verschmelzungsvorgangs umgangen werden könnte, führt ebenfalls nicht zu einer entsprechenden Ausdehnung der vom Bundesgerichtshof für das „echte“ Delisting aufgestellten Grundsätze.

2.

Da die „Frosta“-Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob die „Frosta“-Grundsätze auch auf laufende, noch nicht abgeschlossene Spruchverfahren anzuwenden sind (vgl. etwa OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.09.2014, I-26 W 20/12 (AktE), AG 2015, 270; OLG München, Beschluss vom 28.01.2015, 31 Wx 292/14, AG 2015, 277 [BB 2015, 337 m. BB-Komm. Wasmann]; OLG Stuttgart, Beschluss vom 18.02.2015, 20 W 8/14, AG 2015, 326; OLG Thüringen, Beschluss vom 20.03.2015; 2 W 353/14, AG 2015, 450; LG Stuttgart, 20. Oktober 2014, Az: 31 O 27/13 KfH AktG, AG 2015, 210).

III.

Die Kosten dieses Beschwerdeverfahrens einschließlich der den Antragstellern in der Beschwerdeinstanz entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Antragsgegnerin (§ 17 Abs. 1 SpruchG a. F. i. V. m. § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG). Da das Rechtsmittel der Antragsgegnerin keinen Erfolg hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und daher den übrigen Verfahrensbeteiligten die notwendigen Kosten zu erstatten hat.

Die Bestimmung des Geschäftswertes für eine Beschwerde gegen eine Zwischenentscheidung bestimmt sich nach § 30 Abs. 1 KostO. Auf Zwischenentscheidungen im Spruchverfahren sind die §§ 11, 12 SpruchG nicht anwendbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.01.2011, I-26 W 11/10 (AktE)). Auch § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG a.F. greift nicht bei Zwischenentscheidungen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.08.2007, Az. 2 W 21/07). Vielmehr regelt § 15 SpruchG nur die Kostenfolge der verfahrensabschließenden Entscheidung.

Der Senat hat den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf entsprechend der Senatspraxis in vergleichbaren Fällen auf 20.000 € festgesetzt (§ 30 Abs. 1 Satz 1 KostO).

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