KG Berlin: Formwechsel einer KG in eine GmbH – Grenzen des zu übernehmenden Gründungsaufwands
KG Berlin, Beschluss vom 26.10.2021 – 22 W 44/21, rkr.
ECLI:DE:KG:2021:1026.22W44.21.00
Volltext des Beschlusses://BB-ONLINE BBL2022-148-1
Leitsatz
Der von einer GmbH laut Satzung zu übernehmende Gründungsaufwand ist jedenfalls dann nicht auf einen Betrag von 10% des Stammkapitals begrenzt, wenn der Gesellschaft freies Kapital in Höhe von einem Mehrfachen des Stammkapitals zur Verfügung steht.
Beim Formwechsel einer KG in eine GmbH unter Ausscheiden der Komplementär GmbH bedarf es einer Anmeldung dieses Ausscheidens nicht.
§ 9c GmbHG, § 26 Abs 2 AktG, § 220 UmwG, § 143 Abs 2 HGB
Sachverhalt
Mit einer notariell beglaubigten elektronischen Erklärung vom 16./17. Dezember 2020 meldeten die vier Kommanditisten der unter HRA 57965 im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragenen e... GmbH & Co. KG deren Formwechsel aufgrund eines notariell beurkundeten Umwandlungsbeschlusses in die Beteiligte, eine GmbH, und ihre Bestellung zu Geschäftsführern an. Weiter enthält die Erklärung Angaben zu Firma, Gegenstand, Geschäftsanschrift, Stammkapital und zur abstrakten Vertretungsregelung sowie die Angabe der konkreten Vertretungsregelung und schließlich die Versicherung der fehlenden Inhabilität, einer Werthaltigkeit des Stammkapitals sowie, dass alle Gesellschafter auf eine Klage gegen den Umwandlungsbeschluss und die Erstellung eines Berichts verzichtet hätten. Die umwandelnde Gesellschaft habe auch keinen Betriebsrat. Dieser Anmeldung waren eine Berechnung des Gründungsaufwands, der notariell beurkundete Umwandlungsbeschluss vom 16. Dezember 2020, der zugleich eine Vereinbarung über das Ausscheiden der persönlich haftenden Gesellschafterin, die Feststellung des Gesellschaftsvertrags der Beteiligten, die Bestellung der Geschäftsführer und ihrer Vertretungsbefugnis und Verzichtserklärungen in Bezug auf die Umwandlung enthält, sowie eine Gesellschafterliste und ein Sachgründungsbericht vom 21./22. Dezember 2020 beigefügt. Weiter wurde eine vorläufige Vermögensaufstellung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zum 31. Dezember 2019, die sich im Jahre 2020 in die e... GmbH & Co. KG umgewandelt hatte, eingereicht.
Mit Schreiben vom 11. Januar 2021 hat das Amtsgericht die Regelung in § 15 des Gesellschaftsvertrages beanstandet, die die Übernahme von Gründungskosten in Höhe von 10.000 EUR vorsieht. Diesem Hinweis trat der Urkundsnotar mit Schreiben vom 1. Februar 2020 entgegen und bat gegebenenfalls um eine beschwerdefähige Entscheidung. Daraufhin hat das Amtsgericht die Anmeldung mit Beschluss vom 10. Februar 2021 zurückgewiesen. Der hiergegen gerichteten Beschwerde vom 15. März 2021 hat das Amtsgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Aus den Gründen
II. 1. Die Beschwerde ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft, sie richtet sich gegen den die Anmeldung des Formwechsels zurückweisenden Beschluss des Amtsgerichts vom 10. Februar 2021. Die Beschwerde ist mit dem Schreiben vom 15. März 2021, der am gleichen Tag eingegangen ist, form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Zustellung des Beschlusses erfolgte am 15. Februar 2021. Die im Namen der Beteiligten, einer werdenden GmbH, und der formwechselnden Personenhandelsgesellschaft eingelegte Beschwerde ist auch nicht teilweise unzulässig. Die Beteiligte ist durch die Zurückweisung der Anmeldung, die zu ihrer Eintragung führen soll, in eigenen Rechten beschwert. Die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 FamFG liegen damit vor. Die Anmeldung erfolgte auch in ihrem Namen, so dass auch § 59 Abs. 2 FamFG gegeben ist. Die formwechselnde Personengesellschaft wäre zwar nicht beschwerdebefugt, weil nicht sie, sondern ihre Gesellschafter im Registerverfahren als Beteiligte anzusehen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Juli 2020 – II ZB 26/19 –, juris Rdn. 23). Die Beschwerde ist aber trotz des Wortlauts nicht als in ihrem Namen eingelegt anzusehen, weil beim Formwechsel der Ursprungsrechtsträger und der Rechtsträger neuer Rechtsform identisch sind. Es kommt daher auch nicht zu einer Rechtsnachfolge, sondern nach § 202 Nr. 1 UmwG lediglich zu einem Rechtsformwechsel (vgl auch Senat, Beschluss vom 13. Mai 2020 – 22 W 73/14 –, juris Rdn. 15). Dann aber ist die Beschwerde als allein durch die Beteiligte eingelegt anzusehen.
