LG München I: EuGH-Vorlage zur Auslegung der Aktionärsrechte-RL
LG München I, Beschluss vom 8.4.2010 - 5 HK O 12377/09
B e s c h l u s s:
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden zur Auslegung von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parlaments- und des Rats vom 11.7.2007 über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften (ABlEU Nr. L 184/17) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt.
1. Findet Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2007/36/EG wegen des europarechtlichen Vorwirkungsverbotes bereits Anwendung, wenn der nationale Gesetzgeber eine mit Ablauf der Umsetzungsfrist außer Kraft tretende Regelung geschaffen hat, die während der Umsetzungsfrist die Verkürzung der Einberufungsfrist für eine Hauptversammlung auf bis zu einem Tag zulässt, wenn die Hauptversammlung einen Beschluss fasst (Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss), der aufgrund gesetzlicher Anordnung nach der Eintragung in das Handelsregister auch dann wirksam bleibt, wenn dieser Beschluss der Hauptversammlung aufgrund erfolgreicher Anfechtungsklage für nichtig erklärt wird?
2. Falls diese Frage bejahend beantwortet wird: Lässt sich der Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2007/36/EG mit gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, insbesondere Art. 297 EG-Vertrag rechtfertigen?
G r ü n d e :
In dem vorliegenden Gericht rechtshängigen Verfahren streiten die Parteien mittels aktienrechtlicher Anfechtungsklagen um die Wirksamkeit eines Beschlusses der Hauptversammlung der Beklagten über eine Kapitalerhöhung gegen Bezugrechtsausschluss.
A.
I.
1. Die Beklagte - eine damals börsennotierte Aktiengesellschaft, deren Unternehmensgegenstand in der Leitung einer internationalen Unternehmensgruppe aus dem Bereich der Immobilienfinanzierung, immobilienbezogener Bankgeschäfte, des Immobiliengeschäfts und aller damit in Zusammenhang stehenden Finanzierungs-, Beratungs-, Vermittlungs- und sonstigen Dienstleistungen aller Art und des sonstigen Bankgeschäft liegt - verfügte im April 2009 über ein Grundkapital in Höhe von € 693.253.560,--, das in 231.084.520 Stückaktien eingeteilt war. Die von der Beklagten geführte Gruppe verfügte über eine Bilanzsumme in Höhe von € 386,4 Mrd. zum 30.6.2009 und von € 419,7 Mrd. zum 31.12.2008. Während der Finanzmarktkrise der Jahre 2008/2009 musste die Liquidität der Beklagten mehrfach gesichert werden. Die Deutsche Bundesbank gewährte der HRE Bank als Tochtergesellschaft der Beklagten am 30.9.2008 eine durch den Finanzmarktstabilisierungsfond (im Folgenden: SoFFin) garantierte Sonderliquiditätshilfe in Höhe von € 35 Mrd. sowie am 29.10.2008 eine ebenfalls durch den SoFFin garantierte Zwischenfinanzierung in Höhe von € 15 Mrd.; am 13.11.2008 stellte die Deutsche Bundesbank und ein Konsortium deutscher Finanzinstitute eine mittelfristige Liquiditätsfazilität in Höhe von € 50 Mrd. zur Verfügung, die im Umfang von € 35 Mrd. von der Bundesrepublik Deutschland bis zum 31.3.2009 garantiert wurde. In der Folgezeit kam es zu Verlängerungen der Liquiditätshilfe. Zusätzlich erhielt die HRE Bank ab November 2008 neben den Maßnahmen der Deutschen Bundesbank und des Konsortiums deutscher Finanzinstitute weitere Stabilisierungsmaßnahmen in Form von Garantieübernahmen des SoFFin im Umfang von zunächst € 52 Mrd., die für die Garantien von € 30 Mrd. bis zum 15.4.2009 und von insgesamt € 22 Mrd. bis zum 12.6.2009 gelten sollten. Diese Garantieabreden wurden zweimal verlängert - zunächst bis 19.8.2009 und sodann um weitere drei Monate bis zum 18.11.2009.
Am 23.3.2009 beschloss der Vorstand der Beklagten mit Zustimmung des Aufsichtsrats das ursprüngliche Grundkapital der Beklagten im Rahmen einer Barkapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital um € 60 Mio. auf € 633.253.560 durch die Ausgabe von 20 Millionen neuen, auf den Inhaber lautenden Stückaktien unter Ausschluss des Bezugsrechts zu erhöhen. Der SoFFin zeichnete die 20 Millionen neuen Aktien am 28.3.2009 zu einem Bezugspreis von € 3,-- je Aktie. Am 31.3.2009 erfolgte die Eintragung dieser Kapitalerhöhung in das Handelsregister.
Im Anschluss daran unterbreitete die Bundesrepublik Deutschland, handelnd durch den SoFFin, am 9.4.2009 den Aktionären der Beklagten ein öffentliches Übernahmeangebot zum Erwerb ihrer Aktien an der Beklagten zum Kaufpreis von € 1,39 je Aktie. Die Annahmefrist für dieses freiwillige öffentliche Übernahmeangebot endete am 4.5.2009. In Folge dieses Übernahmeangebots erhöhte sich durch Aktienerwerb die Beteiligung des SoFFin an der Beklagten auf ca. 47,31% des damaligen Grundkapitals und der Stimmrechte.
Seit Januar 2009 lag der Börsenkurs der Beklagten stets unter € 3,--.
2. Im elektronischen Bundesanzeiger vom 30.4.2009 veröffentlichte die Beklagte die Einladung zu einer außerordentlichen Hauptversammlung für den 2.6.2009. Zum einzigen Tagesordnungspunkt - einer Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts - enthielt die Bekanntmachung folgenden Beschlussvorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat.
„Einziger Punkt der Tagesordnung:
Beschlussfassung über eine Erhöhung des Grundkapitals gemäß §§ 182 ff. AktG i.V.m. § 7 FMStBG gegen Bareinlagen unter Ausschluss des Bezugsrechtes der Aktionäre
Um die Eigenkapitalbasis der Gesellschaft nachhaltig zu stärken, soll das Grundkapital der Gesellschaft gegen Bareinlagen von 693.253.560,00 € um bis zu 5.639.282.040,00 € auf bis zu 6.332.535.600,00 € erhöht werden, und zwar durch Ausgabe von bis zu 1.879.760.680 neuen, auf den Inhaber lautenden Stückaktien (jeweils mit einem auf die einzelne Stückaktie entfallenden anteiligen Betrag des Grundkapitals von 3,00 €). Der Ausgabebetrag der neuen Aktien soll 3,00 € pro Aktie betragen. Die neuen Aktien sollen sämtlich vom Finanzmarktstabilisierungsfonds gezeichnet und das gesetzliche Bezugsrecht der Aktionäre soll dementsprechend ausgeschlossen werden. Der Finanzmarktstabilisierungsfonds beabsichtigt, neue Aktien in dem Umfang zu zeichnen, der erforderlich ist, um ihm eine Kapital- und Stimmenmehrheit von 90% an der Gesellschaft zu verschaffen.
Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor, zu beschließen:
a) Das Grundkapital der Gesellschaft wird gegen Bareinlagen von 693.253.560,00 € um bis zu 5.639.282.040,00 € auf bis zu 6.332.535.600,00 € erhöht durch Ausgabe von bis zu 1.879.760.680 neuen, auf den Inhaber lautenden Stückaktien (jeweils mit einem auf die einzelne Stückaktie entfallenden anteiligen Betrag des Grundkapitals von 3,00 €). Der Ausgabebetrag der neuen Aktien beträgt 3,00 € pro Aktie. Die neuen Aktien sind ab 1. Januar 2009 gewinnberechtigt. Das gesetzliche Bezugsrecht der Aktionäre wird ausgeschlossen. Zur Zeichnung der neuen Aktien wird der nach dem Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz errichtete Finanzmarktstabilisierungsfonds zugelassen. Zeichnungserklärungen des Finanzmarkstabilisierungsfonds sind nur zu berücksichtigen, soweit sie der Gesellschaft bis zum Ablauf des 15. September 2009 zugehen. Der Vorstand wird ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats die weiteren Einzelheiten der Kapitalerhöhung und ihrer Durchführung, insbesondere die weiteren Bedingungen der Aktienausgabe, festzulegen. Der Beschluss über die Erhöhung des Grundkapitals wird ungültig, wenn die Durchführung der Kapitalerhöhung nicht bis zum Ablauf des 30. September 2009 zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet wurde. | |
b) Der Aufsichtsrat ist ermächtigt, die Fassung des § 3 Abs. 1 der Satzung (Grundkapital und Aktien) entsprechend der Durchführung der Kapitalerhöhung anzupassen. |
Weitere Erläuterungen zu der vorstehend vorgeschlagenen Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss finden sich in dem nachfolgend unter II.1. abgedruckten Bericht des Vorstands gemäß § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG. Der Bericht liegt außerdem seit der Einberufung der Hauptversammlung in den Geschäftsräumen der Hypo Real Estate Holding AG zur Einsicht für die Aktionäre aus und wird auch in der Hauptversammlung ausliegen."
Zudem war der Bericht des Vorstandes nach § 186 Abs. 4 AktG abgedruckt, in dem unter anderem Folgendes ausgeführt wurde:
„1. Bericht des Vorstands gemäß § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG zum einzigen Punkt der Tagesordnung (Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss) |
Vorstand und Aufsichtsrat schlagen der Hauptversammlung vor, das Grundkapital der Gesellschaft von 693.253.560,00 € gegen Bareinlagen um bis zu 5.639.282.040,00 € auf bis zu 6.332.535.600,00 € zu erhöhen. Der Ausgabebetrag der neuen Aktien soll 3,00 € pro Aktie betragen. Das gesetzliche Bezugsrecht der Aktionäre soll ausgeschlossen und zur Zeichnung der neuen Aktien ausschließlich der Finanzmarktstabilisierungsfonds zugelassen werden.
Gemäß § 186 Abs. 4 S. 2 AktG erstattet der Vorstand über den Grund für den Ausschluss des Bezugsrechts folgenden Bericht:
Die Hypo Real Estate Holding AG und die mit ihr verbundenen Unternehmen (nachfolgend „HRE-Gruppe") gerieten im September 2008 infolge der weltweiten Finanzkrise und der damit zusammenhängenden Liquiditätsengpässe im Interbankengeldmarkt in eine akute Schieflage. Daraufhin wurden sowohl von der Deutschen Bundesbank und einem Konsortium deutscher Finanzinstitute als auch seitens des Finanzmarktstabilisierungsfonds diverse Maßnahmen zur Sicherstellung des kurz- und mittelfristigen Liquiditätsbedarfs der HRE-Gruppe ergriffen. Dadurch steht der HRE-Gruppe derzeit eine bis Ende Dezember 2009 befristete Liquiditätsfazilität in Höhe von ca. 48,3 Mrd. € zur Verfügung. Außerdem hat der Finanzmarktstabilisierungsfonds zugunsten der HRE-Gruppe einen Garantierahmen in Höhe von derzeit (Stand: 24. April 2009) insgesamt 52 Mrd. € zur Verfügung gestellt.
