R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Wirtschaftsrecht
27.02.2020
Wirtschaftsrecht
OLG Oldenburg: Formwechsel einer GmbH in eine KG – Eintritt des Komplementärs mit Wirksamwerden des Formwechsels

OLG Oldenburg, Beschluss vom 19.12.2019 – 12 W 133/19 (HR)

Volltext: BB-ONLINE BBL2020-530-1

Leitsatz

Beim Formwechsel einer GmbH in eine KG ist der Eintritt des persönlich haftenden Gesellschafters mit Wirksamwerden des Formwechsels möglich.

Sachverhalt

I.

Die Beteiligte zu 1) ist als Gesellschaft mit beschränkter Haftung seit dem 13.10.2011 im Handelsregister des Amtsgerichts Oldenburg eingetragen. Alleinige Gesellschafterin der Beteiligten zu 1) ist die Beteiligte zu 2). Die Beteiligte zu 2) ist ferner alleinige Gesellschafterin der Beteiligten zu 3). Mit Urkunde vom 31.07.2019 (UR-Nr. (…)/2019 des Notars (…), Ort2) vereinbarten die Beteiligte zu 2) und die Beteiligte zu 3), die Beteiligte zu 1) unter Beteiligung der Beteiligten zu 3) als Komplementärin formwechselnd in eine Kommanditgesellschaft umzuwandeln. Hierzu trat die Beteiligte zu 2) in eine Gesellschafterversammlung ein und beschloss mit Zustimmung der Beteiligten zu 3) die formwechselnde Umwandlung der Beteiligten zu 1) in eine Kommanditgesellschaft mit der Firma FF UG (haftungsbeschränkt) & Co.KG. Als Komplementärin soll die Beteiligte zu 3) ohne Kapitaleinlage mit Eintragung des Formwechsels im Handelsregister der Beteiligten zu 1) beitreten. Die Beteiligte zu 2) soll mit einer Kommanditeinlage (zugleich Haftungssumme) von 1.000,- € als Kommanditistin an der Gesellschaft beteiligt bleiben.

Mit Erklärung vom 31.07.2019 hat der bisherige Geschäftsführer der Beteiligten zu 1), zugleich in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der gesetzlichen Vertreterin der Beteiligten zu 2) sowie als Geschäftsführer der Beteiligten zu 3) die Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister beantragt.

Mit Beschluss vom 10.09.2019 hat das Registergericht diesen Eintragungsantrag zurückgewiesen. Der beschlossene Formwechsel widerspreche dem in § 202 Abs. 1 Ziff. 2 UmwG zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Kontinuität der Gesellschafter. Hiernach müssten die Gesellschafter des durch den Formwechsel entstehenden Rechtsträgers bereits vor dem Formwechsel Gesellschafter der formwechselnden GmbH geworden sein. Dies sei hier hinsichtlich der beitretenden Beteiligten zu 3) noch nicht einmal für den Zeitraum einer logischen Sekunde der Fall, da diese als persönlich haftende Gesellschafterin erst mit Eintragung des Formwechsels Gesellschafterin werden solle. Eine Analogie zu den für die KGaA geltenden Vorschriften des UmwG, nach denen der Beitritt eines neuen Gesellschafters als Komplementär der entstehenden KGaA möglich sei, müsse mangels planwidriger Regelungslücke ausscheiden. Es sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber auch vor dem Hintergrund steuerlicher Aspekte bewusst die Kontinuität der Mitgliedschaft geregelt habe, da nur durch diese Regelung der in der Finanzgerichtsbarkeit anerkannte Entfall der Grunderwerbsteuerpflicht im Falle des Formwechsels einer mit Grundbesitz ausgestatteten Gesellschaft gerechtfertigt sei.

Gegen diesen Beschluss wenden sich die Antragsteller mit ihrer Beschwerde.

Aus den Gründen

II.

