EuGH: EuGH: Weigerung eines Unternehmens in beherrschender Stellung zur Sicherstellung der Interoperabilität seiner Plattform mit einer App eines anderen Unternehmens, die dadurch attraktiver würde, kann missbräuchlich sein
EuGH, Urteil vom 25.2.2025 – C-233/23; Alphabet Inc., Google LLC, Google Italy Srl gegen Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato
ECLI:EU:C:2025:110
Volltext: BB-Online BBL2025-513-1
Tenor
1. Art. 102 AEUV ist dahin auszulegen, dass die Weigerung eines Unternehmens in beherrschender Stellung, das eine digitale Plattform entwickelt hat, auf Ersuchen eines Drittunternehmens die Interoperabilität dieser Plattform mit einer von diesem Drittunternehmen entwickelten Anwendung zu gewährleisten, einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellen kann, obwohl diese Plattform für die kommerzielle Nutzung der Anwendung auf einem nachgelagerten Markt zwar nicht unerlässlich ist, aber geeignet ist, diese Anwendung für die Verbraucher attraktiver zu machen, wenn diese Plattform von dem Unternehmen in beherrschender Stellung nicht ausschließlich für die Zwecke seiner eigenen Tätigkeit entwickelt wurde.
2. Art. 102 AEUV ist dahin auszulegen, dass der Umstand, dass sowohl das Unternehmen, das eine Anwendung entwickelt und ein Unternehmen in beherrschender Stellung ersucht hat, die Interoperabilität dieser Anwendung mit der digitalen Plattform, deren Inhaber das beherrschende Unternehmen ist, zu gewährleisten, als auch die Wettbewerber des ersten Unternehmens auf dem Markt, zu dem diese Anwendung gehört, tätig geblieben sind und ihre Stellung auf diesem Markt ausgebaut haben, obwohl sie eine solche Interoperabilität nicht nutzen konnten, für sich allein nicht darauf hindeuten kann, dass die Weigerung des Unternehmens in beherrschender Stellung, diesem Ersuchen nachzukommen, keine wettbewerbswidrigen Auswirkungen haben konnte. Unter Berücksichtigung aller relevanten tatsächlichen Umstände ist zu prüfen, ob diese Verhaltensweise des Unternehmens in beherrschender Stellung geeignet war, die Aufrechterhaltung oder Entwicklung des Wettbewerbs auf dem betreffenden Markt zu behindern.
3. Art. 102 AEUV ist dahin auszulegen, dass, wenn ein Verhalten, das darin besteht, dass sich ein Unternehmen in beherrschender Stellung weigert, die Interoperabilität einer von einem Drittunternehmen entwickelten Anwendung mit einer digitalen Plattform, deren Inhaber das Unternehmen in beherrschender Stellung ist, zu gewährleisten, als Missbrauch im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden kann, das letztgenannte Unternehmen sich als objektive Rechtfertigung für seine Weigerung mit Erfolg darauf berufen kann, dass es zu dem Zeitpunkt, zu dem das Drittunternehmen um einen solchen Zugang ersucht hat, kein Template gab, das die Interoperabilität gewährleisten kann, wenn die Gewährung einer solchen Interoperabilität mittels dieses Templates für sich genommen und in Anbetracht der Eigenschaften der Anwendung, für die die Interoperabilität beantragt wird, die Integrität der betreffenden Plattform oder die Sicherheit ihrer Benutzung gefährden würde oder wenn es aus anderen technischen Gründen unmöglich wäre, diese Interoperabilität durch die Entwicklung dieses Templates zu gewährleisten. Ist dies nicht der Fall, ist das Unternehmen in beherrschender Stellung verpflichtet, ein solches Template innerhalb eines hierfür erforderlichen angemessenen Zeitraums und gegebenenfalls gegen eine angemessene finanzielle Gegenleistung unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Drittunternehmens, das um diese Entwicklung ersucht hat, der tatsächlichen Kosten dieser Entwicklung und des Rechts des Unternehmens in beherrschender Stellung, daraus einen angemessenen Nutzen zu erzielen, zu entwickeln.
4. Art. 102 AEUV ist dahin auszulegen, dass sich eine Wettbewerbsbehörde bei der Beurteilung, ob ein Missbrauch vorliegt, der in der Weigerung eines Unternehmens in beherrschender Stellung besteht, die Interoperabilität einer von einem Drittunternehmen entwickelten Anwendung mit einer digitalen Plattform, deren Inhaber das Unternehmen in beherrschender Stellung ist, zu gewährleisten, darauf beschränken kann, den nachgelagerten Markt zu identifizieren, auf dem diese Weigerung wettbewerbswidrige Auswirkungen haben kann, auch wenn es sich bei diesem nachgelagerten Markt nur um einen potenziellen Markt handelt, wobei eine solche Identifizierung nicht notwendigerweise eine genaue Definition des sachlich und räumlich relevanten Marktes erfordert.
Aus den Gründen
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 102 AEUV.
2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Alphabet Inc., der Google LLC und der Google Italy Srl auf der einen Seite und der Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato (Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde, Italien) (im Folgenden: AGCM) auf der anderen Seite wegen der Entscheidung dieser Behörde, gegen die Gesellschaften Sanktionen aufgrund eines Verstoßes gegen Art. 102 AEUV zu verhängen, weil sie sich weigerten, die Interoperabilität einer Anwendung zu ermöglichen, die von einem Drittunternehmen entwickelt wurde, um Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Aufladen von Elektrofahrzeugen mit der von diesen Gesellschaften angebotenen digitalen Plattform Android Auto (im Folgenden: Android Auto) zu erbringen.
Rechtlicher Rahmen
3 Art. 102 AEUV bestimmt:
„Mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten ist die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.
Dieser Missbrauch kann insbesondere in Folgendem bestehen:
a) der unmittelbaren oder mittelbaren Erzwingung von unangemessenen Einkaufs- oder Verkaufspreisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
b) der Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung zum Schaden der Verbraucher;
c) der Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;
d) der an den Abschluss von Verträgen geknüpften Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
4 Google ist eine Tochtergesellschaft von Alphabet und kontrolliert Google Italy mit Sitz in Italien.
5 Google entwickelte Android OS, ein Betriebssystem für mobile Geräte verschiedener Hersteller. Dieses System, das als „Open-source“-Lizenz zur Verfügung gestellt wird, kann grundsätzlich kostenlos genutzt und modifiziert werden, ohne dass es einer Genehmigung bedarf.
6 Android Auto, das 2015 von Google eingeführt wurde, wurde für mobile Geräte entwickelt, die mit dem Betriebssystem Android OS funktionieren, um es ihren Nutzern zu ermöglichen, direkt über den Bildschirm des Infotainmentsystems eines Fahrzeugs auf bestimmte Anwendungen auf ihren mobilen Geräten zuzugreifen.
7 Um die Interoperabilität jeder Anwendung mit Android Auto zu gewährleisten und gleichzeitig zu vermeiden, dass zu diesem Zweck langwierige und kostspielige Tests durchgeführt werden, bietet Google Lösungen für alle Kategorien von Anwendungen in Form von „Templates“ (Modellen) für jede Interoperabilitätslösung an (im Folgenden: Template). Diese ermöglichen es Dritten, Versionen ihrer eigenen Anwendungen zu erstellen, die mit Android Auto kompatibel sind. Ende 2018 waren die Templates für Multimedia- und Messaging-Anwendungen verfügbar. Um den Bedürfnissen der Nutzer von Navigationsanwendungen gerecht zu werden, entwickelte oder erwarb Google auch Kartografie- und Navigationsanwendungen, nämlich Google Maps und Waze, die mit Android Auto kompatibel sind. Darüber hinaus erlaubte Google in einigen Fällen Drittentwicklern, personalisierte Anwendungen ohne ein im Voraus festgelegtes Template zu entwickeln.
8 Die Enel X Italia Srl ist Teil der Enel-Gruppe, die mehr als 60 % der Ladestationen für Elektrofahrzeuge in Italien betreibt und Dienstleistungen für ein solches Aufladen erbringt.
9 Im Mai 2018 führte Enel X Italia die Anwendung JuicePass ein, die für die Nutzer von mobilen Geräten verfügbar ist, die mit dem Betriebssystem Android OS funktionieren, und bei Google Play heruntergeladen werden kann. Diese Anwendung bot eine Reihe von Funktionen für das Aufladen von Elektrofahrzeugen an. Insbesondere ermöglichte sie es deren Nutzern, Ladestationen auf einer Karte zu suchen und zu buchen, die Suchabfrage auf die Anwendung Google Maps zu übertragen, um die Navigation zur gewählten Ladestation zu ermöglichen, und den Ladevorgang und die entsprechende Zahlung einzuleiten, zu unterbrechen und zu überwachen.
