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Wirtschaftsrecht
14.07.2010
Wirtschaftsrecht
BGH: Ersatzfähigkeit mangelbedingten Nutzungsausfallschadens neben dem Rücktritt vom Kaufvertrag

BGH: Ersatzfähigkeit mangelbedingten Nutzungsausfallschadens neben dem Rücktritt vom Kaufvertrag

BGH, Teilversäumnis- und Schlussurteil vom 14.4.2010 - VIII ZR 145/09

Leitsätze

1. Ein auf einen Mangel eines Kraftfahrzeugs gestützter Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag schließt dessen Recht nicht aus, daneben unter den Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung Ersatz des mangelbedingten Nutzungsausfallschadens zu verlangen (Bestätigung von BGHZ 174, 290).

2. Der Käufer kann allerdings im Hinblick auf die ihn treffende Schadensminderungspflicht gehalten sein, binnen angemessener Frist ein Ersatzfahrzeug zu beschaffen oder einen längeren Nutzungsausfall durch die Anschaffung eines Interimsfahrzeugs zu überbrücken.

BGB §§ 281, 325, 254

Sachverhalt

Die Klägerin kaufte am 11.4.2005 als Verbraucherin von der Beklagten, einer Gebrauchtwagenhändlerin, einen gebrauchten PKW Honda Jazz 1.4 ES zum Preis von 13.100 Euro. Im Kaufvertrag wurde unter der Rubrik "Besonderere Vereinbarungen" unter Hinweis auf Vorschäden handschriftlich vermerkt, dass keine Unfallfreiheit bestand. Noch vor Übergabe des Fahrzeugs am 13.4.2005 holte die Beklagte einen Zustandsbericht der F. -Schaden- und Wertgutachterdienst GmbH ein. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass das Fahrzeug einen instand gesetzten Karosserieschaden aufweise, der aber ohne Einfluss auf dessen Betriebs- und Verkehrssicherheit sei. Tatsächlich war das Fahrzeug bei Übergabe an die Klägerin aber wegen eines nicht fachgerecht beseitigten Unfallschadens an der Vorderachse nicht betriebs- und verkehrssicher, was durch eine Inaugenscheinnahme ohne die Demontage von Verkleidungsteilen erkennbar war.

Die Klägerin verlangte mit Schreiben vom 6.10.2005 und vom 3.1.2006 die Rückabwicklung des Kaufvertrags. Das Fahrzeug nutzte sie seit dem 8.12.2005 nicht mehr. Am 22.4.2006 erwarb sie einen - zwei Tage später auf sie zugelassenen - Gebrauchtwagen. Die Beklagte wurde mit rechtskräftigem Urteil des LG Berlin (37 O 36/06) vom 20.2.2007 zur Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung von 324,09 Euro nebst Verzugszinsen seit dem 14.10.2005 verurteilt, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Ferner wurde festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befand.

Nun verlangt die Klägerin für den Zeitraum vom 8.12.2005 bis zum 24.4.2006 (168 Tage) von der Beklagten, die eine Verletzung der Schadensminderungspflicht einwendet, den Ersatz ihres Nutzungsausfallschadens (38 Euro pro Tag, insgesamt 6.384 Euro). Ferner begehrt sie Erstattung der für das zurückgegebene Fahrzeug aufgewendeten Auslagen für Haftpflicht- und Kaskoversicherung sowie für Kraftfahrzeugsteuer (842,45 Euro) und der für das Ersatzfahrzeug angefallenen Zulassungskosten (75 Euro).

Das LG hat der Klage in Höhe von 3.017,45 Euro (2.100 Euro Nutzungsausfallentschädigung für 60 Tage zuzüglich 917,45 Euro Auslagenersatz) nebst Zinsen stattgegeben und die weitergehende Klage abgewiesen. Hiergegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das KG hat unter Zurückweisung des Rechtsmittels der Klägerin auf die Berufung der Beklagten das Urteil des LG abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin hatte überwiegend Erfolg.

