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Wirtschaftsrecht
17.01.2013
Wirtschaftsrecht
BGH: Freistellung des Treuhänders trotz Aufklärungspflichtverletzung

BGH, Urteil vom 18.10.2012 - III ZR 150/11


Leitsätze


1. Zum Ausschluss von Gegenrechten eines Anlegers aus einer Aufklärungspflichtverletzung des Treuhandgesellschafters einer Publikumspersonengesellschaft gegenüber dem Anspruch des Treuhandgesellschafters auf Freistellung von der Inanspruchnahme durch Gesellschaftsgläubiger (im Anschluss an BGH, Urteil vom 24.7.2012 - II ZR 297/11, BB 2012, 2586 m. BB-Komm. Marhewka, WM 2012, 1664).


2. Zur Bedeutung einer persönlichen und gesellschaftsrechtlichen Verflechtung von Treuhandgesellschafter und Gesellschaftsgläubiger in solchen Fällen.


BGB §§ 242 Cd, 387, 670, 675 Abs. 1; HGB § 128


Sachverhalt


Die Klägerin macht gegen den mit ihr durch einen Treuhandvertrag verbundenen Beklagten einen Anspruch auf anteilige Befreiung von Darlehensverbindlichkeiten geltend, denen sie als persönlich haftende Gesellschafterin eines geschlossenen Immobilienfonds ausgesetzt ist.


Der Beklagte beteiligte sich mit Erklärung vom 30.12.1994 mit einer Einlage i. H. v. 173.800 DM zzgl. 5 % Agio an der A. GmbH & Co. oHG (im Folgenden: Fondsgesellschaft), deren Gegenstand der Erwerb von Grundstücken in Potsdam/Drewitz, , zum Zwecke der Bebauung mit Wohngebäuden im geförderten freifinanzierten Wohnungsbau war. Das Gesellschaftskapital der Fondsgesellschaft wurde in § 5 des Gesellschaftsvertrags auf 18.570.000 DM festgesetzt; ihre Gründungsgesellschafter waren die A. GmbH (im Folgenden: A. GmbH) - zugleich geschäftsführende Gesellschafterin - sowie K. G. und D. G. . Der Beklagte machte von der in § 7 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrags vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, sich über die Klägerin als Treuhandgesellschaft an der Fondsgesellschaft zu beteiligen. In seiner Beitrittserklärung heißt es:


"Die Einlage soll - nach Maßgabe der nachgenannten Bestimmungen - treuhänderisch von der (Klägerin) ... für mich/uns gehalten werden. Einen Treuhandvertrag entsprechend dem mir/uns gemäß Prospekt bekannten Wortlaut schließe(n) ich/wir mit dieser Gesellschaft ab.


Ich/Wir erkenne(n) den Gesellschaftsvertrag der (Fondsgesellschaft) und den Treuhandvertrag der (Klägerin) als für mich/uns verbindlich an ...


Mir/uns ist bekannt, daß ich/wir über die Verpflichtung zur Leistung der in dieser Beitrittserklärung vereinbarten Zahlungen hinaus, mit meinem/unserem sonstigen Vermögen gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft quotal entsprechend meiner/unserer kapitalmäßigen Beteiligung an der Gesellschaft hafte(n). ..."


Die Beitrittserklärung des Beklagten wurde von der Fondsgesellschaft, vertreten durch die A. GmbH, und der Klägerin angenommen.


Der Treuhandvertrag bestimmt in § 2:


"1. Auch wenn der Treuhänder im eigenen Namen Gesellschafter wird, gebührt die Gesellschaftseinlage allein dem Treugeber. Die vom Treuhänder für Rechnung und im Interesse des Treugebers eingegangenen gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten treffen im Innenverhältnis ausschließlich den Treugeber. ..."


In § 7 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrags ist klargestellt, dass die Klägerin die Beteiligung an der Gesellschaft im eigenen Namen für fremde Rechnung als Treuhänder der Treugeber erwerben und halten sowie sämtliche daraus resultierenden Rechte für die Treugeber wahrnehmen wird und dass die gesellschaftsvertraglichen Rechte der Gesellschafter auch von den Treugebern wahrgenommen werden können. Ferner sieht § 8 Nr. 2 vor, dass die Gesellschafter - mit Ausnahme der geschäftsführenden Gesellschafterin - im Innenverhältnis für Verbindlichkeiten der Gesellschaft nur quotal entsprechend ihrer kapitalmäßigen Beteiligung haften.


