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Wirtschaftsrecht
31.03.2022
Wirtschaftsrecht
BGH: Fernwärmeunternehmen darf unwirksame Preisänderungsklausel auch während eines laufenden Versorgungsverhältnisses anpassen

BGH, Urteil vom 26.1.2022 – VIII ZR 175/19

ECLI:DE:BGH:2022:260122UVIIIZR175.19.0

Volltext: BB-Online BBL2022-769-3

Amtliche Leitsätze

a) Ein Fernwärmeversorgungsunternehmen ist gemäß § 4 Abs. 1, 2 AVB-FernwärmeV in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVB-FernwärmeV berechtigt und soweit das Kundeninteresse dies erfordert verpflichtet, eine von ihm gegenüber Endkunden verwendete von Vertragsbeginn an unwirksame oder ab einem bestimmten Zeitpunkt danach unwirksam gewordene Preisänderungsklausel auch während des laufenden Versorgungsverhältnisses mit Wirkung für die Zukunft einseitig anzupassen, wenn und soweit dadurch sichergestellt wird, dass die Klausel den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVB-FernwärmeV entspricht (Fortentwicklung der Senatsurteile vom 25. Juni 2014 VIII ZR 344/13, BGHZ 201, 363 Rn. 32 ff. und vom 19. Juli 2017 VIII ZR 268/15, NJW-RR 2017, 1200 Rn. 57).

b) Dagegen ist ein Fernwärmeversorgungsunternehmen nicht berechtigt, wirksam vereinbarte Preise einseitig nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) zu ändern.

 

Sachverhalt

Die Beklagte, Rechtsnachfolgerin der W.            A.       GmbH, ist ein Energieversorgungsunternehmen, das im Bebauungsplangebiet R.        in A.       Kunden mit Fernwärme beliefert. Die Fernwärme wird in einem Blockheizkraftwerk erzeugt, das ausschließlich mit Erdgas betrieben wird, welches die Beklagte von einem Lieferanten bezieht.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten bot der in ihrem Liefergebiet wohnhaften Klägerin ab dem 21. September 2001 den Abschluss eines vorformulierten Fernwärmelieferungsvertrags (nachfolgend: Mustervertrag) an. Die Klägerin unterzeichnete das ihr übersandte Vertragsexemplar nicht, nahm jedoch ab dem 21. September 2001 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten beziehungsweise später von der Beklagten Fernwärme ab.

Die Abrechnungen für die an die Klägerin gelieferte Fernwärme erstellte die Beklagte bis einschließlich April 2014 auf Grundlage der Preisbestimmung für Arbeits-, Grund- und Messpreise in § 7 des Mustervertrags. Die darin enthaltene Preisanpassungsregelung für den Arbeitspreis (§ 7 Abs. 2 des Mustervertrags) hat der Senat in einem Rechtsstreit zwischen der hiesigen Beklagten und einem anderen Fernwärmekunden zwischenzeitlich für unwirksam erachtet, namentlich weil der gewählte Preisänderungsparameter (leichtes Heizöl "HEL") die tatsächlichen Brennstoffbezugskosten der Beklagten nicht ausreichend abbildete (Urteil vom 18. Dezember 2019 - VIII ZR 209/18, juris Rn. 19 ff.; zum Wortlaut der Preisregelungen in § 7 des Mustervertrags und im Bezugsvertrag siehe Rn. 3 f.).

Nachdem die Kopplung an die "HEL"-Notierung im Gasbezugsvertrag der Beklagten ab Oktober 2013 entfallen war, stellte diese zum 1. Mai 2014 ihr Preisbemessungs- und Preisänderungssystem gegenüber ihren Endkunden um. Der Preis für Fernwärmelieferungen bestand hiernach nur noch aus einem Arbeits- und einem Grundpreis, für die zudem gegenüber dem Mustervertrag geänderte Preisgleitklauseln vorgesehen waren. Insbesondere die Veränderung des verbrauchsabhängigen Arbeitspreises knüpfte nunmehr an zwei Gaspreisindizes (NCG und EGIX) an. Die Änderungen im Preisbemessungssystem der Beklagten wurden öffentlich bekannt gemacht; ihre Endkunden und auch die Klägerin erhielten außerdem unter dem 24. April 2014 eine entsprechende Mitteilung. Die Abrechnungen für den Lieferzeitraum Mai bis Dezember 2014 und für das Jahr 2015 erstellte die Beklagte unter Anwendung der geänderten Preisbestimmungen.

Die Klägerin zahlte für die abgenommene Fernwärme die ihr von der Beklagten in Rechnung gestellten - nach Maßgabe der jeweiligen Preisanpassungsklauseln alle sechs Monate angepassten - Entgelte. Mit der Abrechnung für das Jahr 2009, die der Klägerin am 25. Februar 2010 zuging, verlangte die Beklagte zuletzt einen Arbeitspreis von 56,19 € netto/MWh. In der Jahresabrechnung 2010, die der Klägerin am 17. Januar 2011 zuging, legte die Beklagte höhere Arbeitspreise zugrunde. Auch in den Jahresabrechnungen für den hier streitgegenständlichen Zeitraum von 2011 bis 2015 berücksichtigte sie weitere Erhöhungen des Arbeitspreises und ab Mai 2014 zudem den angepassten Grundpreis.

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2013 widersprach die Klägerin der Festsetzung des Arbeitspreises "rückwirkend bis zum Jahr 2010" sowie mit einem weiteren Schreiben vom 15. Februar 2014 den Wärmepreisanpassungen und Abrechnungen für die Jahre 2011 bis 2013 und verlangte Rückzahlung des insoweit überzahlten Wärmeentgelts. Spätestens mit ihrer am 29. Dezember 2016 zugestellten Klage widersprach sie zudem den Preisanpassungen in den Jahresabrechnungen für 2014 und 2015 und verlangte auch insoweit entsprechende Rückzahlung. Die Beklagte hat sich für die Abrechnungszeiträume 2011 bis 2013 auf Verjährung berufen.

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Rückerstattung der ihrer Ansicht nach für die Jahre 2011 bis 2015 überzahlten Fernwärmeentgelte in Höhe von insgesamt 3.348,05 € nebst Zinsen - ausgehend von dem mit der Jahresabrechnung für 2009 zuletzt geforderten Arbeitspreis von 56,19 € netto/MWh für den gesamten Abrechnungszeitraum 2011 bis 2015 sowie unter Zugrundelegung des bis April 2014 geltenden Grund- und Messpreises auch ab Mai 2014 bis Dezember 2015 - in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Zeitraum von 2012 bis 2015 einen Betrag von 2.811,81 € nebst Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen, und die Klage im Übrigen - wegen Verjährung des auf das Abrechnungsjahr 2011 gerichteten Rückzahlungsanspruchs - abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist beim Landgericht ohne Erfolg geblieben. Auf die Anschlussberufung der Klägerin hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung weiterer - die Abrechnung des Jahres 2011 betreffender - 509,24 € nebst Rechtshängigkeitszinsen verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Aus den Gründen

8          Die Revision hat teilweise Erfolg.

    I.

9          Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

10        Der Klägerin stehe gegen die Beklagte der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung von Fernwärmeentgelten nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB für die Abrechnungsjahre 2011 bis 2015 in der zuletzt geltend gemachten Höhe zu.

11        Zwischen den Parteien bestehe ein Wärmelieferungsvertrag, der die Preisanpassungsklausel nach § 7 Abs. 2 des Musterwärmelieferungsvertrags umfasse. Diese verstoße jedoch gegen das Gebot der Kostenorientierung des § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV und sei deshalb unwirksam. Zwar könne nach der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung dem Gebot der Kostenorientierung im Einzelfall auch dann Genüge getan sein, wenn der fragliche Fernwärmeversorger - wie hier die Beklagte - im Rahmen der eigenen Wärmeerzeugung Gas verwende, in der Preisänderungsklausel eine Bemessungsgröße jedoch an die Preisentwicklung von extraleichtem Heizöl (HEL) anknüpfe. Erforderlich sei in dieser Konstellation aber, dass der Versorger seinerseits gegenüber seinem Vorlieferanten einer Preisbindung unterliege, die ebenfalls an den fraglichen Parameter anknüpfe und die ihrer Art und ihrem Umfang nach im Wesentlichen der gegenüber ihren Endkunden praktizierten Preisbindung entspreche. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall, denn der Vorlieferant der Beklagten verwende ausweislich des vorgelegten Gasbezugsvertrags unstreitig neben dem HEL-Parameter weitere Bemessungsfaktoren (Entwicklung von Netznutzungsentgelten, Entwicklung eines Lohnindex), die in der Preisanpassungsklausel im Verhältnis zu den Endkunden der Beklagten nicht vorgesehen seien.

12        Wie der Bundesgerichtshof entschieden habe, sei die in Fernwärmelieferungsverträgen durch die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel eingetretene Lücke im Regelungsplan der Parteien im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 157, 133 BGB dahingehend zu schließen, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen könne, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden sei, beanstandet habe. Davon ausgehend habe die Klägerseite den ihr zustehenden Erstattungsbetrag zutreffend auf Basis des bis zum 31. März 2010 geltenden Arbeitspreises (56,19 € netto/MWh) berechnet, denn allen nachfolgenden Anpassungen des Arbeitspreises habe die Klägerin fristgerecht widersprochen.