Aus den Gründen

13        II. ... Ein möglicher Schadensersatzanspruch der Klägerin folgt nicht - wie vom Berufungsgericht in Erwägung gezogen - aus § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 BGB, sondern als Schadensersatz statt der Leistung aus § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1, § 249 Abs. 1, 2 Satz 1 BGB. Der geltend gemachte Schaden ist nicht trotz des Festhaltens am Vertrag entstanden (vgl. hierzu BGHZ 181, 317, Tz. 9), sondern beruht auf dem infolge des Rücktritts und des damit verbundenen Erlöschens der ursprünglichen Leistungspflicht endgültigen Ausbleiben der Leistung (vgl. hierzu etwa Staudinger/Otto, BGB (2004), § 280 Rdnr. E 34; Faust, JZ 2008, 471, 472 m. w. N.; vgl. ferner OLG Celle, NJW-RR 2008, 1635, 1637).

            Erstattungsfähigkeit des geltend gemachten Nutzungsausfallschadens scheitert nicht am vermeintlichen Vorrang der rücktrittsrechtlichen Regelungen

14        1. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht die Erstattungsfähigkeit des von der Klägerin geltend gemachten Nutzungsausfallschadens unter Hinweis auf einen vermeintlichen Vorrang der rücktrittsrechtlichen Regelungen (§§ 346, 347 BGB) abgelehnt. Die von ihm vertretene Rechtsauffassung findet im Gesetz keine Stütze.

            Neuregelung des § 325 BGB im Zuge der Modernisierung des Schuldrechts hat Kumulation von Rücktritt und Schadensersatz möglich gemacht

15        a) Im Zuge der Modernisierung des Schuldrechts wurde die Neuregelung des § 325 BGB eingeführt, die es dem Gläubiger im Falle einer ausgebliebenen oder nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung ermöglicht, vom Vertrag zurückzutreten, und ihm gleichzeitig das Recht einräumt, Schadensersatz zu verlangen. Nach der Intention des Gesetzgebers soll hierdurch die im früheren Recht in §§ 325, 326 BGB a.F. angelegte, nicht mehr als sachgerecht empfundene Alternativität zwischen dem Ersatz des Erfüllungsinteresses (Schadensersatz wegen Nichterfüllung) und der Ausübung des Rücktrittsrechts aufgegeben und durch eine Kumulation von Rücktritt und Schadensersatz abgelöst werden (BT-Drs. 14/6040, S. 187 f.). Dadurch soll gewährleistet werden, dass der Gläubiger die Rechtsfolgen beider Rechtsbehelfe miteinander kombinieren kann (BT-Drs. 14/6040, S. 188). Nach der bis dahin geltenden Rechtslage konnte dieses Ergebnis nur bei der Wahl des nach der Differenzmethode berechneten Schadensersatzes erreicht werden (BT-Drs. 14/6040, S. 187 f.).

            Senatsrechtsprechung beruht auf dieser vom KG in Frage gestellten Gesetzesänderung

16        b) Auf dieser Gesetzesänderung beruht die vom Berufungsgericht in Frage gestellte Rechtsprechung des Senats, wonach durch den Rücktritt vom Kaufvertrag ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung auch insoweit nicht ausgeschlossen wird, als es um den Ersatz eines Nutzungsausfallschadens geht, der dadurch entstanden ist, dass dem Käufer infolge des Mangels der Kaufsache deren Nutzung entgeht (BGHZ 174, 290). Im Rahmen eines neben der Rückabwicklung nach §§ 346, 347 BGB eröffneten Schadensersatzanspruchs ist der Gläubiger nach der Differenztheorie so zu stellen, wie er stünde, wenn der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden wäre (BGHZ 87, 156, 158; 174, 290, Tz. 7), der Schuldner also seine Vertragspflichten nicht verletzt hätte. Dieser auf Ersatz des Erfüllungsinteresses gerichtete Anspruch umfasst bei Lieferung einer mangelhaften Sache typischerweise auch den Ersatz eines Nutzungsausfallschadens, der dadurch entsteht, dass dem Käufer infolge des Mangels die Nutzung der Sache entgeht (BGHZ 174, 290, Tz. 8 m. w. N.). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten.

