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Wirtschaftsrecht
27.03.2014
Wirtschaftsrecht
Hess. VGH: Freizügigkeit drittstaatsangehöriger Mitglieder des Managements einer Niederlassungsfreiheit genießenden Gesellschaft

Hess. VGH, Beschluss vom 4.2.2014 - 7 B 39/14


Amtliche Leitsätze


1. Die Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften nach Art 49, 54 AEU (juris: AEUV) beinhaltet als Voraussetzung ihrer praktischen Wirksamkeit für Mitarbeiter des Managements (sog. Schlüsselpersonal) ein die Einreise und den Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat legitimierendes Freizügigkeit, das auch diejenigen Mitarbeiter des Management begünstigt, die aus Drittstaaten stammen.


2. Soweit die sekundäre Niederlassungsfreiheit im Sinne des Art 49 Abs 1 S 2 AEU (juris: AEUV) in Rede steht, also die Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften, setzen sowohl die Niederlassungsfreiheit des Unionsbürgers als auch die der unionsverknüpften Gesellschaft die Ansässigkeit in der Union voraus, d. h. die tatsächliche und dauerhafte Integration in die Wirtschaft des Mitgliedstaats, in dem sich die Hauptniederlassung befindet.


Art 49 Abs 1 S 2 AEUV, Art 54 AEUV


Sachverhalt


I.


Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis und gegen eine Abschiebungsandrohung.


Die Antragstellerin ist serbische Staatsangehörige. Sie und ihr Ehemann Goran A., der gleichfalls serbischer Staatsangehöriger ist, sind die Gesellschafter der xxx, einer Kapitalgesellschaft mit beschränkter Haftung nach rumänischem Recht. Nach einer in Kopie vorgelegten Bescheinigung des Handelsregisters des Amtsgerichts C. vom 18. August 2009 sowie einer gleichfalls in Kopie vorgelegten Bescheinigung dieses Gerichts vom 18. Oktober 2011 ist Sitz der Gesellschaft das Dorf S., Gemeinde C., xxx, im Kreis C.. Haupttätigkeit der Gesellschaft sind danach Bautätigkeiten (Wohnhäuser und andere Bauten). Das Stammkapital der Gesellschaft beläuft sich auf 200 RON (ca. 45 €). Die Antragstellerin ist alleinige Geschäftsführerin dieser Gesellschaft. Am 18. Januar 2012 wurde die Zweigniederlassung der Gesellschaft in der xxxstraße in A-Stadt in das Handelsregister (Amtsgericht A-Stadt - Registergericht - Geschäftsnr. HRB 92865 - Fall: 1) eingetragen.


Ende 2011 beantragten die Antragstellerin und ihr Ehemann ein Visum zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland. Die Erteilung von Visa wurde am 14. Februar 2012 abgelehnt.


Im Januar 2013 reisten die Antragstellerin und ihr Ehemann aus Rumänien kommend in die Bundesrepublik Deutschland ein. Die Antragstellerin war bei der Einreise Inhaberin einer befristeten rumänischen Aufenthaltserlaubnis. Einen solchen Aufenthaltstitel, der bis zum 28. Juli 2014 gültig ist, hat die Antragstellerin weiterhin inne.


Den Antrag der Antragstellerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 2. April 2013 ab und drohte der Antragstellerin die Abschiebung in die Republik Serbien an. Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nach § 21 AufenthG scheitere bereits daran, dass die Antragstellerin nicht mit dem nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erforderlichen Visum eingereist sei.


Am 15. April 2013 hat die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. April 2013 erhoben und zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 13. Dezember 2013 - 1 L 186.F -, der der Antragstellerin am 20. Dezember 2013 zugestellt worden ist, den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die im Bescheid vom 2. April 2013 getroffenen ausländerrechtlichen Regelungen abgelehnt.