Bereits am 5.12.1994, also wenige Wochen vor dem Beitritt des Beklagten, hatte die Fondsgesellschaft zur teilweisen Finanzierung des Bauvorhabens mit der I. - und W. GmbH, deren Rechtsnachfolgerin die A. ist , einen Darlehensvertrag mit einer Festlaufzeit bis 31.3.2011 über einen Betrag bis zu 4.170.000 DM zu einer Verzinsung von 2 % p.a. und einer Tilgungsrate von 4 % jeweils ab dem 1.4.1996 abgeschlossen. Nach dem erstinstanzlichen Vortrag der Klägerin reichte die A. das Darlehen i. H. v. 3.150.000 DM (1.610.569,43 Euro) an die Fondsgesellschaft aus. In zweiter Instanz trug die Klägerin vor, die A. habe das Darlehen i. H. v. 3.765.000 DM (1.925.013,94 Euro) an die Fondsgesellschaft ausgezahlt. Im Januar 2006 trat die A. ihre Rückzahlungsansprüche gegen die Fondsgesellschaft aus dem Darlehensvertrag sicherungshalber an die V.-Bank ab.


Nachdem die Mieteinnahmen der Fondsgesellschaft über einen längeren Zeitraum hinter den prospektierten Erwartungen zurückblieben und sich die wirtschaftliche Situation der Fondsgesellschaft zunehmend verschlechterte, trafen die A. und die Fondsgesellschaft, vertreten durch die A. GmbH, im Oktober 2006 eine schriftliche „Ablösungsvereinbarung" über ein seitens der A. gewährtes und „per 31.12.2005 in Höhe eines Betrages von 1.724.656,93 Euro valutierendes Darlehen", worin die A. allen Gesellschaftern der Fondsgesellschaft, die bis zum 31.10.2006 einen Ablösungsbetrag von 50 % ihrer Haftungsquote der Darlehensvaluta an die A. zahlten, die vollständige Entlassung aus ihrer persönlichen Haftung anbot. Wegen der danach noch bestehenden Darlehensforderung wurde ein Verzicht der A. auf Vollstreckungsmaßnahmen in das Gesellschaftsvermögen vereinbart.


Im Jahr 2007 beschloss die Gesellschafterversammlung der Fondsgesellschaft den Verkauf der Immobilien und ihre anschließende Liquidation. Da der Verkaufserlös die Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft nicht deckte, sah sich die A. mit Schreiben vom 27.4.2007 veranlasst, das an die Gesellschaft ausgereichte Baudarlehen mit sofortiger Wirkung zu kündigen. In einem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 3.12.2008 teilte die A. mit, sie halte unter Bezugnahme auf ihr Schreiben an die Fondsgesellschaft vom 1.12.2008 fest, dass zum 30.9.2008 ein fälliger Rückzahlungsanspruch gegen die Fondsgesellschaft von 1.663.901,17 Euro ohne Anrechnung von Zahlungen von Anlegern auf ihre persönliche Haftung aus dem Darlehensvertrag bestehe, und sie forderte die Klägerin wegen deren Haftung nach § 128 HGB zur Zahlung des auf ihre Haftungsquote entfallenden Betrages auf. Im März 2009 wurde über das Vermögen der A. das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter der A. erklärte mit Schreiben vom 13.7.2009, er halte gegenüber der Klägerin an den Zahlungsaufforderungen wegen der Darlehensforderung fest.


Zwischen den Gesellschaftern der Fondsgesellschaft und ihren Vertragspartnern bestanden verschiedene, im Emissionsprospekt angesprochene Verflechtungen: Die Zweite A. Beteiligungsgesellschaft mbH ist als Alleingesellschafterin sowohl der geschäftsführenden Gesellschafterin der Fondsgesellschaft, der A. GmbH, als auch der Klägerin und der darlehensgebenden A. aufgeführt. Als Geschäftsführer der Klägerin, der A. und der Zweiten A. Beteiligungsgesellschaft mbH sind K. G. , L. W. und G. U. und als Geschäftsführer der A. GmbH K. G. , L. W. und P. S. bezeichnet.


Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin vom Beklagten, sie von ihrer Haftung aus § 128 HGB für Forderungen der A. auf Rückzahlung eines anteiligen Darlehensbetrages von 15.700,67 Euro nebst Zinsen freizustellen. Im Berufungsrechtszug ist sie auf einen entsprechenden Zahlungsantrag übergegangen; insoweit verfolgt sie den Freistellungsantrag nur noch hilfsweise.


Das LG hat der Klage weitgehend entsprochen, während das OLG sie auf die Berufung des Beklagten vollständig abgewiesen hat. Die vom OLG zugelassene Revision der Klägerin ist begründet.


Aus den Gründen


  • Grundsätzliche Verpflichtung des Treugebers, die Klägerin als Treuhänderin von ihrer aus § 128 HGB folgenden persönlichen Haftung freizustellen

17        II. ... 1. Ohne Rechtsverstoß nimmt das Berufungsgericht (...) an, dass der Beklagte als Treugeber aufgrund der im Treuhandvertrag getroffenen Vereinbarungen in Verbindung mit § 675 Abs. 1, §§ 670, 257 BGB grundsätzlich verpflichtet ist, die Klägerin als Treuhänderin von ihrer aus § 128 HGB folgenden persönlichen Haftung gegenüber der A. auf Darlehensrückzahlung für Verbindlichkeiten freizustellen, die aus der für den Beklagten gehaltenen Gesellschaftsbeteiligung entstanden sind. Das hat der Senat in einem Fall, der einen in den wesentlichen Vertragsbestimmungen übereinstimmend ausgestalteten Fonds betraf, bereits entschieden (vgl. Urteil vom 5.5.2010 - III ZR 209/09, BGHZ 185, 310 Rn. 11).


18        2. a) Das Berufungsgericht geht davon aus, dass das Darlehen der A. in Höhe eines Betrags von 3.765.000 DM an die Fondsgesellschaft ausgezahlt worden ist, und stellt fest, dass die Fondsgesellschaft in der Vorbemerkung zur Ablösungsvereinbarung mit der A. vom 13./17.10.2008 zum 31.12.2005 ein valutierendes Darlehen von 1.724.656,93 Euro anerkannt hat. Auf diesen Betrag hat es Tilgungen im Jahr 2006 von 60.755,76 Euro angerechnet, die es den Erläuterungen zur Liquidationseröffnungsbilanz der Fondsgesellschaft zum 1. Mai 2007 entnommen hat, und ist so zu einem noch offenen Betrag von 1.663.901,17 Euro gelangt.


19        Diese Feststellung, die bei einer Beteiligung des Beklagten von 0,9359 % zu einer quotalen Haftung für einen anteiligen Darlehensbetrag von 15.572,75 Euro führt, ist im Revisionsverfahren nicht beanstandet worden. Gegen die Annahme des Landgerichts, der um 127,92 Euro höhere Betrag von 15.700,67 Euro, für den Freistellung begehrt wird, sei als vertraglicher Zinsanspruch unter Zugrundelegung des vereinbarten Zinssatzes von 4 % begründet, hat sich der Beklagte schon in seiner Berufungsbegründung nicht gewendet.


20        b) Ein minderer Haftungsbetrag ergibt sich, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht aufgrund von Leistungen anderer Gesellschafter oder Treugeber. Zwischen der Fondsgesellschaft und der A. ist entsprechend der Regelung im Gesellschaftsvertrag abweichend vom gesetzlichen Regelfall der unbeschränkten und primären akzessorischen Haftung eines Gesellschafters einer offenen Handelsgesellschaft (§ 128 HGB in Verbindung mit § 421 BGB) eine quotale Haftung der Fondsgesellschafter vereinbart worden, welche über den Treuhandvertrag auch den mittelbaren Anlegern zugute kommt. Da im Fall der Leistungsunfähigkeit der Gesellschaft bei einer solchen Haftungskonstruktion eine hundertprozentige Erfüllung der Gesellschaftsschuld nur dann erreicht werden kann, wenn jeder Gesellschafter seine Quote voll erfüllt, kommt eine wechselseitige Anrechnung nicht in Betracht (vgl. zur Vereinbarung einer quotalen Haftungsbeschränkung BGH, Urteil vom 16.12.1996 - II ZR 242/95, BGHZ 134, 224, 227 f, BB 1997, 908). Auch in dieser Beziehung werden von der Revisionserwiderung keine Einwände erhoben.