            Schaffung eines zweistufigen Ausgleichssystems als logische Konsequenz des vom Gesetzgeber gewollten Nebeneinanders von Rücktritt und Schadensersatz

17        c) Anders als das Berufungsgericht meint, steht dem nicht entgegen, dass der Käufer im Falle eines Rücktritts vom Kaufvertrag verpflichtet ist, dem Verkäufer Wertersatz für gezogene oder möglich gewesene Nutzungen der Kaufsache zu leisten (§ 346 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 347 Abs. 1 BGB). § 325 BGB beschränkt die Möglichkeit, Schadensersatz auch im Fall des Rücktritts vom Kaufvertrag zu verlangen, nicht auf die Kompensation bestimmter Schäden, sondern lässt bei Ausübung des Rücktrittsrechts die sich aus anderen Normen ergebenden, nach dem Grundanliegen des § 249 BGB regelmäßig auf vollständigen Ausgleich gerichteten Schadensersatzansprüche (vgl. etwa BGHZ 132, 373, 376; 155, 1, 5 - Grundsatz der "Totalreparation") in ihrer gesamten Reichweite bestehen. Dass sich ein auf das positive Interesse gerichteter Schadensersatzanspruch auch auf den Ersatz mangelbedingt entgangener Nutzungen erstreckt, stellt auch das Berufungsgericht nicht in Frage. Es will aber im Geltungsbereich des § 325 BGB die Ersatzfähigkeit solcher Schäden im Hinblick auf den von ihm bejahten Vorrang der rücktrittsrechtlichen Nutzungsersatzregelungen ausschließen. Die Bestimmungen der §§ 346, 347 BGB über eine vom Käufer infolge seines Rücktritts herauszugebende Nutzungsentschädigung stellen jedoch keine abschließenden Regelungen dar (vgl. BGHZ 174, 290, Tz. 9 ff. m. w. N.; OLG Celle, a. a. O.; OLG Düsseldorf, BeckRS 2008, 17148; Soergel/ Gsell, BGB, 13. Aufl., § 325 Rdnr. 3; MünchKomm-BGB/Gaier, 5. Aufl., Vor § 346 Rdnr. 39, 37; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 325 Rdnr. 2; Staudinger/Kaiser, BGB (2004), Vorbemerkungen zu §§ 346-354 Rdnr. 78; Staudinger/Otto/Schwarze, BGB (2009), § 325 Rdnr. 34, 42; Jauernig/Stadler, BGB, 13. Aufl., § 325 Rdnr. 3; a.A. Staudinger/Otto, BGB (2004), § 325 Rdnr. 28; Faust, a. a. O., S. 474).

18        aa) Der Rücktritt beseitigt den Vertrag nicht, sondern gestaltet ihn lediglich in ein Rückgewährschuldverhältnis um, wodurch die primären Leistungspflichten erlöschen. Es besteht daher keine Notwendigkeit, den Gläubiger in jeder Hinsicht so zu stellen, als wäre der Vertrag niemals geschlossen worden (Soergel/Gsell, a. a. O., Rdnr. 1 m. w. N.; Staudinger/Otto/Schwarze, a. a. O., Rdnr. 6). Die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 346, 347 BGB über die im Falle bereits erbrachter Leistungen durchzuführende Rückabwicklung des Vertrages zielen zwar auf die Herstellung eines Zustands ab, der im Wesentlichen am negativen Interesse der Vertragsparteien ausgerichtet ist. Darin liegt der Grund dafür, dass die vor dem Rücktritt tatsächlich gezogenen oder möglich gewesenen Nutzungen der Kaufsache nach Erlöschen der gegenseitigen Erfüllungsansprüche nicht mehr dem Käufer, sondern dem Verkäufer gebühren und deshalb der Käufer zur Herausgabe oder zum Wertersatz (§§ 346, 347 BGB) verpflichtet ist (BGHZ 174, 290, Tz. 10). Nach der mit der Neuregelung des § 325 BGB getroffenen Entscheidung des Gesetzgebers soll es mit einer solchen Rückabwicklung aber gerade nicht sein Bewenden haben. Vielmehr soll der schadensersatzberechtigte Käufer - auch nach dem Erlöschen seiner Erfüllungsansprüche - verlangen können, vermögensmäßig so gestellt zu werden, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung durch den Verkäufer stünde (BGHZ a. a. O., m. w. N.).

