BGH: Erstreckung der Haftung des Geschäftsführers einer Komplementär-GmbH auf die Kommanditgesellschaft
BGH, Urteil vom 18.6.2013 - II ZR 86/11
Leitsätze
a) Jedenfalls dann, wenn die alleinige oder wesentliche Aufgabe einer Komplementär-GmbH in der Führung der Geschäfte einer Kommanditgesellschaft besteht, erstreckt sich der Schutzbereich der durch die Bestellung begründeten organschaftlichen Sonderrechtsbeziehung zwischen der Komplementär-GmbH und ihrem Geschäftsführer im Hinblick auf seine Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG im Falle einer sorgfaltswidrigen Geschäftsführung auf die Kommanditgesellschaft.
b) Eine pflichtwidrige haftungsbegründende Handlung kann im Hinblick auf das für die Haftungserstreckung nach § 43 Abs. 2 GmbHG notwendige Schutzbedürfnis der Kommanditgesellschaft regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn sämtliche Gesellschafter der Kommanditgesellschaft mit dem Handeln des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH einverstanden waren.
GmbHG § 43 Abs. 2
Sachverhalt
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der G. GmbH & Co. KG (im Folgenden: Schuldnerin), einer im Jahr 2004 gegründeten Publikumsgesellschaft, mit der Anlegern die Beteiligung an einem Musikfonds angeboten wurde. Unternehmensgegenstand der Schuldnerin ist die Entwicklung, Produktion, Verwertung und Vermarktung sowie der Vertrieb von Ton- und Bildaufnahmen und sonstigen Medienprodukten sowie der Erwerb von Rechten an Musikproduktionen anderer und deren Verwertung. Der Beklagte war bis zum Jahr 2007 Geschäftsführer der Komplementär-GmbH, die nicht operativ nach außen auftrat und deren alleinige Aufgabe es war, für die Schuldnerin zu handeln. Der Beklagte erhielt für seine Tätigkeit keine Vergütung; er stellte der Komplementärin lediglich die Vergütung in Rechnung, die er einem von ihm beschäftigten Mitarbeiter zahlte.
Am 9. September 2004 unterzeichnete der Beklagte für die Schuldnerin „zur Bestätigung eines bereits in Vollzug gesetzten, mündlich erteilten Auftrages" einen schriftlichen „Vertrag über Rechts- und Steuerberatung" mit der Rechtsanwaltssozietät W. GbR (im Folgenden: W. ) über die Beauftragung der W. mit der anwaltlichen und steuerrechtlichen Beratung im Zusammenhang mit dem Fondsprojekt. § 2 des Vertrags enthält eine Honorarregelung, die auch Gegenstand einer gesonderten schriftlichen Honorarvereinbarung vom selben Tage ist und nach der mit der W. ein Pauschalhonorar in Höhe von 375.000 € vereinbart ist. Die W. war zuvor von den Initiatoren des Fonds im April 2004 mündlich beauftragt worden, den Prospekt und die für die Fondsgründung nötigen Verträge auszuarbeiten. Sie erstellte außerdem eine Prognoserechnung, die ebenfalls in dem im Juli 2004 veröffentlichten Emissionsprospekt abgedruckt wurde.
Da die Schuldnerin bis Ende 2004 nur einen Teil von ungefähr 900.000 € des nach dem Emissionsprospekt neu einzuwerbenden Kommanditkapitals von 10 Mio. € eingeworben hatte, kamen die Gesellschafter in einer Gesellschafterversammlung am 28. Dezember 2004 überein, die Emission von Beteiligungen im Jahr 2005 fortzusetzen. Zu diesem Zweck erarbeitete die W. aufgrund eines mündlichen Auftrags im Frühjahr 2005 einen zweiten Prospekt (Tranche 2005) und nahm die nötigen Anpassungen in den Verträgen und Prognoseberechnungen vor. Im Sommer 2005 erstellte die W. schließlich einen dritten Prospekt (Tranche II/2005). Darin wurden aufgrund einer Gesetzesänderung zum 1. Juli 2005 erforderlich gewordene Anpassungen aufgenommen. Am 25. August 2005 unterzeichnete der Beklagte für die Schuldnerin eine weitere Honorarvereinbarung mit der W. , in dem u.a. für die Beratung bei der Erstellung der im Frühjahr und Sommer 2005 veröffentlichten Prospekte ein an die W. zu zahlendes Honorar in Höhe von insgesamt 150.000 € vereinbart wurde.
In der Gesellschafterversammlung der Schuldnerin vom 29. Dezember 2004 wurde ein Musikprojekt mit der Boygroup U. (im Folgenden U. ) vorgestellt und beschlossen. Am selben Tag schloss der Beklagte für die Schuldnerin zur Realisierung dieses Projekts einen Produktionsdienstleistungsvertrag mit der T. GmbH (im Folgenden: T. ). Der Vertrag sah vor, dass die T. Tonaufnahmen mit der U. herstellen und der Schuldnerin die umfassenden Nutzungsrechte an diesen übertragen sollte. Beide Parteien waren zum Rücktritt berechtigt, sollte die Schuldnerin nicht die für die Umsetzung des Projekts nötigen Künstlerverträge mit den Mitgliedern der U. abschließen. Zu solchen Vertragsabschlüssen kam es in der Folgezeit nicht. Denn U. war vertraglich an T. gebunden, wobei streitig ist, ob diese Bindung am 29. Dezember 2004 schon bestanden hatte. Am 4. April 2005 unterzeichnete der Beklagte für die Schuldnerin eine Kooperationsvereinbarung mit der T. . Aufgrund der Vereinbarung stellte die T. die U. für die Produktion zur Verfügung. Die Schuldnerin gab im Gegenzug einen Teil der Verwertungsrechte, die Gegenstand des Produktionsdienstleistungsvertrags vom 29. Dezember 2004 waren, an die T. ab. Anderenfalls wäre diese vom Produktionsdienstleistungsvertrag zurückgetreten.