Die nach § 58 Abs. 1 FamFG statthafte Beschwerde ist zulässig und begründet. Die vom Registergericht in der angefochtenen Entscheidung dargelegten Bedenken gegen die Wirksamkeit des zur Eintragung angemeldeten Formwechsels der Beteiligten zu 1) in eine Kommanditgesellschaft, gebildet aus der Beteiligten zu 3) als Komplementärin ohne eigene Kapitalbeteiligung und der Beteiligten zu 2) als Kommanditistin, bestehen nicht. Namentlich steht der in §§ 194 Abs. Nr. 3, 202 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 UmwG niedergelegte Grundsatz der „Kontinuität der Mitgliedschaft“ einem wirksamen Beitritt der Beteiligten zu 3) zum Zeitpunkt der Eintragung des Formwechsels nicht entgegen.

Richtig ist allerdings, dass der Gesetzgeber mit den genannten Vorschriften ein grundlegendes Prinzip des Formwechsels zum Ausdruck bringen wollte, wonach diese Form der Umwandlung keine Auswirkung auf den Mitgliederbestand des Rechtsträgers haben soll, der an dem Rechtsträger beteiligte Personenkreis vielmehr vor und nach dem Formwechsel identisch bleiben soll (vgl. Baßler, GmbHR, 2007, 1252 (1252)). Hintergrund dieses Prinzips ist eine Abkehr von der bis dahin geltenden Rechtslage, wonach bei einem nur auf Mehrheitsentscheidung beruhenden Formwechsel nur die zustimmenden Gesellschafter an dem neuen Rechtsträger beteiligt blieben, die dissentierenden Gesellschafter hingegen aus der Gesellschaft ausschieden. Diese Rechtsfolge, bei der mittels Umwandlungsbeschluss Minderheitsgesellschafter aus einer Gesellschaft ausgeschlossen werden konnten, sollte im neuen Umwandlungsrecht grundsätzlich nicht mehr eröffnet sein und nur noch in bestimmten, gesetzlich festgelegten Fallkonstellationen möglich bleiben (vgl. Gesetzesbegründung zu § 202 Nr. 2 UmwG, BT-Drs. 12/6699, S. 144). Insoweit ist anerkannt, dass das in §§ 194 Abs. Nr. 3, 202 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 UmwG zum Ausdruck kommende Prinzip der „Kontinuität der Mitgliedschaft“ einen Schutz der Gesellschafter bezweckt, mit dem sichergestellt werden soll, dass diejenigen Beteiligten, die zum Zeitpunkt der Eintragung des Formwechsels Anteilsinhaber sind, auch Mitglieder des neuen Rechtsträgers werden (vgl. BGH ZIP 2005, 1318, hier zit. aus juris RN 13).

Dieser Schutzzweck wird hingegen nicht tangiert, wenn sich sämtliche Beteiligten einig sind und ein Wechsel im Gesellschafterbestand damit bereits auf Grundlage der nach allgemeinen Gesellschaftsrecht zu Gebote stehenden Änderungsmöglichkeiten, wie Anteilsübertragung, Eintritt und Austritt, bewirkt werden kann. In diesem Falle wird der Wechsel im Gesellschafterbestand nicht durch das Instrumentarium des Formwechsels herbeigeführt. Dieser verhält sich in Bezug auf die beteiligten Anteilseigener neutral und bewirkt im Sinne der „Kontinuität der Mitgliedschaft“ insoweit keine Veränderung. Soll neben dem Formwechsel – mithin einer Veränderung der Verfassung der Gesellschaft bei fortwährender Identität des Rechtsträgers – auch eine Änderung des Gesellschafterbestandes herbeigeführt werden, bedarf es vielmehr zusätzlicher Vereinbarungen, die den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen genügen müssen. Für dieses „Mehr“ an Umstrukturierung versagt das Umwandlungsrecht seine Hilfe, was indes nicht bedeutet, dass es dieses „Mehr“ an Umstrukturierung untersagt. Entsprechende Verbote sind in dem Gesetz weder positiv noch negativ geregelt und sind auch nicht mit der im Gesetz vorausgesetzten Kontinuität unvereinbar (grundlegend: Schmidt, GmbHR 1995, 693 (695)).