Die Antragstellerin hat gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 13. Dezember 2013 - 1 L 186.F - am 2. Januar 2014 Beschwerde erhoben und diese mit am 9. Januar 2014 beim Beschwerdegericht eingegangenem Schriftsatz vom 8. Januar 2014 begründet.


Die Antragstellerin beruft sich auf ein ihr als alleinige Geschäftsführerin der rumänischen Gesellschaft nach primärem Unionsrecht zustehendes Aufenthaltsrecht in Deutschland. Darüber hinaus leitet sie ein Aufenthaltsrecht in Deutschland aus einer unmittelbaren Wirkung von Regelungen über die Niederlassungsfreiheit im zwischen der „Europäischen Union mit der Republik Serbien" geschlossenen Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen her. Wegen der Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz vom 8. Januar 2014 verwiesen.


Die Antragstellerin beantragt,


den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 13. Dezember 2013 - 1 L 186.F - aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage vom 13. April 2013 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 2. April 2013 hinsichtlich der Androhung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wiederherzustellen und im Übrigen anzuordnen.


Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag gestellt.


Aus den Gründen


II.


Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main ist unbegründet. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO grundsätzlich den Umfang der Prüfung des Beschwerdegerichts bestimmen, lassen nicht die Feststellung zu, das Verwaltungsgericht habe das die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sowie die Abschiebungsandrohung im Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. April 2013 betreffende Eilrechtsschutzgesuch der Antragstellerin zu Unrecht abgelehnt.


Das Beschwerdegericht lässt dabei offen, ob für das auf einen vorläufigen Verbleib in Deutschland abzielende Eilrechtsschutzgesuch der drittstaatsangehörigen Antragstellerin, zu dessen Begründung sich diese in erster Linie auf ein im primären Unionsrecht begründetes Freizügigkeitsrecht beruft, das ihr als Geschäftsführerin einer Niederlassungsfreiheit nach Art. 49, 54 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEU - genießenden Gesellschaft zusteht, ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO oder ein Antrag nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO statthaft ist.


Eine einen vorläufigen Verbleib der Antragstellerin in Deutschland ermöglichende gerichtliche Eilentscheidung kommt nämlich nach keiner Betrachtungsweise in Frage.


Nach dem Erkenntnisstand des Beschwerdegerichts im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung ist ein im primären Unionsrecht wurzelndes Freizügigkeitsrecht der Antragstellerin auch unter Berücksichtigung deren Beschwerdevorbringens nicht gegeben.


Nach Art. 49 Abs. 1 Satz 1 AEU sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedsstaates im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Das gleiche gilt gemäß Art. 49 Abs. 1 Satz 2 AEU für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedsstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats ansässig sind. Art. 49 Abs. 2 AEU sieht vor, dass die Niederlassungsfreiheit vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Art. 54 Abs. 2 AEU, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen umfasst. Nach Art. 54 Abs. 1 AEU stehen für die Anwendung dieses Kapitels die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Union haben, natürlichen Personen gleich, die Angehörige der Mitgliedsstaaten sind. Als Gesellschaften gelten nach Art. 54 Abs. 2 AEU die Gesellschaften des Bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts einschließlich der Genossenschaften und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts mit Ausnahme derjenigen, die keinen Erwerbszweck verfolgen.


Diese unmittelbar anwendbaren Regelungen des primären Unionsrechts garantieren den Staatsangehörigen der Mitgliedsstaaten sowie den Gesellschaften mit der in Art. 54 Abs. 1 AEU bestimmten Unionsverknüpfung die Freiheit zur Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten sowie der Gründung und Leitung von Unternehmen. Soweit die sekundäre Niederlassungsfreiheit im Sinne des Art. 49 Abs. 1 Satz 2 AEU in Rede steht, also die Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften, setzen sowohl die Niederlassungsfreiheit des Unionsbürgers als auch die der unionsverknüpften Gesellschaft zusätzlich die Ansässigkeit in der Union voraus, d. h. die tatsächliche und dauerhafte Integration in die Wirtschaft des Mitgliedsstaats, in dem sich die Hauptniederlassung befindet (vgl. zu Vorstehendem: Frenz, Handbuch Europarecht, Band I, Europäische Grundfreiheiten, 2. Aufl. 2012, S. 677, 721 ff., 726 ff.; Streinz, EUV/AEUV, 2. Aufl. 2012, Art. 49 AEUV Rdnr. 26, 30 bis 32; Art. 54 AEUV Rdnr. 6 ff.).