Mit der Klage begehrt der Kläger vom Beklagten Schadensersatz wegen der Verletzung seiner Sorgfaltspflichten beim Abschluss der Honorarvereinbarungen vom 9. September 2004 und vom 25. August 2005 sowie der Kooperationsvereinbarung vom 4. April 2005.
Nach Ansicht des Klägers übersteigen die vereinbarten und von der Schuldnerin gezahlten Honorare von 375.000 € und 150.000 € bei weitem die gesetzlichen Gebühren, die die Schuldnerin ohne Vergütungsvereinbarung geschuldet hätte. Der Schuldnerin sei deshalb ein Schaden in Höhe von 504.010 € entstanden, den der Beklagte zu ersetzen habe. Auch beim Abschluss der Kooperationsvereinbarung habe der Beklagte pflichtwidrig gehandelt. Durch den Verlust der im Produktionsdienstleistungsvertrag für die Schuldnerin gegenüber der Beklagten begründeten Rechte an der Vermarktung der U. sei der Schuldnerin ein Schaden entstanden, der sich noch nicht endgültig beziffern lasse. Der Kläger begehrt deshalb die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten.
Das Landgericht hat den Beklagten wegen des Abschlusses der beiden Honorarvereinbarungen zur Zahlung von 405.727,20 € nebst Zinsen verurteilt und festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Schuldnerin den Schaden zu ersetzen, der ihr durch den Verzicht auf Auswertungsrechte an der U. bereits entstanden sei und noch entstehen werde. Das Berufungsgericht hat auf das Rechtsmittel des Beklagten die Verurteilung zur Zahlung auf den Betrag von 374.130 € verringert. Im Übrigen hat es das landgerichtliche Urteil bestätigt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte weiter das Ziel der Klageabweisung. Mit der Anschlussrevision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Zahlungsausspruchs sowie eine Klarstellung des Tenors des Berufungsurteils dahingehend, dass die Berufung des Beklagten auch hinsichtlich des Feststellungsausspruchs zurückgewiesen wurde.
Aus den Gründen
8 Die Rechtsmittel haben Erfolg und führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9 I. Das Berufungsgericht (KG, NZG 2011, 429) hat im Wesentlichen ausgeführt:
10 Der Beklagte hafte als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH unmittelbar auch gegenüber der Schuldnerin aus § 43 Abs. 2 GmbHG. Es sei unerheblich, dass mangels Vergütung des Beklagten für seine Geschäftsführertätigkeit kein Dienstvertrag zwischen ihm und der Komplementär-GmbH geschlossen worden sei, der eine drittschützende Wirkung zugunsten der Schuldnerin entfalten könne. Denn die Haftung begründe sich direkt aus der Organstellung des Geschäftsführers.
11 Der Abschluss der Honorarvereinbarungen mit der W. sei pflichtwidrig gewesen, da jeweils bereits mündliche Anwaltsverträge geschlossen gewesen seien, auf deren Basis die Schuldnerin die gesetzlichen Gebühren geschuldet habe; diese hätten für die Leistungen im Jahr 2004 maximal 63.012 € und im Jahr 2005 maximal 72.110 € betragen. Die Vereinbarung eines über den gesetzlichen Gebühren liegenden Anwaltshonorars sei nicht durch das dem Beklagten als Geschäftsführer zustehende unternehmerische Ermessen gedeckt gewesen. Hätte sich der Beklagte ausreichend informiert, hätte er die fehlende Notwendigkeit der Honorarvereinbarungen erkennen können. Bei der Schadensberechnung sei als Vergleichsmaßstab jeweils die gesetzliche Höchstgebühr anzusetzen. Durch die Honorarvereinbarung für die Leistungen im Jahr 2004 sei der Schuldnerin daher ein Schaden in Höhe von 311.988 € entstanden, der jedoch lediglich in Höhe von 296.240 € zugesprochen werde, da dies dem von der Schuldnerin nicht angegriffenen Ausspruch des landgerichtlichen Urteils entspreche. Bezüglich des Honorars für die Leistungen im Jahr 2005 sei das landgerichtliche Urteil zu korrigieren. Vom Beklagten seien statt der zugesprochenen 109.487,20 € lediglich 77.890 € zu ersetzen.
12 Durch Abschluss der Kooperationsvereinbarung vom 4. April 2005 sei grundlos auf Rechte verzichtet worden, die der Schuldnerin aufgrund des Vertrags vom 29. Dezember 2004 zugestanden hätten. Der Beklagte hätte sich für die Schuldnerin gegenüber der T. auf die Unwirksamkeit des Rücktritts berufen und an der Durchführung des ersten Vertrags, auf welche die Schuldnerin wegen des treuwidrigen Verhaltens der T. einen Anspruch gehabt hätte, festhalten müssen. Ferner habe er es unterlassen, über den Abschluss der Kooperationsvereinbarung vom 4. April 2005 den notwendigen Beschluss der Gesellschafterversammlung herbeizuführen. Es sei wahrscheinlich, dass der Schuldnerin durch den Verzicht auf die Rechte ein Schaden entstanden sei. Dabei könne es dahinstehen, ob die U. bereits vor Abschluss des Produktionsdienstleistungsvertrags an die T. gebunden gewesen oder ob ein entsprechender Vertrag erst nach dem 29. Dezember 2004 geschlossen worden sei.
