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Wirtschaftsrecht
18.05.2022
Wirtschaftsrecht
KG Berlin: Ersatz pflichtwidriger Zahlungen: Exkulpation des Geschäftsführers einer Konzern-GmbH durch für den Gesamtkonzern eingeholtes Insolvenzgutachten

KG Berlin, Urteil vom 28.4.2022 – 2 U 39/18

Volltext: BB-Online BBL2022-1154-2

 

Leitzsätze

1. Ein vom Insolvenzverwalter als Indiz der Überschuldung vorgelegter Jahresabschluss ist nicht schon deswegen ohne Aussagekraft, weil er vor Insolvenzeröffnung nicht mehr förmlich beschlossen und vom Geschäftsführer unterzeichnet werden konnte. Vielmehr sind dem Geschäftsführer konkrete Einwendungen in der Sache zumutbar.

2. Zur Frage, ob sich der Geschäftsführer einer konzernangehörigen GmbH zur Exkulpation auf ein Anwaltsgutachten stützen kann, welches das Vorliegen von Insolvenztatbeständen im Wege einer reinen Konzernbetrachtung verneint.

3. Hat der auf die Erstattung von Zahlungen in der Insolvenz in Anspruch genommene Geschäftsführer die sorgfältige Plausibilitätskontrolle einer Insolvenzbegutachtung unterlassen, kann er nicht geltend machen, bei deren Vornahme hätte ihm der Fehler des Begutachtenden nicht auffallen müssen.

Sachverhalt

I.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter der L. GmbH (fortan: Schuldnerin), einer mit dem Vertrieb elektrischer Energie befasst gewesenen Gesellschaft des F.-Konzerns. Der Beklagte amtierte durchgehend als deren alleiniger Geschäftsführer. Der Kläger nimmt den Beklagten auf die Erstattung von Zahlungen in Anspruch, welche die Schuldnerin zwischen dem 14.03.2013 und dem 11.04.2013 an Dritte leistete, bevor sie am 12.04.2013 Eigeninsolvenzantrag stellte.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Zahlungen seien nach Eintritt der Insolvenzreife geleistet worden, denn die Schuldnerin sei spätestens ab dem 13.03.2013 zahlungsunfähig gewesen. Sie habe die Zahlungen eingestellt gehabt. Jedenfalls ergebe sich die Zahlungsunfähigkeit aus der Liquiditätsbilanz. Darüber hinaus sei die Schuldnerin ab dem Ende des Jahres 2011, spätestens aber ab dem Ende des Jahres 2012 überschuldet gewesen. Der Beklagte ist dem im Einzelnen entgegengetreten und hat sich zusätzlich u.a. darauf berufen, es seien bis zuletzt erfolgversprechende Verhandlungen über einen Teilverkauf der Konzernmutter sowie über einen Forderungsverkauf geführt worden, welcher dem Konzern einen kurzfristigen Liquiditätszufluss von EUR 35,0 Mio. gebracht hätte. Zudem sei er – der Beklagte – im Vorstand der F. AG (fortan: Konzernmutter) nicht für Finanzen zuständig gewesen. Er habe auf Gutachten und Testate der Streithelferin zu 1) – einer auf Insolvenzrecht spezialisierten Anwaltskanzlei – vertrauen dürfen, die u.a. am 01.03.2013 und am 22.03.2013 bestätigt hätten, dass die Gesellschaften des Konzerns weder überschuldet noch zahlungsunfähig seien. Wegen der landgerichtlichen Feststellungen im Übrigen wird auf die angefochtene Entscheidung verwiesen.

Mit dieser hat die Kammer für Handelssachen die Klage abgewiesen. Die Schuldnerin sei allerdings am 13.03.2013 zahlungsunfähig gewesen. Es hätten an diesem Tag Verbindlichkeiten über EUR 2,7 Mio. bestanden, die bis zur Eröffnung nicht mehr beglichen worden seien. Zudem habe die Schuldnerin mit Schreiben vom 27.03.2013 um Vollstreckungsaufschub bezüglich der Stromsteuer gebeten, weil sie diese nicht habe zahlen können. Angesichts dessen sei von einer Zahlungseinstellung auszugehen. Die Kammer sei jedoch der Auffassung, dass die vorgenommenen Zahlungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar gewesen seien. Zahlungsempfänger seien zum größten Teil die Betreiber der Verteilernetze gewesen. Ohne diese Zahlungen hätte die Schuldnerin ihren Betrieb sofort einstellen müssen, die wegen eines Letters of Intent und der Vereinbarung der Übernahme des Forderungsportfolios guten Grund zu der Annahme gehabt habe, dass der Liquiditätsengpass nur vorübergehend sein werde. Zudem treffe den Beklagten kein Verschulden, weil das Gutachten und die Testate der mit der Prüfung von Insolvenzgründen beauftragten Streithelfer jeweils zu dem Schluss gekommen seien, dass weder Zahlungsunfähigkeit noch Überschuldung der Konzernmutter und ihrer Tochtergesellschaften gegeben gewesen seien, zu denen auch die Schuldnerin zählte. Auf diese Aussagen der eigens eingeschalteten Fachleute habe sich der Beklagte, der im Konzern nicht für Finanzen zuständig gewesen sei, verlassen dürfen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der Berufung und verfolgt seinen Klageanspruch weiter. Er macht u.a. geltend, schon eine konkrete und realistische Sanierungschance, zu deren Aufrechterhaltung die Zahlungen gedient hätten, sei nicht dargetan. Der Forderungsverkauf sei in der beabsichtigten Form keine Sanierung, sondern der Beginn der Liquidation gewesen, zumal nach dem Entwurf der Vereinbarung sämtliche bisherigen Entscheidungsträger hätten ausscheiden sollen. Es sei nicht einmal klar, ob die zufließenden Mittel überhaupt zur Tilgung der Verbindlichkeiten hätten eingesetzt werden sollen. Angesichts dessen bestünden auch Zweifel am Sanierungswillen. Der Beklagte könne sich zu seiner Entschuldigung nicht auf das Gutachten und die Testate der Streithelfer berufen. Er habe nicht nachgewiesen, diese überhaupt zur Kenntnis genommen zu haben. Sie seien zur Entlastung des Beklagten als Geschäftsführer der Schuldnerin aber auch untauglich gewesen, weil sie lediglich den Konzern insgesamt betrachtet hätten. Die Streithelfer seien auch nicht in der erforderlichen Weise umfassend informiert worden. Von den ganz erheblichen Steuerrückständen der Muttergesellschaft ebenso wie von den Stromsteuer- und Umsatzsteuer-Rückständen der Schuldnerin hätten die Streithelfer nicht erfahren. Jedenfalls habe der Beklagte keine sorgfältige Plausibilitätskontrolle vorgenommen, bei der ihm diese Mängel sonst hätten auffallen müssen.

Der Kläger beantragt,

wie erkannt wurde.

Der Beklagte und seine Streithelfer beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Streithelfer machen u.a. geltend, die Schuldnerin sei im Zeitpunkt der Zahlungen nicht insolvent gewesen. Der Jahresabschluss per Ende 2012 habe keine Indizwirkung, weil er nur im Entwurf vorliege. Zudem habe eine positive Fortführungsprognose vorgelegen. Auch eine Zahlungsunfähigkeit sei nicht nachgewiesen, zumal sich der Kläger auf durch eine Software modifizierte Buchhaltungsunterlagen stütze. Zudem ergebe sich die ausreichende Liquidität der Schuldnerin aus den von den Streithelfern jeweils aufgestellten Liquiditätsbilanzen. Die Gruppenbetrachtung sei zulässig gewesen und das Bestehen von Steuerverbindlichkeiten werde mit Nichtwissen bestritten. Jedenfalls hätten sich diese – so sie bestanden hätten – nicht entscheidungserheblich auf die Liquiditätsbilanzen ausgewirkt. Die aus den Vereinbarungen mit R. und D. zu erwartenden Mittel hätten dagegen berücksichtigt werden dürfen. Überhaupt habe es sich nur um ein erkennbar saisonales Liquiditätsproblem gehandelt. Auch die alternativen Liquiditätsbilanzen unter Berücksichtigung der angeblichen Steuerverbindlichkeiten (Anlagen SH15) ergäben überwiegend keine Liquiditätsunterdeckung. Zu Recht habe das Landgericht angenommen, dass die Zahlungen sorgfaltsgemäß gewesen seien und den Beklagten kein Verschulden treffe.

Der Beklagte meint, die Berufung stelle überhöhte Anforderungen an den Nachweis einer konkreten Chance auf Sanierung oder Fortführung im Insolvenzverfahren. Ausreichend sei ein irgendwie geartetes und auf Fakten fußendes Sanierungskonzept. Dem Konzern hätten EUR 35 Mio. und darüber hinaus ein variabler Kaufpreisanteil zufließen sollen. Angesichts dessen seien die Zahlungen nicht zu beanstanden. Der Kläger selbst habe noch versucht, die Schuldnerin zu verkaufen und hierzu einen mutmaßlich kostenintensiven M&A-Prozess veranlasst. Er – der Beklagte – habe zudem erstinstanzlich dargelegt, dass er sich sehr wohl umgehend von den Ergebnissen der Arbeit der Streithelfer überzeugt habe. Diese hätten die Betrachtung des Konzerns für zulässig erachtet, worauf er sich habe verlassen dürfen. In die Zahlung der Umsatzsteuer sei er nicht involviert gewesen. Den Leistungen der Streithelfer seien auch keine Unplausibilitäten zu entnehmen gewesen. Ein – zu unterstellender – Fehler sei nicht einmal der Wirtschaftsreferentin bei der Staatsanwaltschaft aufgefallen. Angesichts dessen sei es unerheblich, ob es zu einer Plausibilitätskontrolle überhaupt gekommen sei. Die Streithelfer hätten mitgeteilt, dass ihre Begutachtung bei zutreffender Unterrichtung über die Steuern nicht zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Aus den Gründen

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und schriftsätzlich begründet worden, §§ 511 ff. ZPO. Die Berufung ist auch begründet, denn die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung als die getroffene.

Der Klageanspruch bemisst sich nach § 64 Satz 1 GmbHG in der bis zum 31.12.2020 in Kraft gewesenen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.10.2008 (BGBl. I S. 2026, fortan: a.F.). Insbesondere findet am 01.01.2021 in Kraft getretene Neufassung in § 15b InsO keine Anwendung. Dies folgt – nachdem die ausdrückliche Übergangsregelung in § 103m EGInsO nur das Insolvenzverfahrensrecht betrifft (vgl. Bitter ZIP 2021, 321, 332; Hackenberg ZInsO 2021, 413; a.A. Baumert NZG 2021, 443, 445; Noack/Servatius/Haas/Haas, 23. Aufl. 2022, GmbHG § 64 Rn. 3) – aus den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts.