Die Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften nach Art. 49, 54 AEU beinhaltet dabei als Voraussetzung ihrer praktischen Wirksamkeit für Mitarbeiter des Managements (sog. Schlüsselpersonal) ein die Einreise und den Aufenthalt in einen anderen Mitgliedstaat legitimierendes Freizügigkeitsrecht, das auch diejenigen Mitarbeiter des Managements begünstigt, die aus Drittstaaten stammen (vgl. Frenz, a. a. O., S. 732 ff.; GK-AufenthG, § 2 Freizüg/EU Rdnr. 71 [Bearbeitungsstand: Oktober 2010]; von der Groeben-Schwarze, EU-/EG-Vertrag, 6. Aufl. 2003, Art. 43 EG Rdnr. 52; Westphal/Stoppa, InfAuslR 2004, 133 [136]; VG Darmstadt, Beschlüsse vom 22. Februar 2005 - 5 G 2946/04 (3) - juris, vom 3. Mai 2010 - 7 L 121/10.DA - NVwZ-RR 2011, 38 sowie vom 17. Mai 2013 - 6 L 193/13.DA -). Drittstaatsangehörige Mitglieder des sog. Schlüsselpersonals müssen dabei im Mitgliedstaat, in dem sich der Stammsitz der Gesellschaft befindet, ein Recht zum Aufenthalt haben. Nur unter dieser weiteren Voraussetzung sind Drittstaatsangehörige Repräsentanten eines durch Art. 49, 54 AEU geschützten Unternehmens, das von seiner Niederlassungsfreiheit in der Europäischen Union Gebrauch macht (vgl. hierzu VG Darmstadt, a. a. O.).


Nach diesen Voraussetzungen ist ein für die Antragstellerin als alleinige Geschäftsführerin der xxx in Betracht zu ziehendes Aufenthaltsrecht aus Art. 49, 54 AEU nicht überwiegend wahrscheinlich. Für das Beschwerdegericht ist eine Ansässigkeit der primären Niederlassung der xxx in Rumänien als Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht feststellbar. Die nach Art. 49 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Art. 54 AEU erforderliche Ansässigkeit der primären Niederlassung einer Gesellschaft setzt voraus, dass das Unternehmen über eine feste, auf Dauer geschaffene Einrichtung innerhalb der Union verfügt und von dieser aus wirtschaftliche Betätigungen von einigem Gewicht vorgenommen werden. Eine derartige tatsächliche und dauerhafte Verbindung mit der Wirtschaft Rumäniens als Mitgliedstaat der Europäischen Union hat die Antragstellerin dem Beschwerdegericht nicht hinreichend aufgezeigt.