21        c) Nicht zu beanstanden ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, die A. sei in Anbetracht der Veräußerung des Immobilienvermögens und der Einstellung jeglicher Zahlungen der Fondsgesellschaft berechtigt gewesen, das Darlehen im Jahr 2007 zu kündigen, und habe es - jedenfalls hierdurch - fällig gestellt. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 5.5.2010 (III ZR 209/09, BGHZ 185, 310) zu Recht entschieden, dass der Freistellungsanspruch der Klägerin nicht verjährt ist. Da die Klage Ende 2008 eingereicht und alsbald danach zugestellt worden ist, wäre der Freistellungsanspruch selbst dann nicht verjährt, wenn man sich auf die Formulierung im Kündigungsschreiben beziehen würde, in dem von einem "zum 31. Dezember 2005 fällig gestellten" Darlehen die Rede ist.


22        3. Der Senat folgt dem Berufungsgericht auch darin, dass sich die Geltendmachung des Freistellungsanspruchs durch die Klägerin nicht als Rechtsmissbrauch darstellt. Zu Recht hat es den Vorwurf des Beklagten, die Klägerin verstoße hierdurch gegen die Interessen ihrer Treugeber und wirke kollusiv mit den Banken sowie mit den personell mit ihr verflochtenen Gesellschaften zusammen, zurückgewiesen und in dem Verhalten der Klägerin eine Wahrnehmung berechtigter Interessen gesehen.


  • Gefahr von Interessenskollisionen der Treuhänderin aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen mit anderen Unternehmen

23        a) Im Ansatz ist dem Beklagten darin zuzustimmen, dass der Treuhänder in einer treuhandvertraglichen Verbindung verpflichtet ist, wie auch sonst ein Beauftragter oder Geschäftsbesorger die Interessen seines Auftraggebers wahrzunehmen. Ob es unter diesem allgemeinen Gesichtspunkt angebracht ist, einem Unternehmen sein Vertrauen zu geben, wenn nicht auszuschließen ist, dass es wegen seiner Verflechtungen mit anderen Unternehmen in Interessenskonflikte kommen könnte, muss sich ein Anleger vor Eingehung einer solchen Rechtsbeziehung überlegen. Insoweit weist das Berufungsgericht zu Recht darauf hin, dass die Verflechtungen im Prospekt aufgeführt waren, so dass der Beklagte beurteilen konnte, ob er der Fondsgesellschaft unter diesen Umständen wie hier - nur mittelbar über die Klägerin oder als unmittelbarer Gesellschafter oder überhaupt nicht beitreten wollte.


24        b) Ungeachtet der allgemein gebotenen fremdnützigen Interessenwahrnehmung stehen dem Treuhänder jedoch gegen den Treugeber aus der Rechtsbeziehung eigene Ansprüche zu, die er gegenüber seinem Vertragspartner verfolgen und durchsetzen darf. Das gilt insbesondere für den hier in Rede stehenden Freistellungsanspruch, der dem im Treuhandvertrag vereinbarten Ziel entspricht, dass die Gesellschaftseinlage allein dem Treugeber gebührt und dass die vom Treuhänder für Rechnung und im Interesse des Treugebers eingegangenen gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten im Innenverhältnis allein den Treugeber treffen. Wenn es in einer Publikumsgesellschaft, deren wirtschaftliche Entwicklung hinter den Erwartungen zurückbleibt oder sie verfehlt, zu einem Streit über die laufende Erfüllung von Verbindlichkeiten kommt und eine nennenswerte Anzahl von Anlegern die Auffassung vertritt, hierfür nicht haften zu müssen, ist die Treuhandgesellschaft schnell in Insolvenzgefahr, ohne dass sich mit dem Eintritt ihrer Insolvenz für die Anleger ein Problem erledigen würde.