Vorliegend haben sich mit der Beteiligten zu 2) und der Beteiligten zu 3) sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Gesellschafter der Beteiligten zu 1) auf den Beitritt der Beteiligten zu 3) geeinigt, wobei diese Einigung notariell beurkundet worden ist. Unter diesen Voraussetzungen ist sowohl nach dem gegenwärtig für die Beteiligte zu 1) geltenden Recht der GmbH, als auch nach dem zukünftig einschlägigen Recht der Kommanditgesellschaft der jederzeitige Beitritt eines neuen Gesellschafters möglich. Es gibt daher keinen Grund, weshalb sich die Beteiligten nicht auch auf einen Beitrittszeitpunkt genau im Moment des Wirksamwerdens des Formwechsels verständigen können. Vielmehr besteht ein praktisches Bedürfnis hierfür. In der typischen GmbH & Co. KG verfolgt die Komplementär-GmbH keine eigenwirtschaftlichen Ziele. Ihre Existenzberechtigung steht und fällt mit der KG (Baßler, GmbHR 2007, 1252 (1252)). Eine Kapitalbeteiligung ist typischerweise nicht vorgesehen. Diese wäre aber Voraussetzung, damit die GmbH bereits vor Wirksamwerden des Formwechsels der bisherigen Rechtsträgerin beitreten könnte. Umgekehrt, kann mit diesem Beitritt bei einer eingliedrigen GmbH auch nicht bis zu einem Zeitpunkt nach Wirksamwerden des Formwechsels zugewartet werden. Nach § 228 Abs. 1 UmwG muss die Gesellschaft spätestens zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Formwechsels den Vorschriften über die Gründung einer Personenhandelsgesellschaft genügen. Damit müssen zu diesem Zeitpunkt an dem Rechtsträger mindestens zwei Gesellschafter beteiligt sein, da andernfalls im Zeitpunkt des Formwechsels das Gesellschaftsvermögen dem einzigen Gesellschafter der Personenhandelsgesellschaft unter Auflösung der Gesellschaft anwachsen würde.

Als Alternative zu einem Beitritt im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Formwechsels bliebe damit nur, die spätere Komplementär-GmbH mit einer zumindest geringfügigen Kapitalbeteiligung auszustatten und diese bereits vor Wirksamwerden der Umwandlung dem formwechselnden Rechtsträger beitreten zu lassen. Eine derartige Konstruktion stünde zwar mit dem Erfordernis einer „Kontinuität der Mitgliedschaft“ im Einklang, widerspräche aber der Zielsetzung, die der Gesetzgeber mit diesem Prinzip verbunden hat. Geschützt werden soll die Mitgliedschaft, die durch den Formwechsel grundsätzlich nicht beeinträchtigt werden soll. Dem widerspräche die vorstehende Konstruktion, bei der durch eine kapitalmäßige Beteiligung der späteren Komplementär-GmbH der Kapitalanteil des bisherigen alleinigen Gesellschafters „verwässert“ würde. Bei einem Beitritt zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Formwechsels kann dagegen auf eine Kapitalbeteiligung der Komplementär-GmbH verzichtet werden, mit der Folge, dass der ursprüngliche GmbH-Gesellschafter mit identischer Kapitalbeteiligung nunmehr als Kommanditist an der neuen Personenhandelsgesellschaft beteiligt bleibt. Tatsächlich wird die vom Umwandlungsgesetzgeber vorausgesetzte „Kontinuität der Mitgliedschaft“ in dieser Variante nicht durchbrochen, sondern gewahrt (Schmidt, GmbHR 1995, 693 (696)).