Dem Vorbringen der Antragstellerin ist zwar zu entnehmen, dass die xxx die in Art. 54 Abs. 1 AEU normierten (formalen) Voraussetzungen für eine Gleichstellung mit Unionsbürgern hinsichtlich der Niederlassungsfreiheit erfüllt: So wurde die xxx nach dem Recht eines Mitgliedstaats der EU (Rumänien) gegründet und hat ihren satzungsmäßigen Sitz innerhalb der Union (Rumänien). Wirtschaftliche Betätigungen der xxx, aus denen sich auf eine tatsächliche und dauerhafte Verbindung mit der Wirtschaft Rumäniens schließen lassen, hat die Antragstellerin dagegen nicht in der erforderlichen Weise mit konkreten Angaben zu Art, Umfang und Dauer der jeweiligen Aktivitäten dargelegt. In der von der Antragstellerin in Kopie vorgelegten Bescheinigung des Amtsgerichts C. vom 18. Oktober 2011 sind als Haupttätigkeit der Gesellschaft lediglich abstrakt Bauarbeiten (Wohnhäuser und andere Bauten) benannt. Als Nebenaktivitäten werden in dieser Bescheinigung auf zehn Seiten Tätigkeiten unterschiedlichster Art von Forstaktivitäten über Betonherstellung, Herstellung von Metalltüren und -fenstern, Herstellung von elektrischen Apparaten, Möbelherstellung, Aufsammlung und Eliminierung von Abwasser, Straßen- und Eisenbahnbauarbeiten, Handel mit Autos und leichten Nutzfahrzeugen, Vermittlung beim Verkauf von landwirtschaftlichen Rohstoffen, lebenden Tieren, textilen Rohstoffen und Halbrohstoffen, Großhandel mit Lebensmitteln aller Art, Großhandel mit Pharmazeutika, Einzelhandel mit Produkten jedweder Art, Reisen, Personen- und Güterverkehr zu Lande, zu Wasser und in der Luft, Unterkunftsdienstleistungen, Film-, Video- und Fernsehproduktionen, Informationsdienstleistungen, Immobilienhandel, bis hin zu Gesundheits- und Sozialleistungen sowie Dienstleistungen jedweder Art aufgeführt. Als Aktivitäten, die außerhalb des Gesellschaftssitzes durchgeführt werden, nennt die Bescheinigung die Nrn. 4120 (Bauarbeiten - Wohnhäuser und andere Bauten), 4311 (Abriss von Gebäuden), 4321 (Elektroarbeiten), 4322 (Heizungsarbeiten), 4329 (andere Bauarbeiten für Gebäude), 4331 (Gipsarbeiten), 4332 (Zimmerei- und Schreinerarbeiten), 4333 (Fußboden- und Wandbelagsarbeiten), 4334 (Malerei- und Glasereiarbeiten), 4339 (andere Veredelungsarbeiten), 4391 (Dacharbeiten, Gestaltung und Aufbau von Terrassen) sowie 4399 (andere spezifische Bauarbeiten). Die Bescheinigung weist zudem die Zweckbestimmung „Arbeitserlaubnis in Deutschland" auf. Vorgelegt hat die Antragstellerin darüber hinaus ein Bestätigungsschreiben der von ihr als Firmenanwältin bezeichneten rumänischen Rechtsanwältin Frau Simona V. vom 11. Juni 2013. Nach diesem Schreiben haben die Gesellschafter nach rumänischer Rechtslage das Recht, einen einzigen Unternehmensgegenstand oder mehrere Unternehmensgegenstände (Tätigkeiten) festzulegen. Eine Einschränkung gebe es nicht. Die Haupttätigkeit der Gesellschaft seien entsprechend der Nr. 4120 Bauarbeiten (Wohnhäuser und andere Bauten). Die Gesellschaft habe sich an der Errichtung des „xxx" beteiligt sowie an der Errichtung der Wohnanlage „xxx". Die Gesellschaft habe das Recht, gleichzeitig mehrere Tätigkeiten auszuüben. In diesem Sinne habe die Gesellschaft auch entsprechend Nr. 4939 Transporte von Personen durchgeführt. Zur Zeit habe die xxx zwölf angestellte Mitarbeiter. Im Laufe des Jahres 2013 sei Einkommen in Höhe von 73.000 Lei (Ron) erzielt worden. Diese Summe entspricht 16.391,46 €.