In Anwendung des § 64 Satz 1 GmbHG a.F. ist die Klage begründet. Denn die Geschäftsführer sind zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden. Die Schuldnerin war indes zum Zeitpunkt der hier ersetzt verlangten Zahlungen zahlungsunfähig (dazu 1.) und zudem überschuldet (dazu 2.). Die Zahlungen von 14.03. bis 11.04.2013 waren danach objektiv pflichtwidrig (dazu 3.) und in subjektiver Hinsicht auch sorgfaltswidrig (dazu 4.). Der danach bestehende Erstattungsanspruch ist zu verzinsen (dazu 5.) und dem Beklagten ist es vorzubehalten, seinen Gegenanspruch, der sich nach Rang und Höhe mit dem Betrag deckt, den der begünstigte Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätte, nach Erstattung an die Masse gegen den Insolvenzverwalter zu verfolgen (dazu 6.).

1.         Ein Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er wegen eines objektiven, kurzfristig nicht zu behebenden Mangels an Zahlungsmitteln nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 InsO). Dies ist vorliegend aufgrund einer Zahlungseinstellung zu vermuten (dazu a.), wobei die Beklagtenseite die Vermutung nicht zu widerlegen vermag (dazu b.).

a)         Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO). Zahlungseinstellung wiederum ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (vgl. BGH, Urteil vom 20. November 2001 – IX ZR 48/01 –, BGHZ 149, 178, Rn. 26; BGH, Urteil vom 14. Februar 2008 – IX ZR 38/04 –, Rn. 13, juris; BGH, Urteil vom 25. Oktober 2001 – IX ZR 17/01 –, BGHZ 149, 100, Rn. 22). Es muss sich mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner außerstande ist, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen zu genügen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 2007 – IX ZR 231/04 –, Rn. 28, juris, mN.).

Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 2007 – IX ZR 231/04 –, Rn. 29, juris, mN., BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 – IX ZR 93/06 –, Rn. 21, juris, mwN.), auch wenn tatsächlich noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen (BGH, Urteil vom 11. Februar 2010 – IX ZR 104/07 –, Rn. 42, juris). Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von Zahlungseinstellung auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2016 – II ZR 394/13 –, Rn. 14, juris; BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 – IX ZR 134/10 –, Rn. 12, juris). Etwas anderes gilt nur dann, wenn auf Grund konkreter Umstände, die sich nachträglich geändert haben, damals angenommen werden konnte, der Schuldner werde rechtzeitig in der Lage sein, die Verbindlichkeiten zu erfüllen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 – IX ZR 228/03 –, Rn. 28, juris).

Nach diesem Maßstab ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die im Umfang von insgesamt EUR 2,7 Mio. (Anlagen K26, K32 bis K36) stehen gebliebenen Verbindlichkeiten der Schuldnerin – darunter Stromsteuer in Höhe von 657.743 EUR – den Schluss zulassen, dass die Schuldnerin die Zahlungen jedenfalls am 13.03.2013 eingestellt hatte. Das Bestreiten der Steuerverbindlichkeiten mit Nichtwissen geht ins Leere, weil der Beklagte Alleingeschäftsführer war und die vorgelegten Unterlagen die auch vom Landgericht als unstreitig festgestellten (LU6) Rückstände stützen. Dass das Unvermögen zur Zahlung dabei einen wesentlichen Teil der Verbindlichkeiten der Schuldnerin betraf (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 2008 – IX ZR 38/04 –, Rn. 15, juris), hat das Landgericht ebenfalls zutreffend angenommen. Die Schuldnerin mag zwar – wie die vorliegende Klage zeigt – im streitbefangenen Zeitraum noch erhebliche Zahlungen geleistet haben. Andererseits blieben ganz erhebliche Verbindlichkeiten stehen, während die Schuldnerin zugleich zu erkennen gab, dass sie nach ihrer eigenen Einschätzung vor dem Zufluss externen Kapitals nicht in der Lage sein werde, auch nur die offene Stromsteuer auszugleichen (Anlage K26), welche wiederum nur einen geringen Teil der stehen gebliebenen Verbindlichkeiten ausmachte. Eigene Erklärungen des Schuldners, fällige Verbindlichkeiten nicht begleichen zu können, deuten regelmäßig auf eine Zahlungseinstellung hin, auch wenn sie mit einer Stundungsbitte versehen sind (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2016 – IX ZR 65/15 –, Rn. 19, juris, mwN.). Das Stehenlassen von Steuerverbindlichkeiten ist vorliegend von besonderer Indizwirkung, weil das für den Einzug zuständige Hauptzollamt über die Möglichkeit der Selbsttitulierung und -vollstreckung verfügte. Die Nichtzahlung sowie die schleppende Zahlung von Steuerforderungen kann daher in besonderem Maße eine Zahlungseinstellung indizieren (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 – IX ZR 134/10 –, Rn. 16, juris; KG, Urteil vom 14. Oktober 2005 – 6 U 217/04 –, Rn. 38, juris; BeckOK- GmbHG/Mätzig, 51. Ed. 01.12.2021, § 64 Rn. 27).

Die Schuldnerin durfte auch nicht aufgrund konkreter Umstände, die sich nachträglich geändert haben, in dem hier maßgeblichen Zeitraum damit rechnen, dass sie rechtzeitig zur Zahlung in der Lage sein werde (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 – IX ZR 228/03 –, Rn. 28, juris). Ohne Substanz verweist der Beklagte hier auf ein lediglich saisonales Liquiditätsproblem. Innerhalb desjenigen Zeitraumes, der eine bloße Zahlungsstockung bedeutet hätte (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 – IX ZR 123/04 –, BGHZ 163, 134: regelhaft drei Wochen), war das Problem nicht zu beheben. Das hat die Schuldnerin auch selbst nicht angenommen, was ihre Aktivitäten zum Verkauf der Anteile an der Konzernmutter und hinsichtlich des Forderungsportfolios zeigen. Mit einem Zufluss seitens der Erwerbsinteressentin R. war aber in dem hier maßgeblichen Zeitraum nicht mehr zu rechnen, nachdem die Gesellschafter der Konzernmutter am 11.03.2013 von dem Vertrag wegen ausgebliebener Zahlungen zurückgetreten waren. Die weiteren noch vorliegenden Interessenbekundungen waren unter Liquiditätsgesichtspunkten unergiebig, weil allein durch die Veräußerung von Anteilen an der Konzernmutter (noch dazu für symbolische Beträge) kein Kapitalzufluss erreicht worden wäre.

Auf den erst am 19.03.2013 ausgestellten Letter of Intent (fortan: LOI) konnte die Schuldnerin ebenfalls keine maßgebliche Liquiditätserwartung stützen. Zum einen enthielt diese Absichtserklärung erstmals dem Vorbehalt, dass zunächst die weitere Due Diligence sowohl von Seiten der Erwerberin wie auch von Seiten des Finanzierungspartners jeweils die Werthaltigkeit der Forderungen ergeben müsse (Anlage B22). Damit war tatsächlich der Forderungsankauf gegenüber dem vorhergehenden LOI nicht nur nicht vorangekommen, sondern erschien im Gegenteil gefährdet. Das erhebliche Gewicht des erstmalig formulierten Finanzierungs- und Bewertungsvorbehalts ergibt sich auch aus der begleitenden E-Mail des Geschäftsführers, in welcher er darauf hinweist, der übersandte Text sei das Maximale was er anbieten könne und für das Zustandekommen der Finanzierung und die Einhaltung des Ablaufplanes durch den Finanzierungspartner könne er nicht einstehen (Anlage K81). Ferner war die erklärende Erwerberin eine Vorratsgesellschaft ohne vorhandene Mittel zur Erfüllung der Verbindlichkeiten. Schließlich hätte die Schuldnerin vor einem Mittelzufluss ihrerseits realisierbare und werthaltige Forderungen in entsprechendem Umfang abgeben müssen, so dass ein Liquiditätsgewinn auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu erwarten stand.

b)         Die hiernach eingetretene Regelvermutung der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) hat der Beklagte nicht zu widerlegen vermocht.

Hierzu reicht es nicht aus, die Liquiditätsbilanz des Klägers anzugreifen, weil dieser eine unzulässige Software verwende. Eine ausreichende eigene Liquiditätsbilanz, aus der sich die Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin im fraglichen Zeitraum ergäbe, legt der Beklagte dagegen nicht vor. Ohne Erfolg berufen sich die Streithelfer darauf, mit dem Gutachten und den Testaten der Streithelferin zu 1) (Anlagen B19, B20) seien Liquiditätsbilanzen der Schuldnerin angefertigt worden. Denn diese befassten sich nicht mit der Liquidität der Schuldnerin, sondern erschöpften sich – dies gilt ebenso für die alternativen Liquiditätsbilanzen unter Berücksichtigung der angeblichen Steuerverbindlichkeiten (Anlagen SH15) – in einer unzulässigen Konzernbetrachtung.

Die Insolvenzordnung geht vom Prinzip der Einzelgesellschaft aus und ein materielles Konzerninsolvenzrecht besteht nicht (allg. M., vgl. nur MüKo-GmbHG/Liebscher, 4. Auflage 2022, Anh. § 13 Rnrn. 1326, 1328). Die Formel „eine Person, ein Vermögen, eine Insolvenz“ beansprucht auch dann Geltung, wenn es sich um konzernverbundene Unternehmensträger handelt (vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen, BT-Drs. 18/407, S. 15). Der Umstand, dass die Schuldnerin eine Gesellschaft in einem Konzernverbund bzw. einer Unternehmensgruppe ist, führt daher nicht dazu, dass die Liquidität der übrigen Gesellschaften berücksichtigt werden kann. Vielmehr muss die Zahlungsunfähigkeit für jede Konzerngesellschaft selbst bestimmt werden, so dass auch keine konzern- bzw. unternehmensgruppenübergreifende Berücksichtigung der Liquidität erfolgen kann (vgl. nur Uhlenbruck/Mock, 15. Aufl. 2019, InsO § 17 Rn. 62).

Soweit nach der Rechtsauffassung der Streithelferin zu 1) „umfassende konzerninterne Patronatserklärungen“ und eine „in der Praxis gelebte Vereinbarung einer Finanzausstattung der einzelnen Konzerngesellschaften untereinander“ gleichwohl eine Konzernbetrachtung ermöglichen sollen (Anlage B19, Seite 27), kann dahinstehen, ob dem in der Sache zu folgen wäre. Denn die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagtenseite hat nicht nachzuweisen vermocht, dass es sich im Konzern der Schuldnerin überhaupt so verhalten hätte. An Patronatserklärungen liegt allein eine solche der Konzernmutter für die Schuldnerin vor, die nicht im Ansatz als umfassend bezeichnet werden kann und die ohne Rangrücktritt ausgestellt ist. Die Patronatserklärung ist zudem auf einen im Verhältnis zur Dimension des Geschäftsbetriebes eher unbedeutenden Betrag von EUR 2 Mio. beschränkt und unterliegt zudem dem jederzeitigen Widerruf seitens der Konzernmutter (Anlage B23).