19        bb) Die vom Berufungsgericht vertretene gegenteilige Auffassung lässt sich mit der in § 325 BGB getroffene Wertentscheidung des Gesetzgebers nicht in Einklang bringen.

20        (1) Zwar wird von einigen Stimmen im Schrifttum die Auffassung vertreten, die Konkurrenz zwischen rücktritts- und schadensersatzrechtlichen Vorschriften sei dergestalt zu lösen, dass das Schadensersatzrecht in den Bereichen, die durch das Rücktrittsfolgenrecht geregelt werden, nicht zur Anwendung komme (vgl. Staudinger/Otto, a. a. O., Rdnr. 28; Faust, a. a. O.). Für einen solchen Vorrang des Rücktrittsrechts spreche der in § 281 Abs. 5 BGB angeordnete Verweis auf das Rücktrittsrecht für den Fall des Schadensersatzes statt der ganzen Leistung bei erfolgter Teilleistung. Diese Verweisung sei bei der von der herrschenden Auffassung bejahten schadensersatzrechtlichen Überlagerung des Rücktrittsrechts überflüssig, weil dann im Ergebnis doch nach Schadensersatzrecht abgerechnet werden müsste (Faust, a. a. O.).

21        (2) Hiergegen spricht jedoch bereits der Umstand, dass § 281 Abs. 5 BGB lediglich das Schicksal der vom Gläubiger zurück zu gewährenden Leistung regelt, aber keine Aussage darüber trifft, ob und in welchem Umfang der beim Gläubiger entstandene "Nichterfüllungsschaden" zu ersetzen ist (ähnlich Staudinger/Otto/Schwarze, a. a. O., Rdnr. 34). In der ebenfalls im Zuge der Modernisierung des Schuldrechts eingeführten Vorschrift des § 281 Abs. 5 BGB, wonach im Falle des Schadensersatzes statt der ganzen Leistung der Schuldner die Herausgabe seiner Leistung nach Rücktrittsrecht fordern kann (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 141), sah der Gesetzgeber keinen Widerspruch zur Regelung des § 325 BGB. Durch die Regelung des § 281 Abs. 5 BGB sollten nicht die Reichweite des Schadensersatzrechts eingeschränkt, sondern nur die nach alter Rechtslage bestehenden Unsicherheiten ausgeräumt werden, auf welche Weise beim großen Schadensersatz Nutzungen und Beschädigungen der gelieferten Sache auszugleichen sind (vgl. BT-Drs. 14/6040, a. a. O.). Da bei dem Verlangen nach großem Schadensersatz (Schadensersatz statt der ganzen Leistung) indirekt Rücktrittswirkungen erzielt werden, hielt es der Gesetzgeber für zweckmäßig, die - schon nach dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot erforderliche - Rückgewährung der gelieferten Sache und der durch sie ermöglichten Gebrauchsvorteile dem Rücktrittsrecht zu unterstellen (BT-Drs. 14/6040, a. a. O.; vgl. hierzu ferner Soergel/Gsell, a. a. O., § 325 Rdnr. 11; Gsell, JZ 2004, 643, 646; dies., JuS 2006, 203, 205, die insoweit allerdings noch eine teleologische Reduktion vornehmen will).