13 II. Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
14 1. Frei von Rechtsfehlern hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass sich ein Schadensersatzanspruch der Schuldnerin gegen den Beklagten aus dem Schutzbereich des zwischen dem Beklagten und der Komplementär-GmbH bestehenden Organverhältnisses ergeben kann.
15 a) Jedenfalls dann, wenn die alleinige oder wesentliche Aufgabe einer Komplementär-GmbH in der Führung der Geschäfte einer Kommanditgesellschaft besteht, erstreckt sich der Schutzbereich des zwischen der Komplementär-GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnisses im Hinblick auf seine Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG im Falle einer sorgfaltswidrigen Geschäftsführung auf die Kommanditgesellschaft (st. Rspr. BGH, Urteil vom 12. November 1979 II ZR 174/77, BGHZ 75, 321, 322 ff.; Urteil vom 17. März 1980 II ZR 85/79, WM 1980, 593; Urteil vom 24. März 1980 II ZR 213/77, BGHZ 76, 326, 338; Urteil vom 16. Februar 1981 II ZR 49/80, WM 1981, 440, 441; Urteil vom 17. März 1987 VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 193; Urteil vom 10. Februar 1992 II ZR 23/91, WM 1992, 691, 692 f.; Urteil vom 14. November 1994 II ZR 160/93, ZIP 1995, 738, 745; Urteil vom 25. Februar 2002 II ZR 236/00, ZIP 2002, 984, 985).
16 b) Nach den von der Revision nicht beanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen den Parteien unstreitig, dass es bis zum Jahr 2008 einzige Aufgabe der Komplementär-GmbH gewesen ist, die Geschäfte der Schuldnerin zu führen. Das Bestehen eines vertraglichen Dienstverhältnisses im Sinne von § 611 Abs. 1 BGB zwischen dem Beklagten und der Komplementär-GmbH hat das Berufungsgericht mangels ausdrücklicher oder konkludenter Vergütungsvereinbarung verneint. Ob der Beklagte aufgrund eines sonstigen vertraglichen Anstellungsverhältnisses verpflichtet war, die Geschäfte der Komplementär-GmbH unentgeltlich zu besorgen (vgl. § 662 BGB), und sich aus diesem Vertragsverhältnis Schutzpflichten zugunsten der Schuldnerin ergaben, kann dahinstehen, weil infolge der Bestellung des Beklagten zum Geschäftsführer jedenfalls ein Organverhältnis zu der Komplementär-GmbH bestanden hat. Die organschaftliche Sonderrechtsbeziehung zwischen dem Geschäftsführer und der Komplementär-GmbH entfaltet ebenfalls drittschützende Wirkung zugunsten der Kommanditgesellschaft (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 1987 VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 193; Urteil vom 10. Februar 1992 II ZR 23/91, WM 1992, 691, 692; Urteil vom 25. Februar 2002 II ZR 236/00, ZIP 2002, 984, 985; OLG München, ZIP 2013, 1122; Brandes, WM Sonderbeilage 1/1987, 7; Henze/Born, GmbH-Recht HRR, 2013, Rn. 1484; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 56 IV3 b; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 43 Rn. 99; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 43 Rn. 66; Oetker in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, GmbHG § 43 Rn. 78; U.H. Schneider in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. § 43 Rn. 428 ff.; MünchKomm-HGB/Grunewald, 3. Aufl., § 161 Rn. 84; von Gerkan/Haas in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 161 Rn. 60; grundsätzlich kritisch zum Direktanspruch der KG gegen den GmbH-Geschäftsführer Koppensteiner/Gruber in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl., § 43 Rn. 65).
17 aa) Die Haftung des Geschäftsführers gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG gegenüber der GmbH knüpft unmittelbar an die Verletzung der Pflichten aus der organschaftlichen Sonderrechtsbeziehung an und ist nicht von der Existenz eines Anstellungsvertrags abhängig (BGH, Urteil vom 12. Juni 1989 II ZR 334/87, ZIP 1989, 1390, 1392; Urteil vom 10. Februar 1992 II ZR 23/91, WM 1992, 691, 692; Urteil vom 21. April 1994 II ZR 65/93, NJW 1994, 2027; vgl. auch BGH, Urteil vom 25. Juni 2001 II ZR 38/99, BGHZ 148, 167, 169 f. zu § 43 Abs. 3 GmbHG; vgl. ferner Born, WM Sonderbeilage 2013/1, 34; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 43 Rn. 4; Oetker in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, GmbHG § 43 Rn. 1, 3; U.H. Schneider in Scholz, GmbHG, 10. Aufl., § 43 Rn. 14, 17; Koppensteiner/Gruber in Rowedder/ Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl., § 43 Rn. 1, 3).
18 In gleicher Weise kann der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH für Schäden der Kommanditgesellschaft nach § 43 Abs. 2 GmbHG allein aufgrund der organschaftlichen Sonderrechtsbeziehung zur GmbH haften, wenn deren alleinige oder wesentliche Aufgabe darin besteht, die Geschäfte der Kommanditgesellschaft zu führen. In diesem Fall geht das wohlverstandene Interesse der GmbH dahin, dass ihr Geschäftsführer die Leitung der Kommanditgesellschaft im Rahmen seiner Organpflichten ordnungsgemäß ausübt, weil sie auf eine günstige wirtschaftliche Entwicklung ihrer Beteiligung bedacht sein muss und als persönlich haftende Gesellschafterin selbst aus dem Gesellschaftsverhältnis der Kommanditgesellschaft zu einer sorgfältigen Geschäftsführung verpflichtet ist. Die Komplementär-GmbH muss darauf vertrauen dürfen, dass ihr Geschäftsführer den Angelegenheiten der Kommanditgesellschaft die gleiche Sorgfalt widmet wie ihren eigenen (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 1980 II ZR 85/79, WM 1980, 593; Urteil vom 17. März 1987 VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 193 f.). Die Kommanditgesellschaft ist auch schutzbedürftig. Eine Verletzung der Pflichten aus dem Organverhältnis geht, soweit es die Führung der Geschäfte der Kommanditgesellschaft betrifft, vor allem zu deren Lasten. Die Kommanditgesellschaft bzw. die Kommanditisten sind auf die Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH angewiesen; sie haben jedoch regelmäßig keine Befugnisse, um unmittelbar auf ihn einzuwirken (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1979 II ZR 174/77, BGHZ 75, 321, 323; Urteil vom 14. November 1994 II ZR 160/93, ZIP 1995, 738, 745 f.; MünchKommHGB/Grunewald, 3. Aufl., § 161 Rn. 70). Sowohl das Interesse der Komplementär-GmbH als auch die Schutzbedürftigkeit der Kommanditgesellschaft sind für den Geschäftsführer ohne weiteres erkennbar. Das rechtfertigt es, die in der Organstellung begründete Verantwortlichkeit des Geschäftsführers und die hieran anknüpfende Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG auf die Kommanditgesellschaft zu erstrecken.