Die angebliche Usance zum Liquiditätsverbund ist ebenfalls nicht einlassungsfähig dargelegt. Ein echtes cash pooling-System mit taggleichem Ausgleich und Glattstellung wird nicht behauptet, aber auch ein sonst hinreichend verfestigtes und nach außen hervorgetretenes Ausgleichssystem ist nicht im Ansatz erkennbar. Selbst bei Annahme eines verfestigten und nach außen hervorgetretenen cash poolings wäre zudem nicht sogleich die Liquidität des Tochterunternehmens als gesichert anzunehmen. Die Wirkung eines solchen cash poolings besteht vielmehr lediglich darin, dass die sich aus der pooling-Abrede ergebenden Zahlungsansprüche gegen den Poolführenden in der Liquiditätsbilanz zu berücksichtigen sind (vgl. Noack/Servatius/Haas/Haas, 23. Auflage 2022, GmbHG vor § 64 Rn. 12; Uhlenbruck/Mock, 15. Aufl. 2019, InsO § 17 Rn. 64). Dazu müssen aber durchsetzbare Rechtsansprüche im Konzernverbund gewollt gewesen sein, was vorliegend ebenfalls nicht zu erkennen ist. Dass unstreitig jedenfalls EUR 1,2 Mio. von der Konzernmutter an die Schuldnerin geflossen sind, vermag solche Feststellungen nicht zu ersetzen, weil diese Zahlung auch von freier Hand erfolgt sein kann.

Zu Recht haben daher die Streithelfer im Rahmen ihrer gutachterlichen Bemühungen mit E-Mail vom 04.12.2012 ausdrücklich „für jede relevante Gesellschaft einen Finanzstatus“ angefordert (Anlage K77). Selbst die Schuldnerin ist von bestehenden Ausgleichsansprüchen gegen die Konzernmutter nicht ausgegangen, sonst hätte sie wohl kaum Mahnungen und Vollstreckungsankündigungen wegen Stromsteuer in Höhe von TEUR 257,094 (Anlagen K83, K84) gegen sich ergehen lassen, die nach dem Umsatzsteuerrecht fälligen Voranmeldungen für Februar und März 2013 gar nicht erst abgegeben und letztlich mit der Bitte um Vollstreckungsaussetzung gegenüber dem Hauptzollamt (Anlage K26) ihre Zulassung zum Energiehandel und damit die Grundlage ihres Geschäftsmodells offensichtlich akut gefährdet. In jedem Fall wären solcherart Zahlungsansprüche gegen die Konzernmutter – nachdem sich diese ebenfalls in der Krise befand – jedenfalls in dem hier maßgeblichen Zeitraum nicht mehr werthaltig gewesen.

2.         Die Schuldnerin war in dem hier maßgeblichen Zeitraum zudem überschuldet (§ 19 Abs. 2 Satz 1 InsO). Nach der genannten Vorschrift liegt Überschuldung vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt (dazu a.), es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich (dazu b.).

a)         Den Beweis für das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen der Insolvenzreife hat allerdings der Anspruchsteller zu erbringen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 1994 – II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, Rn. 33 nach juris), vorliegend der Kläger. Dabei kommt einer Handelsbilanz indizielle Bedeutung zu (vgl. OLG München, Urteil vom 17. Januar 2019 – 23 U 998/18, ZInsO 2019, 447). Legt der Anspruchsteller eine Handelsbilanz vor, hat er die insolvenzrechtlich bedeutsamen Abweichungen mitzuteilen, bspw. den vom Ansatz in der Handelsbilanz bzw. vom Fortführungswert abweichenden Liquidationswert (vgl. BGH, Beschluss vom 5. November 2007 – II ZR 262/06, NJW-RR 2008, 495, Rn. 2 nach juris). Erläutert er weiter, ob und ggf. in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige aus der Handelsbilanz nicht ersichtliche Vermögenswerte vorhanden sind, ist es Sache des beklagten Geschäftsführers, im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast im Einzelnen vorzutragen, welche stillen Reserven oder sonstigen für eine Überschuldungsbilanz maßgeblichen Werte in der Handelsbilanz nicht abgebildet seien (OLG München, aaO.).

Nach diesem Maßstab ist von der Überschuldung der Insolvenzschuldnerin zum Ende des Jahres 2012 auszugehen. Insbesondere kann sich der Kläger auf den nur im Entwurf vorliegenden Jahresabschluss 2012 stützen, dessen Bilanzteil als Anlage K13 vorliegt. Es ist schon nicht ersichtlich, weshalb dem bloßen Entwurf einer Handelsbilanz der von der Rechtsprechung angenommene Indizwert gänzlich fehlen sollte. Das formalisierte Aufstellungsverfahren mag auch dazu dienen, die Richtigkeit der Feststellungen zu gewährleisten. Sämtliche dabei zu berücksichtigenden Umstände liegen aber in der Verantwortung und im Wahrnehmungsbereich des Geschäftsführers. Ihm wäre also Vortrag dazu möglich und zumutbar, was dafür spräche, dass der vorliegende Entwurf des Jahresabschlusses nicht aus der Buchhaltung der Schuldnerin herrühre, und wo er im Einzelnen zu korrigieren sei. Dass der Jahresabschluss angesichts der Unternehmenskrise und des Zeitpunktes des Insolvenzantrages nicht mehr förmlich beschlossen und vom Beklagten unterzeichnet werden konnte, begründet dagegen jedenfalls vorliegend noch keine Bedenken gegen den Inhalt und die Indizkraft der Feststellungen, die auch nicht in augenscheinlichem Widerspruch zum Abschluss des Vorjahres (Anlage K12) stehen. Die erheblichen Veränderungen sind angesichts des im Aufbau befindlichen Geschäftsbetriebes plausibel. Ersichtlich unzutreffend ist auch die Beanstandung seitens der Streithelfer, der Kläger halte den Entwurf des Jahresabschlusses 2012 selbst nicht für aussagekräftig. Die angeführte Relativierung bezieht sich lediglich auf die Frage der stillen Reserven, die aber der Beklagte aufzuzeigen hätte. Soweit sich der Kläger vorsorglich auch auf den Jahresabschluss 2011 stützt, ist dies eine zulässige prozessuale Vorgehensweise, die aber nicht für sich zur Entkräftung der Indizwirkung des Entwurfs des Jahresabschlusses für 2012 führt.

In der Sache weist der Entwurf des Jahresabschlusses für 2012 bei einer Bilanzsumme von ca. EUR 41 Mio. einen Jahresfehlbetrag von EUR 14,356 Mio. sowie ein negatives Eigenkapital von EUR 4,9 Mio. aus, und dies bereits unter einer dem Beklagten im Ergebnis günstigen Berücksichtigung atypisch stillen Beteiligungskapitals von EUR 9,525 Mio. Dass der Kläger bei seiner Darstellung etwaige stille Reserven der Schuldnerin nicht hinreichend bewertet hätte, zeigt der Beklagte schon nicht auf. Die Wertansätze in der Abschlussbilanz sind berücksichtigt. Im Übrigen hat der Beklagte in seinem Insolvenzantrag für die Schuldnerin den Buchwert des Anlagevermögens der Schuldnerin selbst lediglich auf rund 40.000 EUR beziffert (Anlage K39, Seite 6 unten). Warum diese unter laufendem Geschäftsbetrieb zustande gekommene Betrachtung denn unzutreffend hätte sein sollen, ist nicht ersichtlich.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist auch nicht eine Ausstattungsforderung der Schuldnerin gegen die Konzernmutter im Umfang von EUR 28 Mio. zu aktivieren. Selbst wenn zugunsten des Beklagten von einem entsprechenden Leistungsversprechen der Konzernmutter auszugehen sein sollte, wozu in tatsächlicher Hinsicht schon keine Veranlassung besteht, wäre eine solche Forderung ohne einen Mittelzufluss bei der selbst in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlichen Konzernmutter jedenfalls wirtschaftlich wertlos gewesen. Der Ausstattungsanspruch war auch nicht etwa deshalb werthaltig, weil die Konzernmutter nach den LOI der D. vom 29.02.2013 und 19.03.2013 mit einen Zufluss an Kapital zu rechnen gehabt hätte. Vielmehr sollten die Zahlungsflüsse hier direkt jeweils an die abtretenden Konzerngesellschaften erfolgen (Anlage K80 = SH10, Seite 3), und dies mutmaßlich überschuldungsneutral jeweils in dem Umfang, in dem die Konzerngesellschaften zuvor werthaltige Forderungen verloren hätten.

Ebenso wenig kann der Beklagte damit Gehör finden, die Schuldnerin sei nicht überschuldet gewesen, weil zu ihren Gunsten eine Forderung von EUR 2,0 Mio. aus der Patronatserklärung vom 12.04.2012 zu aktivieren gewesen wäre (Anlage B23). Eine entsprechende Forderung hat die Schuldnerin offenbar zu keinem Zeitpunkt gegen die Konzernmutter geltend gemacht. Jedenfalls würde auch eine Aktivierung in der entsprechend genannten Höhe den nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag nicht auszugleichen vermögen. Schließlich wäre im Falle einer entsprechenden Zahlung ein Rückforderungsanspruch der Konzernmutter in gleicher Höhe zu passivieren gewesen, nachdem die Patronatserklärung einen Rangrücktritt der Konzernmutter gerade nicht ausweist. Insoweit kann der Beklagte kein Gehör mit dem Vorbringen finden, ein entsprechender Rangrücktritt sei gleichwohl konkludent gewollt gewesen. Angesichts der Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit von über Rechtsgeschäften aufgenommenen Urkunden bedürfte es nämlich konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte dafür, dass die Unterzeichner der Patronatserklärung einen Rangrücktritt gewollt hätten, obwohl sie einen solchen gerade nicht beurkundet hatten. Solche Anhaltspunkte sind weder dargetan noch sonst ersichtlich, zumal ein solcher Rangrücktritt wiederum Auswirkungen auf die Bilanz der Konzernmutter hätte haben müssen.

Ebenso wenig kann sich der Beklagte in diesem Zusammenhang auf einen angeblich im Konzern gelebten Liquiditätsverbund berufen. Hierzu kann auf die Ausführungen zu 1.b) verwiesen werden. Wenn ein solcher Liquiditätsverbund tatsächlich bestanden haben sollte, hätte es zudem gar keiner Patronatserklärung bedurft und wäre die vorgelegte, auf EUR 2,0 Mio. gedeckelte Patronatserklärung (Anlage B23) sogar irreführend gewesen. Eine Neutralisierung der Verbindlichkeiten oder eine entsprechende Aktivierung setzte zudem voraus, dass die angeblich gelebte Praxis nicht nur eine von freier Hand geübte Usance gewesen wäre, sondern entsprechende Rechtsansprüche der Gesellschaften untereinander hätte begründen sollen und begründet hätte, deren Einforderung und Begleichung wiederum nicht hätte ausgeglichen werden sollen. Ob eine entsprechende Ausstattungsverpflichtung gewollt ist, ist gem. §§ 133, 157 BGB danach zu beurteilen, wie die Erklärung aus dem Empfängerhorizont mit Rücksicht auf die Verkehrssitte zu verstehen ist (vgl. nur OLG Frankfurt, Urteil vom 19. September 2007 – 4 U 22/07 –, Rn. 14, juris). Vorliegend ist aber schon nicht zu erkennen, unter welchem tatsächlichen Gesichtspunkt die Schuldnerin rechtsverbindlich und belastbar davon hätte ausgehen können, dass jedwede ihrer Verbindlichkeiten von der Konzernmutter ohne Rücksicht auf die Höhe übernommen werde, zumal eine Patronatserklärung mit einem Höchstbetrag von EUR 2 Mio. und ohne Rangrücktrittserklärung vorgelegt wird (Anlage B23). Jedenfalls wäre nicht dargetan, dass die Schuldnerin ein entsprechendes Begehren an die Konzernmutter gerichtet hätte.