10 Im September 2018 ersuchte Enel X Italia Google, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Interoperabilität von JuicePass mit Android Auto zu gewährleisten, was Google mit der Begründung ablehnte, dass Multimedia- und Messaging-Anwendungen die einzigen Anwendungen von Drittunternehmen seien, die mit Android Auto kompatibel seien. Auf ein weiteres Ersuchen von Enel X Italia im Dezember 2018 hin weigerte sich Google im Januar 2019 erneut, diese Maßnahmen zu ergreifen, und zwar aus Sicherheitsgründen und wegen der Notwendigkeit einer rationalen Zuweisung der für die Erstellung eines neuen Templates erforderlichen Ressourcen.
11 Am 12. Februar 2019 wandte sich Enel X Italia an die AGCM und machte geltend, dass das Verhalten von Google, das in der ungerechtfertigten Weigerung bestehe, die Benutzung der Anwendung JuicePass über Android Auto zu ermöglichen, einen Verstoß gegen Art. 102 AEUV darstelle.
12 Im Oktober 2020 veröffentlichte Google ein Template für die Entwicklung experimenteller Versionen von Ladeanwendungen für Elektrofahrzeuge, die mit Android Auto kompatibel sind.
13 Mit Entscheidung vom 27. April 2021 stellte die AGCM fest, dass das Verhalten von Google, das darin bestanden habe, die Verfügbarkeit der Anwendung JuicePass auf der Plattform Android Auto zu behindern und zu verzögern, einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV darstelle. Diese Behörde gab Google u. a. auf, die endgültige Version des für die Entwicklung von Ladeanwendungen für Elektrofahrzeuge bestimmten Templates zu veröffentlichen und in dieser Version möglicherweise fehlende Funktionen, die Enel X Italia als wesentlich angegeben hatte, zu entwickeln. Außerdem verhängte sie gegen Alphabet, Google und Google Italy gesamtschuldnerisch eine Geldbuße in Höhe von 102 084 433,91 Euro.
14 Diese Gesellschaften erhoben gegen die Entscheidung der AGCM Klage beim Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Regionales Verwaltungsgericht Latium, Italien), das die Klage in vollem Umfang abwies.
15 Gegen dieses Urteil legten die Gesellschaften beim Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien), dem vorlegenden Gericht, ein Rechtsmittel ein.
16 Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass die AGCM der Ansicht gewesen sei, Google habe in Beantwortung des Ersuchens von Enel X Italia keine geeigneten IT-Lösungen bereitgestellt und damit die Verfügbarkeit der Anwendung JuicePass für Android Auto in ungerechtfertigter Weise behindert und verzögert. Es führt aus, die AGCM sei davon ausgegangen, dass das Verhalten von Google wegen ihrer beherrschenden Stellung für den Schutz des Wettbewerbs und die Marktdynamik von Bedeutung sei, da Google eine zentrale Rolle insbesondere dabei zukomme, gewerblichen Nutzern, im vorliegenden Fall Entwicklern, den Zugang zu der aus den Endnutzern von Anwendungen bestehenden Öffentlichkeit zu ermöglichen. Vor allem der Typus und die besonderen Eigenschaften der Anwendungen, die auf Android Auto öffentlich gemacht werden könnten, sowie der Zeitpunkt der Festlegung und Lieferung der zur Programmierung erforderlichen Instrumente seien ausschließlich von Google abhängig.
17 Es weist weiter darauf hin, dass nach Ansicht der AGCM ein echter Wettbewerb zwischen den Anwendungen Google Maps und JuicePass bestehe, da diese beiden Anwendungen Such- und Navigationsdienste in Bezug auf Ladestationen für Elektrofahrzeuge anböten. Zwischen diesen Anwendungen bestehe auch ein potenzieller Wettbewerb, da JuicePass Funktionen anbiete, die neu seien, aber künftig in Google Maps integriert werden könnten. Die AGCM habe die Auffassung vertreten, dass angesichts der teilweisen Überschneidung zwischen diesen Anwendungen und des Umstands, dass die Anwendung Google Maps in Android Auto integriert worden sei, während die Anwendung JuicePass davon ausgeschlossen worden sei, die Weigerung von Google im Kontext einer Interoperabilitätsverweigerung zu sehen sei, die der Verweigerung eines Vertragsschlusses gleichkomme. Dies habe zu einer Verletzung des Grundsatzes gleicher Wettbewerbsbedingungen geführt, die sich aus der Gewährung eines unlauteren Vorteils zugunsten der Anwendung von Google zum Nachteil der Anwendung eines Mitbewerbers von Google ergebe.
18 Alphabet, Google und Google Italy machen vor dem vorlegenden Gericht u. a. geltend, die AGCM habe die Voraussetzungen für die Beurteilung, ob die Verweigerung einer Lieferung missbräuchlich sei, nicht ordnungsgemäß geprüft, und werfen dieser Behörde im Wesentlichen vor, nicht geprüft zu haben, ob der Zugang zu Android Auto für die Anwendung JuicePass unerlässlich sei. Das Verhalten von Google sei auch durch objektive und legitime Erwägungen gerechtfertigt gewesen.
19 Da das ihnen vorgeworfene Verhalten den Zugang zu Android Auto betreffe, sei es für die Feststellung des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung zudem erforderlich gewesen, den relevanten Markt zu definieren, auf dem Android Auto tätig sei, und festzustellen, dass diese Anwendung auf diesem Markt eine beherrschende Stellung gehabt habe. Darüber hinaus habe die AGCM weder den relevanten nachgelagerten Markt noch die beherrschende Stellung von Google auf diesem Markt ermittelt, sondern lediglich ein „Wettbewerbsumfeld“ bestimmt, in dem Navigationsanwendungen mit Ladeanwendungen für Elektrofahrzeuge in Wettbewerb stünden, ohne die Analyse vorzunehmen, die erforderlich sei, um zu dem Schluss zu gelangen, dass es sich bei einem solchen „Wettbewerbsumfeld“ im Hinblick auf das Wettbewerbsrecht um einen relevanten Markt handle. Schließlich könne nicht behauptet werden, dass es zwischen Google Maps und JuicePass ein Wettbewerbsverhältnis gebe.
20 Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass das Verhalten von Google angesichts seiner möglichen Auswirkungen auf den besonderen Wirtschaftssektor, zu dem es gehöre, eine missbräuchliche Verweigerung einer Lieferung darstellen und gegen Art. 102 AEUV verstoßen könne.
21 Es führt aus, dass Google über das Betriebssystem Android OS und Google Play eine marktbeherrschende Stellung einnehme, da Android Auto nur eine Entwicklung dieses Betriebssystems für das Infotainmentsystem eines Kraftfahrzeugs sei. Der Zugang zu Android Auto erscheine „unerlässlich“, damit Enel X Italia den Endnutzern leicht und sicher nutzbare Anwendungen anbieten könne, wenn diese Nutzer ein solches Fahrzeug lenkten. Dabei sollte die Schnelligkeit der Entwicklung im digitalen Sektor nicht außer Acht gelassen werden, was dazu führen könne, dass Waren oder Dienstleistungen, die ursprünglich nur zur Erleichterung der Nutzung bereits vorhandener Waren konzipiert gewesen seien, als „erforderlich“ angesehen werden könnten.
22 Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts ist das Verhalten von Google potenziell geeignet, den Wettbewerb auf dem Markt auszuschalten. Angesichts der Merkmale der digitalen Märkte könnte nämlich geltend gemacht werden, dass, wenn JuicePass kein Zugang zu Android Auto ermöglicht worden wäre, die Verbraucher ihr Interesse an JuicePass verloren hätten und dass ein solches Verhalten dazu hätte führen können, die Nutzer daran zu hindern, von einem besseren Erzeugnis Gebrauch zu machen, für das eine potenzielle Nachfrage bestehe. Außerdem sei nicht auszuschließen, dass eine bestehende generische Anwendungssoftware, nämlich Google Maps, auch die besonderen Funktionen von JuicePass umfassen könne. Im Übrigen werde die Weigerung von Google gegenüber Enel X Italia nicht von echten objektiven Rechtfertigungsgründen gestützt.
23 Das vorlegende Gericht hält es daher für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits für erforderlich, Hinweise zur Auslegung von Art. 102 AEUV und insbesondere zur auf das Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C-7/97, EU:C:1998:569), zurückgehenden Rechtsprechung zu erhalten, die die Verweigerung des Zugangs zu einer Infrastruktur eines Unternehmens in beherrschender Stellung betraf. Insoweit ist das vorlegende Gericht der Ansicht, dass diese Rechtsprechung im vorliegenden Fall nicht unmittelbar anwendbar zu sein scheine, und fragt sich, ob die Besonderheiten der Funktionsweise der digitalen Märkte es rechtfertigten, in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens von den in diesem Urteil angeführten Voraussetzungen abzuweichen oder sie zumindest flexibel auszulegen. Es hegt auch Zweifel im Hinblick darauf, wie die Wettbewerbsbehörden die relevanten Märkte in einem Fall der Zugangsverweigerung wie demjenigen, mit dem es befasst ist, definieren sollten.