19 bb) Außerhalb des Bereichs des Gesellschaftsrechts ist ebenfalls anerkannt, dass die Annahme einer Schutzwirkung zugunsten Dritter nicht zwingend auf Vertragsverhältnisse beschränkt ist, sondern ähnliche Beziehungen genügen können. So werden die Grundsätze des „Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter" unabhängig von der Frage der dogmatischen Begründung des Rechtsinstituts über eine ergänzende Vertragsauslegung oder aus vom hypothetischen Parteiwillen losgelösten Gründen etwa Gewohnheitsrecht oder richterliche Rechtsfortbildung auf öffentlich-rechtliche Benutzungsverhältnisse genauso angewandt wie im gesetzlichen Schuldverhältnis der culpa in contrahendo (BGH, Urteil vom 20. Juni 1974 III ZR 97/72, NJW 1974, 1816, 1817; Urteil vom 28. Januar 1976 VIII ZR 246/74, BGHZ 66, 51, 56; Urteil vom 14. Dezember 2006 III ZR 303/05, WM 2007, 1139 Rn. 10).
20 c) Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die Geltendmachung der Ansprüche der Schuldnerin aus § 43 Abs. 2 GmbHG nicht von einem Gesellschafterbeschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG abhängt. Denn es handelt sich nicht um Ansprüche der GmbH, sondern um solche der Kommanditgesellschaft, für die keine dem § 46 Nr. 8 GmbHG entsprechende Vorschrift besteht (BGH, Urteil vom 24. März 1980 II ZR 213/77, BGHZ 76, 326, 338). Nachdem mittlerweile das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet worden ist, wäre ein Gesellschafterbeschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG ohnehin nicht mehr erforderlich (BGH, Urteil vom 14. Juli 2004 VIII ZR 224/02, ZIP 2004, 1708, 1710 f.).
21 2. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch eine mögliche Pflichtwidrigkeit des Beklagten i.S.d. § 43 Abs. 2 GmbHG durch den Abschluss der Honorarvereinbarung vom 9. September 2004 bejaht. Nicht frei von Rechtsfehlern ist dagegen die Annahme des Berufungsgerichts, der hierfür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte habe keine Umstände dargetan, die sein Verhalten als nicht pflichtwidrig hätten erscheinen lassen.
22 a) Im Prozess gegen den Geschäftsführer muss die einen Anspruch nach § 43 Abs. 2 GmbHG verfolgende klagende Gesellschaft darlegen und beweisen, dass und inwieweit ihr durch ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten des Geschäftsführers in seinem Pflichtenkreis ein Schaden erwachsen ist, wobei ihr gegebenenfalls die Erleichterungen des § 287 ZPO zu Gute kommen. Hingegen hat der Geschäftsführer darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass er seinen Sorgfaltspflichten nachgekommen ist oder ihn kein Verschulden trifft oder dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre (BGH, Urteil vom 4. November 2002 II ZR 224/00, BGHZ 152, 280, 284 f.; Beschluss vom 18. Februar 2008 II ZR 62/07, ZIP 2008, 736 Rn. 8; Urteil vom 15. Januar 2013 II ZR 90/11, ZIP 2013, 455 Rn. 14 AG). Diese Grundsätze gelten auch bei der Haftung gegenüber der Kommanditgesellschaft.
23 b) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass der Abschluss der Honorarvereinbarung möglicherweise pflichtwidrig gewesen ist, wenn die W. bereits aufgrund einer mündlichen Beauftragung tätig geworden ist und deshalb nur ein niedrigeres Honorar geschuldet war.
24 Die Annahme des Berufungsgerichts, die W. sei „klägerseits" bereits mündlich im April 2004 beauftragt worden, ist zwar, worauf die Revision zu Recht hinweist, insoweit ungenau, als die Schuldnerin zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestand. Der Auftrag wurde vielmehr von den Initiatoren des Musikfonds erteilt, die nicht ausnahmslos mit den Gründungsgesellschaftern der Schuldnerin identisch sind. Ob und gegebenenfalls auf welchem Wege die Schuldnerin in ein durch die mündliche Auftragserteilung bereits begründetes Vertragsverhältnis mit der W. einbezogen werden sollte, kann offen bleiben. Die Annahme einer möglichen Pflichtverletzung des Beklagten wird davon nicht berührt. Diese kann im Abschluss der Honorarvereinbarung vom 9. September 2004 bereits deshalb liegen, weil die Schuldnerin durch die Vereinbarung zu einer Zahlung verpflichtet wurde, die sie bei Zugrundelegung der gesetzlichen Vergütung nicht hätte leisten müssen.