Vorstehende Erwägungen stehen im Einklang mit bisherigen ober- und höchstrichterlicher Entscheidungen, die in diesem Zusammenhang ergangen und veröffentlicht worden sind. So hat es das Bayerische Oberste Landesgericht für zulässig erachtet, dass der Beitritt des zukünftigen Komplementärs eines von einer GmbH in eine KG formwechselnden Rechtsträgers erst nach Fassung des Umwandlungsbeschlusses der Gesellschaft erfolgt, wobei es die Frage, ob der Beitritt auch erst im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Formwechsels erfolgen könne, mangels Entscheidungserheblichkeit ausdrücklich offengelassen hat (vgl. BayObLGZ 1999, 345, hier zit. aus juris, RNrn.11ff, 17). Das Kammergericht hatte jüngst den umgekehrten Fall des Austrittes der Komplementär-GmbH im Zuge des Formwechsels einer KG zur GmbH zu entscheiden und auch hierfür die Möglichkeit eines Austrittes zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Formwechsels bejaht (KG Berlin, ZIP 2019, 176, hier zit. aus juris RN 12). Schließlich hat auch der BGH, der vorliegende Fragestellung weder in jener (Austritt) noch in dieser (Beitritt) Konstellation bislang zu entscheiden hatte, bereits in der Vergangenheit im Rahmen zweier anders gelagerter Fallkonstellationen deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Bedenken im Hinblick auf die Wirksamkeit eines Beitritts eines Gesellschafters „im Zuge“ eines Formwechsels nicht bestünden (vgl. BGHZ 142, 1, RN 12; BGH ZIP 2005, 1318 RN 13; jw. zit. aus juris). Dies entspricht auch der inzwischen ganz herrschenden Auffassung in der Literatur (vgl. statt aller: Blasche in Kallmeyer, UmwG (6. Aufl.) § 228 RN 7; Ihrig in Semler/Stengel, UmwG (4. Aufl.) § 228 RN 14 und 23; Westerburg in Schmitt u.a., UmwG (8. Aufl.) § 226 RN 3; jw.m.w.N.).

Schließlich hindern auch die vom Amtsgericht angeführten steuerlichen Aspekte die Wirksamkeit des Beitritts zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Formwechsels nicht. Der in der angefochtenen Entscheidung zitierte Beschluss des Bundesfinanzhofes vom 04.12.1996 (Az. II B 116/96) setzt eine Identität des Mitgliederbestandes unmittelbar vor und nach dem Formwechsel nicht voraus. Vielmehr hat dieser für den Formwechsel festgestellt, dass es für eine Grunderwerbssteuerbarkeit dieses Vorganges bereits an den Voraussetzungen des in § 1 Abs. 1 GrEstG normierten Steuertatbestandes fehle, der entweder ein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft oder eine Auflassung voraussetze (vgl. BFHE 181, 349, RN 8, zit. aus juris). Beides läge im Falle eines Formwechsels, bei dem die Identität des Rechtsträgers gewahrt bliebe, nicht vor (a.a.O., RN 9). Die Vorschriften der §§ 5, 6 und 7 Abs. 2 und 3 GrEstG, die u.a. voraussetzen, dass an den beteiligten Gesamthandsgemeinschaften dieselben Personen beteiligt seien, könnten zur Begründung einer Steuerpflicht nicht herangezogen werden, da es sich nicht um steuerbegründende Tatbestände handele, sondern um Vergünstigungstatbestände, die einen eigentlich steuerbaren Erwerbsvorgang voraussetzten (a.a.O., RN 11). Im Übrigen müsse das Grunderwerbssteuerrecht mangels anderslautender Vorschriften ohnehin den zivilrechtlichen Vorgaben des Umwandlungsrechtes folgen (a.a.O., RN 10).

Dieses kann folglich auch nicht zur Klärung der Frage, ob ein beschlossener Formwechsel wirksam und einzutragen ist, herangezogen werden.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

stats