24 Unter diesen Umständen hat der Consiglio di Stato (Staatsrat) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Ist das Erfordernis der Unerlässlichkeit eines Erzeugnisses, dessen Lieferung verweigert wurde, im Sinne von Art. 102 AEUV dahin auszulegen, dass der Zugang für die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit auf einem benachbarten Markt unerlässlich sein muss, oder genügt es, dass dieser Zugang für eine erleichterte Verwendung der von dem Unternehmen, das um den Zugang ersucht, angebotenen Erzeugnisse oder Dienstleistungen unerlässlich ist, insbesondere wenn das von der Weigerung betroffene Erzeugnis im Wesentlichen die Funktion hat, die Nutzung bereits bestehender Erzeugnisse oder Dienstleistungen einfacher und leichter zu gestalten?
2. Kann bei einem als Verweigerung einer Lieferung eingestuften Verhalten ein missbräuchliches Verhalten im Sinne von Art. 102 AEUV in einem Kontext angenommen werden, in dem, ungeachtet des fehlenden Zugangs zu dem verlangten Erzeugnis, i) das ersuchende Unternehmen bereits auf dem Markt tätig war und während des gesamten Zeitraums des angeblichen Missbrauchs auf diesem Markt ständig gewachsen ist und ii) andere Wirtschaftsteilnehmer, die mit dem um Zugang zu dem Erzeugnis ersuchenden Unternehmen im Wettbewerb stehen, weiter auf dem Markt tätig waren?
3. Ist Art. 102 AEUV im Zusammenhang mit einem Missbrauch, der in der Verweigerung des Zugangs zu einem Erzeugnis oder einer Dienstleistung besteht, die unerlässlich sein soll, dahin auszulegen, dass das Nichtvorhandensein des Erzeugnisses oder der Dienstleistung zum Zeitpunkt des Ersuchens um Lieferung als objektive Rechtfertigung dieser Weigerung zu berücksichtigen ist, oder ist zumindest eine Wettbewerbsbehörde verpflichtet, anhand objektiver Elemente zu beurteilen, wie lange ein beherrschendes Unternehmen benötigt, das Erzeugnis oder die Dienstleistung zu entwickeln, die Gegenstand des Zugangsersuchens ist, oder kann vielmehr vom beherrschenden Unternehmen angesichts der Verantwortung, die ihm auf dem Markt zukommt, verlangt werden, dem um Zugang Ersuchenden den für die Entwicklung des Erzeugnisses erforderlichen zeitlichen Rahmen mitzuteilen?
4. Ist Art. 102 AEUV dahin auszulegen, dass ein beherrschendes Unternehmen, das die Kontrolle über eine digitale Plattform innehat, dazu verpflichtet sein kann, seine eigenen Erzeugnisse anzupassen oder neue Erzeugnisse zu entwickeln, so dass diejenigen, die darum ersuchen, Zugang zu diesen Erzeugnissen erhalten können? Ist ein beherrschendes Unternehmen in einem solchen Fall verpflichtet, die allgemeinen Marktanforderungen oder die Bedürfnisse eines einzelnen Unternehmens, das um Zugang zu dem angeblich unerlässlichen Input ersucht, zu berücksichtigen, oder muss es zumindest angesichts seiner besonderen Verantwortung, die ihm auf dem Markt zukommt, objektive Kriterien für die Prüfung der entsprechenden Zugangsersuchen und für deren Ordnung nach Priorität festlegen?
5. Ist Art. 102 AEUV im Zusammenhang mit einem Missbrauch, der in der Verweigerung des Zugangs zu einem Erzeugnis oder einer Dienstleistung besteht, die unerlässlich sein soll, dahin auszulegen, dass eine Wettbewerbsbehörde vorab den von dem Missbrauch betroffenen relevanten nachgelagerten Markt bestimmen und identifizieren muss, und kann es sich dabei auch um einen nur potenziellen Markt handeln?
Zur Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens
25 Enel X Italia hält das Vorabentscheidungsersuchen für unzulässig, da eine Beantwortung der Vorlagefragen durch den Gerichtshof für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits nicht erforderlich sei. Das vorlegende Gericht habe sich nämlich bereits eine Meinung zu der Richtung gebildet, der es folgen wolle, und ersuche den Gerichtshof nicht, Zweifel in Bezug auf die Auslegung von Art. 102 AEUV auszuräumen, sondern eine Entscheidung zu erlassen, die diese Auffassung bestätige und in künftigen Verfahren, in denen möglicherweise Fragen aufgeworfen würden, die mit den im Ausgangsverfahren vorgelegten Fragen identisch seien, als Bezugspunkt dienen könne.
26 Nach ständiger Rechtsprechung ist es im Rahmen der durch Art. 267 AEUV geschaffenen Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten allein Sache des nationalen Gerichts, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, anhand der Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen zu beurteilen. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung des Unionsrechts betreffen (Urteil vom 4. Oktober 2024, Bezirkshauptmannschaft Landeck [Versuchter Zugang zu auf einem Mobiltelefon gespeicherten personenbezogenen Daten], C-548/21, EU:C:2024:830, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).
27 Folglich gilt für eine Vorlagefrage, die das Unionsrecht betrifft, eine Vermutung der Entscheidungserheblichkeit. Der Gerichtshof kann die Beantwortung einer solchen Frage nur ablehnen, wenn die erbetene Auslegung oder Beurteilung der Gültigkeit einer Vorschrift des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Frage erforderlich sind (Urteil vom 4. Oktober 2024, Bezirkshauptmannschaft Landeck [Versuchter Zugang zu auf einem Mobiltelefon gespeicherten personenbezogenen Daten], C-548/21, EU:C:2024:830, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).
28 Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass zum einen der Ausgangsrechtsstreit wegen der Weigerung von Google, einem Ersuchen eines Drittunternehmens, die Interoperabilität einer von diesem Unternehmen entwickelten Anwendung mit einer von Google entwickelten digitalen Plattform zu ermöglichen, nachzukommen, die Anwendung von Art. 102 AEUV betrifft und zum anderen das vorlegende Gericht wissen möchte, wie Art. 102 AEUV im Fall einer solchen Weigerung auszulegen ist. Die Fragen des vorlegenden Gerichts betreffen im Wesentlichen zunächst den Begriff der „Unerlässlichkeit“ des Zugangs zu der Ware oder Dienstleistung, die Gegenstand einer Verweigerung einer Lieferung ist, sodann die Frage nach den Auswirkungen des dem Unternehmen in beherrschender Stellung vorgeworfenen Verhaltens, weiter den Begriff „objektive Rechtfertigung“ und die etwaigen Verpflichtungen dieses Unternehmens sowie schließlich die Definition des Marktes, auf dem wettbewerbswidrige Auswirkungen auftreten könnten.
29 Im Übrigen werden in der Vorlageentscheidung die genauen Gründe angegeben, aus denen dem vorlegenden Gericht die Auslegung von Art. 102 AEUV fraglich und die Vorlage von Vorabentscheidungsfragen an den Gerichtshof erforderlich erscheint.
30 Unter diesen Umständen ist nicht offensichtlich, dass die erbetene Auslegung von Art. 102 AEUV in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht oder dass das aufgeworfene Problem hypothetischer Natur ist.
31 Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass, wie im Wesentlichen in Nr. 18 der Empfehlungen an die nationalen Gerichte bezüglich der Vorlage von Vorabentscheidungsersuchen (ABl. C, C/2024/6008) ausgeführt wird, die insoweit mit Nr. 18 der 2019 veröffentlichten Empfehlungen (ABl. 2019, C 380, S. 1) identisch ist, die Zulässigkeit dieser Fragen durch die Darlegung einiger Erwägungen des vorlegenden Gerichts dazu, wie die vorgelegten Fragen seines Erachtens beantwortet werden sollten, nicht in Frage gestellt wird.