Um eine Insolvenz der Gesellschaft abzuwenden, sind kurzfristig weitere Unterstützungshandlungen notwendig. Hierzu zählt unter anderem die Rekapitalisierung der Gesellschaft durch Eigenkapital. Bisher sind der Gesellschaft die Mittel aus einer vom Finanzmarktstabilisierungsfonds gezeichneten, im März 2009 durchgeführten Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital zugeflossen (siehe dazu den Bericht des Vorstands unter II.2. über die Ausnutzung von genehmigtem Kapital unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre). Die Gesellschaft geht derzeit von erheblichem weiterem Kapitalbedarf aus, der angesichts des gegenwärtigen Kapitalmarktumfelds und der aktuellen Verfassung der Gesellschaft kurzfristig nur von der Bundesrepublik Deutschland gedeckt werden kann.
Eine nachhaltige Sicherung der Überlebensfähigkeit der HRE-Gruppe setzt außerdem eine grundlegende strategische Restrukturierung voraus. Eine solche Restrukturierung ist ein hochkomplexer und umfassender Prozess, der eine enge Abstimmung zwischen der Gesellschaft und dem Finanzmarktstabilisierungsfonds erfordert. Nur so kann flexibel auf Marktentwicklungen reagiert und derzeit noch nicht erkennbaren Notwendigkeiten Rechnung getragen werden.
Die Bundesrepublik Deutschland beziehungsweise der Finanzmarktstabilisierungsfonds hat im Rahmen der oben genannten Liquiditätsfazilität, der Bereitstellung von Garantien und der vorstehend erwähnten Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital bereits erhebliche Mittel zur Stabilisierung der HRE-Gruppe zur Verfügung gestellt. Angesichts der Dimension des Mittelaufwands muss aus Sicht der Bundesrepublik Deutschland beziehungsweise des Finanzmarktstabilisierungsfonds haushaltsrechtlich und gegenüber dem Steuerzahler gewährleistet sein, dass die Bundesrepublik Deutschland weitere Mittel nur aufwendet, wenn die von ihr für erforderlich gehaltenen Restrukturierungsmaßnahmen rechtssicher, nachhaltig, kosteneffizient und zeitnah umgesetzt werden. Aus diesem Grund setzt eine erfolgreiche Restrukturierung der HRE-Gruppe aus Sicht der Bundesrepublik Deutschland die Übernahme der vollständigen Kontrolle über die Gesellschaft durch die Bundesrepublik Deutschland beziehungsweise den Finanzmarktstabilisierungsfonds voraus. Auch für die umfassende Erschließung des Kostensenkungspotenzials, das sich für die Gesellschaft über ein verbessertes Rating durch Senkung ihrer Refinanzierungskosten ergeben kann, ist die besagte vollständige Kontrolle der Bundesrepublik Deutschland erstrebenswert.
Auf der Grundlage dieser Erwägungen haben sich die Gesellschaft, die Hypo Real Estate Bank AG und der Finanzmarktstabilisierungsfonds am 28. März 2009 auf die Rahmenbedingungen einer Rekapitalisierung der Gesellschaft durch Anteilserwerb gegen Leistung von Einlagen gemäß § 7 Abs. 1 Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz (FMStFG) und einer weiteren Garantieübernahme gemäß § 6 Abs. 1 FMStFG zugunsten der Hypo Real Estate Bank AG geeinigt.
Als ersten Schritt hat der Finanzmarktstabilisierungsfonds am 28. März 2009 im Rahmen einer Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital eine Beteiligung in Höhe von ca. 8,65% des Grundkapitals der Gesellschaft aufgebaut. Sodann hat er am 17. April 2009 ein öffentliches Übernahmeangebot (Barangebot) an die Aktionäre der Gesellschaft zum Erwerb ihrer Aktien der Gesellschaft abgegeben. Das Übernahmeangebot kann noch bis zum 4. Mai 2009 angenommen werden. Sollte der Finanzmarktstabilisierungsfonds nach Durchführung des Angebots eine Kapital- und Stimmenmehrheit von weniger als 90% an der Gesellschaft halten, beabsichtigt er, im Rahmen der hier vorgeschlagenen Kapitalerhöhung neue Aktien in dem Umfang zu zeichnen, der erforderlich ist, um ihm eine Kapital- und Stimmenmehrheit von 90% an der Gesellschaft zu verschaffen. Dementsprechend wird das Maximalvolumen der vorgeschlagenen Kapitalerhöhung von 5.639.282.040,00 € allenfalls ausgeschöpft werden, wenn dem Finanzmarktstabilisierungsfonds im Rahmen des Übernahmeangebots keinerlei Aktien angedient werden. Die angestrebte Kapital- und Stimmenmehrheit von 90% soll den Finanzmarktstabilisierungsfonds in die Lage versetzen, im Anschluss an die Kapitalerhöhung ein aktienrechtliches Squeeze-out-Verfahren gemäß den §§ 327a ff. AktG i.V.m. § 12 Abs. 4 Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz (FMStBG) durchzuführen, also von den übrigen Aktionären die Übertragung ihrer Aktien der Gesellschaft gegen angemessene Barabfindung zu verlangen und damit zum Alleinaktionär der Gesellschaft zu werden.
Aus dem Vorstehenden folgt, dass der vorgesehene Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre zugunsten des Finanzmarktstabilisierungsfonds sachlich gerechtfertigt ist. Er dient einem im vitalen Interesse der Gesellschaft liegenden Zweck, nämlich der Ermöglichung einer Rekapitalisierung der Gesellschaft mit dem Ziel einer nachhaltigen Stabilisierung und Restrukturierung der Gesellschaft und der HRE-Gruppe insgesamt. Ohne eine solche Rekapitalisierung wäre eine Insolvenz der Gesellschaft aus derzeitiger Sicht unvermeidlich. Der Bezugsrechtsausschluss ist zu jenem Zweck auch geeignet, erforderlich und verhältnismäßig, indem er die Voraussetzungen für einen Beteiligungsaufbau durch den Finanzmarktstabilisierungsfonds in einem Umfang ermöglicht, der die Voraussetzung für eine anschließende vollständige Kontrollübernahme in der Gesellschaft schafft.
Überdies stellt § 7 Abs. 3 Satz 3 FMStBG ausdrücklich klar, dass der Ausschluss des Bezugsrechts zur Zulassung des Finanzmarktstabilisierungsfonds zur Übernahme von Aktien im Zusammenhang mit einer Rekapitalisierung nach § 7 FMStFG - wie hier - in jedem Fall zulässig und angemessen ist.
Der vorgeschlagene Ausgabebetrag der neuen Aktien entspricht dem geringsten Ausgabebetrag i.S.d. § 9 Abs. 1 AktG. Er liegt erheblich über dem aktuellen Börsenkurs der Aktien der Gesellschaft, den § 7 Abs. 5 i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 FMStBG für in jedem Fall angemessen erklärt."
Weiterhin enthielt die Bekanntmachung der Einladung zur Hauptversammlung folgende Ausführungen:
„Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts sind in Abweichung von § 14 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Gesellschaft gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 FMStBG i.V.m. § 16 Abs. 4 Satz 3 WpÜG nur diejenigen Aktionäre berechtigt, die sich unter Vorlage eines Nachweises ihres Aktienbesitzes bis zum Ablauf des vierten Tages vor der Hauptversammlung, also des 29. Mai 2009 anmelden. Die Anmeldung bedarf der Textform und muss in deutscher oder englischer Sprache bei der
Hypo Real Estate Holding AG
c/o Computershare HV-Services AG
Hansastraße 15
80686 München
Fax +49 (0)89 309037-4675
E-Mail: anmeldestelle@computershare.de
erfolgen.
Der für die Anmeldung benötigte Nachweis des Aktienbesitzes ist durch Bestätigung des depotführenden Instituts in Textform in englischer oder deutscher Sprache zu erbringen und muss sich gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 FMStBG auf den Beginn des 18. Tages vor der Hauptversammlung, also auf den 15. Mai 2009, 0.00 Uhr, beziehen.
Nach erfolgter Anmeldung wird den Aktionären eine Eintrittskarte übersandt. Um den rechtzeitigen Erhalt der Eintrittskarten sicherzustellen, bitten wir die Aktionäre, frühzeitig für die Übersendung ihrer Anmeldung und des Nachweises ihres Anteilsbesitzes Sorge zu tragen."
3. An der Hauptversammlung am 2.6.2009 nahmen alle Kläger teil und erklärten auch Widerspruch zur Niederschrift des Notars; jedenfalls die Kläger zu 2) bis 4) und zu 6) hatten ihre Aktien auch schon vor der Bekanntmachung der Einberufung der Hauptversammlung am 30.4.2009 erworben.
Zu Beginn der Hauptversammlung verfügte der Versammlungsleiter eine Beschränkung der Redezeit, die er auf § 16 Abs. 2 der Satzung der Beklagten (Anlage B7) stützte - eine Regelung mit folgendem Wortlaut:
„Der Versammlungsleiter bestimmt die Reihenfolge der Verhandlungsgegenstände und die Form der Abstimmung, soweit nicht die Hauptversammlung hierüber beschließt. Er kann das Frage- und Rederecht des Aktionärs zeitlich angemessen beschränken. Er kann solche Maßnahmen für den ganzen Hauptversammlungsverlauf, für einzelne Tagesordnungspunkte oder für einzelne Aktionäre bzw. Aktionärsvertreter ergreifen."
Zu Beginn der Generaldebatte lagen 50 Wortmeldungen vor. Der Geschäftsführer der Klägerin zu 3) und der Kläger zu 6) stellten in der Hauptversammlung eine Reihe von Fragen, die in insbesondere in der Klageschrift der Klägerin zu 3) aufgeführt sind. Die Hauptversammlung stimmte dem Beschlussvorschlag der Verwaltung mit einer Mehrheit von 73,95 % zu. Der Beschluss über die Kapitalerhöhung wurde daraufhin in das Handelsregister eingetragen.
4. In einer weiteren außerordentlichen Hauptversammlung vom 5.10.2009 wurde der Beschluss gefasst, die Aktien der außenstehenden Aktionäre auf der Basis von §§ 12 Abs. 4 FMStBG, 327 a Abs. 1 Satz 1 AktG gegen eine Barabfindung in Höhe von € 1,30 auf den SoFFin als Hauptaktionär zu übertragen.
II.