Für das Beschwerdegericht ist auf der Grundlage dieses Vortrags nicht überwiegend wahrscheinlich, dass und in welcher Weise sich die xxx tatsächlich und dauerhaft in die Wirtschaft Rumäniens integriert hat. Konkrete Angaben darüber, welche Tätigkeiten die Gesellschaft in Rumänien entfaltet hat, fehlen. Entsprechende detaillierte Angaben sind insbesondere erforderlich, weil die xxx nach dem Vorbringen der Antragstellerin ein ungewöhnlich weitgefasstes Spektrum von Werk- und Dienstleistungen erbringt. Der Erkenntniswert der von der Antragstellerin beigebrachten Bescheinigungen ist in diesem Zusammenhang gering. Ihre Überzeugungskraft wird überdies dadurch geschmälert, dass die in Kopie vorgelegte Bescheinigung des Amtsgerichts C. vom 18. Oktober 2011 die Zweckbestimmung „Arbeitserlaubnis in Deutschland" enthält.


Die bereits durch die nicht hinreichend substantiierten Angaben der Antragstellerin zu den geschäftlichen Aktivitäten der xxx in Rumänien hervorgerufenen Zweifel an einer tatsächlichen und dauerhaften wirtschaftlichen Integration des Unternehmens in Rumänien werden durch weitere Aspekte bestärkt. Bei einer Zusammenschau mit den wenig aussagekräftigen Darlegungen zu den geschäftlichen Aktivitäten der xxx in Rumänien deuten diese Gesichtspunkte darauf hin, dass es sich bei der von der Antragstellerin und ihrem Ehemann gewählten gesellschaftsrechtlichen Konstruktion in erster Linie um ein Instrument zur Erlangung eines Aufenthaltsrechts im Gebiet der Europäischen Union handelt. So ist ursprünglich der Ehemann der Antragstellerin, bei dem es sich gleichfalls um einen drittstaatsangehörigen Ausländer handelt, alleiniger Gesellschafter der xxx gewesen. Im Juli 2009 ist die Antragstellerin als weitere Gesellschafterin mit einer Beteiligung von 50 % aufgenommen und zugleich zur alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführerin bestellt worden. Die nach rumänischem Recht gegründete Gesellschaft ist sonach wirtschaftlich mit der Antragstellerin und ihrem Ehemann als drittstaatsangehörigen Ausländern, die grundsätzlich kein Aufenthaltsrecht in der Europäischen Union haben, identisch. Welche Qualifikationen die Antragstellerin zu der - für die Begründung eines Freizügigkeitsrechts nach Art. 49, 54 AEU hier ausschlaggebenden - Leitung eines Unternehmens mit dem in der Bescheinigung des Amtsgerichts C.  vom 18. Oktober 2011 beschriebenen umfassenden Tätigkeitsbereich befähigen und welche Funktion ihr Ehemann und Mitgesellschafter ausgeübt hat und ausübt, erschließt sich dem Beschwerdegericht nicht. Ebenso unklar bleibt, in welcher Weise und insbesondere von wem die Hauptniederlassung in Rumänien neben der Zweigniederlassung in Deutschland nach einer Aufenthaltnahme der Antragstellerin (Geschäftsführerin/Gesellschafterin) und ihres Ehemannes (Gesellschafter) in Deutschland geleitet werden soll. Bei dieser Sachlage ist es dem Beschwerdegericht auch nicht verwehrt, dem nur geringen Stammkapital der Gesellschaft von 45,00 € als einem Kriterium Gewicht bei der Beurteilung der Frage beizumessen, ob es tatsächlich um die Wahrnehmung der sekundären Niederlassungsfreiheit durch ein Unternehmen mit Unionsverknüpfung geht, und dies im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu verneinen.


Aus dem Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen vom 29. April 2008 zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Serbien andererseits, dem die für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften mit Gesetz vom 8. November 2011 (BGBl. II S. 1146) zugestimmt haben, resultieren für die Antragstellerin keine weitergehenden Freizügigkeitsrechte auf Einreise und Aufenthalt in Deutschland.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.


Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstands ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 GKG.


Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 1 Satz 3 GKG).

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