2. Die Beschwerde hat auch Erfolg. Die Zurückweisung der Anmeldung vom 16. Dezember 2020 ist zu Unrecht erfolgt.
a) Die Entscheidung des Amtsgerichts ist allerdings nicht schon deshalb abzuändern, weil eine unwirksame Regelung über die Übernahme der Verpflichtung zur Tragung der Gründungskosten vom Registergericht im Rahmen der Erstanmeldung nicht beanstandet werden könnte.
Das Registergericht hat nicht nur nach § 9c Abs. 1 Satz 1 GmbHG die ordnungsgemäße Errichtung und Anmeldung der Gesellschaft zu prüfen, sondern kann nach § 9c Abs. 2 Nr. 2 GmbHG auch Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages beanstanden, die gegen Vorschriften verstoßen, die dem Gläubigerschutz dienen. Die wegen von einer GmbH zu tragender Gründungskosten entsprechend anzuwendende Vorschrift des § 26 Abs. 2 AktG (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Februar 1989 – II ZB 10/88 –, BGHZ 107, 1-7 [BB 1989, 795]) enthält zwar in Bezug auf die Höhe des Gründungsaufwandes keine ausdrücklichen Beschränkungen. Es ist aber in der Rechtsprechung anerkannt, dass insoweit eine Angemessenheitsprüfung stattzufinden hat. Ist die Festsetzung danach unangemessen hoch, ist dies durch das Registergericht zu beanstanden und die Eintragung abzulehnen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 22. Oktober 2014 – 9 W 124/14 –, juris; Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 18. März 2011 – 11 W 19/11 –, juris; Krafka, Registerrecht, 11. Aufl., Rdn. 941).
b) Eine unangemessen hohe Festsetzung des Gründungsaufwands in § 15 des Gesellschaftsvertrages der Beteiligten zu 1), die im Rahmen der Anmeldung des Formwechsels beanstandet werden könnte, liegt aber nicht vor.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts besteht keine Beschränkung der Höhe des übernehmbaren Gründungsaufwandes auf bis zu 10% des Stammkapitals (ebenso Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 18. März 2011 – 11 W 19/11 –, juris Rdn. 14). Derartiges wird weder durch eine gesetzliche Regelung angeordnet noch zwingen andere Gründe für eine entsprechende Festlegung. Die Regelung des § 26 Abs. 2 AktG dient zwar dem Gläubigerschutz. Ein Gläubiger hat auch ein Interesse, dass die Gesellschaft jedenfalls zum Zeitpunkt der Eintragung über ein möglichst hohes Vermögen verfügt. Andererseits sieht § 26 Abs. 2 AktG den Schutz Dritter jedenfalls zunächst allein durch die Offenlegung als gewahrt an. Dass insoweit auch Begrenzungen anzunehmen sind, wenn überhöhte oder nicht belegte Kosten in Ansatz gebracht werden, rechtfertigt eine starre Grenze nicht. Dies zeigt sich auch im vorliegenden Fall. Aufgrund des Unternehmenswertes der formwechselnden KG fallen zwingend höhere Notarkosten an, als wenn der Wert des Stammkapitals maßgebend wäre, vgl. § 108 Abs. 3 Satz 1 GNotKG. Dass bei einer Gründung im vereinfachten Verfahren das zu verwendende Musterprotokoll (Anlage zu § 2 Abs. 1a Satz 2 GmbHG) in Nr. 5 eine Beschränkung auf 300 EUR vorsieht, ändert nichts.