Die Kläger berufen sich zur Begründung ihrer auf Nichtigerklärung des Hauptversammlungsbeschlusses vom 2.6.2009 gerichteten Anfechtungsklagen unter anderem darauf, die Verkürzung der Einberufungsfrist in § 7 Abs. 1 Satz 2 FMStBG verstoße gegen europarechtliche Vorgaben, weil dadurch Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2007/36/EG durch die Einberufungsfrist von mindestens 1 Tag verletzt werde. Gerade in der Übergangszeit komme es zu Lasten der Altaktionäre zu einer dauerhaften Schaffung irreversibler Tatsachen, wodurch gegen das Frustrationsverbot verstoßen werde. Auch verletze § 7 Abs. 1 Satz 2 FMStBG Art. 56 Abs. 1 EU-Vertrag, weil durch die Verkürzung der Einberufungsfrist potentielle Investoren und dabei insbesondere ausländische Anleger von einer Beteiligung abgehalten würden.
Weiterhin machen die Kläger geltend, die Verkürzung der Einberufungsfrist verstoße gegen die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG. Zudem stelle sich die Kapitalerhöhung als gegen Art. 14 Abs. 3 GG verstoßende Enteignung dar, nachdem sie die Vorstufe eines Gesamtplans darstelle, der in einen Squeeze out-Beschluss münde.
Aber auch einfachrechtlich verstoße der Beschluss gegen das Aktienrecht. Die Beschränkung der Redezeit zu Beginn der Hauptversammlung bedeute eine unverhältnismäßige Einschränkung von Aktionärsrechten, zumal vorliegend die Hauptversammlung angesichts der komplexen wirtschaftlichen Gemengelage und der Probleme der Beklagten auf zwei Tage hätte angesetzt werden müssen. Auch habe der Vorstand der Beklagten innerhalb der nochmals auf fünf Minuten verkürzten Fragezeit zuzüglich einer kurzen Verlängerung die vom Geschäftsführer der Klägerin zu 3) gestellten Fragen nicht oder nicht hinreichend beantwortet. Die Anfechtbarkeit ergebe sich auch aus der dem Kläger zu 6) verweigerten Einsicht in schriftliche Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft und dem SoFFin. Der Bericht des Vorstandes zum Bezugsrechtsausschluss genüge nicht den an ihn zu stellenden Anforderungen; eine Rekapitalisierung der Gesellschaft durch die Zuführung von Eigenkapital hätte auch durch den Einsatz von Eigenkapital alter Aktionäre erfolgen können; ebenso wenig verlange die grundlegende strategische Reststrukturierung der Beklagten den Bezugsrechtsausschluss.
Die Anfechtbarkeit resultiere weiterhin aus einem Verstoß gegen § 255 Abs. 2 Satz 1 AktG, weil der Beklagten ein Anspruch aus § 36 a Abs. 2 AktG in Höhe von € 2,213 Mrd. zustehe, der sich aus der Zuführung einer nicht werthaltigen Sacheinlage im Rahmen einer früheren Sachkapitalerhöhung ergebe. Die Klägerin zu 2) macht darüber hinaus geltend, zwei von ihrem Vater als ihrem gesetzlichen Vertreter eingereichte Gegenanträge seien zu Unrecht nicht veröffentlich worden.
Der Beschlussvorschlag stelle sich zudem als widersprüchlich dar, weil nicht klar werde, dass das bisherige Grundkapital € 693.253.560,-- betrage; vielmehr gehe der unbefangene Leser davon aus, die Kapitalerhöhung solle knapp € 799 Mio. betragen, während sie in Wahrheit knapp € 6 Mrd. betragen solle.
III.
Die Beklagte hält die Anfechtungsklagen bzw. die hilfsweise erhobenen Nichtigkeitsklagen für unbegründet. Ein Verstoß gegen europarechtliche Vorgaben lasse sich nicht annehmen, nachdem die Richtlinie 2007/36/EG erst bis zum 3.8.2009 habe umgesetzt werden müssen und die Regelung in § 7 Abs. 2 Satz 1 FMStBG nur bis zum 2.8.2009 Gültigkeit beanspruche. Eine Vorwirkung im Sinne eines Frustrationsverbotes dürfe ihr nicht beigemessen werden, was auch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nicht abgeleitet werden könne, nachdem die Richtlinie in ihrem Art. 5 Abs. 1 keine materiell-rechtlichen, sondern nur verfahrensbezogene Regelungen enthalte. Das Ziel der Richtlinie, es solle den Aktionären gestattet sein, ihr Stimmrecht tatsächlich mit genügender Vorbereitungszeit geltend zu machen, werde durch die Eintragung der Kapitalerhöhung nicht mehr berührt, weshalb es keinerlei Fortwirkung oder Belastung der Aktionäre über den 3.8.2009 hinaus gebe. Jedenfalls aber müsse - selbst bei einem Verstoß gegen die Richtlinie - davon ausgegangen werden, dass das Frustrationsverbot nicht eingreifen könne, wenn der Mitgliedsstaat in einer schweren, von ihm selbst nicht verursachten Wirtschaftskrise kurzfristige und ausdrücklich zeitlich befristete Notmaßnahmen zur Bewältigung der Krise ergreife.
Innerstaatliches Recht sei gleichfalls nicht verletzt worden. Die Regelung in § 7 Abs. 3 FMStBG stelle sich nicht als Enteignung, sondern als Inhalts- und Schrankenbestimmung dar und genüge den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hierzu entwickelten Kriterien des Art. 14 Abs. 1 GG. Sonstige Verfassungsbestimmungen seien gleichfalls nicht verletzt. Auch verstoße die Verkürzung der Einberufungsfrist auf nur einen Tag nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Angesichts der Verweisung auf § 16 WpÜG verbleibe einem Aktionär eine Frist von nahezu einer Woche zur Vorbereitung der Teilnahme, weshalb der verfassungsrechtliche Mindeststandard gewahrt sei. Der Gesetzgeber dürfe dabei auch die Belange der Gesellschaft und der Allgemeinheit berücksichtigen.
Der Einberufung lasse sich eindeutig entnehmen, dass das ursprüngliche Grundkapital € 693.253.560,-- betrage und auf bis zu € 6.323.535.600,-- erhöht werden solle. Der Beschluss der Hauptversammlung stehe in Einklang mit den Vorschriften des Aktienrechts einschließlich des Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetzes. Der Ausgabebetrag sei nicht zu beanstanden; er entspreche dem geringsten Ausgabebetrag im Sinne des § 9 Abs. 1 AktG und liege erheblich über dem Börsenkurs, den § 7 Abs. 5 in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Satz 1 FMStBG in jedem Fall als angemessen erachte. Auf das Bestehen von Ersatzansprüchen der Beklagten komme es folglich nicht an. Der Kapitalerhöhungsbeschluss sei mit der erforderlichen Mehrheit entsprechend den Vorgaben aus § 7 Abs. 3 Satz 1 FMStBG gefasst worden. Der Ausschluss des Bezugsrechts rechtfertige sich aus der gesetzlichen Vorgabe in § 7 Abs. 3 Satz 3 FMStBG. Selbst im Anwendungsbereich von § 186 Abs. 3 AktG könne der Sanierungszweck diese zwingend erforderliche Maßnahme rechtfertigen, wenn der potentielle Geldgeber wie hier sein Engagement von einer Mehrheitsbeteiligung abhängig mache. Ohne den SoFFin wäre es zur Insolvenz der Beklagten gekommen. Der Bericht des Vorstands zum Bezugsrechtsausschluss genüge den an ihn zu stellenden Anforderungen - angesichts der Forderung der Bundesrepublik Deutschland nach vollständiger Kontrolle über die Gesellschaft müsse er alternative Finanzierungskonzepte nicht weiter erläutern.
Angesichts des Inhalts der beiden ersten Sonderprüfungsanträge der Klägerin zu 2) habe keine Verpflichtung zu ihrer Veröffentlichung bestanden, weil es am Bezug zur Tagesordnung fehle. Daher könne auch keine Verpflichtung angenommen werden, diese bei den Sonderprüfungsanträgen während der Hauptversammlung zur Abstimmung zu stellen.
Die Beschränkung der Redezeit beruhe auf den Vorgaben aus § 16 Abs. 2 der Satzung und stelle sich angesichts des Vorliegens von bereits 50 Wortmeldungen zu Beginn der Generaldebatte als verhältnismäßig dar, nachdem keine Verpflichtung zur Einberufung einer zweitätigen Hauptversammlung bestehe. Eine Verletzung von Auskunftspflichten in der Hauptversammlung habe es nicht gegeben. Es gebe keinen Anspruch auf Einsichtnahme in schriftliche Unterlagen, schriftliche Auskunftserteilung oder vollständige Verlesung von Urkunden, sondern nur auf eine mündliche Zusammenfassung. Die Fragen des Geschäftsführers der Klägerin zu 3) habe der Vorstand hinreichend beantwortet.
IV.
Die Klägerin zu 2) hat bereits in ihrer Klageschrift die auf Art. 234 EG/Vertrag gestützte Aussetzung des Verfahrens zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften angeregt.
B.
Die Entscheidung über die Aussetzung und die Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EUGH) beruht auf Art. 234 EG-Vertrag bzw. Art. 267 VAEU.
I.
1. Nach Auffassung der Kammer sind folgende europarechtlichen Vorgaben einerseits und folgende innerstaatlichen Bestimmungen andererseits zu berücksichtigen.
a. Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.7.2007 über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften schreibt vor, dass - unbeschadet des Art. 9 Abs. 4 und des Art. 11 Abs. 4 der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote - die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Gesellschaft die Einberufung in einer der in Abs. 2 des vorliegenden Artikels genannten Formen spätestens am 21. Tag vor dem Tag der Versammlung vornimmt. Nach Ziffer 6 der Erwägungsgründe sollen alle Aktionäre genügend Zeit haben, um die der Hauptversammlung vorzulegenden Unterlagen zu prüfen und ihr Abstimmungsverhalten festzulegen. Deshalb sollte die Hauptversammlung rechtzeitig vorher anberaumt werden, und die Aktionäre sollten die vollständigen Informationen erhalten, die der Hauptversammlung vorgelegt werden sollen.
Aufgrund von Art. 15 der Richtlinie 2007/36/EG setzen die Mitgliedsstaaten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis spätestens 3.8.2009 nachzukommen.
b. Im innerstaatlichen Recht der Bundesrepublik Deutschland ist eine Anfechtungsklage, mit der wie hier der Beschluss einer Hauptversammlung für nichtig erklärt werden soll, gem.§ 243 Abs. 1 AktG dann begründet, wenn der Beschluss das Gesetz oder die Satzung verletzt. Eine Verletzung von Vorschriften über Einberufungsfristen stellt sich als derartige Gesetzesverletzung dar und führt zum Erfolg einer Anfechtungsklage, weil dadurch die Mitwirkungs- und Teilnahmerechte von Aktionären verletzt werden.