Ebenso wenig kann der Beklagte damit Gehör finden, die Verbindlichkeiten der verbundenen Unternehmen seien gar nicht eingefordert gewesen, weil man sich über einen qualifizierten Rangrücktritt mündlich verständigt gehabt habe – zwar nicht ausdrücklich, tatsächlich aber „natürlich völlig klar“ (Klageerwiderung, Seite 33 = Bd. I Bl. 134 d.A.). Diese Darstellung ist – worauf der Kläger zu Recht hingewiesen hat – schon nicht einlassungsfähig. Der Beklagte hätte zur Beachtlichkeit seines diesbezüglichen Vorbringens auch dazu auszuführen, warum entsprechende Verbindlichkeiten dann überhaupt bilanziert worden sind.

b)         Eine Überschuldung scheidet auch nicht aus, weil die Fortführung des Unternehmens im fraglichen Zeitraum nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich gewesen wäre (§ 19 Abs. 2 Satz 1 InsO in der bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung).

Insoweit ist maßgeblich, ob die Finanzkraft der Gesellschaft nach überwiegender Wahrscheinlichkeit mittelfristig zur Fortführung des Unternehmens ausreicht (sog. Überlebens- oder Fortbestehensprognose, BGH, Urteil vom 13. Juli 1992 – II ZR 269/91 –, BGHZ 119, 201, Rn. 15). Da die Schuldnerin zur Zeit der Vornahme der hier streitbefangenen Zahlungen rechnerisch überschuldet war, wäre es Sache des Beklagten, die Umstände darzulegen, die es aus damaliger Sicht rechtfertigten, das Unternehmen trotzdem fortzuführen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 1994 – II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 200, Rn. 33 nach juris). Dabei kann sich der Beklagte nicht darauf berufen, nunmehr keinen Zugang zur Buchhaltung der Schuldnerin mehr zu haben. Denn der Geschäftsführer ist verpflichtet, die wirtschaftliche Lage des Unternehmens laufend zu beobachten. Bei Anzeichen einer Krise hat er sich durch Aufstellung eines Vermögensstatus einen Überblick über den Vermögensstand zu verschaffen. Stellt sich dabei eine rechnerische Überschuldung heraus, dann muss er prüfen, ob sich für das Unternehmen eine positive Fortbestehensprognose stellt (vgl. BGH, Beschluss vom 24. September 2019 – II ZR 248/17, ZInsO 2020, 141, Rn. 21, mwN.). Eine günstige Fortführungsprognose setzt dabei sowohl den Fortführungswillen des Schuldners bzw. seiner Organe als auch die objektive – grundsätzlich aus einem aussagekräftigen Unternehmenskonzept (sog. Ertrags- und Finanzplan) herzuleitende – Überlebensfähigkeit des Unternehmens voraus (BGH, Beschluss vom 09. Oktober 2006 – II ZR 303/05 –, Rn. 3, juris).

Nach diesem Maßstab ist dem Beklagten die Darlegung der eine positive Fortführungsprognose für die Schuldnerin tragenden tatsächlichen Umstände nicht gelungen. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die Finanzkraft der Gesellschaft nach überwiegender Wahrscheinlichkeit mittelfristig (und nicht nur den wenigen Wochen bis zum Sommerhalbjahr) zur Fortführung des Unternehmens ausgereicht hätte. Denn die Schuldnerin war zur Deckung ihrer laufenden Verluste auf die Zuführung von Mitteln der Konzernmutter angewiesen.

Die Konzernmutter war aber zur Deckung des Finanzbedarfs ihres Tochterunternehmens ihrerseits auf die vorherige Zuführung externen Kapitals angewiesen. Für den Monat Dezember 2012 bestand ein von ihr selbst festgestellter Zwischenfinanzierungsbedarf in Höhe von EUR 35 Mio. (Anlage K48). Das insoweit dringend benötigte Kapital hätte buchstäblich im letzten Moment – nämlich Mitte November 2012 – mit der Platzierung einer Unternehmensanleihe am Kapitalmarkt erhoben werden sollen, was allerdings gescheitert war. In der Folge war die Platzierung der Anleihe über private placements ebenfalls nicht gelungen. Bereits in diesem Moment war eine Fortführung des Unternehmens der Schuldnerin nicht mehr überwiegend wahrscheinlich.

Ohne Erfolg verweist der Beklagte demgegenüber auf das verschiedentliche Interesse von Investoren an der Übernahme der Anteile der Muttergesellschaft. Im Gegenteil bestand zum maßgeblichen Beginn des Zeitraums der fraglichen Zahlungen nur mehr das Interesse, immerhin 75,1 % der Aktien der Konzernmutter zu einem nur symbolischen Preis von insgesamt 8 EUR zu übernehmen (Anlage B21). Dass die Altgesellschafter der Konzernmutter hierüber verhandelten, zeigt ihre Einschätzung von der Lage, in der sich der Konzern befand. Hinzu tritt, dass durch den reinen Verkauf der Anteile gar kein Kapitalzufluss in das Unternehmen erfolgt wäre und die Altgesellschafter keine substantiellen Mittel erhalten hätten, welche sie dem Unternehmen hätten zuführen können. Ob letzteres überhaupt beabsichtigt oder auch nur denkbar gewesen wäre, erscheint angesichts der offenbaren Vorstellungen der Altgesellschafter zur Verwendung der durch die Unternehmensanleihe eingeworbenen Gelder ohnehin zweifelhaft.

Soweit die D. dem Konzern schließlich einen Forderungsankauf im Volumen von EUR 35 Mio. in Aussicht gestellt hatte (Anlagen K80 = SH10), hätte dies selbst im Erfolgsfalle nicht die erforderliche Finanzkraft der Schuldnerin begründet, welche nach überwiegender Wahrscheinlichkeit mittelfristig zur Fortführung des Unternehmens ausgereicht hätte. Selbst wenn die Zahlung tatsächlich – wie dies im LOI vom 29.02.013 vorgesehen war (Anlage K80, Seite 3) – anteilig in bar an die Forderungsverkäuferinnen geflossen wäre, hätte die hiesige Schuldnerin eine bare Zahlung lediglich in Höhe des Gegenwertes der von ihr weggegebenen Forderungen erwarten können, welchen die Erwerberin und der Finanzierungsgeber noch hatten prüfen wollen (Anlage B22). Die in Aussicht genommene Maßnahme stellt sich daher nicht als Sanierung, sondern eher als Factoring dar, das aber einer Überschuldung nicht ohne Weiteres abhelfen kann. Dass die seitens des Beklagten nochmals betonte Zahlung auf überfällige Forderungen der Schuldnerin dabei von substantiellem Gewicht und damit für die Fortführung ausschlaggebend gewesen wäre, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Von diesem im Februar 2013 erwähnten Betrag (Anlage SH10 = K8) war zudem im LOI vom 19.03.2013 (Anlage B22) schon nicht mehr die Rede gewesen. Nur mehr vorsorglich sei daher bemerkt, dass eine solche Maßnahme nur dann überschuldungserheblich sein könnte, wenn die überfälligen Forderungen bereits mit Abschlägen bewertet gewesen wären, wofür nichts ersichtlich ist. Zudem wäre davon auszugehen gewesen, dass die Schuldnerin nach der Darstellung im letzten LOI (Anlage B22) ohnehin nur Zahlbeträge hätte erwarten können, die einer bereits von der Schuldnerin vorgenommenen Minderbewertung auch entsprechend Rechnung getragen hätte.

Auf die darüber hinaus von den Parteien umfänglich und kontrovers angestellten Erwägungen zum Geschäftsmodell der Schuldnerin und des Konzerns und zum Marktumfeld kommt es damit für die Fortbestehensprognose nicht einmal entscheidend an. Allerdings kann festgestellt werden, dass sich die Unternehmen des Konzerns mit rabattierten Vorauszahlungen des gesamten Jahresbetrages (vgl. Anlage K79) naturgemäß in besonderer Weise vom Vertriebserfolg bei Neuabschlüssen und beim Halten von Kunden abhängig gemacht hatten. Zur Vorauszahlung substantieller Beträge dürfte aber angesichts der ungünstigen Presseberichterstattung um die gescheiterte Anleiheemission jedenfalls seit November 2012 beim Publikum wenig Neigung bestanden haben. Wie die dadurch entstandene Schieflage hätte behoben werden sollen, wird jedenfalls auch aus den umfangreichen Ausführungen der Beklagtenseite nicht deutlich.

3.         Hiernach sind die Zahlungen der Schuldnerin aus dem Zeitraum vom 14.03.2013 bis zum 11.04.2013 pflichtwidrig gewesen. Um welche Zahlungen es dabei geht, hat der Kläger auf Hinweis des Landgerichts durch die Angabe von Datum, Empfänger und Höhe hinreichend konkretisiert. Insgesamt werden im Ausgangspunkt Zahlungen von dem Konto der Schuldnerin bei der S. in Höhe von EUR 1,810 Mio. und Zahlungen von dem Konto bei der C. im Umfang von EUR 3,778 Mio. erstattet verlangt. Durch die in dieser Weise nachgewiesenen Zahlungsvorgänge ist Liquidität an die jeweiligen Zahlungsempfänger abgeflossen, welche nicht als Insolvenzmasse zur Verfügung steht. Den Zahlungen steht auch nicht insoweit ein Massezufluss gegenüber, als diese an den Vertriebsdienstleister, an Energielieferanten oder an Verteilungsnetzbetreiberin erfolgt sind. Die Ersatzpflicht des Organs für Zahlungen nach Insolvenzreife gemäß § 64 Satz 1 GmbHG a.F. entfällt zwar, soweit die durch die Zahlung verursachte Schmälerung der Masse in einem unmittelbaren Zusammenhang mit ihr ausgeglichen wird (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 – II ZR 355/18 –, BGHZ 227, 221, Rn. 33). Auf die durch die fraglichen Zahlungen und die damit verbundene Weiterführung der Geschäftstätigkeit begründeten Vergütungsforderungen gegen Kunden kann jedoch mangels unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs nicht abgestellt werden (dazu a.). Soweit durch die Zahlungen dagegen Dienstleistungen beschafft worden oder Netze offengehalten worden sind, waren diese Gegenleistungen der Zahlungsempfänger für die Gläubiger nicht verwertbar (dazu b.). Dass zwischenzeitlich Anfechtungserlöse den Zahlungsabfluss ausgeglichen hätten, ist nicht zu erkennen (dazu c.).

a)         Die durch die Weiterführung des Geschäftsbetriebs erwirtschafteten Vergütungsforderungen gegen Kunden stellen keinen berücksichtigungsfähigen Massezufluss dar. Denn tatsächlich hatten die meisten der von der Schuldnerin bedienten Kunden bereits erhebliche Vorauszahlungen geleistet, so dass durch die Fortführung des Geschäftsbetriebes zumindest bei zutreffender Berechnung der Vorauszahlungen allenfalls in einem Bruchteil tatsächlich ein wirtschaftlicher Mehrwert für die Schuldnerin erwirtschaftet werden konnte.