25 Der Vortrag des Beklagten, bereits im Rahmen der mündlichen Beauftragung durch die Initiatoren sei ein Festbetrag in Höhe von 375.000 € vereinbart worden, steht der Annahme einer möglichen Pflichtwidrigkeit nicht entgegen. Die mündliche Beauftragung der W. durch die Fondsinitiatoren im April 2004 ist vor dem 1. Juli 2004 erfolgt, so dass auf das Auftragsverhältnis gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1, § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte anwendbar gewesen wäre. Gemäß § 3 Abs. 1 BRAGO konnte eine höhere als die gesetzliche Vergütung nur bei einer schriftlichen Vereinbarung gefordert werden. Dass die Berufung auf den Formmangel hier ausnahmsweise als treuwidrig anzusehen gewesen wäre (vgl. dazu BGH, Urteil vom 25. Februar 1965 VII ZR 112/63, NJW 1965, 1023; Urteil vom 8. Juni 2004 IX ZR 119/03, NJW 2004, 2818, 2820), ist nicht erkennbar.
26 c) Auf einer unzureichenden Würdigung der Gesamtumstände beruht die Auffassung des Berufungsgerichts, die Vereinbarung eines über den gesetzlichen Gebühren liegenden Anwaltshonorars sei nicht durch das dem Beklagten als Geschäftsführer zustehende unternehmerische Ermessen gedeckt gewesen.
27 Da der Auswahl eines geeigneten Dienstleisters zur Umsetzung des vom Gesellschafterwillen getragenen Unternehmenskonzepts und der Ausgestaltung des damit zusammenhängenden Dienstleistungsvertrags eine unternehmerische Entscheidung zugrunde liegt, handelte der Beklagte nicht pflichtwidrig, wenn er vernünftigerweise annehmen durfte, mit der Vereinbarung vom 9. September 2004 auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1997 II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 253; Beschluss vom 14. Juli 2008 II ZR 202/07, ZIP 2008, 1675 Rn. 11; Urteil vom 22. Februar 2011 II ZR 146/09, ZIP 2011, 766 Rn. 19; Urteil vom 15. Januar 2013 II ZR 90/11, ZIP 2013, 455 Rn. 35). Ist der Beklagte seinen Informationspflichten nicht nachgekommen, kann er sich auf ein pflichtgemäßes Alternativverhalten berufen (vgl. BGH, Urteil vom 4. November 2002 II ZR 224/00, BGHZ 152, 280, 284 f.; Beschluss vom 26. November 2007 II ZR 161/06, ZIP 2008, 117 Rn. 4). Das dem Beklagten zukommende unternehmerische Ermessen umfasst auch die Frage, ob er mit der W. ein über den gesetzlichen Gebühren liegendes Pauschalhonorar zur Abgeltung der umfangreichen Tätigkeiten nachträglich schriftlich vereinbaren durfte.
28 Der Beklagte trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass seine Entscheidung vom unternehmerischen Ermessen gedeckt war (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2013 II ZR 90/11, ZIP 2013, 455 Rn. 14). Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Beklagte wäre seiner Darlegungs- und Beweislast nur dann gerecht geworden, hätte er substantiiert dargetan und zudem unter Beweis gestellt, ob und gegebenenfalls welche Bemühungen er vor Abschluss der Honorarvereinbarung unternommen habe, sich verlässlich über die Verpflichtung der Schuldnerin zum Abschluss einer nachträglichen Honorarvereinbarung trotz vorheriger mündlicher Auftragserteilung sowie über die Angemessenheit des von W. verlangten Honorars gemessen an den gesetzlichen Gebühren in Kenntnis zu setzen. Bei der Beantwortung der Frage, ob der Beklagte im Rahmen seines unternehmerischen Ermessens gehandelt hat, kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht ausschließlich darauf abgestellt werden, ob die W. im Zeitpunkt des Abschlusses der schriftlichen Vereinbarung einen gesetzlichen Anspruch auf das vereinbarte Honorar hatte (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 BRAGO).
29 Dem Geschäftsführer einer GmbH ist es vorbehaltlich vertraglicher Beschränkungen - selbstverständlich - nicht verwehrt, bei der Beauftragung einer Anwaltskanzlei höhere als die gesetzlichen Gebühren, etwa in Form von Pauschal- oder Stundenhonoraren, zu vereinbaren, wenn sachliche Gründe hierfür
gegeben sind. In vielen Fällen wird er ohne eine solche Vereinbarung qualifizierte anwaltliche Beratung gar nicht erhalten können. Der Geschäftsführer handelt der Gesellschaft gegenüber grundsätzlich auch nicht bereits dann pflichtwidrig, wenn er nachträglich eine über den gesetzlichen Gebühren liegende Honorarvereinbarung abschließt oder ein solches Honorar bezahlt. Es kommt vielmehr darauf an, ob er in diesem Zeitpunkt vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.
30 Der Geschäftsführer muss in der konkreten Entscheidungssituation alle verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und rechtlicher Art ausschöpfen, auf dieser Grundlage die Vor- und Nachteile der bestehenden Handlungsoptionen sorgfältig abschätzen und den erkennbaren Risiken Rechnung tragen. Nur wenn diese Anforderungen erfüllt sind, ist Raum für die Zubilligung unternehmerischen Ermessens (BGH, Urteil vom 21. April 1997 II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 253; Beschluss vom 14. Juli 2008 II ZR 202/07, ZIP 2008, 1675 Rn. 11). Bei der vom Geschäftsführer verlangten sorgfältigen Abwägung der Vor- und Nachteile der in Fallgestaltungen wie der vorliegenden bestehenden Handlungsoptionen ist es nur ein Gesichtspunkt unter vielen, ob eine Rechtspflicht besteht, ein bestimmtes Honorar zu zahlen. Auch wenn eine solche nicht besteht, können etwa die Exklusivität der Beratung, der Wunsch nach dauerhafter Bindung des Beraters oder der von allen Gesellschaftern getragene Wille dafür sprechen, eine im kaufmännischen Verkehr ohne Rechtsbindung getroffene mündliche Vereinbarung einzuhalten. Dies hat das Berufungsgericht nicht beachtet. Durch die Verengung der Abwägung auf einen einzelnen Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht den umfangreichen Vortrag des Beklagten zur Rechtfertigung der Honorarvereinbarung nicht zur Kenntnis genommen.