(1) Das innerstaatliche Recht enthält in § 123 Abs. 1 AktG eine Regelung, wonach die Hauptversammlung mindestens 30 Tage vor dem Tag der Versammlung einzuberufen ist. Wenn die Satzung der Gesellschaft - wie hier die der Beklagten in § 14 Abs. 1 Satz 1 - die Teilnahme an der Hauptversammlung oder die Ausübung des Stimmrechts davon abhängig macht, dass sich ein Aktionär anmeldet, so tritt gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 und 2 AktG für die Berechnung der Einberufungsfrist in § 123 Abs. 1 AktG an die Stelle des Tages der Versammlung der Tag, bis zu dessen Ablauf sich die Aktionäre vor der Versammlung anzumelden haben. Nach § 123 Abs. 2 Satz 3 AktG muss die Anmeldung der Gesellschaft unter der in der Einberufung hierfür mitgeteilten Adresse bis spätestens am siebten Tage vor der Versammlung zugehen, soweit die Satzung keine kürzere Frist vorsieht.
§ 7 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschleunigung und Vereinfachung des Erwerbs von Anteilen an sowie Risikopositionen von Unternehmen des Finanzsektors durch den Fonds „Finanzmarktstabilisierungsfonds - FMS" (Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz - FMStBG) vom 17.10.2008, BGBl I 1982, 1986, geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur weiteren Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz - FMStEG) vom 7.4.2009, BGBl I 725, hatte zu dem für die Einberufung maßgeblichen Stichtag folgenden Wortlaut:
„Wird im Zusammenhang mit einer Rekapitalisierung nach § 7 des Finanzmarktsstabilisierungsfondsgesetzes eine Hauptversammlung zur Beschlussfassung über eine Kapitalerhöhung gegen Einlagen einberufen, gilt § 16 Absatz 4 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes entsprechend. Die Einberufungsfrist beträgt mindestens 1 Tag. Nach dem 2. August 2009 muss die Einberufung zur Hauptversammlung abweichend von Satz 2 spätestens am 21. Tag vor dem Tag der Hauptversammlung erfolgen. Abweichend von § 123 Abs. 3 Satz 3 des AktG hat sich der Nachweis bei börsennotierten Gesellschaften auf den Beginn des 18. Tages vor der Versammlung zu beziehen und muss der Gesellschaft unter der in der Einberufung hierfür mitgeteilten Adresse bis spätestens am vierten Tag vor der Hauptversammlung zugehen, soweit der Vorstand in der Einberufung der Hauptversammlung keine kürzere Frist für den Zugang des Nachweises bei der Gesellschaft vorsieht; abweichende Satzungsbestimmungen sind unbeachtlich...."
§ 16 Abs. 4 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes hat folgenden Wortlaut:
„Die Hauptversammlung nach Abs. 3 ist mindestens 14 Tage vor der Versammlung einzuberufen. Der Tag der Einberufung ist nicht mit zurechnen. § 121 Abs. 7 des AktG gilt entsprechend. Abweichend von § 121 Abs. 5 des AktG und etwaigen Bestimmungen der Satzung ist die Gesellschaft bei der Wahl des Versammlungsortes frei. Wird die Frist des § 123 Abs. 1 des AktG unterschritten, so müssen zwischen Anmeldung und Versammlung mindestens 4 Tage liegen und sind Mitteilungen nach § 125 Abs. 1 Satz 1 des AktG unverzüglich zu machen; ..."
Die Einberufung der Beklagten zu ihrer Hauptversammlung beachtete die Fristvorgaben aus § 7 Abs. 1 Satz 2 FMStBG, was zur Folge hätte, dass ein Gesetzesverstoß der zur Begründetheit der Anfechtungsklage führt, nicht vorliegt. Verstößt die Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 2 FMStBG dagegen gegen das in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes entwickelte Vorwirkungs- oder Frustrationsverbot (vgl. EuGH, Urteil v. 18.12.1997, Rs C-129/96 - Inter-Environnement Wallonie; Urteil vom 22.1.2005 - C-144/04 - Mangold), so könnte die Vorschrift des § 7 Abs. 1 FMStBG nicht angewandt werden mit der Folge, dass auf die Grundregel aus § 123 Abs. 1 und 2 AktG zurückgegriffen werden müsste. Die dort enthaltene Frist von 30 Tagen unter Berücksichtigung des Anmeldeerfordernisses ist vorliegend nicht eingehalten, weshalb die Anfechtungsklagen begründet wären. Der Umstand, dass nicht alle Kläger sich innerhalb der für Anfechtungsklagen maßgeblichen Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG auf die Nichteinhaltung dieser Ladungsfrist berufen haben, spielt nach der ständigen Rechtsprechung der innerstaatlichen Gericht angesichts der erga omnes-Wirkung eines stattgebenden Anfechtungsurteils keine Rolle (vgl. BGH NZG 2009, 342, 350 - Kirch/Deutsche Bank m.w.N.).
(2) Aufgrund von § 7 c Satz 4 FMStBG gilt § 246 a Abs. 4 AktG entsprechend. Dies bedeutet, dass die Eintragung, die trotz rechthängiger Anfechtungsklagen erfolgen kann, kraft gesetzlicher Anordnung Bestandskraft erlangt und behält, auch wenn der Beschluss der Hauptversammlung aufgrund einer Anfechtungsklage rechtskräftig für nichtig erklärt wird. Erweist sich die Klage als begründet, so ist die Gesellschaft, die den Beschluss erwirkt hat, aufgrund von § 246 a Abs. 4 Satz 1 AktG verpflichtet, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der ihm aus einer auf dem Beschluss beruhenden Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses entstanden ist.
II.
Die Vereinbarkeit von § 7 Abs. 1 Satz 2 FMStBG mit der Richtlinie 2007/36/EG ist entscheidungserheblich, weil die weiteren vorgebrachten Rügen nicht einschlägig sind und daher den Anfechtungsklagen nicht zum Erfolg verhelfen können.
1. Die Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 3 FMStBG über den Ausschluss des Bezugsrechts bei der Kapitalerhöhung verstößt nicht gegen die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG. Eine solche Verletzung lässt sich weder über Art. 14 Abs. 3 GG noch über Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG begründen.
a. Eine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG kann nicht angenommen werden. Aufgrund von Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG ist eine Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Nach Art 14 Abs. 3 Satz 2 GG darf dies nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt.
Der Ausschluss des Bezugsrechts bei der Kapitalerhöhung stellt sich dabei nicht als Enteignung, sondern als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Mit einer Enteignung greift der Staat auf das Eigentum des Einzelnen zu. Sie ist auf die vollständige oder teilweise Entziehung konkreter subjektiver, durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteter Rechtspositionen zur Erfüllung bestimmter öffentliche Aufgaben gerichtet (vgl. BVerfGE 101, 239, 259; 102, 1, 15; 104, 1, 9 f,). Die Enteignung setzt dabei den Entzug konkreter Rechtspositionen voraus, aber nicht jeder Entzug ist eine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG. Diese ist vielmehr auf die Fälle beschränkt, in denen Güter hoheitlich beschafft werden, mit denen ein konkretes, der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienendes Vorhaben durchgeführt werden soll. Ist mit dem Entzug bestehender Rechtspositionen der Ausgleich privater Interessen beabsichtigt, kann nur eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums vorliegen (vgl. BVerfGE 101, 239, 259 = NJW 2000, 413; 104, 1, 9 f. = NVwZ 2001, 1023; Papier in: Maunz/Dürig, GG, Rdn. 527, 528 zu Art. 14). Zwar wird durch den Bezugsrechtsauschluss der Anteil der bisherigen Aktionäre, der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ohne jeden Zweifel den Schutz der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG genießt (vgl. BVerfGE 100, 289, 301 f. - DAT/Altana) in das Eigentum aus Art. 14 Abs. 1 GG eingegriffen. Der Ausschluss des Bezugsrechts stellt sich indes nicht als Vorgang einer konkreten Güterbeschaffung dar - durch ihn kommt es nicht zu einer Übertragung konkreter subjektiver Rechte auf den SoFFin, sondern „nur" zu einer Verwasserung der bisherigen Anteile der Altaktionäre. Zudem erfolgte der Bezugsrechtsausschluss aufgrund eines mit der erforderlichen gesetzlichen Mehrheit von einer Hauptversammlung gefassten Beschlusses, mithin unter Anwendung von Mitteln des Privatrechts. Eine Enteignung kann aber vor allem deshalb nicht bejaht werden, weil der Bezugsrechtsauschluss weder durch noch aufgrund eines Gesetzes geschah. Die Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 1 FMStBG führt nicht automatisch zum Ausschluss des Bezugsrechts, sondern verlangt den Beschluss der Hauptversammlung, also des Organs einer juristischen Person des Privatrechts. Eine Administrativenteignung scheitert daran, dass ein solcher Zugriff nur mittels Verwaltungsaktes oder durch andere untergesetzliche Rechtsnormen erfolgen kann (vgl. Papier in: Maunz/Dürig, GG, Rdn. 532 zu Art. 14).
Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht mit Blick auf den geplanten und anschließend auch durchgeführten Squeeze out über die Rechtsfigur der enteignungsrechtlichen Vorwirkung begründen. Soweit hierzu teilweise in der Literatur die Auffassung vertreten wird, der Bezugrechtsausschuss diene der späteren Enteignung und entfalte daher enteignungsrechtliche Vorwirkung (vgl. Böckenförde NJW 2009, 2484, 2487), vermag dem die Kammer nicht zu folgen. Von einer enteignungsrechtlichen Vorwirkung kann nach den hierzu namentlich im Recht der Planfeststellung entwickelten Grundsätzen nur dann gesprochen werden, wenn mit einer bestimmten Entscheidung - dies wäre hier der Bezugsrechtsausschluss - bereits abschließend und verbindlich über die Verwirklichung des Vorhabens unter Inanspruchnahme fremden Eigentums - dies wäre hier der Squeeze out-Beschluss - entschieden würde (vgl. BVerwGE 72, 282, 283 ff; BVerwG NVwZ 1993, 477, 478; Papier in: Maunz/Dürig, GG, Rdn. 623 zu Art. 14). Diese Parallele kann indes bei der Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss nicht gezogen werden, auch wenn diese die Grundlage für die Erlangung der erforderlichen Mehrheit für den nachfolgend auf § 12 Abs. 4 FMStBG gestützten Squeeze out bildete. Zum einen wird in dem Verfahren über den Bezugsrechtsausschluss nicht abschließend über die Wirksamkeit eines Squeeze out-Beschlusses der Hauptversammlung der Beklagten entschieden, nachdem im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen den Squeeze out-Beschluss dessen Wirksamkeit, insbesondere auch die Vereinbarkeit der Rechtsgrundlage mit verfassungsrechtlichen Vorgaben gesondert geprüft werden kann und nach Erhebung einer Anfechtungsklage mit den entsprechenden Rügen auch geprüft werden muss. Eine abschließende Entscheidung über den späteren Beschluss der Hauptversammlung über einen Squeeze out kann in diesem Verfahren, in dem es um die Wirksamkeit eines Kapitalerhöhungsbeschlusses geht, folglich nicht getroffen werden. Zum anderen wird der Squeeze out ebenfalls nicht als Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG angesehen werden können. Zwar ist im Ansatz davon auszugehen, dass die im Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz ermöglichte Übernahme sanierungsbedürftiger Banken - anders als in den „normalen" Fällen eines auf § 327 a ff. AktG gestützten Squeeze out - nicht unternehmerisch-erwerbswirtschaftlich motiviert ist, sondern das öffentliche Interesse an der Stabilisierung des Finanzmarktes verfolgt, wie aus § 2 FMStFG zu entnehmen ist. Die in § 12 Abs. 4 FMStBG enthaltenen Ermächtigungen sind öffentlich-rechtlicher Natur. Ungeachtet dessen aber kann der Aktionärsausschluss durch den staatlichen Mehrheitsaktionär nicht als Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG eingestuft werden, auch wenn der SoFFin als rechtlich unselbstständiger Teil der unmittelbaren Bundesverwaltung grundrechtsgebundene vollziehende Gewalt im Sinne von Art. 1 Abs. 3 GG ausübt, nachdem er einen gesetzlichen Auftrag erfüllt. Auch beim auf § 12 Abs. 4 FMStBG gestützten Squeeze out liegt nämlich keine Legalenteignung vor - allein die gesetzliche Regelung bewirkt nicht den Übergang des Aktieneigentums; hierzu bedarf es vielmehr noch des Beschlusses einer Hauptversammlung sowie der anschließenden Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister. Auch der SoFFin muss dabei die Vorgaben aus §§ 327 a ff. AktG beachten. Dieser Hauptversammlungsbeschluss ist auch keine hoheitliche Entscheidung im Sinne einer Administrativenteignung, wobei auch hier gilt, dass diese nur angenommen werden kann, wenn der Träger hoheitlicher Gewalt mittels Verwaltungsaktes oder Verordnung handelt (vgl. Gurlit NZG 2009, 601,602 f.).
Die Regelungen über den Bezugsrechtsauschluss stellen sich als verhältnismäßige und damit zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Eine Inhalts- und Schrankenbestimmung ist dann rechtlich zulässig, wenn mit einer bestimmten Maßnahme ein legitimer Gemeinwohlzweck verfolgt wird und die Regelung als solche verhältnismäßig ist.
(1) Die Möglichkeit der Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss dient der Verwirklichung eines legitimen Gemeinwohlziels. Der Gesetzgeber reagierte auf die Auswirkungen der weltweiten Finanzmarktkrise und ihre Ausweitung zu einer akuten Krise des Finanzsystems mit einer Reihe von Maßnahmen, die das Vertrauen in den Finanzmarkt wieder herstellen und eine weitere Zuspitzung der Finanzmarktkrise verhindern sollten (vgl. beispielsweise BT-Drucks. 16/12100 S. 10). Als derartige Maßnahmen des Gesetzgebers sind hier vor allem das Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG) vom 17.10.2008, BGBl. I. 1982, mit dem der Finanzmarktstabilisierungsfonds errichtet wurde, sowie das Gesetz zur Beschleunigung und Vereinfachung des Erwerbs von Anteilen an sowie Risikopositionen von Unternehmen des Finanzsektors durch den Fonds „Finanzmarktstabilisierungsfonds - FMS" (Finanzmarktstabilisierungsgesetz - FMStBG) vom 17.10.2008, BGBl. I. 1982, 1986 zu nennen.
Das Vertrauen in die Finanzmärkte und deren Funktionieren ist von entscheidender Bedeutung nicht nur für diesen Bereich, sondern auch und gerade für das Funktionieren der gesamten Volkswirtschaft. Die Unternehmen in einer sozialen Marktwirtschaft sind zur Finanzierung ihrer Investitionen regelmäßig auch auf Fremdkapital angewiesen, um dadurch Arbeitsplätze erhalten und schaffen zu können, was wiederum für den sozialen Frieden in der Bundesrepublik Deutschland von wesentlicher Bedeutung ist. Angesichts dessen hat die Kammer keinen Zweifel daran, dass der Gesetzgeber ein legitimes Gemeinwohlziel verfolgte.
(2) Angesichts der Bedeutung der Beklagten als systemrelevanter Bank muss die vom Gesetzgeber geschaffene Möglichkeit einer Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsauschluss unter vereinfachten Bedingungen als verhältnismäßig angesehen werden. Diese Maßnahme ist geeignet, erforderlich und angemessen und damit insgesamt verhältnismäßig.
(a) Mit der Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts wird einem systemrelevanten Finanzinstitut das im Rahmen einer Sanierung und Refinanzierung dringend notwendige Kapital zugeführt. Der Ausschluss des Bezugsrechts der bisherigen Aktionäre dient auch diesem Ziel, was sich insbesondere aus der Anhörung mehrerer Sachverständiger im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages ergeben hat. Die Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts dient insbesondere dazu, die Voraussetzungen für einen auf § 12 Abs. 4 FMStBG gestützten Squeeze out zu schaffen, durch den die Bundesrepublik Deutschland über den SoFFin Alleinaktionär wird. Angesichts des extrem hohen Finanzbedarfs bei einer systemrelevanten Bank, die sich in Insolvenzgefahr befindet, führt die durch das Gesetz intendierte und erleichterte Möglichkeit des Erwerbs der Alleinaktionärsstellung des Bundes zu einer deutlichen Verringerung der Refinanzierungskosten. Auch wenn die Sachverständigen bei ihrer Anhörung im Finanzausschuss sich nicht einig waren, inwieweit dies überhaupt zu beziffern ist, muss insbesondere der vom Präsidenten der Deutschen Bundesbank vorgebrachte weitere Aspekt berücksichtigt werden, wonach für den Bund Transaktionssicherheit für die notwendige Rekapitalisierung geschaffen werden muss.
(b) Die Maßnahme der Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss war auch erforderlich zur Refinanzierung und Stabilisierung systemrelevanter Banken. Auch in diesem Zusammenhang sind die soeben bei der Geeignetheit angesprochenen Umstände maßgeblich zu berücksichtigen. Mildere Mittel kamen nicht in Betracht. Wenn ohne den Bezugsrechtsauschluss der Fortbestand eines vom Geltungsbereich des Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetzes erfassten Finanzinstituts nicht sicher gewährleistet wäre, kann die Möglichkeit, im Gesetz mildere Mittel vorzusehen, nicht verlangt werden. Angesichts der Höhe des Kapitalbedarfs konnte der Gesetzgeber bei seiner Prognoseentscheidung auch davon ausgehen, dass die vorhandenen Aktionäre den Kapitalbedarf zur Rekapitalisierung solcher systemrelevanter Banken nicht erbringen können. Bei seiner Anhörung im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages wies der Präsident der Deutschen Bundesbank insbesondere auch darauf hin, dass in der Situation der internationalen Finanzkrise eine Kapitalzufuhr zur Stabilisierung der systemrelevanten Institute nicht von privaten Investoren erbracht werde und dies daher nur von Seiten des Staates erfolgen könne.
(c) Der Ausschluss des Bezugsrechts durch das Gesetz muss in der konkreten Situation als angemessen und verhältnismäßig im engeren Sinn angesehen werden. Die Beschränkung des Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG, die mit dem Ausschluss des Bezugsrechts bei der Kapitalerhöhung verbunden ist, ist den Altaktionären zuzumuten. Beim Ausmaß zulässiger Sozialbindung muss die Eigenart des Unternehmens berücksichtigt werden (vgl. BVerfGE 50, 290, 347). Zwar führt der Bezugsrechtsauschluss zu einer Verwässerung des Anteilseigentums. Doch muss auf der anderen Seite beachtet werden, dass diese Maßnahme dazu diente, die Insolvenz systemrelevanter Banken zu verhindern. Eine Insolvenz hätte wiederum einen nahezu vollständigen oder vollständigen Wertverlust der Aktien der Altaktionäre zur Folge gehabt. Dies wäre ein deutlich stärkerer Eingriff gewesen, so dass angesichts dessen die Angemessenheit die Maßnahme bejaht werden muss.
b. Weitere verfassungsrechtliche Normen sind nicht verletzt.
(1) Der Ausschluss des Bezugsrechts greift nicht in den Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 9 Abs. 1 GG ein, wonach alle Deutschen das Recht haben, Vereine und Gesellschaften zu bilden. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts betrachtet die Aktie primär als Vermögenswert und unterwirft sie daher zu Recht dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG, nicht dem des Art. 9 Abs. 1 GG.
(2) Eine Verletzung von Art. 19 Abs.1 Satz 1 GG kann nicht bejaht werden. Soweit nach dem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder augrund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muss das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Von einem derartig unzulässigen Einzelfallgesetz kann indes bei der abstrakt-generellen Formulierung in § 7 Abs. 3 FMStBG nicht ausgegangen werden. Die Verfassungsnorm des Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG verbietet es dem Gesetzgeber nur, aus einer Reihe gleichgelagerter Sachverhalte einen Fall herauszugreifen und diesen zum Gegenstand einer Sonderregelung zu machen. Die gesetzliche Regelung eines Einzelfalls ist hingegen selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn der Sachverhalt so beschaffen ist, dass es nur einen Fall dieser Art gibt und die Regelung dieses singulären Sachverhalts von sachlichen Gründen getragen ist (vgl. BVerfGE 25, 371, 399; 85, 360, 374). Eine solche Konstellation ist vorliegend anzunehmen, auch wenn das Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz mit der von einer Hauptversammlung beschlossenen Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsauschluss und anschließendem Squeeze out nur bei der Beklagten zur Anwendung gelangte. Bereits die Formulierungen des Gesetzes zeigen, dass die auf dieses Gesetz gestützten Maßnahmen auch bei anderen Finanzinstituten zur Anwendung gelangen könnten. Demgemäß wurden andere Instrumente - gerichtsbekannt - auch bei der Commerzbank AG eingesetzt. Vor allem aber liegt ein sachlicher Grund für die hier getroffenen Regelungen vor, weil mit diesen auf nur wenige, unter Umständen auch nur ein Finanzinstitut zugeschnittenen Maßnahmen die Finanzmärkte stabilisiert werden sollten, weshalb - wie oben bereits ausgeführt - ein sachlicher Grund zu bejahen ist.
(3) Die Verfassungswidrigkeit lässt sich nicht mit dem Vorwurf des „Verstoßes gegen die soziale Marktwirtschaft" begründen. Das Grundgesetz garantiert weder die wirtschaftspolitische Neutralität der Regierungs- und Gesetzgebungsgewalt noch eine nur mit marktkonformen Mitteln zu steuernde soziale Marktwirtschaft (vgl. BVerfGE 4, 7, 17 f.; Zuck DÖV 2009, 585, 562).