32 Das Vorabentscheidungsersuchen ist daher zulässig.
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
33 Nach ständiger Rechtsprechung ist es im Rahmen der durch Art. 267 AEUV begründeten Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof dessen Aufgabe, dem nationalen Gericht eine für die Entscheidung des bei diesem anhängigen Rechtsstreits sachdienliche Antwort zu geben. Hierzu hat der Gerichtshof die ihm vorgelegten Fragen gegebenenfalls umzuformulieren. Er hat insoweit aus dem gesamten vom einzelstaatlichen Gericht vorgelegten Material, insbesondere der Begründung der Vorlageentscheidung, diejenigen Elemente des Unionsrechts herauszuarbeiten, die unter Berücksichtigung des Gegenstands des Rechtsstreits einer Auslegung bedürfen (Urteil vom 30. April 2024, M. N.[EncroChat], C-670/22, EU:C:2024:372, Rn. 78 und die dort angeführte Rechtsprechung).
34 Im vorliegenden Fall geht das vorlegende Gericht, wie aus dem Vorabentscheidungsersuchen hervorgeht, von der Prämisse aus, dass Android Auto eine Infrastruktur im digitalen Sektor darstelle und dass Google zum Zeitpunkt des den Rechtsmittelführerinnen des Ausgangsverfahrens vorgeworfenen Verhaltens, das darin bestanden habe, sich zu weigern, die Interoperabilität einer von einem Drittunternehmen entwickelten Anwendung mit Android Auto zu ermöglichen, eine beherrschende Stellung auf dem Markt, zu dem Android Auto gehöre, innegehabt habe. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des Verfahrens nach Art. 267 AEUV, das auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht, allein das nationale Gericht für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts des Ausgangsrechtsstreits zuständig ist (Urteil vom 18. April 2024, Heureka Group [Online-Preisvergleichsdienst], C-605/21, EU:C:2024:324, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).
35 Aus dem Vorabentscheidungsersuchen geht auch hervor, dass sich das vorlegende Gericht fragt, ob es in Anbetracht der besonderen Merkmale des Funktionierens der digitalen Märkte, die von einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden betroffen sind, und unter Berücksichtigung der Funktionsweise einer digitalen Plattform wie Android Auto nicht gerechtfertigt ist, von den u. a. im Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C-7/97, EU:C:1998:569), aufgestellten Voraussetzungen abzuweichen oder sie zumindest flexibel auszulegen, wenn es um die Anwendung von Art. 102 AEUV auf ein Verhalten geht, das in der Weigerung eines Unternehmens in beherrschender Stellung, das eine digitale Plattform entwickelt hat, besteht, auf Ersuchen eines Drittunternehmens Zugang zu dieser Plattform zu ermöglichen, indem es deren Interoperabilität mit einer von diesem Drittunternehmen entwickelten Anwendung gewährleistet, d. h. im Wesentlichen in der Weigerung, die Interoperabilität der Plattform mit dieser Anwendung zu gewährleisten.
36 Somit ist davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht mit seiner ersten Frage im Wesentlichen wissen möchte, ob Art. 102 AEUV dahin auszulegen ist, dass die Weigerung eines Unternehmens in beherrschender Stellung, das eine digitale Plattform entwickelt hat, auf Ersuchen eines Drittunternehmens die Interoperabilität dieser Plattform mit einer von diesem Drittunternehmen entwickelten Anwendung zu gewährleisten, einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellen kann, obwohl diese Plattform für die kommerzielle Nutzung der Anwendung auf einem nachgelagerten Markt zwar nicht unerlässlich ist, aber geeignet ist, diese Anwendung für die Verbraucher attraktiver zu machen.
37 Dazu ist festzustellen, dass nach Art. 102 AEUV die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen verboten ist, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Dieser Artikel soll verhindern, dass der Wettbewerb zulasten des Allgemeininteresses, der einzelnen Unternehmen und der Verbraucher beeinträchtigt wird, indem Verhaltensweisen von Unternehmen in beherrschender Stellung geahndet werden, die den Leistungswettbewerb beschränken und somit geeignet sind, den Verbrauchern einen unmittelbaren Schaden zuzufügen, oder die diesen Wettbewerb verhindern oder verfälschen und somit geeignet sind, ihnen einen mittelbaren Schaden zuzufügen (Urteil vom 10. September 2024, Google und Alphabet/Kommission [Google Shopping], C-48/22 P, EU:C:2024:726, Rn. 87 und die dort angeführte Rechtsprechung).
38 Um solche Verhaltensweisen handelt es sich bei denjenigen, die auf einem Markt, auf dem der Grad des Wettbewerbs gerade wegen der Anwesenheit eines oder mehrerer Unternehmen in beherrschender Stellung bereits geschwächt ist, die Aufrechterhaltung des auf dem Markt noch bestehenden Grades an Wettbewerb oder die Entwicklung des Wettbewerbs durch den Einsatz anderer Mittel als denen eines Leistungswettbewerbs zwischen den Unternehmen behindern (Urteil vom 10. September 2024, Google und Alphabet/Kommission [Google Shopping], C-48/22 P, EU:C:2024:726, Rn. 88 und die dort angeführte Rechtsprechung).
39 Zu Verhaltensweisen, die darin bestehen, den Zugang zu einer Infrastruktur zu verweigern, die ein beherrschendes Unternehmen für seine eigenen Tätigkeiten entwickelt und in Besitz hat, ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass eine solche Verweigerung dann einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellen kann, wenn nicht nur diese Verweigerung geeignet ist, jeglichen Wettbewerb auf dem in Rede stehenden Markt durch denjenigen, der den Zugang begehrt, auszuschalten, und nicht objektiv zu rechtfertigen ist, sondern die Infrastruktur selbst auch für die Ausübung der Tätigkeit des Wettbewerbers in dem Sinne unerlässlich ist, dass kein tatsächlicher oder potenzieller Ersatz für sie besteht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. November 1998, Bronner, C-7/97, EU:C:1998:569, Rn. 41, und vom 10. September 2024, Google und Alphabet/Kommission [Google Shopping], C-48/22 P, EU:C:2024:726, Rn. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung).
40 Dass in Rn. 41 des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C-7/97, EU:C:1998:569), diese Voraussetzungen verlangt wurden, war durch die besonderen Umstände jener Rechtssache bedingt, in der es um die Weigerung eines beherrschenden Unternehmens ging, einem Wettbewerber Zugang zu einer Infrastruktur zu gewähren, die es für seine eigene Tätigkeit entwickelt hatte, und um keine andere Verhaltensweise (Urteile vom 25. März 2021, Deutsche Telekom/Kommission, C-152/19 P, EU:C:2021:238, Rn. 45, und vom 10. September 2024, Google und Alphabet/Kommission [Google Shopping], C-48/22 P, EU:C:2024:726, Rn. 90 und die dort angeführte Rechtsprechung).
41 Die Feststellung, dass ein Unternehmen in beherrschender Stellung diese dadurch missbraucht hat, dass es sich geweigert hat, mit einem Wettbewerber einen Vertrag zu schließen, bedeutet nämlich letztlich, dass das Unternehmen gezwungen wird, mit dem Wettbewerber einen Vertrag zu schließen. Eine solche Verpflichtung stellt jedoch einen schweren Eingriff in die Vertragsfreiheit und das Eigentumsrecht des beherrschenden Unternehmens dar, da es einem Unternehmen, auch wenn es eine beherrschende Stellung innehat, grundsätzlich freisteht, den Abschluss eines Vertrags zu verweigern und die von ihm aufgebaute Infrastruktur für eigene Zwecke zu nutzen (Urteile vom 25. März 2021, Deutsche Telekom/Kommission, C-152/19 P, EU:C:2021:238, Rn. 46, und vom 10. September 2024, Google und Alphabet/Kommission [Google Shopping], C-48/22 P, EU:C:2024:726, Rn. 91).
42 Außerdem ist zu bedenken, dass die Verurteilung eines Unternehmens wegen Missbrauchs seiner beherrschenden Stellung durch die Weigerung, mit einem Wettbewerber Verträge abzuschließen, den Wettbewerb zwar kurzfristig fördert, es langfristig aber im Allgemeinen gut für den Wettbewerb ist und im Interesse der Verbraucher liegt, es einem Unternehmen zu ermöglichen, die Infrastruktur, die es für seine Tätigkeit entwickelt hat, seinem eigenen Gebrauch vorzubehalten. Würde der Zugang zu einer Produktions-, Einkaufs- oder Vertriebsinfrastruktur zu leicht gewährt, bestünde für die Wettbewerber nämlich kein Anreiz, konkurrierende Infrastruktur aufzubauen. Außerdem wäre ein Unternehmen in beherrschender Stellung weniger leicht dazu bereit, in effiziente Anlagen zu investieren, wenn es gezwungen werden könnte, die Früchte seiner eigenen Investitionen auf bloßes Anfordern mit seinen Wettbewerbern zu teilen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 25. März 2021, Deutsche Telekom/Kommission, C-152/19 P, EU:C:2021:238, Rn. 47, und vom 25. März 2021, Slovak Telekom/Kommission, C-165/19 P, EU:C:2021:239, Rn. 47).