31 d) Das Berufungsgericht ist weiter, wie die Revision mit Recht rügt, verfahrensfehlerhaft dem Vortrag des Beklagten nicht nachgegangen, die Gründungsgesellschafter, die zum damaligen Zeitpunkt noch die einzigen Gesellschafter der Kommanditgesellschaft gewesen waren, wären mit dem Abschluss der Honorarvereinbarung vom 9. September 2004 auch dann einverstanden gewesen, wenn ihnen zuvor nach Einholung fachkundigen Rechtsrats mitgeteilt worden wäre, dass die von der W. verlangte Vergütung die auf Grundlage der gesetzlichen Gebühren bereits entstandenen Honoraransprüche überschreiten würde. Dieses Vorbringen ist unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des pflichtgemäßen Alternativverhaltens relevant.
32 aa) Der gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG in Anspruch genommene Geschäftsführer darf sich darauf berufen, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre; er trägt dafür die Darlegungs- und Beweislast (BGH, Urteil vom 4. November 2002 II ZR 224/00, BGHZ 152, 280, 284 f.; Beschluss vom 26. November 2007 II ZR 161/06, ZIP 2008, 117 Rn. 4).
33 Das Vorbringen des Beklagten ist erheblich. Ein Handeln des Geschäftsführers einer GmbH im auch stillschweigenden Einverständnis mit sämtlichen Gesellschaftern stellt solange kein Fall des § 43 Abs. 3 GmbHG oder der Existenzvernichtung vorliegt grundsätzlich keine (haftungsbegründende) Pflichtverletzung i.S.v. § 43 Abs. 2 GmbHG dar (BGH, Urteil vom 7. April 2003 II ZR 193/02, ZIP 2003, 945, 946; Urteil vom 28. April 2008 II ZR 264/06, BGHZ 176, 204 Rn. 39) und kann deshalb keinen ersatzpflichtigen Schaden begründen. Dies gilt auch dann, wenn die Haftung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH für Schäden der Kommanditgesellschaft in Frage steht. Für den Fall einer von den Gesellschaftern der Komplementär-GmbH erteilten Weisung, bei der insoweit nichts anderes gilt als bei einem Einverständnis, hat der Senat angenommen, dass sie in der Regel mindestens subjektiv eine Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers auch gegenüber der Kommanditgesellschaft ausschließen wird, wenn sie sachlich vertretbar und nicht erkennbar ungesetzlich oder, zum Beispiel wegen bewusster Schädigung der Kommanditgesellschaft, sittenwidrig war (BGH, Urteil vom 12. November 1979 II ZR 174/77, BGHZ 75, 321, 323, 326; vgl. ferner Konzen, NJW 1989, 2977, 2983; MünchKommHGB/Grunewald, 3. Aufl., § 161 Rn. 83). Eine pflichtwidrige haftungsbegründende Handlung kann im Hinblick auf das für die Haftungserstreckung nach § 43 Abs. 2 GmbHG notwendige Schutzbedürfnis der Kommanditgesellschaft regelmäßig aber auch dann nicht angenommen werden, wenn sämtliche Gesellschafter der Kommanditgesellschaft als potentiell Geschädigte nach zutreffender Information über den Sachverhalt mit dem Handeln des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH einverstanden waren (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 1955 VI ZR 28/53, WM 1956, 61 juris Rn. 18).
34 bb) Das Berufungsgericht hätte das Vorbringen des Beklagten zulassen müssen. Da der Einwand des hypothetischen Einverständnisses erst im zweiten Rechtszug in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 3. Februar 2011 erhoben wurde, handelte es sich um ein neues Verteidigungsmittel. Dem Vorbringen vorausgegangen war indes die mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht. Dort wurde der Beklagte darauf hingewiesen, dass das Gericht den Vortrag zur nachträglichen Billigung der Honorarvereinbarung als nicht ausreichend substantiiert und zudem als unerheblich ansehe. Der Beklagte erhielt Gelegenheit, zu den gerichtlichen Hinweisen nach § 139 Abs. 5 ZPO Stellung zu nehmen. Das vom Beklagten daraufhin behauptete hypothetische Einverständnis steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Bewertung des Vortrags zu einem tatsächlichen Einverständnis als unsubstantiiert und ist daher durch den Hinweis in der mündlichen Verhandlung veranlasst worden. Durch einen Hinweis veranlasstes und innerhalb der Stellungnahmefrist erfolgtes Vorbringen darf nicht als verspätet zurückgewiesen werden (BGH, Urteil vom 26. Juli 2007 VII ZR 262/05, WM 2007, 2023 Rn. 15; MünchKommZPO/Rimmelspacher, 4. Aufl., § 531 Rn. 29). Ein solches Vorgehen verletzt den Anspruch der Partei auf die Gewährung rechtlichen Gehörs (BGH, Beschluss vom 11. Mai 2010 VIII ZR 301/08, juris Rn. 11).
35 3. Soweit das Berufungsgericht eine Haftung des Beklagten im Hinblick auf die Honorarvereinbarung vom 25. August 2005 bejaht hat, ist dies gleichfalls nicht frei von Rechtsfehlern.