  • Die Vereinbarung der Klägerin über die Durchsetzung von Ansprüchen nach § 128 HGB gegen die Klägerin ist nicht zu beanstanden

25        c) Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass die Klägerin am 26.7.2010 mit dem Insolvenzverwalter der A. und der V.-Bank, an die Ansprüche der A. sicherungshalber abgetreten waren, eine Vereinbarung über die Durchsetzung von Ansprüchen nach § 128 HGB gegen die Klägerin geschlossen hat.


26        aa) Die Revisionserwiderung macht geltend, diese Vereinbarung gehe in verschiedener Hinsicht über die Verfolgung legitimer Eigeninteressen der Klägerin hinaus, weil sie ihre Haftung anerkenne und auf die Einrede der Verjährung verzichte, während auf ihr Vermögen nur insoweit zugegriffen werden dürfe, als ihr Freistellungsansprüche gegenüber Treugebern zustünden. Darüber hinaus enthalte die Vereinbarung einen aufschiebend bedingten Haftungsverzicht, soweit Ansprüche gegen Treugeber rechtlich oder wirtschaftlich nicht durchsetzbar seien. Sie verpflichte sich, ihre Ansprüche ernsthaft und notfalls gerichtlich geltend zu machen, wobei Vergleiche der Zustimmung des Insolvenzverwalters und der Volksbank, die die Finanzierung der Prozesse übernehme, bedürften. Sie fungiere damit faktisch als Inkassostelle einer Kreditgeberin beziehungsweise einer insolventen Konzerntochter. Die Vereinbarung sei rechtlich zu beanstanden, weil sie darauf abziele, der Klägerin die massenhafte Inanspruchnahme von Anlegern zu ermöglichen, während sie selbst geschont werden solle.


  • Die Treugeber bringen die Treuhänderin in eine existenzielle Notlage, wenn sie sich massenhaft ihren Freistellungspflichten entziehen

27        bb) Diese Überlegungen überzeugen nicht. Das Interesse der Klägerin liegt in der nach dem Treuhandvertrag zu beanspruchenden Freihaltung von Verbindlichkeiten, die sie nach der gesamten Anlage des Fonds und ihrem Geschäftsbetrieb nicht selbst schultern kann. Den Anlegern ist es prinzipiell unbenommen, wie sie die geschuldete Befreiung vornehmen wollen. Entziehen sie sich dieser Pflicht, entsteht für die Klägerin als unmittelbar verpflichtete Treuhandgesellschafterin ein Problem, vor allem, wenn es - wie die Revisionserwiderung nahelegt - "massenhaft" auftritt. Indem die Klägerin unter solchen Umständen ihre nach § 128 HGB unmittelbar drohende Inanspruchnahme durch die A. teilweise hinauszögert beziehungsweise abwendet, bis und soweit sie - nach Durchsetzung der Freistellungsansprüche - zur Erfüllung der Verbindlichkeiten wirtschaftlich in der Lage ist, begegnet sie lediglich der Gefährdung ihrer eigenen Existenz, welche durch eine mögliche vertragswidrige Leistungsverweigerung von Treugebern verursacht worden ist. Die Klägerin verlangt vom Beklagten nur das, was sie nach dem Treuhandvertrag beanspruchen kann und benötigt, um ihre eigene, zugunsten des Beklagten eingegangene Haftung gegenüber der A. zu erfüllen. Die Wahrnehmung solcher Eigeninteressen gegenüber dem Vertragspartner ist nicht treuwidrig. Es ist auch nicht ersichtlich oder vorgetragen, dass die Klägerin die Rechtsposition des Beklagten, der sich umfänglich gegen die hier in Rede stehende Forderung verteidigen kann, aufgrund der Vereinbarung zu seinem Nachteil verändert hätte.


28        4. Die Revision beanstandet jedoch zu Recht die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte könnte dem Freistellungsanspruch entgegenhalten, die Klägerin habe eine Aufklärungspflichtverletzung begangen und sich damit dem Treugeber gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht. Denn dem Beklagten ist - wie sich aus den nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Grundsatzentscheidungen des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 22. März 2011 und vom 24. Juli 2012 ergibt - ein entsprechender Einwand, der sich zu Lasten der A. als Gesellschaftsgläubigerin auswirken würde, versagt.