(4) Ein Verstoß gegen das Gewaltenteilungsprinzip lässt sich nach Auffassung der Kammer nicht bejahen. Es ist nicht einmal im Ansatz zu erkennen, inwieweit der Gesetzgeber hier eine Regelung geschaffen haben könnte, die einen Einbruch in den Aufgabenkernbereich einer anderen Staatsgewalt darstellen könnte. Die Überprüfung der Vereinbarkeit des Hauptversammlungsbeschlusses vom 2.6.2009 mit den zu beachtenden gesetzlichen Vorgaben durch die Rechtsprechung wird insbesondere nicht einmal ansatzweise in Frage gestellt.
2. Auch weitere entscheidungserhebliche gesetzliche Regelungen des Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetzes verstoßen nicht gegen grundgesetzliche Vorgaben.
a. Die Verkürzung der Einberufungsfrist zur Hauptversammlung in § 7 Abs. 1 Satz 2 FMStBG verstößt nicht gegen die Vorgaben aus Art. 14 Abs. 1 GG. Im Ausgangspunkt muss zwar davon ausgegangen werden, dass das Teilnahmerecht, das auch durch die Regelung einer Einberufungsfrist verwirklicht werden soll, vom Schutzbereich des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG umfasst ist. Da allerdings neben dieser Frist noch die satzungsgemäße Anmeldefrist aufgrund der Vorgaben aus § 16 Abs. 4 WpÜG zu beachten ist, die weitere vier Tage beträgt, stehen dem Aktionär somit insgesamt fünf Tage zur Vorbereitung der Hauptversammlung zur Verfügung. Angesichts der erheblichen Auswirkungen der Finanzmarktkrise gerade auf die Finanzinstitute und deren Kapitalbedarf und das daraus durchaus mögliche Erfordernis einer raschen Reaktion, lässt die Verkürzung der Einberufungsfrist nicht als unverhältnismäßig im Lichte der Vorgaben des Grundgesetzes erscheinen. Auch hier muss nämlich berücksichtigt werden, dass das Erfordernis einer raschen Beschlussfassung im Einzelfall auch der Abwendung einer Insolvenz dienen kann. Davon unberührt bleibt die oben angesprochene Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben.
b. Die teilweise angesprochene Frage der Vereinbarkeit von § 7 Abs. 7 FMStBG mit Blick auf das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG sowie den Justizgewährungsanspruch ist vorliegend nicht entscheidungserheblich.
Angesichts dessen kommt eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht auf der Grundlage von Art. 100 GG nicht in Betracht, weil das Gericht von der Verfassungswidrigkeit der entscheidenden Vorschriften nicht überzeugt ist.
3. Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 2.6.2009 verstößt nicht gegen sonstige einfachgesetzliche Vorgaben des Aktienrechts.
a. Die Bekanntmachung des zu fassenden Beschlusses wird den Vorgaben aus § 124 Abs. 3 Satz 1 AktG gerecht. Nach dieser Vorschrift haben der Vorstand und der Aufsichtsrat zu jedem Gegenstand der Tagesordnung über den die Hauptversammlung beschließen soll, Vorschläge zur Beschlussfassung zu machen. Ausgehend vom Schutzzweck dieser Norm, mit dem die rechtzeitige Information der Aktionäre sichergestellt wird und sie vor überraschenden Tagesordnungspunkten und Beschlussvorschlägen geschützt werden sollen (vgl. Willamowski in: Spindler/Stilz, AktG, Rdn. 1 zu § 124; Hüffer, AktG, 8. Aufl. Rdn. 1 zu § 124), muss der Beschlussvorschlag hinreichend bestimmt sein. Dabei kann allerdings der Beschlussvorschlag auch ausgelegt werden. Da der Vorschlag auf die Beschlussfassung durch die Hauptversammlung zielt, können - wie beim Beschluss selbst (vgl. BGH AG 1995, 117) - die den Gegenstand der Tagesordnung erläuternden Vorstandsberichte oder auch sonstige Ausführungen in der Einberufung zur Auslegung herangezogen werden. Der Vorstandsbericht nennt in seinem ersten Absatz bereits ausdrücklich das derzeitige Grundkapital von € 693.253.560,--, das gegen Bareinlagen erhöht werden soll, ebenso wie das Maximalvolumen der Kapitalerhöhung von € 5.639.282.040,--. Auch enthält der weitere Bericht über die vollständige Ausnutzung von genehmigtem Kapital durch den Vorstand das nach der Ausnutzung vorhandene und damit die Basis der Kapitalerhöhung bildende Grundkapital von € 693.253.560,--. Unter den weiteren Informationen zur Hauptversammlung ist dieses Grundkapital gleichfalls angegeben. Dann aber wird dem durchschnittlichen Aktionär hinreichend deutlich vor Augen geführt, dass sich der Betrag „693.253.560,00 €" in der Beschlussvorlage nicht auf die Bareinlage bezieht, was rein grammatikalisch durchaus möglich wäre, sondern auf das Grundkapital.
b. Die Hauptversammlung der Beklagten musste nicht auf zwei Tage einberufen werden. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass eine Hauptversammlung an einem Tag abgewickelt werden kann, was bereits der Wortlaut von § 121 Abs. 1 AktG andeutet. Vor allem aber spricht hierfür die Reform des Aktienrechts durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vom 22.9.2005, BGBl. I S. 2802. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich nämlich, dass der Gesetzgeber von einer Abwicklung einer normalen Hauptversammlung ohne tiefgreifenden Unternehmens strukturelle Maßnahmen innerhalb von vier bis sechs Stunden abgewickelt werden könne. Eine Ausnahme, dass von vornherein absehbar ist, der Zeitrahmen eines Tages reiche nicht aus und daher müsse auf zwei Tage einberufen werden (vgl. Werner in: Großkommentar zum AktG, 4. Aufl., Rdn. 55 zu § 123; Zöllner in: Kölner Kommentar zum AktG, 1. Aufl., Rdn. 38 zu § 121), kann nicht angenommen werden. Bei der Frage, ob eine Hauptversammlung bei der vorgesehenen Tagesordnung innerhalb eines Tages abgewickelt werden kann oder ob sie von vornherein auf zwei Tage anzusetzen ist, steht dem einberufenden Vorstand ein weiter Prognose- und Ermessensspielraum zu. Nur dann, wenn eine Abwicklung innerhalb eines Tages ausgeschlossen erscheint, verdichtet sich dies zu einer Verpflichtung, eine Hauptversammlung auf zwei Tage einzuberufen. Da das Gesetz versammlungsleitende Maßnahmen seit dem Inkrafttreten des UMAG ausdrücklich zulässt, konnte der Vorstand davon ausgehen, die Hauptversammlung könne ohne unverhältnismäßige Beschneidung von Aktionärsrechten innerhalb eines Tages beendet werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auf der Tagesordnung nicht der vollständige Verlust von Aktionärsrechten stand und es bei der außerordentlichen Hauptversammlung vom 2.6.2009 nur einen Tagesordnungspunkt gab.
c. Die Gegenanträge 1 und 2 der Klägerin zu 2) mussten im Vorfeld der Hauptversammlung nicht veröffentlicht werden.
(1) Ein Verstoß gegen § 126 Abs. 1 AktG, wonach Anträge von Aktionären unter gesetzlich näher beschriebenen Voraussetzungen zugänglich zu machen sind, wenn der Aktionär spätestens zwei Wochen vor dem Tage der Hauptversammlung der Gesellschaft einen Gegenantrag gegen einen Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat zu einem bestimmten Punkt der Tagesordnung macht, kann nicht bejaht werden. Ein Gegenantrag wurde von der Klägerin zu 2) nämlich nicht gestellt. Ein solcher liegt nur dann vor, wenn er dem Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat inhaltlich widerspricht - nur dann kann unter den weiteren Voraussetzungen von § 126 Abs. 1 AktG eine Publizitätspflicht angenommen werden (vgl. Kubis in: Münchener Kommentar zum AktG, 2. Aufl., Rdn. 8 und 10 zu § 126; Hüffer, AktG, a.a.O., Rdn. 2 zu § 126; Werner in: Großkommentar zum AktG, a.a.O., Rdn. 12 zu § 126). Daran fehlt es indes bei den Sonderprüfungsanträgen Nr. 1 und Nr. 2, denen der hinreichende Bezug zur Kapitalerhöhung fehlt. Der Antrag Nr. 1 steht im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an der DEPFA-Bank und den damaligen Entscheidungen von Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten. Selbst wenn es damals zu Fehlern gekommen sein sollte, fehlt es am konkreten Bezug zur Tagesordnung, weil es darum ging - unabhängig von der Frage der Ursachen der eingetretenen Insolvenzgefahr -, der Beklagten die notwendigen Refinanzierungsmöglichkeiten zu verschaffen. Insoweit wäre selbst das objektive Bestehen von Ersatzansprüchen, die nicht tituliert sind, nicht geeignet, der Beklagten in der gebotenen Kürze der Zeit das notwendige Kapital zuzuführen. Dieselben Erwägungen gelten in Bezug auf mögliche Bilanzmanipulationen und fehlende Darstellungen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Beklagten im Zeitraum zwischen dem 31.12.2006 und dem 31.12.2008, auf die sich der Antrag Nr. 2 der Klägerin zu 2) richtete.
(2) Die Pflicht zur Veröffentlichung lässt sich auch nicht aus § 122 Abs. 2 AktG begründen, weil die Klägerin zu 2) nach dem von ihr nicht bestrittenen und damit gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden geltenden Vortrag der Beklagten nicht über das erforderliche Quorum verfügte - den 20. Teil des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von € 500.000,--.
d. Der Inhalt des gefassten Beschlusses sowie der Vorstandsbericht über den Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre begründen keine Gesetzesverletzung.
(1) Soweit namentlich die Klägerin zu 2) geltend macht, der Ausgabebetrag sei unangemessen niedrig, weil der wirkliche Wert der Beklagten angesichts eines Anspruchs aus § 36 a Abs. 2 AktG auf Zahlung eines Betrages von € 2,213 Mrd. sehr viel höher sei, begründet dies keine Gesetzesverletzung. Dies ergibt sich bereits aus der Regelung in § 7 Abs. 5, 5 Abs. 3 Satz 1 FMStBG. Danach ist nämlich ein Ausgabebetrag, der dem Börsenkurs entspricht, in jedem Fall angemessen. Nachdem nicht bestrittenen und damit gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden geltenden Vortrag der Beklagten lag ihr Börsenkurs im fraglichen Zeitraum stets deutlich unter dem Betrag von € 3,--, der aufgrund von § 9 Abs. 1 AktG mit dem dort enthaltenen Verbot der Unterpari-Emission in jedem Fall zu beachten war.