13        Nichts Anderes folge aus dem Umstand, dass die Beklagte für die Abrechnungsjahre 2014/2015 eine neu gestaltete Vertragsbestimmung zur Preisermittlung habe zugrunde legen wollen. Denn diese sei nicht wirksam Vertragsbestandteil geworden. Das Berufungsgericht gehe im Anschluss an eine in einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren ergangene Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Urteil vom 21. März 2019 - 6 U 191/17, juris [aufgehoben durch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. April 2020 - I ZR 85/19, NJW-RR 2020, 929]) davon aus, dass § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV dem Fernwärmeversorgungsunternehmen nicht die Befugnis zur einseitigen Änderung von Preisänderungsregelungen gebe. Bereits der Wortlaut spreche dafür, dass die Vorschrift nicht die materiellen Voraussetzungen für die Wirksamkeit von Änderungen der Versorgungsbedingungen regele, sondern lediglich eine (weitere) formelle Voraussetzung für das Wirksamwerden derartiger Änderungen aufstelle. Wollte man dies anders sehen und dem Versorger bereits auf Grund von § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV die Befugnis zur einseitigen Preisänderung zubilligen, bedürfte es zur Durchsetzung einer Preisänderung der Vereinbarung von Preisänderungsklauseln nicht. § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV enthalte jedoch Anforderungen an die Ausgestaltung von Preisänderungsklauseln und setze deren Erforderlichkeit damit voraus.

14        Es könne auch nicht angenommen werden, dass der Wille des Verordnungsgebers auf ein einseitiges Änderungsrecht von Preisanpassungsklauseln gerichtet gewesen sei. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 4 Abs. 1 AVBFernwärmeV (BR-Drucks. 90/80) solle die Vorschrift sicherstellen, dass sich Änderungen der Versorgungsbedingungen, soweit die Verordnung diese zulasse (z.B. technische Anschlussbedingungen), ohne entsprechende Kündigung der laufenden Verträge nach öffentlicher Bekanntgabe (Absatz 2) vollziehen könnten. Zu § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV heiße es: "Preisanpassungen können sich über Preisgleitklauseln vollziehen". Dass die Preisgleitklausel selbst einseitig geändert werden könnte, lasse sich daraus nicht ableiten.

15        Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht daraus, dass im Bereich der Strom- und Gasversorgung mit § 4 Abs. 2 AVBEltV aF und § 4 Abs. 2 AVBGasV aF Vorschriften bestanden hätten, die inhaltlich § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV entsprächen und denen der Bundesgerichtshof bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 23. Oktober 2014 (Rs. C-359/11 und C-400/11 - Schulz und Egbringhoff) ein einseitiges Preisänderungsrecht des Versorgers entnommen habe. Wenn der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs ungeachtet dessen im Urteil vom 19. Juli 2017 (VIII ZR 268/15) eine Befugnis des Fernwärmeversorgers zur einseitigen Änderung von Preisanpassungsklauseln verneint habe, könne dies nur dahin verstanden werden, dass er die früheren Grundsätze zur Strom- und Gasversorgung jedenfalls für Änderungen von Preisanpassungsregelungen im Bereich der Fernwärmeversorgung für nicht anwendbar halte.

16        Eine abweichende Auslegung von § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV sei auch nicht im Hinblick auf die Interessenlage der Fernwärmeversorger unabweisbar geboten. Insbesondere könne sich ein Versorgungsunternehmen in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg darauf berufen, bei einer Änderungskündigung unter Umständen mehrere Jahre bis zum Ablauf der Kündigungsfrist warten zu müssen. Fernwärmeversorger seien nicht daran gehindert, mit ihren Kunden überschaubare Kündigungsfristen zu vereinbaren. Nach § 32 AVBFernwärmeV betrage die Laufzeit von Versorgungsverträgen "höchstens" zehn Jahre. Danach verlängere sich der Vertrag jeweils stillschweigend um fünf Jahre. Der Fünfjahresrhythmus erscheine nicht unzumutbar. Tiefgreifende Veränderungen der Kostenstruktur, wie etwa die Umstellung der Wärmeerzeugungsanlagen auf einen anderen Brennstoff (zum Beispiel von Heizöl auf Erdgas), könnten es zwar erforderlich machen, in der Preisänderungsklausel den Anpassungsfaktor für den Brennstoffpreis umzustellen, etwa auf den Erdgasindex des Statistischen Bundesamts. Derartige Veränderungen träten jedoch üblicherweise nicht kurzfristig und überraschend ein. In solchen Fällen müsse rechtzeitig eine Änderungskündigung ausgesprochen werden. Ein Fernwärmeversorgungsunternehmen, dem die Vorteile einer langfristigen Bindung zugutekämen, müsse jedenfalls grundsätzlich auch die sich daraus ergebenden Nachteile in Kauf nehmen. Sollte wegen besonderer Umstände gleichwohl eine kurzfristige, durch eine ordentliche Änderungskündigung nicht umzusetzende Änderung der Kostenstruktur eintreten, könne das Fernwärmeversorgungsunternehmen notfalls außerordentlich mit kürzerer Frist kündigen. Ob im Streitfall eine derartige Konstellation gegeben gewesen sei, könne allerdings dahinstehen, da die Beklagte diesen Weg nicht gewählt habe.

17        Ebenso wenig enthalte § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV eine geeignete Grundlage zur einseitigen Änderung einer vertraglich vereinbarten Preisänderungsregelung. Die Vorschrift gehe von einer vertraglich vereinbarten Preisänderungsklausel aus und stelle Anforderungen an die inhaltliche Angemessenheit und die formelle Transparenz. Daraus lasse sich eine Befugnis zur einseitigen Änderung der vereinbarten Klausel nicht ableiten.

18        Weiter ergebe sich ein Recht zur einseitigen Änderung von Preisänderungsklauseln der Beklagten auch nicht aus § 315 BGB. Ebenso wenig folge eine solche Befugnis aus den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung, denn es bestehe kein Anlass zu der Annahme, dass sich die Vertragspartner, hätten sie den Fall der Unwirksamkeit beziehungsweise des Unwirksamwerdens der Preisanpassungsklausel vorausgesehen, auf ein einseitiges Preisänderungsrecht der Beklagten verständigt hätten.

19        Auf Verjährung könne sich die Beklagte - entgegen der Auffassung des Amtsgerichts - auch gegen den auf das Abrechnungsjahr 2011 bezogenen Rückzahlungsanspruch nicht berufen, da der von der Beklagten mit Schreiben vom 8. Oktober 2015 erklärte Verjährungsverzicht auch die in der in Bezug genommenen Liste namentlich aufgeführte Klägerin erfasse.

    II.

20        Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nur teilweise stand. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die von der Beklagten im Zeitraum von Januar 2011 bis einschließlich April 2014 zugrunde gelegte Preisanpassungsklausel nach § 7 Abs. 2 des Mustervertrags - wie der Senat für ebendiese Klausel bereits entschieden hat - gemäß § 24 Abs. 4 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) vom 20. Juni 1980 (BGBl. I S. 742) in der bis zum 4. Oktober 2021 geltenden Fassung in Verbindung mit § 134 BGB nichtig ist, so dass der Klägerin für die Jahre 2011 bis 2013 ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB für überzahlte Lieferentgelte in Höhe der vom Berufungsgericht zuerkannten 2.262,37 € zusteht.

21        Für die Jahre 2014 und 2015 kann ein entsprechender Rückzahlungsanspruch mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung hingegen nicht bejaht werden. Denn wie die Revision zu Recht geltend macht, war die Beklagte vorliegend gemäß § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV in der bis zum 4. Oktober 2021 geltenden Fassung berechtigt, die unwirksame Preisanpassungsklausel aus § 7 Abs. 2 des Mustervertrags einseitig mit Wirkung ab dem 1. Mai 2014 durch eine geänderte, den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV entsprechende Preisgleitklausel zu ersetzen. Ob die von ihr ab diesem Zeitpunkt verwendete neue Preisänderungsklausel den Vorgaben des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV genügt und somit wirksam als Grundlage für die von der Beklagten erstellten Jahresabrechnungen für 2014 (ab Mai) und 2015 herangezogen werden konnte, lässt sich allerdings erst nach weiteren Feststellungen beurteilen. Dabei ist die vom Berufungsgericht für das Jahr 2014 ausgesprochene Verurteilung zur Rückzahlung überzahlter Entgelte insgesamt aufzuheben, auch wenn die neu eingeführte Preisänderungsklausel erst ab Mai 2014 greifen könnte. Denn die Beklagte hat für das Jahr 2014 eine einheitliche Jahresabrechnung erstellt.

22        1. Rechtsfehlerfrei und von der Revision unangegriffen hat das Berufungsgericht angenommen, dass mit der Entnahme von Fernwärme aus dem Verteilernetz der Rechtsvorgängerin der Beklagten durch die Klägerin ab dem Jahr 2001 konkludent ein Versorgungsvertrag über die Belieferung mit Fernwärme zu den für gleichartige Versorgungsverhältnisse geltenden Preisen gemäß § 2 Abs. 2 AVBFernwärmeV zustande gekommen ist (vgl. Senatsurteile vom 19. Juli 2017 - VIII ZR 268/15, NJW-RR 2017, 1200 Rn. 16 mwN; vom 15. Februar 2006 - VIII ZR 138/05, NJW 2006, 1667 Rn. 14 ff.; vom 18. Dezember 2019 - VIII ZR 209/18, NJW 2020, 1205 Rn. 17), in welchen die Beklagte als Rechtsnachfolgerin auf Versorgerseite eingetreten ist. Die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende Preis- und Preisänderungsklausel in § 7 des Mustervertrags ist damit Bestandteil des vorliegend zu beurteilenden Vertragsverhältnisses geworden.