  • Keine Aufrechnung des Treugebers gegen den abgetretenen Anspruch mit Schadensersatzansprüchen aus Prospekthaftung gegen den Treuhandkommanditisten

29        a) Wie der II. Zivilsenat für einen an den Insolvenzverwalter abgetretenen Freistellungsanspruch eines Treuhandkommanditisten, der nach §§ 128, 161 Abs. 2, § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 HGB auf Einzahlung seiner Einlage in Anspruch genommen wird, entschieden hat, kann in einer PublikumsKommanditgesellschaft mit einer dem vorliegenden Fall vergleichbaren Verzahnung von Gesellschafts- und Treuhandvertrag der Treugeber gegen den abgetretenen Anspruch nicht mit Schadensersatzansprüchen aus Prospekthaftung gegen den Treuhandkommanditisten aufrechnen (Urteil vom 22.3.2011 - II ZR 271/08, BGHZ 189, 45 Rn. 27; vgl. auch Beschluss vom 18. Oktober 2011 - II ZR 37/10, juris Rn. 11 f). Der II. Zivilsenat hat insoweit an eine Rechtsprechung angeknüpft, nach der über die gesetzlich oder vertraglich ausdrücklich geregelten Fälle hinaus eine Aufrechnung verboten ist, wenn nach dem besonderen Inhalt des zwischen den Parteien begründeten Schuldverhältnisses der Ausschluss als stillschweigend vereinbart angesehen werden muss (§ 157 BGB) oder wenn die Natur der Rechtsbeziehung oder der Zweck der geschuldeten Leistung eine Erfüllung im Wege der Aufrechnung als mit Treu und Glauben unvereinbar (§ 242 BGB) erscheinen lassen.


  • Übertragung des für die KG entwickelten Grundsatzes der Gleichstellung von mittelbaren und unmittelbaren Gesellschaftern einer Publikumsgesellschaft auf die OHG

30        b) Diese Grundsätze hat der II. Zivilsenat mit dem ebenfalls zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehenen Urteil vom 24.7.2012 (II ZR 297/11, BB 2012, 2586 m. BB-Komm. Marhewka, WM 2012, 1664) auf Fondsgesellschaften in der Rechtsform einer offenen Handelsgesellschaft übertragen. Dem schließt sich der Senat an, wie er in dem ebenfalls zur Veröffentlichung vorgesehenen Urteil vom heutigen Tage in der Sache III ZR 279/11 näher ausgeführt hat.


31        c) Das Berufungsgericht möchte diese durch § 242 BGB geprägten Grundsätze in Bezug auf die Freistellung von den Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der A. nicht gelten lassen, weil es - wiederum auf der Ebene der Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben - eine Korrektur des Ergebnisses für erforderlich hält: Wenn - wie hier infolge der personellen und gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen - die A. als Darlehensgeberin über alle relevanten Informationen verfügt habe, aus denen sich für sie mögliche Gegenansprüche von Anlegern gegen die Treuhänderin ergeben konnten, könne sie sich nicht zu Recht darauf berufen, dass sie bei Begründung ihrer Gläubigerstellung auf die ungeschmälerte Sicherheit der Haftung der Gesellschafter nach § 128 HGB habe vertrauen dürfen. Insoweit beruhe die "Besserstellung" des nur mittelbaren Gesellschafters gegenüber dem unmittelbaren Gesellschafter in Bezug auf einen "insoweit bösgläubigen" Gläubiger auf der gesonderten Rechtsbeziehung zum Treuhänder, von der außerhalb des Treuhandverhältnisses Stehende naturgemäß nicht profitieren könnten.


32        Dem ist nicht zu folgen.


  • Keine Schädigung der Treugeber durch kollusives Zusammenwirken von Darlehensgeberin und Treuhänderin

33        aa) Wie das Berufungsgericht - in anderem Zusammenhang (siehe oben 3) - zutreffend festgestellt hat, liegt der Rechtsverfolgung kein kollusives Verhalten der Klägerin und der Darlehensgeberin zugrunde. Es steht auch nicht in Frage, dass der zwischen der Fondsgesellschaft und der A. - vor dem Beitritt des Beklagten - geschlossene Vertrag über die Gewährung eines im Prospekt bereits vorgesehenen Baudarlehens wirksam ist. Wenn man mit dem Berufungsgericht annehmen wollte, der Prospekt sei in Bezug auf die Höhe der Vertriebsprovisionen irreführend und insoweit fehlerhaft, hätte die Klägerin eine sie im Vorfeld der Beteiligung des Beklagten treffende Aufklärungspflicht allenfalls fahrlässig verletzt. Es ist damit nicht über eine Fallkonstellation zu entscheiden, in der sich ein Anleger unter dem Gesichtspunkt einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung gegen seine Inanspruchnahme wehren könnte.