Nichts anderes ergibt sich, soweit die Fortführung des Geschäftsbetriebs tatsächliche Voraussetzung dafür war, weiter Neukunden für erstmalige Vorauszahlungen und Bestandskunden für erneute Vorauszahlungen gewinnen zu können. Denn mit der Hereinnahme weiterer Vorauszahlungen wurde die Schuldnerin zugleich mit der Verpflichtung belastet, entsprechende Lieferungen zu erbringen. Doch selbst wenn man dies außer Betracht ließe, ist nicht jeder beliebige weitere Massezufluss als Ausgleich der Masseschmälerung zu berücksichtigen. Vielmehr ist ein unmittelbarer wirtschaftlicher, nicht notwendig zeitlicher Zusammenhang mit der Zahlung erforderlich, damit der Massezufluss der an und für sich erstattungspflichtigen Masseschmälerung zugeordnet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 2021 – II ZR 146/20 –, Rn. 8; BGH, Urteil vom 18. November 2014 – II ZR 231/13 –, BGHZ 203, 218, Rn. 10; Noack/Servatius/Haas/Haas, 23. Aufl. 2022, GmbHG § 64 Rn. 159). Maßgeblich ist, ob ein wirtschaftlich zuzuordnender, in die Masse gelangender Gegenwert festgestellt werden kann, wobei kein zeitlicher Zusammenhang erforderlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 04. Juli 2017 – II ZR 319/15 –, Rn. 16, juris).

Nach diesem Maßstab hat der Beklagte aber keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den fraglichen Zahlungen an den Vertriebsdienstleister, die Energielieferanten und die Verteilungsnetzbetreiber und den Vergütungszahlungen der Kunden aufzuzeigen vermocht. Denn bei den Vergütungszahlungen der Kunden handelt es sich nur um einen indirekten Folgeeffekt der Vertragsanbahnung oder Vertragserfüllung durch die Schuldnerin. Die Zahlungen der belieferten Kunden oder auch nur die gegen sie begründeten Zahlungsansprüche stammen auch nicht aus der Sphäre der entsprechenden Zahlungsempfänger, was ebenfalls Voraussetzung für die Annahme eines unmittelbaren Zusammenhanges ist (vgl. Noack/Servatius/Haas/Haas, 23. Aufl. 2022, GmbHG § 64 Rn. 162 mwN., 163).

b)         Soweit dagegen die fraglichen Dienstleister für die geleistete Vergütung ihrerseits Leistungen an die Schuldnerin erbracht haben, stellen diese Leistungen für sich genommen noch keinen berücksichtigungsfähigen Massezufluss dar. Um die Masseverkürzung ausgleichen zu können, muss die in die Masse gelangende Gegenleistung nämlich zumindest für eine Verwertung durch die Gläubiger geeignet sein (vgl. BGH, Urteil vom 04. Juli 2017 – II ZR 319/15 –, Rn. 18, juris; Henssler/Strohn/Arnold, 5. Aufl. 2021, GmbHG § 64 Rn. 20a). Dies lässt sich nicht feststellen:

Die Leistungen des Vertriebsdienstleisters waren nicht für eine Verwertung durch die Gläubiger geeignet, weil Dienstleistungen nicht zu einer Erhöhung der Aktivmasse führen und damit kein Ausgleich des Masseabflusses sind (vgl. BGH, Urteil vom 04. Juli 2017 – II ZR 319/15 –, Rn. 18, juris, am Ende).

Auch die von den Energielieferanten zur Verfügung gestellte elektrische Energie war nicht zur Verwertung durch die Gläubiger geeignet. Denn die bezogene Energie wurde sogleich an die Kunden geliefert. Entsprechende zu bilanzierende Vorräte bestanden nach der Natur des Wirtschaftsgutes nicht, so dass kein Vermögensgegenstand feststellbar wäre, welchen der Insolvenzverwalter durch Verkauf zugunsten der Masse hätte verwerten können.

Ebenso verhält es sich im Ergebnis hinsichtlich der Leistungen der Verteilungsnetzbetreiber. Insoweit kommt ein Masseausgleich ohnehin nur in dem Umfang in Betracht, als diese zum fraglichen Zeitpunkt bereits auf Vorkasse der Schuldnerin bestanden. In welchem Umfang dieses der Fall war, ist jedoch weder dargetan noch ersichtlich. Im Übrigen handelt es sich auch bei den Leistungen der Verteilungsnetzbetreiber um ein flüchtiges Wirtschaftsgut, das einer Verwertung im Insolvenzverfahren schon wegen der zeitlichen Bindung und der Unmöglichkeit nachholender Zurverfügungstellung nicht zugänglich ist. Die von der Berufungserwiderung aufgemachte Parallele zwischen dem Offenhalten einer Kreditlinie und dem Offenhalten eines Verteilernetzes besteht dagegen offensichtlich nicht. Der durch die weitergehende Belieferung entstehende Vergütungsanspruch gegen Kunden steht auch nicht in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Zahlung an die Verteilungsnetzbetreiber und stammt auch nicht aus deren Sphäre.

c)         Ohne Erfolg verweisen die Streithelfer schließlich auf den Umstand, dass kein Erstattungsanspruch gegen das Organ mehr besteht, soweit es dem Insolvenzverwalter gelingt, durch die Insolvenzanfechtung eine Rückerstattung der Zahlung zu erreichen und so die Masseschmälerung wettzumachen (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 2014 – II ZR 231/13 –, BGHZ 203, 218, Rn. 9, mwN.). Denn ein solches „Wettmachen“ behaupten der Beklagte und die Streithelfenden ohne tatsächliche Grundlage. Der Kläger hat seinerseits bereits mit der Replik (dort Seiten 47-48 = Bd. II Bl. 49-50 d.A.) ausgeführt, dass er die Gesamtsumme der geleisteten Zahlungen in einem einzigen Rechtsstreit gegen einen Prozessgegner einklagen könne, anstatt eine Vielzahl von Anfechtungsprozessen gegen verschiedene Zahlungsempfänger führen zu müssen, weil die Anfechtungsmöglichkeit die Erstattungspflicht nicht berühre. Damit hat sich der Kläger dahingehend erklärt, dass Anfechtungsprozesse nicht geführt worden seien. Insoweit kann sich der Insolvenzverwalter nach Zweckmäßigkeitserwägungen richten. Der aus § 64 GmbHG a.F. auf Ersatz in Anspruch genommene Geschäftsführer ist nicht berechtigt, die Erfüllung dieser Verpflichtung gegenüber der Masse mit der Begründung zu verweigern, der Insolvenzverwalter habe es unterlassen, aussichtsreiche Anfechtungsrechte gegen Zahlungsempfänger geltend zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1995 – II ZR 277/94 –, BGHZ 131, 325, LS).

4.         Der Beklagte hat auch schuldhaft gehandelt, denn zu Lasten eines Geschäftsführers, der in der in § 64 GmbHG a.F. beschriebenen Lage der Gesellschaft Zahlungen aus ihrem Gesellschaftsvermögen leistet, wird vermutet, dass er dabei schuldhaft, nämlich nicht mit der von einem Vertretungsorgan einer GmbH zu fordernden Sorgfalt gehandelt hat (vgl. nur BGH, Urteil vom 08. Januar 2001 – II ZR 88/99 –, BGHZ 146, 264, Rn. 22, mwN.). Dem Beklagten gelingt demgegenüber weder der Nachweis, dass die Zahlungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar gewesen wären (dazu a.), noch der Nachweis, dass er die Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht hätte erkennen können (dazu b.).

a)         Soweit der Geschäftsführer nach § 64 Satz 2 GmbHG a.F. die Vermutung schuldhaften Handelns durch den Nachweis widerlegen kann, dass die von ihm in der Insolvenzsituation bewirkte Leistung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar war (vgl. nur BGH, Urteil vom 08. Januar 2001 – II ZR 88/99 –, BGHZ 146, 264, Rn. 22, mwN.), ist dem Beklagten ein solcher Nachweis nicht gelungen.

Denn tatsächlich hat die Schuldnerin ihr Geschäft bis zum Eigeninsolvenzantrag fortgeführt. Der Geschäftsführer ist jedoch angehalten, bereits ab Insolvenzreife die Masse zur Verwertung durch die Gläubiger zu erhalten. Das verbietet es ihm, das Unternehmen auf Kosten und Gefahr der Gläubigergesamtheit mit dem Risiko weiterer Masseminderungen fortzuführen. Ausnahmsweise kann das Verschulden zu verneinen sein, soweit durch Zahlungen des Geschäftsführers in der Insolvenzsituation größere Nachteile für die Masse abgewendet werden (vgl. BGH, Urteil vom 08. Januar 2001 – II ZR 88/99 –, BGHZ 146, 264, Rn. 22 nach juris; BGH, Beschluss vom 05. November 2007 – II ZR 262/06 –, Rn. 6, juris). Die Abwendung größerer Nachteile für die Masse wird insbesondere angenommen, wenn ausnahmsweise durch die Betriebseinstellung eine konkrete Chance auf Sanierung und Fortführung im Insolvenzverfahren zunichte gemacht würde (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 – II ZR 366/13 –, BGHZ 206, 52, Rn. 24; BGH, Urteil vom 8. Januar 2001 – II ZR 88/99, BGHZ 146, 264, 274 f.; BGH, Beschluss vom 5. November 2007 – II ZR 262/06, ZIP 2008, 72, Rn. 6 nach juris).

Ob sich der Geschäftsführer auf einen solchen Ausnahmefall berufen kann, weil eine konkrete Chance auf Sanierung und Fortführung im Insolvenzverfahren besteht, ist dabei Tatfrage. Welchen Grad von Erfolgsaussicht ein Sanierungsversuch aufweisen muss, um einen Aufschub von Insolvenzmaßnahmen rechtfertigen zu können, lässt sich nur von Fall zu Fall beantworten (vgl. BGH, Urteil vom 09. Juli 1979 – II ZR 118/77 –, BGHZ 75, 96, Rn. 41). Zumindest ein auf Fakten fußendes Sanierungskonzept muss vorliegen (vgl. OLG München, Urteil vom 6. November 2013 – 7 U 571/13, GmbHR 2014, 139, Rn. 25 nach juris), dabei muss der Sanierungsversuch selbst ernsthaft sein (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 12. Januar 2016 – 6 U 123/13 –, Rn. 59, juris; Knittel/Schwall NZI 2013, 782, 785) und eine Veräußerungschance zur Sanierung muss ein ernsthaftes Sanierungskonzept begründen können (vgl. HansOLG Hamburg, Beschluss vom 29. Dezember 2003 – 11 W 90/03 –, Rn. 5, juris). Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise erlaubte Zahlung sind dagegen nicht dargetan, wenn die erhoffte „Sanierung“ der Schuldnerin ungeeignet ist, deren Insolvenzreife zu beseitigen (vgl. BGH, Beschluss vom 05. Februar 2007 – II ZR 51/06 –, Rn. 5, juris, zu § 130 a Abs. 2 HGB).