23        2. Dabei hat das Berufungsgericht zutreffend gesehen, dass der Wärmeversorgungsvertrag der Parteien und damit auch die von der Klägerin beanstandete Preisänderungsklausel (in ihrer ursprünglichen und ihrer geänderten Fassung) dem Anwendungsbereich der AVBFernwärmeV unterfallen. Gemäß § 1 Abs. 1 AVBFernwärmeV werden die §§ 2 bis 34 AVBFernwärmeV in der jeweils gültigen Fassung Bestandteil des Versorgungsvertrags, soweit - wie hier - ein Fernwärmeversorgungsunternehmen für den Anschluss an die Fernwärmeversorgung und die Versorgung mit Fernwärme Vertragsmuster oder Vertragsbedingungen verwendet, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind (Allgemeine Versorgungsbedingungen; vgl. auch Senatsurteile vom 25. Juni 2014 - VIII ZR 344/13, BGHZ 201, 363 Rn. 17 f.; vom 24. September 2014 - VIII ZR 350/13, NJW 2014, 3639 Rn. 12; vom 19. Juli 2017 - VIII ZR 268/15, aaO Rn. 17 f.). Dementsprechend sind die von der Beklagten verwendeten Preisänderungsklauseln und die im streitgegenständlichen Zeitraum von 2011 bis 2015 auf ihrer Grundlage vorgenommenen Preisanpassungen an den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV in der vom 12. November 2010 bis zum 4. Oktober 2021 gültigen Fassung zu messen.

24        3. Zutreffend hat das Berufungsgericht außerdem angenommen, dass die Beklagte im Zeitraum von Januar 2011 bis April 2014 von ihr vorgenommene Erhöhungen des der Klägerin in Rechnung gestellten Arbeitspreises auf eine nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV unwirksame Preisanpassungsklausel gestützt hat und der Klägerin deshalb für die abgerechneten Jahre 2011 bis 2013 ein Rückerstattungsanspruch zusteht, soweit die von ihr geleisteten Entgelte den der Jahresabrechnung für 2009 zuletzt zugrunde gelegten Arbeitspreis überschritten haben.

25        a) Die ursprüngliche Preisanpassungsklausel für den Arbeitspreis in § 7 Abs. 2 des Fernwärmelieferungsvertrags ist gemäß § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 134 BGB nichtig. Sie verstößt - wie das Berufungsgericht im Ergebnis ebenfalls zutreffend angenommen hat - gegen das in der vorgenannten Norm verankerte Gebot der Kostenorientierung, da der gewählte Preisänderungsparameter die tatsächlichen Brennstoffbezugskosten der Beklagten nicht ausreichend abbildet. Zur näheren Begründung wird diesbezüglich auf das dieselbe Preisanpassungsklausel der Beklagten betreffende Senatsurteil vom 18. Dezember 2019 (VIII ZR 209/18, NJW 2020, 1205 Rn. 19 ff.; bestätigt durch Senatsurteile vom 10. März 2021 - VIII ZR 200/18, NJW-RR 2021, 626 Rn. 22; vom 24. März 2021 - VIII ZR 202/18, VIII ZR 207/18, jeweils juris Rn. 20, und VIII ZR 205/18, RdE 2021, 310 Rn. 21) Bezug genommen.

26        b) Rechtsfehlerfrei ist diesbezüglich weiterhin die Annahme des Berufungsgerichts, dass sich der Rückerstattungsanspruch der Klägerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nach dem mit der am 25. Februar 2010 zugegangenen Jahresabrechnung für das Jahr 2009 zuletzt geltend gemachten Arbeitspreis von 56,19 €/MWh netto (66,87 €/MWh brutto) bemisst. Allen nachfolgenden Preiserhöhungen hat die Klägerin binnen drei Jahren ab Zugang der jeweiligen Jahresrechnung, in der die jeweilige Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, widersprochen und war damit nach der vom Senat in diesem Zusammenhang entwickelten ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 157, 133 BGB) auch nicht daran gehindert, insoweit die Unwirksamkeit der Preisänderungsklausel geltend zu machen (siehe hierzu Senatsurteile vom 24. September 2014 - VIII ZR 350/13, NJW 2014, 3639 Rn. 16; vom 18. Dezember 2019 - VIII ZR 209/18, aaO Rn. 40 ff. mwN).

27        c) Entgegen der Auffassung der Revision ist die nichtige Preisanpassungsklausel insoweit auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 157, 133 BGB) durch eine die Weitergabe von Bezugskostensteigerungen erlaubende Klausel zu "ersetzen". Soweit die Revision diesbezüglich auf die Senatsrechtsprechung zur ergänzenden Vertragsauslegung im Bereich der Gasgrundversorgung (siehe grundlegend Senatsurteile vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, BGHZ 207, 209 Rn. 66 ff., und VIII ZR 13/12, juris Rn. 68 ff.) verweist, verkennt sie nicht nur die grundlegenden Unterschiede und Interessenlagen gegenüber der Fernwärmeversorgung (vgl. Senatsurteil vom 18. Dezember 2019 - VIII ZR 209/18, NJW 2020, 1205 Rn. 42), sondern insbesondere, dass eine solche Bezugskostenweitergabe von vornherein nicht mit den nach § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV an vertragliche Preisänderungsklauseln zu stellenden Anforderungen vereinbar wäre, wonach gerade nicht allein auf die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme (Kostenelement) abgestellt werden darf, sondern außerdem vielmehr zwingend die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt (Marktelement) angemessen zu berücksichtigen sind (vgl. grundlegend etwa Senatsurteile vom 6. April 2011 - VIII ZR 273/09, BGHZ 189, 131 Rn. 33; vom 25. Juni 2014 - VIII ZR 344/13, BGHZ 201, 363 Rn. 19 f.).

28        d) Schließlich greift auch die von der Beklagten gegen die die Abrechnungsjahre 2011 bis 2013 betreffenden Rückzahlungsansprüche der Klägerin erhobene Einrede der Verjährung (§ 214 BGB) nicht durch. Insofern begegnet es keinen revisionsrechtlichen Bedenken und wird von der Revision auch nicht angegriffen, dass das Berufungsgericht die von der Beklagten mit Schreiben vom 8. Oktober 2015 gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin für das Abrechnungsjahr 2011 betreffende Ansprüche abgegebene Verjährungsverzichtserklärung bis zum 31. Dezember 2016 dahingehend ausgelegt hat, dass hiervon auch die Ansprüche der - in der in Bezug genommenen Liste namentlich aufgeführten - Klägerin betroffen sein sollten. Da die Rückforderungsansprüche - entgegen der von der Beklagten geäußerten Auffassung - im Übrigen nicht bereits mit der Leistung der einzelnen Abschlagszahlungen, sondern erst mit Erteilung der jeweiligen (Jahres-)Abrechnung entstanden sind (vgl. hierzu bereits Senatsurteil vom 10. März 2021 - VIII ZR 200/18, NJW-RR 2021, 626 Rn. 37 mwN), ist die Verjährung (§ 195 BGB) der Rückzahlungsansprüche durch die am 29. Dezember 2016 zugestellte Klage jeweils rechtzeitig gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

29        4. Rechtsfehlerhaft - jedenfalls auf Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen - ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe auch einen Anspruch auf (teilweise) Rückerstattung der für die Jahre 2014 und 2015 erbrachten Lieferentgelte, weil die den betreffenden Jahresabrechnungen insoweit (ab Mai 2014) zugrunde gelegte - geänderte - Preisanpassungsklausel nicht wirksam Vertragsbestandteil geworden sei. Vielmehr war die Beklagte nach § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV berechtigt, die von ihr bis einschließlich April 2014 verwendete unwirksame Klausel (§ 7 Abs. 2 des Mustervertrags) auch während des laufenden Versorgungsverhältnisses mit Wirkung für die Zukunft an die Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV anzupassen, um auf dieser Grundlage fortan den von der Klägerin geschuldeten Wärmepreis zu berechnen. Ob die von der Beklagten geänderte Preisgleitklausel ihrerseits den Wirksamkeitsanforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV genügt, wird sich allerdings erst nach weiteren Feststellungen beurteilen lassen, welche das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt indes folgerichtig - bislang noch nicht getroffen hat.

30        a) Ein Fernwärmeversorgungsunternehmen ist gemäß § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV berechtigt, eine von ihm verwendete Preisänderungsklausel auch während eines laufenden Versorgungsverhältnisses mit Wirkung für die Zukunft einseitig anzupassen, wenn und soweit dies erforderlich ist, damit diese Klausel nunmehr oder weiterhin den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV entspricht. Eine solche Befugnis und - soweit das Kundeninteresse dies erfordert - sogar Verpflichtung des Fernwärmeversorgers zur Anpassung unwirksamer Preisgleitklauseln verwirklicht die vom Verordnungsgeber angesichts der Besonderheiten der Fernwärmeversorgung (monopolartige Versorgungsstruktur, hohe Kostenintensität insbesondere bezüglich der Errichtung der Anlage und des Verteilungsnetzes, Langfristigkeit der Versorgungsverhältnisse, Abhängigkeit von der Entwicklung der Bezugs-/Herstellungskosten und des Wärmemarktes) in der AVBFernwärmeV entwickelte Regelungskonzeption und ermöglicht einen angemessenen Ausgleich der Interessen von Versorgungsunternehmen und Wärmekunden während der gesamten, naturgemäß auf längere Zeit angelegten Dauer des Versorgungsvertrags.