34        bb) Vor diesem Hintergrund ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Differenzierung zwischen "normalen" und "bösgläubigen" Gesellschaftsgläubigern nicht gerechtfertigt. Für beide ist im Ausgangspunkt das (lediglich) abstrakte Risiko, dass die mittelbaren Anleger wegen Aufklärungspflichtverletzungen infolge unzureichender Prospektangaben gegen den Treuhandgesellschafter Schadensersatzansprüche geltend machen könnten, in ähnlicher Weise erkennbar. Denn wenn sie mit einer Publikumsgesellschaft, in der ein Treuhandgesellschafter Beteiligungen einer Vielzahl von Anlegern hält, einen Vertrag schließen, ist ihnen bekannt, dass die Treugeber keine förmlichen Gesellschafter sind und ihnen daher nicht direkt, sondern nur vermittelt über den Treuhandgesellschafter, haften (vgl. BGH, Urteil vom 28.1.1980 - II ZR 250/78, BGHZ 76, 127, 131 f; Senatsurteil vom 12.2.2009 - III ZR 90/08, NJWRR 2009, 613 Rn. 35) und dass daher Störungen im Treuhandverhältnis ihren Zugriff auf das Vermögen der mittelbaren Gesellschafter gegebenenfalls erschweren können. Insofern hatte die A. gegenüber anderen Gesellschaftsgläubigern keinen relevanten Wissensvorsprung. Im Übrigen hatte sie im Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrags - im Hinblick auf einen möglichen Fahrlässigkeitsvorwurf, den man der Klägerin im Vorfeld eines Beitritts von Anlegern machen wollte , keinen konkreten Anlass, die Einbringlichkeit ihrer Rückzahlungsansprüche unter diesem Gesichtspunkt näher zu prüfen. Mit Rücksicht auf die in den Beitrittserklärungen enthaltenen Haftungshinweise musste sie auch ebenso wenig wie andere Gläubiger auf eine - solchen möglichen Bedenken Rechnung tragende - Ausgestaltung ihrer Ansprüche gegen die künftigen Treugeber bedacht sein.


  • Keine Verschuldenszurechnung nach § 31 BGB oder nach § 278 BGB aufgrund gesellschaftsrechtlicher Verflechtungen der Treuhänderin

35        cc) Das angefochtene Urteil ist auch unter Zurechnungsgesichtspunkten nicht begründet. Im Ergebnis läuft die vom Berufungsgericht aus Billigkeitsgründen für notwendig erachtete Entscheidung darauf hinaus, dass wegen der persönlichen und gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen nicht nur - was im Ansatz nicht zu beanstanden ist - derselbe (mögliche) Kenntnisstand der Geschäftsführung der Klägerin und derjenigen der A. zugrunde gelegt, sondern auch der A. die (vermeintliche) Pflichtverletzung der Klägerin als Verschulden zugerechnet wird, als hätte die A. selbst den mittelbaren Gesellschaftern gegenüber Aufklärungspflichten verletzt. Für eine solche Betrachtung fehlt jedoch eine hinreichende rechtliche Grundlage. Denn die Klägerin war bei Abschluss des Treuhandvertrages mit dem Beklagten weder Organ noch Erfüllungsgehilfin der A. , so dass weder eine Verschuldenszurechnung nach § 31 BGB noch eine solche nach § 278 BGB in Betracht kommt. Die vom Berufungsgericht betonten Verflechtungen zwischen der Klägerin und der A. auf der Ebene der Gesellschafter und der handelnden Geschäftsführer ändern nichts daran, dass beide Gesellschaften als juristische Personen rechtlich eigenständige Rechtspersönlichkeiten sind, die für etwaige Pflichtverletzungen der jeweils anderen Person nicht einzustehen haben.