Bei diesem – strengen – Maßstab hat es aber auch sein Bewenden. Das klägerseits weitergehend angemahnte schlüssige Sanierungskonzept im Sinne eines geschlossenen Konzepts zur Bereinigung sämtlicher Verbindlichkeiten der Schuldnerin, das mindestens in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt worden ist und beim Schuldner die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigt, ist erst dann erforderlich, wenn es darum geht, Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners im Rahmen der Insolvenzanfechtung zu entkräften (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2013 – IX ZR 52/10 –, Rnrn. 11 f., 13, juris). Denn der Geschäftsführer sieht sich im Rahmen des § 64 Satz 1 GmbHG a.F. gerade nicht der Vermutung vorsätzlichen Handelns gegenüber.

Gemäß dem nach alledem anzulegenden Maßstab ist vorliegend nach Würdigung aller Umstände nicht erkennbar, dass durch die fraglichen Zahlungen des Geschäftsführers im Interesse einer Sanierung größere Nachteile für die Masse abgewendet worden wären. Die Veräußerung der Anteilsmehrheit an die R. bot ebenso wenig eine konkrete Chance auf Sanierung und Fortführung der Schuldnerin im Insolvenzverfahren wie diejenige an die D. Tatsächlich befassten sich die entsprechenden Absichtserklärungen (Anlagen K80 = SH10) ebenso wie der Kaufvertragsentwurf (Anlage B21) nicht mit Maßnahmen zur Sanierung der Konzernmutter oder der Schuldnerin. Allein auf diese ist aber abzustellen.

An die Gesellschafter der Konzernmutter sollten nach dem Entwurf des Kaufvertrags (Anlage B21) ohnehin nur symbolische Beträge fließen.

Ebenso wenig kann die beabsichtigte Veräußerung des Forderungsportfolios als konkrete Chance auf Sanierung und Fortführung der Schuldnerin gewürdigt werden. Sämtliche Forderungen der Schuldnerin sollten zwar ausweislich des LOI vom 29.02.2013 gegen einen Kaufpreisbestandteil von EUR 35 Mio. zur Zahlung in bar an die jeweiligen Forderungsverkäufer – darunter auch die Schuldnerin – veräußert werden (Anlagen K80 = SH10, Seite 3). Hierin kann jedoch schon keine Sanierung im Rechtssinne gesehen werden. Eine solche liegt nämlich nur dann vor, wenn die beabsichtigte Maßnahme auch geeignet ist, die Insolvenzreife als solche zu beseitigen (vgl. BGH, Beschluss vom 05. Februar 2007 – II ZR 51/06 –, Rn. 5, juris, zu § 130 a Abs. 2 HGB). Die Schuldnerin war aber vorliegend zahlungsunfähig und überschuldet.

In welchem Umfang aber der Schuldnerin aus dem angedachten Forderungsverkauf überhaupt Mittel zufließen sollten, war zu Beginn des Zeitraums der fraglichen Zahlungen schon nicht abzusehen. Nach dem LOI vom Februar 2013 (Anlage SH10 = K80) hatte die Aufteilung des Kaufpreises auf die jeweiligen Forderungsverkäufer noch zwischen den Parteien vereinbart werden sollen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass es bis zum Beginn der streitbefangenen Zahlungen oder später zu einer entsprechenden Vereinbarung oder auch nur zu einem diesbezüglichen Entwurf gekommen wäre. Die in Aussicht genommene Frist für die Übersendung eines Entwurfes des Forderungskaufs- und Abtretungsvertrages war vielmehr zuvor ergebnislos verstrichen, so dass selbst das Zustandekommen der Veräußerung äußerst zweifelhaft erschien.

Einige Tage nach Beginn des streitbefangenen Zahlungszeitraums hatte der Kaufinteressent dann erstmals mitteilen lassen, dass die nun bis spätestens 12.04.2013 vorgesehene Zahlung des Kaufpreises unter der Voraussetzung stehe, dass die weitere Due Diligence sowohl seitens der Erwerberin als auch seitens des Finanzierungspartners jeweils die Werthaltigkeit der Forderungen in Höhe von mindestens des Kaufpreises ergebe (Anlage B22). Damit war klar, dass durch den Verkauf des Forderungsportfolios keine Sanierung der Schuldnerin erreicht werden könne. Der Beklagte konnte allenfalls davon ausgehen, dass die offenen Forderungen der Schuldnerin durch einen entsprechenden Barbestand ersetzt würden. Selbst dieses zu dem fraglichen Zeitpunkt bereits wenig wahrscheinliche Szenario hätte aber an der Überschuldung der Schuldnerin nichts geändert. Dies gilt umso mehr, als bei der oben zu 2. angestellten Betrachtung die offenen Forderungen der Schuldnerin aus Lieferungen und Leistungen sämtlich als vollumfänglich werthaltig behandelt worden sind, während durch die Turbulenzen um den Konzern der Schuldnerin sowie wegen der absehbaren Durchleitungsverweigerung einzelner Verteilungsnetzbetreiber zumindest in einem gewissen Umfang mit einem Forderungsausfall wegen des Entgegenhaltens von Schadensersatzansprüchen und durch Trittbrettfahrer gerechnet werden musste.

Eine dem Beklagten günstigere Betrachtung des beabsichtigten Forderungsverkaufs als Sanierungsversuch ergibt sich auch nicht deswegen, weil der Kläger noch nach seiner Bestellung – und damit nach der Betriebseinstellung – selbst den Versuch unternommen haben mag, das Unternehmen der Schuldnerin als solches zu verkaufen. Dies gibt für die Eignung der zu diesem Zeitpunkt bereits endgültig gescheiterten Maßnahmen zur Sanierung der Schuldnerin nichts her. Das Argument wendete sich eher gegen den Beklagten, weil offenbar auch nach Einstellung des Geschäftsbetriebs der Schuldnerin Anlass zu der Annahme bestand, diesen noch zum Vorteil der Masse verkaufen zu können. Dann wären aber die hier erstattet verlangten Zahlungen zur Erhaltung solcher Chancen gerade nicht erforderlich gewesen.

Nichts anderes folgt schließlich aus der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft vom 13.10.2017 (Anlage B25 = Bd. II Blatt 142 ff. d.A.). Die dort vorgenommene Bewertung bezieht sich auf die maßgeblichen Straftatbestände (u.a. Insolvenzverschleppung), die keine Vermutungstatbestände kennen. Zudem wird das Strafverfahren von dem Rechtsgrundsatz der Unschuldsvermutung beherrscht, während im Zivilrechtsstreit im Gegenteil der Geschäftsführer darzulegen und zu beweisen hat, dass die Übernahmeverhandlungen konkrete Aussichten auf eine Beseitigung der Liquiditätskrise zu begründen vermocht hätten.

b)         Das vermutete Verschulden des Beklagten entfällt auch nicht unter dem Gesichtspunkt mangelnder Erkennbarkeit der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin. Die Darlegungs- und Beweislast für fehlende Erkennbarkeit trifft den Geschäftsführer (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 1999 – II ZR 273/98 –, BGHZ 143, 184, LS1). Eine solche Darlegung gelingt dem Beklagten nicht.

aa)       Auch an dieser Stelle ohne durchgreifenden Erfolg bleibt der Einwand, der Jahresabschluss per Ende 2012 habe zur Zeit der fraglichen Zahlungen nur im Entwurf vorgelegen und sei in der Folge weder beschlossen noch unterzeichnet worden. Denn der Geschäftsführer ist verpflichtet, die wirtschaftliche Lage des Unternehmens laufend zu beobachten. Er muss permanent eine wirtschaftliche Selbstkontrolle durchführen (BGH, Urteil vom 14. Mai 2007 – II ZR 48/06, MDR 2007, 1085) und die notwendige betriebliche Organisation einrichten und vorhalten (BGH, Versäumnisurteil vom 19. Juni 2012 – II ZR 243/11, MDR 2012, 1236). Fehlt ihm Fachkunde, muss er sich professioneller Beratung bedienen (BGH, Urteil vom 27. März 2012 – II ZR 171/10, MDR 2012, 786) und deren Empfehlungen wiederum auf Plausibilität überprüfen (BGH, Beschluss vom 24. September 2019 – II ZR 248/17, GmbHR 2020, 772). Bei Anzeichen einer Krise hat er sich durch Aufstellung eines Vermögensstatus einen Überblick über den Vermögensstand zu verschaffen. Stellt sich dabei eine rechnerische Überschuldung heraus, dann muss er prüfen, ob sich für das Unternehmen eine positive Fortbestehensprognose stellt (BGH, Beschluss vom 24. September 2019 – II ZR 248/17, ZInsO 2020, 141, Rn. 21, mwN.).

bb)       Ebenso wenig vermag den Beklagten die Ressortaufteilung im Konzern zu entschuldigen. Zwar soll ein Entlastungsbeweis denkbar sein, wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind und der in Anspruch genommene Geschäftsführer auch unter Berücksichtigung seiner eigenen, nicht delegierbaren Verantwortung für die Erfüllung der Pflichten der Gesellschaft (v.a. Überwachung des Betrauten) sich auf ein ordnungsmäßiges Verhalten des handelnden Mitgeschäftsführers verlassen durfte (vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 1996 – VI ZR 319/95 –, juris; BGH, Urteil vom 01. März 1993 – II ZR 81/94 –, Rn. 11, juris; s.a. OLG München, Urteil vom 28. November 2007 – 7 U 5444/05 –, Rnrn. 41 ff., juris). Eine solche Gestaltung liegt jedoch nicht vor, weil der Beklagte Alleingeschäftsführer war und nicht auf ein Handeln eines anderen Geschäftsführers verweisen kann. Eine entsprechende Anwendung dieser Grundsätze auf die hiesige Konzernstruktur kommt nicht in Betracht. Der Beklagte mag zwar zusammen mit Dritten Vorstandsmitglied der Konzernmutter und dort nicht für Finanzangelegenheiten zuständig gewesen sein. Dies kann ihn jedoch in seiner Eigenschaft als Alleingeschäftsführer der Schuldnerin nicht entlasten. Mangels entsprechender Organstellung wäre vielmehr und richtigerweise keiner seiner Mitvorstände zur Stellung eines Insolvenzantrages betreffend die Schuldnerin verpflichtet oder auch nur von Rechts wegen in der Lage gewesen.

cc)       Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass er sich auf die von der Konzernmutter eingeholten Gutachten und Testate der Streithelferin zu 1) zur Frage der Insolvenzsituation habe verlassen dürfen.