31        aa) Im Ausgangspunkt ist das Berufungsgericht allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass sich im Anwendungsbereich der AVBFernwärmeV notwendige Preisanpassungen in laufenden Versorgungsverhältnissen ausschließlich über - bereits mit Vertragsabschluss vereinbarte - Preisänderungsklauseln nach Maßgabe von § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV vollziehen und das Versorgungsunternehmen daneben nicht außerdem nach § 4 Abs. 1 und 2 AVBFernwärmeV befugt ist, die Preise einseitig nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) zu ändern (so aber etwa Dibbern/Wollschläger, CuR 2011, 148, 151; Hack, Energie-Contracting, 3. Aufl., B Rn. 73; siehe zudem weitere Nachweise bei Hempel/Franke/Fricke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Stand: Mai 2014, § 4 AVBFernwärmeV Rn. 12).

32        (1) Ein entsprechendes einseitiges Preisänderungsrecht der Versorgungsunternehmen hat der Senat allerdings - worauf die Revision im Grundsatz zutreffend hingewiesen hat - den zeitgleich mit der AVBFernwärmeV am 1. April 1980 in Kraft getretenen Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden vom 21. Juni 1979 (BGBl. I S. 676 - AVBGasV), für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden vom 21. Juni 1979 (BGBl. I S. 684 - AVBEltV) und für die Versorgung mit Wasser vom 20. Juni 1980 (BGBl. I S. 750 - AVBWasserV) entnommen.

    (a) Im Bereich der Gasgrundversorgung ergab sich das entsprechende Preisbestimmungsrecht des Versorgers aus den - mit Ablauf des 7. November 2006 außer Kraft getretenen - Regelungen in § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV (siehe nunmehr § 5 GasGVV). Danach stellte das Gasversorgungsunternehmen "zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen" Gas zur Verfügung und wurden Änderungen dieser allgemeinen Tarife und Bedingungen erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam. In der Begründung zu § 4 AVBGasV heißt es (BR-Drucks. 77/79, S. 38):

    "Nach Absatz 1 sind die GVU [Gasversorgungsunternehmen] verpflichtet, die Kunden zu den 'jeweiligen' allgemeinen Tarifen und Bedingungen, wozu auch diejenigen Regelungen gehören, die sie in Ausfüllung der vorliegenden Verordnung vorsehen, zu versorgen. Auf diese Weise wird sichergestellt, daß sich z.B. Tarifänderungen ohne entsprechende Kündigungen der laufenden Verträge nach öffentlicher Bekanntgabe (Absatz 2) vollziehen können. Dies trägt dem Umstand Rechnung, daß es sich um Massenschuldverhältnisse mit langfristiger Vertragsbindung handelt. Die GVU müssen die Möglichkeit haben, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit in den Preisen an die Kunden weiterzugeben. Entsprechende Vertragskündigungen, verbunden mit dem Neuabschluß von Verträgen, würden hier vor allem zu praktischen Schwierigkeiten führen […]."

33        Daraus hat der Senat in ständiger Rechtsprechung hergeleitet, dass § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV den Gasversorgungsunternehmen im Bereich der Versorgung von Tarifkunden ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gewährte, dessen Ausübung der Kunde nach § 315 BGB auf seine Billigkeit überprüfen lassen konnte (siehe etwa Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, BGHZ 182, 41 Rn. 20; vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, BGHZ 207, 209 Rn. 22 f.).

34        Erst im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 23. Oktober 2014 (C-359/11 und C-400/11, NJW 2015, 849 - Schulz und Egbringhoff) konnte hieraus für die Zeit ab dem 1. Juli 2004 - dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Gas-Richtlinie - ein gesetzliches Preisanpassungsrecht des Energieversorgers nicht (mehr) entnommen werden, weil eine solche Auslegung von § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV nicht mit den in Art. 3 Abs. 3 Satz 4 bis 6 in Verbindung mit Anhang A der genannten Richtlinie aufgestellten Transparenzanforderungen vereinbar gewesen wäre (siehe hierzu grundlegend Senatsurteile vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, aaO Rn. 33, und VIII ZR 13/12, juris Rn. 35; vgl. außerdem Senatsurteil vom 29. Januar 2020 - VIII ZR 80/18, BGHZ 224, 302 Rn. 16 mwN).

35        (b) Auch im Bereich der Stromgrundversorgung stand dem Versorger nach der - ebenfalls mit Ablauf des 7. November 2006 außer Kraft getretenen - Parallelvorschrift in § 4 Abs. 1 und 2 AVBEltV (siehe nunmehr § 5 StromGVV) und der insoweit entsprechenden Begründung des Verordnungsgebers (BR-Drucks. 76/79, S. 38) bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist der Strom-Richtlinie ein solches einseitiges Preisbestimmungsrecht in den Grenzen des § 315 BGB zu (siehe Senatsurteile vom 6. April 2016 - VIII ZR 211/10, NJW 2016, 3593 Rn. 18; vom 28. März 2007 - VIII ZR 144/06, BGHZ 171, 374 Rn. 16).

36        (c) Für die öffentliche Versorgung mit Wasser bestimmt die Regelung in § 4 Abs. 1 und 2 AVBWasserV, dass der Versorger "zu den jeweiligen allgemeinen Versorgungsbedingungen einschließlich der dazugehörenden Preise" Wasser zur Verfügung stellt und dass Änderungen der allgemeinen Versorgungsbedingungen ebenfalls erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden. Daneben ist in § 24 Abs. 3 AVBWasserV allerdings auch die Möglichkeit der Verwendung von Preisänderungsklauseln vorgesehen, die "kostennah" auszugestalten sind und die Änderung der Preise nur von solchen Berechnungsfaktoren abhängig machen dürfen, die der Beschaffung und der Bereitstellung des Wassers zuzurechnen sind. In der Verordnungsbegründung ist hierzu ausgeführt (BR-Drucks. 196/80, S. 37):

    "Nach Absatz 1 sind Wasserversorgungsunternehmen verpflichtet, die Kunden zu den jeweiligen allgemeinen Bedingungen, wozu auch diejenigen Regelungen gehören, die sie in Ausfüllung der vorliegenden Verordnung vorsehen, zu versorgen. Dabei ist klargestellt, daß dem Versorgungsverhältnis auch die jeweiligen Preise zugrunde liegen.

    Wenden die Versorgungsunternehmen allerdings Preisgleitklauseln an, so kommt Absatz 1 in bezug auf die konkrete Preisänderung keine selbständige Bedeutung zu, da es ohnehin dem Sinn und Zweck solcher Klauseln entspricht, in das Vertragsverhältnis den jeweiligen Preis einzuführen.

    Insgesamt stellen Absatz 1 und 2 sicher, daß sich Änderungen der Versorgungsbedingungen, soweit die Verordnung diese zuläßt (z.B. technische Anschlussbedingungen), und grundsätzlich auch Preisänderungen ohne entsprechende Kündigung der laufenden Verträge nach öffentlicher Bekanntgabe vollziehen können."

37        Auch insoweit geht der Senat deshalb in ständiger Rechtsprechung von einem - im Rahmen der Billigkeit nach § 315 BGB auszuübenden - einseitigen Recht des Wasserversorgers zur Änderung der Tarifstruktur aus (vgl. Senatsurteile vom 8. Juli 2015 - VIII ZR 106/14, NJW 2015, 3564 Rn. 22 f.; vom 17. Mai 2017 - VIII ZR 245/15, NJW 2018, 46 Rn. 16; jeweils mwN). Alternativ besteht die Möglichkeit, bei Vertragsabschluss eine Preisänderungsklausel nach Maßgabe des § 24 Abs. 3 AVBWasserV zu vereinbaren (zur mangelnden praktischen Relevanz von Preisänderungsklauseln in diesem Bereich vgl. allerdings Rajczak, Wasserpreise auf dem Prüfstand des Zivilrechts, 2014, S. 75; Dibbern/Wollschläger, CuR 2011, 148, 149; jeweils mwN).

38        (2) Im Unterschied dazu hat der Verordnungsgeber - aufgrund der im Bereich der Fernwärmeversorgung bestehenden Besonderheiten (monopolartige Versorgungsstruktur, kostenintensive Installation der Anlage und des Leitungsnetzes, Langfristigkeit der Lieferverhältnisse, Abhängigkeit von der Entwicklung der Bezugs-/Herstellungskosten und des Wärmemarktes) - in § 4 Abs. 1 und 2 AVBFernwärmeV ein einseitiges Preisbestimmungsrecht des Versorgers jedoch gerade nicht vorgesehen, sondern misst vielmehr allein Preisänderungsklauseln im Sinne von § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV die Funktion zu, erforderliche Preisanpassungen zu ermöglichen.

39        (a) Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 und 2 AVBFernwärmeV, wonach das Fernwärmeversorgungsunternehmen den betreffenden Wärmeträger zwar "zu den jeweiligen allgemeinen Versorgungsbedingungen" zur Verfügung stellt und Änderungen dieser allgemeinen Versorgungsbedingungen erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden. Im Unterschied zu § 4 Abs. 1 und 2 Satz 2 AVBWasserV, § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV sowie § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AVBEltV werden hier jedoch "Preise" oder "Tarife" gerade nicht genannt.

40        (b) Dementsprechend stellt auch die Begründung zu § 4 AVBFernwärmeV klar, dass die Änderungsbefugnisse des Fernwärmeversorgers eine unmittelbare Anpassung der Preise nach dem Willen des Verordnungsgebers gerade nicht umfassen, sondern sich erforderliche Preisanpassungen während des laufenden Versorgungsverhältnisses vielmehr über vertraglich vereinbarte Preisgleitklauseln vollziehen (BR-Drucks. 90/80, S. 37 f.). Dort heißt es:

    "Nach Absatz 1 sind die Fernwärmeversorgungsunternehmen verpflichtet, die Kunden zu den jeweiligen allgemeinen Bedingungen, wozu auch diejenigen Regelungen gehören, die sie in Ausfüllung der vorliegenden Verordnung vorsehen, zu versorgen. Auf diese Weise wird sichergestellt, daß sich Änderungen der Versorgungsbedingungen, soweit die Verordnung diese zuläßt (z.B. technische Anschlussbedingungen), ohne entsprechende Kündigungen der laufenden Verträge nach öffentlicher Bekanntgabe (Absatz 2) vollziehen können.

