ThOLG: Erwerb eines Kommanditisten-Anteils durch Komplementär
ThOLG, Beschluss vom 31.08.2011 - 6 W 188/11
sachverhalt
I. Die Beteiligte zu 2) wurde am 3.7.2002 als persönlich haftende Gesellschafterin der Beteiligten zu 1) in das Handelsregister eingetragen. Am 30.1.2007 wurde sie auch als Kommanditistin eingetragen.
Mit Schreiben vom 10.1.2011 teilte das Registergericht den Beteiligten mit, dass das Gericht beabsichtige, gemäß § 395 FamFG die Eintragung der Beteiligten zu 2) als Kommanditistin zu löschen. Wegen der Einheit des Anteils jedes Gesellschafters könne ein persönlich haftender Gesellschafter nicht gleichzeitig Kommanditist sein. Die Frist zur Geltendmachung eines Widerspruchs setzte das Registergericht auf 1 Monat ab Zustellung des Schreibens fest. Das Schreiben wurde der Beteiligten zu 2) am 13.1.2011 zugestellt. Am 19.1.2011 erhob sie Widerspruch gegen die beabsichtigte Löschung. In ihrer Begründung vertrat sie die Auffassung, ihre Eintragung als Komplementärin und gleichzeitig als Kommanditistin der Beteiligten zu 1) sei zulässig. Nur aufgrund der von ihr als Kommanditistin geleisteten Einlage sei sie am Vermögen und am Ergebnis der Beteiligten zu 1) beteiligt, was sich aus § 5 Abs. 2 der Satzung der Beteiligten zu 1) ergebe. Durch ihre Beteiligung als Kommanditistin sei ihre Haftung nicht beschränkt, denn die als Kommanditistin beschränkte Haftung werde von der unbeschränkten Haftung als Komplementärin konsumiert. Wegen der weiteren Begründung wird Bezug genommen auf das Widerspruchsschreiben, Bl. 63 f. der Registerakte. Durch Beschluss vom 3.3.2011 wies das Registergericht den Widerspruch zurück mit der Begründung, ein Komplementär könne im Grundsatz nicht gleichzeitig Kommanditist sein und ein Ausnahmefall liege nicht vor. Wegen der weiteren Begründung wird Bezug genommen auf Bl. 69 f. der Registerakte. Gegen den Beschluss vom 3.3.2011, zugestellt am 14.3.2011, richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 6.4.2011, eingegangen ebenfalls am 6.4.2011. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend führt sie aus, eine Löschung würde dazu führen, dass das Handelsregister mit der materiellen Rechtslage nicht mehr übereinstimme.
Das Registergericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie am 14.4.2011 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
aus den gründen
II. 1. Die Beschwerde ist statthaft (§§ 395 Abs. 3, 393 Abs. 3 Satz 2, 58 Abs. 1 FamFG) und auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (vgl. §§ 63, 64 FamFG). Das Thüringer Oberlandesgericht ist nach §§ 119 Abs. 1 Nr. 1b, 23a Abs. 2 Nr. 3 GVG i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG, § 374 Nr. 1 FamFG zuständig.
Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass der mit der Beschwerde angefochtene Beschluss nicht am 2.3.2011, sondern am 3.3.2011 erlassen wurde. Maßgeblich ist nicht das Datum, an dem der Rechtspfleger den Beschluss unterzeichnet hat, sondern das Datum, an dem der Beschluss an die Geschäftsstelle übergeben wurde (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG). Der Senat geht davon aus, dass der entsprechende Vermerk sich auch auf Abschriften des Beschlusses befindet.
2. Die Beschwerde ist unbegründet.
Das Registergericht hat den Widerspruch zu Recht zurückgewiesen. Die Eintragung der Beteiligten zu 2) als Kommanditistin ist zu löschen. Entgegen ihrer Auffassung ist die Eintragung als Kommanditistin hier unzulässig.