43 Daher ist die Anwendung der in Rn. 39 des vorliegenden Urteils genannten Voraussetzungen auf den Fall, dass ein Unternehmen in beherrschender Stellung eine Infrastruktur für die Zwecke seiner eigenen Tätigkeit entwickelt hat und in seinem Besitz hat, insbesondere durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, für Unternehmen in beherrschender Stellung den Anreiz aufrechtzuerhalten, im Interesse der Verbraucher in die Entwicklung hochwertiger Produkte oder Dienstleistungen zu investieren, wie die Generalanwältin in Nr. 30 ihrer Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat.
44 Dagegen ist, wie die Generalanwältin in Nr. 35 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, die vom Gerichtshof in Rn. 41 des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C-7/97, EU:C:1998:569), aufgestellte Voraussetzung der Unerlässlichkeit der Infrastruktur für die Ausübung der Tätigkeit desjenigen, der Zugang begehrt, in dem Sinne, dass es keinen tatsächlichen oder potenziellen Ersatz für diese Infrastruktur gibt, nicht anwendbar, wenn ein beherrschendes Unternehmen eine Infrastruktur nicht ausschließlich für die Zwecke seiner eigenen Tätigkeiten, sondern mit dem Ziel entwickelt hat, eine Nutzung dieser Infrastruktur durch Drittunternehmen zu ermöglichen.
45 In einem solchen Fall rechtfertigen es nämlich weder die Wahrung der Vertragsfreiheit und des Eigentumsrechts des Unternehmens in beherrschender Stellung noch die Notwendigkeit, den Anreiz aufrechtzuerhalten, in die Entwicklung hochwertiger Produkte oder Dienstleistungen zu investieren, dass die Einstufung einer Weigerung, einem Drittunternehmen Zugang zu der in Rede stehenden Infrastruktur zu gewähren, als missbräuchlich im Sinne von Art. 102 AEUV auf die Fälle beschränkt wird, in denen die Weigerung diesem Unternehmen die Ausübung seiner Tätigkeit, indem es auf einem benachbarten Markt ein tragfähiges Angebot entwickelt, unmöglich macht.
46 Hierzu genügt der Hinweis, dass das Geschäftsmodell, das für die Entwicklung der Infrastruktur maßgebend war, nicht dadurch grundlegend verändert wird, dass von dem Unternehmen in beherrschender Stellung verlangt wird, einem Drittunternehmen Zugang zu dieser Infrastruktur zu gewähren, wenn das Unternehmen in beherrschender Stellung die durch die Entwicklung einer solchen Infrastruktur verursachten Kosten nicht ausschließlich für die Zwecke seiner eigenen Tätigkeiten, sondern im Hinblick darauf getragen hat, dass die Infrastruktur von Drittunternehmen genutzt werden kann.
47 Somit ist für die Feststellung, ob die vom Gerichtshof in Rn. 41 des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C-7/97, EU:C:1998:569), aufgestellten Voraussetzungen auf eine Rechtssache anwendbar sind, in der es um die Verweigerung des Zugangs zu einer Infrastruktur geht, zu prüfen, ob diese Infrastruktur von dem Unternehmen in beherrschender Stellung ausschließlich für die Zwecke seiner eigenen Tätigkeit entwickelt wurde und in seinem Besitz ist oder ob sie im Gegenteil entwickelt wurde, um ihre Nutzung durch Drittunternehmen zu ermöglichen, was dadurch belegt wird, dass dieses Unternehmen in beherrschender Stellung Drittunternehmen einen solchen Zugang bereits gewährt hat.
48 Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass Google, die Android Auto für Anwendungskategorien oder sogar für bestimmte Anwendungen, die Drittunternehmen entwickelt hatten, kompatibel gemacht hat, den Zugang von Drittunternehmen zu dieser digitalen Plattform gewährt hat. Bei einer digitalen Plattform, die die Nutzung von auch von Dritten entwickelten und auf mobile Geräte der Nutzer hochgeladenen Anwendungen im Rahmen des Infotainmentsystems von Kraftfahrzeugen ermöglichen soll, kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass sie ausschließlich für die Zwecke dieses Unternehmens in beherrschender Stellung geschaffen wurde.
49 Vorbehaltlich einer Überprüfung durch das vorlegende Gericht zeigt sich somit, dass Android Auto von Google nicht ausschließlich für die Zwecke ihrer eigenen Tätigkeit entwickelt wurde, da Drittunternehmern ein Zugang zu dieser digitalen Plattform eröffnet wurde, so dass die vom Gerichtshof in Rn. 41 des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C-7/97, EU:C:1998:569), aufgestellte Voraussetzung der Unerlässlichkeit für die Ausübung der Tätigkeit des Antragstellers auf Zugang bei der Prüfung, ob ein Missbrauch einer beherrschenden Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV vorliegt, wenn sich ein Unternehmen, das eine digitale Plattform entwickelt hat, weigert, einem Drittunternehmen, das eine Anwendung entwickelt hat, den Zugang zu dieser Plattform zu ermöglichen, indem es deren Interoperabilität mit der Anwendung gewährleistet, nicht anwendbar ist.
50 Daraus folgt, dass diese Weigerung einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellen kann, auch wenn die digitale Plattform für die kommerzielle Nutzung der betreffenden Anwendung auf einem nachgelagerten Markt nicht in dem Sinn unerlässlich ist, dass es keinen tatsächlichen oder potenziellen Ersatz für eine Nutzung dieser Anwendung über diese Plattform gibt.
51 In einem solchen Fall ist nämlich, wie die Generalanwältin in den Nrn. 46 und 48 ihrer Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, im Licht der in den Rn. 38 und 39 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung zu ermitteln, ob die Weigerung des Unternehmens in beherrschender Stellung, das Inhaber der betreffenden digitalen Plattform ist, einem Drittunternehmen, das eine Anwendung entwickelt hat, Zugang zu dieser Plattform zu ermöglichen, indem die Interoperabilität der Plattform mit dieser Anwendung gewährleistet wird, tatsächlich oder potenziell den Ausschluss, die Behinderung oder die Verzögerung der Entwicklung einer Ware oder Dienstleistung auf dem Markt bewirkt, die zumindest potenziell mit einer Ware oder Dienstleistung im Wettbewerb steht, die von dem Unternehmen in beherrschender Stellung geliefert bzw. erbracht wird oder werden kann, und ein Verhalten darstellt, das den Leistungswettbewerb beschränkt und somit geeignet ist, den Verbrauchern einen Schaden zuzufügen.
52 Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 102 AEUV dahin auszulegen ist, dass die Weigerung eines Unternehmens in beherrschender Stellung, das eine digitale Plattform entwickelt hat, auf Ersuchen eines Drittunternehmens die Interoperabilität dieser Plattform mit einer von diesem Drittunternehmen entwickelten Anwendung zu gewährleisten, einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellen kann, obwohl diese Plattform für die kommerzielle Nutzung der Anwendung auf einem nachgelagerten Markt zwar nicht unerlässlich ist, aber geeignet ist, diese Anwendung für die Verbraucher attraktiver zu machen, wenn diese Plattform von dem Unternehmen in beherrschender Stellung nicht ausschließlich für die Zwecke seiner eigenen Tätigkeit entwickelt wurde.
Zur zweiten Frage
53 Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 102 AEUV dahin auszulegen ist, dass der Umstand, dass sowohl das Unternehmen, das eine Anwendung entwickelt und ein Unternehmen in beherrschender Stellung ersucht hat, die Interoperabilität dieser Anwendung mit der digitalen Plattform, deren Inhaber das beherrschende Unternehmen ist, zu gewährleisten, als auch die Wettbewerber des erstgenannten Unternehmens auf dem Markt, zu dem diese Anwendung gehört, tätig geblieben sind und ihre Stellung auf diesem Markt ausgebaut haben, obwohl sie eine solche Interoperabilität nicht nutzen konnten, für sich allein darauf hindeuten kann, dass die Weigerung des Unternehmens in beherrschender Stellung, diesem Ersuchen nachzukommen, keine wettbewerbswidrigen Auswirkungen haben konnte.
54 Damit in einem konkreten Fall angenommen werden kann, dass ein Verhalten als „missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung“ im Sinne von Art. 102 AEUV einzustufen ist, bedarf es in der Regel des Nachweises, dass dieses Verhalten durch den Einsatz anderer Mittel als derjenigen eines Leistungswettbewerbs zwischen Unternehmen tatsächlich oder potenziell eine Einschränkung dieses Wettbewerbs bewirkt, indem ebenso leistungsfähige Wettbewerber von dem oder den betroffenen Märkten verdrängt werden oder indem ihre Entwicklung auf diesen Märkten verhindert wird, wobei es sich dabei sowohl um die Märkte handeln kann, auf denen die beherrschende Stellung eingenommen wird, als auch um verbundene oder benachbarte Märkte, auf denen dieses Verhalten seine aktuellen oder potenziellen Wirkungen hervorbringen kann (Urteil vom 10. September 2024, Google und Alphabet/Kommission [Google Shopping], C-48/22 P, EU:C:2024:726, Rn. 165 und die dort angeführte Rechtsprechung).