22        (3) Unabhängig von diesen Überlegungen liefe die vom Berufungsgericht befürwortete Beschränkung der Reichweite des ersatzfähigen Schadens im Falle der Ausübung eines Rücktrittsrechts dem vom Gesetzgeber mit der Schaffung des § 325 BGB verfolgten Ziel zuwider, dem Gläubiger trotz Rücktritts einen auf das Erfüllungsinteresse gerichteten Ausgleich in Geld zu ermöglichen. Der Gläubiger darf bei einer Kumulation von Schadensersatz und Rücktritt im Vergleich zu einer isolierten Geltendmachung von Schadensersatz nicht benachteiligt werden (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 188). Dem Willen des Gesetzgebers kann nur dadurch Geltung verschafft werden, dass die grundsätzlich anwendbaren Bestimmungen der §§ 346, 347 BGB hinsichtlich der dort geregelten Vermögenspositionen (Nutzungen, Verwendungen) nicht die Herstellung eines am Erfüllungsinteresse ausgerichteten Zustandes hindern (BGHZ 174, 290, Tz. 7 ff. m. w. N.; vgl. auch OLG Celle, a. a. O.; Soergel/Gsell, a. a. O., Rdnr. 3; MünchKomm-BGB/Gaier, a. a. O., Rdnr. 37, 39; Staudinger/Otto/Schwarze, a. a. O., Rdnr. 34).

23        (4) Auch die vom Berufungsgericht befürchtete Widersprüchlichkeit bei einer Kombination beider Anspruchssysteme besteht nicht. Soweit die Kumulation beider Rechtsfolgen dazu führt, dass der Käufer und Rücktrittsgläubiger zwar einerseits für gezogene und mögliche Nutzungen nach §§ 346, 347 BGB Wertersatz an den Verkäufer und Rücktrittschuldner zu leisten hat, andererseits aber einen gegenläufigen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung nach §§ 280, 281 BGB geltend machen kann, erklärt sich dies durch die unterschiedlichen Zielsetzungen und Voraussetzungen von Rücktritt und Schadensersatz. Der verschuldensunabhängige Rücktritt ist auf eine Stornierung oder Rückabwicklung des Leistungsaustauschs in natura gerichtet, während die ein Vertretenmüssen des Schuldners voraussetzende Schadensersatzhaftung den Gläubiger vermögensmäßig so stellen soll, wie er bei rechtzeitiger und korrekter Erfüllung stünde (vgl. etwa Soergel/Gsell, a. a. O.; Staudinger/Otto/Schwarze, a. a. O.; Staudinger/Kaiser, a. a. O., Rdnr. 68; Gsell, JZ 2004, 643, 644; dies., NJW 2008, 912 f.; dies., JuS 2006, a. a. O.; Herresthal, JuS 2007, 798, 799 f.). Dass damit im Ergebnis ein zweistufiges Ausgleichssystem geschaffen wird, ist kein Widerspruch in sich, sondern logische Konsequenz des vom Gesetzgeber gewollten Nebeneinanders von Rücktritt und Schadensersatz.

            Auch der vorübergehende Verlust der Kfz-Gebrauchsmöglichkeit ist als Vermögensschaden ersatzfähig

24        2. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, angesichts der durch § 325 BGB eröffneten Kombination von Rücktritt und Schadensersatzverlangen sei im Hinblick auf die Wertersatzregelung in § 347 Abs. 1 BGB jedenfalls für eine Auslegung des Begriffs "Vermögensschaden", die trotz Rückführung des Kaufpreises nebst Zinsen eigenständig am Nutzungswert der Sache anknüpfe, kein Raum mehr. Hierbei lässt das Berufungsgericht ebenfalls die mit § 325 BGB verfolgte Zielsetzung außer acht, wonach bestehende Schadensersatzansprüche durch die Ausübung des Rücktrittsrechts nicht nachteilig berührt werden sollen.