Allerdings muss der Geschäftsführer keinen Insolvenzantrag stellen, wenn eine in Auftrag gegebene Prüfung, ob eine Insolvenzsituation vorliegt, zu der fachkundigen und für ihn bei der gebotenen Plausibilitätskontrolle nachvollziehbaren Feststellung führt, dass dies nicht der Fall sei (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 2007 – II ZR 48/06 –, Rn. 18, juris). Nach der Rechtsprechung sind an einen das Verschulden ausschließenden Rechtsirrtum jedoch strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2005 – II ZR 149/03 –, Rn. 18, juris). Entschuldigend kann ein solcher Rechtsirrtum nur dann wirken, wenn er seinerseits unverschuldet ist. Danach muss sich der Verpflichtete mit der gebotenen Sorgfalt um die Klärung der zweifelhaften Frage bemüht haben (vgl. BGH, Verfügung vom 03. Dezember 2007 – II ZR 21/06 –, Rn. 24, juris; BGH, Urteil vom 28. September 1992 – II ZR 224/91 –, Rn. 6, juris). Um den strengen Anforderungen an die einem Geschäftsleiter obliegende Prüfung der Rechtslage und die Beachtung von Gesetz und Rechtsprechung zu genügen, muss sich das Vertretungsorgan daher unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung der erforderlichen Unterlagen von einem unabhängigen, für die zu klärende Frage fachlich qualifizierten Berufsträger beraten lassen und den erteilten Rechtsrat einer sorgfältigen Plausibilitätskontrolle unterziehen (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 2015 – II ZR 63/14 –, Rn. 28, juris; BGH, Urteil vom 20. September 2011 – II ZR 234/09 –, Rn. 18, juris; BGH, Urteil vom 14. Mai 2007 – II ZR 48/06 –, Rn. 16, juris).

Derartiges lässt sich hier nicht feststellen. Der Beklagte kann sich auf die – nicht von ihm veranlasste – Beauftragung der Streithelferin zu 1) nicht stützen, weil diese nicht das von dem Beklagten geführte Unternehmen betraf (dazu (1).) und zudem nicht mit der gebotenen Sorgfalt erfolgte (dazu (2).). Schließlich lässt sich nicht feststellen, dass der Beklagte den erteilten Rechtsrat einer sorgfältigen Plausibilitätskontrolle unterzogen hätte (dazu (3).).

(1)        Eine Exkulpation des Beklagten scheidet schon deshalb aus, weil die Streithelferin zu 1) keine insolvenzrechtliche Begutachtung der Schuldnerin geleistet hat, deren ggf. insolvenzantragspflichtiger Alleingeschäftsführer der Beklagte aber war.

Ein Konzerninsolvenzrecht besteht in Deutschland nicht, vielmehr war die Insolvenzantragspflicht des Beklagten als Geschäftsführer der Schuldnerin allein von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Schuldnerin abhängig. Auf die Ausführungen zu oben 1.b) kann im Einzelnen verwiesen werden. Zur Betrachtung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Schuldnerin hat sich die Streithelferin zu 1) aber nicht geäußert, worauf sie in ihrem Gutachten selbst hinwies (Anlage B19, Seite 27). Die Schlussfolgerungen der Streithelferin zu 1) waren schon von daher nicht geeignet, dem Beklagten den Blick auf eine etwaige Insolvenzantragspflicht hinsichtlich der Schuldnerin zu verstellen, so dass sich dieser nicht auf einen unvermeidlichen Rechtsirrtum berufen kann. 

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Streithelferin zu 1) in ihrem Gutachten vom 14.12.2012 (dort Seite 26-27 = Anlage B19) Ausführungen dazu macht, warum im vorliegenden Fall eine konzerneinheitliche Prüfung des Vorliegens von Insolvenzantragsgründen ausnahmsweise ausreichend sei. Der Senat folgt der Auffassung des Beklagten und des Landgerichts nicht, der Beklagte hätte sich auf diese Einschätzung verlassen dürfen. Hiermit kann der Beklagte schon deswegen kein Gehör finden, weil er nicht einlassungsfähig vorgetragen hat, die rechtliche Bewertung seitens der Streithelferin zu 1) überhaupt zur Kenntnis genommen zu haben. Doch selbst wenn der Beklagte die fragliche Passage des Gutachtens der Streithelferin zu 1) zur Kenntnis genommen haben sollte, hätte er erkennen müssen, dass die dort eingenommene Rechtsposition von dort auch ausdrücklich mitgeteilten tatsächlichen Voraussetzungen abhängen sollte, die aber tatsächlich gar nicht vorlagen.

Denn aus den gutachterlichen Ausführungen geht auch für einen Nichtjuristen, der den strengen Anforderungen an die einem Geschäftsleiter obliegende Prüfung der Rechtslage und die Beachtung von Gesetz und Rechtsprechung zu genügen hat, klar erkennbar hervor, dass die gewählte Art der Begutachtung grundsätzlich unzulässig ist. Ebenso wird deutlich, dass die Streithelferin zu 1) einen juristischen Ausnahmetatbestand in Anspruch nimmt, für den – so ausdrücklich die Streithelferin zu 1) in ihrem Gutachten – enge Voraussetzungen gegeben sein müssen (Anlage B19, Seite 26). Die Streithelferin zu 1) bejaht sodann den fraglichen Ausnahmetatbestand mit der Begründung, dass „umfassende konzerninterne Patronatserklärungen“ und eine „in der Praxis gelebte Vereinbarung einer Finanzausstattung der einzelnen Konzerngesellschaften untereinander“ vorlägen. Der Beklagte hat jedoch im hiesigen Rechtsstreit nicht nachzuweisen vermocht, dass diese Annahmen im Tatsächlichen zutreffend gewesen wären. Auch insoweit kann auf die Ausführungen zu oben 1.b) verwiesen werden.

(2)        Eine Exkulpation des Beklagten auf der Grundlage des Gutachtens und der Testate der Streithelferin zu 1) scheidet weiter – und unabhängig von dem Vorstehenden – deshalb aus, weil die Streithelferin zu 1) nicht unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung der erforderlichen Unterlagen beauftragt worden war.

Denn es ist unstreitig, dass der Streithelferin zu 1) gegenüber die Angabe gemacht wurde, Verbindlichkeiten bei Sozialversicherungsträgern und der Finanzverwaltung würden im Konzern zum Tag der Fälligkeit bezahlt. Dies hat der Kläger unter Vorlage des Schreibens der Streithelferin zu 1) vom 12.05.2016 (Anlage K70) vorgetragen und die Streithelfer haben diesen Vortrag bestätigt (Bd. II Blatt 175 der Akten). Der Beklagte lässt lediglich eine bewusst wahrheitswidrige Aussage mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) bestreiten, was keinen Widerspruch der Hauptpartei im Sinne von § 67 Satz 1 ZPO begründet. So oder so bliebe eine fahrlässige Falschangabe unstreitig, die nach dem aufgezeigten Maßstab bereits zum Wegfall der Exkulpation führt.

Denn die fragliche Aussage der Konzernmutter war unzutreffend. Die Konzernmutter war schon vor Auftragserteilung der Vollstreckungsankündigung des Hauptzollamtes vom 08.10.2012 ausgesetzt gewesen, später kam die Vollstreckungsankündigung vom 05.12.2012 hinzu (beide Anlage K56). Bis zum letzten Testat vor Beginn des streitbefangenen Zeitraums am 01.03.2013 (Anlagenkonvolut B20) kamen weiter am 11.12.2012 fällige Verbindlichkeiten in Höhe von EUR 1,508 Mio. beim Finanzamt für Körperschaften III (Anlage K66) hinzu. Zudem hatte das Finanzamt für Körperschaften III an 17.12.2012 das S.-Konto der Konzernmutter wegen eines Betrages von TEUR 894,465 pfänden lassen (Anlage K67). Auf die in der Berufungsinstanz streitig gebliebenen Mahnungen des Hauptzollamts vom 07.01.2013 (über EUR 2,55 Mio., Anlage BK4) und vom 07.03.013 (über EUR 1,787 Mio., Anlage BK5) kommt es damit nicht einmal mehr an.

Die Angabe der Auftraggeber war aber auch hinsichtlich der Schuldnerin selbst unzutreffend oder hätten zumindest im Laufe der Befassung der Streithelferin zu 1) richtiggestellt werden müssen. Die als Urkunde vorgelegten und in ihrer Echtheit unbestrittenen Mahnungen und Vollstreckungsankündigungen wegen Stromsteuer in Höhe von TEUR 257,094 (Anlagen K83, K84) lassen sich nicht mit dem Hinweis auf eine Auskunft vom 28.01.2013 entkräften, welche die Bundesnetzagentur nur wegen der Konzernmutter angefragt hatte (Anlage K58). Ferner hatte die Schuldnerin die nach dem Umsatzsteuerrecht fälligen Voranmeldungen vom Februar und März 2013 nicht abgegeben, die einen sogleich fälligen Gesamtzahlbetrag von über EUR 2 Mio. zur Folge gehabt hätten. Das entsprechende Vorbringen des Klägers ist nicht nach dem Novenrecht (§ 531 ZPO) zurückzuweisen, weil der Beklagte der klägerischen Darstellung nur unzureichend unter Hinweis darauf entgegengetreten ist, dass die Umsatzsteuer zentral bei der Konzernmutter administriert worden und er in die Angelegenheit nicht involviert gewesen sei.

An der Falschangabe zur ständigen Verfahrensweise des Konzerns vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass später Teile der Außenstände bezahlt werden konnten, zumal neue Steuerverbindlichkeiten hinzukamen. Ergänzend kann auf die Ausführungen oben zu 1.a) verwiesen werden. Den Auftraggebern war aus dem Gutachten der Streithelferin zu 1) auch klar ersichtlich, dass diese von einer entsprechenden Praxis des Konzerns ausgingen (Anlage B19, Seite 29). Der gebotenen Sorgfalt hätte es daher nicht nur entsprochen, der Streithelferin zu 1) gegenüber sogleich wahrheitsgemäße Angaben zu machen, sondern auch, die Streithelferin zu 1) spätestens nach Empfang des ersten Gutachtens darauf hinzuweisen, dass sie bei ihrer für die Haftung der Geschäftsführenden entscheidenden Tätigkeit von unzutreffenden Tatsachen ausging.

Unerheblich ist schließlich der Einwand des Beklagten, die Berücksichtigung der fraglichen Steuerverbindlichkeiten durch die Streithelferin zu 1) hätte insolvenzrechtlich zu keinem anderen Ergebnis geführt. Dies erscheint schon im Tatsächlichen ausgesprochen zweifelhaft, denn die Streithelferin zu 1) selbst hatte zeitnah nach dem Geschehen und in Kenntnis der Bedeutung einer solchen Aussage ausdrücklich die Auffassung vertreten, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Feststellungen im Gutachten und in den nachfolgenden Testaten auf Grundlage eines vollständigen Bildes der Liquidität anders erfolgt wären (Schreiben vom 12.05.206, Seite 2 = Anlage K70). Jedenfalls erscheint die Behauptung der Beklagtenseite so oder so kaum belastbar, denn die Nichtzahlung sowie die schleppende Zahlung von Steuerforderungen indizieren in besonderem Maße eine Zahlungseinstellung. Auf die Ausführungen oben zu 1.a) kann verwiesen werden. Auf die weiteren hilfsweisen Erwägungen der Streithelfer, die ihrer Haftungsfreihaltung dienen sollen, kommt es im hiesigen Streitverhältnis nicht an. Insbesondere befassen sich auch die sog. alternativen Liquiditätsbilanzen unter Berücksichtigung der Steuerforderungen (Anlagenkonvolut SH15) wiederum mit einer unzulässigen Gruppenbetrachtung.