(2) Der Bezugsrechtsausschluss, der seine gesetzliche Grundlage in § 7 Abs. 3 Satz 3 FMStBG hat, ist sachlich gerechtfertigt und begründet auch keinen unzulässigen Sondervorteil für den SoFFin.
(a) Die Beklagte befand sich in einer ernsten Krise, in der eine Rekapitalisierung nach § 7 FMStFG zweifelsohne dringend erforderlich war. Es entspricht der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung und Literatur, dass ein Bezugsrechtsausschluss selbst im Anwendungsbereich von § 186 Abs. 3 AktG ein geeignetes Sanierungsinstrument sein kann, wenn kurzfristig gewährleistet sein muss, dass alle Aktien übernommen werden (vgl. BGHZ 83, 319, 323 = NJW 1982, 2444, 2446 - Holzmann; Servatius in: Spindler/Stilz, AktG, Rdn. 45 zu § 186; Hüffer AktG, a.a.O. Rdn. 31 zu § 186; Bachmann ZIP 2009, 1249, 1252). Die hier gegebene Situation des Sanierungserfordernisses der Beklagten mit den bereits genannten negativen Folgen für die Aktiengesellschaft stellt sich als hinreichender Grund dafür dar, dass vorliegend von der Möglichkeit des § 7 Abs. 3 Satz 3 FMStBG gebrauch gemacht wurde. Auf diesen Aspekt weist insbesondere auch der gemäß § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG erstattete Bericht des Vorstandes hin, in dem es heißt, dass die Rekapitalisierung der Gesellschaft durch Eigenkapital zur Abwendung der Insolvenz notwendig ist.
(b) Ein unzulässiger Sondervorteil im Sinne des § 243 Abs. 2 AktG für den SoFFin kann nicht angenommen werden. Ein Sondervorteil liegt nämlich nur dann vor, wenn ein Aktionär einen Vorteil erlangt, sofern dieser bei einer Gesamtwürdigung als sachwidrige Bevorzugung erscheint, dem Aktionär dem Vorteilserwerb zu gestatten (vgl. BGHZ 138, 71, 80 f. = NJW 1998, 2054, 2065 f; Hüffer in: Münchener Kommentar zum AktG, 2. Aufl., Rdn. 75 zu § 243). Da vorliegend das Gesetz den Bezugsrechtsauschluss ausdrücklich gestattet, kann darin kein Sondervorteil gesehen werden. Anderenfalls würde die gesetzliche Wertung aus § 7 Abs. 3 Satz 3 FMStBG konterkariert.
(c) Ein Verstoß gegen den aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53 a AktG kann nicht bejaht werden, weil jedenfalls ein sachlicher Differenzierungsgrund vorhanden ist (vgl. Bungeroth in: Münchener Kommentar zum AktG, 3. Aufl., Rdn. 14 zu § 53 a; Lutter/Zöllner in: Kölner Kommentar zum AktG, 2. Aufl., Rdn. 23 zu § 53 a). Bei der Beklagten bestand ein enorm hoher Kapitalbedarf, der nach ihrer nachvollziehbaren Einschätzung nur vom SoFFin und nicht von den Altaktionären in dem für die Rekapitalisierung erforderlichen Umfang erbracht werden konnte. Zudem muss auch hier die Wertung des Gesetzgebers berücksichtigt werden, weshalb eine Gesetzesverletzung nicht angenommen werden kann.
e. Die Anfechtung des Beschlusses lässt sich nicht über eine unverhältnismäßige Beschränkung der Rede- und Fragezeit durch den Versammlungsleiter oder über eine Verletzung des Fragerechts der Aktionäre aus § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG begründen.
(1) Die zu Beginn der Hauptversammlung angeordnete Beschränkung der Rede- und Fragezeit auf zehn Minuten steht mit § 131 Abs. 2 Satz 1 AktG in Einklang und ist in ihrer konkreten Handhabung durch den Versammlungsleiter als verhältnismäßig anzusehen. Aufgrund der Vorschrift des § 131 Abs. 2 Satz 2 AktG kann die Satzung den Versammlungsleiter ermächtigen, das Frage- und Rederecht des Aktionärs zeitlich zu beschränken und Näheres dazu bestimmen. Von dieser Ermächtigung hat die Beklagte durch die Regelung in § 16 Abs. 2 ihrer Satzung Gebrauch gemacht. Dabei kann nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht beanstandet werden, dass es nicht nur zu einer Beschränkung der Redezeit, sondern auch zu einer Beschränkung der Fragezeit kam. Die durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechtes (UMAG) eingeführte Neuregelung lässt es zu, nicht nur - wie schon zuvor weithin anerkannt - das Rederecht, sondern nunmehr zusätzlich auch das Fragerecht zeitlich zu beschränken. Diese Maßnahmen sollen durch die Konzentration auf die wesentlichen strategischen Entscheidungen die Funktionsfähigkeit, inhaltliche Qualität und Attraktivität der Hauptversammlung steigern, die dann auch innerhalb des vorgesehenen zeitlichen Rahmens abgeschlossen werden soll (vgl. BT-Drucks. 15/5092, S. 17). Die bis zum Inkrafttreten des UMAG auf der Basis der bis dahin geltenden Rechtslage vertretene Auffassung, das Fragerecht dürfe nicht eingeschränkt werden, ist infolge der Neuregelung durch den Gesetzgeber obsolet geworden.
Die grundlegenden Maßnahmen des Versammlungsleiters müssen als zulässig angesehen werden angesichts des Ablaufs der Hauptversammlung. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil der erkennenden Kammer vom 11.12.2008 (vgl. LG München I ZIP 2009, 663, 664 f. = AG 2009, 382 f. = Der Konzern 2009, 180, 182 f.). Der Sachverhalt der damaligen Entscheidung unterscheidet sich zentral von der hiesigen Konstellation, bei der bereits zu Beginn der Hauptversammlung 50 Wortmeldungen abgegeben worden, während es bei dem damals entschiedenen Fall lediglich zwei Wortmeldungen gab. Hätte jeder der Aktionäre, der sich zu Beginn der hier streitgegenständlichen Hauptversammlung zu Wort gemeldet hat, die eingeräumte Zeit von zehn Minuten voll ausgeschöpft - was der Versammlungsleiter in Rechnung stellen muss -, dann hätte allein das Stellen der Fragen über sechs Stunden gedauert. Nicht berücksichtigt waren dabei weitere Wortmeldungen sowie der Zeitbedarf für die Vorbereitung der Antworten und insbesondere die Beantwortung der Fragen selbst. Angesicht dessen muss die Maßnahme des Versammlungsleiters zu Beginn der Hauptversammlung als verhältnismäßig angesehen werden.
(2) Die gestellten Fragen des Geschäftsführers der Klägerin zu 3) wurden hinreichend beantwortet, weshalb § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG nicht verletzt ist. Nach dieser Vorschrift ist jeden Aktionär auf Verlangen in der Hauptversammlung vom Vorstand Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben, soweit sie zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist.
(a) Die Frage nach den zwölf gewichtigen Verstößen oder Beanstandungen im Prüfbericht der Deutschen Bundesbank vom 24.6.2008 musste nicht beantwortet werden, weil sie zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung nicht erforderlich war. Hier gelten dieselben Erwägungen wie bei den Gegenanträgen. Die Ursachen für die aktuelle Insolvenzgefahr und die Bewertung eventuelle Verstöße im Einzelnen ist nicht entscheidend für die Frage, ob das Grundkapital unter Ausschluss des Bezugsrechts erhöht werden muss oder nicht. Bei einem derartigen Beschluss sind vor allem Auskünfte zum akuten Kapitalbedarf der Gesellschaft erforderlich.
(b) Der Vorstand beantwortete die Frage nach dem Inhalt der Fortführungsprognose hinreichend, indem er auf den Geschäftsplan der HRE-Gruppe, auf den aktuellen Planungsstand und die weitere Tatsache verwies, dass auf dieser Basis und im Zusammenhang mit der Absichtserklärung des SoFFin die Fortführungsprognose positiv gestellt wurde. Dieser Antwort ist zu entnehmen, dass nicht einzelne konkrete Sachverhalte, sondern die Gesamtstruktur für die Fortführungsprognose ausschlaggebend war.
(c) Der Vorstand beantwortete auch die Frag nach der Laufzeitkongruenz (Frageblätter 213 und 214) in ausreichendem Umfang, indem er auf die Bilanzsumme der Beklagten von € 411 Mrd. verwies und die Forderungen und Finanzanlagen ebenso nach den Restlaufzeiten aufgliederte wie die Summe der Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten und Kunden, der verbrieften und der nachrangigen Verbindlichkeiten. Dabei nannte er gleichfalls die Höhe dieser einzelnen Beträge in der Summe und getrennt nach Restlaufzeiten.
(d) In gleicher Weise muss die Antwort auf die Frage nach den Tier 1-Quoten als ausreichend angesehen werden, nachdem der Vorstand die Quoten quartalsweise nannte und sich insbesondere ab dem 30.9.2008 nahezu keine Veränderungen ergaben, so dass von einer monatlichen Darstellung kein weiterer Erkenntnisgewinn zu erwarten war. Ebenso verwies der Vorstand auf die in Folge der Einbeziehung des Jahresverlusts 2008 deutlich reduzierte nach Grundsatz I ermittelte Tier 1-Quote von 2,9 %.
(e) Die Frage nach zum Zwecke einer Unternehmensbewertung tätigen Wirtschaftsprüfern und/oder Rechtsanwälten musste wegen fehlender Erforderlichkeit nicht beantwortet werden. Bei einer Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen sieht das Aktienrecht nicht zwingend eine Unternehmensbewertung vor - anders als bei Strukturmaßnahmen wie einem Squeeze out oder bei einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Da der Squeeze out gerade nicht Gegenstand der Tagesordnung der Hauptversammlung vom 2.6.2009 war, musste diese Frage auch nicht beantwortet werden.
(f) Der Vorstand beantwortete die Fragen nach Auskünften an andere Aktionäre ebenso ausreichend wie die Frage nach dem Datum der Erstellung des Vorstandsberichts und der Unterschrift unter den Vorstandsbericht. Er verwies nämlich darauf, dass Aktionären in ihrer Eigenschaft als Aktionär keine Auskünfte gegeben wurden sowie auf das Datum der Fertigstellung des Vorstandsberichts am 17.4.2009. Mit der Fertigstellung ist auch die Leistung der Unterschriften gemeint, weil erst die Unterschrift dazu führt, dass der Vorstandsbericht wirksam wird, weshalb die Frage hinreichend beantwortet ist.