55 Die Einstufung der Verhaltensweise eines Unternehmens in beherrschender Stellung als missbräuchlich hängt nicht von dem Nachweis ab, dass, wenn die Verhaltensweise eines solchen Unternehmens auf die Verdrängung seiner Wettbewerber vom betreffenden Markt angelegt ist, dies auch erreicht worden ist und es folglich auf dem Markt zu einer konkreten Verdrängungswirkung gekommen ist. Art. 102 AEUV soll nämlich die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen ahnden, unabhängig davon, ob sich eine solche Ausnutzung als erfolgreich erwiesen hat oder nicht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Mai 2022, Servizio Elettrico Nazionale u. a., C-377/20, EU:C:2022:379, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).
56 Daher kann eine Wettbewerbsbehörde einen Verstoß gegen Art. 102 AEUV feststellen, indem sie nachweist, dass das in Rede stehende Verhalten in dem Zeitraum, in dem es stattgefunden hat, unter den Umständen des konkreten Falls trotz seiner fehlenden Wirkung in der Lage war, den Leistungswettbewerb zu beschränken (vgl. Urteil vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C-680/20, EU:C:2023:33, Rn. 41).
57 Dieser Nachweis muss jedoch grundsätzlich auf greifbare Beweise gestützt sein, die, indem sie über eine bloße Annahme hinausgehen, die tatsächliche Eignung der in Rede stehenden Praxis zeigen, solche Wirkungen zu entfalten, wobei, falls Zweifel daran bestehen, diese dem Unternehmen, das eine solche Praxis anwendet, zugutekommen müssen (vgl. Urteil vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C-680/20, EU:C:2023:33, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).
58 Die Aufrechterhaltung des gleichen Grades an Wettbewerb auf dem betreffenden Markt oder sogar die Entwicklung des Wettbewerbs auf diesem Markt bedeutet nämlich nicht zwangsläufig, dass das in Rede stehende Verhalten nicht geeignet ist, wettbewerbswidrige Wirkungen zu erzeugen, da solche fehlenden Auswirkungen auf andere Gründe zurückzuführen sein können, insbesondere auf Veränderungen, die auf dem relevanten Markt seit Beginn dieses Verhaltens eingetreten sind, oder darauf, dass es dem beherrschenden Unternehmen nicht gelungen ist, die diesem Verhalten zugrunde liegende Strategie erfolgreich zu verfolgen (Urteil vom 12. Mai 2022, Servizio Elettrico Nazionale u. a., C-377/20, EU:C:2022:379, Rn. 54). Insbesondere kann zum einen die Missbräuchlichkeit des fraglichen Verhaltens nicht von der etwaigen Fähigkeit von Wettbewerbern auf dem betreffenden Markt, solche Auswirkungen abzumildern, abhängen, und zum anderen kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Wettbewerb auf diesem Markt ohne diese Verhaltensweise noch weiter hätte entwickeln können.
59 Im vorliegenden Fall bedeutet der von Google geltend gemachte Umstand, dass Enel X Italia und ihre Wettbewerber ihre Präsenz auf dem Markt, zu dem die Anwendung JuicePass gehört, aufrechterhalten oder sogar ausgebaut hätten, für sich genommen nicht, dass die Verweigerung des Zugangs zu Android Auto durch Google nicht geeignet gewesen wäre, wettbewerbswidrige Wirkungen zu entfalten. Dieser Umstand kann jedoch, sofern er tatsächlich nachgewiesen ist, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist, ein Indiz dafür sein, dass das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Verhalten von Google nicht geeignet war, die behaupteten Verdrängungswirkungen zu entfalten.
60 Insoweit können bei einer Anwendung im Zusammenhang mit Dienstleistungen für das Aufladen von Kraftfahrzeugen wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden u. a. etwaige Gesichtspunkte relevant sein, die dargelegt werden, um das Interesse nachzuweisen, das eine Anwendung wie JuicePass, die insbesondere die in Rn. 9 des vorliegenden Urteils beschriebenen Funktionen enthält, für die Nutzer von Elektrofahrzeugen haben konnte, und zwar obwohl diese Anwendung im Infotainmentsystem dieser Fahrzeuge über Android Auto nicht verwendet werden konnte.
61 Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 102 AEUV dahin auszulegen ist, dass der Umstand, dass sowohl das Unternehmen, das eine Anwendung entwickelt und ein Unternehmen in beherrschender Stellung ersucht hat, die Interoperabilität dieser Anwendung mit der digitalen Plattform, deren Inhaber das beherrschende Unternehmen ist, zu gewährleisten, als auch die Wettbewerber des erstgenannten Unternehmens auf dem Markt, zu dem diese Anwendung gehört, tätig geblieben sind und ihre Stellung auf diesem Markt ausgebaut haben, obwohl sie eine solche Interoperabilität nicht nutzen konnten, für sich allein nicht darauf hindeuten kann, dass die Weigerung des Unternehmens in beherrschender Stellung, diesem Ersuchen nachzukommen, keine wettbewerbswidrigen Auswirkungen haben konnte. Unter Berücksichtigung aller relevanten tatsächlichen Umstände ist zu prüfen, ob diese Verhaltensweise des Unternehmens in beherrschender Stellung geeignet war, die Aufrechterhaltung oder Entwicklung des Wettbewerbs auf dem betreffenden Markt zu behindern.
Zur dritten und zur vierten Frage
62 Vorab geht aus dem Vorabentscheidungsersuchen erstens hervor, dass Google von Enel X Italia ein Ersuchen dahin erhielt, dass eine von Enel X Italia entwickelte Anwendung über Android Auto verwendet werden kann, was die Entwicklung eines Templates durch Google voraussetzte, mit dem die Interoperabilität von Anwendungen im Zusammenhang mit Ladediensten für Elektrofahrzeuge mit dieser Plattform gewährleistet werden kann. Google hat zwar, wie das vorlegende Gericht ausgeführt hat, nach der Befassung der AGCM, aber vor dem Erlass der Entscheidung dieser Behörde ein Template für die Entwicklung experimenteller Versionen von Ladeanwendungen für Elektrofahrzeuge zur Benutzung mit Android Auto entwickelt. Zum Zeitpunkt des Ersuchens an Google gab es jedoch kein Template für die Kategorie von Anwendungen im Zusammenhang mit Ladediensten für solche Fahrzeuge.
63 Folglich beziehen sich die Zweifel des vorlegenden Gerichts, die es dazu veranlasst haben, die dritte und die vierte Frage zu stellen, darauf, welche Auswirkungen es für die Einstufung des in Rede stehenden Verhaltens als Missbrauch einer beherrschenden Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV hat, dass es für die Kategorie von Anwendungen im Zusammenhang mit Ladediensten für Elektrofahrzeuge zum Zeitpunkt des Ersuchens auf Zugang kein Template gab, mit dem die Interoperabilität dieser Anwendungen mit Android Auto gewährleistet werden kann, und ob es möglicherweise eine Verpflichtung gibt, ein solches Template zu entwickeln.
64 Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass das vorlegende Gericht mit dem letzten Teil der vierten Frage im Wesentlichen wissen möchte, ob Art. 102 AEUV dahin auszulegen ist, dass ein Unternehmen in beherrschender Stellung in dem Fall, dass es verpflichtet ist, ein Template für eine Kategorie von Anwendungen zu entwickeln, um den von einem Drittunternehmen beantragten Zugang zu einer digitalen Plattform, deren Inhaber das Unternehmen in beherrschender Stellung ist, zu ermöglichen, indem es die Interoperabilität zwischen den betreffenden Anwendungen und dieser Plattform gewährleistet, und unter Berücksichtigung der besonderen Verantwortung, die es auf dem Markt hat, bei mehrfachen Zugangsanträgen von Drittunternehmen objektive Kriterien für die Prüfung dieser Anträge und für ihre Rangfolge aufstellen muss.
65 Weder aus dem Vorabentscheidungsersuchen noch aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten geht jedoch hervor, dass Ersuchen von Drittunternehmen – noch dazu gleichzeitig – zum Zwecke der Entwicklung von Templates, mit denen die Interoperabilität von Android Auto mit den von diesen Unternehmen entwickelten Anwendungen gewährleistet werden kann, an Google gerichtet worden wären.