36        dd) Soweit das Berufungsgericht schließlich zusätzlich ins Feld führt, eine Besserstellung der mittelbaren gegenüber den unmittelbaren Gesellschaftern ergebe sich hier aus den gesonderten Rechtsbeziehungen zwischen Treuhänder und Treugeber, von denen naturgemäß die außerhalb des Treuhandverhältnisses Stehenden nicht profitieren könnten, kann auch das eine unterschiedliche Behandlung von Ansprüchen der A. und anderer Gesellschaftsgläubiger nicht rechtfertigen. Es geht schon in der Sache nicht darum, dass der A. (nur) versagt würde, von einer Besserstellung zu profitieren, die dem Beklagten - anders als einem unmittelbaren Gesellschafter - aufgrund seiner Rechtsstellung als nur mittelbarem Gesellschafter zustehen würde. Vielmehr bedeutet die Überlegung des Berufungsgerichts, dass es dem Beklagten eine Besserstellung einräumen will, die ihm auf der Grundlage der Urteile des II. Zivilsenats des BGH vom 22.3.2011 und 24.7.2012 (II ZR 271/08, BGHZ 189, 45 Rn. 27; II ZR 297/11, BB 2012, 2586 m. BB-Komm. Marhewka, WM 2012, 1664 Rn. 34) gerade nicht zukommt. Unter dem Gesichtspunkt einer Gleichbehandlung von mittelbarem und unmittelbarem Gesellschafter müsste die A. nur solche Einwendungen zur (Freistellung der) Haftung nach § 128 HGB hinnehmen, die ihr gegenüber bestehen (§ 129 HGB). Solche sind im Verhältnis des Beklagten zur A. aber mangels eigener Pflichtverletzung der A. und mangels Zurechenbarkeit einer - möglichen - Pflichtverletzung der Klägerin nicht ersichtlich.


  • Ausschluss eines jeden Gegenrechts, das auf Einwendungen gegen den Treuhandgesellschafter gestützt wird

37        d) Die vorstehenden Überlegungen führen nicht nur zu einem Ausschluss einer Aufrechnung, sondern eines jeden Gegenrechts - sei es eines Zurückbehaltungsrechts oder einer "doloagitEinrede" , das auf Einwendungen gegen den Treuhandgesellschafter gestützt wird. Es kann daher offen bleiben, ob dem Beklagten ein Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin wegen Prospektfehlern und einer diesbezüglichen Verletzung von vorvertraglichen Aufklärungspflichten zusteht.


38        III. Das angefochtene Urteil kann deshalb nicht bestehen bleiben. Da das Berufungsgericht die Freistellungsverpflichtung des Beklagten - wie ausgeführt - auch ihrem Umfang nach rechtsfehlerfrei festgestellt hat und das festgestellte Sachverhältnis, ohne dass es hierzu weiteren Vortrags und weiterer Feststellungen bedürfte, eine Entscheidung über den in der Berufungsinstanz gestellten Zahlungsantrag ermöglicht, kann der Senat nach § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden.


39        Der Übergang vom Freistellungsanspruch auf den Zahlungsanspruch, die nur unterschiedliche Ausprägungen ein und desselben Anspruchs sind (vgl. BGH, Urteil vom 25.11.1993 - IX ZR 51/93, BB 1994, 746, NJW 1994, 944, 945), ist zulässig.


40        Der Zahlungsanspruch ist auch begründet. Denn aus dem prozessualen Verhalten des Beklagten ist zu folgern, dass er die geschuldete Befreiung der Klägerin von ihrer Inanspruchnahme durch die A. nach § 128 HGB ernsthaft und endgültig verweigert hat. Unter diesen Umständen kann die Klägerin nach § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1, 2 BGB Schadensersatz in Geld verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 24.7.2012 - II ZR 297/11, BB 2012, 2586 m. BB-Komm. Marhewka, WM 2012, 1664 Rn. 30; Senatsurteil vom 17.2.2011 - III ZR 144/10, BB-Entscheidungsreport M. Langen/Müller-Felsch, BB 2011, 788, NJWRR 2011, 910 Rn. 22 m. w. N.).

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