(g) Soweit der Geschäftsführer der Klägerin zu 3) nach dem potentiellen Insolvenzzeitpunkt fragte, ist die gegebenen Antwort genügend - ohne Unterstützungsmaßnahmen im Sinne der Absichtserklärung und deren Umsätze wäre bereits „heute" - also am Tag der Hauptversammlung - keine positive Fortführungsprognose mehr möglich. Damit ist das genaue Datum hinreichend deutlich geworden, nämlich der 2.6.2009.
(h) Auch die Antwort auf die Frage zur Erläuterung der Restrukturierung entspricht den gesetzlichen Anforderungen. Der Vorstand nahm zulässigerweise Bezug auf die Ausführungen in seiner Rede und erläuterte mit dem Hinweis auf die Zukunft als Spezialbank für Immobilien- und Staatsfinanzierung den Kern der strategischen Neuausrichtung einschließlich der Refinanzierung über Pfandbriefe. Die Klägerin zu 3) hat nicht in Abrede gestellt, dass diese Zahlen in der Vorstandsrede genannt wurden, weshalb von einer hinreichenden Antwort ausgegangen werden muss.
i) Die Frage nach dem Kostensenkungspotential antwortete der Vorstand hinreichend. Eine zahlenmäßige Aufschlüsselung im Einzelnen war nicht möglich, weshalb der Hinweis auf die Erhöhung der Sicherheit als Antwort genügt. Dies steht auch in Einklang mit den Einschätzungen jedenfalls des Präsidenten der Deutschen Bundesbank bei seiner Anhörung im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages.
(j) Soweit der Geschäftsführer der Klägerin zu 3) nach der Notwendigkeit der vollständigen Kontrollerlangung durch die Bundesrepublik Deutschland fragte, musste dies nicht nochmals gesondert beantwortet werden, weil der Vorstand beispielsweise die Frage von Herrn Petersen, warum die Aktionäre der Beklagten „hinausgeschmissen" werden sollen - im Gegensatz zu Aktionären anderer Banken - beantwortete. Die Frage von Herrn Petersen ist vom Sinn her identisch mit der Frage des Geschäftsführers der Klägerin zu 3) nach dem Grund für die vollständige Kontrollerlangung, die mit dem intendierten Squeeze out erreicht werden soll. Bei seiner Antwort verwies der Vorstand auf die Notwendigkeit umfassender Liquiditäts- und Kapitalhilfen, die nur vom SoFFin kommen könne, sowie auf das Erfordernis weiterer Kapitalunterstützung, wofür die vollständige Kontrollerlangung durch den SoFFin Voraussetzung sei.
(k) Der Vorstand gab den wesentlichen Inhalt der Vereinbarung vom 28.3.2009 durch den Hinweis auf die Absicht des SoFFin, die HRE-Group hinreichend zu kapitalisieren und weitere Liquiditätshilfen zu stellen, bekannt. Einem Aktionär steht aber aufgrund von § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG kein weitergehender Anspruch auf Einsichtnahme in diese Vereinbarung zu; vielmehr haben die Aktionäre grundsätzlich nur einen Anspruch auf Erteilung einer mündlichen Auskunft in der Hauptversammlung. Der Umstand, dass die Gesellschaft einem Aktionär während der Hauptversammlung Einsicht in vorbereitete Unterlagen gewähren kann, ist nicht geeignet, einen Anspruch auf ein solches Vorgehen zu begründen (so ausdrücklich BGH NJW 1993, 1976, 1982; 1997, 1985, 1986 f.; LG Karlsruhe AG 1998, 99, 100; Kubis in: Münchener Kommentar zum AktG, 2. Aufl., Rdn. 78 zu § 131; Decher in: Großkommentar zum AktG, a.a.O., Rdn. 93 zu § 131; Hüffer, AktG, a.a.O., Rdn. 22 zu § 131; Spindler in: Schmidt/Lutter, AktG, 2008, Rdn. 51 zu § 131; Groß AG 1997, 97, 103 f.). Soweit in der Literatur vereinzelt für Ausnahmefälle eine gegenteilige Ansicht vertreten wird (vgl. Siems in: Spindler/Stilz, AktG, Rdn. 67 zu § 131; Heidel in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., Rdn. 25 zu § 131 AktG; Meilicke/Heidel DStR 1992, 72, 74 f.), vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Die Argumentation über das fehlende Einsichtsrecht im Aktienrecht im Unterschied zur Regelung in § 51 a Abs. 1 GmbHG überzeugt bereits deshalb nicht, weil gerade das Aktienrecht regelt, welche Unterlagen in der Hauptversammlung zur Einsicht ausgelegt werden müssen. Hieraus ist dann aber der Umkehrschluss zu ziehen, dass eine Einsichtnahme in andere Unterlagen, zu denen auch die Vereinbarung mit dem SoFFin gehört, nicht verlangt werden kann. Für die Auffassung der herrschenden Meinung spricht zudem auch das Wesen des Auskunftsanspruches als der kollektiven Willensbildung dienend. Diese ist nämlich nur dann gewährleistet, wenn alle Aktionäre die Antwort auf die mündlich zu stellende Frage wahrnehmen. Die unter Berücksichtigung von § 53 a AktG von der Gegenansicht zum Teil geforderte Unterbrechung der Hauptversammlung zur Gewährung der Einsicht (so v.a. Heidel in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, a.a.O., Rdn. 24 zu § 131) ist gerade bei umfangreichen Unterlagen wie dem Gutachten nicht praktikabel, weil die Erfassung durch die dann interessierten Aktionäre einen nicht unerheblichen Zeitraum in Anspruch nehmen würde. Der Vorstand gab mündlich Auskunft über die wesentlichen Aussagen der Vereinbarung, wie dies von § 131 Abs. 1 AktG verlangt wird. Dann aber wird davon auszugehen sein, dass selbst unter Zugrundelegung der Gegenansicht, die das Einsichtsrecht ausnahmsweise dann bejaht, wenn die mündliche Auskunft oder das Verlesen die Erfassung des Inhalts unmöglich macht, vorliegend ein Anspruch auf Einsicht nicht bejaht werden kann.
(l) Die Frage des Geschäftsführer der Klägerin zu 3) zum Umfang und zum Grund sowie den Vorteilen der „bis zu"-Klausel beantwortete der Vorstand unter Hinweis auf das Ziel, eine vollständige Kontrolle zu erlangen. Auch bestätigte er, der SoFFin wolle lediglich die vom Gesetz vorgegebene 90 %-Mehrheit erlangen. Bezüglich der Vorteile genügte die Antwort angesichts der Volatilität der Aktienmärkte, weil angesichts dessen eine eindeutige Aussage über genau berechnete finanzielle Vorteile nicht möglich war.
(3) Der Vortrag einzelner Kläger, gestellten Fragen seien nicht hinreichend beantwortet worden, genügt nicht den Anforderungen an eine substantiierte Rüge im Anfechtungsverfahren. Anfechtungsgründe müssen in ihrem wesentlichen tatsächlichen Kern innerhalb der Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG in den Rechtsstreit eingeführt werden. Diesem Erfordernis genügt dieser Vortrag, auf der Hauptversammlung seien Fragen nicht oder nicht ausreichend beantwortet worden, nicht, was der ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur entspricht (vgl. BGH AG 2009, 285, 290 = NZG 2009, 342, 347 = ZIP 2009, 460, 466 - Kirch/Deutsche Bank; OLG Düsseldorf AG 2005, 293, 297 - jeweils speziell zum Fragerecht; allgemein K. Schmidt in: Großkommentar zum AktG, a.a.O., Rdn. 22 zu § 246; Hüffer, AktG, a.a.O., Rdn. 26 zu § 246; Dörr in: Spindler/Stilz, AktG, Rdn. 19 zu § 246; Hüffer in: Münchener Kommentar zum AktG, 2. Aufl., Rdn. 41 zu § 246).
4. Die hilfsweise erhobenen Nichtigkeitsklagen können nach dem innerstaatlichen Recht keinen Erfolg haben, weil ein gem. § 241 AktG zur Nichtigkeit führender Mangel des Beschlusses der Hauptversammlung nicht erkennbar ist.
III.
Das Gericht übt sein Ermessen dahingehend aus, dass zur Beurteilung der europarechtlichen Vorfrage über die Vereinbarkeit der Ladungsfrist von weniger als 21 Tagen mit Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 36/2007/EG die Entscheidung des Gerichtshofs eingeholt wird, auch wenn Art. 234 EG-Vertrag bzw. Art. 267 VAEU eine Vorlage nur für das letztinstanzliche Gericht zwingend vorschreibt. Die Frage der Vereinbarkeit der Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 2 FMStBG mit Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 36/2007/EG ist nach Einschätzung der Kammer aus den unter I. und II. dargelegten Gründen für den Ausgang des Verfahrens entscheidungserheblich. Einen „acte claire" vermag die Kammer nicht zu erkennen, soweit es um die Sperrwirkung der Richtlinie bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist geht, nachdem die zu dieser Problematik entschiedenen Fälle gerade im Bereich des Umweltrechts anders gelagert sind und es vorliegend um die Frage geht, inwieweit ein Vorwirkungsverbot auch bei aktienrechtlichen Hauptversammlungsbeschlüssen bestehen kann, wenn die Aktionäre unter Beachtung der Vorgaben der einschlägigen Richtlinie 36/2007/EG keine hinreichende Zeit zur Vorbereitung der Hauptversammlung hatten und als Folge einer gesetzlichen Anordnung sie nur mehr Schadensersatz verlangen können angesichts der Bestandskraft der Erhöhung des Grundkapitals, die nicht rückgängig gemacht werden kann.
Soweit die Beklagte einwendet, angesichts des Umfangs der Garantiezusagen und Eigenkapitalhilfen sei die Beklagte auf Rechtssicherheit angewiesen, ist dieser Umstand der Kammer bewusst. Allerdings wird die erstrebte Rechtssicherheit gerade für die Kapitalerhöhung durch die gesetzliche Anordnung in § 7 c Satz 3 FMStBG mit der Verweisung auch auf 246 a Abs. 4 Satz 2 AktG gesichert. Denn selbst wenn die Anfechtungsklagen erfolg haben sollten, bleibt die Kapitalerhöhung als Basis der Restrukturierung und Rekapitalisierung der Gesellschaft wirksam. Soweit sich die Beklagte im Zusammenhang mit der Ermessensentscheidung auf den Beschluss der nachfolgenden Hauptversammlung mit dem Squeeze out beruft, ist dem entgegenzuhalten, dass in diesem Verfahren nur der Kapitalerhöhungsbeschluss der Hauptversammlung vom 2.6.2009 streitgegenständlich ist.
Angesichts dessen war das Verfahren auszusetzen und in Übereinstimmung mit der Anregung gerade auch der Klägerin zu 2) dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung vorzulegen.
Dr. Krenek Reichert Dr. Schleich
Vorsitzender Richter Handelsrichter Handelsrichter
am Landgericht