66 Zwar spricht eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen zum Unionsrecht, doch liegt die Rechtfertigung des Vorabentscheidungsersuchens nicht in der Abgabe von Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen, sondern darin, dass das Ersuchen für die tatsächliche Entscheidung eines Rechtsstreits erforderlich ist (Urteil vom 14. Januar 2021, The International Protection Appeals Tribunal u. a., C-322/19 und C-385/19, EU:C:2021:11, Rn. 53 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
67 Da der letzte Teil der vierten Frage somit in Wirklichkeit auf ein Gutachten des Gerichtshofs abzielt, ist er unzulässig.
68 Drittens ist festzustellen, dass sich die dritte und die vierte Frage hinsichtlich ihrer anderen Aspekte auf die objektiven Rechtfertigungsgründe, die ein Unternehmen in beherrschender Stellung in Bezug auf ein Verhalten geltend machen kann, das in der Weigerung besteht, ein Template für von Drittunternehmen entwickelte Anwendungen zu liefern oder zu entwickeln, mit dem deren Nutzung über eine digitale Plattform, deren Inhaber das Unternehmen in beherrschender Stellung ist, ermöglicht wird, und das unter das Verbot von Art. 102 AEUV fallen kann, sowie auf die Beweislast dieses Unternehmens bzw. der zuständigen Wettbewerbsbehörde beziehen.
69 Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht mit seiner dritten und seiner vierten Frage, die zusammen zu prüfen sind, im Wesentlichen wissen möchte, ob Art. 102 AEUV dahin auszulegen ist, dass, wenn ein Verhalten, das darin besteht, dass sich ein Unternehmen in beherrschender Stellung weigert, die Interoperabilität einer von einem Drittunternehmen entwickelten Anwendung mit einer digitalen Plattform, deren Inhaber das Unternehmen in beherrschender Stellung ist, zu ermöglichen, als Missbrauch im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden kann, das letztgenannte Unternehmen sich als objektive Rechtfertigung für seine Weigerung mit Erfolg darauf berufen kann, dass es zu dem Zeitpunkt, zu dem das Drittunternehmen um einen solchen Zugang ersucht hat, kein Template gab, das diese Interoperabilität ermöglichen kann, oder ob das Unternehmen in beherrschender Stellung verpflichtet sein kann, dieses Template zu entwickeln. Außerdem möchte das vorlegende Gericht wissen, ob in diesem zweiten Fall Art. 102 AEUV dahin auszulegen ist, dass das Unternehmen in beherrschender Stellung verpflichtet ist, zum einen die allgemeinen Marktanforderungen oder die Bedürfnisse des Unternehmens, das diesen Zugang beantragt, zu berücksichtigen und es zum anderen über den für die Entwicklung dieses Templates erforderlichen Zeitraum zu informieren, oder ob die Wettbewerbsbehörde verpflichtet ist, anhand objektiver Umstände zu prüfen, wie viel Zeit das Unternehmen in beherrschender Stellung für die Entwicklung eines solchen Templates benötigt.
70 Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 102 AEUV ergibt sich, dass ein Unternehmen in beherrschender Stellung Verhaltensweisen, die möglicherweise unter das in diesem Artikel niedergelegte Verbot fallen, rechtfertigen kann (Urteile vom 27. März 2012, Post Danmark, C-209/10, EU:C:2012:172, Rn. 40, und vom 21. Dezember 2023, European Superleague Company, C-333/21, EU:C:2023:1011, Rn. 201 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
71 Ein solches Unternehmen kann dazu insbesondere den Nachweis erbringen, dass sein Verhalten objektiv notwendig ist oder dass die dadurch hervorgerufene Verdrängungswirkung durch Effizienzvorteile ausgeglichen oder sogar übertroffen werden kann, die auch den Verbrauchern zugutekommen (Urteile vom 27. März 2012, Post Danmark, C-209/10, EU:C:2012:172, Rn. 41, und vom 21. Dezember 2023, European Superleague Company u. a., C-333/21, EU:C:2023:1011, Rn. 202 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
72 Als Erstes möchte das vorlegende Gericht wissen, ob sich ein Unternehmen in beherrschender Stellung, das einem Drittunternehmen den Zugang zu einer digitalen Plattform verweigert, sofern diese Weigerung wettbewerbswidrige Wirkungen entfalten kann, als objektive Rechtfertigung für seine Weigerung mit Erfolg darauf berufen kann, dass es für eine Kategorie von Anwendungen kein Template gibt, mit dem die Interoperabilität zwischen diesen Anwendungen und der Plattform zum Zeitpunkt des Ersuchens um Zugang gewährleistet werden kann, oder ob das Unternehmen in beherrschender Stellung verpflichtet sein kann, dieses Template zu entwickeln, um dem Drittunternehmen den Zugang zu ermöglichen.
73 Wie die Generalanwältin in den Nrn. 64 und 65 ihrer Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, kann die Weigerung des Unternehmens in beherrschender Stellung, die Interoperabilität einer Anwendung mit einer digitalen Plattform zu gewährleisten, weil es für die Kategorie der betreffenden Anwendungen kein Template gibt, objektiv gerechtfertigt sein, wenn die Gewährung einer solchen Interoperabilität mittels dieses Templates für sich genommen und in Anbetracht der Eigenschaften der Anwendung, für die die Interoperabilität beantragt wird, die Integrität der betreffenden Plattform oder die Sicherheit ihrer Benutzung gefährden würde oder wenn es aus anderen technischen Gründen unmöglich wäre, die Interoperabilität durch die Entwicklung des Templates zu gewährleisten.
74 Dagegen können, abgesehen von solchen Situationen, das Fehlen eines Templates für die Kategorie der betreffenden Anwendungen oder die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit seiner Entwicklung, mit denen das Unternehmen in beherrschender Stellung konfrontiert sein kann, für sich genommen keine objektive Rechtfertigung für die Verweigerung des Zugangs durch dieses Unternehmen darstellen. Gleichwohl kann das Erfordernis, für diese Entwicklung einen angemessenen Zeitraum aufzuwenden und somit die beantragte Interoperabilität nicht sofort herstellen zu können, unter Berücksichtigung aller insoweit relevanten Umstände als objektiv erforderlich und verhältnismäßig angesehen werden, wobei sowohl die Bedürfnisse des Unternehmens, das um Zugang zur Plattform des Unternehmens in beherrschender Stellung ersucht, als auch die Schwierigkeiten, auf die dieses Unternehmen bei der Entwicklung des Templates gestoßen ist, zu berücksichtigen sind.
75 In diesem Zusammenhang sind u. a. von Bedeutung: der Grad der technischen Schwierigkeit bei der Entwicklung des Templates, das den beantragten Zugang ermöglicht, für die Kategorie der betreffenden Anwendungen, Zwänge, die mit der Unmöglichkeit verbunden sind, sich kurzfristig bestimmte, insbesondere personelle Ressourcen zu verschaffen, die erforderlich sind, um dieses Template im Hinblick auf die Bedürfnisse des um Zugang ersuchenden Unternehmens zu entwickeln, oder auch außerhalb der Sphäre des Unternehmens in beherrschender Stellung liegende Zwänge, die sich auf seine Fähigkeit auswirken, dieses Template zu entwickeln, wie z. B. solche, die auf den anzuwendenden Rechtsrahmen zurückzuführen sind.
76 Wie die Generalanwältin in den Nrn. 74 und 75 ihrer Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, kann die Entwicklung eines solchen Templates, das die beantragte Interoperabilität gewährleistet, dem Unternehmen in beherrschender Stellung Kosten verursachen. Art. 102 AEUV hindert dieses Unternehmen jedoch nicht daran, von dem Unternehmen, das um Interoperabilität ersucht hat, eine angemessene finanzielle Gegenleistung zu verlangen. Eine solche Gegenleistung muss fair und verhältnismäßig sein, indem sie es dem Unternehmen in beherrschender Stellung angesichts der tatsächlichen Kosten einer solchen Entwicklung ermöglicht, daraus einen angemessenen Nutzen zu ziehen. Die Festsetzung der Höhe dieser Gegenleistung gilt unbeschadet der Berücksichtigung dieser Gegenleistung bei der etwaigen Anwendung anderer Vorschriften des Unionsrechts, die gegebenenfalls regeln, welche Vergütung dem Unternehmen in beherrschender Stellung dafür zu zahlen ist, dass das Unternehmen, das um Interoperabilität ersucht hat, Endnutzer für seine Anwendung erwirbt.
77 Schließlich könnte das Ausbleiben einer Antwort des Unternehmens in beherrschender Stellung auf das Ersuchen eines Drittunternehmens, das Unternehmen in beherrschender Stellung möge die Interoperabilität seiner digitalen Plattform mit einer von diesem Drittunternehmen entwickelten Anwendung gewährleisten, ein Indiz dafür sein, dass die Weigerung, eine solche Interoperabilität zu gewährleisten, nicht objektiv gerechtfertigt ist.