    Preisanpassungen können sich über Preisgleitklauseln vollziehen (§ 24 Abs. 3)."

41        Diese ausdrücklich hervorgehobene Maßgeblichkeit der Sonderbestimmung des § 24 Abs. 3 (alte Fassung; nunmehr § 24 Abs. 4) AVBFernwärmeV - die in den Regelungswerken der AVBGasV und der AVBEltV keine Entsprechung findet - zeigt, dass nach dem Willen des Verordnungsgebers Preisanpassungen im Bereich der Fernwärmeversorgung gerade nicht mittels einseitiger Änderungen durch den Versorger vollzogen werden sollen, sondern den Versorgungsunternehmen vielmehr allein die Möglichkeit der Verwendung von Preisgleitklauseln eröffnet ist, um angemessene Preisanpassungen während laufender Versorgungsverhältnisse anhand vorab festgelegter Berechnungsfaktoren vornehmen zu können. Zugleich unterscheidet sich die Regelungskonzeption der AVBFernwärmeV auch von derjenigen im Bereich der öffentlichen Wasserversorgung, für den - wie aufgezeigt - der Verordnungsgeber den Versorgern ausdrücklich ein Wahlrecht zwischen der Verwendung von Preisänderungsklauseln (§ 24 Abs. 3 AVBWasserV) und einseitigem Preisbestimmungsrecht (§ 4 Abs. 1 und 2 AVBWasserV) einräumen wollte.

42        (c) Insbesondere würde es - wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt richtig erkannt hat - Sinn und Zweck der in § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV mit konkreten Anforderungen ausgestalteten Sonderregelung zuwiderlaufen, wenn den Fernwärmeversorgungsunternehmen zusätzlich nach § 4 Abs. 1 und 2 AVBFernwärmeV ein einseitiges Preisbestimmungsrecht nach billigem Ermessen zustünde (§ 315 BGB).

43        Der Verordnungsgeber hielt es angesichts der Langfristigkeit der Versorgungsverträge im Fernwärmebereich für erforderlich, dass sich notwendige Preisanpassungen im Rahmen von Preisanpassungsklauseln und dadurch ohne Kündigung der Vertragsverhältnisse vollziehen können (BR-Drucks. 90/80, S. 56). Solche automatisch wirkenden Preisgleitklauseln sollen dazu dienen, dem Lieferanten das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und umgekehrt den Kunden davor zu bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsabschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (vgl. Lange, Änderung von Preisänderungsklauseln, 2021, S. 23).

44        Zu diesem Zweck müssen Preisanpassungsklauseln in Fernwärmelieferungsverträgen nach § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV so ausgestaltet sein, dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei der Erzeugung und Bereitstellung von Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen. Hierdurch soll zum einen eine kostenorientierte Preisbemessung gewährleistet werden, zum anderen aber auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich die Gestaltung der Fernwärmepreise "nicht losgelöst von den Preisverhältnissen am Wärmemarkt vollziehen kann" (BR-Drucks. 90/80, S. 56). Mit diesen Vorgaben wollte der Verordnungsgeber den wirtschaftlichen Bedürfnissen in der Fernwärmeversorgung Rechnung tragen und zugleich die Interessen von Versorgungsunternehmen und Wärmekunden in einen angemessenen Ausgleich bringen (vgl. Senatsurteile vom 6. April 2011 - VIII ZR 273/09, BGHZ 189, 131 Rn. 33; vom 25. Juni 2014 - VIII ZR 344/13, BGHZ 201, 363 Rn. 19 ff.).

45        Diese an einem angemessenen Interessenausgleich über die gesamte Vertragsdauer hinweg orientierte Ausgestaltung des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV würde aber obsolet, wenn dem Versorgungsunternehmen zugleich ein nur durch § 315 BGB begrenztes einseitiges Preisänderungsrecht zustünde. Auch hieraus folgt mithin, dass sich Preisanpassungen während eines laufenden Fernwärmeversorgungsverhältnisses ausschließlich über Preisgleitklauseln nach Maßgabe des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV vollziehen dürfen.

46        bb) Allerdings sind Fernwärmeversorgungsunternehmen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nach § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV berechtigt, eine im Versorgungsvertrag enthaltene Preisanpassungsklausel einseitig mit Wirkung für die Zukunft auch während des laufenden Versorgungsverhältnisses zu ändern, soweit dies erforderlich ist, damit diese nunmehr oder weiterhin den Anforderungen nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV entspricht. Denn nur so kann das vom Verordnungsgeber verfolgte Regelungsziel, eine kosten- und marktorientierte Preisbemessung unter Verhinderung unangemessener Preisgestaltungsspielräume der Versorgungsunternehmen zu sichern und über das so zu wahrende Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung während der gesamten Dauer des Versorgungsvertrags die Interessen von Versorgungsunternehmen und Wärmekunden angemessen auszugleichen (vgl. Senatsurteil vom 25. Juni 2014 - VIII ZR 344/13, BGHZ 201, 363 Rn. 35 ff.), vollständig erreicht werden (vgl. im Ergebnis und mit unterschiedlichen Begründungsansätzen auch OLG Düsseldorf, CuR 2018, 108, 111; LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 22. Mai 2013 - 3 O 4143/12, juris Rn. 21; LG Würzburg, Urteil vom 29. Januar 2019 - 3 S 1994/17, juris Rn. 41 ff.; Thomale, RdE 2019, 365, 373; Recknagel, N&R 2020, 130, 134 f.; Topp, IR 2020, 209, 211; Fricke, N&R 2019, 183, 184; Schardt/Hakuba, IR 2020, 92, 93; Witzel/Topp/Witzel, Allgemeine Versorgungsbedingungen für Fernwärme, 2. Aufl. S. 78 f.; Lange, Änderung von Preisänderungsklauseln, 2021, S. 59 f., 66 f.; Hempel/Franke/Fricke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Stand: Mai 2014, § 24 AVBFernwärmeV Rn. 161 ff.; Wollschläger, EnWZ 2020, 57, 59 f.; anders hingegen OLG Frankfurt am Main, Urteile vom 21. März 2019 - 6 U 190/17, WRP 2019, 912 Rn. 16 ff., und 6 U 191/17, juris Rn. 21 ff. [jeweils aufgehoben durch BGH, Urteile vom 23. April 2020 - I ZR 86/19, CuR 2020, 134, und I ZR 85/19, NJW-RR 2020, 929]; LG Darmstadt, CuR 2017, 161, 162; LG Hamburg, Urteil vom 29. November 2019 - 312 O 577/15, juris Rn. 268 ff.; Todorovic, EWeRK 2019, 207, 210).

47        (1) Aufgrund von § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV sind Fernwärmeversorgungsunternehmen auch während eines laufenden Versorgungsverhältnisses zur Änderung der von ihnen verwendeten allgemeinen Versorgungsbedingungen berechtigt, sofern diese Änderung erforderlich ist, um zukünftig den Vorgaben der AVBFernwärmeV - bei Preisanpassungsklauseln also jene aus § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV - zu genügen.

48        (a) Nach § 4 Abs. 1 AVBFernwärmeV stellt das Fernwärmeversorgungsunternehmen zu den "jeweiligen" allgemeinen Versorgungsbedingungen Dampf, Kondensat oder Heizwasser als Wärmeträger zur Verfügung. Auf diese Weise wird nach dem ausdrücklichen Willen des Verordnungsgebers sichergestellt, dass sich Änderungen der Versorgungsbedingungen, soweit die Verordnung diese zulässt, ohne entsprechende Kündigungen der laufenden Verträge vollziehen können (BR-Drucks. 90/80, S. 38). Als zusätzliche (formelle) Voraussetzung bestimmt § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV, dass solche Änderungen der allgemeinen Versorgungsbedingungen erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden.

49        Allgemeine Versorgungsbedingungen sind dabei diejenigen Vertragsmuster oder Vertragsbedingungen, die Fernwärmeversorgungsunternehmen für den Anschluss an die Fernwärmeversorgung und für die Versorgung mit Fernwärme verwenden und die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AVBFernwärmeV). Hierzu gehören auch diejenigen Regelungen, die der Versorger in Ausfüllung der AVBFernwärmeV vorsieht (BR-Drucks. 90/80, S. 37 f.), also insbesondere auch von ihm verwendete Preisänderungsklauseln nach Maßgabe von § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV. Auch die Verordnung spricht dementsprechend im Regelungszusammenhang des § 1 Abs. 4 und des § 2 Abs. 3 AVBFernwärmeV von "allgemeinen Versorgungsbedingungen […] einschließlich der dazugehörigen Preisregelungen und Preislisten" (siehe nunmehr überdies den ab 5. Oktober 2021 gültigen § 1a Abs. 1 AVBFernwärmeV: "allgemeine[n] Versorgungsbedingungen, einschließlich der dazugehörigen Preisregelungen, Preisanpassungsklauseln und Preiskomponenten").