25        Nach gefestigter Rechtsprechung stellt auch der vorübergehende Verlust der Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs einen Vermögensschaden dar, wenn der Geschädigte sich für die Zeit des Nutzungsausfalls keinen Ersatzwagen beschafft hat (BGHZ 40, 345, 347 ff; 56, 214, 215; BGH, Urteile vom 10.6.2008 - VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198, Tz. 6 ff. m. w. N.; vom 10.3.2009 - VI ZR 211/08, NJW 2009, 1663, Tz. 6 m. w. N. [jeweils Kfz].; vgl. ferner BGHZ 98, 212, 216 ff. [Haus]). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass sich Wesen und Bedeutung des Vermögens nicht in dessen Bestand - dem "Haben" - erschöpfen, sondern dass sie auch die im Vermögen verkörperten Möglichkeiten umfassen, es zur Verwirklichung seiner Lebensziele zu nutzen. Diese funktionale Zuweisung ist im vermögenswerten Recht mitgeschützt (BGHZ 98, 212, 218). Gerade bei Fahrzeugen, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung häufig angewiesen ist, stellt sich die Gebrauchsmöglichkeit als ein vermögenswertes Gut dar und ist als geldwerter Vorteil anzusehen (BGH, Urteil vom 10.6.2008, a. a. O.).

26        An der Ersatzfähigkeit solcher Nutzungsausfallschäden hat sich durch die Einführung des § 325 BGB nichts geändert. Diese Vorschrift soll - wie bereits ausgeführt - dem Gläubiger auch im Fall des Rücktritts die Berechtigung erhalten, Ersatz für das positive Interesse zu erlangen. Mit diesem Regelungsziel wäre es nicht zu vereinbaren, beim Zusammentreffen von Rücktritt und Schadensersatzverlangen bestimmte als ersatzfähig anerkannte Vermögenspositionen vom Ausgleich auszunehmen.

27        Auch die vom Berufungsgericht angeführte Bestimmung des § 347 Abs. 1 BGB, die dem Käufer einen Anspruch auf Ersatz der möglich gewesenen Nutzungen aus dem gezahlten Kaufpreis gewährt, steht einem auf das Erfüllungsinteresse gerichteten Anspruch auf Ersatz eines mangelbedingten Nutzungsausfallschadens nicht entgegen. Denn der Geschädigte ist im Hinblick auf das schadensrechtliche Bereicherungsverbot daran gehindert, sowohl rücktrittsrechtlich die Nutzungen der Gegenleistung heraus zu verlangen als auch schadensersatzrechtlich Nutzungsersatz für die ihm entgangene Leistung geltend zu machen. Eine ungerechtfertigte Begünstigung des Gläubigers wird dadurch vermieden, dass der dem Gläubiger nach § 347 Abs. 1 BGB zugeflossene Wertersatz im Wege der schadensrechtlichen Vorteilsausgleichung bei der Bemessung des Nutzungsausfallschadens angerechnet wird (Staudinger/Kaiser, a. a. O., Rdnr. 80; Soergel/Gsell, a. a. O., Rdnr. 5; AnwK/Dauner-Lieb, BGB, § 325 Rdnr. 5; Herresthal, a. a. O., S. 801; Arnold, ZGS 2003, 427, 429; v. Olshausen, Festschrift für Huber, 2006, S. 471, 476; Clevinghaus, Das Verhältnis von Rücktritt und Schadensersatz nach neuem Schuldrecht, 2006, S. 207; vgl. auch Bender, § 325 BGB - Die Auswirkungen des Rücktritts auf die Berechnung des Schadensersatzanspruches statt der Leistung, 2008, S. 148 ff.; vgl. ferner BGHZ 174, 290, Tz. 15 - Einbeziehung der vermögensmäßigen Folgen des Rücktritts in die schadensrechtliche Betrachtung; i.E. ebenso Staudinger/Otto/Schwarze, a. a. O., Rdnr. 39).

28        3. Das angefochtene Urteil stellt sich insoweit auch nicht aus einem anderen Grund als richtig dar (§ 561 ZPO). Denn nach dem für die Revisionsinstanz maßgeblichen Sachverhalt kann ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz eines Teils des Nutzungsausfallschadens und der Kosten für die Anmeldung des Ersatzfahrzeugs nicht ausgeschlossen werden ... [wird ausgeführt].

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