Nach der Rechtsprechung und der ganz herrschenden Meinung in der Literatur kann - im Grundsatz - der persönlich haftende Gesellschafter nicht gleichzeitig auch Kommanditist seiner Gesellschaft sein (BGH, Urteil vom 10.6.1963, Az. II ZR 88/61, Az. II ZR 88/61, BB 1963, 1076-1077, WM 1963, 989-990, juris Rn. 14; OLG Hamm, Beschlüsse vom 22.9.1981, Az. 15 W 219/81, juris; vom 1.12.1998, Az. 15 W 404/98, NJW-RR 1999, 760, juris Rn. 17; MünchKommHGB/Karsten Schmidt, 3. Aufl., § 105 Rn. 77; Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., § 161 Rn. 41; Schilling in Großkomm HGB, 4. Aufl., § 161 Rn. 38; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl., § 161 Rn. 4 aE; Henssler/Strohn/Gummert, HGB, § 161 Rn. 7; Oetker/Oetker, HGB, 2. Aufl., § 161 Rn. 8; von Gerkan/Haas in Röhricht/Graf v. Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 161 Rn. 18, § 105 Rn. 4a; Ensthaler/Fahse, GK-HGB, 7. Aufl., vor §§ 161 ff. Rn. 2; Koller in Koller/Roth/Morck, HGB, 7. Aufl., § 161 Rn. 1; Stuhlfelner in HK-HGB, 7. Aufl., § 161 Rn. 1; a.A. MünchKommHGB/Priester, 3. Aufl., § 120 Rn. 93; MünchKommHGB/Grunewald, 2. Aufl., § 161 Rn. 4 f). Denn der Gesellschaftsanteil eines einzelnen Gesellschafters ist notwendig ein einheitlicher, der in der Hand eines Gesellschafters nicht einer Aufspaltung oder einer verschiedenen rechtlichen Gestaltung zugänglich ist (BGH, Urteil vom 11.4.1957, Az. II ZR 182/55, BGHZ 24, 106-115, juris Rn. 5). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an.
Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob und gegebenenfalls inwieweit bei speziellen Fallkonstellationen von diesem Grundsatz Ausnahmen anzuerkennen sind. Eine solche Fallkonstellation liegt hier ersichtlich nicht vor (zu etwaigen Ausnahmen und zum Meinungsstreit insoweit vgl. MünchKommHGB/Karsten Schmidt, aaO, § 105 Rn. 77 m.w.N.), entgegen der Auffasung der Beteiligten zu 2) auch nicht im Hinblick auf die Regelung in § 5 Abs. 2 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages der Beteiligten zu 1), wonach die persönlich haftende Gesellschafterin - die Beteiligte zu 2) - nicht verpflichtet, aber berechtigt ist, eine Kapitaleinlage zu leisten. Gegenstand dieser Regelung ist nicht - wie die Beteiligte zu 2) meint - die Einlage des Kommanditisten, sondern die Einlage der Komplementär-GmbH. Typischerweise übernimmt die Komplementär-GmbH in einer GmbH & Co. KG keine Einlage und ist am Vermögen und Ertrag der Gesellschaft auch nicht beteiligt (Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns/Lüke, Handbuch GmbH&Co.KG, 20. Aufl., § 3 Rn. 99); für die Beteiligte zu 1) ist dies in § 5 Abs. 2 Satz 2 ihres Gesellschaftsvertrag festgelegt. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages der Beteiligten zu 1) ist die Komplementär-GmbH aber berechtigt, eine Kapitaleinlage zu leisten. Eine etwaige Einlage der Komplementär-GmbH in die KG kann aus ihrem ganzen oder einem Teil ihres Vermögens bestehen. Die Komplementäreinlage wird aber nicht in das Handelsregister eingetragen (Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns/Lüke, aaO, § 3 Rn. 100).
Der Grundsatz von der Einheitlichkeit des Geschäftsanteils hindert aber nicht, dass der persönlich haftende Gesellschafter mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter den Gesellschaftsanteil eines Kommanditisten erwerben kann. In diesem Fall vereinigt sich mit dem Erwerb dieser Anteil mit seinem bisherigen Anteil zu einem Gesellschaftsanteil, da in einer Personalgesellschaft ein Gesellschafter immer nur mit einem Anteil - wenn auch verschiedener Größe - an der Gesellschaft beteiligt sein kann (BGH, Urteil vom 10.6.1963, aaO, juris Rn. 14; Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 31.1.1991, Az. 5 U 88/88, juris; BayObLG, Beschluss vom 29.1.2003, Az. 3Z BR 5/03; ZIP 2003, 1443-1444, juris Rn. 13). Dadurch, dass sich der erworbene Kommanditanteil endgültig in einen Komplementäranteil umwandelt, geht er endgültig unter (BGH, Urteil vom 1.6.1987, Az. II ZR 259/86, BGHZ 101, 123-130, NJW 1987, 3184-3186, juris Rn. 19; MünchKommHGB/Karsten Schmidt, aaO, § 105 Rn. 77; Hopt in Baumbach/Hopt, aaO, § 124 Rn. 16; Henssler/Strohn/Gummert, HGB, § 161 Rn. 7; Oetker/Weitemeyer, aaO, § 105 Rn. 32; Oetker/Oetker, aaO, § 161 Rn. 8; Koller in Koller/Roth/Morck, aaO, § 177 Rn. 3). Demnach blieb die Beteiligte zu 2) mit dem Erwerb des Kommanditanteils persönlich haftende Gesellschafterin und wurde damit nicht auch Kommanditistin.
III. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu 2) nach § 84 FamFG zu tragen.
Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 131 Abs. 4, 88 Abs. 2 Satz 3, 30 Abs. 2 Satz 1 KostO.