50        (b) Allerdings räumt § 4 Abs. 1 und 2 AVBFernwärmeV - wie bereits aufgezeigt - den Versorgungsunternehmen bezüglich der allgemeinen Versorgungsbedingungen und somit auch bezüglich der von ihnen verwendeten Preisanpassungsregelungen kein unbegrenztes einseitiges Änderungsrecht ein.

51        Denn der Verordnungsgeber der AVBFernwärmeV hat aus der "monopolartigen Stellung" der Fernwärmeversorgungsunternehmen und der dadurch bedingten Abhängigkeit der Verbraucher, aber auch aus den wirtschaftlich-technischen Eigenheiten der leitungsgebundenen Energieversorgung von vornherein "spezifische Regelungsbedürfnisse" sowie ein besonderes öffentliches Interesse an einer möglichst kostengünstigen und zu weitgehend gleichen Bedingungen erfolgenden Versorgung abgeleitet (siehe BR-Drucks. 90/80, S. 32). Vor diesem Hintergrund hat ein Kunde grundsätzlich einen Anspruch gegen das Fernwärmeversorgungsunternehmen, zu den in der Verordnung enthaltenen Bedingungen versorgt zu werden (vgl. § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV), und lässt die Verordnung nur in einzelnen Bereichen eng begrenzte Spielräume zu, welche die Fernwärmeversorger überhaupt durch eigene Bestimmungen ausfüllen können (BR-Drucks. 90/80, S. 35).

52        Dementsprechend gestattet auch § 4 Abs. 1 AVBFernwärmeV nach dem ausdrücklichen Willen des Verordnungsgebers Änderungen der allgemeinen Versorgungsbedingungen nur, "soweit die Verordnung diese zulässt" (BR-Drucks. 90/80, S. 38). Insofern wird zwar keine ausdrückliche Ermächtigung zu spezifischen Änderungen erforderlich sein, welche die Verordnung lediglich vereinzelt - etwa in § 4 Abs. 3 Satz 5 (Änderung der technischen Werte) oder in § 18 Abs. 1 Satz 5 AVBFernwärmeV (Änderung des Verfahrens zur Wärmemessung, ab dem 5. Oktober 2021 nunmehr § 18 Abs. 1 Satz 4) - vorsieht. Jedoch sind Änderungen allgemeiner Versorgungsbedingungen nach dem Regelungszweck der AVBFernwärmeV nur dann möglich, wenn nach den Vorschriften dieser Verordnung dem Versorgungsunternehmen in diesem Bereich überhaupt ein entsprechender Gestaltungsspielraum zukommt und die betreffende Änderung auch im Übrigen mit den diesbezüglichen Vorgaben der Verordnung zu vereinbaren ist (ähnlich Thomale, RdE 2019, 365, 369; Lange, Änderung von Preisänderungsklauseln, 2021, S. 46).

53        (c) Bei der Verwendung von Preisanpassungsklauseln kommt den Versorgern ein eigener Gestaltungsspielraum im vorgenannten Sinne zu, denn § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV legt die für eine Preisanpassung maßgeblichen Berechnungsfaktoren nicht selbst fest, sondern überlässt es den Versorgungsunternehmen - unter Einhaltung von Transparenzerfordernissen, Kosten- und Marktorientierung - entsprechende Preisänderungsklauseln zu entwickeln und zu verwenden. Für das Bestehen beziehungsweise die Reichweite einer diesbezüglichen Anpassungsbefugnis nach § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV im laufenden Versorgungsverhältnis ist deshalb entscheidend, ob und inwieweit dies mit den Vorgaben der AVBFernwärmeV und dabei maßgeblich mit den Anforderungen und dem Regelungszweck des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV zu vereinbaren ist.

54        (2) Hiervon ausgehend ist ein Fernwärmeversorgungsunternehmen nach § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV berechtigt und - soweit das Kundeninteresse dies erfordert - auch verpflichtet, eine Preisänderungsklausel auch während eines laufenden Versorgungsverhältnisses einseitig mit Wirkung für die Zukunft anzupassen, wenn und soweit dies erforderlich ist, um sicherzustellen, dass diese nunmehr oder weiterhin den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV entspricht. Denn nur auf diesem Wege kann die mit dieser Vorschrift bezweckte kosten- und marktorientierte Preisbemessung und damit ein angemessener Ausgleich der Interessen von Versorgungsunternehmen und Wärmekunden während der gesamten Dauer des Versorgungsvertrages erreicht werden. Ohne eine entsprechende Änderungsbefugnis wäre der Versorger gezwungen, Preissteigerungen fortwährend selbst zu tragen, auch wenn dies seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und damit den Fortbestand der Fernwärmeversorgung in Frage stellte. Auch könnten eingetretene Kostensenkungen sonst nicht an die Kunden weitergegeben werden.

55        (a) Bei Fernwärmelieferungsverträgen handelt es sich typischerweise um langfristig angelegte Versorgungsverhältnisse, für die § 32 Abs. 1 AVBFernwärmeV die formularmäßige Vereinbarung einer anfänglichen Vertragslaufzeit von bis zu zehn Jahren gestattet, die sich ohne rechtzeitige Kündigung stillschweigend um weitere fünf Jahre verlängert. Hiermit wollte der Verordnungsgeber einerseits der (anfänglichen) Kapitalintensität der Fernwärmeversorgung und dem damit einhergehenden Interesse beider Vertragsparteien an einer möglichst verlässlichen Preiskalkulation Rechnung tragen, andererseits aber auch die Versorgungssicherheit der Wärmekunden sichern, denen ein Wechsel zu einem anderen Energieanbieter regelmäßig nicht kurzfristig und nur unter erschwerten Bedingungen möglich sein wird (vgl. BR-Drucks. 90/80, S. 59, 32; Senatsurteil vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 262/09, NJW-RR 2012, 249 Rn. 16; Lange, Änderung von Preisänderungsklauseln, 2021, S. 21 f.). Im Bereich der Fernwärmeversorgung gibt es - anders als im Bereich der Strom- und Gasversorgung - keinen Grundversorger, der die Belieferung des Kunden übernehmen müsste. Der Kunde wäre im Falle einer Kündigung also - da künftig kein weiterer Fernwärmeversorger zur Verfügung stünde - gezwungen, auf eine andere Energieart auszuweichen.

56        Vor diesem Hintergrund ist es aufgrund der Langfristigkeit der Fernwärmeversorgungsverträge sowohl aus Sicht des Versorgers als auch des Kunden erforderlich, dass sich notwendige Preisanpassungen während des laufenden Versorgungsverhältnisses stets im Rahmen von Preisänderungsklauseln, das heißt ohne Kündigung der Vertragsverhältnisse, vollziehen können (BR-Drucks. 90/80, S. 56). Dementsprechend sind die Vorgaben des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV darauf angelegt, eine kosten- und marktorientierte Preisbemessung unter Verhinderung unangemessener Preisgestaltungsspielräume der Versorgungsunternehmen zu sichern und über das so zu wahrende Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung während der gesamten Dauer des Versorgungsvertrages die Interessen von Versorgungsunternehmen und Wärmekunden angemessen auszugleichen (vgl. Senatsurteil vom 25. Juni 2014 - VIII ZR 344/13, BGHZ 201, 363 Rn. 35 mwN).

57        (b) Allerdings kann gerade die Langfristigkeit von Fernwärmeversorgungsverträgen zur Folge haben, dass sich im Zuge der Vertragsdurchführung Umstände einstellen, die ihrerseits zu einer Änderung der - im Rahmen der Vereinbarung der Preisänderungsklausel bei Vertragsbeginn zugrunde gelegten - Kosten- und/oder Marktverhältnisse führen und nach denen die geforderte und bis dahin auch gegebene Kosten- und Marktorientierung der ursprünglich verwendeten Preisgleitklausel nicht länger gewahrt ist.

58        Dabei kommen insbesondere Veränderungen in Betracht, die oder deren genaues Ausmaß das Versorgungsunternehmen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht ab- oder vorhersehen kann, oder/und die seinem Einfluss gänzlich entzogen sind. So sind sich ändernde Umstände sowohl bei den Kosten der Erzeugung und der Bereitstellung der Fernwärme - etwa durch Änderungen der Art und Weise, wie das Fernwärmeversorgungsunternehmen die Wärme erzeugt oder beschafft (Brennstoff, Bezugskosten) - als auch bei den Verhältnissen auf dem Wärmemarkt - womit der allgemeine, das heißt der sich auch auf andere Energieträger erstreckende Wärmemarkt gemeint ist (Senatsurteil vom 13. Juli 2011 - VIII ZR 339/10, NJW 2011, 3222 Rn. 21) - denkbar. Auch die in den Preisänderungsklauseln verwendeten Preisnotierungen - wie vorliegend beispielsweise Indizes des Statistischen Bundesamts - werden bisweilen inhaltlich verändert, durch andere ersetzt oder fallen vollständig weg (vgl. Fricke, N&R 2019, 183; EnWZ 2016, 498, 500).

59        Wie der Senat bereits entschieden hat, erfordert der an einem Interessenausgleich über die gesamte Vertragsdauer hinweg orientierte Zweck des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV zwar nicht, einer Preisanpassungsklausel schon deshalb von Anfang an die Wirksamkeit gemäß § 134 BGB zu versagen, weil sich zu einem späteren Zeitpunkt im Zuge der Vertragsdurchführung Umstände einstellen (können), die zu einer Änderung der Kosten- und/oder Marktverhältnisse führen und nach denen die geforderte und bis dahin auch gegebene Kosten- und Marktorientierung der vom Wärmeversorger verlangten Preise nicht mehr gewahrt ist (siehe Senatsurteil vom 25. Juni 2014 - VIII ZR 344/13, BGHZ 201, 363 Rn. 32, 36 [zu § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF]).