(3)        Eine Exkulpation des Beklagten scheidet schließlich deshalb aus, weil er nicht darzulegen vermocht hat, dass er den erteilten Rechtsrat, also die Gutachten und Testate der Streithelferin zu 1), vorliegend überhaupt einer sorgfältigen Plausibilitätskontrolle unterzogen hätte.

Erstinstanzlich hatte der Beklagte eine solche Kontrolle zwar formelhaft behauptet (Schriftsatz vom 15.11. 2016, Seite 50 = Bd. I Blatt 151 der Akten). Dies Vorbringen stand dabei in ersichtlichem Widerspruch zu seinem weiteren Vorbringen, dass er auf Konzernebene für Finanzen nicht zuständig gewesen sei und dass es ein Ressort für Finanzen bei der Schuldnerin gar nicht gegeben habe (Schriftsatz vom 15.11.2016, Seite 46 = Bd. I Blatt 147 d.A.). Das also im Ungefähren verbliebene Vorbringen konnte der Kläger schlicht bestreiten. Darauf hatte der Beklagte erstinstanzlich nur mehr erwidert, er habe „sich die Testate der Streithelferin selbstverständlich […] vorlegen lassen“ (Schriftsatz vom 12.02.2018, Seite 5 = Bd. III Blatt 126 der Akten). Damit war am Ende der Eingangsinstanz nicht einlassungsfähig dargetan, dass der Beklagte das Gutachten und die Testate überhaupt auf Plausibilität geprüft hätte. Mit der Berufungserwiderung hat der Beklagte vortragen lassen, es sei von Rechts wegen unerheblich, ob es zur Plausibilitätskontrolle durch ihn überhaupt gekommen sei (Seite 15 = Bd. IV Blatt 81 d.A.). Jedenfalls hiernach ist schon in tatsächlicher Hinsicht nicht davon auszugehen, dass der Beklagte die ihm obliegende Plausibilitätskontrolle überhaupt vorgenommen hat. Dann können die Ausführungen der Streithelferin zu 1) nicht zur Entschuldigung des Beklagten wegen unverschuldeten Rechtsirrtums führen.

Zu keinem anderen Ergebnis führt der Einwand des Beklagten, dass die vorzunehmende Plausibilitätsprüfung bei ihrer Vornahme – von der er abgesehen hatte – ihm hypothetisch keinen Anlass zu Beanstandungen an den Feststellungen der Streithelferin zu 1) gegeben hätte. Dies kann der Beklagte sowohl in rechtlicher (dazu a.) wie in tatsächlicher Hinsicht (dazu b.) nicht einwenden.

(a)        Der fragliche Einwand steht dem Beklagten von Rechts wegen nicht zur Verfügung.

Zwar kann sich – worauf der Beklagte mit der Berufungserwiderung ausdrücklich verweist – der auf Schadensersatz in Anspruch genommene Anlagevermittler darauf berufen, dass die von ihm pflichtwidrig unterlassene Prüfung eines Anlageprospekts auf Plausibilität den Eintritt des Schadens nicht verhindert hätte, wenn die durchgeführte Plausibilitätsprüfung tatsächlich keinen Anlass zu Beanstandungen gegeben hätte (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2017 – III ZR 139/15 –, Rn. 10, juris). Dieser Einwand des Schädigers, der Schaden wäre auch bei einer ebenfalls möglichen, rechtmäßigen Verhaltensweise entstanden, kann im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs für die Zurechnung eines Schadenserfolgs beachtlich sein (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 2017 – III ZR 470/16 –, BGHZ 214, 360, Rn. 53 mwN.). Es handelt sich bei der Berücksichtigung des sog. rechtmäßigen Alternativverhaltens um begrenzende Wirkungen des jeweiligen Schutzzweckes der Norm in der Erscheinungsform einer Variante der hypothetischen Kausalität (vgl. Grüneberg/Grüneberg, 81. Aufl. 2022, vor § 249 BGB Rn. 64 mwN.; MüKo-BGB/Oetker, 8. Aufl. 2019, § 249 Rn. 217; BGH, Urteil vom 20. April 2017 – III ZR 470/16 –, BGHZ 214, 360, Rn. 53).

Die dem im Einzelnen zugrunde liegenden rechtlichen Erwägungen sind auf die hiesige Situation jedoch nicht übertragbar. Bei dem Anspruch aus § 64 Satz 1 GmbHG a.F. handelt es sich schon nicht um einen Schadensersatzanspruch (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar 2008 – II ZR 291/06 –, Rn. 6, juris; BGH, Urteil vom 08. Januar 2001 – II ZR 88/99 –, BGHZ 146, 264-280, Rn. 31 mwN.; Henssler/Strohn/Arnold, 5. Aufl. 2021, GmbHG § 64 Rn. 5 mwN.; Müller DB 2015, 723; Heitsch ZInsO 2009, 1571, 1575 ff.; Goette ZInsO 2005, 1, 2 ff.; Haas NZG 2004, 737, 738 f.). Im Rahmen der Ermittlung des Umfangs der Ersatzpflicht nach § 64 Satz 1 GmbHG a.F. bedarf es daher auch keiner Feststellungen zu einem Schaden (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2007 – II ZR 310/05 –, Rn. 7, juris, zu § 130a Abs. 3 Satz 1 HGB). Damit geht der Einwand eines hypothetischen Geschehens, welches die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schadenseintritt entfallen lasse, schon aus grundsätzlichen Erwägungen ins Leere.

Richtigerweise möchte der Beklagte einen Rechtsirrtum als Entschuldigungsgrund in Anspruch nehmen, obwohl dieser nur dann entschuldigt, wenn er seinerseits unverschuldet ist. Eine entsprechende Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 64 Satz 1 GmbHG a.F. erscheint vom Zweck der Norm her jedoch nicht geboten. Denn der Anspruch ist seiner Natur nach darauf gerichtet, das Gesellschaftsvermögen wieder aufzufüllen, damit es im Insolvenzverfahren zur ranggerechten und gleichmäßigen Befriedigung aller Gesellschaftsgläubiger zur Verfügung steht (vgl. BGH, Urteil vom 08. Januar 2001 – II ZR 88/99 –, BGHZ 146, 264, Rn. 31). Für die Interessen der Gesellschaftsgläubiger ist es jedoch unerheblich, ob das Verschulden des Geschäftsleiters nun darin besteht, dass er die Insolvenzreife selbst nicht hinreichend sorgfältig festgestellt hat, oder ob er die Feststellungen der von ihm hierzu beauftragten Fachleute nicht auf Plausibilität geprüft hat. Auch die Vornahme der Plausibilitätskontrolle des Prüfungsergebnisses ist dabei Ausfluss der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 2020 – II ZR 427/18 –, Rn. 38, juris).

(b)        Unabhängig hiervon hätte die unterlassene – unterstellt: in dem gebotenen Maße sorgfältige – Plausibilitätskontrolle vorliegend durchaus zu Beanstandungen geführt. Insofern behauptet der Beklagte lediglich die gewünschte Rechtsfolge, wenn er vorbringt, den Ausführungen der Streithelferin zu 1) seien keine Unplausibilitäten zu entnehmen.

Nach dem Sach- und Streitstand wäre dem Beklagten bei der gebotenen sorgfältigen Plausibilitätsprüfung nämlich aufgefallen, dass seitens der Streithelferin zu 1) ungeachtet des vorhandenen Konzerngeflechts mit mehreren jeweils für sich genommen insolvenzfähigen Rechtsträgern und gegebenenfalls jeweils insolvenzantragspflichtigen Geschäftsleitern lediglich eine einzige und notwendigerweise pauschale Betrachtung angestellt worden war, obwohl die tatsächlichen Voraussetzungen für eine solche Ausnahme nicht gegeben waren.

Bei der gebotenen sorgfältigen Plausibilitätsprüfung wäre dem Beklagten zudem aufgefallen, dass die Streithelferin zu 1) davon ausging, dass titulierte Verbindlichkeiten im Konzern nicht vorhanden seien und insbesondere sämtliche Verbindlichkeiten bei Sozialversicherungsträgern und der Finanzverwaltung zum Tag der Fälligkeit bezahlt würden (Seite 29 = Anlage B19). Insofern kann sich der Beklagte auch nicht darauf zurückziehen, er sei auf Konzernebene für Finanzen nicht zuständig gewesen und bei der Schuldnerin habe es kein Finanzressort gegeben, weil auch bei der Schuldnerin Vollstreckungsankündigungen in Höhe von TEUR 257,094 (Anlagen K83, K84) eingegangen waren.

Der Beklagte kann auch nicht geltend machen, ein zu unterstellender Fehler der Streithelferin zu 1) sei nicht einmal der Wirtschaftsreferentin der Staatsanwaltschaft aufgefallen. Tatsächlich kommt es hier nicht darauf an, ob die Streithelferin zu 1) tatsächlich ein im Rechtssinne fehlerhaftes Gutachten und fehlerhafte Testate erstellt hat oder nicht. Maßgeblich ist allein, dass der Beklagte dafür darlegungs- und beweisbelastet ist, dass er sich bei Vornahme der hier streitbefangenen Zahlungen auf die Ausführungen der Streithelferin zu 1) mit entschuldigender Wirkung hätte verlassen dürfen. Die hierzu anzustellenden rechtlichen Erwägungen liegen fernab von dem, was die Wirtschaftsreferentin im Hinblick auf die von ihr zu bearbeitenden strafrechtlichen Tatbestände und die Unschuldsvermutung zu interessieren hatte.

5.         Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 ZPO.

6.         Dem Beklagten ist es vorzubehalten, seinen Gegenanspruch, der sich nach Rang und Höhe mit dem Betrag deckt, den der begünstigte Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätte, nach Erstattung an die Masse gegen den Insolvenzverwalter zu verfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 08. Januar 2001 – II ZR 88/99 –, BGHZ 146, 264-280, LS3 Satz 2). Dies hat der Kläger mit seinem Klageantrag zu 2) bereits berücksichtigt. Soweit zugleich die Berechtigung des Beklagten analog § 255 BGB besteht, bestehende Erstattungsansprüche der Masse gegen Dritte Zug um Zug abgetreten zu erhalten (vgl. BGH, Urteil vom 08. Januar 2001 – II ZR 88/99 –, BGHZ 146, 264, LS3 Satz 3; Altmeppen, 10. Aufl. 2021, GmbHG § 64 Rn. 24; Saenger/Inhester, GmbHG, § 64 Rn. 69), bedarf es keiner klarstellenden Tenorierung, denn die Anfechtungsfrist des § 146 InsO war bereits bei Erlass des erstinstanzlichen Urteils verstrichen.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Die maßgebenden Rechtsfragen sind durch die angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hinreichend geklärt. Im Übrigen beruht die Entscheidung auf den tatsächlichen Umständen des vorliegenden Einzelfalls.

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