36 a) Auch insoweit beruht die Auffassung des Berufungsgerichts, die Vereinbarung eines über den gesetzlichen Gebühren liegenden Anwaltshonorars sei nicht durch das dem Beklagten als Geschäftsführer zustehende unternehmerische Ermessen gedeckt gewesen, auf einer unzureichenden Würdigung der Gesamtumstände. Wegen der Einzelheiten kann auf die Ausführungen zur Honorarvereinbarung vom 9. September 2004 verwiesen werden (vgl. oben II. 2. c). Hier wird zusätzlich zu berücksichtigen sein, dass es nahe lag, die W. erneut zu ihren Bedingungen zu beauftragen, weil sie in das Projekt bereits eingebunden war.
37 b) Die Schadensberechnung des Berufungsgerichts ist zudem zum Nachteil der Schuldnerin nicht frei von Rechtsfehlern, so dass das Berufungsurteil, soweit das Berufungsgericht hinsichtlich der Honorarvereinbarung vom 25. August 2005 weniger zugesprochen hat als das Landgericht, auch den Angriffen der Anschlussrevision nicht standhält.
38 Die Urteilsbegründung trägt die Annahme des Berufungsgerichts nicht, der Schaden der Schuldnerin ergebe sich aus der Differenz zwischen vereinbartem Honorar und der gesetzlichen Höchstgebühr. Das Berufungsgericht hat auf den Höchstsatz abgestellt, weil dem Beklagten, hätte er rechtlichen Rat eingeholt, mitgeteilt worden wäre, dass wegen des Ermessensspielraums des Rechtsanwalts bei der Bemessung des in Ansatz zu bringenden Gebührenrahmens und der damit verbundenen rechtlichen Schwierigkeiten eine Abrechnung der Höchstgebühren vertretbar gewesen wäre.
39 Die Pflichtverletzung des Beklagten liegt jedoch - die vom Berufungsgericht angenommene Pflichtwidrigkeit unterstellt - nicht darin, dass er sich nicht hat anwaltlich beraten lassen, sondern darin, dass er eine Honorarvereinbarung abgeschlossen hat, welche die gesetzlichen Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz übersteigt. Denkt man diese Pflichtverletzung hinweg, hätte die W. gegen die Schuldnerin einen Anspruch auf die durch ihre Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Erstellung der beiden Prospekte nebst Vertragsentwürfen angefallenen gesetzlichen Gebühren. Vergleichsmaßstab für die zur Bestimmung des Schadens heranzuziehende Differenzhypothese ist deshalb, welche gesetzlichen Gebühren die W. objektiv unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG hätte verlangen können. Dies kann und hat das Berufungsgericht selbst festzustellen. Für die Schätzung eines Mindestschadens nach § 287 ZPO bleibt insoweit kein Raum.
40 4. Nicht frei von Rechtsfehlern ist schließlich die Feststellung des Berufungsgerichts, der Beklagte sei zum Ersatz eines aus der Aufgabe von Verwertungsrechten durch den Abschluss der Kooperationsvereinbarung vom 4. April 2005 erwachsenden Schadens verpflichtet. Bei verständiger Auslegung lässt sich diese Feststellung nicht nur den Gründen, sondern auch dem Tenor des Berufungsurteils entnehmen. Das Berufungsgericht hat die weitergehende Berufung des Beklagten zurückgewiesen und die Klage nur insoweit abgewiesen, als es den Zahlungsausspruch des landgerichtlichen Urteils gekürzt hat.
41 a) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Schuldnerin sei wahrscheinlich ein Schaden entstanden, weil der Beklagte ohne Notwendigkeit mit der Kooperationsvereinbarung vom 4. April 2005 Verwertungsrechte an der Vermarktung der U. auf die T. übertragen habe, die nach dem Produktionsdienstleistungsvertrag vom 29. Dezember 2004 der Schuldnerin zugestanden hätten. Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass die T. vom Vertrag vom 29. Dezember 2004 zurückgetreten wäre, weil die Schuldnerin entgegen der Vereinbarung keine Künstlerverträge mit den Mitgliedern der U. geschlossen habe oder hätte schließen können, mit der Folge, dass der Schuldnerin ohne die Vereinbarung vom 4. April 2005 gar keine Verwertungsrechte verblieben wären. Denn ein Rücktritt wäre wegen Treuwidrigkeit unwirksam gewesen. Dabei könne dahinstehen, ob die T. die Künstlerverträge nach der Vereinbarung mit der Schuldnerin abgeschlossen und damit der Schuldnerin die Möglichkeit genommen hätte, den Vertrag zu erfüllen oder ob die Musiker am 29. Dezember 2004 bereits an T. gebunden gewesen seien. In diesem Fall hätte T. es pflichtwidrig unterlassen, die Schuldnerin auf diesen der Vertragsdurchführung entgegenstehenden Umstand hinzuweisen und hätte deshalb das Rücktrittsrecht nicht ausüben dürfen.
42 b) Das Berufungsgericht hätte es nicht dahinstehen lassen dürfen, wann die Künstlerverträge zwischen U. und T. geschlossen wurden. Waren die Musiker bereits im Vorfeld des Produktionsdienstleistungsvertrags zwischen der T. und der Schuldnerin vom 29. Dezember 2004 vertraglich an die T. gebunden, könnte dieser allenfalls eine Aufklärungspflichtverletzung vorgeworfen werden. Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass eine Ersatzpflicht dann nur das negative Interesse umfassen würde. Die Schuldnerin wäre im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB so zu stellen, wie sie gestanden hätte, wenn sie diese Information gehabt hätte. Dann hätte sie den Produktionsdienstleistungsvertrag vom 29. Dezember 2004 vermutlich nicht oder nicht in dieser Form geschlossen, was zu prüfen gewesen wäre.