60        Ab dem Eintritt solch veränderter Umstände entfaltet eine solche Preisänderungsklausel jedoch gemäß § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 134 BGB ex nunc keine Wirkung mehr und der geschuldete Wärmepreis bleibt deshalb für die restliche Vertragslaufzeit bei dem zuletzt verordnungskonform gebildeten Preis stehen (vgl. Senatsurteil vom 25. Juni 2014 - VIII ZR 344/13, aaO Rn. 32 ff., 44). Ab diesem Zeitpunkt würde der an einem angemessenen Interessenausgleich über die gesamte Vertragsdauer hinweg orientierte Zweck der Vorschrift des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV nicht mehr erreicht, wenn man dem Energieversorger keine “Heilungsmöglichkeit“ einräumte.

61        (c) Davon ausgehend ist es mit den Vorgaben und dem Regelungsziel von § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV nicht nur vereinbar, sondern unter deren Berücksichtigung vielmehr erforderlich, dass ein Fernwärmeversorgungsunternehmen nach § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV befugt und - soweit das Kundeninteresse dies erfordert - sogar verpflichtet ist, Preisänderungsklauseln auch während laufender Versorgungsverhältnisse anzupassen, um bei Veränderungen der der Klausel zugrunde liegenden Kosten- oder Marktverhältnisse weiterhin einen angemessenen Wärmepreis vom Kunden zu verlangen.

62        Allein hierdurch kann das vom Verordnungsgeber angestrebte Ziel des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV, eine kosten- und marktorientierte Preisbemessung unter Verhinderung unangemessener Preisgestaltungsspielräume der Versorgungsunternehmen zu sichern und ein entsprechendes Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung während der gesamten Dauer des Versorgungsvertrags unter angemessenem Ausgleich der beiderseitigen Interessen zu wahren, vollständig erreicht werden. Denn - wie aufgezeigt - ist insbesondere aufgrund der Langfristigkeit von Fernwärmeversorgungsverhältnissen regelmäßig bereits bei Vertragsbeginn damit zu rechnen, dass sich im Zuge der Vertragsdurchführung zu irgendeinem Zeitpunkt Veränderungen einstellen werden, aufgrund derer die Preisänderungsklausel in ihrer ursprünglichen Fassung für die restliche Vertragslaufzeit unwirksam wird. Dies berührt die Interessen beider Parteien, da weder im Interesse der Aufrechterhaltung der Energieversorgung notwendige Preissteigerungen noch eingetretene Kostensenkungen an den Kunden weitergegeben werden können.

63        (d) Allerdings führen die Vorgaben des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV dazu, dass eine Anpassung einer vom Fernwärmeversorger verwendeten Preisänderungsklausel nach § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV nicht in seinem Ermessen steht, sondern vielmehr vom Vorliegen mehrerer Voraussetzungen abhängig ist.

64        (aa) So muss zunächst die im Versorgungsverhältnis bislang zugrunde gelegte Preisänderungsklausel nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 134 BGB unwirksam (geworden) sein. Denn eine Anpassung der ursprünglichen Preisänderungsklausel wird - wie ausgeführt - erst dann erforderlich, wenn diese aufgrund geänderter Verhältnisse nicht länger eine kosten- und marktorientierte Preisbemessung im Sinne des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV gewährleistet.

65        Entsprechendes gilt allerdings auch in dem Fall, dass die verwendete Preisänderungsklausel (gegebenenfalls unerkannt) bereits bei Vertragsabschluss nicht den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV genügte. Denn auch hier gebietet es das Regelungsziel des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV, dem Versorgungsunternehmen eine Anpassung nach § 4 Abs. 1 und 2 AVBFernwärmeV zu gestatten, um die Interessen der Vertragsparteien zumindest für die restliche Vertragslaufzeit unter Berücksichtigung der Kosten- und Marktverhältnisse angemessen auszugestalten.

66        Hingegen besteht keine Veranlassung, dem Versorger über die genannten Fälle hinaus die Befugnis zu gewähren, auch eine (weiterhin) wirksame Preisänderungsklausel einseitig durch eine andere Klausel zu ersetzen und damit den von den Parteien vereinbarten Vertragsinhalt zu verändern, ohne dass dies nach den Vorgaben und dem Regelungsziel des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV notwendig wäre.

67        (bb) Weiter muss, wie sich unmittelbar aus § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV ergibt, die angepasste Preisänderungsklausel unter Zugrundlegung der zum Zeitpunkt ihrer Einführung aktuellen Verhältnisse ihrerseits den Anforderungen dieser Vorschrift - namentlich bezüglich Transparenz sowie Kosten- und Marktorientierung - genügen. Zudem wird die Änderung nach § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam.

68        Ihre Geltung entfaltet die geänderte Klausel dabei aufgrund der Zukunftsgerichtetheit des § 4 Abs. 1 AVBFernwärmeV ("zu den jeweiligen allgemeinen Versorgungsbedingungen“) und des § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV ("Kostenentwicklung", siehe auch Senatsurteil vom 25. Juni 2014 - VIII ZR 344/13, BGHZ 201, 363 Rn. 34) erst ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens. Somit kann ein Versorgungsunternehmen eine bereits zuvor nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 134 BGB bestehende Nichtigkeit nicht rückwirkend durch eine nachträgliche Anpassung der Klausel beseitigen.

69        (cc) Für das Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen ist dabei das Fernwärmeversorgungsunternehmen, welches den Wärmepreis anhand der angepassten Preisänderungsklausel berechnen möchte, nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastet. Sind die vorgenannten Voraussetzungen nicht vollständig erfüllt, ist ein Fernwärmeversorgungsunternehmen zur einseitigen Anpassung einer Preisänderungsklausel während eines laufenden Versorgungsverhältnisses nicht berechtigt. In diesem Fall kann eine geänderte Klausel nur gemäß §§ 145 ff. BGB durch aufeinander bezogene korrespondierende Willenserklärungen der Parteien (Angebot und Annahme) Vertragsbestandteil werden und fortan der Berechnung des Wärmepreises zugrunde gelegt werden; auch in diesem Fall muss die geänderte Klausel aber die Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV wahren (siehe hierzu bereits Senatsurteil vom 19. Juli 2017 - VIII ZR 268/15, NJW-RR 2017, 1200 Rn. 57).

70        (3) Soweit das Berufungsgericht demgegenüber ein aus den Vorschriften der AVBFernwärmeV abzuleitendes Recht des Versorgers zur Anpassung unwirksamer Preisänderungsklauseln mit der Begründung ablehnt, dass ein Versorgungsunternehmen, dem die Vorteile einer langfristigen Bindung zugutekämen, nicht daran gehindert sei, "überschaubare Kündigungsfristen" zu vereinbaren, um damit Änderungen der Kostenstruktur hinreichend zu begegnen (unter Bezugnahme auf OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 21. März 2019 - 6 U 191/17, juris Rn. 30 [aufgehoben durch BGH, Urteil vom 23. April 2020 - I ZR 85/19, NJW-RR 2020, 929]), setzt es sich in Widerspruch zum Willen des Verordnungsgebers, der im Hinblick auf die Kapitalintensität der Fernwärmeversorgung sowie im Interesse einer möglichst verlässlichen Berechnungsgrundlage der Preiskalkulation ausdrücklich die Bedeutung langfristiger Versorgungsverträge betont und dementsprechend in § 32 AVBFernwärmeV die Möglichkeit der Vereinbarung einer Erstlaufzeit von bis zu zehn Jahren vorgesehen hat (BR-Drucks. 90/80, S. 59). In diesem Zusammenhang übersieht das Berufungsgericht zudem, dass grundsätzlich auch der Kunde, dem ein Wechsel zu einem anderen Lieferanten oder einer anderen Energieart nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen möglich ist, ein erhebliches Interesse an einer möglichst verlässlichen und kontinuierlichen Fernwärmeversorgung hat und dementsprechend regelmäßig ebenfalls vom Abschluss langfristiger Versorgungsverträge profitieren wird.

71        Entsprechendes gilt, soweit das Berufungsgericht auf die Möglichkeit des Ausspruchs einer "rechtzeitigen Änderungskündigung" durch das Versorgungsunternehmen verweist, um "tiefgreifenden Veränderungen der Kostenstruktur", wie etwa bei Umstellung der Wärmeerzeugungsanlagen auf einen anderen Brennstoff, zu begegnen. Denn der Verordnungsgeber wollte durch die Zulassung der Vereinbarung von Preisgleitklauseln gerade sicherstellen, dass sich notwendige Preisanpassungen ohne Kündigung laufender Vertragsverhältnisse vollziehen können, um zu verhindern, dass der an die vereinbarte Vertragslaufzeit anknüpfenden Preiskalkulation im Nachhinein die Grundlage entzogen wird (vgl. BR-Drucks. 90/80, S. 38, 56, 59).

72        Bei alledem ist schließlich zu bedenken, dass es sich bei der Energieversorgung - auch im Fernwärmebereich - um ein Massengeschäft handelt, bei dem die gleitende Preisentwicklung die erforderliche rationelle Abwicklung sichert, indem sie auf beiden Seiten die Notwendigkeit vermeidet, einen langfristigen Vertrag allein deshalb zu kündigen, um im Rahmen eines neu abzuschließenden Folgevertrags einen neuen Preis aushandeln zu können (vgl. Senatsurteil vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, BGHZ 201, 230 Rn. 36 mwN [zur Inhaltskontrolle einer im unternehmerischen Geschäftsverkehr verwendeten Preisanpassungsklausel in einem Gaslieferungsvertrag]; vgl. auch Wollschläger IR 2021, 175, 178; Thomale, RdE 2019, 365, 367, 369).