78 Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass die Beweislast für das Vorliegen von Umständen, die einen Verstoß gegen Art. 102 AEUV darstellen – ob auf Unionsebene oder auf nationaler Ebene –, zwar bei den Wettbewerbsbehörden liegt, dass es jedoch, wie in den Rn. 70 und 71 des vorliegenden Urteils ausgeführt wurde, Sache des betreffenden Unternehmens in beherrschender Stellung ist, eine etwaige objektive Rechtfertigung geltend zu machen und insoweit Argumente und Beweise vorzubringen.
79 Hat das Unternehmen in beherrschender Stellung dieses Erfordernis erfüllt, so obliegt es der betreffenden Wettbewerbsbehörde, wenn sie den Missbrauch einer beherrschenden Stellung feststellen will, nachzuweisen, dass die von dem Unternehmen vorgebrachten Argumente und Beweise nicht stichhaltig sind und dass folglich die geltend gemachte Rechtfertigung nicht durchgreifen kann.
80 In einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens obliegt es der zuständigen Wettbewerbsbehörde, u. a. unter Berücksichtigung der Gründe, die das Unternehmen in beherrschender Stellung dem Drittunternehmen für die Weigerung, die Interoperabilität einer von diesem Unternehmen entwickelten Anwendung mit einer digitalen Plattform, deren Inhaber das Unternehmen in beherrschender Stellung ist, zu gewährleisten, mitgeteilt hat, und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände zu prüfen, ob die Weigerung des Unternehmens in beherrschender Stellung, ein Template, das diese Interoperabilität ermöglicht, für die Kategorie der betroffenen Anwendungen zu entwickeln, objektiv notwendig ist, und die Verhältnismäßigkeit dieser Weigerung zu beurteilen.
81 Nach alledem ist auf die dritte und die vierte Frage zu antworten, dass Art. 102 AEUV dahin auszulegen ist, dass, wenn ein Verhalten, das darin besteht, dass sich ein Unternehmen in beherrschender Stellung weigert, die Interoperabilität einer von einem Drittunternehmen entwickelten Anwendung mit einer digitalen Plattform, deren Inhaber das Unternehmen in beherrschender Stellung ist, zu gewährleisten, als Missbrauch im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden kann, das letztgenannte Unternehmen sich als objektive Rechtfertigung für seine Weigerung mit Erfolg darauf berufen kann, dass es zu dem Zeitpunkt, zu dem das Drittunternehmen um einen solchen Zugang ersucht hat, kein Template gab, das die Interoperabilität gewährleisten kann, wenn die Gewährung einer solchen Interoperabilität mittels dieses Templates für sich genommen und in Anbetracht der Eigenschaften der Anwendung, für die die Interoperabilität beantragt wird, die Integrität der betreffenden Plattform oder die Sicherheit ihrer Benutzung gefährden würde oder wenn es aus anderen technischen Gründen unmöglich wäre, diese Interoperabilität durch die Entwicklung dieses Templates zu gewährleisten. Ist dies nicht der Fall, ist das Unternehmen in beherrschender Stellung verpflichtet, ein solches Template innerhalb eines hierfür erforderlichen angemessenen Zeitraums und gegebenenfalls gegen eine angemessene finanzielle Gegenleistung unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Drittunternehmens, das um diese Entwicklung ersucht hat, der tatsächlichen Kosten dieser Entwicklung und des Rechts des Unternehmens in beherrschender Stellung, daraus einen angemessenen Nutzen zu erzielen, zu entwickeln.
Zur fünften Frage
82 Mit seiner fünften Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 102 AEUV dahin auszulegen ist, dass eine Wettbewerbsbehörde bei der Beurteilung der Frage, ob ein Missbrauch vorliegt, der in der Weigerung eines Unternehmens in beherrschender Stellung besteht, die Interoperabilität einer von einem Drittunternehmen entwickelten Anwendung mit einer digitalen Plattform, deren Inhaber das Unternehmen in beherrschender Stellung ist, zu gewährleisten, verpflichtet ist, den nachgelagerten Markt zu definieren, auf dem diese Weigerung wettbewerbswidrige Auswirkungen haben kann, auch wenn es sich bei diesem Markt nur um einen potenziellen Markt handelt.
83 Es ist darauf hinzuweisen, dass die Abgrenzung des relevanten Marktes im Rahmen der Anwendung von Art. 102 AEUV grundsätzlich eine Voraussetzung für die Beurteilung des möglichen Bestehens einer beherrschenden Stellung des betreffenden Unternehmens ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Februar 1973, Europemballage und Continental Can/Kommission, 6/72, EU:C:1973:22, Rn. 32). Durch sie soll ermittelt werden, für welchen Bereich zu beurteilen ist, ob das betreffende Unternehmen in der Lage ist, sich seinen Wettbewerbern, seinen Abnehmern und den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. November 1983, Nederlandsche Banden-Industrie-Michelin/Kommission, 322/81, EU:C:1983:313, Rn. 37, und vom 27. Juni 2024, Kommission/Servier u. a., C-176/19 P, EU:C:2024:549, Rn. 381).
84 Zur Beurteilung der Missbräuchlichkeit einer Weigerung, wie sie in Rn. 82 des vorliegenden Urteils beschrieben worden ist, sind zwei Märkte zu unterscheiden, nämlich zum einen der Markt, zu dem die digitale Plattform gehört und auf dem das Unternehmen, das Inhaber dieser Plattform ist, eine beherrschende Stellung innehat, wobei dieser Markt im Allgemeinen den vorgelagerten Markt bildet, und zum anderen den Markt, auf dem die Anwendung für die Herstellung eines anderen Produkts oder die Erbringung einer anderen Dienstleistung durch das Unternehmen, das um Interoperabilität dieser Anwendung mit der Plattform ersucht hat, verwendet wird und auf dem die wettbewerbswidrigen Wirkungen des Verhaltens des Unternehmens in beherrschender Stellung auftreten können, da dieser Markt ein benachbarter, namentlich nachgelagerter Markt ist.
85 Im Rahmen der Anwendung von Art. 102 AEUV erfordert die Identifizierung des nachgelagerten Marktes nicht notwendigerweise eine genaue Definition des sachlich und räumlich relevanten Marktes. Unter bestimmten Umständen genügt es, dass ein potenzieller oder auch nur hypothetischer Markt bestimmt werden kann (Urteil vom 29. April 2004, IMS Health, C-418/01, EU:C:2004:257, Rn. 44). Wenn sich der betreffende nachgelagerte Markt nämlich noch in der Entwicklung befindet oder sich schnell entwickelt und sein Umfang folglich zu dem Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen in beherrschender Stellung das angeblich missbräuchliche Verhalten ausübt, nicht vollständig definiert ist, genügt es, dass die Wettbewerbsbehörde diesen Markt identifiziert, auch wenn es sich nur um einen potenziellen Markt handelt. Diese Behörde muss sodann unter Berücksichtigung der Merkmale und des potenziellen Umfangs dieses Marktes nachweisen, dass dieses Verhalten geeignet ist, wettbewerbswidrige Wirkungen auf diesem Markt hervorzurufen, auch wenn auf diesem Markt nur ein potenzieller Wettbewerb zwischen den Waren oder Dienstleistungen des Unternehmens in beherrschender Stellung und – im Fall eines Verhaltens des Unternehmens in beherrschender Stellung, das darin besteht, die von einem Drittunternehmen beantragte Interoperabilität mit einer digitalen Plattform, deren Inhaber das Unternehmen in beherrschender Stellung ist, zu verweigern – den Waren oder Dienstleistungen des Unternehmens, das um diese Interoperabilität ersucht, besteht.
86 Nach alledem ist Art. 102 AEUV dahin auszulegen, dass sich eine Wettbewerbsbehörde bei der Beurteilung der Frage, ob ein Missbrauch vorliegt, der in der Weigerung eines Unternehmens in beherrschender Stellung besteht, die Interoperabilität einer von einem Drittunternehmen entwickelten Anwendung mit einer digitalen Plattform, deren Inhaber das Unternehmen in beherrschender Stellung ist, zu gewährleisten, darauf beschränken kann, den nachgelagerten Markt zu identifizieren, auf dem diese Weigerung wettbewerbswidrige Auswirkungen haben kann, auch wenn es sich bei diesem nachgelagerten Markt nur um einen potenziellen Markt handelt, wobei eine solche Identifizierung nicht notwendigerweise eine genaue Definition des sachlich und räumlich relevanten Marktes erfordert.
Kosten
87 Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.