43 Der Kläger kann jedenfalls nicht - wie von ihm aber begehrt den Schaden ersetzt verlangen, der der Schuldnerin durch den Verzicht auf Auswertungsrechte an U. entstanden ist. Dies liefe auf den Ersatz des positiven Interesses hinaus. Hätte die Schuldnerin bei Offenlegung der vertraglichen Bindungen der U. an die T. nicht ohnehin von einer Beteiligung an der Vermarktung der Gruppe abgesehen, ist es gut möglich, dass als Ergebnis von Verhandlungen ein Vertrag geschlossen worden wäre, der im wirtschaftlichen Ergebnis der Kooperationsvereinbarung vom 4. April 2005 entsprochen hätte. Die Annahme des Berufungsgerichts, es sei wahrscheinlich, dass der Schuldnerin durch den Verzicht auf die Rechte im Vertrag vom 4. April 2005 ein Schaden entstanden sei, lässt sich danach nicht aufrechterhalten.
44 c) Der Zeitpunkt des Abschlusses der Künstlerverträge kann auch nicht deshalb offen bleiben, weil der Beklagte den Vertrag vom 4. April 2005 nach Auffassung des Berufungsgerichts ohne einen erforderlichen Gesellschafterbeschluss geschlossen hat. Es muss nicht der Frage nachgegangen werden, ob die Angriffe der Revision gegen diese Auffassung Erfolg haben. Selbst wenn man davon ausgeht, dass ein Gesellschafterbeschluss erforderlich und nicht gefasst worden war, führt das nicht automatisch zur Haftung des Beklagten. Der Geschäftsführer schuldet keinen Schadensersatz nach § 43 Abs. 2 GmbHG, wenn sich durch seine pflichtwidrige Handlung die Vermögenslage der Gesellschaft nicht verschlechtert hat. Dieser Grundsatz gilt auch bei einem Kompetenzverstoß. Denn § 43 Abs. 2 GmbHG sanktioniert nicht den Kompetenzverstoß des Geschäftsführers an sich, sondern setzt einen dadurch verursachten Schaden voraus (BGH, Urteil vom 13. März 2012 II ZR 50/09, ZIP 2012, 1197 Rn. 27).
45 III. Das Urteil ist aufzuheben und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die fehlenden Feststellungen nachholen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat weist für das weitere Verfahren auf Folgendes hin:
46 1. Soweit es den Abschluss der Honorarvereinbarung vom 9. September 2004 betrifft, ist nach Abwägung der vorgetragenen Gesamtumstände, unter Umständen nach ergänzendem Vorbringen der Parteien, zu entscheiden, ob diese durch die Einhaltung unternehmerischen Ermessen gedeckt war. Gegebenenfalls wird das Berufungsgericht dem Vorbringen des Beklagten zu einem hypothetischen Einverständnis nachgehen und die als Zeugen benannten Gesellschafter hören müssen.
47 Kommt das Berufungsgericht erneut zu dem Ergebnis, dass der Beklagte dem Grunde nach für den Abschluss der Honorarvereinbarung gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG einzustehen hat, wird es sich mit den Einwendungen der Revision und der Anschlussrevision zur Höhe der Rechtsanwaltsgebühren zu befassen haben.
48 2. Sollte das Berufungsgericht erneut zu dem Ergebnis kommen, der Beklagte hafte für den Abschluss der Vereinbarung vom 25. August 2005 dem Grunde nach, wird es sich mit den Angriffen der Revision zur Höhe des Schadens zu befassen haben. Hierbei wird unter anderem dem für die Revisionsinstanz zu unterstellenden Vorbringen des Beklagten nachzugehen sein, der Auftrag zum Entwurf des Prospekts „Tranche II/2005" sei erst am 15. Mai 2005 nach Veröffentlichung des Prospekts „Tranche 2005" am 22. Februar 2005 erteilt worden. War dies der Fall, liegt es nahe, gebührenrechtlich von mindestens zwei verschiedenen Angelegenheiten im Sinne des § 15 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 RVG oder jedenfalls von verschiedenen Gegenständen im Sinne des § 22 Abs. 1 RVG auszugehen. Bei der Berechnung der Schadenshöhe wird sich das Berufungsgericht unter Berücksichtigung der von Revision und Anschlussrevision erhobenen Rügen mit der Frage befassen müssen, in welcher Höhe die W. gesetzliche Gebühren hätte fordern dürfen.
49 3. Der Beklagte hat vorgetragen, die U. sei bereits bei Abschluss des Produktionsdienstleistungsvertrags an die T. vertraglich gebunden gewesen, und hat hierfür Zeugenbeweis angeboten. Diesem Beweisangebot wird das Berufungsgericht nachgehen müssen.
50 Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht auch Gelegenheit, den Sachverhalt darauf zu überprüfen, ob auch diese Entscheidung des Beklagten durch das ihm eingeräumte unternehmerische Ermessen gedeckt war. Das kommt in Betracht, weil der Beklagte sich vor die Frage gestellt sah, ob er versuchen sollte, Rechtsansprüche der Schuldnerin unter Berufung auf treuwidriges Verhalten durchzusetzen. Dem damit verbundenen Kosten- und Prozessrisiko stand die mit der Entscheidung des Beklagten verbundene sofortige Beteiligung an der Verwertung der U. gegenüber. Die Revision hat aufgezeigt, dass der Beklagte dazu vorgetragen hat, warum er der Auffassung ist, er habe mit dem Abschluss der Kooperationsvereinbarung sein unternehmerisches Ermessen nicht überschritten.