73        (4) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts (im Anschluss an OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 21. März 2019 - 6 U 191/17, juris Rn. 22 [aufgehoben durch BGH, Urteil vom 23. April 2020 - I ZR 85/19, NJW-RR 2020, 929]; siehe auch LG Hamburg, Urteil vom 29. November 2019 - 312 O 577/15, juris Rn. 271, 277) ist auch den Ausführungen im Senatsurteil vom 19. Juli 2017 (VIII ZR 268/15, NJW-RR 2017, 1200, dort Rn. 57) nicht zu entnehmen, dass ein Fernwärmeversorgungsunternehmen zu einer einseitigen Änderung einer Preisanpassungsklausel von vornherein nicht befugt sei, sondern solche Klauseln während eines laufenden Versorgungsverhältnisses allein durch übereinstimmende Willenserklärungen der Vertragsparteien geändert werden könnten.

74        In der betreffenden Entscheidung hat der Senat das Berufungsgericht außerhalb der tragenden Entscheidungsgründe für das weitere Verfahren nach Zurückverweisung vielmehr allein darauf hingewiesen, dass der Fernwärmeversorger ausweislich des Akteninhalts offenbar zumindest für einen Teil des streitgegenständlichen Abrechnungszeitraums eine geänderte Preisgleitklausel zugrunde gelegt hatte, zu der bis dahin jedoch keinerlei Feststellungen getroffen worden waren (siehe Senatsurteil vom 19. Juli 2017 - VIII ZR 268/15, aaO). Darüber hinaus hat der Senat - worauf auch die Revision zu Recht hinweist - Ausführungen zum Bestehen einer Befugnis von Fernwärmeversorgungsunternehmen, unwirksame Preisänderungsklauseln auch während eines laufenden Versorgungsverhältnisses nach § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV einseitig anzupassen, weder gemacht noch waren sie veranlasst, da die bis dahin getroffenen Feststellungen nicht einmal eine abschließende Beurteilung zuließen, ob die ursprünglich verwendete Preisgleitklausel - was das dortige Berufungsgericht verneint hatte - nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV (§ 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF) in Verbindung mit § 134 BGB unwirksam war (Senatsurteil vom 19. Juli 2017 - VIII ZR 268/15, aaO Rn. 25 ff.). Dementsprechend hat der Senat lediglich auf die - in jedem Fall bestehende (siehe hierzu bereits unter II 4 a bb (2) (d) (cc)) - Möglichkeit einer einvernehmlichen vertraglichen Änderung nach Maßgabe der §§ 145 ff. BGB hingewiesen (Senatsurteil vom 19. Juli 2017 - VIII ZR 268/15, aaO Rn. 57; vgl. auch Thomale, RdE 2019, 365, 372; Fricke, N&R 2019, 180, 184; Topp, IR 2020, 209, 210; Wollschläger, IR 2021, 175, 178; Schardt/Hakuba, IR 2020, 92, 93; Lange, Änderung von Preisänderungsklauseln, 2021, S. 65 f.; siehe zudem LG Würzburg, Urteil vom 29. Januar 2019 - 3 S 1994/17, juris Rn. 41 ff.).

75        (5) Dem Recht des Fernwärmeversorgungsunternehmens, unwirksame Preisänderungsklauseln einseitig auch während eines laufenden Versorgungsverhältnisses den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV anzupassen, steht ebenfalls nicht entgegen, dass nach dem durch Artikel 2 der Verordnung zur Umsetzung der Vorgaben zu Fernwärme und Fernkälte in der Richtlinie (EU) 2018/2002 sowie in der Richtlinie (EU) 2018/2001 vom 28. September 2021 (BGBl. I, S. 4591) der Vorschrift § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV mit Wirkung vom 5. Oktober 2021 angefügten Satz 4 Änderungen einer Preisänderungsklausel nicht einseitig durch öffentliche Bekanntgabe erfolgen dürfen.

76        Für den streitgegenständlichen Abrechnungszeitraum bis Dezember 2015 ist diese Vorschrift bereits nicht maßgebend, auch wenn es sich nach Auffassung des Verordnungsgebers insoweit lediglich um eine "klarstellende Regelung" handelt (BR-Drucks. 310/21 [Beschluss], S. 20). Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Senats sind auch einer nachträglichen verbindlichen Auslegung eines Gesetzes durch den Gesetzgeber - und ebenso einer Verordnung nach Art. 80 Abs. 1 GG durch den Verordnungsgeber - Grenzen gezogen, weil hierzu letztlich in aller Regel die rechtsprechende Gewalt berufen ist (vgl. nur Senatsurteile vom 4. November 2015 - VIII ZR 244/14, NVwZ-RR 2016, 172 Rn. 26; vom 6. Mai 2015 - VIII ZR 56/14, BGHZ 205, 228 Rn. 21; vom 4. März 2015 - VIII ZR 110/14, WM 2015, 1344 Rn. 41; vom 19. November 2014 - VIII ZR 79/14, NJW 2015, 873 Rn. 37; Senatsbeschluss vom 8. Mai 2018 - VIII ZR 71/17, juris Rn. 10; BVerfGE 126, 369, 392; 135, 1, 15).

77        Überdies ergibt sich aus den Ausführungen in der Verordnungsbegründung nicht nur, dass auch die Anfügung von § 24 Abs. 4 Satz 4 AVBFernwärmeV auf einem Fehlverständnis der mit dem Senatsurteil vom 19. Juli 2017 getroffenen Aussagen fußt (vgl. BR-Drucks. 310/21 [Beschluss], S. 19), sondern vor allem, dass der (jetzige) Verordnungsgeber hiermit zwar den Verbraucher "benachteiligende" einseitige Änderungen bestehender (wirksamer) Preisanpassungsklauseln (BR-Drucks. 310/21 [Beschluss], S. 20), nicht aber zugleich auch eine zur Einhaltung der Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV erforderliche Anpassung unwirksamer Preisgleitklauseln verhindern wollte, die dem Interesse beider Vertragsparteien dient, eine kosten- und marktorientierte Preisbemessung unter Verhinderung unangemessener Preisgestaltungsspielräume der Versorgungsunternehmen zu sichern und gleichzeitig aber zu gewährleisten, dass das Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung während der gesamten Dauer des Versorgungsvertrags unter angemessenem Ausgleich der Interessen von Versorgungsunternehmen und Wärmekunden gewahrt bleibt.

78        (6) Schließlich ist die Annahme eines sich aus § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV ergebenden einseitigen Anpassungsrecht bei unwirksamen Preisänderungsklauseln auch mit den Vorgaben der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. EG Nr. L 95, S. 29; im Folgenden: Klausel-Richtlinie) zu vereinbaren (a.A. Todorovic, EWeRK 2019, 207, 212).

79        In der vorliegenden Konstellation geht es bereits im Ausgangspunkt nicht um eine von dem Gerichtshof der Europäischen Union nur unter bestimmten Bedingungen für zulässig erachtete Ersetzung einer missbräuchlichen Klausel durch das nationale Gericht (siehe etwa EuGH, C-260/18, WM 2019, 1963 Rn. 48 - Dziubak; C-269/19, NJW 2021, 611 Rn. 30 ff. - Banca B.; C-932/19, WM 2021, 2136 Rn. 48 - JZ; jeweils mwN; vgl. auch Senatsurteil vom 6. April 2016 - VIII ZR 79/15, BGHZ 209, 337 Rn. 22 ff. mwN), sondern vielmehr um eine sich unmittelbar aus den Vorschriften der AVBFernwärmeV ergebende Befugnis des Versorgers zur einseitigen Anpassung unwirksamer Preisgleitklauseln nach Maßgabe des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV, die ihrerseits nicht den Bestimmungen der Klausel-Richtlinie unterliegt (Art. 1 Abs. 2; vgl. auch Lange, Änderung von Preisänderungsklauseln, 2021, S. 61 f.).

80        b) Ausgehend davon war die Beklagte entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts vorliegend nach § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV grundsätzlich berechtigt, die von ihr bis einschließlich April 2014 verwendete Preisänderungsklausel (§ 7 Abs. 2 des Mustervertrags) während des laufenden Versorgungsverhältnisses an die Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV anzupassen, um auf dieser Grundlage ab Mai 2014 den von der Klägerin geschuldeten Wärmepreis zu berechnen. Denn die ursprüngliche Preisänderungsklausel war - wie unter II 3 a ausgeführt - bereits unabhängig von den Änderungen im Bezugsvertrag der Beklagten ab Oktober 2013 nach § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 134 BGB unwirksam. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte die geänderte Klausel auch den Anforderungen des § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV entsprechend öffentlich bekanntgegeben.

81        Ob allerdings die von der Beklagten gegenüber ihren Endkunden und auch der Klägerin ab Mai 2014 verwendete Preisanpassungsklausel entsprechend der Maßgabe des § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch die Beklagte als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigt, kann ohne nähere (gegebenenfalls sachverständige) Feststellungen zu dieser geänderten Klausel und ihrer Wirkungsweise nicht beurteilt werden. Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - bislang nicht getroffen und wird diese im Rahmen seiner erneuten Befassung nachzuholen haben.

    III.

82        Nach alledem kann das Berufungsurteil in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang keinen Bestand haben; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die weitergehende Revision ist zurückzuweisen. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif und deshalb insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit dieses - gegebenenfalls nach ergänzendem Vortrag der Parteien - die erforderlichen Feststellungen treffen kann.

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