Diese Regelung ist nicht verallgemeinerungsfähig und ergibt auch keinen hinreichenden Maßstab für die Behandlung der Gründungskosten bei einer nach den allgemeinen Vorschriften gegründeten GmbH (vgl. auch Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 18. März 2011 – 11 W 19/11 –, juris Rdn. 15).
c) Aus dem Vorstehenden ergibt sich dann aber auch, dass die Bestimmung des noch zulässigen Aufwands nicht anhand der Stammkapitalziffer erfolgen kann. Denn diese ist für die Höhe der anfallenden Gründungskosten irrelevant. Soweit in solchen Fällen der Hinweis erteilt wird, die Gesellschaft könnte ja die Stammkapitalziffer entsprechend anheben (so OLG Celle, Beschluss vom 22. Oktober 2014 – 9 W 124/14 –, juris), sieht der Senat keine Rechtfertigung für einen derartigen Eingriff in die Entscheidungsfreiheit der Umwandlungsbeteiligten. Dies gilt vor allem deshalb, weil eine Beeinträchtigung Dritter und damit auch der Gläubiger mit einer solchen Gestaltung nicht verbunden ist. Die Beteiligte weist zu Recht darauf hin, dass der umwandelnden Gesellschaft ausreichend freies Vermögen zur Verfügung steht. Der über die Kapitalziffer von 40.000 EUR hinausgehende und nach Abzug der Verbindlichkeiten verbleibende Betrag von fast zwei Millionen Euro gewährleistet, dass keine zu Lasten der Gläubiger gehende Unterfinanzierung gegeben ist.
d) Weitere Gründe, die gegen einen Vollzug der Anmeldung sprechen, liegen nicht vor. Aus diesem Grund ist das Amtsgericht anzuweisen, den Formwechsel zu vollziehen.
Der Sachgründungsbericht vom 21./22. Dezember 2020 enthält zwar nur Angaben zu den Jahresergebnissen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, aus der die formwechselnde Gesellschaft entstanden ist, im Jahr 2019. Dies beruht aber darauf, dass diese Gesellschaft bürgerlichen Rechts ebenfalls erst 2019 entstanden ist. Die Regelung des § 5 Abs. 4 Satz 2 Hs. 2 GmbHG kann aber keine Anwendung finden, wenn die Gesellschaft erst ein Jahr bestanden hat. Das Recht jetzt einen Werthaltigkeitsnachweis zu fordern besteht nicht, bisher eingetretene Verzögerungen beruhten auf dem Eintragungs- und dem Beschwerdeverfahren.
Die Anmeldung ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil das Ausscheiden der persönlich haftenden Gesellschafterin des formwechselnden Rechtsträger nicht angemeldet wird. Das Ausscheiden folgt zwar aus der Vereinbarung über das Ausscheiden vom 16. Dezember 2020. Es ist dabei aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt der Eintragung des Rechtsträgers neuer Rechtsform. Mit dieser Eintragung, die konstitutiv wirkt, erlischt aber der formwechselnde Rechtsträger in der Rechtsform der KG. Damit endet auch die Gesellschafterstellung der Komplementärin. Bei der GmbH werden die Gesellschafter nicht in das Register eingetragen, so dass auch insoweit etwa wegen § 15 Abs. 1 HGB kein Erfordernis besteht das Ausscheiden einzutragen. Für die Gesellschafterliste gilt die Vorschrift nicht. Auch wegen der Nachhaftung bedarf es keiner Eintragung. Die Nachhaftungsregelungen stimmen überein (§§ 160 HGB, 224 UmwG).
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Gerichtskosten fallen nicht, eine Erstattung außergerichtlicher Kosten kommt nicht in Betracht. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde, die hier wegen der Entscheidung des OLG Celle (Beschluss vom 22. Oktober 2014 – 9 W 124/14 –, juris) notwendig sein könnte, kommt nicht in Betracht, weil es an einem Beschwerten fehlt.